Digitale Bibliothek : Biblioteca digital
von Margarete Payer
mailto: payer@hdm-stuttgart.de
Zitierweise / cite as:
Payer, Margarete <1942->: Digitale Bibliothek = Biblioteca
digital. -- Fassung vom 2001-03-28.-- URL:
http://www.payer.de/einzel/digitalebolivien.htm
Anlass: Vortrag anläßlich der Internationalen Konferenz "La
Bibliotecologia en Bolivia en el Umbral de la Era de la Información : Das
Bibliothekswesen in Bolivien an der Schwelle zum
Informationszeitalter" in La Paz, Bolivien am 29.11.2000
©opyright: Dieser Text steht der Allgemeinheit zur Verfügung. Eine
Verwertung in Publikationen, die über übliche Zitate hinausgeht, bedarf der
ausdrücklichen Genehmigung der Verfasserin.
Dieser Text ist Teil der Abteilung Informationswesen,
Bibliothekswesen, Dokumentationswesen von Tüpflis
Global Village Library
Vorwort
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich freue mich an Ihrer Konferenz teilnehmen zu können. Ich möchte mich
sehr entschuldigen, dass ich kein Spanisch kann. Por favor disculpe no hablo
castellano. Bevor ich mit meinem Thema "Digitale Bibliothek"
beginne, das ja Internet voraussetzt, möchte ich ein paar persönliche Worte
zum Internet sagen.
Ohne Internet wäre ich nicht hier: als ich vor 14 Tagen abends um 10 Uhr zu
Hause noch mal die e-mails abrief, war die Einladung nach Bolivien dabei. Mit
Hilfe des WWW klärte ich die Frage des Visums, schaute auf dem Globus die
genaue Lage nach, überlegte das Problem der Höhe und entschied mich mit
Unterstützung meines Mannes zuzusagen. Heute vor 13 Tagen kam die Bestätigung.
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich von Bolivien fast nichts wußte:
aber eine gezielte Suche im WWW brachte mir u.a. Informationen zu Geographie,
Geschichte, Politik, Bevölkerung und Wirtschaft Boliviens, z.B. eine Statistik
über die Zahl der Telefone verteilt auf Regionen. Dazu bestellte ich mir bei
einer elektronischen Buchhandlung zwei Bücher, die auch noch pünktlich per
Post ankamen.
Als Dorfbewohner faszinieren mich immer wieder die Möglichkeiten, die das
Internet bietet. Mein Ideal wäre, dass jeder Mensch weltweit eine solche
Möglichkeit bekommt.
1. Einleitung : Introducción
Ich möchte die Themenvorgabe "Technologie und Information" mit dem
Thema "Digitale Bibliothek" eingrenzen. Ich gehe davon aus, dass die
Digitale Bibliothek eine Bibliotheksform der nahen Zukunft sein wird.
Teilweise werden Digitale Bibliotheken auch virtuelle Bibliotheken genannt.
Da es viele Überschneidungen gibt, möchte ich zuerst kurz auf den Begriff
Virtuelle Bibliothek eingehen : es handelt sich um eine sachlich geordnete
Sammlung von Links und Volltexten, die nicht ortsgebunden ist. Das älteste
Beispiel ist die www.virtual library vom Erfinder des WWW: freiwillige Experten
auf der ganzen Welt pflegen einzelne Fachgebiete und stellen auf Grund
bestimmter Qualitätsanforderungen Listen von Links zu informativen Webseiten
ins Netz. Die Qualität ist allerdings sehr unterschiedlich, da sich praktisch
jeder als Experte melden kann. Eine Übersicht über diese Virtual Library
findet man unter http://www.vlib.org bzw.
gespiegelt in Argentinien: http://www.vlib.org.ar
- Zugriff am 2001-03-28.
Im Gegensatz zur virtuellen Bibliothek, die nur digitale Objekte nachweist,
bezieht die Digitale Bibliothek neben den Digitalen Objekten alle Objekte einer
existierenden Bibliothek mit ein.
Und sie vermittelt die Angebote einer existierenden Bibliothek digital.
Sie kennt ihren Kundenkreis und wird ihre Angebote auf die Bedürfnisse
dieser Kunden abstimmen. Das beginnt schon mit der Auswahl der Sprache. Von
einer Digitalen Bibliothek erwarte ich bei uns die deutsche Sprache, in der
nahen Schweiz hingegen müssen vier Sprachen zur Wahl gestellt werden.
Eine vollständige Digitale Bibliothek hat die Funktionen einer
traditionellen Bibliothek wie Sammeln und Auswählen, Erschließen, Aufbereiten
für die Benutzung, Archivierung.
In Deutschland gibt es schon viele Digitale Bibliotheken, aber genau
betrachtet handelt es sich dabei im allgemeinen um einzelne Aspekte einer
Digitalen Bibliothek. Zum großen Teil geht es eher um Projekte, da man ja erst
Erfahrung sammeln muß. Man hat den Eindruck, dass überall schöne Blumen
wachsen, aber es ist noch kein Strauß daraus geworden.
Im Folgenden werde ich Beispiele dazu bringen, die - auf Wunsch des
Veranstalters - sich auf Deutschland beziehen.
2. Sammeln und Auswählen : Coleccionar y escoger
Im Gegensatz zu den Suchmaschinen können Bibliothekare ihr lang erworbenes Wissen,
wie man qualitative Ressourcen erkennt, einsetzen. Insbesondere sollten
Bibliotheken ihre Kundschaft kennen und können so zielgerichtet
Internetressourcen auswählen. Was Sammeln und Auswählen betrifft kann man
unterscheiden:
- Sammeln und Auswählen von in Netzen vorliegenden freien Ressourcen.
Das Problem ist dabei die überwältigende Menge an Materialien.
- Sammeln und Auswählen von in Netzen vorliegenden zu zahlenden Ressourcen.
Ein immer größeres Problem werden dabei die fast nicht mehr bezahlbaren
elektronischen Zeitschriften. Als Beispiel kann die Elektronische Zeitschriftenbibliothek
der Universitätsbibliothek Regensburg genannt werden, bei der sich
inzwischen 140 Bibliotheken aus dem In- und Ausland beteiligen. Zur Zeit
(Stand 28.3.01)) werden circa 9000 elektronische Zeitschriften zugänglich
gemacht. Davon sind circa 900 reine Online-Zeitschriften und circa 2000 frei zugänglich - können also auch
von Bolivien abgerufen werden. Die Datenbank ist auch ohne deutsche
Sprache benutzbar, wenn man weiß, dass Zeitschriften mit grünem Punkt frei
zugänglich sind, Zeitschriften mit gelbem Punkt nur über die Bibliothek
benutzt werden können, die die Lizenz bezahlt hat, und Zeitschriften mit
rotem Punkt von keiner beteiligten Bibliothek abonniert sind. Da bei vielen
kostenpflichtigen Zeitschriften Inhaltsverzeichnis und Abstracts frei zur
Verfügung stehen, ist der Nachweis auch auf nichtabonnierte Zeitschriften
hilfreich. Adresse: http://www.bibliothek.uni-regensburg.de/ezeit/
- Zugriff am 2001-03-28
- Sammeln von Texten durch Werbung innerhalb der eigenen Institution, Texte ins Internet zu legen.
Bei Hochschulen handelt es sich dabei meist um Dissertationen,
Diplomarbeiten und Skripten. Als Beispiel möchte ich OPUS, den Online-Publikationsverbund
Stuttgart ( http://elib.uni-stuttgart.de
-Zugriff am 2001-03-27) benennen: die Autoren der Stuttgarter Hochschulen
liefern ihre Texte schon versehen mit Metadaten auf dem Server der
Bibliothek ab. Es haben sich längst weitere baden-württembergische
Bibliotheken dem Projekt angeschlossen. Alle weisen die elektronischen
Volltexte im gemeinsamen Verbundkatalog ( http://www.bsz-bw.de/cgi-in/opacform.cgi
- Zugriff am 2001-03-27 - ), der über das Internet frei zur Verfügung
steht, nach.
- Auswählen von Texten, Bildern, Musik usw., die man zur Digitalisierung
vorschlagen will: (z. B. wertvolles Material mit Blick auf Erhaltung des
Kulturerbes). Digitalisieren von wertvollen Materialien ist weltweit
Schwerpunkt der Digitalisierungsprojekte, da hier keine rechtlichen Probleme
zu bewältigen sind, und man für den Schutz von Kulturgütern eher
Gelder bekommt. Vgl. Server für die frühe Neuzeit http://www.sfn.uni-muenchen.de -
Zugriff am 2001-03-28
- Sammeln und Auswählen von digitalen Objekten, die sich auf anfassbaren
Trägern befinden, z.B. auf CD-ROMs. Als Beispiel kann man das Projekt des
Verlags Directmedia Publishing (Berlin) nennen, in dem unter dem Namen
"Digitale Bibliothek" deutsche Literatur auf CD-ROM angeboten
wird.
Der erste Band von zur Zeit 42 Bänden: Deutsche Literatur von Lessing bis
Kafka : Studienbibliothek (Upgrade) / hrsg. von Mathias Bertram. - Berlin :
Directmedia Publ., [ca. 1998]. - 1 CD-ROM. - (Digitale Bibliothek ; 1)
-- ISBN 3-89853-006-X
3. Formales und inhaltliches Erschließen : Catalogación
Weltweit werden inzwischen digitale Ressourcen erschlossen, wobei zur Zeit
Diskussionen laufen, welches die beste Erschließungsmethode sein koennte.
- Teilweise werden zum Erschließen die traditionellen Regelwerke
genutzt, die man um spezielle Regeln
für die neuen Materialien erweitert hat. Der Vorteil dieser Regelwerke
liegt darin, dass alle Arten von Materialien - Buch bis
Internetressource - nach dem gleichen Schema bearbeitet werden. (So werden
z.B. elektronische Zeitschriften in die
Zeitschriftendatenbank aufgenommen. s. http://www.zeitschriftendatenbank.de
- Zugriff am 2001-03-28.)
- Online-Ressourcen kann man aber auch nach neuen für das Internet entwickelten
Regeln erschließen. Soweit man
das heute schon beurteilen kann, hat sich Dublin Core durchgesetzt (Das Dublin
Core Metadata Element Set ist unter http://purl.org/DC/
- Zugriff am 2001-03-27 - zu finden). Dublin Core ist entstanden, weil schon Anfang der 90er Jahre
klar war, dass niemand das Internet mit seiner Menge an Ressourcen
erschließen kann. In der Internetgemeinschaft wurden sehr einfache Regeln
vorgeschlagen, die der Autor selbst anwenden kann, so dass man nur noch eine
Suchmaschine entwickeln musste, die auf diese Metadaten gezielt zugreifen
kann. In den Jahren der Diskussion um Dublin Core haben sich
zwei Dublin-Core-Standards entwickelt: eimal das das einfache "Dublin
Core Standard", das einem Autor durchaus zugemutet werden kann, und ein
"Dublin Core Qualified", das so erweitert ist, dass es sinnvoll
nur von einem Bibliothekar oder Dokumentar angewendet werden kann. Eine
spanische Übersetzung der Elemente von Dublin Core ist inzwischen erschienen: Metainformación - Dublin Core : Elementos del
conjunto de metadatas de Dublin Core: Descripción de Referencia. -
Actualizado el 07/02/2001. - http://www.rediris.es/metadata
. - Zugriff am 2001-03-27.
Praktisch werden die Elemente von Dublin
Core dem HTML-Head eingefügt, es liegen aber auch schon XML (Extensible
Markup Language) Lösungen vor. Der große Vorteil von Dublin Core liegt
darin, dass die Daten schon in der Ressource und zwar an einem normierten
Ort stehen. Der Nachteil liegt darin, dass nicht alle Elemente des Dublin
Core den Elementen klassischer Katalogdatenbanken entsprechen, so dass man
nur bis zu einem bestimmten Grad die Metadaten automatisch in die Datenbank einspielen kann.
Möchte man einheitliche qualitätsvolle Daten in der eigenen Datenbank,
muss man Hochkatalogisieren. Hier kann man z.B. auf die Erfahrungen
des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes hinweisen.
4. Die Verwaltung digitaler Medien : Administración de medios digitales
Die wohl wichtigste Aufgabe bei der Verwaltung digitaler Materialien ist das
beständige zur Verfügungstellen der Materialien:. Anders als bei
Printmaterialien und auch bei Mikrofiche muss man die Problematik der
unterschiedlichen schnell wechselnden Hard- und Software bei digitalen Materialien kennen.
- Bei digitalen Ressourcen auf festen Trägern z.B. CD-ROMs muss man
damit rechnen, dass diese schon nach wenigen Jahren nicht mehr nutzbar sind.
Selbst wenn das Material noch einwandfrei ist, setzt es veraltete Maschinen
und veraltete Software voraus.
- Jeder von uns weiß, wie
schnell Texte im Internet einfach verschwinden oder im günstigeren Fall die
Adresse wechseln. Vor allem im wissenschaftlichen Bereich muss der Zugriff auf
Dauer gesichert sein. Die Entwicklung scheint dahin hinaus zu laufen, dass die
nachweisende Institution die von ihr nachgewiesenen Ressourcen in den
eigenen sicheren Speicher nimmt ( z.B. Die Deutsche Bibliothek) oder ein
System verteilter sicherer Speicher aufbaut (z.B. der Südwestdeutsche
Bibliotheksverbund).
Das größte Problem bei der Verwaltung tritt meines Erachtens bei Ressourcen
auf, die etwa ab 1920 entstanden sind. Diese Ressourcen unterliegen im Prinzip
den Copyright-Regelungen des jeweiligen Landes. Bei Verlagsangeboten hat man mit
schwierigen Verhandlungen bzüglich der Lizenzen zu rechnen.
5.Angebote an die Kunden (Bibliothek als Portal): Ofertas para el cliente
(Biblioteca como portal)
Das Ideal wäre: die Homepage der eigenen Bibliothek wäre bei ihren Nutzern
voreingestellt, weil sie den besten Zugang zu allen relevanten Informationen
für Wissenschaftler (bei wissenschaftlichen Bibliotheken) bzw. für alle Bürger (bei öffentlichen Bibliotheken) bietet. Was soll nun alles
angeboten werden? u.a.
- der OPAC der eigenen Bibliothek mit Durchgriff auf Volltexte, mit
Bestellfunktion bei älteren Materialien, mit Hinweisen auf sonstige
relevante Literatur
- Durchgriff auf Verbund- und sonstige OPACs weltweit. z.B. Zugriff auf
Die
Deutsche Bibliothek (DDB) mit dem Internet-Protokoll Z39.50. (Das Gateway
der DDB zu OPACs weltweit ist zu finden unter: http://z3950gw.dbf.ddb.de
- Zugriff am 2001-03-27)
- Angebote von Fachdatenbanken wie Medline, Inspec usw. z.B. die Regionale
Datenbank-Information für die staatlichen Hochschulen und die
Landesbibliotheken Baden-Württemberg (REDI) mit einer CD-ROM-Server-Lösung.
( http://www.redi-fr.belwue.de/
- Zugriff am 2001-03.27.) Weil viele Fachdatenbanken inzwischen so teuer
sind, dass die einzelne Bibliothek dies nicht mehr aufbringen kann, haben
sich die baden-württembergischen Bibliotheken zusammengetan, kaufen
gemeinschaftlich die Lizenzen für die CD-ROMs und bieten diese Datenbanken ihren Nutzern
landesweit an.
- Links zu virtuellen Fachbibliotheken , z.B. das
Sondersammelgebiets-Fachinformationsprojekt Forestry-Guide ( http://www.SUB.Uni-Goettingen.de/ssgfi/forst
- Zugriff am 2001-03-27). Aus Not heraus hatten sich die wissenschaftlichen
Bibliotheken Deutschlands vor 80 Jahren dazu entschlossen, Sammelaufgaben zu
verteilen: jede große Bibliothek bekam ein bestimmtes Fach, da sie vertieft
zu sammeln hatte und den anderen zur Verfügung zu stellen hatte. Dies hat
sich so bewährt, dass das System heute noch funktioniert. Dass einige
dieser Bibliotheken heute für ihre Fächer virtuelle Fachbibliotheken zur
Verfügung stellen, ist nur die Weiterführung der alten Aufgabe.
- Angebot an elektronischen Zeitschriften , vgl. die schon genannte Elektronische
Zeitschriftenbibliothek
- Angebot von Document
delivery z.B. Subito, der Lieferdienst der Bibliotheken für
Aufsätze und Bücher ( http://www.subito-doc.de
- Zugriff am 2001-03-27)
- Neuerwerbungslisten als Mailinglisten, auch speziell auf den Nutzer
bezogene Benachrichtigung bei Neuerwerbungen (Profildienste)
- Mailinglisten mit aktuellen Meldungen, die Bibliothek betreffend (z.B. bin
ich über die Meldung froh, dass die Universitätsbibliothek Tübingen wegen
Putzens eine Woche geschlossen ist, damit ich nicht umsonst hinfahren muss.)
- je nach Bibliotheksart: Universitätsnachrichten. Bei Öffentlichen
Bibliotheken: Links zu kommunalen Ämtern und Dienstleistungen mit näheren
Angaben wie Ansprechpartner, Öffnungszeiten usw., Angaben und Links zum
kulturellen und sozialen Leben einer Kommune, auch Links zu Vereinen,
Ausstellungen usw.
Dient die eigene Bibliothek als Portal, hat man nicht nur den Vorteil, dass
man die Bedürfnisse seiner Kundschaft kennt, sondern dass man die vorhandenen
Nutzerdaten eventuell leicht erweitert einbeziehen kann. Dabei geht es
u.a. um die Benutzerauthentifizierung: für die Benutzung von Fachdatenbanken
muss wegen der üblichen Lizenzierung nachgewiesen werden, dass der Nutzer
Mitglied der Universität bzw. der betroffenen Institution ist. Das gilt leider
auch für viele elektronische Zeitschriften. Ausserdem können kostenpflichtige
Dienste über den Benutzeraccount abgerechnet werden z.B. Dokumentlieferungen
oder Fernleihe.
Das hier genannte entspricht in etwa der schon teilweise realisierten
Digitalen Bibliothek Baden-Württemberg. Angedacht ist im übrigen auch die
Möglichkeit der Profildienste: in die Benutzerdaten können die Profilangaben
integriert werden, so dass eine gezielte Benachrichtigung statttfinden kann,
wenn im Interessenschwerpunkt der Kunden etwas Neues eintrifft.. Möglich wäre
es auch, dass man anbietet, dass der Kunde über
seinen Account auf einen Artikel in einer elektronischen Zeitschrift zugreifen
kann. Leider muss man wohl damit rechnen, dass die Bibliotheken die teuren
Lizenzen nicht mehr zahlen können, und der Kunde sich zumindest beteiligen
muss. [vgl. Schütte, Christoph-Hubert: Die Digitale Bibliothek
Baden-Württemberg - realisierbar aus bereits vorhandenen Bausteinen und
weltweit nutzbar. - In: B.I.T. online 3(2000) Nr.3, S. 303 - 312]
Festzuhalten ist, dass es selbstverständlich einen freien Zugang geben muss,
mit dem man auf alle nicht-kostenpflichtigen Ressourcen zugreifen kann.
6. Archivierung : Archivo y conservación
Schon beim Punkt Verwaltung wurde auf das Problem der kurzen Lebensdauer von
digitalen Materialien hingewiesen. Für wissenschaftliche Bibliotheken ist aber
das langfristige Archivieren sehr wichtig, denn auch noch nach Jahren müssen
Zitate verifiziert werden können. Für Nationalbibliotheken geht es um die
Erhaltung des kulturellen Erbes.
Bei CD-ROMs rechnet man mit einer Lebensdauer von etwa 10 Jahren, was das
Material betrifft. Bei beschreibbaren CD-ROMs kann es sich bei schlechter
Qualität des Materials auch nur um 6 Monate handeln. Man wird also
regelmäßig umkopieren müssen. Selbst bei guter Materialqualität hat man aber
das Problem, dass schon nach wenigen Jahren die passende Hard- und Software
nicht mehr zur Verfügung steht.
Auch Online-Ressourcen unterliegen diesem Wandel. Verschiedene
Möglichkeiten einer Lösung des Problems werden vorgeschlagen:
- die alten Computer mit ihren Betriebssystemen werden aufbewahrt. Dann wird
die Bibliothek aber schnell zu einem Technikmuseum, das zusätzlich Personal
für die Bedienung historischer Geräte braucht.
- man schreibt Emulationsprogramme, die ältere Hard- und Software nachahmt.
Das läßt sich aber nicht beliebig ausdehnen.
- es findet eine stetige Migration der Datenbestände statt, d.h. man spielt
die Daten jeweils in die neue Hard- und Software ein - und nimmt in Kauf,
dass das ursprüngliche Layout verloren geht.
- man bemüht sich um eine internationale Normierung von
Archivierungsformaten, die auch in vielen Jahren noch gültig sein sollen.
7. Schluß
Zusammenfassend möchte ich sagen, dass sich durch das Internet das
Informationsangebot in Deutschland deutlich verbessert hat. Allerdings ist
leider noch nicht die ganze Bevölkerung eingeschlossen, man geht im Moment von
etwa 14 Millionen privaten Internetanschlüssen aus. Um Deutschland für die
globale Wirtschaftswelt fit zu machen, hat man ausgerechnet, dass 1,5 - 3,5
Milliarden DM nötig wären.
Eine Reihe der bibliothekarischen Projekte zeigt aber, dass mit viel weniger
Geld etwas zu machen ist, wenn man sich zusammentut. Deutsche Bibliotheken
arbeiten eher lieber unabhängig voneinander oder manchmal sogar gegeneinander.
Die finanzielle Lage brachte viele dazu gemeinsam zu arbeiten.