Materialien zum Neobuddhismus

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Wilhelm II.: "Völker Europas, wahrt Eure heiligsten Güter!"

1. Einleitung


von Alois Payer

mailto: payer@payer.de


Zitierweise / cite as:

Payer, Alois <1944 - >: Materialien zum Neobuddhismus.  --   1. Einleitung. -- Fassung vom 2005-05-05. -- URL: http://www.payer.de/neobuddhismus/neobud0101.htm. -- [Stichwort].

Erstmals publiziert: 1996-04-06

Überarbeitungen: 2005-05-05 [überarbeitet];2005-04-28 [überarbeitet]; 2003-05-05 [überarbeitet]

Anlass: Lehrveranstaltung Neobuddhismus, Univ. Tübingen, SS 1987, SS 2003, SS 2005

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0. Übersicht



1. Zur Einführung: Gründung der BRG in Deutschland und der Lamita in Spanien


Neo-Buddhismus. Lassen sie mich mit zwei Beispielen aus der jüngsten Gegenwart [die Lehrveranstaltung fand erstmals 1987 statt] andeuten, welche Art Fragen wir uns in diesem Semester stellen wollen.


1.1. Erstes Beispiel: der Lamita in Spanien



Abb.: Osel Hita Torres (geboren 1985-02-12) [Bildquelle: Mackenzie, Vicki: The boy lama. -- 1st U.S. ed. -- San Francisco : Harper & Row, 1989, ©1988. -- nach S. 120]

Am 10.Februar 1987 meldete eine Nachrichtenagentur aus Delhi [Stuttgarter Zeitung vom 10.2.87]:

"Zweijähriger Spanier als wiedergeborener Lama

Ein Zweijähriger aus Spanien, der als ein wiedergeborener Lama gilt, soll am 12. März feierlich als Oberhaupt eines buddhistischen Klosters im Himalaja-Königreich Nepal eingesetzt werden. Der kleine Junge namens Ozel Iza [richtig: Hita] Torres traf am Wochenende mit seinen Eltern in Delhi ein. Er soll eine Anzahl buddhistischer Heiligtümer in Indien besuchen, bevor er als Oberlama des Klosters Kopan inthronisiert wird. Osel, fünftes Kind von Paco und Maria Torres, gilt als Reinkarnation des in San Francisco gestorbenen Oberlamas Yeshe, der auch eine Zeitlang in Spanien gelebt hat. Frau Torres hat einem Journalisten berichtet, sie sei Yeshe in einer spanischen Kathedrale begegnet und der Lama habe sie durch Handauflegen gesegnet. Dem Journalisten zufolge sagte sie: "Ich habe es wie einen Laserstrahl verspürt. Ein paar Tage später habe ich bemerkt, dass ich schwanger war."

Osel wurde mehreren Prüfungen unterworfen, bis man ihn zur Reinkarnation und zum rechtmäßigen Nachfolger des Lamas proklamierte."

Ein tibetischer Lama wird 1985 in Spanien wiederverkörpert, in Spanien, das bis 1978 ein katholischer totalitärer nicht-klerikaler Gottesstaat ohne Religionsfreiheit war. Was geschieht, wenn eine Religion aus einer fremden Kultur in einem solchen Milieu Wurzel fasst? Die ist eine Hauptfrage, die ich unter dem Titel Neo-Buddhismus behandeln will.

Ausführlich zu Osel Hita Torres:

Mackenzie, Vicki: The boy lama. -- 1st U.S. ed. -- San Francisco : Harper & Row, 1989, ©1988. -- 183 S.: Ill. -- ISBN 0861711084. -- [Reprint. Originally published: Bloomsbury Pub., 1988.]. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}]

Mackenzie, Vicki:  Reborn in the West : the reincarnation masters. -- New York : Marlowe & Co., 1996. -- 214 S. : Ill. -- ISBN 1569248044. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}]

Venerable Lama Tenzin Osel Rinpoche. -- URL: http://www.fpmt.org/teachers/osel/. -- Zugriff am 2003-05-05. -- [Enthält eine ausführliche Biographie auf der Greundlage der beiden Bücher von Vicki Mackenzie]


1.2. Ein zweites Beispiel: Gründung der BRG


1985 wurde in der Bundesrepublik eine Religionsgemeinschaft aller Buddhisten der unterschiedlichen Richtungen und unterschiedlicher Herkunft gegründet. Für diese Religionsgemeinschaft wurde Anerkennung als Körperschaft öffentlichen Rechts, und damit rechtliche Gleichstellung mit den großen christlichen Kirchen, beantragt.

Die Deutsche Buddhistische Union e.V. (DBU), der 1958 gegründete Dachverband von bis dahin 16 buddhistischen Gemeinschaften in der Bundesrepublik, hatte unter dem Vorsitz von Karl Schmied beschlossen, die notwendigen Schritte zur Gründung einer Buddhistischen Religionsgemeinschaft in Deutschland (BRG) einzuleiten, die staatlicherseits als Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß Grundgesetz Art. 140, Weimarer Verfassung Art. 137 (5) anerkannt werden soll. Art. 140 GG lautet:

"Art. 240: Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes. ...

Art. 137. Weimarer Verfassung:
...
(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft."

Die Möglichkeit für Religionsgesellschaften, Körperschaften öffentlichen Rechts zu werden hat folgenden historischen Hintergrund:

"Der Gleichheit des religiösen Individualstatus aller Bürger als Errungenschaft" des 19. "Jahrhunderts entsprach freilich nicht auf der institutionellen Ebene der gleiche Rechtsstatus aller Religionsgemeinschaften. Hier wurde vielmehr differenziert zwischen
  • den anerkannten Kirchen,
  • den mit Korporationsrechten ausgestatteten Religionsgesellschaften und
  • den Religionsgesellschaften ohne Korporationsrechte auf der Basis der Vereine.

Die Weimarer Reichsverfassung setzte dem ein staatskirchenrechtliches System entgegen, das allen Religionsgesellschaften bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen die Möglichkeit verschaffte, die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu erwerben."

[Solte, Ernst-Lüder: Die Organisationsstruktur der übrigen als öffentliche Körperschaften organisierten Religionsgemeinschaften und ihre Stellung im Staatskirchenrecht. - In: Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland . -- 1. Bd. -- Berlin, 1974. -- S. 342.]

Zur Frage, was öffentlich-rechtliche Körperschaft für eine Religionsgesellschaft bedeutet, ein paar Zitate aus:

Fischer, Erwin: Trennung von Staat und Kirche : die Gefährdung der Religionsfreiheit in der Bundesrepublik. -- 2., neu bearb. Aufl. -- Frankfurt : Metzner, 1971. -- S. 207ff.:

"Es besteht allgemeine Einigkeit darüber, dass unter einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ein mitgliedschaftlich organisierter Verband des öffentlichen Rechts zu verstehen ist, der staatliche Aufgaben mit hoheitlichen Mitteln unter staatlicher Aufsicht wahrnimmt. Ebensowenig ist umstritten, dass keines dieser Merkmale auf die als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgesellschaften zutrifft. ... Religiöse Aufgaben sind keine staatlichen mehr. Außerdem verträgt sich mit dem in Art 137 Abs WRV garantierten Selbstbestimmungsrecht [der Religionsgesellschaften] keine Art von Staatskirchenhoheit. So stellt sich die Frage, was unter einer mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgestatteten Religionsgesellschaft zu verstehen ist..."

Nach einer ausführlichen Darstellung der juristischen Diskussion zu diesem Problem, kommt Fischer zu folgendem Schluss:

"Entscheidend ist einzig und allein, welche konkreten Einzelrechte mit der Körperschaftsqualität verbunden sind. Durch das Grundgesetz ist lediglich das Besteuerungsrecht garantiert. Nach MIKAT handelt es sich um »das praktisch wertvollste und finanziell wichtigste Ergebnis« der Körperschaftsqualität.

Ein zweites Recht ist...: die Möglichkeit, die Rechtsverhältnisse der Beamten und Seelsorger entsprechend dem Beamtenrecht zu regeln."

Da mit der Gründung einer Buddhistischen Religionsgemeinschaft, Körperschaft öffentlichen Rechts beide Rechte ausdrücklich nicht gewünscht wurden, handelt es sich um ein Statusproblem: Man will diesen "Ehrentitel" um in die Gesellschaft der "ehrwürdigen" Kirchen zu kommen und so auch jeden Ruch von "Jugendreligion" verlieren.

Allerdings sind nicht nur die Großkirchen Körperschaften des öffentlichen Rechts, sondern auch:

[s. Solte, Ernst-Lüder: Die Organisationsstruktur der übrigen als öffentliche Körperschaften organisierten Religionsgemeinschaften und ihre Stellung im Staatskirchenrecht. - In: Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland . -- 1. Bd. -- Berlin, 1974. -- S. 343ff.]

Selbstverständlich soll sich diese Gleichstellung dann auch im Zugriff auf die öffentlichrechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten, Religionsunterricht, Gefängnis- und Militärseelsorge usw. zeigen. Doch sind dies alles Möglichkeiten, die rechtlich nicht an den öffentlichrechtlichen Körperschafts-Status gebunden sind, wenn auch eine Vielzahl von Schutz und Förderung durch einfache Gesetze an den Korporationsstatus anknüpfen.

Diese Rechtstellung hat "für die kleinen Religionsgemeinschaften noch eine wichtige Funktion: sie vermittelt ihnen den Status einer juristischen Person und damit auch privatrechtliche Rechtsfähigkeit, ohne dass sie hierfür auf die Formen des bürgerlichen Vereinsrechts angewiesen wären. Das ist besonders für diejenigen Religionsgemeinschaften von Bedeutung, die wegen ihres hierarchischen Aufbaus von den »demokratischen« Formen des Vereinsrechts besonders weit entfernt sind."

[Solte, Ernst-Lüder: Die Organisationsstruktur der übrigen als öffentliche Körperschaften organisierten Religionsgemeinschaften und ihre Stellung im Staatskirchenrecht. - In: Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland . -- 1. Bd. -- Berlin, 1974. -- S. 354.]

Im Unterschied zur DBU, die nur korporative Mitglieder hat, hat die BRG als Religionsgemeinschaft Individualmitglieder. Zur Erreichung dieses Zieles wurden insgesamt 10 Bekenntnisentwürfe und 6 Verfassungsvorschläge erarbeitet. Vom 26-28. April 1985 fanden im Kamalashila-Institut, Schloss Wachendorf, 5353 Mechernich die 29. Jahrestagung der DBU sowie eine Konferenz zur Gründung einer BRG statt, zu der alle in der Bundesrepublik wohnenden deutschen und ausländischen Buddhisten eingeladen wurden, soweit sie bekannt waren. Schon in einem Vorgespräch am 26.4. einigte man sich auf eine leicht modifizierte Form der Fassung IX des Bekenntnisses. Bezüglich der Verfassung zeigten sich schon in diesem Vorgespräch große Schwierigkeiten besonders bezüglich Zusammensetzung und Wahl der Gremien der BRG. Besonders folgende Fragen führten zu harten Kontroversen. Ich zitiere wörtlich aus dem offiziellen Protokoll.

  • "Welche Gruppen sind zu repräsentieren? Laien, Dharma-Lehrer, im Weltleben stehend, ordinierte Sangha (sic!) der unterschiedlichen Traditionen wie Theravada, Mahayana/Vajrayana, Mahayana/Zen.
  • Welche Gruppen übernehmen welche Aufgaben in der BRG? Verwaltungsarbeit, Lehrdarlegungen, Beratung, Öffentlichkeitsarbeit, soziale Projekte.
  • Wie können wir in angemessener Weise die Aussagen des Buddha zur (!) ordinierten Sangha berücksichtigen? Können "Laien" den Sangha in der Öffentlichkeit repräsentieren?
  • Welche Aussagen inhaltlicher Art kann das Präsidium (bzw. der Vorstand) der BRG machen, ohne einer der unterschiedlichen Lehrtraditionen den Vorzug zu geben (z.B. seiner eigenen)?
  • Ist es erstrebenswert einen Katalog der gemeinsamen Grundlagen aller vertretenen Traditionen zu erstellen? Ist dies möglich?
  • Welche Bedeutung hat der Toleranz-Paragraph in der Verfassung, der die Beibehaltung z.B. der christlichen Religionszugehörigkeit gestattet? Entspricht er der buddhistischen Grundhaltung, den Weg in die Verantwortung des einzelnen zu gehen oder fördert er Bequemlichkeit und Standpunktlosigkeit? Ist er sozial notwendig für "Papier-Christen" oder inhaltlich notwendig für eine kreative Auseinandersetzung mit den christlichen Grundlagen unserer Kultur?"

Buddhistische Konferenz und DBU-Tagung 1985 / hrsg von der Deutschen Buddhistischen Union ... -- Plochingen, o.J. -- (Schriftenreihe der DBU ; 6). -- S.3.

Diese Fragen, besonders auch die über das Verhältnis Laien - Ordinierte sowie die Frage der Zugehörigkeit verheirateter "Mönche" (japanischer Traditionen) zum Bhikshusangha, bestimmten die Diskussionen des ganzen Wochenendes. Bei der Gründungskonferenz der BRG waren 36 buddhistische Gemeinschaften von Deutschen und Asiaten in Deutschland vertreten, der bis dahin vollständigste Überblick über solche Gemeinschaften. Es zeigte sich, dass noch kein Verfassungsentwurf Zustimmung erhalten würde, so wurde eine Verfassungskommission gebildet, die bis zur Tagung am 7.9.85 eine konsensfähige Verfassung erarbeiten sollte. Vorläufig verabschiedet wurde folgendes Buddhistische Bekenntnis, das Bestandteil der Verfassung der BRG ist. Ein Bekenntnis als Bestandteil der Verfassung ist zur Anerkennung als Körperschaft öffentlichen Rechts erforderlich. Da dieses Bekenntnis in Zukunft die gemeinsame lehrmäßige Grundlage der meisten in der Bundesrepublik lebenden Buddhisten der verschiedenen Richtungen darstellt, wird es hier nochmals im vollen Wortlaut wiedergegeben:

Buddhistisches Bekenntnis der BRG (1985):

"Ich bekenne mich zum Buddha als meinen unübertroffenen Lehrer, denn er hat die Vollkommenheiten verwirklicht und ist aus eigener Kraft den Weg zur Befreiung und Erleuchtung gegangen. Aus dieser Erfahrung hat er die Lehre dargelegt, damit auch wir die endgültige Leidfreiheit erlangen können.

Ich bekenne mich zur Lehre des Buddha, denn sie ist klar, zeitlos und lädt jeden ein, sie zu prüfen, sie im Leben anzuwenden und zu verwirklichen.

Ich bekenne mich zur Gemeinschaft der Jünger des Buddha, die sich ernsthaft um die Verwirklichung seiner Lehre bemühen, um die verschiedenen Stufen der inneren Erfahrung und des Erwachens zu verwirklichen. Sie dienen mir als Vorbild.

Ich habe festes Vertrauen zu den vier Edlen Wahrheiten.
Sie besagen:
Das Leben im Daseinskreislauf ist letztlich leidvoll. Dies ist zu durchschauen.
Ursachen des Leidens sind Gier, Hass und Verblendung. Sie sind zu überwinden.
Erlöschen die Ursachen, erlischt das Leiden. Dies ist zu verwirklichen.
Zum Erlöschen des Leidens führt ein Weg, der Edle Achtfache Pfad. Er ist zu gehen.

Ich bekenne mich zur Einheit aller Buddhisten, denn wir folgen unserem gemeinsamen Lehrer und sind bestrebt, seine Lehre zu verwirklichen: Ethisches Verhalten, Sammlung und Weisheit wollen wir entwickeln, um Befreiung zu erlangen. In diesem Bewusstsein begegne ich allen Mitgliedern dieser Gemeinschaft mit Achtung und Offenheit.

Ich will mich bemühen,
keine Lebewesen zu töten oder zu verletzen,
Nichtgegebenes nicht zu nehmen,
keine unheilsamen sexuellen Beziehungen zu pflegen,
nicht zu lügen oder unheilsam zu reden,
mir nicht durch berauschende Mittel das Bewusstsein zu trüben.

Zu allen Wesen will ich unbegrenzte Liebe, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut entfalten, im Wissen um das Streben aller Lebewesen nach Glück."

[Verfassung der BRG / hrsg. von der Deutschen Buddhistischen Union. -- Plochingen, o.J. -- (Schriftenreihe der DBU ; 8). -- S.1]

Am 7.9.1985 fand in Hamburg die in Wachendorf beschlossene Tagung statt, auf der die BRG gegründet wurde. Diesmal waren sogar ca. 39 buddhistische Gemeinschaften durch Delegierte (22) oder Beobachter (17) vertreten. Nach Mitteilung der DBU gab es zu dieser Zeit in der Bundesrepublik ca 20.000 deutsche und ca 30.000 asiatische Buddhisten. Wie schon bei der Tagung in Wachendorf brach die Ablehnung von vietnamesischen Flüchtlingen gegen eine zweite vietnamesische buddhistische Gruppe virulent aus. Die BRG hielt diesen Konflikt von sich ab, indem sie beiden Gruppen solange nur Beobachterstatus zubilligte bis sie auf Vorbedingungen bezüglich der anderen Gruppe verzichten.

Karl Schmied, der Vorsitzende der DBU nannte als dringendste Aufgaben der BRG:

  • Das Bemühen um Anerkennung durch den Staat als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Dies wird eine wirksamere Vertretung der Buddhalehre gegenüber dem Staat und der Gesellschaft ermöglichen.
  • Die Integration der ausländischen Buddhisten in der BRD (insbes. Flüchtlingsgruppen aus Indochina, aber auch Thais, Koreaner, Japaner usw.). Dies sowohl durch Einzelmitgliedschaft als auch durch Zusammenarbeit mit ihren Organisationen.
  • Die Wahl von Landesbeauftragten in den einzelnen Bundesländern, die dann dem Konvent angehören, um auch Einzelmitgliedern, die sich nicht an eine bestimmte Gruppe oder Schule gebunden haben und auch keiner Vereinigung angehören wollen, Mitwirkungsmöglichkeiten über von ihnen gewählte Beauftragte in der BRG zu eröffnen.
  • Durch den Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts kann u.a. auch die Öffentlichkeits- und Medienarbeit und somit die Darlegung der Lehre verbessert werden.

s. Hamburger Tage 1985 / hrsg von der DBU. -- Plochingen, o.J. -- (Schriftenreihe der DBU ; 7)

Der neue Verfassungsentwurf wurde vorgelegt und mit Änderungen angenommen. Das Buddhistische Bekenntnis wurde angenommen. Die wichtigsten Bestimmungen der Verfassung seien hier wiedergegeben:

§ 2Aufgaben:

(1) Die BRG wird zu dem Zweck gegründet, ihre Mitglieder und die bestehenden oder noch zu gründenden Gemeinschaften ihrer Mitglieder zu beraten und zu unterstützen, womit sie der Verbreitung der Lehre des Buddha zu dienen und buddhistisches religiöses Gemeinschaftsleben, Feiern etc. zu fördern und zu schützen sucht.

(2) Die BRG will den Kontakt buddhistischer Gemeinschaften untereinander fördern und ferner zur Zusammenarbeit mit anderen Religionsgemeinschaften, Schulen, Universitäten usw. im In- und Ausland auf der Grundlage von Verständnis und Toleranz beitragen.

(3) Die BRG ist unabhängig und zu politischer Neutralität

verpflichtet."

§ 3 regelt die Mitgliedschaft:

(1.1) Mitglied kann jeder Deutsche und jede in Deutschland wohnhafte natürliche Person werden, die das "Buddhistische Bekenntnis" als für sich gültig erklärt und die Dreifache Zuflucht genommen hat.

(1.2) Für Kinder, die noch nicht religionsmündig sind, können deren Eltern oder gesetzliche Vertreter den Beitritt erklären.

(1.3) Die Aufnahme erfolgt auf schriftlichen Antrag beim Geschäftsführenden Vorstand oder bei einer der BRG verbundenen Gemeinschaft.

...

(2) Verbindung mit buddhistischen Gemeinschaften:

(2.1) Buddhistische Gemeinschaften können mit der BRG eine Verbindung eingehen durch Aufnahme ihrer Anhänger in die BRG. Die Aufnahme einer Verbindung erfolgt - nach Antrag der Gemeinschaft beim Geschäftsführenden Vorstand - durch den Konvent bei seiner nächsten Versammlung zu Beginn der Tagesordnung. Eine solche Gemeinschaft muss mindestens 15 BRG-Mitglieder vertreten und ihre buddhistische Ausrichtung durch ihre Satzung oder Vergleichbares nachweisen.

In § 4 wird ausdrücklich die Autonomie der einzelnen buddhistischen Gemeinschaften und Ordensgemeinschaften in ihren Angelegenhaiteten bestätigt.

(4) Die Auslegung der buddhistischen Lehre über die Grundlage des "Buddhistischen Bekenntnisses" hinaus ist nicht Aufgabe der BRG, sondern der Gemeinschaften und Ordensgemeinschaften."

§ 7 bestimmt u.a., dass die BRG auch nach Anerkennung als Körperschaft öffentlichen Rechts keine Kirchensteuer erheben, sondern sich vorzugsweise aus Spenden finanzieren wird.

Die §§ 8-12 enthalten Vorschriften über die drei Organe der BRG:

  1. der Konvent, bestehend aus Delegierten buddhistischer Gemeinschaften und von Einzelmitgliedern, "Repräsentanten noch nicht organisierter in Deutschland lebender ausländischer Buddhisten, die eine Kultureinheit bilden" und Beobachtern in Deutschland lebender ausländischer Gruppen, die nicht Mitglied der BRG sind; Repräsentanten und Beobachter haben kein Stimmrecht, müssen aber persönlich Mitglieder der BRG sein; die Zahl der Delegierten buddhistischer Gemeinschaften richtet sich nach der Anzahl der von ihnen vertretenen BRG-Mitglieder;
  2. der Rat, der vom Konvent gewählt wird und das eigentliche, kollektive Leitungsgremium ist;
  3. der Geschäftsführende Vorstand, bestehend aus vier vom Rat gewählten Ratsmitgliedern.

Im Anschluss an die Verabschiedung der Verfassung wurde der Buddhistische Rat gewählt.

Bei einem BRG-Konvent vom 24.-26.10.1986 in Wachendorf teilte Karl Schmied mit, was aus dem Antrag auf Anerkennung als Körperschaft öffentlichen Rechts wurde, der über das Kultusministerium Baden Württemberg an die Kultusministerkonferenz geleitet wurde. Der Antrag wurde zunächst einmal auf Antrag Bayerns in der Behandlung verschoben. Bayern erhob Bedenken gegen Anerkennung zum gegenwärtigen Zeitpunkt insbes. inbezug auf "die Gewähr der Dauer" [WRV: "wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten"]. Deshalb wurde das Kultusministerium Baden-Württemberg beauftragt, die BRG weiter bezüglich Entwicklung der Mitgliederzahl zu beobachten, ob es der BRG gelingt, die meisten Buddhisten in der BRD zu repräsentieren, insbes. auch die asiatischen Gruppen. Bis zur Anerkennung als Körperschaft öffentlichen Rechts, wollte die BRG als e.V. bestehen.

1988 wurden die Buddhistische Religionsgemeinschaft und die Deutsche Buddhistische Union vereinigt zur Deutschen Buddhistischen Union - Buddhistische Religionsgemeinschaft e.V. (DBU) [Webpräsenz.: http://www.dharma.de/. -- Zugriff am 2004-05-05].  Die Frage der Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts wurde auf unbestimmte Zeit aufs Eis gelegt.

Die Gründung der BRG erfolgte 105 Jahre nachdem erstmals Westerner in formeller Weise, durch die dreifache Zufluchtsformel, sich als Buddhisten bekannt haben: Olcott und Blavatsky am 25.Mai 1880 in Ceylon. Die Gründung der BRG zeigt, welchen Problemen sich der Buddhismus gegenübersieht, wenn er in ein ihm fremdes System des Staatskirchenrechts tritt. Obwohl es im traditionellen Buddhismus durchaus Laienvereinigungen gab (z.B. Unterstützergruppen best. Tempel), gab es im traditionellen Buddhismus nur eine Organisation der Mönche und Nonnen, aber keine der buddhistischen Laien qua buddhistische Laien. Nun kommt der Buddhismus nach Deutschland in eine Umgebung, wo Religion in Form von Körperschaften öffentlichen Rechts und Vereinen organisiert ist. Will man an den Privilegien der anderen Religionen teilhaben, muss man sich den Anforderungen des Staatskirchenrechts bzw. des Vereinsrechts fügen. So muss man ein Bekenntnis und eine Satzung entwerfen. Auf ein paar der Probleme dabei habe ich hingewiesen.

Doch nun zur Bestimmung des Themas dieser Vorlesung


2. "Neo-Buddhismus"


Ich bin Nominalist. Ich definiere "Neo-Buddhismus" so: Von Neo-Buddhismus spreche ich:

  1. Wenn irgendeine Form von "Buddhismus" innerhalb der letzten ca. 150 Jahre in einer sozialen und geographischen Umgebung auftritt, in der Buddhismus vorher keinerlei Geschichte hatte.

    150 Jahre: die Abgrenzung wird sich aus der Geschichte rechtfertigen

    Obwohl erst im 18. Jhdt. im Gebiet Russlands bei den Burjäten und Tuvinern der Buddhismus tibetischer Prägung eingeführt wurde, will ich diesen Vorgang hier nicht behandeln, sondern mich auf die letzten 150 Jahre beschränken. Dies kann ich damit rechtfertigen, dass bei den Burjäten und Tuvinern der Buddhismus zu Anhängern einer schamanistischen Religion kam, während ich in dieser Lehrveranstaltung doch vor allem den Buddhismus in Auseinandersetzung mit dem Westen zeigen will.

    "Buräten (Burjäten), mongolisches Nomadenvolk am Baikalsee, in Transbaikalien und im südlichen Irkutsk, den Kalmücken ähnlich (s. Tafel »Asiatische Völker I«, Fig. 9), 208,000 Köpfe stark (122,000 in Transbaikalien, 86,000 in Irkutsk). Sie treiben Pferde- und Rindviehzucht, Jagd und Fischfang, viele bauen auch Roggen und Weizen. Als Schmiede, Lederarbeiter und Verfertiger grober Webstoffe sind die B. bekannt. Ihre mit Silber damaszierten Schmiedearbeiten sind als »Bratskische Arbeiten« durch ganz Sibirien berühmt. Sie bekennen sich zum Lamaismus; der Chambo Lama wohnt in dem Kloster am See Gussinoja. Ihre Sprache haben sie in großer Reinheit bewahrt (Grammatik und Wörterbuch von Castrén, hrsg. von Schiefner, Petersb. 1857; Grammatik der mongolisch-burjätischen Umgangssprache von Orlow, russisch, Kasan 1878). Die B. stehen unter einer besondern Steppenverwaltung; doch üben ihre Geschlechtsältesten, die Taischas, noch großen Einfluß aus. Mehrere Geschlechter bilden eine Gemeinde, anderen Spitze ein Obertaischa steht."

    [Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

    "Die Tuwiner (Eigenbezeichnung:Tyva) sind die größte nichtrussische Bevölkerungsgruppe im Altai-Sajan-Gebiet (Süd-Sibirien). In der Republik Tuwa (Tyva) stellen die mehr als 200 000 Tuwiner (1989: 198 448) die Bevölkerungsmehrheit (1989; 64,31%).

    Ihre traditionelle Wirtschaftsform war die nomadische Viehzucht, die Todzha im Nordosten des Siedlungsgebietes betrieben Rentierzucht. Nach dem Ende des Oiratenreiches gehörten die Tyva zu China und standen unter (ost)mongolischer Verwaltung, die einheimische Oberschicht war weitgehend mongolisiert. Im 19. Jahrhundert setzte der Buddhismus sich allmählich als vorherrschende Glaubensrichtung durch. Nach der chinesischen Revolution errichtete das Zarenreich 1914 auf dem größten Teil des Tyva-Gebietes das Protektorat Urianchajski Kraj. "

    [Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Tuwiner. -- Zugriff am 2005-04-28]

    neue soziale und geographische Umgebung: vor allem Länder des Westens, aber auch Hawaii, Indonesien, Malaysia u.a.

    Problem "Buddhismus": Wann wird jemand als Buddhist oder etwas als Buddhismus bezeichnet? Hier: Jeder, der sich selbst als Buddhist oder sein Produkt als buddhistisch bezeichnet.

  2. Wenn in einer sozialen und geographischen Umgebung, in der irgendwelche Formen des Buddhismus vor 150 Jahren schon eine Geschichte hatten, ganz Neuartiges unter dem Namen Buddhismus auftritt, insbesondere in Auseinandersetzung mit neuen wissensmäßigen und sozialen Problemen.

    Bewusst, dass ganz neuartig problematisch ist, da von meiner Bewertung abhängig.

    Beispiele: Won-Buddhismus, buddhistischer Modernismus.

D.h.

"Neobuddhismus" = neuer Buddhismus


3. Betrachtungsweise


Objekt der Betrachtung werden aus praktischen Gründen vor allem sein:


4. Organisierte und nichtorganisierte Buddhisten


Problem: man erreicht nur diejenigen, die sich organisiert haben oder die literarische Produkte hinterlassen haben, nicht aber die "Stillen im Lande"

Zur Frage, warum es nichtorganisierte Buddhisten gibt, vgl. den Buddhisten und Buddhismusforscher Eduard Conze (1904-1979) [den v. Glasenapp gern als seinen Nachfolger in Tübingen gehabt hätte, der aber ablehnte] : In:

Conze, Edward <1904 - 1979>: The memoirs of a modern Gnostic. -- Part II: Politics, people and places. -- Sherborne : Samizdat, 1979. -- S.30ff.

Im Kapitel: "Unfreundliche Bemerkungen über buddhistische Gesellschaften zu Hause und auswärts" schreibt Conze [meine eigene Übersetzung mit vielen Auslassungen]:

"Es überraschte viele, dass sich mein Buddhismus auf Wissenschaft und private Praxis beschränkte und dass ich nahen Kontakt mit seinen sozialen Erscheinungen in Ost und West vermied.

Ich hatte niemals auch nur die geringste Sehnsucht nach Ceylon, Burma oder Japan zu gehen, um zu sehen, wie Buddhisten sind. Dies hat viele ungläubige Kommentare in den USA hervorgerufen, besonders außerhalb der Fakultät (Anm.: Innerhalb der Fakultät hieß ich die Maria Callas buddhistischer Forschung. Ein hohes Lob. Die Callas musste nicht nach Sevilla gehen und Zigaretten rollen lernen, um Carmen singen zu können.) Dies stimmt mit der Tradition eines bestimmten Typs des deutschen Wissenschaftlers überein....

Der Hauptgrund ist, dass der traditionelle Osten sich in rapider Auflösung befindet und überall durch eine moderne Gesellschaft ersetzt wird. In jedem Land lehnen die stärkeren Elemente den Buddhismus ab. Die literarischen Traditionen wurden in den Westen gebracht und werden hier im Kühlfach aufbewahrt zum späteren Gebrauch, wenn Friede zurückkehrt und die ständige Bedrohung einer imperialistischen Intervention in Asien aufhört.

...

Weiters befürchtete ich, dass die real existierenden Buddhisten mich gegen den Buddhismus aufbringen würden, so wie die real existierenden Christen mich gegen das Christentum aufgebracht hatten. ... Als ich in einem Film sah, wie südvietnamesische Mönche Panzer mit Weihwasser besprengten, war ich froh, dass ich diese Erniedrigung nie mit eigenen Augen gesehen hatte. ...

Dies sind die Gründe, warum ich nie in den Osten reiste.


Abb.: Edward Conze (1904 - 1979) [Bildquelle: http://gnostic.org.nz/articles/buddhism_and_gnosis.html. -- Zugriff am 2003-05-05]

Was die buddhistische Bewegung im Westen betrifft, habe ich mich von dieser trotz vieler Werbung aus drei Gründen ferngehalten:

(1) In einer kapitalistischen Gesellschaft regiert Geld alles und es ist offenkundig unmöglich, eine Organisation zu gründen, in der die geistlichen Leute an der Spitze stehen... Ich könnte eine Menge Beispiele bringen, aber ich tu es nicht. ...

(2) Die Leute, die vom sektiererischen Buddhismus angezogen sind, sind normalerweise nicht sehr gut. Warum sollte jemand, der ein spirituelles Leben führen will, auf seine Brust ein Schildchen peppen "Ich bin ein Buddhist", als ob er an einer amerikanischen Wahlversammlung teilnähme. In Teil I sprach ich über die alten Damen von Kensington <von der London Buddhist Society>. Dies sind reiche alte Frauen, die meist ihren Mann verloren haben und sich nach einer unverbindlichen Form von Religion umsehen. Die Lehre von der Wiedergeburt zieht sie aus drei Gründen an: (1) weil sie ihnen erlaubt zu glauben, dass sie viel Zeit als ägyptische Prinzessinnen u. dgl. verbracht haben. (2) Weil die Lehre von der Wiedergeburt sie vom Gefühl sozialer Schuld befreit, die endemisch ist unter der Bourgeoisie des 20.Jhdt.. Diese Lehre überzeugt sie nämlich, dass sie ihr Geld und ihre Privilegien verdienen als Belohnung für Verdienste in früheren Leben. (3) Diese Lehre von der Wiedergeburt überzeugt sie, dass ihr wertvolles Selbst nicht verlorengeht, wenn sie sterben. Außerdem verspricht ihnen Theosophie einen Anteil an der Weisheit der Zeiten und packende Teilnahme an mysterienhaften und esoterischen Arten des Wissens. Was sie vor allem vermeiden wollen, ist irgendwelche Härte oder Disziplin. ... Leute wie diese bilden immer einen großen Teil der angeblichen Mitglieder einer religiösen Bewegung. Sie richten keinen Schaden an, solange man sie fest an ihrem Ort hält ... Unsere sektiererischen Buddhistischen Gruppen in Europa und Amerika haben noch keine Technik gefunden mit diesem Problem fertig zu werden. ...

Die Mitglieder solcher Buddhistischen Sekten sind ausgesprochen unbeeindruckend. Jedesmal, wenn ich sie besuche, sehe ich, dass fast alle grüne Anfänger sind. Daneben gibt es einen harten Kern von kläglichen Außenseitern, die sich auf die Sekte stützen wegen der Gemeinschaft und wegen des Gefühls der Überlegenheit über Outsider. Es mag auch eine große Zahl tugendhafter Frauen und Männer geben, die man leicht übersieht. Man könnte sogar sagen, dass diese sektiererischen Gruppen den Seelen ihrer ordentlichen Mitglieder schaden. Weil nicht genügend Geld da ist, um die Leute zu bezahlen, werden sie belohnt, indem ihre erbärmlichen Egos ständig balsamiert werden . Jeder wird gelobt, wie herrlich er Kuchen gebacken hat, Eintrittskarten verkauft hat usw. usw. ...

Weiters ist Religion entweder eine Angelegenheit der Tat oder des des Wortemachens. Das erste ist ihr Hauptartikel und scheint unabhängig zu sein von der Lehrmeinung. Worte machen ist weitgehend eine Sache der Überkompensation und zeigt oft die Hauptschwäche von jemandem ... In ihrem Bestreben, Punkte gegenüber den Christen zu gewinnen, machen westliche Buddhisten viel aus mettâ (Freundlichkeit). Tatsächlich kommt es fast nie vor, dass man einen von ihnen über jemanden anderen sprechen hört ohne dass er irgendeine unfreundliche Bemerkung macht.

...

Ich bin mir bewusst, dass diese Ansicht recht unbequem wird, wenn man sie auf mich selbst anwendet. Dem Mahayana-Buddhismus ergeben, sollte ich Mitleid und Weisheit gleiche Beachtung schenken. Wenn ich mich betrachte, sehe ich, dass mein unbezweifelbares Mitleid engstens verbunden ist mit einer tiefsitzenden Grausamkeit ....

(3) In diesem Stadium menschlicher Geschichte kann man Buddhismus nicht in Reinzustand haben. Er kann nur als eine Komponente einer neuen Synthese existieren. ...

Dies sind meine Entschuldigungen, dass ich an der Wissenschaft hing und nicht mehr für die buddhistische Bewegung meiner Zeit getan habe."

Dieser Text zeigt viel Neobuddhistisches, doch dies war nicht der Grund, warum ich ihn so ausführlich zitierte. Auch nicht allein deshalb, weil ich es ganz gut finde, wenn man bei all den buddhistischen Gesellschaften, Vereinen usw. mit denen wir uns beschäftigen werden, auch solche Gedanken im Hinterkopf bleiben. Auch nicht um Conze's widerliche Menschenverachtung bloßzustellen. Ich habe den Text zitiert. um zu zeigen, dass wir einen großen Teil des Neobuddhismus nicht fassen können, nämlich den, der weder organisiert ist noch sich literarisch ausdrückt.


Zu 2.1: 2.. International: 1. Buddhismus und theosophische Bewegung