Quellenkunde zur indischen Geschichte bis 1858

13. Tibetische Quellen

1. Zum Beispiel: Tāranātha <1575 - 1634>: Geschichte des Buddhismus in Indien ( Rgya-gar ʾPhags-paʾi yul gyi chos ʾbyuṅ = dGos-dod-kun-'byuṅ) (1608), Kap. XIV - XVII.


hrsg. von Alois Payer

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Zitierweise / cite as:

Payer, Alois <1944 - >: Quellenkunde zur indischen Geschichte bis 1858. -- 13. Tibetische Quellen. -- 1. Zum Beispiel: Tāranātha <1575 - 1634>: Geschichte des Buddhismus in Indien ( Rgya-gar ʾPhags-paʾi yul gyi chos ʾbyuṅ = dGos-dod-kun-'byuṅ) (1608), Kap. XIV - XVII.  -- Fassung vom 2008-05-26 -- http://www.payer.de/quellenkunde/quellen131.htm              

Erstmals publiziert als:

TāranāthaJo-naṅ-pa <1575 - 1634>: Târanâtha’s Geschichte des Buddhismus in Indien / aus dem Tibetischen übersetzt von Anton Schiefner. -- Sankt Petersburg : Eggers, Commisonär der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, 1869. -- xii, 346 S. ; 22 cm. -- Originaltitel: Rgya-gar ʾPhags-paʾi yul gyi chos ʾbyuṅ (1608). -- S. 66 - 88

Erstmals hier publiziert: 2008-05-26

Überarbeitungen:

Anlass: Lehrveranstaltung FS 2008

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XIV. Die Begebenheiten zur Zeit des Brahmanen Rāhula.


Darauf ward Beherrscher von Aparāntaka der König Tschandanapāla: dieser König soll 150 Jahr gelebt und 120 Jahr regiert haben, er brachte den Tempeln und der Geistlichkeit große Opfer und es scheint nach den Erzählungen, dass keiner mehr als er sich um die Buddha-Lehre verdient gemacht habe. Zu der Zeit bat der Brahmane Indradhruva, ein Freund des Königs, nachdem er den Götterkönig herbeigebannt, von ihm die Wortlehre: das nach seinem Vortrage Niedergeschriebene ist unter dem Namen Indravyākaraṇa bekannt; es sind 25,000 Śloka's und man nannte das Werk die von dem Gott gelehrte Grammatik. Zu der Zeit als der König in die Herrschaft eingesetzt wurde, kam der große Ātschārya und Brahmane Rāhulabhadra nach Nālanda; er war von einem Paṇḍita Kṛischṇa geweiht [S. 67] und hatte  die Piṭaka's der Śrāvaka gehört; einige aber sagen, dass er von dem Bhadanta Rāhulaprabha geweiht worden sei, dass sein Paṇḍita aber Kṛischṇa gewesen. Allein dieser Kṛischṇa ist nicht derselbe, der in der Reihenfolge der Lehrer vorkommt. Obwohl er die Lehre von dem Ātschārya Avitarka und einigen anderen gehört hatte, hörte er hauptsächlich von Guhyapati und den anderen Obergöttern die Sūtra's und Tantra's der Mahāyāna-Lehre und verbreitete die Madhyamika-Lehre. Gleichzeitig mit diesem Ātschārya lebten die acht Mahābhadanta's der Madhyamika-Lehre, der Bhadanta Rāhulagarbha, Ghanasa und die andern. Dem Bhadanta Prakāśadharmamaṇi erschien der ehrwürdige Sarvanivaraṇavischkambhin persönlich und nachdem er die Geduld in der Lehre des Nichtgeborenwerdens erlangt hatte, schaffte er aus der Unterwelt den ehemaligen Mahāsamaya in 100,000 Punkten und 1000 Kapitel herbei. Ferner erlangten viele Schüler der ersten 500 Ātschārya's viele zuvor unbekannte Sūtra's und Tantra's und seit dieser Zeit stammen alle drei Gattungen von Tantra's: nämlich Kriyā-, Tscharyā- und Yoga-Tantra's und allerhand Werke aus dem Anuttarayoga, nämlich Guhyasamādscha, Buddhasamayoga, Māyādschāla u. s. w. Zu der Zeit erschien in der Stadt Sāketana der Bhikschu Mahāvirya, in dem Lande Vārāṇasi der Vaibhāschika-Mahābhadanta Buddhadeva, im Lande Kāśmīra der große Sūtra-Ātschārya Bhadanta Śrīlābha. Durch diese kam das Śrāvaka-Yāna in Ausbreitung. Hier ist zu merken, dass die vier Bhadanta's Dharmatrāta, Ghoschaka, Vasumitra und Buddhadeva, als die großen Ātschārya der Vaibhāschika's gelten und jeder von ihnen soll 100,000 Schüler gehabt [S. 68] haben. Als leitende Werke der Vaibhāschika's galten: der Kranz der drei Mischungen, die hundert Belehrungen, welche diese Ātschārya's verbreiteten. Man muss diesen Dharmatrāta nicht verwechseln mit Dharmatrāta, dem Sammler des Udānavarga, und diesen Vasumitra mit den zwei andern gleichnamigen Vasumitra's, von denen der eine Verfasser ist des Śāstraprakaraṇa, der andere des Samayabhedoparatschanatschakra. Nach der Biographie der ehrwürdigen Guhyasamādscha-Befließenen muss man in diese Zeit in dem Lande Oḍiviśa den König Visukalpa als Zeitgenossen des Königs Tschandanapāla versetzen. Um diese Zeit war im Kuru-Lande der Brahmane Dharmika, welcher in diesem Lande und der Umgegend 108 Buddhatempel und so viel Schulen errichtete, als es Gesetzes-Lehrer des Mahāyāna gab. In der Stadt Hastināpura erbaute der Brahmane Yogin, welcher von ausgezeichnetem Reichtum war, 108 Tempel und errichtete Schulen für 108 Gesetzeslehrer der Vinaya-Befließenen. Zu der Zeit erschien im Osten im Lande Bhangala der König Haritschandra, der erste aus dem Geschlechte der Tschandra. Auf dem Mantra-Wege erlangte er die Siddhi, errichtete alle Paläste aus den fünf Arten von Edelsteinen und auf der Oberfläche der Umfangsmauer ließ er Abbilder der Dreiwelt entstehen; an [S. 69] Wohlstand dem Reichtum der Götter gleichkommend, erreichte er mit der Umgebung von 1000 die Stufe eines Vidyādhara. Es ist die Zeit als Śrī-Saraha oder der Mahābrahman Rāhula Brahmatscharya war und die 500 Yogatscharyā-Lehrer aufkamen; endlich sollen im Laufe seines Lebens die meisten der Mahāyāna-Sūtra's mit Ausnahme des 100,000 Śloka's fassenden Pradschnāpāramitā entstanden sein. Der vierzehnte Abschnitt, die Begebenheiten zur Zeit des Brahmanen Rāhula.


XV. Die Begebenheiten zur Zeit als der ehrwürdige Nāgārdschuna die Lehre hütete.


Darauf hütete der Ātschārya Nāgārdschuna die Lehre und verbreitete außerordentlich das Madhyamika-System; er erwies großen Nutzen den Śrāvaka's, besonders nachdem er eine Menge von Bhikschu's und Śramaṇera's, welche die Lehrpunkte übertreten und unter der Geistlichkeit große Macht hatten, ausgestoßen hatte; es sollen deren gegen 5000 gewesen sein. Darauf erkannten ihn alle Schulen als ihren Herrn an. Zu derselben Zeit erschien der Bhadanta Nanda, der Bhadanta Paramasena, der Bhadanta Samyaksatya, welche drei das System der Yogātschārya's ergriffen und einige Śāstra verfasst hatten; da sie offenbar die Grundlage verkündeten, werden diese drei Bhadanta's die alten Yogātschāryas genannt und Asamga mit. seinem Bruder als spätere angesetzt, weshalb es klar ist, dass sie nicht Nachfolger von ihm waren. Der Ātschārya Nāgārdschuna gewährte 500 Gesetzesverkündern [S. 70] des Mahāyāna in Śrī-Nālanda viele Jahre hindurch Unterhalt, durch den Reichtum, welchen er durch die in Gold verwandelte Essenz erlangt hatte. Darauf bannte er die Göttin Tschandikā herbei. Als diese Göttin sich anschickte ihn nach dem Himmel mitzunehmen und in die Götterwohnung zu führen, sagte er ihr, dass es vor der Hand nicht nötig wäre dahin zu gehen, dass er sie aber herbeigebannt, damit sie, so lange die Lehre bestände, den Geistlichen des Mahāyāna den Lebensunterhalt schaffe. Auf diese Weisung ließ sie sich westlich in der Nähe von Nālanda, nachdem sie die Gestalt der Vaiśyabhadrā angenommen, nieder, der Ātschārya aber schlug in dem aus Stein erbauten Mandschuśrī-Tempel einen großen Khadira-Keil von der Schwere einer Manneslast an einer sehr hohen großen Wand ein und befahl ihr so lange bis dieser Keil in Asche verwandelt worden die Geistlichkeit zu unterhalten. Nachdem sie zwölf Jahre hindurch die Geistlichkeit mit allem Bedarf versehen hatte, geschah es, dass endlich ein Taugenichts von Śramaṇera, der den Dienst versah, ihr fortwährend Liebesanträge machte, sie zwar nichts antwortete, einmal ihm aber sagte, dass sie mit ihm zusammenkommen würde, wenn jener Khadira-Keil in Asche verwandelt worden wäre. Als durch diesen schlechten Śramaṇera jener Khadira-Keil verbrannt und in Asche verwandelt worden war, verschwand die Göttin auf der Stelle. Darauf errichtete deshalb der Ātschārya 108 Lehrsitze in den 108 Tempeln, stellte in jedem ein Bildnis des Mahākāla auf und übertrug ihm die Erfüllung der Lehre. Ferner zur Zeit als ein Elefant in Vadschrāsana dem Bodhibaum einen großen Schaden zugefügt hatte, errichtete er hinter dem Bodhibaum zwei Steinsäulen, worauf viele Jahre keine Beschädigung stattfand: als aber wiederum eine solche eintrat, stellte man auf jede Steinsäule Mahākāla reitend auf einem Löwen und eine Keule haltend, was sich auf eine Reihe von Jahren als nützlich erwies; als wiederum eine Beschädigung stattfand, umgab man den Baum mit einer [S. 71] steinernen Umgitterung, hinter welcher man 108 Tschaitya's mit Götterbildern errichtete. Das segensreiche Frucht-Ansammlung-Tschaitya wurde mit einer Mauer umgeben und innerhalb der Mauer 108 Tempel erbaut. Zur Zeit als der östlichen Seite von Vadschrāsana durch Wasser großer Schaden zugefügt worden war, errichtete man in Gestalt eines Dammes sieben Steinblöcke, auf denen ein Muni-Bild mit abgewandten Gesicht ausgehauen war, und wehrte so den Wasserschaden ab. Es hießen diese die sieben Dämmungs-Muni's. Da das Wort Tschhu-lon eine Bezeichnung des Dammes ist. so sagen nur Unwissende, dass die Bildnisse so benannt sind, weil sie eine dem im Wasser entstehenden Abbilde ähnliche Gestalt annehmend gemacht seien. Wenn man sagt, dass diese Bildnisse zu der Zeit entstanden seien, als Utrayana bekehrt wurde, so widerspricht dies offenbar dem Vinaya-Texte und es zeigt die eigene Natur dieser beiden, die so erzählen. Gleichzeitig hiermit erlangte im Lande Oḍiviśa der König Mundscha mit einer Schar von 1000 die Gestalt von Vidyādharas und im Westen in einer Gegend Mālava's Toḍhahari erreichte; der König Bhodschadeva mit einer Umgebung von 1000, indem er den Weg Mantra der Unsichtbarkeit u. s. w. einschlug, die Siddhi. Darauf erlangte der Ehrwürdige viele Dhāraṇī's und die Satasāhasrikapradschnāpāramitā, welche die Śrāvaka's als von Nāgārdschuna verfasst ansehen. Nach dieser Zeit sind keine Mahāyāna - Sūtra's neu hinzugekommen. Um den Streit der die Existenz der Materie annehmenden Śrāvaka's zu beseitigen verfasste er die fünf Nyāya-Sammlungen und andere Werke. Die tibetischen Geschichten melden, dass in dem von dem [S. 72] Bhikschu Saṃkara zur Widerlegung des Mahāyāna verfassten Nyāyālaṃkāra genannten Śāstra 1,200,000 Śloka's angegeben worden, allein übereinstimmend geht aus drei indischen Geschichtswerken hervor, dass es 12,000 Śloka's waren. Im Osten wurden in Paṭaveśa oder Pukam und in Oḍiviśa, Bhangala und Rādhā viele Tempel errichtet. Zu der Zeit errichtete in Magadha der Brahmane Suvishṇu in Śrī-Nālanda 108 Tempel und, damit das Abhidharma des großen und kleinen Yāna's nicht unterginge, 108 Schulen der Abhidharma-Lehre. Gegen das Ende seines Lebens begab sich der ehrwürdige Nāgārdschuna in die Gegenden dos Südens und nachdem er den König Udayana bekehrt, schützte er viele Jahre die Lehre. Im Süden im Lande Dravali waren die beiden Brahmanen Madhu und Supramadhu von undenkbarem Reichtum, welche mit dem Ātschārya Nāgārdschuna sich in einen Wettkampf einließen in den Kenntnissen der Brahmanen, in den vier Veden und 18 Wissenschaften u. s. w.; die Brahmanen hatten aber nicht den hundertsten Teil des Wissens, welches der Ātschārya besaß, erreicht. Die beiden Brahmanen sprachen: «O du Brahmanensohn, welcher bis auf den Grund alle Śāstra's, welche sich auf die drei Veden beziehen, erlernt hast, weshalb bist du Śākya-Śramaṇa geworden?» Als ihnen Nāgārdschuna darauf das Nichtzulobende der Veden und das Lobenswerte des Gesetzes auseinandergesetzt hatte, wurden sie sehr gläubig und erwiesen dem Mahāyāna Verehrung. Als der [S. 73] Ātschārya sie darauf in die Mantra's eingeweiht, bannte der erstere die Sarasvatī, der zweite die Vasudharā und beide unterhielten 250 Mahāyāna-Verkünder; der erstere ließ die hunderttausend Śloka fassende Pradschnāpāramitā in einem, zweien oder dreien u. s. w. Tagen abschreiben und gab deshalb den Bhikschu's viele Exemplare, der zweite versah die Geistlichkeit mit jeglichem Bedarf. Da nun dieser Ātschārya durch Hören, Verkünden, Betrachten, Erbauung von Tempeln und Unterhalt der Geistlichen, durch Wirken zu Gunsten der Nicht-Menschen, durch Widerlegung der Angriffe der Tīrthya's u. s. w. auf alle mögliche Weise die treffliche Lehre aufrecht erhalten hat, ist er der unvergleichliche Wohltäter der Mahāyāna-Lehre. Da ich des großen Brahmanen und des ehrwürdigen Nāgārdschuna Lebensgeschichte in der Geschichte der sieben Übergaben des Buddha Wortes oder der Erzählung, welche der Fundgrube von Edelsteinen gleicht, auseinandergesetzt habe, so ist das hier zu wissen (so wird dies hier vorausgesetzt). Der König Udayana lebte 150 Jahre, dieser Ātschārya aber, wie einige annehmen, 71 Jahr weniger als 600, nach anderen aber 29 Jahr weniger als 600; folgen wir der ersten Ansicht, so soll er 200 Jahr in Madhyadeśa, 200 Jahr im Süden, 129 Jahr auf Śrīparvata gelebt haben, offenbar eine vorläufige Berechnung, wobei mein Lehrer und Paṇḍita meinte, dass ein halbes Jahr für ein ganzes gerechnet worden sei. Die andere Meinung ist der ersten in allem andern ähnlich, nur nimmt sie an, dass er 171 Jahr auf dem Śrīparvata gelebt. Da er das Lebenselixier gezaubert hatte, erhielt seine Haut Edelsteinfarbe. Durch die Betrachtung auf dem Śrīparvata erreichte er die erste Bodhisattva-Stufe und sein Körper wurde mit den 32 Merkmalen geschmückt. Der Freund desselben Ātschārya, der Ātschārya und Brahmane Vararutschi lebte, als Purohita des Königs Udayana. Zu der Zeit kannte eine jüngere Gattin des Königs ein wenig die [S. 74] Grammatik, der König kannte sie aber nicht. Zur Zeit als sie im Lusthain im Wasser spielten und der König sie mit Wasser bespritzte, sagte sie zu ihm: mamodakāsiṃtscha d. h. in tibetischer Sprache «Bespritze mich nicht mit Wasser». Der König aber verstand in Übereinstimmung mit der Sprache des Südens einen in Sesamöl gekochten Erbsenkuchen und gab ihr einen solchen. Da dachte die Königin, dass es besser sei zu sterben als mit einem solchen ochsengleichen Könige zu leben und schickte sich an sich zu töten, wurde aber vom Könige ergriffen, welcher sich ans Lernen der Sprache machte und von dem Brahmanen Vararutschi fleißig lernte, allein da er nicht im Geringsten vorwärts kam, nahm er Unterricht vom Ātschārya Saptavarman. Die Geschichte des Ātschārya Vararutschi ist folgende. Der der Buddha-Lehre eifrig ergebene Brahmane, welcher der sechs Werke beflissen war und zu der Zeit als der ehrwürdige Nāgārdschuna Paṇḍita in Nālanda war, mit ihm bekannt wurde, stammte aus dem östlich von Magadha gelegenen Lande Tschhagala. Als er 12 Jahre hindurch das ehrwürdige Avalokiteśvaramantra hergesagt hatte und ihm endlich ein Brandopfer mit Zurüstung von 400,000 in Gold gebracht hatte, erschien Avalokiteśvara offenbar und fragte, was er wolle. Ich wünsche durch die acht großen Siddhi's das Wohl aller belebten Wesen zu bewirken, und dass du Mahākāla zu meinem Diener machest». Als ihm dies gewährt war, konnte er fortan jeden Zauber nach Wunsch vollziehen und durch die acht Siddhi's, die Kügelchen u. s. w. erwies er tausendfach den belebten Wesen Nutzen; die 8000 Siddhi-Besitzer erkannten ihn als ihren Lehrer an, und alle Wissenschaften hatte er von selbst inne ohne sie gelernt zu haben. Als er sich darauf nach dem Süden begeben hatte, wohnte er im [S. 75] Lande des mit großem Reichtum versehenen Königs Śāntivāhana und nachdem er dort durch die Mantra's und Tantra's den lebenden Wesen Nutzen schaffend gelebt hatte, erwies er, als er nach Varāṇasī kam, wo zu der Zeit der König Bhīmaśukla herrschte, den lebenden Wesen noch größeren Nutzen. Zu dieser Zeit wird Kālidāsa's Leben eingefügt. Als er darauf nach dem Süden gekommen war und dort der König Udayana die Sprache lernen wollte, aber keinen Lehrer finden konnte, welcher Pāṇini's Buch vollständig kannte und als er erfahren, dass der Nāgarādscha Śescha den Pāṇini vollständig kenne, so rief der Brahmane Vararutschi diesen durch die Kraft der Mantra's herbei und vermochte ihn eine ausführliche Erklärung des ganzen Sinnes von Pāṇini in 100,000 Śloka's zu geben, welche der Ātschārya niederschrieb; beide waren aber durch einen Vorhang getrennt. Als 20,000 Śloka's vorüber waren, wünschte der Ātschārya zu seilen, welcher Art sein Körper wäre, lüftete den Vorhang und erblickte eine große sich hinstreckende Schlange, welche voll Schande davon lief. Darauf schrieb der Ātschārya selbst die Erklärung weiter, aber es sind dort nicht mehr als 12,000 Śloka's. Diese beiden Werke zusammen sind bekannt unter dem Namen der von dem Nāga gelehrten Grammatik, Ks wird dort von der Sprache und anderen Wissenschaften vielfach gelehrt. Endlich soll ihn Mahākāla auf seine Schultern genommen und ihn auf den Gipfel des Sumeru nach Pāridschātaka getragen haben. Da der König Udayana der von dem Ātschārya Vararutschi gemachten Erklärung nicht traute, befahl er dem Brahmanen Saptavarman den Schaṇmukhakumāra zu bannen. Als dieser herbeigebannt war, fragte er, was er wolle. «Gib mir das Indravyākaraṇa». Als der Gott nur die Worte Siddhovarṇasamāmnaya ausgesprochen hatte, erfasste er die Bedeutung aller der Laute. Früher wurde in den in Tibet bekannten Geschichten erzählt, dass Schaṇmukhakumāra vom Kalapa die vier ersten Kapitel diktiert habe und Kalāpa als Zusammenfügung [S. 76] der Teile zu fassen sei, so wie in den Pfauenschweiffedern die verschiedenfarbigen Teile zusammengefügt werden. Allein es verhält sich nicht so: Kalāpa ist von Saptavarman selbst verfasst und die Bedeutung Zusammenfassung der Teile ist die, dass alle nötigen Teile zusammengefasst sind. Ebenso wird der Name dieses Ātschārya falsch als Īśvaravarman erklärt, wie sich die Form Sarvavarman fälschlich eingeschlichen hat; Saptavarman bedeutet aber: Siebenpanzer. Kālidāsa's Biographie ist diese. Zu der Zeit als der Brahmane Vararutschi in ehrenvoller Stellung beim König von Vārāṇasi Bhīmaśukla war, wollte der König seine Tochter Vāsantī dem Brahmanen Vararutschi zur Frau geben. Vāsantī aber aus Stolz wollte, weil sie sich für gelehrter hielt, nicht seine Dienerin sein. Da gedachte Vararutschi sie durch List zu täuschen und sagte dem Könige: «Meinen gelehrten Lehrer, der hundertfach klüger ist als ich, lade ein und gib ihm die Väsantī». Fr sah einen magadhaschen Rinderhirten von schöner Gestalt, welcher auf dem Ende eines Baumastes sitzend, die Wurzel des Astes mit der Axt schlug; als er diesen als sehr dumm erkannt hatte, rief er ihn herbei; nach einigen Tagen Badens und Salbens voll Sorgfalt kleidete er ihn in die Tracht eines brahmanischen Paṇḍits, brachte ihm nur den Spruch om svasti bei und befahl ihm, wenn er mitten vor dem Könige und seiner Umgebung stände, dem Könige Blumen zuwerfend om svasti zu sagen, wenn ihn aber ein anderer fragte, keine Antwort zu geben. Als er nun dies ausführte und dem Könige Blumen zuwarf, sagte er uśaṭara. Da deutete der Ātschārya den Sinn der vier Silben; indem er sie für einen Segenswunsch ausgab:


Umayā sahito Rudraḥ, Śaṃkarasahito Viṣṇuḥ ṭaṃkāraśūlapāṇiś ca rakṣantu Śivaḥ sarvadā, [S. 77]

was ins Tibetische übersetzt also lautet:
Rudra sammt Umā, Vischṇu samt Śaṃkara Und der den sausenden Wurfspieß tragende Śiva mögen immerdar schützen!

Darauf fing Vāsantī an ihn um den Wortsinn u. s. w. zu fragen, er jedoch antwortete nichts. Vararutschi aber sagte: «Weshalb soll dieser mein gelehrter Lehrer auf die frage eines Weibes antworten?» Nachdem der Brahmane Vararutschi so den Kopf vorwirrt hatte, entwich er nach dem Süden. Als der Ehemann nach allen Tempeln geführt wurde, sprach er kein Wort: nachdem er aber endlich an der Außenwand eines Tempels die Gestalten verschiedener Thierse abgebildet und das Bild eines Ochsen erblickt hatte, freute er sich und nahm die Haltung eines Rinderhirten an. Da rief Vāsantī aus: «O Weh. es ist ein Rinderhirt» und erkannte, dass sie angeführt worden war. Sie meinte: «Wenn er klug ist, werde ich ihn die Sprache lehren», als sie ihn aber prüfte, erkannte sie, dass er sehr stumpfsinnig war. In Zorn geraten schickte Vāsantī ihren Mann alltäglich um Blumen zu pflücken. In einer Gegend Magadha's war ein von einem göttlichen Künstler angefertigtes Bildnis der Göttin Kali. Zu diesem brachte er täglich reichlich Blumen, verneigte sich und betete voll Andacht. Als Vāsantī einstmals der Göttin ein Opfer darbrachte und er bei Tagesanbruch Blumen pflücken gegangen war, hatte sich eine Dienerin der Vāsantī des Scherzes halber Kügelchen kauend hinter dem Gestell des Bildnisses versteckt. Als der Rinderhirt wie früher betete, gab ihm diese Dienerin ein Endstück der gekauten Kugel in die Hand, er aber verschluckte es, indem er glaubte, dass die Göttin wirklich dasselbe gegeben habe. Auf der Stelle erhielt er einen unbehinderten Verstand und wurde ein großer Kenner der Dialektik, der Grammatik und der Poesie. Als er in der rechten Hand einen Tageslotus (padma). in der linken einen Nachtlotus (utpala) hielt und Vāsantī ihn fragte, was er wünsche, ob den schönen Tageslotus [S. 78]  mit grobem Stängel oder den kleinen Nachtlotus mit zartem Stängel, antwortete er: «In meiner Rechten den Tageslotus, in der Linken gleichfalls den Nachtlotus, ob mit zartem oder grobem Stängel, nimm, welchen du willst, o Lotusäugige». Als die Frau nun erkannte, dass er klug geworden war, fing sie an ihn in hohen Ehren zu halten, und da er der Göttin Kali so große Verehrung bezeigt hatte, wurde er Kālidāsa d. h. der Knecht der Schwarzen benannt. Zu derselben Zeit wurde er der Scheiteledelstein aller Dichter, verfasste die acht Boten. den Wolkenboten (Meghadūta) und die übrigen, Kumārasaṃbhava und die übrigen poetischen Śāstra's. Sowohl er als auch Saptavarman gehören beide zu den Heterodoxen. Zu der Zeit lebte im Lande Li der Arhant Saṃghavardhana und ferner aus der Zahl der Vaibhāschika-Lehrer in Tukhāra der Ātschārya Vāmana, in Kāśmīra Kuṇāla, in der Mitte von Aparāntaka Kschemaṃkara, im Osten der Ātschārya Saṃghavardhana; von den Sautrāntika-Ātschārya's im Westen der Bhadanta Kumāralābha, von denen jeder eine Menge von Schülern hatte. Als zu der Zeit der König Haritschandra samt seiner Umgebung einen Regenbogen-Körper erlangt hatte und keine Nachkommenschaft da war, war es die Zeit, da sein Neffe Akschatschandra und dessen Sohn Dschayatschandra die Herrschaft ausübten: obwohl beide das treffliche Gesetz ehrten, ist die Erzählung ihrer großen Verdienste um die Lehre nicht vorhanden. Im Süden erlangte der König Haribhadra mit einem Gefolge von 1000 Mann die Kügelchen-Siddhi. Seit dem Aufkommen der Mahāyāna bis zu der Zeit sind hunderttausend Menschen je zu tausend Vidyādhara's [S. 79] geworden. Zu der Zeit kam zuerst der Mletschtschha-Glaube auf. Während einige sagen, dass er seinen Anfang genommen habe um die Zeit, da der Bhadanta Śrīlābha starb, behaupten andere, dass es ein Schüler von Kuṇāla gewesen sei. Es gab einen sehr gelehrten, allein ungläubigen Sautrāntika, Kumārasena genannt, der als er wegen Übertretung der Gelübde aus der Geistlichkeit ausgestoßen war, in große Aufregung geriet und eine Lehre zu stiften beschloss, welche mit der Buddhalehre wetteifern könnte. Er begab sich in das jenseits von Tukhāra gelegene Land Schulik, änderte seinen Namen in Māmathar, wechselte seine Tracht und entwarf die Mletschtschha-Lehre, welche Beeinträchtigung lehrt und versteckte sie in dem Aufenthaltsort des aus dem Asura-Geschlechte stammenden Großdämons Biślimli. Durch den Māra gesegnet vollzog er vielfach Zaubersprüche, namentlich des Sieges im Kampfe und die übrigen. Zu der Zeit sammelte im Lande Khorasan eine Jungfrau aus der Brahmanenkaste täglich viel Blumen und nachdem sie dieselben angehäuft hatte, brachte sie sie teils den Göttern als Opfer dar teils verkaufte sie auch andern. Einmal sprang aus der Mitte des Blumenhaufens eine Katze hervor und drang in ihren Leib, wodurch sie schwanger wurde. Nach Jahresfrist wurde ein sehr kräftiger Knabe geboren, welcher herangewachsen alle gleichaltrigen Knaben schlug und alle Tiere tötete, weshalb der Landeshauptmann ihn in den Wald hinaustrieb. Aber auch dort schlug er die ihm begegnenden Menschen in Händen, machte einige zu seinen Sklaven, tötete verschiedene wilde Tiere und lebende Wesen des Waldes und gab das Fleisch, die Knochen und das Fell den Menschen. Als der König dies vernommen hatte, ihn ausforschte und fragte, sagte er: «Ich [S. 80] bin weder Brahmane noch Kschatriya, Vaiśya oder Śūdra und da niemand da ist, welcher mir das Gesetz der Kaste überliefert hätte, pflege ich darob erzürnt zu schlagen, Wenn es jemand gäbe, der mir das Gesetz der Kaste überliefern würde, so würde ich dessen Gebote erfüllen». Auf die Frage des Königs, wer ihm das Gesetz der Kaste übergeben werde, sagte er, dass er selbst ihn suchen werde. Im Traume von Māra angewiesen, fand er das früher verborgene Werk, Als er dasselbe gelesen hatte, hing er demselben gläubig an und dachte, wer wohl ein solches lehren würde. Auf Anweisung des Māra traf er mit Māmathar zusammen und erhielt von ihm Anleitung. Derselbe brachte auch Zaubersprüche in Ausführung und wurde samt einer Schar von 1000 Mann Mletschtschha-Ṛischi, welche Paikhampa genannt weiden. Als er sich in das bei Makha gelegene Land begeben hatte, lehrte er die Brahmanen und Kschatriya's seine falsche Lehre und daher kommen die Königsgeschlechter der Saita und Turuschka. Dieser Lehrer wurde bekannt unter dem Namen Ardho und dies war der erste Anfang der Mletschtschha-Lehre. Der fünfzehnte Abschnitt, die Begebenheiten zur Zeit, als der ehrwürdige Nāgārdschuna die Lehre hütete.


XVI. Das Entstehen des ersten Feindes der Lehre und ihre Wiederherstellung.


Die Könige Akschatschandra und Dschayatschandra beherrschten beide das Aparāntaka-Reich, waren von großer Macht und weil sie drei Kostbarkeiten verehrten, wurden sie in die Zahl der sieben Tschandra's gerechnet. Dschayatschandra's Sohn war Nematschandra, dessen Sohn Phaṇitschandra, dessen Sohn Bhamsatschandra, dessen Sohn Sālatschandra — da diese nicht mächtig genug waren, wurden sie weder in der Zahl der sieben noch der zehn Tschandra's gezählt. Nicht lange nachdem [S. 81] der König Nematschandra die Herrschaft ausgeübt hatte, lehnte sich Puschyamitra, der Purohita des Königs, auf; als er die Herrschaft ausübte, kam ein altes Weib, das mit diesem Brahmanen verwandt war, in einer Angelegenheit nach Nālanda und als die Lärmscheibe beim Schlagen den Ton phaṭṭaya von sich gab, fragte sie die lautkundigen Brahmanen; es ergab sich, dass diese Laute die Zersplitterung der Hirnschale der schlechten Tīrthya's bedeuteten. Nach Angabe der früher in Tibet entstandenen Geschichten heißt es, dass die Deutung gewesen sei: «Wenn diese Spitze der drei Kostbarkeiten, welche von den Göttern, Nāga's und Ṛischi's verehrt wird, geschlagen wird, werden die Hirnschalen der irrenden Tīrthya's zertrümmert», der Ton der Lärmscheibe aber 'gems, welches nach der indischen Sprache in der Bedeutung in viele Stücke schlagen» gefasst werden muss. Diejenigen aber, welche annehmen, dass das tibetische Wort 'gems ertönt, sei und welche 'gems in der Bedeutung trocken» lassen wollen, sind Gegenstand des Gelächters. Es erhob der Brahmanenkönig Puschyamitra samt den übrigen Tīrthya's Krieg, verbrannte von Madhyadeśa bis Dschalaṃdhara eine Menge von Vihāra's, tötete auch einige gelehrte Bhikschu's, größtenteils entflohen letztere aber in andere Gegenden. Puschyamitra selbst starb nach fünf Jahren im Norden. In Gemäßheit von dem Ausspruche (des Buddha), dass die Lehre des Lehrers in den ersten 500 Jahren immer mehr zunehmen, dann aber 500 Jahre eine Zeit der Abnahme sein werde, stieg, während Nāgārdschuna in Madhyadeśa die Lehre hütete, Anleitung erteilte, Tempel errichtete u. s. w., die Lehre immer mehr und nahm zu; als Nāgārdschuna in der Gegend des Südens für das Heil der Wesen wirkte, und zu der Zeit die Religion der Mletschtschha's begann, als er sich auf dem Śrīparvata aufhielt [S. 82] und der Brahmanenkönig Puschyamitra Beeinträchtigung unternahm, war durch diese Ereignisse offenbar, dass der Anfang der Abnahme begonnen habe. Darauf herrschte der König Phaṇitschandra in Magadha. Zu der Zeit lebte im Osten, in Gauda, einem Teile Bhangala's, der König Gauḍavardhana, welcher großen Reichtum und große Macht besaß. Dieser stellte alle früheren in Verfall geratenen Vihāra's wieder her und verbreitete die Gesetzes-Schulen. Der Sthavira Sambhūti erwies der Lehre große Verdienste, verbreitete die Piṭaka's der Śrāvaka's und errichtete in Magadha 60 Religionsschulen. Zu der Zeit lebte im Westen in Bāgad, einer Stadt Multans, ein der Mletschtschha- Lehre ergebener König der Perser und Śāker, Namens Hallu, er hatte eine große Macht von etwa 100,000 Reitern; es soll dies der Anfang des Aufkommens der Mletschtschha-Lehre in Indien gewesen sein. Gegen Ende der Zeit des Königs Bhaṃsatschandra und zur Zeit Sālatschandra's lebte im Osten der Brahmane Kāśidschāta, welcher alle früheren Religionsschulen voll Verehrung ausstattete, besonders in der Stadt Svanarghavo in Bhangala 64 Gesetzesverkündigern und deren Zuhörern, deren jeder zehn hatte, Lebensunterhalt gewährte und so die in Verfall geratene Lehre wieder aufrichtete. Dies trug sich zu zu der Zeit, da der Ātschārya Nāgārdschuna sich auf dem Śrīparvata aufhielt, und in der nicht lange darauf folgenden Zeit. Der sechszehnte Abschnitt, das Entstehen des ersten Feindes der Lehre und ihre Wiederherstellung. [S. 83]


XVII. Begebenheiten zur Zeit des Ātschārya Āryadeva und der übrigen Ātschārya's.


Darauf lebte des Königs Sālatschandra Sohn Tschandragupta; weil dieser von sehr großer Macht war, wird er zu den zehn Tschandra's gerechnet, da er aber Tugend und Sünde durch einander ausübte, auch nicht zu dem Buddha seine Zuflucht nahm, wird er nicht zu den sieben Tschandra's gezogen. Zur Zeit dieses Königs hütete weithin in Śrī-Nālanda die Lehre der Ātschārya Āryadeva und der Ātschārya Nāgāhvaya. Von diesen wurde der Ātschārya Āryadeva, wie es bei den Tibetern sehr bekannt ist, in dem Lusthain des Königs von Siṃhadvīpa aus einem Lotus übernatürlich geboren und vom Könige an Sohnes Statt erzogen. Als er endlich des Ātschārya Nāgārdschuna Schüler geworden war, sollen zur Zeit als Nāgārdschuna noch am Leben war einige, welche den Tīrthya Durdarschakāla zu bekehren wünschten, samt dem Karṇaripa unerreichbare Siddhi erlangend auf der Stelle einen Regenbogen-Körper erlangt haben. Da hier in Tibet solche Erzählungen, ob sie richtig oder unrichtig sind, sehr bekannt und bei allen Leuten verbreitet sind, so würde, wenn etwas anderes, auch wenn es sehr wahr wäre, gesagt würde, dasselbe kein Gehör finden. Wenn nun offenbar zum Missbehagen hier die Wahrheit gesagt werden soll, so behauptet der Ātschārya Tschandrakīrti in dem Kommentar zu den 400 Śloka's, dass er ein Sohn des Königs von Siṃhaladvīpa gewesen, auch in den Quellen der Geschichte von Āryadeśa heißt es bekanntlich [S. 84] ebenfalls, dass er als ein mit Merkmalen versehener Sohn des Königs von Siṃhaladvīpa Pantschaśriṅga geboren sei, dann herangewachsen obwohl als Thronerbe eingesetzt dem geistlichen Stande über die Maßen sich zugeneigt habe, von dem Paṇḍita Hemadeva in den geistlichen Stand aufgenommen und geweiht worden sei. Nachdem er den Dreikorb vollständig in sich aufgenommen hatte, kam er, um die Tempel und Tschaitya's verschiedener Länder zu sehen, nach Dschambudvīpa. Kurz bevor der Ātschārya Nāgārdschuna aus dem Lande des Königs Udayana sich nach Śrīparvata begeben hatte, traf er mit ihm zusammen, verrichtete auf dem Śrīparvata den Dienst beim Ātschārya, welcher ihn vieler Siddhi's, obenan des Lebenselixiers u. d. ü. teilhaft werden ließ und ihm endlich die Lehre des Kern-Sinnes überlieferte. Nach dem Hingange des Ātschārya Nāgārdschuna wirkte er in den ihm zunächst gelegenen Gegenden des Südens durch Betrachtung, Hören, Vortrag u. s. w. für das Heil der belebten Wesen, erlangte von den Berg-, Baum- und den andern Göttern den Bedarf und errichtete 24 Vihāra's, und indem die Yakschiṇī Subhagā den Lebensunterhalt lieferte, errichtete er in jedem eine Schule der Mahāyāna-Lehre. Zu der Zeit bekämpfte der im Osten im Lande Nalina, in der Stadt Khorta geborene Brahmane Durdarschakāla nach allen Ländern kommend die Buddha-Lehre und brachte sie zu Fall. Als er nach Śrī-Nālanda gekommen war und die Buddha Gläubigen mit ihm nicht streiten konnten, schrieben sie einen Brief an Āryadeva um ihn einzuladen und brachten dem Māhākala ein Opfer, wobei aus dem Innern des von selbst gekommenen Steinbildes des Mahākāla eine Krähe aufflog; an ihren Hals befestigte [S. 85] man den Brief, sie aber flatterte nach dem Süden, übergab dem Ātschārya den Brief und da der Ātschārya selbst die Zeit der Bekehrung wusste, kam er mit Hülfe von Schnelllaufgerät herbei. Als unterwegs ein Weib aus einem Tīrthya-Geschlecht zur Erlangung einer Siddhi das Auge eines gelehrten Bhikschu bedurfte und ihn um das eine Auge bat, gab er ihr dasselbe und gelangte in Zeit einer Stunde nach Nālanda. Dort waren die Tīrthya Stützen Bhaginī Paṇḍita, Śuka und Khaṭika durch den Upāsaka Kākola, Viḍāla und Tailaghaṭa besiegt; er band alle Seiten durch Zaubersprüche und umgab sie mit zerlumpten Gewändern, so dass Maheśvara selbst nicht in den Bereich eintreten konnte und nachdem er einen langwierigen Streit geführt hatte, wies der Ātschārya den Gegner dreimal zurück. Als letzterer durch die Kraft der Zaubersprüche durch die Luft entweichen wollte, band der Ātschārya ihn durch Mantra's, ergriff ihn und setzte ihn in einem Vihāra ins Gefängnis, wo er Werke las. Als er ein ihn selbst vorherverkündendes Sūtra gesehen hatte, bereute er seine früheren der Lehre feindlichen Handlungen, wurde immer gläubiger gegen den Buddha, trat in den geistlichen Stand und erfasste in kurzer Zeit den Dreikorb. Darauf lebte auch Āryadeva lange Zeit in Nālanda, begab sich [S. 86] endlich in den Süden, wirkte sehr für das Heil der belebten Wesen und, nachdem er in dem bei Kāntschi gelegenen Raṅganātha die Kern-Sinn-Lehre dem Rāhulabhadra übergeben hatte, starb er. Gleichzeitig mit dem Ātschārya Āryadeva verfasste in der südlichen Gegend der Ātschārya Nāgāhvaya, der eigentlich Tathāgatabhadra hieß, aber von den Nāga's eingeladen, siebenmal sich in das Nāga-Land begeben hatte, Kommentare zu vielen Mahāyāna-Sūtra's und eine kleine Erläuterung zu Vidschnānamadhya. Auch das jetzt ins Tibetische übersetzte Loblied auf die drei Körper ist von diesem Ātschārya verfasst, besonders ist aber von diesem Ātschārya das Lob der Wesenheit benannte Śāstra verfasst, welches man zu der Zeit im Süden in Vidyānāgara und andern Städten als Tathāgatagarbhagāthā von den Knaben und Mädchen angefangen sang. Als eben dadurch die Lehre weit verbreitet worden war, wirkte er wieder lange als Paṇḍita in Śrī-Nālanda. Auch dieser Ātschārya ist ein Schüler Nāgārdschuna's. Ferner hatte im Osten im Lande Bhangala ein altes Brahmanenpaar einen Sohn; da sie an Vermögen arm waren, verlieh ihnen der Ātschārya Nāgārdschuna viel Gold, wodurch sie überaus gläubig wurden und alle drei wurden sie seine Schüler. Dieser Sohn, welcher in der Nähe des Ātschārya weilte und die Siddhi der Lebensessenz erlangt hatte, dann in den geistlichen Stand trat und im Dreikorb Gelehrsamkeit erwarb, ist der Ātschārya Nāgabodhi Auch dieser war, so lange Nāgārdschuna [S. 87] lebte, der Diener des Ātschārya, nach seinem Hinscheiden aber lebte er in einer tiefen Höhle am Abhange des Śrīparvata,. und erreichte, da er sich zwölf Jahre lang unausgesetzt der Betrachtung hingegeben hatte, die vorzüglichste Siddhi der Mahā-mudrā und verbrachte, der Sonne und dem Monde gleich geworden, an derselben Stelle sein Leben. Die Aufeinanderfolge (Zusammensetzung) seines Namens ist zwiefach: Nāgabodhi «Schlangen-Einsicht» und Nagabuddhi «Schlangen-Klugheit». Auch lebte damals der Zauberkundige Śiṅgkhapa. Als der Ātschārya Nāgārdschuna mit einer Schar von tausend Schülern im Norden auf dem Uśira-Berge weilte, erwies sich ein Schüler so stumpfsinnig, dass er nicht einmal einen einzigen Śloka im Laufe mehrerer Tage auswendig lernen konnte. Als der Ātschārya ihm zum Scherz gesagt hatte: «Stelle dir vor, dass auf deinem Haupte Hörner wachsen», gab er sich der Betrachtung hin und, da er eine gar scharfe Einbildungskraft hatte, schuf er sofort fühl- und sichtbare Merkmale, so dass die Hörner an die Höhle, in welcher er seinen Sitz hatte, reichten. Als darauf der Ātschārya erkannt hatte, dass er scharfes Vermögen habe, hieß er ihn sich vorstellen, dass die Hörner schwänden, worauf sie verschwanden. Als er ihm darauf einige Besonderheiten des Nischpannakrama vorgetragen und ihn in Betrachtung versenkt hatte, erlangte er bald darauf die Mahāmudrāsiddhi. Darauf beschaffte der Ātschārya mit seiner Schar in sechs Monaten die Quecksilber-Essenz; als er dieselbe zu Stande gebracht hatte, verteilte er an jeden Schüler ein Kügelchen. Śiṅkhapa berührte die seinige mit dem Kopfe, warf sie hin, wohin es ihm beliebte [S. 88] und ging davon. Als der Ātschārya den Grund fragte, sagte er: «Ich bedarf dergleichen nicht; wenn der Ātschārya selbst dergleichen wünscht, so bereite er selbst Gefäße, welche mit Wasser angefüllt sind». Als man nun dort tausend große Weingefäße mit Wasser angefüllt hatte, und der Hain voll zu sein schien, wurden, als ein Tropfen seines Harns in jedes Gefäß getröpfelt war, alle durch die hervorgezauberte Essenz zu Goldwasser. Darauf verbarg der Ātschārya Nāgārdschuna dieselben alle in einer schwer zugänglichen Felsenhöhle an einer Seite des Berges und hatte den Wunsch, dass sie zum Nutzen der zukünftigen lebenden Wesen dienen möchten. Der stumpfsinnige Zauberkundige hieß Śiṅgkhipa d. h, der Gehörnte. Obwohl der Ātschārya Mahāśākyamitra in der Tat als Nāgārdschuna's Schüler gilt, habe ich seine Biographie weder gesehen noch von derselben gehört. Des großen Zauberkundigen Śāvari Lebensgeschichte habe ich in der Geschichte «Edelstein-Fundgrube» auseinandergesetzt. Der Zauberkundige Mātaṅga gilt zwar auch als Schüler von Nāgārdschuna und seinen Jüngern, allein er gehört nicht in diese Zeit, sondern erschien später. Der siebzehnte Abschnitt, die Begebenheiten zur Zeit des Ātschārya Āryadeva und der übrigen Ātschārya's.