Preußische Instruktionen


Königliche Bibliothek Unter den Linden
, Berlin
(Bundesarchiv, Bild 146-1998-010-27 / CC-BY-SA)


von Margarete Payer

mailto: payer@hdm-stuttgart.de


Zitierweise | cite as: Payer, Margarete <1942 - >: Preußische Instruktionen. -- Fassung vom 2011-06-16. -- URL: http://www.payer.de/preussiche/preussisch01.htm           

Erstmals hier publiziert: 2011-06-16

Überarbeitungen:

©opyright: Creative Commons Lizenz (Namensnennung, keine kommerzielle Nutzung, share alike)

Dieser Text ist Teil der Abteilung Informationswesen von Tüpfli's Global Village Library


0. Übersicht



1. Einleitung


Die Preußischen Instruktionen [PI][Korrekter Titel: "Instruktionen für die alphabetischen Kataloge der preußischen Bibliotheken vom 10. Mai 1899"] waren etwa hundert Jahre lang das verbindliche Regelwerk für die wissenschaftlichen Bibliotheken Deutschlands und Österreichs (Ausnahme unter den großen Bibliotheken war nur die Universitätsbibliothek Tübingen, die sich seit 1912 an britischen Regeln orientierte z.B. Beachtung von Körperschaften). Um alte Titelaufnahmen aber auch Bibliografien zu verstehen und in moderne Katalogformen zu übertragen, ist eine gewisse Kenntnis der alten Regeln hilfreich. Zusätzlich erklären manche alte Regeln neuere RAK-WB-Regeln [Regeln für die alphabetische Katalogisierung in wissenschaftlichen Bibliotheken].  Da die Regeln zur  Wahl der Zugangspunkte - Verfasser oder Sachtitel -  und ihrer Ansetzung  - ,  das Wichtigste in der PI sind, soll im Folgenden eine kurze Einführung dazu gegeben werden. Man sollte immer daran denken, dass bei einem Kartenkatalog, dessen Zettel bei der Entstehung des Regelwerks meist mit der Hand geschrieben wurden, die Hauptaufnahme ("Haupteintragung")  - also der Zettel, der die ganze Aufnahme enthält - das Entscheidende ist. Zusätzlich wird mit  unterschiedlichsten Arten von Verweisungen gearbeitet.

Die bibliografische Beschreibung richtete sich in den wesentlichen Elementen (Sachtitel, Zusätze zum Sachtitel, Verfasserangabe, Personalangaben und Anlass) nach der Ordnung und Wortfolge des Titelblattes (in der Literatur deshalb oft "Titelblattkopie" genannt). Die weiteren Angaben folgten in einer festgelegten Ordnung, die in etwa die vorgeschriebene Reihenfolge der ISBD vorwegnimmt.

Als Vorlage für die Beschreibung wird das Exemplar (also nicht die Manifestation vgl. Functional Requirements for Bibliographic Records [FRBR]) genutzt.


2. Zugangspunkt: Verfassername


Grundsätzlich bevorzugt die PI die Einordnung unter dem Verfassernamen bzw. einem Personennamen. So kann man selbst unter nicht beteiligten Personen Verweisungen finden, wenn diese im anonymen Sachtitel genannt sind.

Die Grundregel lautet: "Maßgebend für die Einordnung der Schriften ist der Name des Verfassers..." [§ 30] und "Ein Einzelwerk, das die gemeinsame Arbeit von zwei und drei Verfassern ist, wird unter den zuerst genannten Verfasser gestellt; von den übrigen wird verwiesen." [§ 67]


2.1. Übersetzung einer Verfasserschrift


Handelt es sich bei dem Verfasserwerk um eine Übersetzung, wird die Eintragung im Katalog unter dem Verfasser mit dem Originaltitel verlangt, damit man an einer Stelle im Katalog das Original und alle Übersetzungen dazu finden kann. Dazu ist eine Verweisung vom Verfasser mit dem vorliegenden Titel auf den Verfasser mit dem Originaltitel vorgeschrieben.

Beispiel:    Darwin, Charles

                Die Bewegungen und Lebensweise der kletternden Pflanzen [The Movements and habits of climbing plants, deutsch] von Charles Darwin. Aus d. Engl. übers ...

 

    Verweisung (eine allgemeine) dazu:

                Darwin, Charles

                Die Bewegungen und Lebensweise der Kletternden Pflanzen

                s. Darwin: The Movements and habits of climbing plants [deutsch]


2.2. Gruppenschriften


Um dem Benutzer bei der Suche behilflich zu sein, fasst die PI bestimmte Schriften einer Verfassers zu Gruppen zusammen. Diese sog. Gruppenschriften werden innerhalb der Ordnung der Schriften eines Verfassers vor den Einzelschriften des Verfassers einsortiert.  Die Gruppenschriften sind wichtig für die Entstehung des Sammlungsvermerks in der RAK. Man unterscheidet:

  1. Werke : die gesammelten Werke eines Verfassers [§ 176,1]
  2. Teilsammlungen : Eine [Teils.] ist eine Sammlung von vollständigen Schriften aber nicht aller Schriften eines Verfassers, die in der Regel nachträglich meist von einem Herausgeber zu einer Ausgabe vereinigt wurden z.B. "Dramatische Werke, Nachgelassene Werke; aber auch Ausgaben von drei und mehr Einzelschriften, die auf dem Titelblatt aufgeführt sind. Nicht als Teilsammlung gelten u.a. eine Sammlung von Essays, Predigten, Reden, Gedichten und eine Sammlung von Novellen, sofern eine Titelnovelle vorliegt. [§ 176,2]
  3. Fragmentsammlungen : [Fragm.] [§ 176,3]
  4. Werke, Auszüge : [Werke, Ausz.] wird genommen, wenn es sich um wortgetreue Auszüge aus den verschiedensten Werken eines Verfassers handelt. [§ 176,4]

2.3. Erweiterter Verfasser


In bestimmten Fällen werden Herausgeber, die Vorhandenes erstmalig sammeln und zusammenstellen, wie echte Verfasser behandelt. Es gibt dann keinen Nachweis unter dem Sachtitel!  Man spricht von "erweitertem Verfasser". [Man vergleiche dazu die Regeln zu Bibliographien, Wörterbüchern, Katalogen, Werkverzeichnissen u.ä. in den RAK-WB: ein Herausgeber, der solch ein Werk zusammenstellt, gilt als Verfasser. RAK-WB " 601, Anm. 3]. Die PI unterscheidet folgende Fälle:


3. Zugangspunkt: Sachtitel und seine Ansetzung


Grundregel:

"Dieselbe Schrift wird stets unter demselben Titel eingeordnet," d.h. im allgemeinen unter dem ursprünglichen Titel (Originaltitel) "und dieselben Wörter werden stets in derselben Form angesetzt". [§ 181]

Von den vorliegenden abweichenden Sachtiteln oder Wortformen werden im allgemeinen Verweisungen gemacht [§ 183]


3.1. Die Ansetzung der einzelnen Wörter


damit dieselben Wörter stets in derselben Form angesetzt werden, normiert die PI folgendermaßen:


3.1.1. bei orthografischer Abweichung [§ 210]:

        es gilt die heutige Rechtschreibung, die sich im Deutschen nach dem Duden und im Englischen nach Oxford-Englisch orientieren soll.

        Beispiel: Centralkatalog > Zentralkatalog

                    Schiller Gesellschaft > Schiller-Gesellschaft

                    Catalog > catalogue

Problem: auch Vornamen in Sachtiteln werden entsprechend der Nationalität der Verfasser normiert. Schon in der Anwendungszeit der PI gab es nicht in allen Fällen normierte Formen für deutsche  Vornamen: z.B.  Cornelia neben Kornelia.  Daher wird in § 102 festgelegt, dass in solchen Fällen "f, k, t, ä" statt "ph, c, th, e" genommen werden: also Kornelia.


3.1.2. bei leichter sprachlicher Abweichung [§ 211]:

        von leichter sprachlicher Abweichung spricht man bei Wörtern des 18. und 19. Jahrhunderts, nicht etwa bei frühneuhochdeutschen Wörtern.

         Es wird die neueste Form genommen: teutsch > deutsch, aber Buochlin > Buochlin, neben Büchlein > Buechlein


3.1.3. bei abgekürzten Ordnungsworten [§ 213]:

        abgekürzte Ordnungsworte gelten in ihrer vollen Form: B.G.B. = Bürgerliches Gesetzbuch >Gesetzbuch buergerliches; j´accuse > je accuse

 Es gibt drei Ausnahmen:

  1. abgekürzte Vornamen als sachliche Ordnungswörter werden nicht aufgelöst: J. A. Seufferts´s Archiv > Archiv Seuffert J A
  2. Abkürzungen, die aus einer Folge von Initialen oder einer ähnlichen Buchstabenfolge bestehen, die als solche gesprochen werden können, werden nicht aufgelöst: Hapag, Unesco, aber nicht: USA
  3. Abkürzungen, die Teil eines Kompositums sind, werden nur dann aufgelöst, wenn man diese Abkürzungen nicht in abgekürzter Form ausspricht: Dr.-Theodor-Heuss-Spende > Doktor-Theodor-Heuss-Spende. Aber: B.G.B.-Unterricht > B-G-B-Unterricht

3.1.4. Zahlen als Ordnungsworte werden in Worten angesetzt, und zwar in der gebräuchlichsten Form der Sprache des Titels: 1870 (in dt. Titel) > achtzehnhundertsiebzig;    

    1870 (in franz. Titel) > mil-huit-cent-soixante-dix


3.1.5. Zeichen als Ordnungsworte werden in Worten angesetzt: 7,5 cm Kanone > Siebenkommafuenfzentimeterkanone


3.2. Die maßgebenden Bestandteile des Titels


Nur der Titel selbst darf für die Ordnungsworte herangezogen werden [§ 184], also nicht:

  1. Sätze und Wörter, die den Sachtitel nur ankündigen: "Hie hebt sich an das buch des glucks der kinder Adams" > Buch Glueck Kinder Adam
  2. der Zusatz zum Sachtitel

Ausnahme: gibt der Sachtitel nicht genügend Ordnungsworte her, können weitere Wörter aus einem vorhergehenden Anlass genommen werden: "Universitätsbibliothek Tübingen. Orientabteilung. Südasienkatalog" > Suedasienkatalog Orientabteilung Tuebingen Universtitaetsbibliothek


3.3. Die Reihenfolge der einzelnen Bestandteile des Sachtitels


Um den Benutzern die Suche nach einem Sachtitel zu erleichtern, sollte der Benutzer möglichst direkt auf das wichtigste Wort eines Titels zugreifen können. Also muss bei einem alphabetisch sortiertem Katalog dieses Wort an der ersten Stelle stehen (es gab ja noch keinen Google-Schlitz :-)). Wie findet man aber dieses entscheidende Wort? Da man zu Beginn des letzten Jahrhunderts davon ausgehen konnte, dass die Benutzer einer wissenschaftlichen Bibliothek durchgehend eine humanistische Ausbildung hatten, konnte man das Wort nach grammatikalischen Regeln bestimmen. Als erstes Ordnungswort wird das erste von keinem anderen Wort grammatisch abhängige Substantiv genommen, das Substantivum regens. Da aber nicht in allen Sachtiteln solche unabhängigen Worte vorkommen, muss man Titel in gewöhnlicher Form, Titel in Satzform und Titel in gemischter Form unterscheiden.


3.3.1. Titel in gewöhnlicher Form


Erstes Ordnungswort wird das Substantivum regens, zu dem eine einfache Präposition gehören kann.  [§ 187ff.]

    Archäologische Zeitung > Zeitung archaeologische

    Im neuen Reich > Reich neuen

    De natura deorum > Natura deorum

Die weitere Ordnung regelt sich nach den übrigen wesentlichen Wörtern: die zu dem Substantivum regens gehörigen Attribute ergeben die weiteren Ordnungsworte und zwar in der im Titel gegebenen Reihenfolge unter Berücksichtigung der grammatischen Abhängigkeit

    Schriften des Rheinischen Museums für Philologie > Schriften Museum Rheinischen Philologie

Wenn vorausgehende Wörter von mehreren folgenden gleichzeitig abhängen, gilt von diesen nur das erste als erstes Ordnungswort [§ 201]:

    Preußens Trauer und Glanz > Trauer Preussen Glanz


 3.3.1.1 Bestandteile eines Sachtitels, die nicht als Ordnungsworte genommen werden


laut § 202 handelt es sich dabei um:

  1. unwesentliche Wörter: Artikel, Präpositionen, Konjunktionen und Interjektionen
  2. Wendungen, die mit Präpositionen gleichwertig sind : in Betreff, auf dem Gebiete, herausgegeben von, zu Ehren... : Gießener Studien auf dem Gebiete der Geschichte > Studien Giessener Geschichte; Festschrift zu Ehren von Hanns Müller > Festschrift Mueller Hans
  3. Unbestimmte Zahlwörter, welche nicht substantivisch gebraucht sind , wenn diese den unbestimmten Artikel vertreten : einige, etwas : Einige Bemerkungen über den deutschen Adel >Bemerkungen Adel deutschen. Aber: Einige der schönsten Lieder > Einige Lieder schoensten
  4. Ordnungszahlen, die nur die Reihenfolge der Publikation angeben: First annual report ... > Report annual ...
  5. Appositionelle Titulaturen, Amts- und Standesbezeichungen, soweit sie dem Namen vorangehen: Die seltsamen Begebenheiten des Herrn Müller > Begebenheiten seltsamen Mueller. Das gilt auch bei von Titulaturen abgeleiteten Adjektiven und Adverbien, wenn ein dazugehöriges Länderadjektiv folgt : Das königlich preußische Porzellan > Porzellan preussische
  6. Datierungen bei Gesetzen, falls das Gesetz durch eine sachliche Angabe näher bestimmt ist: Gesetz vom 28. Juli 1906, betreffend die Unterhaltung der öffentlichen Volkschulen > Gesetz Unterhaltung Volksschulen oeffentlichen 

3.3.1.2 Appositionen


Erfahrungsgemäß machen Appositionen und Komposita in Titeln in gewöhnlicher Form Schwierigkeiten.  § 193: " Von zwei appositionell neben einander stehenden, nicht ein Kompositum bildenden Substantiven wird das zweite OW." Das erste Substantiv bezeichnet man als Bestimmungswort, das zweite als Grundwort, da das erste Substantiv das zweite näher bestimmt.

Die Substantive müssen im gleichen Kasus stehen: Eine Sammlung schweizerische Käsesorten > Kaesesorten Sammlung schweizerische

Es müssen Substantive sein: Die Zahl Zehn > Zehn Zahl. Aber: Im Jahr zehn > Jahr zehn

Die Substantive müssen unverbunden neben einander stehen: Gasthaus Sonne > Sonne Gasthaus. Aber: Gasthaus zur Sonne > Gasthaus Sonne

Wenn zu den Appositionen noch zusätzliche Attribute treten, erhält man folgende Reihenfolge der Ordnungsworte: Grundwort, appositionelles Substantiv, etwaige Attribute dieses Substantivs, etwaige Attribute des Grundwortes: Goethes Heidelberger Freundin Helene Dorothea Delph > Delph Freundin Goethe Heidelberger Helene Dorothea

Im Sinne der PI gelten als appositionelle Verhältnisse:

  1. Vornamen: Hans Sachs > Sachs Hans. Aber: Karl der Große > Karl Grosse (da nachgestellter Beiname)
  2. Berufsbezeichnungen: Der Dichter Sachs > Sachs Dichter.
  3. Bezeichnungen für den Verwandtschaftsgrad: Onkel Hans > Hans Onkel
  4. Bezeichnungen für das Gemessene oder Gezählte: ein Glas Wein > Wein Glas
  5. Gattungsnamen: Stadt Berlin > Berlin Stadt
  6. Namen, die eigentlich als genitivisches oder präpositionales Attribut stehen müssten: Universität Halle > Halle Universitaet. Aber: Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin > Friedrich-Wilhelms-Universitaet Berlin (der 2. Teil ist ein geographischer Name und der erste Teil ist durch seine Bezeichnung schon eindeutig)

3.3.1.3 Komposita


Komposita gelten als ein Wort [§ 194], das ist unabhängig davon, ob zwischen den Worten Bindestrich oder Leerzeichen stehen [vgl. die Regeln in RAK-WB § 203]: Fischer Taschenbücher > Fischer-Taschenbuecher. Aber: The Dublin and Edinburgh Mathematical Journal > Journal Dublin Edinburgh mathematical (ein Adjektiv gehört zum letzten Substantiv)

Kein Kompositum vorliegt vor, wenn es sich bei dem verbindenden Strich um einen Streckenstrich handelt: Strecke Köln-München > Koeln Muenchen Strecke [! nach RAK-WB: "Strecke Köln-München".

Die gleiche Regel gilt für Gegenstriche: Der Kollisionsfall Sophie-Hohenstaufen > Sophie Hohenstaufen Kollisionsfall [!nach RAK-WB: "Kollisionsfall Sophie-Hohenstaufen"].

Gemäß § 195 gelten auch als kompositionsbildend:

  1. Vornamen: Richard Wagner-Verein > Richard-Wagner-Verein
  2. Titel: Dr. Theodor Heuss Spende > Doktor-Theodor-Heuss-Spende
  3. Adverbien, Präpositionen und Konjunktionen: Von Portheim-Stiftung > Von-Portheim-Stiftung
  4. Das Präfix Sankt, Saint, San usw. bei Ortsnamen: Sankt Gallen >  Sankt-Gallen
  5. "Attribute, die mit ihrem Substantiv zu einem einheitlichen Begriff verschmolzen sind." : Great Britain > Great-Britain; Reading Room > Reading-Room
  6. Bei Adjektiven solche Adverbia oder Adjektive, die den Begriff des Adjektivs modifizieren aber nicht steigern: Römisch-katholisch > Roemisch-katholisch
  7. Substantive und ihre Abkürzungen: A-L-A-Catalogue
  8. Zahlwörter: 700 Jahr-Feier > Siebenhundert-Jahr-Feier
  9. Sätze: How-to-help-series
  10. "Im Englischen Adjektiva, die so zu dem folgenden Substantiv gehören, daß sie erst mit ihm zusammen das Bestimmungswort des Kompositums bilden": Early English Text Society > Early-English-Text-Society; University of California Publications > University-of-California-Publications. Aber: Bell´s Modern Language Series > Modern-Language-Series Bell´s
  11. Zusammengezogene Komposita werden aufgelöst: Staats- und Lebensgeschichte > Staatsgeschichte Lebensgeschichte
  12. Zusammenziehungen von Wörtern, von denen nur eines ein Kompositum ist, werden ebenfalls aufgelöst: Staats- und gelehrte Zeitung > Staatszeitung Zeitung gelehrte.

3.3.2 Titel in Satzform


Bei Titeln in Satzform wird unter Übergehung des Artikels das erste Wort Ordnungswort. Für die weitere Ordnung ist die vorgegebene Reihenfolge zu nehmen.

Zu den Titeln in Satzform [§ 204] gehören folgende Titelarten:

  1. Vollständige Sätze: Menschen essen Menschen
  2. Verkürzte Sätze (elliptische Sätze): Träume [sind] Schäume > Traeume Schaeume; Mathematik keine Hexerei
  3. Titel ohne Substantive: Umsonst geopfert
  4. Titel in nichtflektierenden Sprachen (z.B. den sino-tibetischen Sprachen)
  5. Alle Titel, die man nicht als Titel in gewöhnlicher Form ansehen kann, weil vorhandene Substantive nicht unabhängig sind: Mit Kasperle durch die Stadt spazieren (Substantive sind von einem Verb abhängig); Zur Freiheit berufen (abhängig von einem Partizip); Getreu dem Gebot (abhängig von einem Adjektiv); Fort mit der Aufrüstung (abhängig von einem Adverb, hierbei ist zu beachten, dass Adverbien, die die Präposition ergänzen und hinter dem Substantiv stehen, das Substantiv nicht abhängig machen: Ins Freie hinaus > Freie. Aber: Hinaus ins Freie > Hinaus ins Freie).
  6. Die Substantive sind weder koordiniert noch voneinander abhängig: Vom Rhein zur Mosel.

3.3.3. Titel in gemischter Form


Titel in gemischter Form [§ 206] bestehen aus einem Titelteil in gewöhnlicher Form und einem in Satzform. Beide Teile werden je nach ihren eigenen Regeln behandelt: Das Lustspiel: Was ihr wollt > Lustspiel was ihr wollt. Aber Infinitivsätze, die attributiv bei einem Substantiv stehen, werden nach den Regeln für die Titel in gewöhnlicher Form behandelt: Die Kunst, sich und Andern die Karte zu schlagen > Kunst schlagen sich andern Karte


4. Ansetzung von Verfassernamen


Die Regeln zur Ansetzung von Verfassernamen sind in den §§ 78 - 170 zu finden. Im Folgenden sollen neben den Grundregeln nur einige wichtige Regeln, die von den Ansetzungsregeln der RAK-WB von 1983 abweichen, erwähnt werden.

"Derselbe Verfasser wird stets unter demselben Namen eingeordnet." [§ 78] Das gilt im Gegensatz zur anglo-amerikanischen Tradition auch für Pseudonyme: eine Verknüpfung von Pseudonym und wirklichem Namen ist verlangt.

    Sincerus, Pacificus [Pseud.] s. Schleiermacher, Friedrich

    Clemens, Samuel Langhorne [Wirkl. Name] s. Twain, Mark [Pseud.]

"Der Verfasser wird unter seinem urspünglichen und vollständigen Namen eingeordnet, wenn sich nicht eine andere Benennung im Gebrauche durchgesetzt hat." [§ 79] Wenn also für die heutige Gemeinsame Normdatei zur Unterscheidung der Personennamen auf alle Vornamen zurückgegriffen wird, kann man sich auf alte Verzeichnisse nach PI beziehen. Man muss nur beachten, dass deutsche Vornamen normiert wurden: Jung, Karl Gustav

Von nicht berücksichtigten Namen und Namensformen werden dann Verweisungen verlangt, wenn man die Ansetzungsform sonst nicht findet. Zu beachten ist, dass man z.B. bei bekannten Namen des Altertums das Wissen um die lateinische Form vorausgesetzt hat: Horatius ohne Verweisung von Horaz, Orazio usw.


4.1. Mittelalterliche Namen und Namen geistlicher und weltlicher Würdenträger


Ordnungswort wird der persönliche Name und zwar in der gebräuchlichsten normierten Form derjenigen Sprache, in der Autor zumeist geschrieben hat. Hat der Autor einen Beinamen, wird der bekannteste hinzugefügt. [§ 91 ff.]  Wie die mittelalterlichen Namen werden auch Namen der Neuzeit behandelt, die nach mittelalterlicher Form gebildet sind, also Papstnamen, Namen regierender Fürsten und Namen von Mitgliedern regierender Häuser:

    Walther von der Vogelweide > Walter von der Vogelweide ( "von der " wird bei der Ordnung übergangen: das weiß man! Muss also nicht gekennzeichnet werden.)

    Alexander I. Papa  (geordnet wird: Alexander Papa I.)

    Alexander Prinz von Hessen (geordnet wird: Alexander Hessen)


4.2. Namen der Neuzeit


Der Familienname wird Ordnungswort [§ 107], Vornamen in normierter Form werden nachgestellt.

Bei Familiennamen, denen Präfixe vorausgehen, gilt das "Herkunftsprinzip": es wird gefragt, woher der Name stammt und nicht die Person.

Von den Präfixen (meistens Präpositionen und Artikel) werden nicht zum Namen gezogen:

  1. die einfache unverbundene Präposition vor dem Namen wie vor Artikel und Name: Kleist, Heinrich von; Broglie, Louis de; Hagen, Max von der;  Braun, Wernher von (Wörter in Kursivschrift werden nicht zur Ordnung herangezogen: in der PI wird das nicht gekennzeichnet)
  2. der einfache unverbundene Artikel in den germanischen Sprachen: Maur, Paul auf der;

Zum Namen gezogen werden:

  1. der einfache unverbundene Artikel in Namen romanischen Ursprungs: Le Cordier, Roland (sortiert wird: LeCordier, Roland); Le Fort, Gertrud von (sortiert wird; LeFort, Gertrud)
  2. eine Verschmelzung von Präposition und Artikel: Vom Berg, Fritz; Du Bellay, Joachim
  3. die mit Artikel verschmolzene Präposition, die einer einfachen Präposition ähnlich ist, wird ebenfalls zum Namen gezogen: Da Costa (portugiesisch aus de + a); Do Couto (portugiesisch aus de + o); De Santi (italienisch für dei). In diesen Fällen werden allerdings Verweisungen vom Grundnamen verlangt.

5. Literaturangaben zur PI


Instruktionen für die alphabetischen Kataloge der preußischen Bibliotheken : vom 10. Mai 1899. - 2. Ausg. in der Fassung vom 10. August 1908, unveränd. Nachdr.  - Wiesbaden : Harrassowitz, 1975. - X, 179 S.

Fuchs, Hermann: Kommentar zu den Instruktionen für die alphabetischen Kataloge der preußischen Bibliotheken. - 5., unveränd. Ausg. - Wiesbaden : Harrassowitz, 1973. - 302 S. - ISBN 3-447-00274-3. [Dieser Kommentar spielte eine große Rolle bei der Regelanwendung, da es sich teilweise um eine Weiterentwicklung der alten Regeln handelt.]

Rusch, Gerhard: Einführung in die Titelaufnahme. - 4., unveränd. Aufl. - München : Verl. Dokumentation, 1972. - 423, XVI S. - 2 Bände in einem mit einem Lösungsheft. - ISBN 3-7940-4118-6 [Das grundlegende Lehrbuch zu den PI mit vielen Beispielen, Aufgaben und Lösungen]