Zitierweise / cite as:
Schoppe, Kaspar <1576 - 1649>: Brief über die Verbrennung Giordano Brunos (1600-02-17) / hrsg. von Alois Payer. -- Fassung vom 2004-09-19. -- URL: http://www.payer.de/religionskritik/schoppe01.htm
Erstmals publiziert: 2004-09-19
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Dieser Text ist Teil der Abteilung Religionskritik von Tüpfli's Global Village Library
Quelle:
Godman, Peter <1955 - >: Die geheime Inquisition : aus den verbotenen Archiven des Vatikans. -- München : Ullstein-Taschenbuchverlag, 2002. -- 400 S. -- (List-Taschenbuch ; 60201). -- ISBN 3-548-60201-0. -- S. 27 - 30. -- Dort Quellenangabe
"BRUNO, Giordano Phillipo, Naturphilosoph, * 1548 Nola (bei Neapel), † 17.2. 1600. - Giordano Phillip studierte ab 1562 in Neapel humanistische Wissenschaften. 1565 trat er in den Dominikanerorden in Neapel ein und nahm den Ordensnamen Giordano an. 1566 wurde Bruno erstmals der Ketzerei verdächtigt, als er sich weigerte, Marien- und Heiligenbilder in seiner Zelle aufzuhängen. Nachdem Bruno 1572 zum Priester geweiht worden war, begann er ein Studium der Theologie und verfasste sein erstes Werk "Die Arche Noah", das er dem Papst widmete. 1575 beendete B. sein Theologiestudium, zog aber im Zusammenhang mit seinem Zweifel am Trinitätsdogma den Verdacht der Ketzerei auf sich, weswegen er schließlich Neapel verließ. Es folgten ruhelose Wanderjahre in Italien, der Schweiz, Frankreich, England und Deutschland in denen es B. aufgrund der Ablehnungen seiner Schriften sowie politischer Unruhen nicht gelang, sich längerfristig aufzuhalten. Wo immer er versuchte, sich niederzulassen, geriet er schon nach kurzer Zeit in Konflikt mit den lokalen Gelehrten. In Frankfurt lernte er schließlich den venezianischen Patrizier Moncenigo kennen, der B. bat, ihn in Gedächtnis- und Erfindungskunst zu unterrichten, sich aber heimlich erhoffte, B. würde ihn in die Geheimnisse der Magie einweihen. Als B. 1592 schließlich in Venedig eintraf, erkannte Moncenigo seinen Irrtum und denunzierte ihn bei der venezianischen Inquisition, die ihn am 22. Mai 1592 festnahm. Nach jahrelangen Verhörungen und Untersuchungen, in denen B. seine Lehren nicht widerrief, wurde er am 17. Februar 1600 auf dem Campo dei Fiori in Rom bei lebendigem Leib verbrannt. G.B. hinterließ eine Reihe philosophischer und satirischer Schriften, aber auch Schriften zur Gedächtniskunst. Im Mittelpunkt seines Denkens steht die Annahme, das Universum sei unendlich. Damit ist zum einen die quantitative Unendlichkeit von Raum und Zeit und zum anderen die qualitative Unendlichkeit der unterschiedlichen Dinge gemeint. Damit stand er aber im Gegensatz zu der scholastischen Methode, deren Vertretern er vorwarf, in einem verschulten Aristotelismus nur Abstraktionen gelten zu lassen, damit aber für die Vielheit der Welt blind zu sein. Auch lehrte er, dass das Universum nicht aus verschiedenen leblosen Entitäten bestehe, die sich gegenseitig allenfalls kausal beeinflussten, sondern das Universum sei vielmehr ein organisches Ganzes, in dem jedes Einzelteil beseelt ist und mit den anderen Dingen in einem Wechselwirkungsverhältnis steht. Bestimmte philosophische Konstruktionen wie das Subjekt- Objekt- Verhältnis waren für Bruno daher sinnlos. Auch lehnte er es ab, Gott als Demiurg zu betrachten; da im Universum alles beseelt sei und in einem Zusammenhang steht, muss im Sinne der antiken Lehre des Pantheismus eine Identität von Gott und Natur angenommen werden. Dies wiederum hat zur Folge, dass Gott nicht durch philosophische oder theologische Argumentation erkannt werden kann, sondern nur durch die Erforschung der Natur. Da aber der Mensch nur ein Teil des übergeordneten Organismus ist, kann er folglich auch nicht durch die intensive Erforschung der Natur zum absoluten Wissen gelangen; dies bleibt ausschließlich Gott vorbehalten. Sein Werk hat sehr unterschiedliche Interpretationen erfahren. So wird er von der einen Seite als Verteidiger der Naturwissenschaften und aufgeklärter Verteidiger und Vorläufer der Moderne betrachtet; andere wiederum sehen in ihm den Vertreter eines unwissenschaftlichen und mystifizierenden Weltbildes. Unstrittig dürfte jedoch sein Einfluss auf zahlreiche Denker, wie z.B. Baruch Spinoza und G.W.F. Hegel sein. " [Quelle: Emilian Buza. -- http://www.bautz.de/bbkl/b/bruno_g_f.shtml. -- Zugriff am 2004-09-19]
»Heute ... sah ich mit eigenen Augen, wie Giordano Bruno, als
Ketzer überführt, auf dem Campo dei Fiori vor dem Theater des Pompeius
öffentlich verbrannt wurde ... Wärest Du zu diesem Zeitpunkt in Rom gewesen, Du
hättest von vielen Italienern zu hören bekommen, da sei ein Lutheraner verbrannt
worden, und das hätte Dich in der Ansicht bestärkt, dass wir [Katholiken]
grausam sind. Doch musst Du wissen ... dass unsere italienischen Freunde nicht
fähig sind, Ketzer voneinander zu scheiden oder zwischen ihnen zu unterscheiden.
Sie meinen, alles Ketzerische müsse lutherisch sein. Möge Gott sie in dieser
Unbedarftheit belassen und sie davor bewahren, jemals den Unterschied zwischen
einem Irrglauben und einem anderen zu erkennen! Sonst,
fürchte ich, werden sie dieses Wissen und Erkenntnisvermögen für teuer erkauft
halten. Höre von mir die Wahrheit ... Nicht ein einziger Lutheraner oder
Calvinist muss in Rom um sein Leben fürchten - es sei denn, sein Rückfall [in
die alten Irrtümer] hat sich zum öffentlichen Ärgernis ausgewachsen.
Nach dem Willen des Papstes sollen alle Lutheraner freien Zutritt zur heiligen
Stadt haben und von den Kardinälen und Prälaten der Kurie freundlich und
menschlich behandelt werden ... Selbst ich hätte wohl den allgemeinen Gerüchten,
dass Bruno als Lutheraner verbrannt wurde, Glauben geschenkt, wäre ich nicht
dabei gewesen, als im Heiligen Offizium das Urteil gegen ihn gefällt wurde, und
hätte ich dort nicht begriffen, zu welcher Art der Ketzerei er sich bekannte.
Geboren ist Bruno in Nola im Königreich Neapel. Er war Dominikanermönch; vor
achtzehn Jahren bekam er zum ersten Mal Zweifel an der [Lehre von der]
Transsubstantiation ... und leugnete sie rundweg ab. Dann, mit einem Mal,
äußerte er auch Zweifel an der Jungfräulichkeit der heiligen Maria, floh nach
Genf und blieb dort zwei Jahre, aber da er sich in diesem Zeitraum dem
Calvinismus (der auf direktestem Wege zum Atheismus führt) nicht anschließen
mochte, wurde er ausgewiesen. Von dort ging er nach Lyon, dann nach Toulouse und
dann nach Paris, wo er eine außerordentliche Lehrverpflichtung übernahm, da er
feststellte, dass die ordentlichen Professoren gezwungen wurden, die Messe zu
besuchen.
Später ging Bruno nach London und veröffentlichte dort sein Buch Der Triumph der
Bestie - das heißt des Papstes ... Hierauf ging er nach Wittenberg, wo er (wenn
ich nicht irre) ein öffentliches Glaubensbekenntnis ablegte, zog dann nach Prag
und publizierte dort Über die Unermesslichkeit und Unendlichkeit, Über die
Unzählbarkeit ... und Über Schatten und Ideen. In diesen Büchern behauptet Bruno
grässlich widersinnige Vorstellungen: dass es unzählige Welten gibt; dass die
Seele von Körper zu Körper oder in eine andere Welt hinüber wandert; dass eine
einzige Seele
zwei Körpern zugleich Gestalt verleihen kann; dass die Magie nützlich und
zulässig ist; dass der Heilige Geist nichts anderes ist als die Weltseele; ...
dass die Welt seit Ewigkeit existiert; dass Moses seine Wunder mit Hilfe der
Magie vollbrachte, in der er besser bewandert war als die übrigen Ägypter; dass
er sich seine Gesetze selbst ausdachte; dass die Heilige Schrift eine Täuschung
ist; dass Teufel heilbringende Taten tun können; dass nur die Juden von Adam und
Eva abstammen, die übrigen Menschen dagegen von zwei Wesen, die Gott am Vortag
erschaffen hat; dass Christus nicht Gott ist, sondern ein meisterhafter
Zauberer, der die Leute an der Nase herumführte und deshalb zu Recht gehängt
wurde ... nicht gekreuzigt; dass Propheten und Apostel gottlos waren und einige
von ihnen als Zauberer gehängt wurden. Ich würde gar kein Ende finden, wenn ich
alle Hirngespinste wiedergeben sollte, die Bruno in seinen Büchern und in
persona behauptete. Mit einem Wort, er war ein unerschütterlicher Verfechter all
dessen, was heidnische Philosophen und alte oder neue Häretiker vorgebracht
haben.
Von Prag aus ging er nach Braunschweig und Heimstellt, und dort bekannte er sich
zeitweilig zu ihrem Glauben. Dann zog er nach Frankfurt, wo er ein Buch
veröffentlichte, und schließlich fiel er in Venedig in die Hände der
Inquisition. Nach geraumer Zeit wurde er von dort nach Rom verbracht, vom
Heiligen Offizium der Inquisition vielfach verhört und von ihren
hervorragendsten Theologen verdammt. Dennoch bekam er vierzig Tage Bedenkzeit,
in denen er abwechselnd seinen Widerruf in Aussicht stellte, seine
nichtswürdigen Ansichten verteidigte und einen weiteren Aufschub von vierzig
Tagen forderte. Aber im Grunde führte er den Papst und die Inquisition nur an
der Nase herum.
Fast zwei Jahre nach seiner Verhaftung durch die Inquisition, am 9. Februar,
wurde Bruno im Palast des Großinquisitors und in Gegenwart der erlauchtesten
Kardinal-Inquisitoren ... der theologischen Berater und des römischen
Stadtoberhaupts, das die weltliche Justiz repräsentierte, in
den Gerichtssaal geführt, wo er niederknien und den Urteilsspruch anhören
musste. Er ging so: Erst wurde von seinem Leben, seinen Studien und seiner Lehre
berichtet und darauf hingewiesen, mit welcher Fürsorglichkeit die Inquisition
versucht hatte, ihm seinen Irrweg aufzuzeigen und ihn brüderlich zu ermahnen.
Geschildert wurde, wie hartnäckig und gottlos Bruno gewesen war, dann wurde ihm
seine Stellung als Geistlicher aberkannt, woraufhin man ihn exkommunizierte und
dem weltlichen Arm zur Bestrafung übergab mit der Bitte, die Strafe möge so
gnädig ausfallen wie möglich und ohne Blutvergießen vonstatten gehen. Während
der ganzen Zeit erwiderte Bruno kein Wort, nur einmal sagte er in drohendem Ton:
»Vielleicht habt ihr, die ihr dies Urteil fällt, mehr Grund zur Angst als ich,
der ich es hinnehmen muss.< So wurde er von den Männern des Stadtoberhaupts ins
Gefängnis gebracht, wo man ihn noch acht Tage lang festhielt, für den Fall, dass
er seine Irrtümer widerrufen wollte; aber ohne Erfolg. Und deshalb wurde er
heute auf den Scheiterhaufen geschickt. Als ihm vor dem Tod das Bild des
Gekreuzigten hingehalten wurde, wies er es mit bitterer Verachtung zurück. Er
ging in den glühenden Flammen elendiglich zugrunde und war vielleicht kurz
davor, auf die Welten zu verzichten, die er erdacht hatte. Und so werden
gotteslästerliche und gottlose Menschen für gewöhnlich von den Römern
behandelt.«
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