Einführung in

Entwicklungsländerstudien

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51. Ausgewählte Problemfelder der Entwicklung: Tourismus

Teil IV


zusammengestellt von Alois Payer

herausgegeben von Margarete Payer

mailto: payer@hdm-stuttgart.de


Zitierweise / cite as:

Entwicklungsländerstudien / hrsg. von Margarete Payer.  -- Teil V: Ausgewählte Problemfelder der Entwicklung. -- Kapitel 51: Tourismus / zusammengestellt von Alois Payer. -- Teil IV.  -- Fassung vom 2001-02-23. -- URL: http://www.payer.de/entwicklung/entw514.htm. -- [Stichwort].

Erstmals publiziert: 2000-09-04

Überarbeitungen: 2018-10-06 [grundlegend überarbeitet] ; 2001-02-23

Anlass: Lehrveranstaltung "Einführung in Entwicklungsländerstudien". HBI Stuttgart, 1998/99

©opyright: Dieser Text steht der Allgemeinheit zur Verfügung. Eine Verwertung in Publikationen, die über übliche Zitate hinausgeht, bedarf der ausdrücklichen Genehmigung der Herausgeberin.

Dieser Text ist Bestandteil der Abteilung Entwicklungsländer von Tüpfli's Global Village Library.


Skript, das von den Teilnehmern am Wahlpflichtfach "Entwicklungsländerstudien" an der HBI Stuttgart erarbeitet wird.


0. Übersicht


Teil IV.  = der vorliegende Teil



Teil I.  -- URL: http://www.payer.de/entwicklung/entw511.htm.



Teil II.  -- URL: http://www.payer.de/entwicklung/entw512.htm



Teil III.  -- URL: http://www.payer.de/entwicklung/entw513.htm



18. Auswirkungen des Tourismus


"Auch wenn sich viele Tourismuskritiker ein progressives Mäntelchen umhängen, stehen sie doch in einer im schlechtesten Sinne konservativen Tradition teilweise arroganter Tourismuskritik, die sich vor allem darüber mokiert, dass Reisen 'demokratisiert' und nicht mehr Privileg aristokratischer Müßiggänger und groß- und bildungsbürgerlicher Schichten geblieben sind."

[Mundt, Jörn W.: Einführung in den Tourismus. -- München [u.a.] : Oldenbourg, ©1998. -- ISBN 3486233661. --  S. 239. --  ]


19. Ökonomische Auswirkungen


19.1. Tourismus im Ganzen der Volkswirtschaft


An der Befriedigung touristischer Bedürfnisse sind Betriebe und Betriebszweige fast aller Zweige der Wirtschaft beteiligt. Schon die direkt mit dem Tourismus verknüpften Wirtschaftsunternehmen machen einen großen Teil des Dienstleistungs-, aber auch Produktionssektors aus. So umfasst der eigentliche Tourismussektor u.a. folgende Betriebe:

Eurostat versucht die wichtigsten Verknüpfungen des Tourismus in einer Volkswirtschaft in folgender Weise darzustellen:

"Tourism is a comprehensive and extensive phenomenon. Tourism is demand led and influenced by many external factors. It generates physical and financial flows that have strong economic, socio-cultural and environmental impacts.

To study the domain of tourism one must quantify and interrelate the various characteristics of tourism. In practice most tourism statistics take the transactors in the tourism process as their starting point, in particular visitors (tourism demand) and direct supplier (tourism supply). Factors influencing tourism, the impact of tourism and the interrelation between supply and demand are usually tackled by integrating data from a great number of sources followed by model type analysis.

The table below shows the interlinkage between the following tourism-related issues:

Part 1: Main external factors influencing tourism demand

Part 2: The different consumer markets in tourism from the point of view of existing statistics, to be divided into same-day visits and visits including overnight stays

Part 3: Impact of tourism demand (different segments) expressed by economic indicators and indicators pointing out the social and environmental impact of tourism

Part 4: Tourism policy by governmental organisations on different aspects affecting both the supply and the demand side

Part 5: Connecting demand and supply on different markets within the scope of marketing (product strategy, pricing, channelling and promotion decisions).

[Community methodology on tourism statistics / European Commission (DG XXIII and Eurostat). -- 1998. -- URL: http://forum.europa.eu.int/Public/irc/dsis/bmethods/info/data/new/embs/tourism/intro.html. -- Zugriff am 2000-07-06]


19.2. Modelle zur Bestimmung der ökonomischen Auswirkungen des Tourismus


"Die Ungenauigkeit wirtschaftswissenschaftlicher Prognosen und Planungshilfen legt ein beredtes Zeugnis von der unzureichenden theoretischen Grundlegung ab."
"In Tansania erstellten Experten aus Europa und Nordamerika zwischen 1962. und 1984 insgesamt elf Studien zur Tourismusentwicklung. Der Staat investierte aufgrund dieser Gutachten erhebliche Summen in den Ausbau einer Infrastruktur für den Fremdenverkehr. Das Ergebnis waren verheerende Verluste für das arme Land. 1977 betrugen die Einnahmen aus dem Tourismus nur 40 % der Ausgaben. Gewinne wurden auch in den folgenden Jahren nicht erzielt."

[Hennig, Christoph <1950 - >: Reiselust : Touristen, Tourismus und Urlaubskultur. -- Frankfurt a. M. : Suhrkamp, 1999 (©1997 Insel). -- (Suhrkamp Taschenbuch ; 3001). -- ISBN 3518395017. --  S. 164, 157. -- ]

"Die alleinige Erfassung der Einnahmen von Besuchern in einem Gebiet oder in einem Ort sagt wenig über die ökonomische Wirkung des Tourismus aus. Sie messen nur den direkten Effekt, den die Anwesenheit von Touristen hat. Die Ausgaben für die Beherbergung und für Restaurantbesuche geben jedoch einen wirtschaftlichen Impuls, der zu weiterer Nachfrage führt. Hotels und Restaurants sind abhängig von Zulieferern für Güter, bei denen sie die nötigen Nahrungsmittel, Getränke, Putz- und Spülmittel, Einrichtungen usw. beziehen, aber auch von Dienstleistungsunternehmen wie der Post, Telekommunikationsanbietern usw., ohne die Vorausbuchungen und die Aufgabe von Bestellungen nicht möglich wären. Die Nachfrage nach diesen Gütern und Dienstleistungen gehört damit zu den indirekten Effekten des Tourismus -- ohne den Tourismus gäbe es die Nachfrage in diesem Umfang nicht.

Alle diese Unternehmen, ob sie nun direkt oder indirekt mit dem Tourismus zu tun haben, beschäftigen Mitarbeiter, die Einkommen für ihre Arbeit beziehen. Einen großen Teil dieses Einkommens geben sie für Güter und Dienstleistungen aus. Der Teil ihres Einkommens, der direkt oder indirekt durch die Befriedigung von Nachfrage im Tourismus verdient wurde und wieder ausgegeben wird, führt zu einem induzierten Effekt auf die Wirtschaft. Zur Ermittlung des gesamtwirtschaftlichen Effektes des Tourismus müssen also diese drei verschiedenen wirtschaftlichen Wirkungen addiert werden".

[Mundt, Jörn W.: Einführung in den Tourismus. -- München [u.a.] : Oldenbourg, ©1998. -- ISBN 3486233661. --  S. 372. --  ]

Um die direkten, indirekten und induzierten ökonomischen Effekte des Tourismus abschätzen zu können, wurden verschiedene wirtschaftliche Modelle entwickelt:

Man muss aber beachten, dass ein ökonomisches Modell bestenfalls so gut ist wie die zugrundeliegenden Daten. Wenn man bedenkt wie aufwendig und teuer die Erhebung einigermaßen zuverlässiger wirtschaftlicher Daten ist, dann sieht man, dass die gesamtwirtschaftlichen Schätzungen der Auswirkungen von Tourismus in Entwicklungsländern in ihrer Solidität sich oft nicht oder kaum von Kaffeesatzlesen unterscheiden.

Abgesehen davon wird die ökonomische Beurteilung noch dadurch erschwert, dass zu einer ordentlichen ökonomischen Analyse die Analyse der durch eine gewählte Form der Ressourcenanlage verunmöglichten Alternativen (Opportunitätskosten) gehört, d.h. Tourismus kann in einer solchen Analyse nicht als Selbstzweck gesehen werden, sondern muss im Rahmen verschiedener Alternativen wirtschaftlicher Entwicklung eines Landes oder einer Region gesehen werden.

Ökonomische Tourismus-Theorien sind deswegen aus systematischen Gründen nicht imstande, zu inhaltlich relevanten Aussagen zu kommen. Darüber sollte man sich auch nicht durch angeblich mathematische Modelle hinwegtäuschen lassen:

Ganz besonders gilt das für Nachfragemodelle des Tourismus, die für Voraussagen unentbehrlich wären:

"Nachfragemodelle des Tourismus können, wenn sie annähernd genau sein sollen, nicht auf der ökonomischen Ebene bleiben eben weil in touristisches Verhalten immer nicht-wirtschaftliche Motive konstitutiv eingehen. Sie sind zudem grundsätzlich nicht exakt mathematisierbar. Die bestehenden Modelle, die Exaktheit vortäuschen, können getrost als Bluff betrachtet werden. So stellt beispielsweise Chris Ryan die Formel auf:


Dt = f(Pt,Pi . . . Pn,YT),


wobei Dt die touristische Nachfrage darstellt, Pt den Preis der touristischen Güter und Leistungen, Pz ... Pn den Preis anderer Güter, Y das Einkommen und T --  hier liegt der Hase im Pfeffer! -- nichts anderes als taste: die Vorlieben der Reisenden. In die scheinbar präzise Formel geht also ein Element ein, das man sich komplexer und unschärfer gar nicht vorstellen kann; die Formel selbst, ist -- ihrer mathematischen Gestalt zum Trotz -- so ungenau wie der Begriff des 'Geschmacks'."

[Hennig, Christoph <1950 - >: Reiselust : Touristen, Tourismus und Urlaubskultur. -- Frankfurt a. M. : Suhrkamp, 1999 (©1997 Insel). -- (Suhrkamp Taschenbuch ; 3001). -- ISBN 3518395017. --  S. 161 - 162.]


19.2.1. Multiplikatormodell


Das Multiplikatormodell geht davon aus, dass Einnahmen aus dem Tourismus eine Nachfragekette auslösen, deren Wert größer ist als die ursprünglichen Ausgaben der Reisenden: das von den Reisenden ausgegebene Geld wird z.B. zu Gehältern von Bediensteten, diese geben dieses wieder aus und so wird es z.B. zu Einnahmen von Händlern, diese beziehen damit wieder z.B. Nahrungsmittel von Bauern usw. usw. Man schätzt nun Multiplikatoren, die diesen Sachverhalt wiederzugeben versuchen, die also angeben, welchen Wert eine im Tourismus eingenommene Geldeinheit im Wirtschaftskreislauf erhält. Dazu muss man allerdings vom Bruttoeffekt im Inland den Geldabfluss durch tourismusbedingte Importe bzw. Geldtransfers ins Ausland abziehen.

Für verschiedene Länder hat man für 1989 folgende Multiplikatoren des Einkommens aus Tourismus geschätzt:

Land Einkommensmultiplikator
Türkei 1,96
USA 1,92
Großbritannien 1,73
Irland 1,72
Bundesrepublik 1,56
Ägypten 1,23
Jamaika 1,23
Dominikanische Republik 1,20
Zypern 1,14
Bermudas 1,09
Hongkong 1,02
Mauritius 0,96
Antigua 0,88
Seychellen 0,88
Bahamas 0,79
Fidschi 0,72
Cayman Islands 0,65
Island 0,64
Virgin Islands 0,58
Solomon Islands 0,52
Palau 0,50
West Samoa 0,39

D.h. Während eine in der Türkei ausgegebene D-Mark effektiv wirkte wie fast zwei im Land ausgegeben D-Mark, blieben von einer auf Westsamoa von Touristen ausgegebene Mark in West-Samoa selbst effektiv nur 39 Pfennig.

[Vorlage der Tabelle: Mundt, Jörn W.: Einführung in den Tourismus. -- München [u.a.] : Oldenbourg, ©1998. -- ISBN 3486233661. --  S. 377 (dort Quellenangabe). --  ]

Der Multiplikatoreffekt hängt wesentlich ab von

"Eine nicht nur für das Multiplikatormodell zutreffende Kritik betrifft die volle Gleichsetzung der durch Importe verursachten Devisenabflüsse mit einem Verlust (leakage). Dies lässt ihre binnenwirtschaftlichen Effekte unberücksichtigt. Importeure bilden jedoch einen nicht zu unterschätzenden Wirtschafts- und Beschäftigungsbereich einer Volkswirtschaft. Um die Größe der leakage genau zu bestimmen, müssten deshalb die Wirtschaftsleistung der Importeure vom Nominalwert der Devisenabflüsse abgezogen werden. Darüber hinaus kann ein Teil der für Importe ausgegebenen Devisen im Empfängerland wiederum zur Finanzierung von Exporten, darunter auch Reisen, ausgegeben werden, die auch dem betrachteten Land zugute kommen können."

[Mundt, Jörn W.: Einführung in den Tourismus. -- München [u.a.] : Oldenbourg, ©1998. -- ISBN 3486233661. --  S. 382.]


19.2.2. Wertschöpfungsmodell


Wertschöpfung = Bruttoproduktionswert (Umsatz) minus Vorleistungen.

Alle Importe werden als Verlust-Vorleistungen gerechnet, was jedoch nur zum Teil zutreffend ist (siehe oben).

Beispiel: das Hotelgewerbe eines Gebietes hat in einer Periode Einnahmen in Höhe von 1 Milliarde Geldeinheiten. Um diese Einnahmen zu erzielen, musste das Hotelgewerbe Güter und Dienstleistungen (Lebensmittel, Energie, Bankdienstleistungen usw.) in Höhe von 680 Mio. Geldeinheiten von anderen Unternehmen beziehen. Die Wertschöpfung des Hotelgewerbes beträgt also 320 Mio. Geldeinheiten (1 Milliarde minus 680 Mio. Geldeinheiten).

Bei der Wertschöpfung unterscheidet man

Die folgende Grafik stellt die Zusammenhänge dar:


Abb.: Bruttoproduktionswert, Bruttowertschöpfung, Nettowertschöpfung

Man kann mittels der Wertschöpfungen eine Wertschöpfungskette rekonstruieren, die jeweils die Vorleistungen Dritter der vorgelagerten Produktionsstufen erfasst:


Abb.: stark vereinfachte Wertschöpfungskette


19.2.3. Input-Output-Modell


Das Input-Output-Modell versucht die gegenseitigen Abhängigkeiten (Interdependenzen) der Wirtschaftszweige voneinander zu erfassen. Dazu werden alle Wirtschaftszweige als Nachfrager und als Hersteller mit ihren Transaktionen in einer Matrix aufgeführt.

Folgendes einfaches Beispiel illustriert die Vorgehensweise

Einfache Input-Output-Transaktionsmatrix
produzierender
Sektor
konsumierender Sektor
Roh-
stoff-
förder.
Land-
wirt-
schaft
prod.
Ge-
werbe
Bau-
ge-
werbe
Tou-
ris-
mus
and.
Dienst-
leist.
End-
verbr.
Output
Rohstoffförder. 5 5 15 10 3 5 7 50
Landwirtschaft 2 4 15 2 2 2 13 40
prod. Gewerbe 10 5 20 10 5 5 25 80
Baugewerbe 5 2 10 3 10 8 12 50
Tourismus 2 2 5 2 2 5 22 40
and. Dienstleist. 4 3 8 5 5 5 20 50
Wertschöpfung 22 19 7 18 13 19    
Input 50 40 80 50 40 50   310

Erklärung der Beispielsmatrix:

"Die gesamte Wirtschaftsleistung gemessen als Bruttoinlandprodukt beträgt in diesem Beispiel 310 Einheiten. Mit 40 Einheiten hat der Tourismus daran einen Anteil von knapp 13 Prozent. Von diesen 40 produzierten Einheiten (output) gehen 22 an Endverbraucher -- dabei handelt es sich meist um Urlaubsreisen. 18 Einheiten gehen an verschiedene andere Wirtschaftsbereiche: Die Rohstoffförderung hat ebenso wie die Landwirtschaft und das Baugewerbe zwei Einheiten von der Tourismuswirtschaft bezogen (Geschäftsreisen). In gleicher Größenordnung haben Unternehmen des Tourismussektors untereinander Güter und Dienstleistungen gehandelt -- zum Beispiel haben Reiseveranstalter Beförderungs- und Hotelleistungen für ihre Pauschalangebote eingekauft. Bei den Verkäufen an die anderen Wirtschaftssektoren handelt es sich insgesamt um Dienst- und Geschäftsreisen, die zur Aufrechterhaltung der Produktion und des Absatzes in den jeweiligen Branchen notwendig sind.

Zur Herstellung seiner Güter und Dienstleistungen ist der Tourismus als Wirtschaftsbereich auf Vorleistungen anderer Wirtschaftsbereiche angewiesen. So braucht er 2 Einheiten aus der Landwirtschaft, 5 vom produzierenden und 10 vom Baugewerbe. Insgesamt machen diese Vorleistungen anderer Wirtschaftsbereiche 27 Einheiten aus. Oder, mit anderen Worten: Bei einem Input von 27 wurde ein Output von 40 erwirtschaftet. Da insgesamt 40 Einheiten an Wirtschaftsleistung erbracht wurden, ergibt dies eine Wertschöpfung von 13 Einheiten."

[Mundt, Jörn W.: Einführung in den Tourismus. -- München [u.a.] : Oldenbourg, ©1998. -- ISBN 3486233661. --  S. 386ff. (dort auch zur weiteren Nutzung und zur Kritik dieses Modells!).]


19.2.4. Dynamisches multisektorales Modell


Dieses Modell versucht so viele Faktoren zu berücksichtigen, dass eine zuverlässige Voraussage praktisch ebenso wenig möglich ist wie mit den anderen Modellen.

Näheres zu diesem Modell in:

Mundt, Jörn W.: Einführung in den Tourismus. -- München [u.a.] : Oldenbourg, ©1998. -- ISBN 3486233661. --  S. 389 - 391.


19.3.  Ökonomische Daten und Schätzungen zum Tourismus 1999



Abb.: International Tourist Arrivals (WTO)


Abb.: World`s Top 15 Tourism Earners (WTO)


Abb.: World's Top 15 Tourism Destinations (WTO)

[Quelle der Tabellen: http://www.world-tourism.org/. -- Zugriff am 2000-07-28]

Beitrag des Tourismus zum Bruttosozialprodukt, Schätzung für 1999
Reihung nach prozentualem Anteil an BSP Region Milliarden US$

Prozent des Bruttosozialprodukts

1. Karibik 29 20,6%
2. Ozeanien 68 14,7%
3. Westeuropa ohne EU 103 15,4%
4. Europäische Union 1263 14,1%
5. Nordamerika 1171 11,8%
  Welt 3500 11,7%
6. Afrika südlich der Sahara 26 11,2%
7. Zentral- und Osteuropa 95 11,1%
8. Südostasien 81 10,6%
9. Nordostasien 537 10,0%
10. Mittlerer Osten 41 7,3%
11. Nordafrika 20 6,8%
12. Lateinamerika 90 5,6%
13. Südasien 27 5,3%
Im Tourismus Beschäftigte, Schätzung für 1999
Reihung nach prozentualem Anteil an Gesamtbeschäftigten Region Millionen Beschäftigte

Prozent des Gesamtbeschäftigten

1. Ozeanien 2 16,0%
2. Karibik 4 15,8%
3. Westeuropa außer EU 4 15,6%
4. Europäische Union 22 14,5%
5. Nordamerika 219 11,9%
6. Zentral- und Osteuropa 21 11,7%
  Welt 192 8,2%
7. Nordafrika 2 7,4%
8. Afrika südlich der Sahara 10 7,4%
9. Südostasien 15 7,3%
10. Nordostasien 57 7,1%
11. Mittlerer Osten 2 6,1%
12. Lateinamerika 9 6,0%
13. Südasien 22 5,4%
Investitionen in Tourismus, Schätzung für 1999
Reihung nach prozentuellem Anteil an Gesamtinvestitionen Region Investitionen in Milliarden US$ Anteil an Gesamtinvestitionen
1. Karibik 7 25,7%
2. Westeuropa außer EU 25 16,1%
3. Europäische Union 270 15,8%
4. Ozeanien 14 13,9%
5. Afrika südlich der Sahara 6 11,7%
  Welt 733 11,3%
6. Nordamerika 189 9,8%
7. Nordafrika 3 5,5%
8. Zentral- und Osteuropa 21 9,7%
9. Südostasien 20 9,5%
10. Lateinamerika 30 9,1%
11. Nordostasien 134 9,0%
12. Südasien 7 6,1%
13. Mittlerer Osten 8 6,1%

Quelle der Daten: Travel & tourism's economic impact / WTTC. -- March 1999. -- URL: http://www.wttc.org/economic_research/pdfs/T&T+impact.pdf. -- Zugriff am 2000-07-03

"Madrid, 11 May, 2000 - International tourism grew faster in 1999 than originally reported at the start of this year. The World Tourism Organization (WTO) today released updated results for 1999 that show 663 million people spent at least one night in a foreign country last year, up 4.1 per cent over the previous year. Spending on international tourism reached US$453 billion—a growth rate of nearly 3 per cent over 1998 results. ...

These new results confirm that 1999 was an excellent year for the tourism industry, with destinations in East Asia and the Pacific bouncing back to the growth rates they enjoyed before the financial crisis and a tourism boom underway in the Middle East and the Mediterranean.

They also fall in line with WTO's long-term growth forecast Tourism: 2020 Vision which predicts that the tourism sector will expand by an average of 4.1 per cent a year over the next two decades, surpassing a total of one billion international travellers by the year 2010 and reaching 1.6 billion by the year 2020.

Asia-Pacific Comeback

The driving force behind tourism growth in 1999 was the comeback of East Asia and the Pacific. Arrivals to that region totalled 97 million, a 10.5 per cent increase over the previous year and 8 million tourists more than the records set before the Asian financial crisis. Growth was widespread among the region's biggest tourism destinations, including:

1999 Arrivals

% change over 1998

China
27.0 million
+7.9%
Hong Kong-SAR
10.6 million
+11.5%
Japan
4.4 million
+8.1%
South Korea
4.6 million
+9.6%
Malaysia
7.9 million
+42.9%
Singapore
6.2 million
+11.1%
Thailand
8.6 million
+10.3%
Australia
4.4 million
+7.0%
New Zealand
1.6 million
+8.3%
Vietnam
1.8 million
+17.2%

Middle East and Mediterranean Growth

The fastest tourism growth in 1999 was recorded in the Middle East, which showed an increase of 17.4 per cent in arrivals over the previous year. With the exception of Turkey, which suffered from earthquakes and civil unrest, the countries surrounding the Mediterranean Sea—both in Southern Europe and in North Africa—made remarkable gains in tourism in 1999. Some of the best results in this region include:

 
1999 Arrivals

% change over 1998

France
73.0 million
+4.3%
Spain
51.7 million
+9.2%
Greece
12.0 million
+9.9%
Cyprus
2.4 million
+9.5%
Israel
2.2 million
+17.1%
Egypt
4.4 million
+39.7%
Syria
1.3 million
+9.4%
Lebanon
637,000
+12.2%
Morocco
3.9 million
+21.6%

Another trend worth noting is the growing popularity last year of new or off-the-beaten-track destinations, places such as Iceland (+13.4%), Estonia (+15.2%), Georgia (+21.1%) and Iran (+16.5%).

United States Reverses Decline

Growth in arrivals to the Americas region was lower than the world average at 2.5 per cent in 1999, but 3 million more international tourists visited destinations in the Americas than during the previous year. Two-thirds of the increase went to the United States. Following a decline of nearly 3 per cent in 1998, the USA enjoyed strong tourism growth last year from Europe—especially the United Kingdom—despite the strong value of the dollar. Central America also had an excellent year, with tourism increasing rapidly from a small base.

 
1999 Arrivals

% change over 1998

United States
48.4 million
+4.5%
Canada
19.5 million
+3.7%
Brazil
5.0 million
+5.0%
Dominican Republic
2.6 million
+14.7%
Cuba
1.6 million
+12.3%
Costa Rica
1.0 million
+8.9%
Guatemala
823,000
+29.4%

[Quelle: http://www.world-tourism.org/pressrel/00_5_11I.htm. -- Zugriff am 28.7.2000-07-28. -- Am 2001-02-23 toter Link]


19.4. Zum Beispiel: Kerala, Indien --  informelle Wirtschaft im Schatten des Tourismus



Abb.: Lage von Kovalam, Kerala, Indien


Abb.: Strand bei Kovalam, Kerala, Indien, März 1996 (© CORBIS)

"Suchend schweift Chandrikas Blick über das unübersichtliche, von dichter tropischer Vegetation überwucherte Gelände vor dem Haus. »No tourist coming«, stellt sie nach einer Weile resignierend fest. Obwohl die Saison noch nicht zu Ende ist, finden dieses Jahr nur wenige der Rucksacktouristinnen den Weg zu Chandrikas Haus. Ausgebucht war es nur in der Weihnachtszeit, als unten am Strand alles belegt war. Der Boom der achtziger Jahre hat Kovalam zum bedeutendsten Ort auf der touristischen Landkarte des südindischen Bundesstaates Kerala werden lassen. Aber nicht alle Einheimischen können so gute Geschäfte machen wie die großen Unternehmer am Strand mit ihren umsatzträchtigen Restaurants und Unterkünften.
Seit fünfzehn Jahren vermietet Chandrika Zimmer an ausländische Touristinnen. Außerhalb der Saison nutzen sie, ihr Ehemann und die drei Kinder das einfache Haus ausschließlich zum Wohnen. In der Spitzensaison, wenn bis zu sechs der insgesamt sieben Räume vermietet sind, wird es eng. Dann muss die Familie zusammenrücken und auf dem Boden schlafen, weil die vorhandenen Betten von den Touristinnen benutzt werden. Die Einnahmen durch die Zimmervermietung, rund 15'000 Rupees pro Saison (etwa 700 SFr.), tragen ganz erheblich zum Unterhalt der Familie bei. Ein zusätzlicher Verdienst ergibt sich durch die Verköstigung der Gäste mit Thalis, den typischen südindischen Reismahlzeiten. Auf diese Weise hat sich Chandrika eine große Autonomie erwerben können, und sie lässt dies ihren Mann, der schlechtbezahlt als Anstreicher arbeitet, auch spüren. Er muss sich ihren Vorstellungen oft beugen.

Die Autonomie hat ihren Preis. Zwar ist die Arbeit, die vor allem in der mühsamen Zubereitung der Mahlzeiten auf dem Holzfeuer und dem rußenden Kerosinbrenner besteht, nicht ganz so hart wie zum Beispiel die Plackerei auf einem Reisfeld. Aber es ist ein Job, der morgens um sieben Uhr beginnt und erst um neun Uhr abends endet. Tagsüber kann Chandrika das Haus nur für kurze Zeit verlassen, da sie auf Neuankömmlinge warten muss. Das Bangen, ob Gäste kommen oder nicht, ist oft lästig. Viele der bei Chandrika logierenden Rucksacktouristinnen bemühen sich um rücksichtsvolles Verhalten. Andere werden zu einer Belastung, vor allem diejenigen, die unter dem schattigen Vordach eine Haschischpfeife nach der anderen rauchen. Ihre Kinder hält Chandrika von diesen Leuten lieber fern. Sie muss das Verhalten der zahlenden Gäste gegen ihren Willen tolerieren. Dabei hilft nur das Wissen, dass sie mit den Einnahmen aus der Vermietung letztlich die höhere Schulausbildung der Töchter finanzieren kann. Darauf ist Chandrika besonders stolz, schließlich sollen sie es einmal besser haben.

Chandrika ist eine der wenigen Frauen in Kovalam, die ein Haus geerbt haben und so am Geschäft mit dem Tourismus teilhaben können. Früher, als hier wie in ganz Kerala eine matrimoniale Erbfolge üblich war, hatten die Frauen eine relativ starke Position in der Gesellschaft. Übriggeblieben sind davon heute eine niedrigere Geburtenrate, ein höheres Heiratsalter und bessere Bildungschancen als sonst in Indien üblich. Abgesehen davon hat sich die Situation der Frauen allgemein verschlechtert. Nur selten können sie einen Arbeitsplatz finden. Das gilt auch für den von den Politikerinnen in Kerala als modern gepriesenen Touris mussektor. Alle qualifizierten Arbeiten mit entsprechend hohem Einkommen, wie zum Beispiel die Tätigkeit als Rezeptionist, bleiben in Kovalam den Männern vorbehalten. Lediglich im staatlichen Fünfstern-Hotel erzwingt eine Quotenregelung die Teilhabe von Frauen an den begehrten Arbeitsplätzen.

Der Mangel an regulären Stellen zwingt in Kovalam viele Frauen, sich im informellen Sektor, der staatlich nicht anerkannten touristischen Schattenwirtschaft, selbständig zu machen. Nur selten gelingt dies so profitabel und gesichert wie bei Chandrika. Typisch ist eher die Situation der »Fruit Ladies«, den Obstverkäuferinnen, die mit ihren voll beladenen Körben am Strand nach potentiellen Käuferinnen Ausschau halten. Ihr Lockruf »pineapple, papayas, mangos, cheaper price« ist überall gegenwärtig, und viele Touristinnen fühlen sich dadurch beim Sonnenbaden belästigt. Andere lassen sich gerne auf ein Schwätzchen mit den Kleinhändlerinnen ein, ohne dies immer mit einem Kauf zu verbinden.

Doch manchmal bricht bei den Obstverkäuferinnen die Verbitterung über ihre schwierige Lage hervor. Dann beschweren sie sich über die reichen Nichtstuerinnen aus dem Westen, die ihnen nicht mal ein paar Rupees gönnen und stattdessen lieber teure Schokoriegel kaufen. Sie schimpfen mit einer Mischung aus Wut, Angst und Ohnmacht auf die »Tourism Police«, die sie immer wieder vom Strand vertreibt. Die Landesregierung will den Rucksacktourismus zugunsten des Luxustourismus zurückdrängen. Der informelle Sektor mit seinen vielen illegalen Strandrestaurants und mobilen Kleinsthändlerinnen bekommt die Auswirkungen dieser »Clean-up-Kovalam«-Kampagne zuerst zu spüren.

Die »Fruit Ladies« stammen aus den untersten Kastengruppen der umliegenden Dörfer. Allein deswegen werden sie von vielen Höherkastigen in Kovalam herablassend behandelt. Der direkte Kontakt mit den meist männlichen Touristen gehört sich nach Ansicht der konservativen Hochkastigen nicht für Frauen, und schon gar nicht für jüngere im heiratsfähigen Alter. An diese Altersbegrenzung halten sich selbst die »Fruit Ladies« -- sie sind alle über 40 Jahre alt. Nur bei einer Nomadenfamilie, die aus dem weit entfernten Karnataka kommt und farbenprächtige Textilien anbietet, feilschen auch jüngere Frauen mit den Touristinnen. Aber diese Familie gilt in Kovalam als nicht zur Gemeinschaft gehörend und kann sich daher mehr herausnehmen. Die einzige positive Seite der rigiden Moral ist, dass anders als in vielen anderen touristischen Zentren Prostitution kaum zu beobachten ist.

An der in Kovalam üblichen Rollenverteilung, die Frauen einen Platz nur im häuslichen Bereich und in der Landwirtschaft zuweist, ändert der Tourismus wenig. Bezeichnend ist auch, dass die am Tourismusgeschäft beteiligten Frauen in Kovalam nur etwa 40 Prozent des Durchschnittsverdienstes von Männern erzielen, weil sie in wenig gewinnträchtige Bereiche abgedrängt werden. Das sind neben dem Obstverkauf vor allem Reinigungs- und Küchenarbeiten.

Neben den relativ wenigen Frauen, die so wie Chandrika als selbständige Unternehmerinnen im Tourismus ein eigenes Einkommen erwirtschaften, gibt es natürlich auch in Kovalam eine große Zahl von Frauen, die unbezahlte Zuarbeit leisten. Etwa die Ehefrauen und Verwandten der Unterkunftsbesitzer, denen oft die Zimmerreinigung überlassen wird. Weil zumindest in der Hauptsaison die Männer häufig Haus und Familie vernachlässigen, sind viele Frauen bei der Erziehung der Kinder und zum Teil in der Landwirtschaft ganz auf sich gestellt. Auch die negativen Auswirkungen des Tourismus gehen vor allem zu Lasten der Frauen. Zum Beispiel sind die Lebensmittelpreise in Kovalam wegen der großen Nachfrage durch die Restaurants so hoch, dass die Hausfrauen auf weiter entfernt gelegene Märkte ausweichen müssen. Und die schlechte Wasserqualität, die auf die ungeklärten Abwässer der Hotels zurückgeht, zwingt viele Frauen, das kostbare Nass zu Fuß von anderen Brunnen zu holen. Das von den Touristinnen so geschätzte »tropische Paradies« ist nicht für alle paradiesisch."

[Stock, Christian: Die Autonomie hat ihren Preis. -- In: Herrliche Aussichten : Frauen im Tourismus / Karin Grüter ... (Hrsg.). -- Zürich : Rotpunktverlag, ©1996. -- (Kleine Reihe Tourismus & Entwicklung ; Bd. 7). -- ISBN 3858691062 . -- S. 128 - 131. -- ]


20. Politische Auswirkungen


20.1. Zum Beispiel: Myanmar -- Tourismus und Menschenrechte


"Die grausame und menschenverachtende Militärregierung in Burma hat längst den Tourismus als Devisenbringer und damit als Einnahmequelle zur Machterhaltung entdeckt. »Auch für Touristen gibt es Zeiten zu kommen und Zeiten, nicht zu kommen«, sagt Aung San Suu Kyi, Friedensnobelpreisträgerin von 1991. Die Tourismuseinnahmen fließen fast ausschließlich in den Militärapparat. Bei den Wahlen 1990 gewann ihre Partei über 80% der Parlamentssitze, doch bis heute haben ihr die Generäle ihre Macht nicht übergeben. Sie tun alles, um zu verhindern, dass die im Volk so beliebte »Lady« als Hoffnungsträgerin für Demokratie und Menschenrechte jemals Präsidentin wird. Mit zwei unterschiedlichen Aktionsformen greifen Mitglieder im europäischen »TEN« (Tourism European Ecumenical Net) die Problematik des Burma-Tourismus auf. »Tourism Concern« [Webpräsenz: http://www.tourismconcern.org.uk. -- Zugriff am 2001-02-23] in Großbritannien ruft zum Boykott von »lonely planet« aufgrund des einseitig werbenden und undifferenzierten Burmareiseführers auf und »RAM« in Italien hat eine Öffentlichkeitskampagne unter dem Motto »You cannot change the world but you can change the destination« gestartet."

[Quelle: http://www.tourism-watch.de/news-template/content.html?entry=page.news.014f7afd0bea0000. -- Zugriff am 2000-07-10]


21. Soziokulturelle, psychologische und intellektuelle Auswirkungen


"Es kommt immer wieder vor, dass Touristen am Strand intim werden. Manchmal sind die Frauen auch nur halb bekleidet. Natürlich sehen das auch unsere Kinder. Viele Touristen bringen auch Prostituierte aus Manila auf unsere Insel mit. Wir mögen das alles nicht! Das verdirbt unsere Jugend!"

Jaime Luces, 75jährig, Bauer und Fischer, Boracay, Philippinen

[Zitiert in: Zum Beispiel Tourismus / Redaktion: Jürgen Hammelehle. -- 3., aktualisierte Aufl. -- Göttingen : Lamuv, ©1995. -- (Süd-Nord). -- ISBN 3889772129. --  S. 45. -- ]

"Tourism is not important in our lives -- we see the world on television every night."

Ein Toraja-Touristenführer, Sulawesi, Indonesien

[Zitiert in: Smith, Valene L.: Introduction. -- In: Hosts and guests : the anthropology of tourism / ed. by Valene L. Smith. -- 2. ed. -- Philadelphia : University of Pennsylvania Press, ©1989. -- ISBN 0812212800. --  S. 9. -- ]


21.1. Das Verhältnis zwischen Touristen und einheimischer Bevölkerung


"Nicht nur die Einheimischen wollen Tourismus ohne Touristen, auch die Touristen wollen reisen, ohne mit fremden Menschen und Gewohnheiten konfrontiert zu werden."

Lilo Roost-Fischer

[Zitiert in: Zum Beispiel Tourismus / Redaktion: Jürgen Hammelehle. -- 3., aktualisierte Aufl. -- Göttingen : Lamuv, ©1995. -- (Süd-Nord). -- ISBN 3889772129. --  S. 46. -- ]
Werbung Gegenwerbung
"»Namaskar« ... ein zauberhafter Willkommensgruß dieses Landes, diese Höflichkeit und Gastfreundschaft kann man nicht vergessen. Goa -- Sonne, Strand und Meer: Ruhen Sie sich aus und genießen Sie den idyllischen Frieden, den Indien Ihnen im sonnigen Goa bietet. Wenn Sie bisher immer von einem warmen Land mit Raum und Licht geträumt haben, wo die Menschen immer lachen, wo der wohlschmeckende Saft von einem Biss in eine reife Ananas oder Papaya auf Ihre Haut tropft, während Sie lässig in weißem Sand schwelgen, dann ist Goa, die faszinierende Mischung lateinischer und indischer Kulturen, genau das Richtige für Sie. Sie können wählen zwischen luxuriösen Hotels mit Nachtleben oder Einfachheit und Ruhe in einem der preiswerten, sauberen und komfortablen Zimmer mit eigenem Charme, direkt am Strand."

Prospekt des indischen Fremdenverkehrsamtes

"Wir möchten Sie wissen lassen, dass Sie in Goa nicht willkommen sind. Goa und Goaner profitieren wirtschaftlich nicht von Charterreisen. Die Gesellschaft, die diese Touren organisiert, hat die volle wirtschaftliche Kontrolle über die Buchung. Die Luxushotels nehmen unseren Leuten das Land weg, die Küste und ihre traditionellen Beschäftigungen. Um der Nachfrage nach Freizeitangeboten, Vergnügen und Luxus nachzukommen, entziehen die Hotels mit Regierungsunterstützung dem Volk das Lebensnotwendigste, z.B. Wasser und Elektrizität. Bedenken Sie die Wassermenge, die diese Hotels für ihre Schwimmbecken und Rasen verbrauchen. Indien hat Millionen von sehr armen Leuten. Euer superreicher Lebensstil in diesen Luxushotels wird zu einer Verhöhnung der Armen"

Flugblatt der »Wachsamen Goaner«.

[Zitiert in: Zum Beispiel Tourismus / Redaktion: Jürgen Hammelehle. -- 3., aktualisierte Aufl. -- Göttingen : Lamuv, ©1995. -- (Süd-Nord). -- ISBN 3889772129. --  S. 30 - 31. -- ]


Abb.: Thailand, das Land des Lächelns, Logo der Tourism Authority of Thailand. -- URL: http://www.tourismthailand.org/about/index.htm. -- Zugriff am 2001-02-23

  • "»Menschen, frey wie die Adler Gottes und einfältig wie die Tauben.« [Graf Stolberg, 1775]
  • »Sie haben alle dieselbe Einfachheit des Charakters.« [John Murray, 1850 über das Salzburger Land]
  • »Eine fröhliche Bevölkerung, eine herzliche Bevölkerung, liebenswerte, unkomplizierte Menschen.« [Tourist auf Samoa,  1981]

Sätze aus drei Jahrhunderten, Blicke von Reisenden auf 'Bereiste' zwischen 1775 und 1981. Wie sich die Eindrücke gleichen! Unberührt vom sozialen Wandel der Reisegebiete ziehen sich feste Vorstellungen von den Einheimischen als roter Faden durch die Geschichte des Tourismus. Die Fremden sind ruhig und heiter, offen und ursprünglich, freundlich und von der Zivilisation nicht korrumpiert. Sie leben im Einklang mit der Natur und in Harmonie mit dem Kosmos. Sie blicken nicht ganz durch -- ihr Reflexionsstand ist rückständig. Doch ihre Instinkte und Gefühle funktionieren beneidenswert gut.

Dieses altehrwürdige Schema ist vielseitig verwendbar Es wurde für Südsee-Insulaner und Schweizer Bergbauern benutzt, für Orientalen und Afrikaner, für italienische Landleute und bretonische Fischer. Es ist die solide Projektion des Traums vom einfachen Leben, jenseits der Zwänge der westlichen Zivilisation. Die Bewohner der Reisegebiete dienen als Rohmasse für diese kollektive Phantasie.

Sie entstand vor rund 250 Jahren. Bei den Bewohnern entlegener Weltgegenden, vor allem bei Indianern und Südsee-Insulanern, fanden die europäischen Reisenden Modelle eines anderen Lebens, das bereits damals polemisch der neuzeitlichen Kultur entgegengesetzt wurde. Man rühmte die Einfachheit und Anspruchslosigkeit der 'Wilden', ihre unbesorgte Daseinsfreude und instinktive Befolgung natürlicher Gesetze, die Abwesenheit der harten Berufsarbeit und des Besitzstrebens, den zwanglosen Lebensrhythmus und die soziale Gleichheit. In diesen Beschreibungen steckte ein Kern von Wahrheit, doch wurden die Teile der Realität, die nicht ins idyllische Bild passten, konsequent aus der Wahrnehmung ausgeklammert. Südsee-Reisende wie Bougainville, James Cook oder Georg Forster meinten, elementare Träume -- vor allem die jahrtausendealte Vorstellung des Irdischen Paradieses -- in der Wirklichkeit wiederzufinden. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts entstanden in der Nachfolge ihrer Reiseberichte vor allem in Frankreich und England Bücher und Theaterstücke, die ein idealisiertes Bild der Südseemenschen frei phantasierten. Die Gesellschaft der 'glücklichen Inseln', die den Autoren meist gar nicht aus eigener Anschauung bekannt war, bildete die Folie für die Kritik an der eigenen Kultur."

[Hennig, Christoph <1950 - >: Reiselust : Touristen, Tourismus und Urlaubskultur. -- Frankfurt a. M. : Suhrkamp, 1999 (©1997 Insel). -- (Suhrkamp Taschenbuch ; 3001). -- ISBN 3518395017. --  S. 124 - 125.]

 

"Unter allen Gestalten und Vorwänden werden Anläufe auf den Geldbeutel des Resienden unternommen." 

Baedeker, Karl <1801 - 1859>: Handbuch für Schweiz-reisende, 1846

"«Groß und klein lauern ihm [= dem Touristen] auf dem Durchmarsch auf, bestürmen ihn mit einem Teller grüner Birnen oder vertrockneten Zwetschgen. Andernorts lockt das unwiderstehliche Glas frischer Milch oder das appetitliche Körbchen mit Erdbeeren...» Besonders einfallsreiche Bergler postieren sich an günstigen Standorten, wo sie gegen Entgelt mit Böllerschüssen eindrückliche Echos aus den Felswänden locken oder gar Miniaturmörser abfeuern, um harmlose kleien Schneelawinen auszulösen."

Theobald Walsh über das Schicksal von Touristen in der Schweiz 1834

[Zitate in: Wyler, Theo <1943 - >: Als die Echos noch gepachtet wurden : aus den Anfängen des Tourismus in der Schweinz. -- Zürich : NZZ, ©2000. -- ISBN 3858238252. --  S. 55. -- ]


21.2. Zum Beispiel: Sri Lanka -- Kinderarbeit im Tourismus


"»Ich muß ja schließlich verdienen«

Der Tourismus, die weltweit größte Industrie, lebt auch von der Arbeit von Kindern und Jugendlichen. Seit einigen Jahren richtet die weltweite Kampagne gegen die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern die Aufmerksamkeit auf die Situation von Minderjährigen im Tourismus. Doch auch in anderen Bereichen ist Kinderarbeit an der Tagesordnung, wie ein Augenschein am Strand von Unawatuna im Süden Sri Lankas zeigt.

»No Mad'm, Siri ist älter als Sie denken«, protestiert Rajan, ein 15jähriger Verkäufer von selbstgeflochtenen, bunten Armbändchen am Strand von Unawatuna im Süden Sri Lankas, »er sieht zwar klein aus, aber er ist zehn. Ich weiß es genau, er ist nämlich mein Vetter, meines Vaters Bruders Sohn«, doppelt er nach, um die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen zu unterstreichen.

Rajan muß jeden Tag 200 Rupies (etwa 6 DM) heimbringen, sonst reiche es nicht zum Essen, rechnet er vor. Sein Vater, ein Schneider, habe seine Stelle verloren und fahre nun täglich in die nahe Stadt Galle auf Arbeitssuche. Die Mutter habe die Familie im Stich gelassen. »She left with another boy«, sagt er kurz.

»Deshalb ist Siri so klein«

Auch Siris Mutter ist weg, sie arbeitet in den Vereinigten Arabischen Emiraten als Hausangestellte. Sie ist eine der weit über 100.000 Arbeitsmigrantinnen und -migranten Sri Lankas, die sich meist als Hausangestellte nach Saudi-Arabien, den Emiraten oder Libanon verdingen und in jüngster Zeit immer häufiger auch nach Singapur, Hongkong oder Italien. Das Geld, das Siris Mutter schickt, gibt der Vater für Heroin aus. Aber: »Me -- no smoke, no heroin!« meint Rajan entschieden. Heroin sei ganz schlecht und habe Siris Familie ruiniert. Deshalb nämlich sei Siri so klein, er habe einfach zu wenig zu essen, genau wie sein älterer und seine beiden kleineren Brüder, deren Versorgung vom Goodwill einer »Auntie« abhängt. Wenn er, Rajan, gut verdiene, koche er für Siri mit, und darum habe Siri ihn auch so gerne und hefte sich ihm immer an seine Fersen, wenn er zum Strand gehe. Obwohl der Strand kein geeigneter Ort für »Babies« sei.

»Wir lernen nur Banana-Mango-Englisch«

Rajan weiß Bescheid über das Leben am Strand, über Sex und Drogen, die Ausländer, die in einem Strandhotel erwischt wurden, wie sie Videos mit Schuljungen aus der Stadt Galle drehten, über die Touristinnen und Touristen, die -- wie er altklug anmerkt -- so viel arbeiten müssten, bevor sie herkommen könnten. Er hat viele Freundschaften mit Fremden geschlossen und spricht gut englisch. »In der Schule«, sagt er, »lernt man nur Banana-Mango-English: This is a banana. This is a mango«, mokiert er sich. So könne man nie mit Fremden ins Gespräch kommen.

Seit jedoch sein Vater arbeitslos ist, geht er nicht mehr zur Schule. Er müsse ja verdienen, aber eigentlich wäre er gerne noch länger geblieben, um einmal Lehrer zu werden -- »Cheater«, wie er den »Teacher« nennt. Seine Zukunft ist ungewiss. Er hofft, über Bekanntschaften mit Fremden reich zu werden. Im Dorf hätten es einige geschafft. Ein paar Frauen hätten Touristen geheiratet und seien nach Europa gezogen. Und ein Freund von ihm, der sei jetzt 26 und sehr, sehr reich. Er sei mit einem Deutschen zusammen, der eben keine Frau habe, sondern einen »Boy«. Solche Freunde habe er auch schon gehabt, aber ihm habe noch kein Tourist so richtig geholfen.

»Am Strand kann ich wenigstens arbeiten, wie ich will«

Rajan ist gern sein eigener Boss. In den Restaurants am Strand und in den »Guesthouses« würden einige Jungen seines Alters arbeiten. Diese hätten gar keine Freiheit. Dort, in der Strandkneipe, müsse ein fünfzehnjähriger Junge für 500 bis 600 Rupies (etwa 18 DM) im Monat den ganzen Tag in der Küche schuften, der Restaurantbesitzer habe ihn aus Colombo geholt und er habe hier keine Freunde. »Mit meinen Armbändchen verdiene ich viel mehr«, sagt Rajan, »und überhaupt: Wenn ich schon am Strand arbeiten muss, dann wenigstens so, wie ich will.«"

[Plüss, Christine: Kinderarbeit im Tourismus. -- In Tourismus Watch. -- 14/1999. -- S. 18f. -- URL: http://www.tourism-watch.de/archiv.pluess/content.html. -- Zugriff am 2000-07-10]


21.3. Zum Beispiel: Airport-art in Kenia 



Abb.: Lage von Kenia  (Quelle: CIA)

"Airport-art -- Flughafenkunst -- werden die Erzeugnisse genannt, die tatsächlich schon beim Betreten eines größeren afrikanischen Flughafens angeboten werden und die der eilige Reisende auch bei seinem Abflug noch im duty-free-shop als Mitbringsel kaufen kann. In den Städten -- etwa Nairobi und Mombasa, aus denen unsere Beispiele stammen -- werden ihm diese Artikel tausendfach angeboten: an Straßenständen, in kleinen Eckgeschäften und teuren Galerien. Auf den ersten Blick in verwirrender Vielfalt -- im dritten Geschäft schon scheint es immer das Gleiche zu sein: Tierfiguren und Masai machen den größten Teil des Angebots aus, in allen Größen, bemalt oder unbemalt, eine scheinbar reiche und doch geringe Auswahl.

Touristenkunst setzt eine bestimmte Käuferschicht -- Touristen --  voraus und unterscheidet sich damit überhaupt nicht von dem in den meisten europäischen Ländern üblichen Souvenirhandel. 


Abb.: Souvenirladen, Nairobi (Quelle: Airport art. -- 1987. -- S. 43)

Traditionell hat Kenia wenig bildnerische Kunst aufzuweisen, verglichen etwa mit dem Reichtum westafrikanischer Länder oder der Nachbarstaaten Zaire (ehem. Kongo), Uganda und Tansania. Das Schwergewicht der traditionellen Kunst lag in den Erzählungen, Sprichwörtern, der Musik und dem Tanz. 

Der Beginn der Schnitzerei für Touristen ist eine verhältnismäßig junge Entwicklung -- sie begann nach dem ersten Weltkrieg. Und sie umfasst durchaus nicht die gesamte Bevölkerung Kenias -- von den über 40 Stämmen ist nur einer in großem Umfang an dem Geschäft beteiligt: die Kamba. 

Die Kamba leben östlich von Nairobi im Zentrum Kenias -- einem Hochland, in dem seit langer Zeit Ackerbau und Viehzucht betrieben werden. Der Hintergrund der Touristenkunst spiegelt deutlich die Probleme dieses Gebietes wider, die heute keineswegs überwunden sind: Die Abhängigkeit der Bewohner von Klima und Umwelt und das Problem der Arbeitslosigkeit. Joseph Mulli, ein 25jähriger Kamba-Schnitzer, der heute in Mombasa arbeitet ...  ist im Gebiet der Kikuyu aufgewachsen, wo sein Vater Arbeit gefunden hatte. Er war dort, bis er 12 Jahre alt wurde, dann kehrte er in sein Heimatland zurück -- wo er erst einmal die Sprache seines Stammes lernen musste, denn bisher hatte er immer Kikuyu gesprochen. Mulli ging dann dort zur Schule, bis seine Eltern das Schulgeld nicht mehr bezahlen konnten (die Schulgeldfreiheit für die Grundschule wurde erst vor kurzem in Kenia möglich). Obwohl er gern mehr gelernt hätte, musste er auf Arbeitssuche gehen und diese Suche blieb lange Zeit erfolglos. Schließlich brachte ein Freund ihm das Schnitzen bei -- und Mulli schnitzte ein Jahr lang Masai-Figuren. Allmählich begann er dann andere Figuren zu schnitzen -- wie im Frühjahr 1974, als er eine Reihe alter Männer in verschiedenen Größen schnitzte. Joseph Mulli arbeitet heute in einer der Schnitzer-Zentralen, von denen es drei in Kenia gibt: in Nairobi, Mombasa und Malindi. Diese Zentralen werden von einer Gesellschaft geleitet, die sich vor allem um den Verkauf der Schnitzereien bemüht und damit den Schnitzern den Absatz ihrer Erzeugnisse abnimmt. Joseph Mulli hat selbst erfahren, wie schwierig es ist, Arbeiten frei zu verkaufen:

»Ich rannte in der Stadt herum. Die Händler schienen nicht sehr interessiert an meinen Arbeiten zu sein, weil sie nicht an sie gewöhnt waren. Sie wollten mir niedrige Preise geben, aber ich lehnte das ab, weil ich dachte, sie versuchten, mich auszuhungern ... Es ist sehr schlecht, wenn man etwas verkauft und findet, dass die Arbeit gar nicht zur Kenntnis genommen wird und das hasse ich ... Ich schlafe besser ohne etwas zu essen, anstatt ein Stück, das 20 Shilling kosten müsste, für 5 oder 10 zu verkaufen. Ich werde es nicht für weniger verkaufen, weil ich weiß; wenn ich es so verkaufe, wird morgen ein neuer Fall sein -- und das ist das Schlimmste, das wird mein Geschäft ruinieren und das bedeutet, dass ich nicht weiß, wie wertvoll eine Sache ist.« 

Die Gesellschaft, die ausschließlich von Kamba geleitet wird, übernimmt den Absatz der fertigen Arbeiten. An Abnehmern ist kein Mangel -- es sind keineswegs nur die Touristen, die nach Kenia kommen, daneben gibt es noch den Export in außerafrikanische Länder, vor allem in die USA. Für diesen Export hat z. B. die Gesellschaft in Mombasa eine Angebotsliste mit 178 festen Themen zu festen Preisen. In diesem Fall können nicht die Schnitzer die Preise festsetzen, sondern sie werden von der Gesellschaft nach der abgelieferten Menge der Gegenstände bezahlt. Wenn ein Auftrag eingeht, kann jedes der ca. 900 Mitglieder der Gesellschaft sich an der Herstellung beteiligen. Die meisten Figuren werden in Arbeitsteilung gemacht: Das Sägen z. B. übernimmt oft nicht der Schnitzer selbst, sondern einer seiner Freunde, ein anderer bereitet einen Rohblock aus den zersägten Teilen vor, an dem dann der Schnitzer zu arbeiten beginnt. Die Werkzeuge sind zum Teil noch altertümlich: Dechsel (d. h. Beile mit quergestellter Klinge), bei denen zwar die Klinge aus Eisen besteht, aber sie ist in einem Stück Rhinozeroshaut gefasst. Diese Beile zu bekommen, ist nicht leicht. Sie werden nur im Heimatgebiet der Kamba hergestellt und können auch nur angefertigt werden, wenn ein Rhinozeros erlegt wurde. Paul Kilonzo z. B. hat seinen Werkzeugsatz geerbt und diese Werkzeuge sind nun schon über 10 Jahre alt. Joseph Mulli hat seine Werkzeuge von einem alten Schnitzer gekauft. Er sagt von ihnen:

»Ich kann sie nicht wegwerfen. Sie sind mein Leben. Und ich erhalte sie sorgfältiger als irgendetwas anderes in meinem Leben.« 

Neben diesen Dechseln werden Schnitzmesser verwendet, ein Satz Feilen, von kleinen spitzen bis zu großen breiten, außerdem Sandpapier, Farben und Bohnerwachs zum Polieren. Häufig besitzt ein Schnitzer nicht alle Werkzeuge selbst, sondern borgt sie von einem seiner Nachbarn aus, wenn er sie braucht. Das Schnitzen einer Figur, z. B. der des »Alten Mannes«, beginnt mit dem Ankauf eines Holzblocks auf dem Verkaufsplatz der Gesellschaft. Geschnitzt wird in Mombasa ein hartes helles Mahagoniholz. Gelegentlich wird auch Ebenholz verwendet. Das Mahagoniholz wird an drei Stellen der Küste speziell für die Gesellschaft angepflanzt, um ausreichenden Nachschub zu sichern. Auch im Heimatgebiet der Kamba sind inzwischen an vielen Stellen Anpflanzungen angelegt worden, um Holzvorräte zu sichern. Nach dem Holzkauf beginnt das Ausschlagen der Rohfigur ohne irgendwelche Vorzeichnung, aber mit drei Orientierungskerben: Hockeransatz, Handansatz und Hals-Schulter-Linie. Am Ende des ersten Tages ist der Rohumriss fertig. Am zweiten Tag geht die Dechsel-Arbeit weiter, bis Joseph Mullis Arm so sehr schmerzt, dass er einem Verwandten für eine Weile die Weiterarbeit überlässt. An diesem Tag wird die Figur bis auf Details beendet. Am letzten Tag werden die Füße geschnitzt, der Wanderstab, das Rippenmuster, die Ohrringe werden gebogen und angehängt etc. Dann tragen Joseph Mulli und sein Halbbruder die Figur zum Maler, der sie zuerst mit Sandpapier glättet, danach wird sie bemalt und schließlich mit Bohnerwachs eingerieben und poliert. Ohne die Hilfe seiner Freunde hätte Joseph Mulli die Figur nicht so schnell beenden können, sondern wahrscheinlich etwa 1 1/2 Tage länger gebraucht. 


Abb.: Joseph Mulli und die fertige Figur

Der Preis für solch eine Auftragsarbeit wird vorher festgelegt -- in diesem Fall waren es 300 Shilling, etwa 105 DM. Davon gehen noch alle Unkosten ab: 10 DM für das Holzstück, etwa 10 DM für die Gesellschaft -- und schließlich auch noch die Anteile für die Verwandten und Freunde, die geholfen haben. Außerdem schenkte Mulli dem Auftraggeber jeden Tag eine kleine Figur als Zugabe. Der Tagesverdienst liegt bei etwa 30 DM für 9 Arbeitsstunden. Und das kann schon als ein hoher Verdienst angesehen werden. Paul Kilonzo, der für das Museum die Figur eines Masai schnitzte, forderte dafür ca. 14 DM. Er arbeitete 7 Stunden -- und hätte noch länger gebraucht, wenn er die Figur vollendet, d. h. bemalt und poliert hätte. Dabei sind die Löhne der Schnitzer durchaus nicht die geringsten in Kenia. Nach einer Mitteilung der »Daily Nation« vom 18. 4. 1974 verdienen Arbeiter in Sisal-Plantagen 120 Shilling im Monat. Trotzdem sind die Schnitzer nicht reich und sie können es auch nicht werden. Auch mit aller technischen Geschicklichkeit können sie nur eine bestimmte Anzahl von Figuren am Tag schnitzen -- die Figur des Masai z. B. erfordert schon einen vollen Arbeitstag, an dem nur ganz kurze Pausen gemacht werden. Wenn ein Schnitzer krank wird, hat er überhaupt kein Einkommen -- bleibt er lange krank, dann ist er auf die Hilfe seiner Familie oder seiner Freunde angewiesen. Und schließlich haben die meisten Schnitzer auch noch ihre Familie, die sie versorgen müssen. Diese Familien leben im Heimatgebiet der Kamba, auf dem Land, das ihnen gehört. Joseph Mulli z. B. hat etwa 60000 m2 Land, das allerdings nicht überall bestellt werden kann, da ein Teil des Bodens zu schlecht ist. Von den Ernten lebt seine Familie: seine Frau, seine Eltern -- und auch die Hilfskräfte, die er mit Feldarbeit beschäftigt, um ihnen eine Verdienstmöglichkeit zu geben, bekommen ihren Anteil. Wegen der Unsicherheit der Ernteerträge ist das aber kein ausreichender Lebensunterhalt, so dass Mulli sich nach einer anderen Verdienstmöglichkeit umsehen musste. Zeitweise -- während der Feldbestellung z. B. -- fährt er nach Hause, in dieser Zeit hat er kein Einkommen. Schließlich aber ist sein Verdienst, wie der aller anderen Schnitzer, völlig von den Touristen und den Exportmöglichkeiten der Gesellschaft abhängig. ... Wirtschaftlich sind also die Schnitzer völlig von Fremden abhängig, der Absatzmarkt in Afrika unter Afrikanern selbst ist so gering, dass er nicht ins Gewicht fällt. Und das bedingt auch die völlige Abhängigkeit vom Geschmack der Fremden. Dass vor allem Masai- und Tierfiguren geschnitzt werden, liegt nicht daran, dass die Kamba nichts anderes schnitzen könnten, sondern dass diese Themen immer und immer wieder »ankommen«. Bei solchen Figuren können die Schnitzer sicher sein, dass sie ihnen abgekauft werden, Risiken können sie nicht eingehen. ... Die Schnitzer selbst beurteilen ihre Arbeiten als Kunst, sie sprechen nicht von Handwerk -- und ebenso halten es Regierungsbeamte, wenn sie die Touristenartikel meinen. ... Welches Risiko ein Handwerker eingeht, wenn er sich nicht genau an die Forderungen des Touristenmarktes hält, zeigt der Fall des Keramikers Patrick Kahari. Touristen kaufen seine Figuren nicht gern, weil sie zu zerbrechlich sind. Von den etwa 40 Curioshops in Mombasa nehmen nur zwei seine Arbeiten in Kommission, d. h. Geld bekommt Kahari erst, wenn etwas verkauft wird. Seine Figuren, die den Käufern oft »niedlich« erscheinen, zeigen meistens afrikanische Probleme -- die der Tourist aber nicht sehen will. Obwohl Patrick Kahari zu jeder seiner Figuren eine schriftliche Erklärung mitliefert, verzichten die meisten Touristen darauf. ... Da die Schnitzer in ihrem Handwerk meistens die einzige Einnahmequelle haben, können nur wenige das Risiko auf sich nehmen, durch weitere Ausbildung, durch Abweichen von Standardthemen sich zu wirklichen Künstlern weiterzubilden, wie es z. B. Samwel Wanjau gelang. Es gibt keine über das Technische hinausgehende Ausbildung -- und die Ausbildung, die die Kamba erhalten, fördert genau die Anpassung an das gefragte Standardangebot. Solange die Schnitzerei in dieser Weise schnell Geld bringt und solange es keine Käufer im eigenen Land gibt (denn die mögliche afrikanische Käuferschicht fehlt fast völlig), solange ist auf eine Änderung nicht zu hoffen."

[Kunst? : Handwerk in Afrika im Wandel / [Texte: Johanna Agtha]. -- Frankfurt a. M. : Museum für Völkerkunde, 1975. -- (Roter Faden zur Ausstellung ; 2). -- S. 92 - 113]

Zu Airport art siehe besonders:

Airport art : das exotische Souvenir. -- [Stuttgart] : Institut für Auslandbeziehungen, ©1987. -- 118 S. : Ill. -- (Exotische Welten Europäische Phantasien). -- ISBN 3-922608-68-X}


21.4. Center Parks -- Erlebnis des Exotischen ohne "Exoten"



Abb.: Südsee in der Lüneburger Heide (Werbung für Center Park in Lüneburger Heide)

"Das neue nahe Abenteuer?

Wo gibt es sie, die letzten Abenteuer unserer Zeit, wenn selbst das abgelegenste pazifische Atoll touristisch erschlossen ist und das Gebirge Neuseelands vertrauter erscheint als der nahe Westerwald? Die Tendenz, das Erlebnis wieder in heimische Gefilde zurückzuholen, ist unübersehbar. Das Abenteuer hat längst unseren Alltag erobert und umgekehrt der Alltag das Abenteuer. Wir fahren mit Mountain-Bikes über gut asphaltierte Radwege im 'Großstadtdschungel' und in Off-Road-Vehikeln über Autobahnen, verstauen in Daypacks, kleinen Rucksäcken, unsere Akten und üben 'Free climbing' an eigens dafür entwickelten Kletterwänden in Turnhallen, in denen unsere Elterngeneration Völkerball spielte. Auf exotische Natur treffen wir gleich um die Ecke: in Center Parks, die in abgeschirmter Umgebung stets 'gutes Wetter' versprechen. Nicht zu vergessen die Abenteuer im Cyberspace, mit der ganzen Welt vernetzt Erlebnis-Surfen.

Somit nähern wir uns dem Anfang, als wir die Welt mit den Fingern auf der Landkarte erkundeten. Von dort ist es kein weiter Weg bis in den Westerwald, wo vielleicht die nächsten Abenteuer zu Hause sind: ganz real, im deutschen Mittelgebirge, auf den Spuren der ehemaligen Pfadfinder."

[Köck, Christoph <1962 - >: Mit dem Finger auf der Landkarte : Abenteuerurlaub für alle. -- In: Endlich Urlaub! : die Deutschen reisen / (hg.) Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. -- Köln : DuMont, ©1996l. -- ISBN 3-7701-3916-X. -- S. 64]

Als Beispiel sei genannt: Het Heijderbos Center Parc, im Meuse Tal in der  Limburgregion Hollands, nahe der deutschen Grenze: [Webpräsenz: http://www.centerparcs.com/. -- Zugriff am 2000-07-28]

"Het Heijderbos is home to the exciting Jungle Dome, which provides hours of adventure and entertainment for both children and grown-ups. You'll also find our brand new range of luxurious villas here: Comfort, De Luxe and VIP. The Market Dome has a South American atmosphere with a variety of shops and restaurants and also the Old Barn bowling alley and bar. There's even a horse-riding school on the village.
 
The Jungle Dome is an exciting rain forest just waiting to be discovered. It's home to a wealth of tropical trees, plants and flowers and echoes to the sounds and cries of the birds and animals that live here. The best way to explore is to traverse the rope bridges and find your way through the bamboo forest. Visit the old mine and try your luck at panning for gold in the river, or make clay pots. And when the rains come, take shelter in the safari cafe!

Aqua Mundo: Discover the remains of the sunken city while you snorkel amongst brilliantly coloured tropical fish - but watch out for the sharks! Spectacular rapids, and wonderful whirlpools to be discovered amongst the exotic plants.

The Market Dome: The scents, sounds and colours of the Market Dome give it an authentic and relaxing, South American feel. Here you'll find our new range of shops in which to browse, including a boulangerie for daily fresh bread and a well stocked food store. The Old Barn theme bowling and bar is new and will provide hours of entertainment for all the family.

[Quelle: http://www.centerparcs.com/. -- Zugriff am 2000-07-28]

Die Center-Parks, Erlebnisparks und wie sonst diese künstlichen Ferienwelten genannt werden, sind nichts anderes als eine konsequente Modernisierung von 

Sie verhelfen zum Erlebnis des Exotischen, ohne dass man in die Lebenswelt der Exoten einbricht. Ist das ein erwünschtes Ziel der Kritiker von Tourismus in Entwicklungsländer?


21.5. Auswirkungen des Tourismus auf den Touristen -- überzogene Ansprüche der Tourismuskritiker an ihn


"Gewiss reisen Engländer nicht, um andere Engländer zu treffen; aber diese Antipathie, die einen vor den Landsleuten zurückschrecken lässt, bedarf noch genauerer Erklärung. Und das ist diese: Wir alle reisen aus Eitelkeit, um in diesem oder jenem Ort zu sein und gewesen zu sein, daher kommt die Eifersucht auf diejenigen, die das Erlebnis mit uns teilen und daher unsere Ehre schmälern."

Constantin Henry Phipps, Marquis von Normanby, 1825 (!)

"Dazu kommen überzogene Ansprüche an das moderne Reisen. So soll es -- eine für Intellektuelle naheliegende Idee - der Erkenntnis fremder Länder dienen oder auch der Völkerverständigung. An solchen Maßstäben muss der Tourismus sich als unzulänglich erweisen; sie sind ihm .. strukturell fremd."
"Dass es im Urlaub wesentlich um die Realisierung von Phantasien geht, haben die Fremdenverkehrsmanager besser begriffen als die meisten Theoretiker des Tourismus. In deren Vorstellungen erscheint das imaginäre Moment meist als bedauerliche Restgröße: als Verfälschung der Wahrnehmung, die eine wirkliche Erfahrung der Fremde verhindere. Demgegenüber wird im vorliegenden Buch die Imagination als eine der zentralen Triebkräfte des Tourismus betrachtet. Urlauber konstruieren sich mit ihrer Hilfe eine eigene Wirklichkeit. Die Ferien-Erfahrungen haben im Verhältnis zur 'harten Realität' des Alltags einen fiktiven Zug. Das fremde Land geht mehr oder minder stark in die touristische Erfahrung ein, immer aber wird seine Wirklichkeit umgearbeitet und eigenen Bedürfnissen dienstbar gemacht.

Das ist nicht notwendig ein Zeichen von 'Blindheit', wie die Kulturkritik behauptet. Touristen sind keine Sozialwissenschaftler, keine Geologen oder Botaniker. Der Anspruch, sie sollten eine fremde Welt objektiv erfahren, verkennt die Antriebe und Eigenarten des modernen Reisens. Wie in der Literatur, im Film, in der bildenden Kunst geht es im Tourismus nicht primär um Erkenntnis, sondern wesentlich um das Erleben fiktiver Räume. Diese Erfahrung ist in allen Kulturen verbreitet; sie scheint zu den menschlichen Grundbedürfnissen zu gehören. Die besonderen Bedingungen der europäischen Neuzeit -- materieller Wohlstand, Entwicklung der Freizeit, günstige Verkehrsverhältnisse, relative Sicherheit -- haben es erstmalig möglich gemacht, von Phantasiewelten nicht nur zu träumen, sondern sie physisch aufzusuchen."

"Touristen interessieren sich gewiss auch für Arbeitsprozesse und Transportsysteme; bislang aber stehen noch wesentlich mehr Touristen in der Sixtinischen Kapelle als in den Büros der römischen Stadtverwaltung; mehr Reisende besuchen den Prado als die städtischen Schlachthöfe von Madrid. Das touristische Interesse richtet sich nicht ... unterschiedslos auf alle gesellschaftlichen Prozesse; es filtert vielmehr gezielt bestimmte Attraktionen heraus.

Vorherrschendes Selektionsprinzip ist dabei die Differenz zum Bekannten und Alltäglichen. Sie kann in unterschiedlichen Bereichen zur Erscheinung kommen: in Zeugnissen der Kunst und Geschichte, in der Natur im Bild der fremden Völker und ihrer ungewohnten Lebensformen, in spektakulärer Technik, im Genuss des fremden Essens und des Warenangebots anderer Länder. Alles, was >normal< wirkt, was bereits von zu Hause bekannt ist oder dem Bekannten ähnelt, wird dagegen aus der touristischen Wahrnehmung weitgehend eliminiert.

Ausgeschlossen sind vor allem die Zeichen der Modernität. Sie ziehen nur dann das touristische Interesse an, wenn sie selbst wieder »ungewöhnlich' werden: etwa in gewagten technischen Konstruktionen, im Lebensrhythmus von Städten wie London und New York, in den neuesten Modekollektionen Mailands. Normalerweise aber stören die Charakteristika der Moderne den touristischen Blick.

Auf Besichtigungsreisen stehen zumeist die Motive des Pittoresken, Historischen, 'Unberührten' im Vordergrund. Die Provence-Vorstellung auch der am Land ernsthaft interessierten Reisenden ist doch vorwiegend von Lavendel, Boulespielern, Cezanne, farbenfrohen Märkten und romanischen Landkirchen geprägt. Die »wirkliche« Provence liefert für dieses Bild die Bausteine; aber wesentliche Seiten der sozialen, landschaftlichen und ökonomischen Realität des Landes verschwinden. Rom ist für Touristen die Stadt des Papstes und Michelangelos, der Engelsburg und der Piazza Navona, gemütlicher Restaurants und barocker Kirchen. In diese Vorstellung gehen weder der hohe Motorisierungsgrad noch die niedrige Geburtenrate der Stadt ein, weder die Wohnviertel der Vororte noch die Immigrantenquartiere.

Reisezeitschriften, Reiseführer und die Kataloge der Veranstalter folgen systematisch denselben Wahrnehmungsprinzipien. Sie zeigen historische Monumente und »intakte« Natur, die durch keine Neubauten, Elektrizitätsleitungen oder Autobahnen »verunstaltet« ist. Die technisch geprägte Gegenwart findet keinen Platz; die Menschen sind vorwiegend mit vor-industriellen Tätigkeiten beschäftigt. Sie zerlegen Fische und flicken Netze, ernten Oliven, schneiden Reben, wachen über Schafherden, melken Ziegen.

Wissenschaftliche Untersuchungen der touristischen Wahrnehmung deuten in die gleiche Richtung. Natur wird in ihren 'paradiesischen' Aspekten wahrgenommen, die Einheimischen unberührt von der neuzeitlichen Zivilisation gesehen, moderne Züge der Reiseländer systematisch ignoriert."

Ein Tag in Bali
"Schließen Sie für einen Moment Ihre Augen. Begleiten Sie uns zu einem der letzten Paradiese dieser Erde. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen unter Palmen am Strand und lauschen dem Spiel der Wellen. Umgeben von angenehmer, tropischer Wärme schauen Sie der untergehenden Sonne zu, die glutrot im Meer versinkt. Frauen bringen Opfergaben zum Hausaltar, und aus der Ferne erklingt ein Lied aus der Bambusflöte. Das Gezirpe der Grillen, ein letztes Gezwitscher exotischer Vögel, begleiten den Tag in die Nacht.

Zum Dinner serviert man Ihnen einen Cocktail aus frischen Krabben und reifen Avocados, Fleischspießchen mit hausgemachter Erdnusssoße, Muscheln, Hummer, fangfrischen Fisch, knusprigen Gänsebraten, ein saftiges Steak und viel knackiges Gemüse dazu. Zum Dessert Ananas, Lytschis, Papayas und andere köstlich tropische Früchte.

Direkt am Strand oder im Orchideengarten liegt Ihr Häuschen. Gebaut nach alter balinesischer Tradition, das Dach mit Palmblätter gedeckt. Ein kleiner Gecko teilt mit Ihnen die Nacht und sorgt dafür, dass Sie von keiner Fliege im Schlaf gestört werden. Eine leichte Brise und der Duft von Hibiskus und Vanille bereiten Ihnen schöne Träume und einen erholsamen, tiefen Schlaf.

Noch bevor die Sonne aufgeht, fahren Sie in einem Auslegerboot hinaus aufs Meer. Putu der Bootboy, findet immer die besten Plätze, um mit den Delphinen zu spielen oder um den Walen zuzusehen. Anschließend fahren Sie zum Korallenriff. Vor dem Frühstück auf See schnorcheln Sie zwischen exotischen Fischen oder genießen ganz einfach die Sonne des jungen Tages.

Zurück an Land begleitet Sie Herr Wayan in abgelegene Dschungeldörfer. Sie meditieren in einem buddhistischen Kloster oder entspannen in einer heißen Quelle. Nach einer Wanderung oder dem Gang durch die Reisfelder finden Sie Erfrischung unter einem Wasserfall. Sie besuchen den Puppenspieler, den Gammelanglockengießer, einen Holzschnitzer, den Schamanen, die Zauberfrau, das Orakel von Karibonga, einen Silberschmied oder den Dorfschneider. Gerne zeigt er Ihnen Bananen-, Kaffee-, Vanille- und Nelkenbäume, Affen, Vögel, Schlangen und viele andere Tiere des Regenwaldes. Er kennt die schönsten Märkte, weiß, wann eine Totenverbrennung stattfindet oder ein Fest im Tempel ist. Er bringt Sie sicher zum Vulkan Gunung Agung und zu den Totenwäldern am Lake Batur. Ihre Kinder werden fürsorglich, liebevoll betreut, wenn Sie einmal alleine etwas unternehmen wollen.

Besser noch, Sie machen einfach gar nichts. Legen Sie sich in den Garten, an den Pool oder an den Strand und genießen Sie die friedvolle Ruhe. Lassen Sie sich inspirieren und entdecken Sie sich neu. Lassen Sie die Seele baumeln, lassen Sie sich einfach fallen.

Auch für Ihr leibliches Wohl wird bestens gesorgt. Unaufdringlich werden Ihnen kleine Speisen und Getränke angeboten. Unser Personal, auf höflicher Distanz, jedoch immer für Sie da, wird Ihnen fast jeden Wunsch sofort erfüllen.

Unsere exzellente Küche wird Sie mit einheimischen oder internationalen Gerichten verwöhnen. Lust auf Kokosnuss? Kein Problem, Ketut wird sie Ihnen gerne pflücken.

Anschließend ausruhen und die wohltuende Entspannung bei einer traditionellen Massage von Frau Maddey genießen.

So oder so ähnlich könnten Ihre Urlaubstage auf Baruna aussehen.

Ihre Träume werden wahr, bei uns auf der anderen Seite vom Paradies."

[Werbung für Baruna Beach Cottages, Lovina, Bali, Indonesien. -- URL: http://home.t-online.de/home/Graphic-Arts/. -- Zugriff am 2000-07-29. -- Am 2001-02-23 toter Link] 

"Exemplarisch hat Adrian Vickers am Beispiel Balis die Entwicklung solcher Images untersucht. Die wesentlichen Bestandteile des Bildes der Insel sind ihre Kultur, ihre fruchtbare und exotische Natur sowie eine friedliche, traditionell geprägte Bevölkerung. Diese Vorstellungen sind nicht 'falsch', sie schneiden aber aus einer komplexen Realität die Traditionselemente und die 'angenehmen Seiten'  heraus. Das Bali-Image wird in seinen vor-modernen Aspekten eingefroren. Die Neuzeit erscheint nur als Risiko: Sie droht angeblich, die Traditionen zu ersticken und die farbenfrohe Insel mit dem einheitlichen Grau der Verwestlichung zu überziehen. Adrian Vickers hat scharfsinnig konstatiert, die These der »Gefährdung« balinesischer Kultur gehöre »tatsächlich selbst zum Prozess jener Imageprägung, dank deren Bali als Paradies wahrgenommen wird. « 
Touristen sind ... keine Sozialforscher im Miniaturformat. Ihre Wahrnehmung nimmt Selektionen vor, die völlig anders sind als diejenigen von Wissenschaftlern. Besichtigungsreisen führen immer nur teilweise in die 'Realität' der fremden Länder. Vielmehr stellen sie Erfahrungsräume eigener Art her --  halb-imaginäre Welten, in denen das Altertümliche, Pittoreske, Idyllische, Kunst, Kultur und 'unberührte Natur' besonders hervortreten. Sie bleiben außerhalb der Sphäre des gewöhnlichen Lebens auch dann, wenn die Urlauber sich an den Bewohnern der Reiselandes und deren Lebensumständen interessiert zeigen. Gewiss kann die Wirklichkeit der Zielregionen in die Reiseerfahrung in unterschiedlich starkem Maß eingehen. Doch in jedem Fall liefert die Fremde Bausteine für Erlebnisse, die nach den Bedürfnissen und Vorstellungen der Reisenden konstruiert werden.


Abb.: Bali -- das mystische Paradies (Logo von Bali online. -- URL: http://www.bali-online.com/ . -- Zugriff am 2000-07-29)

Es scheint also, als behalte die Tourismuskritik recht, die von der falschen und künstlichen Bilderwelt des Sightseeing redet. Die touristischen Attraktionen spiegeln nicht die Realität des fremden Landes wider, Besichtigungen führen nicht zu seiner Kenntnis. Doch wir erinnern uns an die Bemerkung Edgar Morins, nur eine Fußnote zur Debatte: » Und wenn das Besichtigen seinen Zweck nicht in der Erkenntnis der Fremde fände, sondern in der Entfaltung eines Raums der Imagination?«"

[Hennig, Christoph <1950 - >: Reiselust : Touristen, Tourismus und Urlaubskultur. -- Frankfurt a. M. : Suhrkamp, 1999 (©1997 Insel). -- (Suhrkamp Taschenbuch ; 3001). -- ISBN 3518395017. --  S. 18, 24, 10f., 40 - 42.]

Gruppenreisen wurden mit einer Käseglocke verglichen: die Beziehungen der Gruppenmitglieder untereinander werden wichtiger als die Herstellung einer Verbindung zu den Reisezielen. Dies zeigt sich auch an den Photomotiven, die zu einem hohen Prozentsatz Mitreisende abbilden (bei einer studentischen Gruppenreise durch Malaysia z.B. 25%). Die Idealform einer solchen Käseglocke ist das Kreuzfahrtschiff.


22. Ökologische Auswirkungen


Um zu sehen, welche negativen ökologischen Auswirkungen Tourismus haben kann, muss man sich nur die Wintertourismusgebiete der Alpen betrachten.

"Tourismus hat eine ganze Reihe von negativen Auswirkungen auf die Umwelt, wie sie zum Beispiel von Poon (1993) ausschnittsweise aufgeführt werden:

  1. Verschmutzung der Meere und Gewässer durch schlechte Planung und fehlende Infrastruktur (Kläranlagen)
  2.  Stranderosion durch den zu nahe an der Wasserlinie verlaufenden Bau von Hotels und Straßen
  3. das Abfalldumping von Kreuzfahrtschiffen, insbesondere in der Karibik, der meistbefahrenen Seeregion der Welt
  4.  ungesetzliches Fischen, insbesondere mit Harpunen, das zur Vernichtung der Unterwasserfauna beiträgt
  5. Zerstörung von Riffen, insbesondere Korallenriffen, als Folge des Handels mit Muscheln, Korallen usw. als Souvenirs
  6. Übernutzung natürlicher Attraktionen wie Höhlen, Naturschutzgebiete, Reservate etc.
  7. Lärmbelastung, Menschenzusammenballungen (overcrowding) und Verkehrsverstopfungen an Stränden, auf Flughäfen, Straßen und vor historischen Sehenswürdigkeiten
  8. Gebäudeerosion, insbesondere antiker Monumente, durch sauren Regen (nur zum Teil tourismusbedingt) und einen kontinuierlichen Besucherstrom
  9. Zerstörung von Wäldern und Bergen durch die Übernutzung von Trekking- und Natur suchenden Touristen wie zum Beispiel im Himalaja
  10. Landschaftszerstörung durch Skipisten
  11. die Verwendung von Schneekanonen und der damit verbundene hohe Wasserverbrauch."

[Mundt, Jörn W.: Einführung in den Tourismus. -- München [u.a.] : Oldenbourg, ©1998l. -- ISBN 3486233661. --  S. 457 - 458. -- ]

Ein wichtiges Umweltproblem ist auch, dass der Entwicklungsländer-Ferntourismus weitestgehend Flugtourismus ist. Damit verbunden sind all die Probleme des hohen Energieverbrauchs, Lärms, der Zerstörung der Atmosphäre. Außerdem kaufen und fliegen  Fluglinien von Entwicklungsländern oft von anderen Fluggesellschaften ausgemusterte Flugzeuge, die den Lärm- und Emissionsgrenzwerten von 1971 immer noch nicht entsprechen.

Andrerseits hat der Tourismus auch positive ökologische Folgen. Ohne Tourismus gäbe es viele Naturschutzgebiete (z.B. Nationalparks in Afrika) nicht. Ohne Tourismus würden teilweise noch mehr Lebewesen kurzfristigem Gewinn zum Opfer fallen:

So hat der Staatpräsident der Malediven seinen Bürgern gegenüber vertreten, dass der Verkauf eines Hais umgerechnet 48 DM bringt, dass er als Attraktion für Touristen jedoch jährlich 50.000 DM erwirtschaftet.


22.1. Zum Beispiel: Malediven



Abb.: Lage der Malediven (Quelle: CIA)


Abb.: Inselgruppe der Malediven (©Corbis)

»Nach uns die Sintflut« -- Dieser bald 250 Jahre alte Ausspruch gewinnt angesichts der Entwicklungen auf den Malediven ungeahnte Aktualität. Aufgeschreckt wurde die Öffentlichkeit erstmals im Sommer 1988 durch Zeitungsmeldungen, wonach das Inselreich im Falle der Klimakatastrophe durch den Anstieg des Meeresspiegels bedroht sei. Sturmfluten haben seither wiederholt Inseln überschwemmt: die Bewohner fünf kleinerer Inseln mussten Anfang 1993 evakuiert werden. In diversen internationalen Gremien bemühen sich die maledivischen Politiker intensiv darum, dass den Folgen des Treibhauseffektes für alle flachen Inseln und Tiefländer höchste Beachtung geschenkt wird. Vor allem in den Industriestaaten, den Hauptverursachern der weltweiten Umweltverschmutzung.

Die Aussicht auf eine gigantische weltweite Klimakatastrophe lässt leicht vergessen, dass die Malediven auch durch schwerwiegende »hausgemachte« Umweltschäden bedroht sind. Diese Probleme stehen in direktem Zusammenhang mit der rasanten Entwicklung des Tourismus, die der Inselstaat in den letzten zwei Jahrzehnten erfahren hat.

Wie eine Girlande erstrecken sich die rund 1200 Koralleninseln über eine Länge von 800 Kilometern im Indischen Ozean, der Südküste von Indien und Sri Lanka vorgelagert. Nur gut 200 der winzigen Eilande sind bewohnt -- von rund 215 000 Einwohnern.

Über Jahrhunderte lagen die Inseln weitab von den Wegen der Kolonialmächte. Dies ermöglichte ihnen eine eigenständige Entfaltung ihrer Kultur, aber wenig wirtschaftliches Wachstum.

Heute teilt die unabhängige Republik, die 1995 den 30. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit von Großbritannien feiert, das Schicksal vieler kleiner Inselnationen: Knappheit an Land und Armut an Bodenschätzen, Kommunikations- und Versorgungsschwierigkeiten, niedriges Einkommen, ein rapides Bevölkerungswachstum und ein krasses regionales Ungleichgewicht. Der Fischfang, bis vor wenigen Jahren noch Haupteinnahmequelle, ist der äußerst harten Konkurrenz im asiatischen Raum unterworfen. Den Malediven scheinen letztlich nur noch Palmen und Sandstrände zur Vermarktung zu verbleiben, um den Anforderungen der modernen Zeit gewachsen zu sein.

1972 kamen die ersten Touristen in das Inselreich, dessen Bevölkerung zuvor kaum mit »Weißen« in Berührung gekommen war. Der neue Wirtschaftszweig stieß auf viel Interesse bei der lokalen Oberschicht und der Tourismusindustrie, die mit der Ausschlachtung westlicher Inselträume und Paradiesvorstellungen eine neue Marktlücke schließen konnte. Mit Erfolg: Heute verbringen mehr als 200 000 Urlauber ihre »schönsten Tage im Jahr« auf den Malediven, Tendenz nach wie vor steigend. Die Mehrheit der Besucher stammt aus Europa, etwa ein Viertel aus Deutschland; immer beliebter wird das Urlaubsziel Malediven in Japan, Südostasien und neuerdings auch in Südafrika.

Wie viele Touristen verträgt das Inselreich denn? Die einheimischen Politiker hatten noch Mitte der achtziger Jahre davon gesprochen, die Touristenankünfte dürften die Zahl der Einheimischen nicht übertreffen. Doch diese Grenze wurde längst überschritten, Maßnahmen zur Festlegung eines neuen Höchstlimits sind nicht in Sicht. Denn mittlerweile ist das Land auf fatale Weise abhängig von den Tourismuseinkünften. Nur unvorhergesehene politische Ereignisse wie die Verschärfung des Bürgerkrieges im benachbarten Sri Lanka oder der Putschversuch in Male von 1988 vermochten den Touristenstrom zu bremsen. Sie zeigen aber auch, wie anfällig diese tragende Säule der nationalen Wirtschaft ist.

Auf ehemals unbewohnten, »nur« landwirtschaftlich genutzten Inseln wurden seit Beginn der siebziger Jahre Hotelinseln errichtet. Heute sind es bereits über 70 »Ressorts« mit rund 9 000 Betten, 10 500 sollen es demnächst sein. Die einfachen Anlagen mit Salzwasserduschen für die Robinsonferien der Anfänge haben ausgedient. Die alten Hotelinseln werden nachgerüstet, die neuen, meist am europäischen Reißbrett geplant, bekommen Meerwasseraufbereitungssysteme, Aircondition und Heißwasserduschen. Sogar die »Vorzeige-Öko-Insel« unter Schweizer Management, die 1994 mit viel Pomp der Presse vorgestellt wurde, kommt anscheinend nicht ohne Klimaanlagen und Minibar-Kühlschränken (mit FCKW) in den Bungalows aus, die ein Viertel des Gesamtenergieverbrauches des Hotels -- stolze 50 000 Liter Dieselöl -- ausmachen. Wie sämtliche Hotels der gehobenen Klasse weltweit scheint auch auf den Malediven eine Ferienanlage nur bestehen zu können, wenn sie einen Süßwasserpool aufweist. Keiner der Verantwortlichen aus dem Tourismusgeschäft fragt, wie sinnvoll Schwimmbäder sind, wenn der Fußweg zum Badestrand nicht länger als zwei Minuten ist. »Fremde wollen mehr Luxus«, sagen die einheimischen Tourismusunternehmer den westlichen Reiseveranstaltern nach, die mit dem gehobenen Standard erfolgreich eine neue, breitere Klientel für die Malediven gewinnen können. Eine kleine Umfrage in Schweizer Taucherkreisen hat indes ergeben, dass dieses Spezialpublikum mit viel weniger Komfort zufrieden wäre und oft den alten, romantischen Anlagen nachtrauert.

Erstellung und Betrieb solcher Luxusanlagen werden immer teurer und mangels vorhandener lokaler Mittel immer mehr durch ausländische Gelder finanziert. Das bedeutet letztlich mehr Abhängigkeit und weniger Ertrag für das Land. Auf den Hotelinseln muss beinahe alles außer Fisch und einigen Baumaterialien importiert werden. Dabei gilt: Je exklusiver der Tourismus, desto mehr Luxusgüter müssen im Ausland eingekauft werden. Sicher ist der Tourismus heute mit 80 Prozent der Deviseneinnahmen der Hauptpfeiler der nationalen Wirtschaft; doch was von den Tourismusgeldern unter dem Strich im Land verbleibt, ist wenig.

Die Staatskasse ist ihrerseits abhängig vom Tourismus, bezieht sie doch rund ein Viertel der Einnahmen aus den Tourismussteuern. Doch dem Staat erwachsen jährlich mehr Ausgaben, um das Land international konkurrenzfähig zu erhalten: Werbung im Ausland, millionenschwere Ausbauarbeiten am Flughafen, der größtenteils aus dem Meer aufgeschüttet wurde. Zudem ist die Koralleninsel der Hauptstadt Male mit 70 000 Einwohnern hoffnungslos überbevölkert. Viele junge Männer strömen von entlegenen Inseln nach Male in der Hoffnung auf einen Tourismusjob.

Doch mittlerweile ist der Grundwasserspiegel versiegt; fünf Aufbereitungsanlagen entsalzen Meerwasser, ein teurer Spaß, der vier Dollar pro Kubikmeter kostet. Ein modernes Abwassersystem musste gebaut werden, aufwendig wird neues Land aus dem Meer gewonnen. Dafür braucht die Regierung immer mehr Geld, das heißt immer mehr Tourismus, und von den vielgepriesenen Staatseinkünften bleibt kaum etwas übrig für den Ausbau der Gesundheitsfürsorge oder des Erziehungswesens -- Einrichtungen, die der Bevölkerung direkt zugute kommen würden.

Am schwerwiegendsten sind jedoch die Auswirkungen auf die Umwelt. Laut Schätzungen der Regierung fallen jährlich einige Millionen Getränkedosen an, die größtenteils direkt im Meer »entsorgt« werden, wie fast der gesamte Müll: Blech und Alu, Plastik und Batterien. Die wenigen hoteleigenen Mini-Verbrennungsanlagen kapitulieren schnell vor westlichen Errungenschaften wie PVC. Die Luxusausbauten bedeuten einen enormen Ressourcen- und Energieverschleiß, Strom wird nach wie vor hauptsächlich mit Dieselgeneratoren erzeugt. Die neueren »Ressorts« liegen weit weg vom Flughafen, die Transfers werden immer länger und für die stressgeplagten Urlauber immer öfter per Schnellboot, Helikopter oder Wasserflugzeug durchgeführt. Zusätzlich zu den Müllbergen lagern sich Öl- rund Dieselrückstände in den Korallen ab. Doch das Korallenriff ist ein äußerst komplexes System, das unzählige Lebewesen in einem ökologischen Gleichgewicht vereint. Wird das System gestört, kann das Riff leicht absterben. Ein totes Riff aber bedeutet auf mehr oder weniger lange Sicht den Untergang der Inseln.

Bereits heute müssen Hotelinseln und Hauptstadt durch aufwendige Betonkonstruktionen vor der Brandung und Auswaschungen geschützt werden. Noch ist nicht abzusehen, wie viel Geld der Staat in näherer Zukunft ausgeben muss, um die Attraktivität des Urlaubszieles Malediven und vor allem den Lebensraum der einheimischen Bevölkerung zu erhalten. Tourismus verhieß das schnelle Geld. Gebracht hat er einen verhängnisvollen Teufelskreis von unkontrolliertem Ausbau und Abhängigkeit von fremden Geldern. Die sozialen Unterschiede im Land verschärfen sich; wer es sich leisten kann, übernimmt westliches Konsumverhalten, das Umwelt und Handelsbilanz zusätzlich belastet. Zugleich wird immer undurchsichtiger, wer für welche Umweltsünden verantwortlich ist.

»Nach uns die Sintflut« könnte das Motto vieler Touristen sein, die ihren nächsten Urlaub unbehelligt woanders verbringen können. Der Spruch könnte aber auch direkt aus dem Mund vieler »Tourismus Verantwortlicher« stammen, die noch längst bevor ein Paradies völlig überflutet ist -- bereits das nächste gewinnbringend vermarkten.«

[Plüss, Christine: »Nach uns die Sintflut«. -- In: Zum Beispiel Tourismus / Redaktion: Jürgen Hammelehle. -- 3., aktualisierte Aufl. -- Göttingen : Lamuv, ©1995. -- (Süd-Nord). -- ISBN 3889772129. --  S. 61 - 66.]


23. Zum Beispiel: Verhaltenskodex für Nepal-Touristen


Das 1986 gegründete Annapurna Conservation Area Project (ACAP) [Ausführlicher zu ACAP: http://www.south-asia.com/Kingmah/tonproj.htm#1. -- Zugriff am 2001-02-23]  hat folgenden Verhaltenskodex für Trekking-Touristen in Nepal verfasst:

"Wir laden Sie ein, mitzuhelfen, unsere Natur zu schützen und unser kulturelles Erbe zu erhalten. Wir bitten Sie herzlich, unsere Vorschläge zu beachten, die Ihnen gleichzeitig dabei helfen, Ihren Besuch in Nepal unvergesslich zu machen.
  • Bringen Sie Ihren eigenen Brennstoff (Gas, Benzin, Kerosin) mit und versorgen Sie damit auch Ihre Träger, Führer und Köche. In den Nationalparks des Himalaja ist das sogar Pflicht. 
  • Ziehen Sie solche Lodges und Trekkingbüros vor, die Kerosin benutzen! Dadurch unterstützen Sie deren Bemühungen, die Umwelt zu schützen.
  • Verschwenden Sie kein kostbares Holz, nur weil Ihnen kalt wird. Ziehen Sie lieber noch einen Pullover an.
  • Lagerfeuer und heiße Duschen sind absoluter Luxus, insbesondere wenn man weiß, dass die Einheimischen für ihre eigenen Bedürfnisse nur Zweige und getrockneten Kuh- und Yakdung verwenden. Bitte nehmen Sie dieses Angebot nur in Ausnahmefällen in Anspruch!
  • Sprechen Sie die Verpflegung und Essenszeiten mit anderen Trekkern oder Trekkinggruppen ab, so dass Feuerstellen optimal genutzt werden können.
  • Wenn es keinen Waschplatz oder keine Toilette gibt, überzeugen Sie sich bitte vorher, ob Sie mindestens 30 Meter von der nächsten Wasserstelle oder Quelle entfernt sind. Vergraben Sie Exkremente und Toilettenpapier! Benutzen Sie biologisch abbaubare Seife und Waschmittel.
  • Begrenzen Sie den Gebrauch von nicht abbaubaren Dingen und vernichten Sie allen Abfall richtig: verbrennen, vergraben oder wieder mitnehmen.
  • In Nepal gibt es viele seltene und bedrohte Tiere und Pflanzen. Bitte stören und beschädigen Sie sie nicht, und nehmen Sie vor allem nichts mit! Bleiben Sie auf den Wegen und zelten Sie auf den dafür vorgesehenen oder passenden Plätzen. Das gilt vor allem in großen Höhen, wo die Umwelt besonders empfindlich ist.
  • Respektieren Sie religiöse Stätten und Gegenstände. Umrunden Sie buddhistische Heiligtümer nur im Uhrzeigersinn.
  • Betteln ist ein negativer Vorgang, der der einheimischen Jugend Unabhängigkeit, Stolz und Würde nimmt. Bitte geben Sie Kindern kein Geld, keine Süßigkeiten oder andere Dinge.
  • Sie haben das Privileg zu fotografieren, jedoch nicht automatisch das Recht dazu! Fragen Sie deshalb um Erlaubnis, und respektieren Sie es, wenn jemand nicht fotografiert werden will.
  • Verteilen Sie auf gar keinen Fall Medikamente, wenn Sie keine medizinische Ausbildung haben und eine Nachbehandlung nicht gesichert ist! Ermuntern Sie statt dessen zum Besuch eines Health Posts (Gesundheitsstation) oder anderer traditioneller Einrichtungen. Betonen Sie, wie wichtig Sauberkeit ist!  
  • Die Kosten einer Übernachtung sind für den Besitzer einer Lodge oft höher als der Gewinn. Achten Sie darauf, für Gegenstände und Dienstleistungen einen angemessenen Preis zu zahlen. Sich wegen ein oder zwei Rupies zu streiten, geht meistens unfair aus und hinterlässt keine guten Gefühle.
  • Zeigen Sie Ihren Respekt vor den Sitten, Gebräuchen und Wertvorstellungen der Nepalis, indem Sie sich richtig benehmen (Geduld, Freundlichkeit, niemals brüllen) und anziehen. Kleiden Sie sich bescheiden und angepasst (Frauen nicht mit nackten Beinen, Männer' nicht mit nacktem Oberkörper). Tauschen Sie in der Öffentlichkeit keine Zärtlichkeiten aus.
  • Wenn Sie sich mit Dorfbewohnern, Führern und Trägern unterhalten, helfen Sie bitte mit, ihre falschen Vorstellungen vom »goldenen Westen« (unbegrenzter Reichtum, ewiger Urlaub) zu korrigieren. Zeichnen Sie ein Bild von der Realität, und bestärken Sie Nepalis in ihrem Stolz auf ihre eigene Kultur.
  • Vergessen Sie bitte nie, dass Sie der/die Repräsentantin eines anderen Kulturkreises sind und dass die Eindrücke, die Sie hinterlassen, große Auswirkungen haben. Wenn Sie unsere kleinen Vorschläge beachten, können Sie Nepal und seinen Bewohnerinnen und Bewohnern sehr helfen!

Danke.
Nepal ist hier,
um Sie zu verändern;
nicht jedoch,
um von Ihnen verändert zu werden."

[Übersetzt von Ludmilla Tüting. -- Zitiert in: Zum Beispiel Tourismus / Redaktion: Jürgen Hammelehle. -- 3., aktualisierte Aufl. -- Göttingen : Lamuv, ©1995. -- (Süd-Nord). -- ISBN 3889772129. --  S. 96 - 98.]


24. Tourismus und nachhaltige Entwicklung


"Seit 1980 haben sich Dritte-Welt-Länder auf vielen Konferenzen und internationalen Foren zu einem entwicklungsrelevanten Tourismus geäußert. Eine ihrer zentralen Forderungen: 

»Die Völker der Dritten Welt sollten die Möglichkeit haben, den Tourismus in ein Mittel umzuformen, das geeignet ist, eine neue Weltordnung mit sozialer und wirtschaftlicher Gerechtigkeit mitzuschaffen.« 

Bis jetzt ist es weitgehend bei Appellen an Regierungen, Industrie und Kirchen geblieben, den Tourismus »den Völkern wiederzugeben«.


Es war der Versuch der im »Third World Tourism European Ecumenical Network« (TEN) zusammengeschlossenen europäischen Entwicklungshilfeorganisationen und Aktionsgruppen, Kriterien für entwicklungsrelevante Tourismusprojekte zu entwickeln. Dabei war auch der wichtigste Dritte-Welt-Partner, die »Ecumenical Coalition an Third World Tourism« (ECTWT), beteiligt. Aus der Sicht von TEN gibt es durchaus Projekte im Tourismusbereich, die entwicklungsrelevant und somit förderungswürdig wären. Allerdings empfiehlt TEN, dabei streng auf Kriterien zu achten, damit nicht die allgemein bekannten negativen Entwicklungen auftreten, die sonst im Entwicklungsgeschäft zu beobachten sind. In einem partnerschaftlichen Dialog sollte bei jedem touristischen Projekt folgendes geklärt werden: 

  • Worin ist die Notwendigkeit eines touristischen Entwicklungsprojekts begründet? Sollten nicht möglicherweise andere Entwicklungsprojekte vorrangig in Angriff genommen werden?
  • Wie kann die Partizipation einheimischer Kräfte (ökonomische und gestalterische Beteiligung und Kontrolle) auf breiter Basis sichergestellt werden?
  • Wie werden die (tendenziell) schwächeren Elemente im Rahmen einer touristischen Entwicklung gestärkt, zum Beispiel die Natur gegenüber den Interessen der Wirtschaft, die Landwirtschaft gegenüber dem Tourismus, die Ortsansässigen gegenüber den Touristen?
  • Wie kann eine zurückhaltende touristische Erschließungspolitik verfolgt werden, und wie können verbindliche Entwicklungsziele festgelegt werden, zum Beispiel das Zahlenverhältnis zwischen Einheimischen und Gästen, die Gewichtung verschiedener Tourismusarten und Unterkunftsformen, die maximal nutzbaren Ressourcen (Wasser, Energie, Entsorgung, Nahrung und so weiter) und deren Verteilung?
  • Wie kann bei einem touristischen Entwicklungsprojekt die Verfügungsgewalt über den Boden, eine der wichtigsten Voraussetzungen der Bewahrung wirtschaftlicher und soziokultureller Eigenständigkeit, gewährleistet werden?
  • Wie werden Natur und Landschaft geschützt?
  • Wie werden positive Verbindungseffekte zu anderen Wirtschafts- und Gesellschaftsbereichen hergestellt (zum Beispiel zum Handwerk, der Landwirtschaft, der Fischerei, dem einheimischen Tourismus, der Kultur und der Bildung)?
  • Welchen Beitrag leistet das Projekt zur wirtschaftlichen Vielfalt und Verbreitung des Arbeitsplatzangebotes? Dient es zur Sicherung und Verbesserung der Qualität von Arbeitsplätzen?
  • Wie wird die bestehende ortsansässige Kultur unterstützt?
  • Wie werden die Ziele eines sozial- und umweltverträglichen Tourismus aktiv berücksichtigt, und wie werden diese Ziele, zum Beispiel durch Informationen, Ortsansässigen und Touristen vermittelt?
  • Wie werden Voraussetzungen geschaffen, um (interkulturelles) Lernen beim Reisen zu ermöglichen?
  • Wie werden bekannte negative soziokulturelle Effekte im Tourismus (zum Beispiel Prostitution, Kriminalität, Drogenkonsum) ausgeschlossen?

Der Dialog zwischen tourismuskritischen Gruppen, die einen sozial- und umweltverträglichen Tourismus als Element einer Gesamtentwicklung betrachten, und den Hilfswerken hat erst begonnen. Es gibt ermutigende Beispiele der Kooperation bei Projekten, die sich im Bereich der Bewusstseinsbildung und Informationsarbeit bewegen. Tourismusmodelle aber, die geeignet wären, traditionelle Tourismusstrukturen abzulösen, müssen noch entwickelt werden. Den Entwicklungshilfeorganisationen wäre zu wünschen, dass sie sich endlich dieser Thematik annehmen würden. Die Thematik passt in ihr Aufgabengebiet. Und schließlich haben sie Erfahrung mit Partnern in Übersee."

[ Pfäflin, Georg Friedrich: Tourismusförderung -- ja oder nein? -- In: Zum Beispiel Tourismus / Redaktion: Jürgen Hammelehle. -- 3., aktualisierte Aufl. -- Göttingen : Lamuv, ©1995. -- (Süd-Nord). -- ISBN 3889772129. --  S. 100 - 102.]


24.1. Zum Beispiel: Phuket, Thailand



Abb.: Lage von Phuket (Quelle: CIA)


Abb.: Le Meridien Hotel, Karon-Strand, Phuket, Thailand, 1989 (©Corbis)

"TOURISM is increasingly the saviour of the battered Thai economy. Thailand is one of the very few Asian countries registering growth in tourism in these difficult times, with the jewel of the Andaman Sea, Phuket, leading the way. But the goose that lays the golden egg is now threatening sustained growth under a manageable environment.

Phuket has witnessed an unprecedented tourism boom for a goodly number of reasons. The island has a natural beauty which instantly captivates holidaymakers. Coupled with that are prolonged promotions over many years, the world-renowned Kings Cup regatta, its reputation as a playground for the rich and famous and the sparkling Andaman Sea itself. In recent times it has also benefitted from the decline of comparable destinations in this area like Bali. 

But the island now faces a major challenge. Many hotels have been extravagantly raising their room rates, although it must be said that costly accommodation will not be the major deterrence to tourists, but other economic, social and environmental consequences that are looming ominously on Phuket's horizon.

Phuket is basically showing signs of a bubble from the boom in tourism. This boom is leading not only to difficulties for the residents, as the cost of living rises, but resulting in inefficient use of resources, threatening a repetition of Bangkok's crippling boom-and-bust. Just like the capital, money is being haphazardly invested in projects as investors rush to catch the tail of the tiger.

While business is booming and the investment outlook remains promising, more and more beaches will come under development, and unless there is strict environmental enforcement, they will soon look no different to Patong Beach and Karun/Kata beaches where unchecked construction of high-rises has completely destroyed the skyline.

Similarly there will be pressure from unscrupulous investors on government officials to approve resort-style hotels -- on grounds of better  environmental protection. But these kinds of proposals usually end up with beaches being closed off to the public, not to mention encroachment on national parks.

To prevent this from happening on Phuket requires a well-defined and executed set of policies because the danger signals are everywhere. The government will have to walk a fine line in keeping to the rules and regulations and not fall into the trap of avaricious and ambitious investors. Greed is very much the order of the day on Phuket, and it is no exaggeration to say that its future is at stake.

PM's Office Minister Pitak Intrawityanunt, who is in charge of tourism, has sensed some of the dangers. He has warned hoteliers not to raise room rates again this year after three recent hikes. If the increases continue, Pitak said the Tourism Authority of Thailand will punish the operators by excluding the island from the list of destinations it is promoting.

Pitak is right to see the situation in Phuket as a part of the national agenda. The Thai economy needs a healthy Phuket, but not just for the short term.

The minister might well take stock of related problems that have come Phuket's way. He should seek help from other government departments to deal with the other impacts from this boom cycle if the lesson of Bangkok is to be learned at all. Issues that need close attention are the cost of living for local residents, possible mismatch of investments, the environment and public rights.

Ultimately a healthy Phuket will benefit other destinations as tourists, comfortable with what they have experienced on the island, venture further around the country. It is certainly not very encouraging to know that Phuket has become a year-round tourist destination, for if there's one thing an island and its vulnerable beaches and eco-structure need is a break from the madding crowds -- a break usually provided by the monsoon season. Without such a respite, Phuket will lose a lot of its natural charms, driving tourists away and depriving the country of those badly-needed golden eggs.

[EDITORIAL: Killing the goose that lays the golden egg. -- In:  The Nation (Thailand). -- 4 Mar 1999.  -- ©WORLDSOURCES ONLINE, INC.]


25. Tourismusplanung und -förderung


Silke Landgrebe nennt folgende Attraktivitätsfaktoren für die Entwicklung einer Tourismusdestination:

[Landgrebe, Silke: Tourismusplanung. -- In: Internationaler Tourismus / hrsg. von Silke Landgrebe. -- München [u.a.] : Oldenbourg, ©2000. -- (Lehr- und Handbücher zu Tourismus, Verkehr und Freizeit). --  ISBN 3486250930. --  S. 263.]


25.1. Braucht ein Entwicklungsland eine eigene Fluggesellschaft?


"»In manchen Fällen ist es auch notwendig, Schlüsselunternehmen für den Tourismus eines Landes staatlich zu unterstützen. Das gilt zum Beispiel für Fluggesellschaften in kleineren Ländern, die in hohem Maße vom Tourismus abhängig und fast ausschließlich auf dem Luftweg erreichbar sind. In ihnen ist die Tourismusindustrie in extrem hohem Maße von den Flugverbindungen in die Entsendeländer abhängig. Überlässt man die Bedienung der Verbindungen nur ausländischen Gesellschaften, begibt man sich nahezu vollständig in die Hand dieser Unternehmen. Wenn sie ihre Flugverbindungen einstellen, bleiben die Hotels, Restaurants, Ausflugsbusse und viele Geschäfte, die (auch) vom Tourismus leben, leer.

Beispiele: Einige karibische Inseln haben in ihrer Geschichte die Erfahrung machen müssen, dass ihre wirtschaftliche Existenz auf das engste mit den Flugverbindungen us-amerikanischer Fluggesellschaften in die USA verknüpft ist. Wenn die Bedienung dieser Strecken nicht zu den gesetzten Renditezielen führt, werden sie kurzfristig eingestellt. Eine nationale Fluggesellschaft aber lohnt sich volkswirtschaftlich selbst dann, wenn sie keine Gewinne abwirft, weil sie für eine kontinuierliche Anbindung der Destination und damit eine entsprechende Auslastung der touristischen Anbieter sorgt.

Das ist auch der Hauptgrund dafür, dass sich ein Land wie Namibia eine eigene Fluggesellschaft leistet. Sie ist der einzige Garant für eine dauerhafte Verkehrsanbindung an den Hauptmarkt Europa. Auch hier musste man die Erfahrung machen, dass ausländische Fluggesellschaften schnell Verbindungen einstellen, wenn ihre -- sich manchmal auch wandelnden -- Erwartungen nicht mehr erfüllt werden.

Zudem kann es das politische Ziel einer Regierung sein, vor allem Einheimischen durch den Tourismus Beschäftigungschancen zu eröffnen und nicht von ausländischen Unternehmen abhängig zu sein. So hat der pazifische Inselstaat Vanuatu 1981 mit Air Vanuatu eine eigene Fluggesellschaft gegründet und bei Tour Vanuatu, einem Reise- und Rundfahrtenveranstalter, eine Mehrheitsbeteiligung erworben.

In Europa betreibt Malta eine ähnliche Politik. Die nationale Fluggesellschaft, Air Malta, wurde 1973 mit I Hilfe der Pakistan International Airlines (PIA) gegründet, die auch die ersten Flugzeuge zur Verfügung stellte und einige Zeit noch mit 20 Prozent an ihr beteiligt war. Der Staat hatte einen Anteil von 51 Prozent. Der Flugbetrieb wurde 1974, im Jahr der Gründung der unabhängigen Repubblika ta' Malta aufgenommen. Air Malta beschäftigt ca. 1.700 Mitarbeiter und betreibt ein gutes Dutzend Flugzeuge vom Avro Regional Jet (RJ) 70 über die Boeing 737-200 und -300 bis zum Airbus 310 für Langstreckenflüge. Bei insgesamt 360.000 Einwohnern der Republik Malta ist es offensichtlich, dass eine Fluggesellschaft dieser Größe in erster Linie dem Tourismus nach Malta dient. Die strategische Bedeutung, die der Fluglinie für die touristische Entwicklung beigemessen wird, zeigt sich auch in der mittlerweile hohen Staatsbeteiligung von 96,4 Prozent. Dabei ist Air Malta kein Subventionsbetrieb: Mit Ausnahme des ersten Jahres hat die Gesellschaft immer schwarze Zahlen geschrieben. Seit ihrer Gründung hat Air Malta zudem eine Politik der vertikalen Integration betrieben. Der erste Schritt war die Gründung eines Reiseveranstalters in Großbritannien, ihm folgten Investitionen in Hotelanlagen auf Malta, so dass die touristische Wertschöpfung zu einem großen Teil in maltesischer Hand bleibt.

Die nationalen Fluggesellschaften dieser Länder sind also zentrale strategische Erfolgsfaktoren für die Erhaltung und Entwicklung ihrer Tourismuswirtschaft. Über eine Politik des 'offenen Himmels' mit völlig freiem Zugang zu den eigenen Flughäfen auch nur nachzudenken, wäre völlig unsinnig für sie. Die eigenen Fluggesellschaften könnten mit den großen Konkurrenten aus den Industriestaaten nicht mithalten, und über kurz oder lang wären die Länder wieder vollständig abhängig von den Entscheidungen ausländischer Fluggesellschaften.

Die Subventionierung von Organisationen und -- wenn dies überhaupt nötig sein sollte -- Schlüsselunternehmen der Tourismuswirtschaft kann also gesamtwirtschaftlich gesehen erhebliche Erträge abwerfen. Damit sind diese Subventionen nicht gleichzusetzen mit den verlorenen Mitteln, die etwa in Deutschland zur Erhaltung überkommener Strukturen .. und nicht überlebensfähiger Industrien ... eingesetzt werden."

[Mundt, Jörn W.: Einführung in den Tourismus. -- München [u.a.] : Oldenbourg, ©1998. -- ISBN 3486233661. --  S. 428 - 430.]


26. Weiterführende Ressourcen



26.3. Organisationen


Certification for Sustainable Tourism -- CST / Department of Natural Resources
Costa Rican Tourism Institute (ICT). -- URL: http://www.turismo-sostenible.co.cr/EN/home.shtml. -- Zugriff am 2001-02-23. -- [CST "It is a program that seeks to categorize and certify each tourism company according to the degree to which its operations comply to a model of sustainability. To this effect, four fundamental aspects are evaluated: 

  1. Physical-biological parameters
    Evaluates the interaction between the company and its surrounding natural habitat.
  2. Infrastructure and services
    Evaluates the management policies and the operational systems within the company and its infrastructure.
  3. External clients
    Evaluates the interaction of the company with its clients in terms of how much it allows and invites the client to be an active contributor to the company's policies of sustainability.
  4. Socio-economic environment
    Evaluates the interaction of the company with the local communities and the population in general.

For each and every one of these items a list of specific questions was designed to help evaluate how thoroughly the firm complies with a series of standards previously established for the social, environmental and economics fields. Each and every one of the questions refers to an element of sustainability with which the firm should comply in order to qualify in any one of the different stages or levels of fulfillment, which for our purposes we have labeled »levels". The final rating will be assigned to the company in question according to the lowest  level achieved in any of the four fields evaluated."

The Ecotourism Society. -- URL: http://www.ecotourism.org/. -- Zugriff am 2001-02-23. -- ["TES is an international membership organization dedicated to disseminating information about ecotourism. Our members come from 35 different professions and live in over 70 different countries. Most of our members work in the tourism sector, study tourism, or use tourism to support the conservation of natural settings and sustain the well-being of local communities."]

ECPAT International [früher: End Child Prostitution in Asian Tourism]. -- URL: http://www.ecpat.net/. -- Zugriff am 2001-02-23. -- ["ECPAT was originally established as a campaign to end child prostitution in Asian tourism by a group of NGO workers and other concerned individuals in 1990. In 1996 ECPAT evaluated the previous five years of its work and recognised that, while it’s activities had been very successful at publicising and mobilising action on the situation of child sex tourism in Asia, the commercial sexual exploitation of children was a growing global phenomena which takes many forms. The Executive Committee of ECPAT then decided to widen the scope of its work to encompass the issues of child pornography and the trafficking of children for sexual purposes and to broaden its focus to become an international campaign."]

Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen -- F.U.R. -- URL: http://www.fur.de/. -- Zugriff am 2001-02-23. -- [Die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen wurde im Sommer 1994 als Verein von Forschungsnutzern gegründet, um branchenübergreifend, neutral und kontinuierlich Untersuchungen zum Reiseverhalten zu ermöglichen.  Mit der Weiterführung der Reiseanalyse trat F.U.R die Nachfolge des Studienkreis für Tourismus an, der über 20 Jahre lang jährlich die Reiseanalyse herausgegeben hatte, und der Ende 1993 in Konkurs ging.  Die Forschungsgemeinschaft ist weder ein Marktforschungsinstitut noch eine Unternehmensberatung. Sie ist vielmehr die neutrale Interessensgemeinschaft der Nutzer von Tourismusforschung in Deutschland, und daher der größte nichtkommerzielle Organisator und Auftraggeber von Tourismusforschung.  Die Neutralität der F.U.R ergibt sich sowohl aus der Zusammensetzung der Mitglieder als auch aus der Besetzung des Vorstandes, dem -- wie in der Satzung gefordert -- Vertreter aller im Tourismus tätigen Sparten angehören. Mit der Reiseanalyse erbringt die Forschungsgemeischaft jährlich Forschungsleistungen in Höhe von über 1.000.000,- DM, die nicht nur ihren Mitgliedern, sondern auch den zahlreichen weiteren Beziehern der RA zugutekommen, wie z.B. TUI, NUR, Lufthansa, LTU, Accor-Hotels, Bundeswirtschaftsministerium, Bayern, Sachsen, Thüringen, Dänemark, Niederlande, Ungarn, British Tourist Authority, Center Parcs, Europäische Reiseversicherung, Deutsche Zentrale für Tourismus...... "]

F.U.R macht satzungsgemäß keine Gewinne, sondern reinvestiert etwaige Überschüsse vollständig in die Forschungsarbeit.

Studienkreis für Tourismus und Entwicklung. -- URL: http://www.studienkreis.org. -- Zugriff am 2001-02-23. -- ["Der Studienkreis für Tourismus und Entwicklung beschäftigt sich mit entwicklungsbezogener Informations- und Bildungsarbeit im Tourismus. In diesem Zusammenhang gibt er Publikationen heraus, führt internationale Wettbewerbe durch, veranstaltet Aus- und Fortbildungsseminare für im Tourismus Beschäftigte, ist in den Bereichen Tourismusforschung und -beratung tätig und beteiligt sich am Dialog über Fragen touristischer Entwicklung. Der Studienkreis für Tourismus und Entwicklung ist ein eingetragener Verein mit gemeinnützigen Zielen. Er arbeitet frei und unabhängig."]

Tourism Watch (ZEB). -- URL:  http://www.tourism-watch.de/. -- Zugriff am 2001-02-23. -- ["TOURISM WATCH (ZEB) wurde 1975 als Fachstelle Ferntourismus des Kirchlichen Entwicklungsdienstes der Evangelischen Kirche in Deutschland gegründet. Organisatorisch ist TOURISM WATCH bei »Dienste in Übersee" angegliedert. »Tourism Watch (ZEB) engagiert sich in der Bildungs- und Solidaritätsarbeit im Bereich Dritte Welt-Tourismus und setzt sich für eine nachhaltige, sozial- und umweltverträgliche Tourismusentwicklung ein. Vor dem Hintergrund einer Vielzahl von negativen Auswirkungen des Tourismus wird die Gleichung »Tourismus = Entwicklung" kritisch in Frage gestellt.» Z = Zusammenarbeit mit Partnern in der 'Dritten Welt'; E = Entwicklung von Alternativen im Tourismus; B = Bildungs-, Lobby- und Informationsarbeit in Deutschland]

World Tourism Organization. -- URL: http://www.world-tourism.org/. -- Zugriff am 2001-02-23. -- ["The World Tourism Organization is the leading international organization in the field of travel and tourism. It serves as a global forum for tourism policy issues and a practical source of tourism know-how"

World Travel & Tourism Council  --WTTC. -- URL: http://www.wttc.org/. -- Zugriff am 2001-02-23. -- ["The World Travel & Tourism Council (WTTC) is the Global Business Leaders' Forum for Travel & Tourism. It's Members are Chief Executives from all sectors of the Travel & Tourism industry, including accommodation, catering, cruises, entertainment, recreation, transportation and travel-related services. Its central goal is to work with governments to realise the full economic impact of the world's largest generator of wealth and jobs -- Travel & Tourism."]


26.4. Ressourcen in Printform


Burns, Peter M.: An introduction to tourism and anthropology. -- London [u.a.] : Routledge, ©1999. -- 188 S. : Ill. -- ISBN 0415186277

Endlich Urlaub! : die Deutschen reisen / (hg.) Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. -- Köln : DuMont, ©1996. -- 132 S. : Ill. -- ISBN 3-7701-3916-X

Global tourism / ed. William F. Theobald. -- 2. ed. -- Oxford [u.a.] : Butterworth-Heinemann, ©1998. -- 503 S. -- ISBN 0750640227. --  [Empfehlenswerte Übersicht über das Gesamtthema]. --

Hennig, Christoph <1950 - >: Reiselust : Touristen, Tourismus und Urlaubskultur. -- Frankfurt a. M. : Suhrkamp, 1999 (©1997 Insel). -- 227 S. -- (Suhrkamp Taschenbuch ; 3001). -- ISBN 3518395017. --  [Sehr lesenswert]. --

Herrliche Aussichten : Frauen im Tourismus / Karin Grüter ... (Hrsg.). -- Zürich : Rotpunktverlag, ©1996. -- 231 S. : Ill. -- (Kleine Reihe Tourismus & Entwicklung ; Bd. 7). -- ISBN . --

Hosts and guests : the anthropology of tourism / ed. by Valene L. Smith. -- 2. ed. -- Philadelphia : University of Pennsylvania Press, ©1989. -- 341 S. : Ill. -- ISBN 0812212800. --  [Klassiker]. --

Internationaler Tourismus / hrsg. von Silke Landgrebe. -- München [u.a.] : Oldenbourg, ©2000. -- 318 S. : Ill. -- (Lehr- und Handbücher zu Tourismus, Verkehr und Freizeit). --  ISBN 3486250930. -- 

Mundt, Jörn W.: Einführung in den Tourismus. -- München [u.a.] : Oldenbourg, ©1998. -- 547 S. : Ill. -- ISBN 3486233661. -- 

Rothe, Andrea <1964 - >: Männer -- Prostitution -- Tourismus : wenn Herren reisen. -- Münster : Westfälisches Dampfboot, ©1997. -- 228 S. -- ISBN 3896914081. -- 

Tourism and culture : an applied perspective / ed by Erve Chambers. -- Albany, NY : State University of New York Press, ©1997. -- 221 S. -- (SUNY series in advances in applied anthropology). -- ISBN 0791434281. -- 

Tourismustypen / von Harald Dettmer ... -- München [u.a.] : Oldenbourg, ©2000. -- 163 S. : Ill. -- (Lehr- und Handbücher zu Tourismus, Verkehr und Freizeit). --  ISBN 3486254456. -- 

Wyler, Theo <1943 - >: Als die Echos noch gepachtet wurden : aus den Anfängen des Tourismus in der Schweinz. -- Zürich : NZZ, ©2000. -- 155 S. : Ill. -- ISBN 3858238252. -- 

Zum Beispiel Tourismus / Redaktion: Jürgen Hammelehle. -- 3., aktualisierte Aufl. -- Göttingen : Lamuv, ©1995. -- 112 S. : Ill. -- (Süd-Nord). -- ISBN 3889772129. -- 


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