Religionskritisches von Hermann von Gilm

Aus den Briefen

von

Hermann von Gilm


Herausgegeben von Alois Payer (payer@payer.de)


Zitierweise / cite as:

Gilm, Hermann von, Ritter zu Rosenegg <1812 - 1864>: Aus den Briefen.  -- Fassung vom 2004-12-23. -- URL:  http://www.payer.de/religionskritik/gilm01.htm        

Erstmals publiziert: 2004-12-23

Überarbeitungen:

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Dieser Text ist Teil der Abteilung Religionskritik  von Tüpfli's Global Village Library


Ursprünglich erschienen in:

Gilm, Hermann von, Ritter zu Rosenegg <1812 - 1864>: Hermann von Gilms Familien- und Freundesbriefe / hrsg. von Moritz Necken. --
Wien : Literarischer Verein, 1912. -- XXII, 351 S. ; 21 cm. -- (Schriften des Literarischen Vereins in Wien ; 17)

Wieder abgedruckt in:

Gilm, Hermann von, Ritter zu Rosenegg <1812 - 1864>: Aus bergkristallener Schale / Hermann von Gilm. Eingel. u. ausgew. von Alois Großschopf. -- Graz ; Wien : Stiasny, 1958. -- 127 S. ; 8°. -- (Stiasny-Bücherei ; Bd. 24)



Abb.: Hermann von Gilm

"Gilm, Hermann von (Gilm zu Rosenegg), Lyriker, geb. 1. Nov. 1812 in Innsbruck, gest. 31. Mai 1864 in Linz, studierte in Innsbruck die Rechte und wurde, nachdem er an verschiedenen Kreisämtern Tirols, zuletzt in Rovereto, gearbeitet, 1847 in der Hofkanzlei zu Wien, 1850 im Ministerium des Innern angestellt und 1856 zum Statthaltereisekretär in Linz ernannt. Begeistert für das Land Tirol, von freisinnigen Anschauungen in Politik und Religion beseelt, zeichnete sich Gilm als Lyriker durch Frische der Empfindung und Schönheit der Sprache aus; namentlich sind seine »Sonette aus Wälschtirol«, die »Sommerfrischlieder aus Natters« und das Lied »Allerseelen« hervorzuheben. Mit seinen prächtigen Schützenliedern nährte Gilm die Traditionen von 1809. Eine Sammlung seiner »Gedichte« erschien erst nach seinem Tode (Wien 1864-65, 2 Bde.); eine Auswahl, besorgt von Arnold v. d. Passer (Leipz. 1889, Volksausg. das. 1894), enthält auch seine bisher nicht aufgenommenen »Jesuitenlieder«; Gesamtausgabe von Greinz (in Reclams Universal-Bibliothek, 1895); die neueste Ausgabe der »Gedichte« erschien Innsbruck 1902. Gilms Geburtshaus in Innsbruck ist mit einer Marmorbüste geschmückt."

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]


1843


An Dr. Johannes Schuler in Innsbruck

Bruneck, 3. April 1843.

Euer Wohlgeboren!

...

Ich habe die „Lieder aus Tirol" von Beda Weber1 mit Unmut aus der Hand gelegt, obgleich manche Stellen von unbeschreiblicher Schönheit sind. Die Tendenz des Buches und der poetische Glaube desselben sind heillos. Es ist eine Sünde an der Menschheit, ihr unbestreitbares Recht der Gegenwart an die Zukunft zu weisen und ihr endliches Heil so unendlich weit hinauszuschieben, und ekelhaft ist es, alle Hoffnungen durch die Schauer des Grabes und den Prozess der Verwesung zu führen.

Beda Weber ist ein Auferstehungsdichter. Der christliche Weltschmerz ist um kein Haar besser als der von Byron2 und Heine3. Er ist ebenso egoistisch und ebenso unfruchtbar in seinen Resultaten. Die Zensur ist keine Entschuldigung für diese Dichter ohne Hass und ohne Liebe. Man muss schweigen. Die Stille ist die unerträgliche Strafe. Aber diese vorlauten Schwätzer verderben alles, und das sterile System rühmt sich poetischer Befruchtung. Der gegenwärtige Zank der jungen Dichter in Deutschland ist zwar unerfreulich, und man könnte weinen, wenn sie von dem Baume der Freiheit die unreifen Knospen reißen und die Zukunft um Blüte und Frucht betrügen. Aber doch ist es viel besser als bei uns, denn dieser Baum ist von unendlichem Wachstum, und man möchte sagen, wie mehr man ihn misshandelt, desto üppiger treiben seine Zweige. Bei uns ist die Atmosphäre verpestet und die Sonne verbannt und unsere künftigen Dichter werden lange, lange „Schutt" führen, ehe der Boden urbar ist.

...

In Hochachtung

Euer Wohlgeboren

ergebener Hermann v. Gilm.


Erläuterungen:

1 Weber, Beda <1798 - 1858>: Lieder aus Tirol. --  Stuttgart ; Tübingen : Cotta, 1842. -- Online-Faksimile: http://www.literature.at/webinterface/library/ALO-BOOK_V01?objid=776&zoom=6. -- Zugriff am 2004-12-23


Abb.: P. Beda Weber OSB. -- Um 1853 

"Weber, Beda, Benediktiner, Theologe, geb. 26.10.1798 Lienz (Osttirol), gest. 28.2.1858 Frankfurt/Main

Der Sohn einfacher Landleute erlernte das Schuhmacherhandwerk, besuchte das Gymnasium der Franziskaner in Bozen, studierte Philosophie, alte und neue Sprachen, Germanistik und Kirchengeschichte an der Univ. Innsbruck und trat 1820 in das Benediktinerstift Marienberg (Tirol) ein. Er studierte Theologie in Innsbruck, empfing 1824 die Priesterweihe und wurde 1825 Lehrer der klassischen Sprachen am Stiftsgymnasum in Meran. Seit 1847 war er Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien, seit 1848 der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1848 vertrat er für die kath. Rechten den Wahlkreis Meran in der deutschen Nationalversammlung. 1849 wurde er Stadtpfarrer von Frankfurt/Main und Domkapitular von Limburg. W. erwarb sich Verdienste um die Wiederbelebung des kath. Lebens in Frankfurt und die Wiederherstellung des Kaiserdoms. Weber war Gründer (1853) und Herausgeber des "Frankfurter katholischen Kirchenblatts" und der politischen Zeitung "Deutschland" (1855). Er veröffentlichte zahlreiche historische, geographische und religiöse Schriften, gab Gedichte Oswalds von Wolkenstein heraus und begründete mit seinem Hauptwerk Das Land Tirol (3 Bde., 1837/38) die Tiroler Volks- und Heimatkunde."

[Quelle: Deutsche biographische Enzyklopädie & Deutscher biographischer Index. -- CD-ROM-Ed. -- München : Saur, 2001. -- 1 CD-ROM. -- ISBN 3-598-40360-7. -- s.v.]

2 Byron

"Byron (spr. bair'n), George Noel Gordon, Lord, der größte engl. Dichter des 19. Jahrh., geb. 22. Jan. 1788 in London, gest. 19. April 1824 in Missolunghi, war durch seine Mutter, Miss Gordon, mit dem schottischen Königshaus verwandt. Sein Vater, Kapitän in der königlichen Garde, der »tolle Jack« genannt, verschwendete in kurzem fast das ganze Vermögen seiner Frau, verließ sie und starb 1791 in Valenciennes. Byrons Mutter, eine Frau von leidenschaftlicher Heftigkeit, zog sich 1790 nach Aberdeen zurück, um der Erziehung ihres Sohnes zu leben. Hier besuchte Byron die Grammar-School, wurde auch einmal, acht Jahre alt, zur Stärkung seiner Gesundheit in die Hoch lande geschickt. Während der ungebundene Aufenthalt in der Herrlichkeit der schottischen Berge ihn an Leib und Seele kräftigte, übte der schnelle Wechsel von ängstlicher Obhut und voller Ungebundenheit einen nachteiligen Einfluss auf seinen Charakter aus, insofern Eigensinn und Übermut in ihm geweckt wurden. Zugleich aber erwachte auch jener Sinn für wilde Naturschönheit, der aus seinen Dichtungen widerklingt. Im Alter von zehn Jahren erbte Byron durch den Tod seines Onkels William (1798) die Lordschaft, wurde unter die Vormundschaft seines Großoheims, des Grafen von Carlisle, gebracht und bezog nach einem kürzern Aufenthalt in London, wo man vergeblich die Heilung seines Klumpfußes versucht hatte, die Schule zu Harrow. Hier schrieb er seine ersten elegischen Verse. Dann bezog er die Universität Cambridge (Trinity College), wo er bereits den Atheisten herauskehrte. In Anlehnung an Gray, Burns, Ossian und die alten Balladen schrieb er die Jugendgedichte: »Hours of idleness« (Newark 1807), die wegen einiger aristokratischer Sonderlichkeiten den Zorn der »Edinburgh Review« herausforderten. Scheinbar unbekümmert lebte er dann auf seinem Stammsitz, der Abtei Newstead, und in der Hauptstadt; eine der Danien, mit denen er sich damals umtrieb, führte er in Pagenverkleidung bei sich; in nächtlichen Mönchsfesten lebte er Walter Scotts Epen nach. Plötzlich gab er eine geharnischte, sein rhetorisches Talent zuerst glänzend bekundende Satire (»English bards and Scotch reviewers«, 1809, in vier Auflagen gedruckt) gegen die unter Jeffreys Leitung stehende »Edinburgh Review« heraus, geißelte alle Romantiker und stellte sich auf den Standpunkt der scheinbar überwundenen Klassizisten. Zur selben Zeit mündig geworden, übernahm er die Verwaltung seiner Stammgüter, nahm seinen Sitz im Oberhaus ein und verließ dann im Juni 1809 London, um mit seinem Freund Hobhouse (vgl. Hobhouse, Journey through Albania, Lond. 1814, zuletzt 1855) ins Ausland zu gehen. Die Reise führte ihn durch Portugal und Spanien nach Malta und Albanien, von wo aus er einen großen Teil von Griechenland und die Küste von Kleinasien bereiste. Er besuchte Konstantinopel, durchschwamm in 1 Stunde 10 Minuten den Hellespont und kehrte nach einem längern Aufenthalt in Athen im Juli 1811 ins Vaterland zurück. Hier erschienen im folgenden Jahre die beiden ersten Gesänge seines »Childe Harold«, die seine Reise bis Griechenland schildern und Werthersche Sentimentalität mit dem romantischen Glanze von Walter Scotts Epen vereinen. Sie machten ihn zum Abgotte der fashionabeln Welt Englands. Diesen Ruhm steigerte eine Reihe von Romanzen, die z. T. noch Früchte der Reise waren: »The Giaur«, »The bride of Abydos« (1813), »The Corsair«, »Lara« (1814), »The siege of Corinth« (1815), »Parisina« (1816). Seine Enttäuschung an Napoleon drückte sich nach dessen Abdankung in der berühmten »Ode to Napoleon Buonaparte« aus und seine Bewunderung für Th. Moores »Irish melodies« in den »Hebrew melodies« (1815). Seine Ehe mit Anna Isabella Milbanke, der einzigen Tochter des Sir Ralph Milbanke (2. Jan. 1815), war bei der großen Verschiedenheit ihrer Naturen nicht glücklich und wurde auch durch die Geburt einer Tochter, Ada, nicht befestigt, so dass es bald zu förmlicher Scheidung kam. Byron mit seiner »umgekehrten Heuchelei« gab sich gern noch schlechter und abnormer, als er war, während seine Frau für Theologie und Mathematik veranlagt war. Die öffentliche Meinung nahm stürmisch gegen ihn Partei (über die sogen. Enthüllungen, die Mrs. Beecher-Stowe 1869 über diese Trennung angeblich aus dem Munde der Lady Byron veröffentlichte, s. unten). Byron verließ daher (25. April 1816) zum zweitenmal England mit der Absicht, es nie wiederzusehen. Er zog durch Belgien und den Rhein entlang in die Schweiz und ließ sich im Juni 1816 an den Ufern des Genfer Sees in der Villa Diodati nieder, wo der Verkehr mit dem Dichter Shelley und dessen Gattin begann. Mit ihm segelte er oft auf dem See; der Einfluss zeigt sich im dritten Gesang von »Childe Harold« (1816). Mit Hobhouse unternahm er einen Ausflug ins Berner Oberland, dessen Reflex im »Manfred« zu erkennen ist, seinem ersten dramenartigen Werke (1817). Trübe Erlebnisse, der »Prometheus« des Äschylus, Goethes »Faust« und der Anblick des Hochgebirges machten ihn jetzt reif und tief. Das zeigt sich auch in dem am Genfer See entstandenen »Prisoner of Chillon« (1816). Im Herbst d. I. zog er nach Italien und ließ sich nach einem Abstecher nach Rom in Venedig nieder, bis gegen Ende 1819. Von seinen hier entstandenen Schöpfungen sind die wichtigsten: der vierte Gesang des »Childe Harold«, der mit dem dritten das vollendete Werk zu dem gedankenreichsten des Dichters macht; »The lament of Tasso«; die köstliche Burleske »Beppo« im Stil des Pulci (1817); die »Odeon Venice« und »Mazeppa« (1818); auch der Entwurf und die ersten Gesänge des »Don Juan«, seines genialsten Werkes, fallen in jene Zeit. Hier ergriff ihn die Liebe zur schönen Teresa Guiccioli, geborne Gräfin Gamba, der er nach Ravenna folgte und Jahre des Glückes verdankte. Von 1819 ab zogen ihn aber die Grafen Gamba in die revolutionäre Bewegung der Carbonari, die damals durch ganz Italien die Patrioten zusammenführte. Auch brachte der 60jährige Graf Guiccioli, der anfangs nichts dagegen hatte, dass seine 16jährige Frau sich der Freiheit ihres Landes bediente, die Sache vor den Papst, der die Trennung der Gräfin von ihrem Gemahl gestattete unter der Bedingung, dass sie unter ihres Vaters Dach leben soll le. Da ihr der Graf die Wahl stellte zwischen Rückkehr zu ihm und dem Kloster, und da zugleich das unglückliche Ende der Revolution über die Gamba die Proskription verhängte, begab sich Byron im Herbst 1821 nach Pisa, wo die beiden Gamba und die Gräfin bereits ihre Wohnung aufgeschlagen hatten. Noch in Ravenna waren entstanden die »Prophecy of Dante«, die Dramen: »Marino Falieri«, »The two Foscari«, »Sardanapalus« und »Cain« und einige weitere Gesänge des »Den Juan«. In Pisa beschränkte sich Byrons täglicher Umgang auf die Familie Gamba, den Dichter Shelley und Leigh Hunt, mit dem er das Journal »The Liberal« herausgab. Aber auch hier sollte er sich häuslicher Ruhe nicht lange erfreuen. Reibungen mit der österreichischen Polizei hatten zur Folge, dass er noch im Sommer 1322 die Stadt verließ und mit den Gamba nach Genua übersiedelte. Zuvor vollzog er noch eine Freundespflicht, in dem er den Leichnam des im Juli d. I. auf einer Spazierfahrt zwischen Livorno und Lerici ertrunkenen Shelley auf einem Holzstoß verbrennen ließ. Sein Aufenthalt in Genua (vom Herbst 1822 bis zum Sommer 1823) zeitigte das Mysterium »Heaven and earth«, das Goethe gewidmete Räuberdrama »Werner«, die misslungene Faustnachahmung »The deformed transformed« und die Fortsetzung des »Don Juan« bis zum 16. Gesang, endlich das exotische Idyll »The island«. Müde seines unsteten, ziellosen Lebens, beschloss B., seine Kräfte dem, Freiheitskampf der Hellenen zu widmen, deren Komitee ihn einstimmig zum Mitglied gewählt hatte, und bestieg Ende Juli 1823 zu Livorno das englische Schiff Herkules, das ihn und mehrere Freunde (darunter den jungen Grafen Gamba) nach Kephallinia führte. Außer vielen Waffen brachte Byron einen bedeutenden Vorrat an Geld und Medikamenten mit. Seine Ankunft ward mit Jubel begrüßt, doch ließ er sich in keinerlei Verpflichtungen gegen irgend eine Partei ein, sondern knüpfte unmittelbar mit der Regierung Verhandlungen an. Um vor allem das schwer bedrohte Missolunghi zu retten, rüstete er zwei ionische Schiffe aus und stellte sich 5. Jan. 1824 selbst dort ein, wo er als Retter aus tiefster Not begrüßt wurde. Für den Abschluss der englischen Anleihe und die Konstituierung der Gesellschaft der englischen Philhellenen war er rastlos tätig; die Härte der türkischen wieder griechischen Kriegführung suchte er durch Beispiele von Mäßigung und Großmut zu mildern und, wenn auch mit geringem Erfolg, die Zwistigkeiten der Griechen zu beseitigen. Die eifrigste Sorge aber widmete er kriegerischen Unternehmungen. Er hatte vom 1. Jan. 1824 an eine Schar von 500 Sulioten in Sold genommen, anderen Spitze er das Schloss von Lepanto, die einzige Festung des westlichen Griechenland, die noch in der Gewalt der Türken war, zu erobern gedachte; 2500 Griechen und eine Batterie der englischen Philhellenen sollten ihn unterstützen. Inzwischen vergeudeten die griechischen Streiter die Zeit mit unnützen Streitigkeiten, und sogar in Missolunghi und unter Byrons Brigade brachen Uneinigkeit und Meuterei aus, die des Dichters reizbares Gemüt mehr angriffen, als sein Körper ertragen konnte. Er bekam zu wiederholten Malen Fieberanfälle und wurde durch die ärztlichen Mittel noch mehr geschwächt. Kaum hergestellt, zog er sich auf einem Spazierritt eine Erkältung zu, die nach zehn Tagen seinem Leben ein Ende machte. Die Kunde von seinem Tode drang wie ein Donnerschlag durch die Welt; ganz Griechenland trauerte um ihn 21 Tage. Sein Herz wurde in einer silbernen Kapsel in einem ihm geweihten Mausoleum zu Missolunghi aufbewahrt, ging aber bei dem letzten Versuch der Besatzung, sich durchzuschlagen (22. April 1826), verloren. Seine Leiche führte Graf Pietro Gamba nach England, wo sie, da ihr die Geistlichkeit ein Begräbnis in der Westminsterabtei verweigerte, in der Dorfkirche von Hucknall bei Newstead Abbey beigesetzt wurde. Seine von Thorwaldsen 1817 in Rom gefertigte (sitzende) Statue befindet sich zu Cambridge (in der Bibliothek des Trinity College); andre Standbilder wurden ihm in Missolunghi und 1881 in London errichtet.

Byrons außerordentliche Begabung fand weder in England noch überhaupt in seinem Zeitalter entsprechende Aufgaben und stellte sich daher falsche, anderen Lösung er die größte Leidenschaft und das zarteste Gefühl, die sinnigste Detailarbeit und riesenhafte Gewalt setzte. Treitschke hat daher (»Gesammelte Aufsätze«) mit Recht das Negative seiner Wirksamkeit betont. Er sehnte sich nach der Schönheit, fand sie aber daheim verkannt, in den klassischen Ländern geknechtet und durch die Heilige Allianz am gefährlichsten bedroht, so dass er mit Pathos und Spott gegen alle Machthaber zu Felde zog. Getäuschter Idealismus trieb ihn zum Weltschmerz, über den er sich im »Don Juan« nur zu einem humoristischen Appell an die Natur erhob. Seine Werke, Verse sowohl als Briefe, wurden herausgegeben von Th. Moore (Lond. 1832-33, 17 Bde., u. ö.); sehr vermehrte Neuausgabe von Coleridge und Prothero (London bei Murray, 1898ff.). Die Gedichte allein, mit biographischem Kommentar, sind in einer bequemen einbändigen Ausgabe von Murray vereint. Eine kritische Ausgabe begann Kölbing (»Siege of Corinth«, »Prisoner of Chillon«, Weim. 1893-96). Zahlreich sind die Schulausgaben einzelner Dichtungen. Aus den deutschen Übersetzungen seien hervorgehoben: die von Böttger (8. Aufl., Leipz. 1901), Gildemeister (4. Aufl., Berl. 1888, 6 Bde.), A. Schröter (Stuttg. 1901, 2 Bde.)."

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

3 Heinrich Heine (1797 - 1856)


1844


An Katharina („Caton")

Bruneck, 16. Hornung 1844.

Liebe Schwester!

....

Galura1 sandte mir ein recht sonderbares Präsent. In einem eleganten Etui einige 40 Bilder — heilige Lithographien, wie Ihr sie genug habt. Ich kann nun wie ein Kapuziner Bilder austeilen. Der Dekan hier kam selbst auf mein Zimmer und überreichte es mir mit der Bemerkung, welche Sensation dieses Gedicht in Brixen gemacht hat. Ein Domherr — Gott verzeih ihm — hatte sogar den dummen Einfall, es an die Redaktion der Allgemeinen Zeitung zu senden. Ich habe es auch der Pepi nach Feldkirch gesendet. Die Jesuiten machen dem Papa wohl viel Not, wenn sie nur geblieben wären, wo sie waren. Du scheinst von dem neuen Aufruhr nicht unterrichtet zu sein. Dass Du nicht gepredigt hast, dank ich Dir, aber wenn Du hier die Partie der zärtlichen Mütter übernehmen willst, an denen es fehlt, so tust Du mir einen Gefallen. Grüße mir alle. Besonders die Eltern und sage Mama, dass ich nicht mehr weiß, ob ich ihr oder sie mir eine Antwort schuldet. Unterhalte Dich die Faschingstage, doch wie es einer Christin geziemt, die da glaubt, dass auch für die Freude die Kirche ihre eigenen Tage bestimmt hat.

Dein

Hermann.


1 Galura

"Galura, Bern(h)ard, kath. Theologe, Fürstbischof von Brixen, geb. 21.8.1764 Herbolzheim/Breisgau, gest. 17.5.1856 Brixen

Galura studierte am Freiburger Generalseminar Theologie und hielt sich nach der Promotion 1787 zu pädagogischen Studien am Generalseminar in Wien auf. 1788 zum Priester geweiht, war er bis 1791 Studienpräfekt, anschließend bis 1805 Münsterpfarrer in Freiburg und seit 1797 daneben Domherr in Linz. Galura wechselte 1805 als geistlicher Referent und Regierungsrat nach Günzburg, war 1810-15 Pfarrer an St. Martin in Freiburg, anschließend Gubernialrat sowie geistlicher Referent in Innsbruck und 1818-29 Generalvikar von Vorarlberg, das damals der Diözese Brixen unterstellt war. Seit 1820 wurde er Bischof, 1829 Fürstbischof von Brixen. Galura bemühte sich besonders um die Katechese, förderte die Theologische Lehranstalt Brixen und veröffentlichte zahlreiche Werke, u.a. ein Lehrbuch der christlichen Wohlgezogenheit (1823, (8)1865). "

[Quelle: Deutsche biographische Enzyklopädie & Deutscher biographischer Index. -- CD-ROM-Ed. -- München : Saur, 2001. -- 1 CD-ROM. -- ISBN 3-598-40360-7. -- s.v.]


1848


An die Mutter

16. März 1848

Ihr Brief vom 27. v. M., liebe Mutter, hat mich, wie alles, was ich von Ihnen habe, hoch erfreut und glauben Sie ja nicht, dass ich Sie um ein Haar mehr lieben würde, verehren und hochachten, wenn Sie plötzlich so freiheitstoll würden, wie ein Wiener Student. Ich liebe in Ihnen nicht die Christin, nicht das fromme Weib, sondern die Gattin, die getreue Gefährtin meines unvergesslichen, in Gott ruhenden Vaters, ich liebe in Ihnen das Weib, das meinem armen Vater die Augen zugedrückt, das für ihn gewacht, mit Angst und Sorge seinen Schlummer belauscht, das für ihn gebetet hat und noch betet, ich liebe in Ihnen die Mutter meiner Geschwister, die letzte Stütze einer Familie, die schütz- und vaterlos in der Welt steht, das ist ein allmächtigeres, heiligeres Band als die Gleichheit der Ansichten, die durch verschiedene Entwicklung, Studium und Anlage, eine verschiedene sein muss unter uns. Lesen Sie meine Briefe als Ausfluss meiner Seele. Ich kann nicht heucheln, liebe Mutter, ich schreibe wie ich denke. Ich könnte Ihnen nicht böse werden, wenn Sie mir die Briefe des hl. Ignatius1 schrieben. Ich weiß auch, Sie schreiben Ihre Überzeugung und ich ehre jede Überzeugung. Aber wundern dürfen Sie sich nicht, wenn ich juble und frohlocke, meine Ansichten haben in der ganzen Welt gesiegt. Es muss doch mehr als ein Knabentraum sein, wofür jetzt2 ganz Europa aufsteht und die Edelsten der Menschen freudig und mit einer Todesverachtung, wie sie nur die Heiligen unserer Kirche hatten, ihr Blut vergießen. Wer kann die Heldentaten in Berlin, Mailand, Paris lesen, ohne zu glauben, dass es sich um das höchste Gut handelt. Hätten Sie nur die Wiener, die als Schlemmer und Genussmenschen bekannten Wiener gesehen, wie sie lachend vor den Schlünden der Kanonen standen und wie sie sich den Bajonetten entgegenwarfen! Die Freiheit, wie jedes Gut, wird erst lieb und wert, wenn man sie erkämpft hat. Ohne Märtyrer hätten wir keine Kirche, Ohne die gefallenen Opfer, ohne Krieg und Blut keine Freiheit. Glauben Sie denn, diese alten Missbräuche werden mit süßen Worten weggeblasen werden? Glauben Sie, alle die Despotenthrone fallen nur von dem Hauche einer gottesfürchtigen Rede? Drum ist gerade der Krieg unser allergrößtes Heil. Hunderttausende werden bluten, aber unsere Nachkommen werden uns segnen und die Geschichte wird uns die Tore des Pantheon öffnen, die einzige Unsterblichkeit, die ein freier Mann verlangt. Auch Sie, liebe Mutter, scheinen sich die politische Umgestaltung der Welt nicht gar so ferne zu halten und die liebenswürdige und geistreiche Tante sorgt gewiss dafür, das Interesse, das gegenwärtig alle Menschenherzen schäumen macht, wach zu halten. Die Frau Tante hat in einem fremden Lande eine politische Erziehung genossen. Ich wende mich daher an sie, wenn ich von., der Zukunft spreche, und es ist doch gut, dass wir über das Heute das Morgen nicht vergessen.

Österreich war seit dem Wiener Frieden3 nur ein geographischer Begriff, keine moralische Macht. Nur die absoluteste Macht konnte die verschiedenen Nationalitäten, die ihren Schwerpunkt alle außer der Monarchie hatten, zusammenhalten. Die eiserne Hand des österreichischen Despotismus ist am 13. März gefallen. Nun folgen alle erkauften, erkämpften und gefreiten Lande der Prinzen von Habsburg den natürlichen Gesetzen der Schwere. Böhmen und Ungarn fällt an das Land der Slawen, Galizien nach Polen, Venedig und Mailand nach Italien und die deutschen Provinzen nach Deutschland. Metternich4 hat in seinem Reisebündel ein Hemd und die österreichische Monarchie fortgetragen. Die Länder aber, Italien, Ungarn und das einige Deutschland, dessen verpönte Farben nun durch alle Gaue glänzen, werden in 2 Jahren Republiken sein wie Frankreich und der christlichste und älteste König, Louis Philipp, kann die Fürsten Europas zu einer Rebhuhnjagd in England oder einer Bärenjagd in Nowa-Zembla einladen. Das ist unsere Zukunft. Ich hoffe, dass wir sie alle erleben und als freie und unabhängige Republikaner so glücklich sein mögen, als es ein großes Bewusstsein möglich macht.

Was unserem lieben Lande Tirol vorbehalten bleibt, wage ich nicht auszusprechen. Die Menschen sind zu lange unter der Zuchtrute einer arroganten Geistlichkeit gestanden, als dass ich sie des offenen Blickes der Verständigung der Zeit fähig halte. Vielleicht ein Bauernkrieg, das grässlichste der Übel. Für uns Beamte sind die schlechtesten Aussichten. Die Russen satteln schon in der Ukraine, um gegen die Freiheit Europas mit der Knute zu protestieren. Ich werde in diesem heiligen Kampfe fallen. Das steht mir klar vor Augen. Dazu muss sich jedes Mannes Herz in dieser Stunde entschließen. Russlands Horden werden fürchterlich wüten in unserem jungfräulichen Brautbett der Freiheit, und wenn wir sie nicht in ihre Schneefelder zurückwerfen, ist alles verloren. Schon hat Preußen die Polen freigegeben, Österreich muss nachfolgen, und somit ist der Krieg erklärt. In Italien ist nichts Entscheidendes. Das ist und bleibt verloren und der Verlust ist unser höchster Gewinn. Zu fürchten ist nur der Russe; der letzte „Meineidige" der heiligen Allianz6.

Noch ein Wort dem Bruder Franz. Ich schämte mich des Gedankens, dass Du nicht zur Reife des Bewusstseins gekommen bist, in dieser Zeit mit offenen Augen und Sinnen zu leben. Ich bitte Dich daher, mir über Innsbrucker Zustände, wie Du sie siehst, hörst und fühlst, Berichte zu schreiben. Du erzeigst mir ein wahres Bruderwerk. Ich bitte Dich darum.

Für Gott und die Freiheit

Euer H.


Erläuterungen:

1 Ignatius von Loyola, Gründer des Jesuitenordens, den Gilm besonders bekämpfte

2 in den Freiheitsrevolutionen (Märzrevolutionen) 1848

3 Wiener Kongress 1815, bei dem alle politischen Mächte Europas sich anlässlich der Niederlage des napoleonischen Frankreichs versammelten und Europa neu verteilten.

4 Klemens Wenzel Lothar von Metternich (1773 - 1859), österreichischer Politiker, treibende Kraft beim Wiener Kongress

5 Louis Philippe  (Louis XIX.), König der Franzosen (1773 - 1850)

6 Heilige Allianz: Bündnis, das die drei Monarchen Russlands, Österreichs und Preußens während ihres Aufenthaltes in Paris anlässlich der Unterzeichnung des zweiten Pariser Friedens mit dem besiegten Frankreich am 26. September 1815 schlossen. Verkündet wurde die Allianz dann auf dem Wiener Kongress(1814/15).


1849


An Katharina („Caton")

Wien, 7. November 1849 Liebste Schwester!

...

Die neuen Dichter in Tirol bringen einen wahren Schund zutage. Ich weiß, warum ich schweige — aber eines Tages werde ich das alte, weggeworfene Schwert wieder aufnehmen und all das Ungeziefer in das vormärzliche1 Dunkel zurückjagen. Die „Alpenrosen" ist eine wahre Schandsäule für Tirol.

Gegenwärtig sind alle Länderchefs hier versammelt, außer Bissingen2, der auch erwartet wird. Die Organisierung schreitet rasch vorwärts. Von einigen Kronländern sind die Vorschläge schon da. Aus Tirol noch nichts. Diesen Monat wird sich mein Schicksal wohl entscheiden. Vielleicht Ade liebes, liebes Wien. Vielleicht. Ich habe dem Erzherzog Johann3 vor einigen Tagen nach Frankfurt geschrieben und soeben erfahre ich, dass an Minister Bach4 wegen meiner von Johann ein Schreiben eingelangt ist. Mich wundert's, dass ich noch nicht zum Minister gerufen bin. Es könnte mir also doch glücken, Ministerialkonzipist zu werden, dann bleibe ich hier. Gloria in excelsis5.

Franz weiß nichts Neues zu berichten, als die traurige Aussicht, über Winter noch viel Militär ins Land zu bekommen. Ich bin kein Freund der Militärherrschaft, aber für Tirol sind Truppen eine wahre Gottesgabe. Das lustige Kriegsvolk wird den finsteren Mönchsgeist bald aus den Bergen jagen und einige Regimenter wirken mehr auf das pfaffenverdummte Volk als alle liberalen Zeitungen, die der Bauer nicht liest oder nicht lesen darf. Das Unterrichtsministerium geht nun ernstlich daran, die Volksschulen aus den Händen der Geistlichkeit zu nehmen. Es sind bereits in allen Ländern weltliche Schulräte organisiert, die 2000 fl.6 haben und in der siebenten Klasse stehen, wie die Hofsekretäre. Das ist ein bedeutender Schritt vorwärts. Gott gebe unseren Ministern nur die Ausdauer und den Mut, denn der Kampf mit den Schlangen ist nicht so leicht. Hier und allerorts ist man sehr erfreut über diese Maßregel — denn man weiß, wie elend die Volksschulen unter der Herrschaft der Geistlichkeit bestellt sind. Lesen und Schreiben gelten als protestantische Erfindungen, aber mit Aberglauben aller Art werden die Kinder großgezogen, bis aus Dummen ganze Zeloten7 werden, oder die Gescheiten alle Religion über den Haufen werfen.

Wenn in meiner Erziehung nicht gar so plump zu Werke gegangen worden wäre, wenn die Abgeschmacktheit nicht gar so nackt hingestellt worden wäre, ich hätte wohl nicht so früh — ein halbes Kind — den ganzen Katholizismus über Bord geworfen. Ich bin zwar froh, so früh damit fertig geworden zu sein, aber es braucht einen eigenen Gott im Herzen, ohne Religion, so ohne Leuchte der Vernunft herumzutappen. Die Poesie hat mich über diese gefährliche Kluft hinausgetragen, und wo ich seitdem angelangt bin, da ist das Land der Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit, das wahre Land Christi. Ich bin ein Christ im wahren Sinne des Wortes, ein Christ des Evangeliums, und es ist nicht ein Wort darin, das ich nicht bestätige. Aber was die Menschen dazu gemacht haben, ist pure Alfanzerei8. Politik, Philosophie und Religion ist eines und dasselbe geworden. Doch das ist Dir noch zu hoch. Vielleicht verständigen wir uns einmal mündlich, wenn Du so gottesfürchtig sein willst, einmal die Evangelien — die unverfälschten — zu lesen, um zu sehen, wie jeder Satz Christi mit den Taten seiner jetzigen Priester im Widerspruche steht. Schreibe bald.

Grüße an alle.

Dein alter H.


Erläuterungen

1 vor den in den Freiheitsrevolutionen (Märzrevolutionen) 1848

2 Bissingen:

"Bissingen und Nippenburg, Cajetan Graf von, österr. Staatsmann, geb. 18.3.1806 Venedig, gest. 10.5.1890 Schramberg (Württemberg)
Der Sohn des Gouverneurs Ferdinand von Bissingen war 1848 Mitglied des Fünfzigerausschusses des Vorparlaments und des Verfassungsausschusses in Frankfurt/Main. Er verließ jedoch das Parlament, trat in den österr. Staatsdienst und wurde 1849 Statthalter von Tirol. In dieser Funktion eröffnete er u.a. die zentralen Gerichte in Innsbruck und förderte die Einführung der Telegraphie. Nach einjähriger Tätigkeit als Statthalter in Venedig trat er 1860 in den Ruhestand, blieb aber als Mitglied der Zentrumspartei weiterhin politisch tätig. Bissingen gehörte der Württembergischen Kammer und seit 1872 dem Deutschen Reichstag an, wo er sich im Kulturkampf hervortat."

[Quelle: Deutsche biographische Enzyklopädie & Deutscher biographischer Index. -- CD-ROM-Ed. -- München : Saur, 2001. -- 1 CD-ROM. -- ISBN 3-598-40360-7. -- s.v.]

3 Erzherzog Johann von Österreich (1782- 1859). 1848 wählte ihn die Frankfurter Nationalversammlung zum Reichsverweser. Nach dem Scheitern der Märzrevolution legte er das Amt Ende 1849 wieder nieder.

4 Minister Bach:

"Bach, Alexander Frh. von, österr. Staatsmann, geb. 4.1.1813 Loosdorf (Niederösterreich), gest. 12.11.1893 Schloss Schönberg (Niederösterreich)

Nach dem Jurastudium war Bach neun Jahre im Staatsdienst tätig und übernahm 1843 die Anwaltskanzlei seines Vaters. Als Mitbegründer und führendes Mitglied des liberalen "Juridisch-politischen Lesevereins" unterstützte er die Märzrevolution von 1848, wurde in den Wiener Gemeinderat und die Nationalversammlung gewählt und im Juli d.J. im Kabinett Doblhoff-Wessenberg Justizminister. Unter dem Eindruck der Radikalisierung der Wiener Revolution wandte er sich dem konservativen Lager zu, wurde daraufhin im Kabinett des Fürsten Felix Schwarzenberg Justizminister und führte durch die Ablösung der Grundlasten und die Aufhebung der grundherrlichen Obrigkeitsrechte die Bauernbefreiung zu einem Ende. Als Innenminister in der Nachfolge des erkrankten Franz Graf Stadion schuf er das "Bachsche System". Durch die Sylvesterpatente Kaiser Franz Josephs I. 1851 wurden Verfassung, Grundrechte und Geschworenengerichte aufgehoben und ein Neoabsolutismus begründet, der für ein Jahrzehnt das politische Leben in Österreich bestimmte. Nach dem Tod Schwarzenbergs übernahm der Kaiser 1852 selbst die Staatsführung, Bach wurde als Präsident der Ministerkonferenz einflussreichstes Regierungsmitglied und 1854 in den Freiherrenstand erhoben. Durch die strenge Durchsetzung des Zentralismus gelang Bach eine einheitliche Verwaltungsorganisation und somit die Stärkung der staatlichen Macht, im Konkordat von 1855 überließ er der kath. Kirche jedoch weitgehenden Einfluss, besonders im Schulbereich. Nach den Niederlagen von Magenta und Solferino im Italienischen Krieg musste Bach als Sündenbock herhalten und wurde entlassen. Bis 1865 war er Botschafter beim Heiligen Stuhl in Rom, ehe er sich ins Privatleben zurückzog. Sein vielfach befehdetes System bildete einerseits die Grundlage für die Neugestaltung des Staates, die bis zum Ende der Donaumonarchie (1918) wirksam blieb, anderseits verschärfte sein auf das Deutschtum gestützter Zentralismus die Nationalitätenfrage."

[Quelle: Deutsche biographische Enzyklopädie & Deutscher biographischer Index. -- CD-ROM-Ed. -- München : Saur, 2001. -- 1 CD-ROM. -- ISBN 3-598-40360-7. -- s.v.]

5 "Ehre [sei Gott] in der Höhe"

6 fl. = Gulden

7 Eiferer, Fanatiker

8 Alfanzerei = Albernheit; albernes Gehabe.


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