Religionskritisches von Ludwig Thoma

Josef Filser über den Zölibat

von Ludwig Thoma


Herausgegeben von Alois Payer (payer@payer.de)


Zitierweise / cite as:

Thoma, Ludwig <1867-1921 >: Josef Filser über den Zölibat.  -- 1912. -- Fassung vom 2004-06-15. -- URL:  http://www.payer.de/religionskritik/thoma07.htm     

Erstmals publiziert: 2004-06-15

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Dieser Text ist Teil der Abteilung Religionskritik  von Tüpfli's Global Village Library


Erstmals erschienen in:

Thoma, Ludwig <1867-1921 >: Jozef Filsers Briefwexel. Zweites Buch. -- München : Langen, 1912.



Abb.: Pfarrköchin. -- Von Eduard Thöny (1866 - 1950)

[Bildquelle: Thoma, Ludwig <1867-1921 >: Jozef Filsers gesamelter Briefwexel : 2 Bde in einem / Ludwig Thoma. Mit 30 Zeichngn v. Eduard Thöny . -- München : Langen, [1938] -- S. 247]

An Hern Sepastian Hingerl Oegonohm
in Haspelmohr bei Brugg.

Liber Freind, durch dissen Brif wo Du mier als unbekahnter geschriem hast bien ich schohn ser bedrofen gewest, intem das Du geschriewen hast, das fier ins Oegonohmen und Gitler und ieberhaupts das Landfolk die hohe Geischlichkeid ein Laibschaden ist und mier ausgeschmierbt sind und Du wielst die Schtimme des bidernen Landmahnes fernähmen, wo im Barlamend siezt und was disser eißert wielst Du wiesen nach dissem Ereignis, wo sich drei hochwierninge Bfahrer als unkeisch aufgewisen hawen.

Mein liber Mentsch durch disses hawe ich beschlosen, das meine Schtimme ertöhnen sohl und wiel ich Dir schohn die geischlingen Ferheltnise auseinahnder säzen.
Zun erschten Bunkt ieber die Geschlächter mus ich mit schmärz sahgen, das es leuder sich öfters begäben had, das ein geischlinger Her damid umget wie ein anderner auch oder gleich gahr wie ein ledinger Bauerngnecht. Und klaube ich das es fon dem guthen Esen herkohmt, wo inserne Bfahrer haben und wo ienen ein hiziges Blüt machd, den balst Du schohn ein unferninftinges Geschäbf gahr so hiezig futherst wierd es auch gans bährig und wield.

Ja mein liber Mentsch balst Du inserne Bfahrer anschauxt had keihner under zwei Zendner und ist lauder kernigs Fleusch und durchwaxen mit einen fästen Späk und die Köbf sind ahle brenrot und aufdrieben und plau, intem sie das Blüt so druckt und hawen auch file bazelte Auhgen, wo disses beweust das einer ein guder Gokhel ist aber leuder er derf nichd.

Nach der Frumeß haud der geischlinge Her ein bar Wirschte mid Sembf hinunder und drinkt braf Bier oder Weihn das ers aushalden kahn bis Miedag, wo er Knedl krigt und ein Kalpsbradl und ein bfefferten Salad und ein Hähnerraguh und Kiecheln oder Schmahren und drinkt braf Bier oder Weihn.

Und jez get es bei iem los intem das es nichd so schnehl herausget wie bei dem Oegonohm sondern es get umeinahnd und kohmt ins Blüt und jez mus er in Beuchtstul und drukt ien schtark haber er mus Beucht hörn und fieleichd ist es ein junges Mentsch wo ieren Läbenswahndel ofenbahrig machd und ist oft so schweihnern das es unsereins auch erfreien mächte und erfreit den geischlingen Hern fieleichd auch und frahgt rechd lübreich.

Mein liber Mentsch nacher weist schohn wis oft get und ist desweng einer kein Batsi sontern ein Mahn wo nichd mer anderst kahn und wie mir ahle, plos ist er geweichd.

Oder bald es im Nachmidag nichd so auftrieft und der geischlinge Her ist auf die Nachd ein Gsölchtes und ist schtark gesahlzen und Kraud und drinkt braf Bier oder Weihn und es glopft und kohmt die Kechin hereihn und had ein schtarkes Härz.

Jez fragt sie iem wie das es iem geschmökt had und had iem aber ser gud geschmökt und glopft er ier fohler Giethe hinden und durch disses bleubt ofd die Hand dohrt. Mein liber Mentsch, disses get nicht durch die Rähligon sondern durch die Weisbielder, wo mahn schon kent und fiele kohmen in Bfarhof zum jahmern intem das der Mahn under der Wochen miede ist und am sontag ist er besobfen und wiel ieberhaubts seine ru hawen den disses ist auch im Türreiche nichd das ein Gokhel plos eine Hähn mag so lang er läbt und jez laufft das Weisbield in Bfarhof und jahmert und der geischlinge Her mus ahles hörn. Disses ist hard und kanz nichd jäder aushalden und einer schohn gar nichd der wo lädig ist und noch keinen Habschei und Graußen for die Weisbielder had dadurch das er ferheirat ist und filles siecht, wo eihner nicht siecht der plos mit Lübe kohmt auf eine kleine Weule. Haber mein liber Mentsch ich hawe durch disses das jez so fiele geischlinge Härn fier schweihnern erkahnt werden insern hochwierningen Hern Bfahrer befrahgt woher das es kohmt und er had gesagd mein guder Jozef sagd er disses kohmt durch die Zeidungen wo ahles aufstürn und ofenbahrig machen und sich freien bald sie ins erwieschen. Den sagd er mein guder Jozef frieherszeiten da had die Mentschheid keine so boßhaften Brielen aufgehabd wie jäzd wo sie ahles sähen. Da hawe ich gesagd, das es hald leuder gengen das gelübte der keischheid ist, haber da had er mit lauder Schtime gesagd mein guder Jozef disses ist ein schräklicher ierthum fon die Leite das sie iemer noch klauben, das mier keisch sein missen sontern mier missen es nichd und mier hawen plos das zelabad. Da hawe ich gesagd ob man zwegen dem zelabad ahles ferichten derf? Oh ja had er gesagd, haber plos heuraden derf man nichd, sagd er.

Disses mache ich Dir jäzd zum wiesen mein lüber Mentsch weils fieleichd noch nichd weist das der geischlinge Her im zelabad ahles derf und ist der Bedrefende kein Batsi wo sein gelübde ferlezt sontern plos das sexte Geboth wie mir ahle.

Und hawe ich auch schon gedenkt das ein zelabad was schenes ist intem das keine keischheid nichd dabei sein mus und bald einer ferheirat ist da ist er fil liber keisch und had seine ru fon ier haber im zelabad da kahn einer schohn luschtig sein weils nichd alerweil die nemlinge ist. Da ist es keine kunzt.

Die Weisbielder wo es nichd ferstehen hawen das greste Derbarmniß mit den zelabad und klauben das mahn damid heulig ist und derweil sind plos mir die thumen, intem das mir heiraden.

Mein lieber Mentsch jez must Du es wiesen das die geischlingen Hern ahles derfen wie mir und sind aber fiel hieziger zwegen ierer guten Koscht und das zelabad ist kein verbot nichd sondern ein schuzmidel gengen die Folgen der Lübe wo es fier ins im heiraden leuder gibd.

Die keischheid insernes heuligen kadollischen Glaubens giebt es schohn aber plos bei die Kabaziner und bei die Fransiganer und fileicht bei die Benadicktiner und kahn aber plos desweng sein weil disse Mähner eingespert siend und sär wenig zum äsen krigen, und auch keine Kechinen haben.

Daturch kohmt es bald in einer Gegent die unsittlichkeid zimlich schtark ist, das mahn die Kabaziner dariber last zum brädigen und wirst es schohn gehärt haben mein liber wie es auf der kantsel zuget bald so einer anfangt und es die weisbilder hinreubt und haben schon ein andernes schmaltz wie inserne Bfahrer.

Disses wird ofd ferwexelt das mahn die Bfahrer fier keisch bedrachtet, und sind es aber die Kabaziner intem es die räligohn so eingericht had das sie im kloschter kein weisbield zum sähen krigen und krigen sie wenig fleusch sontern solchene speißen wo nichd ins Blüt gehen; das andere aber wo mahn fieles esen derf und eine kechin dabei had und eine junge Base auf Besuch und zum kochen lärnen heist mahn zelabad und ist nich so draurig wie die keischheid.

Dises beschtetigt auf wuntsch der biderne Landmahn im Barlamend mit nahmens Jozef Filser
kgl. Abgeorneter.



Abb.: Zeitungswerbung [Bildquelle: http://www.kath.ch/zoefra/. -- Zugriff am 2004-06-15]

"Zölibat

Ehelosigkeit „um des Himmelreiches willen“. In der Urkirche keine Pflicht. Im Abendland von der Synode von Elvira (300) Bischöfen, Priestern und Diakonen vorgeschrieben. Papst Leo I (440-461) erweiterte die Bestimmungen auch auf Subdiakone. Im Orient durften verheiratete Priester ihre Ehe fortsetzen, doch keine neue schliessen.  (vgl. kirchenrechtliche Regelungen der Ostkirche, im katholischen Bereich die Priester der – mit Rom – unierten Kirche des byzantinischen Ritus. Diskussiongrundlage auch für Alternativen in röm.-kath. Kirche). Mönche mussten im Osten wie im Westen unverheiratet sein.

Aus religiösen Gründen gewählte Ehelosigkeit. („um des Himmelreiches willen“), verbunden mit Keuschheit und Jungfräulichkeit (bei Priestern, Angehörigen von Orden und Instituten des geweihten Lebens). Beginnt mit der Weihe zum Diakon. Seit 1139 Pflichtzölibat, als das zweite Laterankonzil Priesterehen für nichtig erklärte. Dispens ist mit Entlassung aus dem Klerikerstand verbunden. (Laisierung)."

[Quelle: http://www.kath.de/kurs/vatikan/zoelibat.php. -- Zugriff am 2004-06-15]


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