Religionskritisches von Johann Baptist von Alxinger

Gedichte

von

Johann Baptist von Alxinger


Herausgegeben von Alois Payer (payer@payer.de)


Zitierweise / cite as:

Alxinger, Johann Baptist von  <1755 - 1897 >: Gedichte.  -- Fassung vom 2004-09-08. -- URL:  http://www.payer.de/religionskritik/alxinger01.htm       

Erstmals publiziert: 2004-09-08

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Dieser Text ist Teil der Abteilung Religionskritik  von Tüpfli's Global Village Library


Wieder abgedruckt in:

Literatur der Aufklärung : 1765 - 1800 / hrsg. von Edith Rosenstrauch-Königsberg. -- Wien ; Köln ; Graz : Böhlau, 1988. -- 358 S. -- (Österreichische Bibliothek ; 8). -- ISBN: 3-205-00706-9. -- S. 130 - 141, 156f.


"Johann Baptist von Alxinger

Gedichte: Johann Baptist Edler von Alxinger wurde am 24.Jänner 1755 in Wien geboren und starb ebenda am l. Mai 1797. Alxingers Vater war Advokat und hinterließ ihm ein ansehnliches Vermögen, das es ihm gestattete, ganz der Dichtung zu leben. Er studierte, wurde Doktor der Jurisprudenz, später Hofagent und 1796 Sekretär des Hoftheaters. Alxinger war Freimaurer, gehörte ab 1779 der Loge »Zum heiligen Joseph« in Wien an, ab 11. Februar 1785 der Loge »Zur wahren Eintracht«. Von ihm erschienen mehrere Freimaurergedichte und ein »Taschenbuch für Brr. Freymäurer auf das Jahr 1784. Herausgegeben zum Vortheil der Armen.«

Als Epiker orientierte sich Alxinger an den großen Vorbildern Vergil, Tasso und Homer. Wieland ist für ihn »der letzte und aktuellste Vertreter einer zeitlosen epischen Tradition« (Roger Bauer, Lasst sie koaxen ..., Wien 1977, S.37). Das ritterliche Tugendideal ersetzte er in seinen Epen durch die humanitäre Tugendlehre der Freimaurerei, die durch die Templerlegende, die ebenfalls ein ritterliches Ideal verkörpert, eine Brücke bildet. Angesichts der beiden gewichtigen, allerdings wenig lesbaren Ritter-Epen »Doolin von Maynz« und »Bliomberis« wird oft übersehen, dass Alxinger zeit seines Lebens durchaus auch Lyriker war und darüber hinaus eine Reihe von Prosastücken schuf. Es gibt mehrere Ausgaben von Alxingers Gedichten, die sich nur zum Teil in den 1812 erschienenen »Sämtlichen Werken« finden. Gerade die Gelegenheitsdichtung - vor allem für die Freimaurerloge - und eine Reihe von satirischen Gedichten, wie wir sie von seinen Zeitgenossen Blumauer, Ratschky u. a. kennen, suchen wir in diesen »Samtlichen Werken« vergeblich - sie waren der veränderten politischen Situation seit dem Tod Josephs II. zum Opfer gefallen. Einzelne Gedichtbände erschienen 1780, 1784 und 1788 in Wien, Klagenfurt und Laibach, »Alxingers neueste Gedichte« 1794 in Wien.

Auch die vier Gedichte, die sich im Anhang der Leipziger Ausgabe von 1784 fanden, von denen drei in unserer Sammlung abgedruckt sind, werden wir in anderen Ausgaben vergeblich suchen. Als im Jahre 1784 Alxingers »Sämtliche poetische Schriften« in Wien erscheinen sollten, nahm die Zensur an den vier Gedichten »Die Duldung«, »Der gute Brahmin«, »Die Priester Gottes« und »Der Cölibat« Anstand. Gottfried van Swieten teilte dies dem Dichter persönlich mit. Um die Unterdrückung des ganzen Bandes, den er »zum Vortheile des wienerischen Armeninstitutes« herausgab, zu verhindern, entschloss er sich, die beanstandeten Gedichte aus der Wiener Ausgabe zu entfernen, fügte sie aber der Leipziger Ausgabe als Anhang bei. Er zog darin gegen Fürstenwillkür, Mönchsgeist und Intoleranz zu Felde. Das ebenfalls in diesem Band enthaltene »Lied eines alten Juden«, das auch in der Wiener Ausgabe von 1784 abgedruckt ist, zeugt von einer Vorurteilslosigkeit, die auch unter den Wiener Aufklärern eher Seltenheitswert hat.

Unser Abdruck folgt im wesentlichen der Leipziger Ausgabe von 1784. Die Fassung der Gedichte »Auf Doris«, »Lied eines alten Juden«, »An Blumauer« und »Die Freiheit« entstammen der Ausgabe von 1812."

[Quelle: Literatur der Aufklärung : 1765 - 1800 / hrsg. von Edith Rosenstrauch-Königsberg. -- Wien ; Köln ; Graz : Böhlau, 1988. -- 358 S. -- (Österreichische Bibliothek ; 8). -- ISBN: 3-205-00706-9. -- S. 324f.]


Der Coelibat

von

Johann Baptist von Alxinger (1755 - 1797)

1784


Vor unsern Augen denn soll böser Pfaffen Mund
Die Wahrheit ungestraft verschreien,
Und Irrtum unters Volk kraft ihrer Sendung streuen?
Wir aber täten nicht der Weisheit Lehre kund,
Wir schwiegen wie ein stummer Hund?
Nicht ich! Zwar sieh, um seinen finstern Winkel
(Mönchsschlauheit nennt ihn Heiligtum)
Zog Wahn, Betrug und Eigendünkel
So manches Bollwerk, manchen Wall herum:
Doch töne, meine Stimme, dass dein Schall,
Gleich dem von Josuas Posaune,
Zusammenschmettre den papiernen Wall,
Das Christenvolk hineinseh' und erstaune!

Wer bist du denn, der unter allen Götzen
Am längsten schon Altär' und Tempel hat,
Den neulich erst ein Kirchenrat
Der heil'gen Ehe vorzusetzen
Mit einem Fluch geboten hat?
Wer bist du, Unhold Cälibat?
Ein böser Landentvölkerer,
Ein Mörder so viel Ungeborner,
Des schmutz'gen Kamos1 Auserkorner,
Um welchen eine Welt Bekutteter
Versammelt ist, die Heilige sich nennen,
Weil statt dem Brande der Natur,
Den jeder freventlich verschwur,
In ihren Busen nur verbotne Flammen brennen.
Du roter Mönch hier, der, auf fremdes Gut erpicht,
Den Reiz der Beichtenden mit Blicken aufzusaugen
Nie müde wird, zersprenge nicht
Die Sehnen deiner kleinen Augen!
Bring nicht auf ihre Wangen Glut,
Indem du deine Brunst zu kühlen suchst durch Fragen
Voll Lüsternheit; der Mann, in dessen Arm sie ruht,
Ihr Gatte würde sie nicht wagen.
Doch du dort mit zusammgewachsenen,
Pechschwarzen Brauen, deine Wangen gelber
Als Quitten, würdest Cythereen2 selber,
Wie sie dem Bad entsteigt, nicht liebend huldigen;
Drum heißest du der Mönche Krone,
Drum siehst du blühen deinen Ruhm,
Und dass doch etwas dir die Überwindung lohne,
Schaffst du in willige Gitone3
Dir schüchterne Novizen um.
Doch weg, mein Auge, weg von solchem Greul!
Denn hör' ich nicht auch banges Stöhnen,
Auch fürchterliches Grabgeheul
Rund um den Cälibat wie einst um Moloch tönen!
Ich zaudre, doch die Muse winket mir,
Und ob mir gleich davon die Ohren dröhnen,
Das Herz erzittert, folg' ich ihr
In schreckliche, geweihte Kerker,
Wo lebenslang mit sich manch armes Mädchen ringt,
Vertändelt seinen Tag, die halbe Nacht durchsingt,
In Einsamkeit genährt, nur desto stärker
Natur und Jugend fühlt, an seine glüh'nde Lippe
Das Bildchen eines Heil'gen jung und schön
Im Andachtsrausche drückt, am Weihnachtsfest zur Krippe
Hin kniet, nie satt, das holde Kind zu sehn,
Mit einem Schleier ihm die nackten Lendchen kleidet
Und voll geheimen Grams Mariens Los beneidet,
Noch glücklich, wenn sie so lang sich amüsiert,
Bis dass ein sanfter Tod die weinende Gerechte
Mit mitleidsvoller Hand nach Welten bringen wird,
Wo nimmermehr ein Papst durch heil'ge Henkersknechte
Die Unschuld segnend auf die Schlachtbank führt,
Der Menschheit Bräute, Mütter nimmt,
Und fürs Serail von Gottes Sohn bestimmt,
Noch glücklich, fällt es so. Wie aber, wenn sie fühlt,
Früh oder spät es fühlt: »Man hat mich hintergangen.«
Was ist Prometheus Gei'r, was Eumenidenschlangen
Dann gegen jene Qual, die ewig ungekühlt
Durch ihre wunde Seele wühlt?
Ha! Seht ihr sie das abgeschnittne Haar
Sich vollends aus mit wilden Händen raufen,
Dann, bang sie ringend, zum Altar,
Entheiligt einst durch ihre Schwüre, laufen!
Hier liegt sie von der Welt vergessen, unbedaurt,
Aushöhlend mit den Knien die harten Marmorstufen,
Um Gottes Rach' auf die herabzurufen,
Die sie hier ewig eingemaurt.
Und dringt nicht ihres Jammers Stimme,
Gott! deine Wolken durch, gibst du gerechtem Grimme
Nicht diesseits dieses Grabs, noch jenseits freien Lauf,
Dann kümmert dich die Unschuld wenig,
Dann bist du auch ein Erdenkönig,
Und ich, ich künde laut dir den Gehorsam auf.
Allgütiger! Verzeih dem Wurm!
Allein du kennst mein Herz; du weißt, dass wie ein Sturm
Gerechter Zorn mich fasst, seh' ich verruchte Pfaffen
In deinem Namen frech die Menschlichkeit entweihn!
Die Toren wähnen zwar, dass deine Donner schlafen;
Doch schlägt's noch früh genug in ihre Scheiteln ein.
Ha! Bis dahin, bis auf den Tag der Rache,
Da mögen diese Wölf' in Lämmerkleidern gehn,
Nur Heilige von ihrer Mache,
Ehloses Mönchgewürm erhöhn
Auf die unwilligen Altäre,
Wozu sie schlau das Monopolium4
Erschlichen und durch ihre Lehre
Verdrehn das Evangelium.
Vernunft, die sie mit Recht als ihre Feindin schelten,
Führt jeden doch, der sich mit unbefangnem Sinn
Ihr naht, zum reinen Urborn hin,
Und wider sie, die erste Lehrerin,
Darf (widersprach' es ihr) selbst Paulus' Wort nicht gelten:
Sie zeigt, es ziele jedes Rolle
Zum Ganzen dieses großen Schauspiels ab;
Zeigt, dass Allweisheit stets den Zweck erreichen wolle,
Wenn sie zum Zweck die Mittel gab:
Und bindet dies Gesetz das menschliche Geschlecht
Im Ganzen, oh, so sei der schalkhaft, ungerecht,
Der sich entziehen will, das Seine beizutragen,
Denn jeder könne seinem Recht,
Doch niemand seiner Pflicht entsagen;
Kurz, dieser Keuschheitschwur sei um kein Gran
Verdienstlicher, als wollte man
Kraft eines heil'gen Eids, nie Gottes Licht zu sehen,
Stets mit verpappten Augen gehen.
So lehret die Vernunft, allein was kümmert die
Die strengen Herrn aus Thomas' Orden!
Sie sprechen laut ihr Hohn, da sie
Seit Adams Fall zur Lügnerin geworden,
Und haben drum mit orthodoxer Hand
Aus der Theologie auf ewig sie verbannt.
Wir aber, die nicht eingeweihet
In solcherlei Mysterien sind,
Wir machen uns, um hell zu sehn, nicht blind,
Wir folgen gern, wenn sie die Hand uns leihet.
Und sie, sie führet uns in einer Gattin Arm,
Lässt unsre Sinne dort in süßer Ohnmacht schwinden,
Uns wider jede Sorge, jeden Harm
Ein stärkend Gegenmittel linden,
Und wenn uns auch schon Jahre drücken,
Schon Schnee auf unserm Haupt sich häuft,
Von jenem ersten innigen Entzücken
Schon längst Genuss und Zeit die Blüten abgestreift:
So schlägt doch Freundschaft, ewig jung,
In unserm Herzen helle Funken
Und macht durch die Erinnerung
An unser Jugendglück uns noch im Alter trunken.
Wir lieben dann die Mutter unsrer Kinder,
die willige Gefährtin, die im Leid
So gern mit uns geweint als sich im Glück gefreut,
Zwar nicht so stürmisch, doch nicht minder,
Als wie sie, eine blüh'nde Braut,
Zuerst voll Schüchternheit sich unserm Arm vertraut.
Wir danken Gott, der durch uns Erben
Der Erd' und einst dem Himmel gab,
Wir sehn getrösteter ins Grab,
Indem wir nur zur Hälfte sterben.
O Eheseligkeit, wert, dass sie Sakrament
Selbst der ehlose Priester nennt!
Doch sorgsam schwöret der dabei:
Er wolle nie darnach verlangen,
Indem 's doch Christus Rat und weit vollkommner sei,
Dies Sakrament nie zu empfangen.

Erläuterungen:

1 Kamos = Ein Gott der Unzucht. Sein Bild zerstörte Josias, 2. Buch der Könige,
Kap. 23, V. 13 u. 14

2  Cythera = Beiname der Venus

3 Gitone = Lustsklave

Es war keiner der geringsten politischen Streiche des römischen Hofes, sich wider die Gewohnheit der alten Kirche die Selig- und Heiligsprechungen ausschließungsweise zuzueignen.


Die Priester Gottes

von

Johann Baptist von Alxinger (1755 - 1797)

1784


Zur Beherzigung aller katholischen Fürsten

Der Verfasser, der seihst viele würdige Priester unter seine
Freunde zu zählen sich zur Ehrc rechnet, ist weit entfernt, alle
Priester unter diesem Bilde vorstellen zu wollen. Daß es aber
ein genau getroffenes Porträt sehr vieler sei, kann niemand, als
ein Fremdling in der Geschichte der altern und unserer Zeiten,
nicht wissen oder widersprechen.

Hervor, die ihr euch Gottes Priester nennt!
Der Nimbus, den kaum mehr der Pöbel noch
Um eure Platte1 träumet, täuscht mich nicht;
Der Fluch, den euer Herz dort, wo der Mund
Verstummen muss, stets über jeden spricht,
Der Licht um sich verbreitet, schreckt mich nicht,
Der demutlügende, gesenkte Blick,
Das Lächeln selbst, in das ihr schlau genug
Maskieret euer Grinsen, rührt mich nicht.
Hervor mit euch aus eurer Dunkelheit
Schlupfwinkeln, dass das lang geäffte Volk
Mit seinen Augen sehe, wer ihr seid! -
O Gott!, und solchen Händen hättest du
Die Schlüssel deines Himmels anvertraut?
Sie stehen da vor meiner Phantasie
In riesengleicher, scheußlicher Gestalt,
Die tausendfachen, namenlosen Wehn,
Gebracht auf Menschen durch die Priesterschaft.
Doch wären hunderttausend Zungen und
Von Eisen eine Stimme mir verliehn,
Nicht in Jahrhunderten säng' ich sie aus.
Auch müsst' ich singen, wie ein Pfaffe Krieg
Vom Aufgang bis zum Niedergang gebot,
Mit Menschenblute färben jeden Fluss,
Mit Leichen übersäen jedes Feld,
Mit Frevlerfüßen Untertaneneid
Und Kindespflichten niedertreten hieß;
Es singen, wie in seiner Faust das Kreuz,
An dem gestorben ist der Friedensfürst,
Zu dem Signal des Mords und zum Panier
Des Aberglaubens und der Goldgier ward:
So bräche mein zu weiches Herz, mein Spiel
Erschlaffete, von Tränen überschwemmt.
Drum geh die Szenen dieses Greuls vorbei,
Mein Geist! und steh bei denen Übeln nur,
Die itzt noch ihre Schlauheit auf uns häuft,
Da weiser Fürsten Gnadenflügel doch,
Vor diesen Geiern uns zu schirmen, wacht.

Wer ist es, der einherstolziert, voran
Der Diener lange Reihn? Sechs Wieherer,
Mit Purpurquasten fürstlich ausstaffiert,
Sind seinem goldnen Wagen vorgespannt.
Er hoch darinnen, mit gelenker Hand
Die Luft zerschneidend, speist die Hungrigen,
Statt Brots mit Segen, und nun geht der Zug
Zur Kirche des, der, Demut predigend
Und übend, nur auf einer Eselin,
Nur im Gefolge seiner Tugenden
Und Freund' und Jünger, keines Hofstaats, ritt.
Doch also du nicht, du bepurpurter,
Mit Titel, Wappen und all dem Gerät
Des Hochmuts reich versehner Priester! dir
Trägt zu des nackt Gekreuzigten Altar
Die seidne Schlepp' ein andrer Priester nach:
Und wie, du wagst, das Evangelium,
Die allerbitterste Satir' auf dich,
Zu lesen vor dem Volk'? Ein gutes Volk?
Gut, sag' ich, oder blöde, dass es nicht
Aufrufet: Heb dich weg von dem Altar
Dein Pomp und diese Demutslehre sind
Ein Widerspruch; du kennest Christus nicht,
Und er kann dich nicht kennen. Heb dich weg,
Und schände nimmermehr sein Heiligtum!

Ha! Müsstest, riefe so das Volk dir zu,
Du nicht verstummen, wie du auch dereinst
Verstummen wirst, wenn Jesus Christus selbst
Im Richterton dich unter dem Gebrüll
Von hundert Donnern, dich vorm Angesicht
Der Menschenkinder aller fragen wird:
»Hab' ich dich nicht gelehrt, mit Wort und Tat
Gelehrt: Mein Reich sei nicht von dieser Welt?«

Doch Pfaffenstolz, wie hässlich er auch sei,
Ist ihrer Laster greulichstes noch nicht;
Ist, möcht' ich sagen, Tugend noch, mit dir
Verglichen, Satans erstgeborner Sohn,
Und blut'ger Bundsgenoss', Verfolgungsgeist!
Zwar, seit als Sigismund2 sein Kaiserwort
(Denn das hochheilige Konzilium
Erließ ihn dessen) fromm-meineidig brach,
Brennt nun kein Holzstoß mehr im deutschen Reich:
Selbst im katholischen Iberien3
Vermisset nun seit Jahren schon das Ohr
Der vatergleichen Söhne Dominikos4
Die liebliche Musik zu hören, wie
Im Brand des heiligen Offiziums
Das Fett der Ketzer prasselt: dennoch irrt,
Wer den Verfolgungsgeist erloschen glaubt.
Wahr ist's, er trägt sein scheußlich Angesicht
Nicht offenbar, nicht unvermummt herum,
Rührt nicht die Trommel, prediget das Kreuz
Nicht wider Fürsten, setzt auf den Altar
Kanonisierte Schergen nun nicht mehr:
Doch schlangenartig schiebt er noch sich fort,
Droht, nun man andre Flammen ihm versagt,
Mit Höllenflammen und beschmutzet, gleich
Der eklen Fliege, die des Meisterwerks
Vom Meißel eines Phidias5 nicht schont,
Mit Geifer jedes fürstliche Gebot,
So Grenzen festsetzt zwischen Kirch' und Staat.
Bald raunt er, als Gewissensrat6, dem Weib
Von einem Großen, den sein Ordensband
Zur Exzellenz, doch nicht zum Colbert6 macht,
Und die dem Gatten in das Midasohr7:
Zu Künsten, Fürstendienst und Handel sei
Der Kirchenrat Trients weit nötiger
Denn Fleiß, Rechtschaffenheit und Wissenschaft.
Bald fleht er in Franziskus' Kotzenkleid9,
Dem dummen Handwerksmann zum Lehrling ja
Nie einen aufzudingen, der nicht ist
Erzogen in der Kirche Mutterschoß,
Damit nicht ihn auch, wenn von Tag zu Tag
Die Ketzerlehre weiter um sich greift,
Als Mitverbreiter treffe Gottes Zorn.
Bald kriecht er mit der Demutsmien' herum,
Zuckt Achseln, zweifelt, bittet, warnet, rät,
Flößt, ausgelernt in Teufelskünsten, das
Aqua Tofana10 der Verleumdung in
Ein hingeworfnes, halbgesagtes Wort.
Bald fährt er auf, ein Demosthen11 aus Wut,
Um wider jeden kühnen Wahrheitsfreund
Das Volk zu hetzen, und erniedrigt selbst
Die Kanzel bis zur Säule des Pasquin12.
Recht so! denn hat bei einer Nation
Aufklärung ihre Fackel aufgesteckt,
Da stürzt sein Götzentempel krachend ein.
Drum auf, ihr Priester!, siegelt, wenn ihr könnt,
Mit eurem Bannstrahl zu der Weisen Mund,
Dass, wenn ihr Sünden der Lebendigen
Und Abgeschiedenen um Geld erlasst,
Wenn ihr nie einen Simon13, sondern den,
Der leerer Hände kommt, zurückeweist,
Mit Dispensationen14 wuchert, Zech'
Und Hurenlohn mit einem Ablass zahlt,
Dass, wenn ihr, gegen jährlichen Tribut,
Verwerfung über jeden sprecht, der sich,
Statt fauler Fische von Batavia,
Mit mancher Tonne deutschen Golds gekauft,
Der Heimat fetten Stier zur Nahrung wählt,
Dass, wenn ihr in dem toten Tempel Gold
Aufhäuft und darben lasst den Lebenden,
Ja niemand klagen könn': Es ist nicht recht!
Dass, wenn von irgendeinem Sudelbild
Marktschreierisch ihr Wunderwerk' erzählt
Und durch gedungne Zeugen sie beweist.
Wenn ihr Aloysymehl15, Waldburgens Öl,
Ignazens Bohnen, Zellerbilderchen
Als Arzeneien unters Volk verteilt
Und so den Aberglauben, der für euch
Der Stein der Weisen ist, mit Sorgfalt hegt,
Wenn ihr Bollandus'16 läppisch Fabelwerk
Für Wahrheit preiset und mit ihm es lügt:
Assisens Mönch steh' über seinem Grab,
Ja niemand zeugen mög': Es ist nicht wahr!
Dass, wenn ihr, der Natur und ihrem Zweck
Entgegenschwörend, frech mit Keuschheit prahlt,
Indes von Ehebruch, von Weichlichkeit,
Und was zu nennen Paulus mir verbeut17,
Schwarz eure Seelen, wie die Hölle, sind;
Wenn ihr gelobt Gehorsam, aber doch,
Despoten der Gewissen, ungestört
Im Beichtstuhl Könige tyrannisiert,
Euch Diener aller Diener Christus nennt
Und Herren aller Herrn zu werden strebt,
Wenn ihr, einerntend, wo ihr nicht gesät,
Gleich Egeln armer Landes-Sassen Blut
Aussauget, es verschlemmt im Müßiggang,
Und dies Schlaraffenleben Armut nennt,
Ja niemand ausruf': Es ist Heuchelei!
Kurz, dass in Deutschland niemand übrig sei,
Der segne Luthers Geist und Philipps18 Mut,
Die erst uns zogen aus der Dummheit Schlamm,
Dann trockneten an ihrer Weisheit Strahl;
Dass niemand übrig sei, der künftig euch,
Wenn ihr's an unsern Enkeln auch versucht,
Entgegen kämpfe mit der Wahrheit Speer;
So siegelt, Priester, siegelt, wenn ihr könnt,
Mit euerm Bannstrahl zu der Weisen Mund.

Nur schade, dass auch diese Waffe schon,
Vom Rost zerfressen, kaum ein Popanz mehr
Des Pöbels und ein Spott der Klügern ist!
Denn herrscht wohl in der ganzen Christenheit
Nur ein Monarch von Päpsten unverflucht?19
Wer blättert in dem Kanonsrecht, dem fährt
Ein ganzer Schwarm von Anathematen20
Gleich bösen Bremsen stechend ins Gesicht.

Wohl uns, dass wir Popanze dieser Art
Verlachen dürfen, dass das schwere Joch,
So unsrer Väter Nacken wund gedrückt,
Von ihren Söhnen nun von Tag zu Tag
Mehr abgeschüttelt wird! Zwar hier und da
Siegt Pfaffenlist, siegt Aberglaube noch,
Weint Menschheit und Vernunft: Doch fasset Mut,
Ihr Edleren! Es mag das Schicksal nun
Euch einen Zepter oder einen Kiel
Gegeben haben zu dem Wohl der Welt,
Fasst Mut! und seht, die Sonne folget schon
Der Dämmerung, und rastlos, so wie sie,
Geht euren Heldenweg, mit Zuversicht
Auf Gottes Lohn, unaufgehalten fort!
Die Stimmen, die von allen Zonen zwar,
Doch einzeln noch, euch segnen, werden, eh
Ins Meer der Zeiten ein Jahrhundert floss,
Sich in ein allgemeines Jubellied
Vereinigen, worin der Enkel Dank,
Worin das Jauchzen der Entfesselten
Euch ihre Retter preist, und das so laut,
Wie die Posaune bei dem Weltgericht
Zum scheugemachten Vatikan erschallt.

Erläuterungen:

1 Platte = Glatze die durch Tonsur (Rundschnitt des Haares) entsteht.

2 Sigismund = Kaiser Sigismund

"Sigismund von Luxemburg (auch Siegmund) (böhmisch Zikmund), geboren am 15. Februar 1368 in Nürnberg, gestorben am 9. Dezember 1437 in Znaim (Mähren). Er war seit 1410 Rex Romanorum (2. Wahl 1411) und seit 1433 Römisch-deutscher Kaiser aus dem Geschlecht der Luxemburger; König von Böhmen von 1419 an (bis zu seinem Tod), Markgraf von Brandenburg von 1378 bis 1388 sowie König von Ungarn von 1387 an (bis zu seinem Tod).

Sigismund war ein Sohn von Karl IV. und Bruder Wenzels von Luxemburg. Die ungarische Krone erwarb er durch die Heirat mit Maria von Ungarn, doch benötigte er die Hilfe seines Bruders Wenzel, um sich gegen den mächtigen ungarischen Adel durchzusetzten. 1388 verpfändete er die Mark Brandenburg, um so seine Ausgaben zu decken. In Abwehrkämpfen gegen die Türken (Niederlage in der Schlacht von Nikopolis) wurde auch das ungarische Militärwesen neuorganisiert (Gründung des Drachenordens).

Er unterstützte nach der Absetzung Wenzels als Rex Romanorum seinen Bruder in Böhmen und wurde 1410 zum römisch-deutschen König gewählt. Allerdings fehlte ihm im Reich, auch bedingt durch die Politik seines Vaters Karl IV., die nötige Hausmacht, um erfolgreich Reichspolitik betreiben zu können. Das größte Problem jener Zeit stellte die Kirchenspaltung dar (Abendländisches Schisma). Die größte Leistung Sigismunds bestand denn auch in der Wiederherstellung der Einheit der römischen Kirche auf dem Konzil von Konstanz (1414 bis 1418). Sein Versuch einer Reichsreform konnte nicht in allen Punkten durchgesetzt werden, dennoch schuf ließ er die erste Reichssteuer erarbeiten. Die so genannte Reformatio Sigismundi ist jedoch nur eine anonyme Schrift, die sich auf Sigismund berief.

Berüchtigt ist der Tod von Jan Hus, dem er freies Geleit zugesichert hatte, damit er auf dem Konzil sprechen könne. Er wurde von Sigismund gefangen genommen und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Begründet war dieser Schritt jedoch mit der Tatsache, dass Hus verurteilt wurde und seine Thesen nicht revidierte, womit Sigismund kein wirklicher Ausweg blieb. Doch belastete dieser Wortbruch seine Herrschaft in Böhmen: die böhmischen Stände zögerten anfangs, Sigismund als König anzuerkennen.

Gegen die Hussiten rief Sigismund zum Kreuzzug auf, der aber sehr rasch die Form eines langwierigen Kleinkrieges annahm und erst 1436 beendet werden konnte. Sein treuester Verbündeter in diesem Krieg war der Herzog von Österreich, Albrecht V., der auch zu seinem Nachfolger designiert wurde.

Mit Sigismund, der als großer Reichs- und Kirchenreformer und als Begründer der Idee der Donaumonarchie gilt, endete die Luxemburger Dynastie im männlichen Zweig."

[Quelle:  http://de.wikipedia.org/wiki/Sigismund_(HRR). -- Zugriff am 2004-09-08]

3 Iberien = Spanien

4 Söhne Dominikos = Angehörige des Dominikanerordens, der in der Inquisition eine führende Rolle spielte.

5 Phidias

"Der um 500 geborene Bildhauer erhielt von Perikles die Oberaufsicht über die Bauten der Akropolis, für die er den Skulpturenschmuck des Parthenon und die 12 Meter hohe Statue der Athene Parthenos schuf. Sein letztes und berühmtestes Werk war das kolossale Goldelfenbeinbild des Zeus in Olympia, das zu den Sieben Weltwundern gezählt wurde. Phidias soll, von den Gegnern des Perikles der Unterschlagung angeklagt, im Gefängnis gestorben oder nach Elis geflohen sein."

[Quelle: http://www.weltchronik.de/bio/cethegus/p/phidias.html. -- Zugriff am 2004-09-08] 

6 Gewissensrat = fürstlicher Beichtvater (meist Jesuiten)

7 Colbert

"Jean-Baptiste Colbert, marquis de Seignelay (* 29. August 1619 in Reims; † 6. September 1683 in Paris) war ein französischer Staatsmann und der Begründer des Merkantilismus (Colbertismus).

Seine ersten finanz-politischen Erfahrungen machte er unter Kardinal Jules Mazarin als Vermögensverwalter. Später (1661) wird er Oberintendant sowohl für die gesamte Staatsverwaltung für Finanzen, Handel und Verkehr als auch für Kunst (1666 gründete er die naturwissenschaftliche »Académie royale des science«). Im Jahre 1664 gründete er die Ostindien-Kompanie (Basis war Lorient) und die Westindische Kompanie mit Le Havre als Heimathafen. Daneben ist er ferner beteiligt an der Gründung bzw. an der Reorganisation der Nordischen Kompanie, der Levantekompanie und der Kompanie für Senegal.

Die wichtigste Quelle des nationalen Reichtums sah er in einer aktiven Außenhandelsbilanz. Indem er Manufakturen förderte bzw. gründete, versuchte er dem Land teure Importe zu ersparen. Er holte ausländische Fachkräfte ins Land, um auch die besten Erzeugnisse anderer Staaten in Frankreich herstellen zu können. Außerdem sorgte er für den Abbau von Zollschranken und ließ die Landstraßen zu festen Chausseen ausbauen. Für die Verwaltung setzte er in den einzelnen Bezirken Intendanten ein. Um die Rohstoffe der Kolonien zu erschließen, ließ er die Flotte verstärken und gilt so als eigentlicher Schöpfer der französischen Seemacht.

Durch diese und andere verwaltungstechnische, handelspolitische und finanzielle Reformen schuf Colbert die Basis für die französische Wirtschafts- und Kolonialpolitik. Gleichzeitig sicherte er die Grundlagen des absolutistischen Staates Ludwig XIV."

[Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Jean-Baptiste_Colbert. -- Zugriff am 2004-09-08]

8 Midasohr = Eselsohr

"Ein sagenhafter Midas soll ein Sohn des Gordias und der Kybele gewesen sein und seiner Mutter das große Heiligtum in Pessinus geweiht haben. ...

In einer weiteren Erzählung erkannte Midas bei einem Wettstreit zwischen Marsyas (oder Pan) und Apollon, den Vertretern der Sphinx (griechisch) und der Kithara, dem Marsyas ungerechtfertigterweise den Preis zu, wofür Midas von Apollon Eselsohren angeheftet wurden. Er verbarg sie daraufhin unter einer Phrygischen Mütze. Nachdem sein Barbier das Geheimnis entdeckte, wurde es bald durch einen Zufall aller Welt bekannt. Der Barbier nämlich wollte das Geheimnis zwar nicht verraten, konnte aber dem Drang nicht widerstehen und sagte in ein Erdloch: "König Midas hat Eselsohren! König Midas hat Eselsohren! König Midas hat Eselsohren!" Nachdem er das Loch wieder mit Erde aufgefüllt hatte, wuchs hier Schilfrohr empor, das leise diese Worte wiederholte, wenn der Wind rauschte, so dass das Geheimnis gelüftet wurde."

[Quelle: http://www.daswillichwissen.de/Midas. -- Zugriff am 2004-09-08]

9 Franziskus` Kotzenkleid = Kutte der Franziskaner und Kapuziner

10 Aqua Tofana  = Gift, mit welchem viele Menschen ermordet worden sein sollen, ein Gift, welches sich aller Nachforschung entzieht und den Tod bewirkt ohne Spuren von seiner Wirkung zu hinterlassen

11 Demosthen = Demosthenes (384 v. Chr. - 322 v. Chr.), gilt als der bedeutendste Redner des antiken Griechenland

12 Säule des Pasquin

13 Simon = Simon Magus, der laut Apostelgeschichte 8, 18 - 24 vom Petrus Gottes Gabe gegen Geld erwerben wollte. Daher Simonie als Bezeichnung für den Verkauf eines heiligen Amtes oder von Pfründen, eines Sakramentes usw.

14 Dispensationen = Befreiung von von kirchenrechtlichen Verpflichtungen, z.B. Nichtigerklärung von Ehen u.ä.

15 Aloysymehl, Waldburgens Öl, Ignazens Bohnen, Zellerbilderchen = verschiedene Amulette und kirchliche Zaubermittel

16 Bollandus = Jean Bolland SJ, Herausgeber von Heiligenbiographien (Acta Sanctorum)

"BOLLAND (Bollandus), Jean, Jesuit, Hagiograph, Begründer der »Acta Sanctorum«, * 13.8. 1596 in Julémont bei Lüttich, † 12.9. 1665 in Antwerpen. - B. trat am 12.9. 1612 in Mecheln in die Gesellschaft Jesu ein. Er erwies sich in den Kollegien in Roermond, Mecheln, Brüssel und Antwerpen als ausgezeichneter Lehrer in den humanistischen Fächern und wurde darum Studienleiter in Mecheln. Der Provinzial Jakob von Straten beauftragte ihn 1630 mit der Herausgabe der »Acta Sanctorum, quotquot toto orbe coluntur«, einer die Hagiologie aller Länder in historisch-kritischer Behandlung umfassenden, nach den Festtagen der Heiligen kalendarisch geordneten Sammlung. Den Plan zu diesem Riesenwerk hatte Heribert Rosweyde (1569-1629) entworfen, den nun B. nach seiner Übersiedlung nach Antwerpen erweiterte und zur Ausführung brachte. Es wurde sein Lebenswerk. B. gab 1643 die beiden ersten Bände mit der Bearbeitung der Heiligen des Januar heraus. Seine Mitarbeiter wurden 1635 Gottfried Henschen (1601-81) und 1646 Daniel Papebroch (1628-1714), der nach B.s Tod das Werk im Sinn des Begründers fortsetzte. 1658 erschienen drei Foliobände mit den Heiligen des Februar. Die Herausgeber der »Acta Sanctorum«, die alle dem Jesuitenorden angehören, werden nach dem Begründer und ersten Herausgeber dieses Werkes Bollandisten genannt. Infolge der Wirren und Kriege der Französischen Revolution mußte das Unternehmen 1794 eingestellt werden. Die Arbeit wurde 1837 wieder aufgenommen und 1940 der 67. Band herausgegeben. Das Werk reicht jetzt bis zum 10. November des Heiligenkalenders. Als Ergänzung zu den »Acta sanctorum« erscheinen seit 1882 die »Analecta Bollandiana« mit Vorarbeiten, Nachträgen und Besprechungen der hagiographischen und patristischen Literatur und als deren Ergänzung die Mongraphien »Subsidia hagiographica«. "

[Quelle: Friedrich Wilhelm Bautz. -- http://www.bautz.de/bbkl/b/bolland_j.shtml. -- Zugriff am 2004-09-08] 

17 Paulus mir verbeut: siehe Brief an die Epheser 5,3: "Von Unzucht aber und jeder Art Unreinheit oder Habsucht soll bei euch nicht einmal die Rede sein, wie es sich für die Heiligen gehört."

18 Philipp = Philipp Landgraf von Hessen

"Philipp von Hessen auch Philipp der Großmütige genannt, Landgraf von Hessen wurde am 13. November 1504 geboren. Offizieller Regierungsantritt 1509, faktisch jedoch bis 1518 unter Vormundschaft. Seit 1524 ist Philipp Anhänger der protestantischen Lehre und wird zum Vorkämpfer der Reformation. 1526 erfolgt die Vereinigung mit Johann von Sachsen und anderen protestantischen Fürsten im Bündnis von Gotha und Torgau.

1527 gründet er die Universität Marburg als erste protestantische Hochschule. 1529 findet dort das Marburger Religionsgespräche zwischen Luther und Ulrich Zwingli statt, von dem sich Philipp die Einigung des Protestantismus erhofft.

Philipp wird 1531 zum Mitgründer des Schmalkaldischen Bundes. 1534 gelingt es Philipp den vertriebenen Herzog Ulrich von Württemberg in dessen Land zurück zu führen.

1540 schließt Philipp in Rotenburg die Nebenehe mit Margarete von der Saale (1522 - 1566). Der Reformator Philipp Melanchthon war bei der Vermählung anwesend. Damit handelte sich Philipp politisch weitreichende Schwierigkeiten ein. Nun muss er, um der Strafe für Bigamie zu entgehen, dem katholischen Kaiser Karl V. Zugeständnisse machen.

Im Schmalkaldischen Krieg unterwirft sich Philipp 1547 schließlich, auf ungewisse Zusagen hin, dem Kaiser und wird von diesem 5 Jahre lang gefangen gesetzt.

In den letzten 15 Jahren seiner Lebenszeit kümmert sich Philipp um die Verwaltung Hessens und fördert die Einigung der protestantischen Parteien.

Nach seinem Tod wird das Land unter seinen vier Söhnen aufgeteilt: Hessen-Kassel, Hessen-Marburg, Hessen-Rheinfels und Hessen-Darmstadt. Hessen verlor wegen dieser altertümlichen Erbteilung deutlich an politischem Einfluss im Reich."

[Quelle: http://www.lexikon-definition.de/Philipp-I.-(Hessen).htm. -- Zugriff am 2004-09-08]

19 "Man sehe die Bulle In Coena Domini" [Anmerkung Alxingers]

"In Cœna Domini

A papal Bull, so called from the feast on which it was annually published in Rome, viz, the feast of the Lord's Supper, or Maundy Thursday. The ceremony took place in the loggia of St. Peter's in the presence of the pope, the College of Cardinals, and the Roman Court. The Bull was read first in Latin by an auditor of the Sacred Roman Rota, and then in Italian by a cardinal-deacon. When the reading was over the pope flung a lighted waxen torch into the piazza beneath. The Bull contained a collection of censures of excommunication against the perpetrators of various offences, absolution from which was reserved to the pope. The custom of periodical publication of censures is an old one. The tenth canon of the Council of York (1195) orders all priests to publish censures of excommunication against perjurers with bell and lighted candle thrice in the year. The Council of London (1200) commands the yearly publication of excommunication against sorcerers, perjurers, incendiaries, thieves, and those guilty of rape. The first list of censures of the "Bulla Cœnæ" appeared in the fourteenth century, and was added to and modified as time went on, until its final revision under Urban VIII in the year 1627, after which it remained practically unchanged till its formal abrogation in the last century. Under Urban V (1363) the list contained seven cases; under Gregory XI (1372) nine; under Martin V (1420) ten; under Julius II (1511) twelve: under Paul III (1536) seventeen; under Gregory XIII (1577) twenty, and under the same pontiff in the year 1583 twenty-one; under Paul V (1606 and 1619) twenty; and the same number in the final shape given to it by Urban VIII. The main heads of the offences struck with excommunication in the Bull are as follows:

  • (1) Apostasy, heresy, and schism.
  • (2) Appeals from the pope to a general council.
  • (3) Piracy in the papal seas.
  • (4) Plundering shipwrecked vessels, and seizure of flotsam and jetsam.
  • (5) The imposition of new tolls and taxes, or the increase of old ones in cases where such was not allowed by law or by permission of the Holy See.
  • (6) The falsification of Apostolic Briefs and Bulls.
  • (7) The supply of arms, ammunition or War-material to Saracens, Turks, or other enemies of Christendom.
  • (8) The hindering of the exportation of food and other commodities to the seat of the Roman court.
  • (9) Violence done to travellers on their way to and from the Roman court.
  • (10) Violence done to cardinals.
  • (11) Violence done to legates, nuncios, etc,
  • (12) Violence done to those who were treating matters with the Roman court.
  • (13) Appeals from ecclesiastical to secular courts.
  • (14) The avocation of spiritual causes from ecclesiastical to lay courts.
  • (15) The subjection of ecclesiastics to lay courts.
  • (16) The molestation of ecclesiastical judges.
  • (17) The usurpation of church goods, or the sequestration of the same without leave of the proper ecclesiastical authorities.
  • (18) The imposition of tithes and taxes on ecclesiastics without special leave of the pope.
  • (19) The interference of lay judges in capital or criminal causes of ecclesiastics.
  • (20) The invasion, occupation, or usurpation of any part of the Pontifical States.

There was a clause in the older editions of the Bull, ordering all patriarchs, archbishops, and bishops to see to its regular publication in their spheres of jurisdiction, but this was not carried out, as we learn from a letter of Pius V to the King of Naples. The efforts of this pope to bring about its solemn publication in every part of the Church were foiled by the opposition of the reigning powers. Philip II, in the year 1582, expelled the papal nuncio from his kingdom for attempting to publish the Bull. Its publication was forbidden in France and Portugal. Rudolf II (1576-1612) likewise opposed it. In spite of the opposition of princes it was known to the faithful through diocesan rituals, provincial chapters of monks, and the promulgation of jubilees. Confessors were often ordered to have a copy of it in their possession; St. Charles Borromeo had a copy of it posted up in every confessional in his diocese. In Rome its solemn publication took place year after year, on Holy Thursday, until 1770, when it was omitted by Clement XIV and never again resumed.

A widespread and growing opposition to papal prerogatives in the eighteenth century, the works of Febronius and Pereira, favouring the omnipotence of the State, eventually resulted in a general attack on the Bull. A very few of its provisions were rooted in the old medieval relations between Church and State, when the pope could effectually champion the cause of the oppressed, and by his spiritual power remedy evils, with which temporal rulers were powerless or unwilling to deal. They had outlived their time. The excommunication of Ferdinand, Duke of Parma, by Clement XIII on 30 January, 1768, proved the signal for a storm of opposition against the Holy Thursday Bull in almost all the European states. Joseph I of Portugal issued an edict on 2 April, 1768, declaring it treason to print, or sell, or distribute, or make any judicial reference to the Bull. Similar edicts followed in the same year from Ferdinand IV of Naples, the Duke of Parma, the Prince of Monaco, the free states of Genoa and Venice, and Maria Teresa, Empress of Austria, to her subjects in Lombardy. Joseph II followed the lead of his mother, and on 14 April, 1781, he, pope-like, informed his subjects that "the power of absolving from the cases reserved in the 'Bulla Cœnæ', which the pope had hitherto given in the so-called quinquennial faculties, was now and henceforth entirely withdrawn". On 4 May of the same year he ordered the Bull to be struck out of the rituals, and no more use to be made of it. In 1769 appeared Le Bret's well-known attack on the Bull in four volumes, under the title "Pragmatische Geschichte der so berufenen Bulle in Coena Domini, und ihrer fürchterlichen Folgen für Staat und Kirche" (Frankfort, 1769). Towards the end of the work he appeals to the humanity, wisdom, and magnanimity of the newly-elected pontiff, Clement XIV, to suppress it. Clement, who already as cardinal had expressed his view as to the necessity of living in peace and harmony with the heads of Christian states, omitted its publication, but did not formally abrogate it. St. Pius V had inserted a clause in it, which stated that it would continue to have the force of law until the Holy See should substitute another in its place. In the quinquennial faculties delivered to bishops the pope continued to grant power to absolve from its cases. This was done so late as 1855 by Pius IX. For these reasons theologians and canonists commonly held that the main provisions of the Bull were still in force. Nevertheless, there was good ground for supposing that the few obnoxious clauses that had outlived their purpose, and in the changed times were no longer applicable to the Christian community, had ceased to have any binding force. The Bull was formally abrogated by Pius IX through the issue of the new Constitution "Apostolicæ Sedis" (q. v.), in which the censures against piracy, against appropriating shipwrecked goods, against supplying infidels with war-material, and against the levying of new tolls and taxes find no place. In the preamble to the Constitution the pope remarks that, with altered times and customs, certain ecclesiastical censures no longer fulfilled their original purpose, and had ceased to be useful or opportune.

In the controversies that arose at the time of the Vatican Council about papal infallibility, the Bull "In Cœna Domini" was dragged to the front, and Janus said of it that if any Bull bears the stamp of an ex cathedra decision it must surely be this one, which was confirmed again and again by so many popes. Hergenröther, afterwards made cardinal at the same time as Newman, had no difficulty in showing in his "Catholic Church and Christian State" the absurdity of this assertion.

[Quelle: JOHN PRIOR.  -- In: Catholic Encyclopedia. -- 1910. -- http://www.newadvent.org/cathen/07717c.htm. -- Zugriff am 2004-09-08]

20 Anathematen = Bannsprüchen


Lied eines alten Juden

von

Johann Baptist von Alxinger (1755 - 1797)

1812


Wer bist du denn, der Meer und Land
Despotisch sein nennt, dessen Hand
In Ketten unsre Hände schließt?
Wer bist du denn, du stolzer Christ?

Gehört der Jude nicht, wie du,
Dem großen, weisen Gärtner zu,
Der will, dass Blumen gleich um ihn
Religionen keimen, blühn?

Nicht mich beklag' ich: wessen Haar
So silbern ist, dem winkt die Schar
Der Väter schon, sein nahes Los
Ist, sanft zu ruhn in Abrams Schoß.

Nur unsrer Jugend jammert's mich;
O niemals, niemals drängt sie sich
Bis zu der Weisheit Altar vor:
Ihr schließt ihr ja des Tempels Tor.

Zwar tadelt ihr den Julian1,
Doch tut ihr mehr, als er getan;
Ihr hebet euch zu stolzen Höhn,
Wir müssen in dem Tale stehn.

Zum Rechnen habt ihr uns verdammt;
Von dem, was Tugenden entflammt,
Wodurch der Geist sich schwingen lernt,
Von dem habt ihr uns stets entfernt.

Und wenn der Jude, wie der Christ,
Vom Geiz verführet, sich vergisst;
Dann schimpfet ihr und spuckt uns an:
Das schmerzt mich so, mich alten Mann!

Den ihr als einen Gott verehrt,
Der hat euch das wohl nicht gelehrt,
Denn Liebe nur war sein Gebot,
Die war sein Leben und sein Tod.

Anmerkung Alxingers:

1 Ammianus Marcellinus wirft dem Julian vor, es sei ungütig von ihm gewesen, den Lehrern der Philosophie und Redekunst die Annehmung christlicher Schüler zu untersagen. Lib. XXV. Cap. IV. Dieser Vorwurf ist höchst ungerecht, denn das Gegenteil erhellet aus dem 42. Briefe dieses großen Kaisers.


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