Materialien zum Sanskrit

Bildung der Präsensstämme


von Alois Payer

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Zitierweise | cite as:

Payer, Alois <1944 - >: Bildung der Präsensstämme. -- (Materialien zum Sanskrit). -- Fassung vom 2008-10-18. --  URL: http://www.payer.de/sanskritmaterialien/praesensstamm.htm             

Erstmals publiziert: 2008-10-18

Überarbeitungen:

Anlass: Lehrveranstaltung HS 2008

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0. Übersicht



1. Thematische Präsensstämme


Der Präsensstamm lautet auf den Themavokal -a aus.

Vor mit m- oder v- anlautenden Endungen (außer -m) wird der Themavokal durch -ā ersetzt.
z.B. bhav-ā-mi


1.1. Erste Präsensklasse (bhvādigaṇa)


Hochstufige Wurzel + -a

z.B. bhū "werden": bho-a-ti » bhavati


Hierher werden von den indischen Grammatikern auch gerechnet:


1.1.1. Tiefstufige Bildungen


Wurzeln mit -ī- bzw. -ū- vor Konsonant sowie mit i, u, ṛ vor zwei Konsonanten

z.B. īkṣ "sehen": īkṣ-a-te


1.1.2. Dehnstufige Bildungen


z. B. kram "schreiten": krām-a-ti (aber Ātm.: kram-a-te)


1.1.3. Präsensstämme auf -ccha


Tiefstufige Wurzel

z.B.

gam "gehen": gm-ccha-ti » ga-ccha-ti

yam "darreichen": ym-ccha-ti » ya-ccha-ti


1.1.4. Reduplizierte thematische Präsensstämme


Tiefstufige Wurzel

z.B.

pā "trinken": pi-b-a-ti

sthā "stehen": ti-ṣṭh-a-ti

sad "sitzen": si-sd-a-ti » sīd-a-ti


1.2. Sechste Präsensklasse (tudādigaṇa)


Tiefstufige Wurzel + -a

z.B. diś "zeigen": diś-a-ti


Hierher werden von den indischen Grammatikern wegen des vedischen Akzents auch gerechnet:


1.2.1. Thematische Präsensstämme mit Nasalinfix


Tiefstufige Wurzel

z.B.

muc "loslassen": mu-n-c-a-ti » muñc-a-ti

vid "finden": vi-n-d-a-ti

sic "träufeln": si-n-c-a-ti » siñcati


1.2.2. Präsensstämme auf -(c)cha


Tiefstufige Wurzel

z.B.

iṣ "wünschen": iṣ-cha-ti » iccha-ti

pracch "fragen" (eigentlich: praś): pṛś-cha-ti » pṛccha-ti


1.3. Vierte Präsensklasse (divādigaṇa)


Tiefstufige Wurzel + -ya

z.B. kup "zürnen": kup-ya-ti


Hierher werden von den indischen Grammatikern auch gerechnet:


1.3.1. Dehnstufige Bildungen


Wurzeln auf -am sowie die Wurzel mad "fröhlich sein"

z.B.

śram "müde werden": śrām-ya-ti

mad "fröhlich sein": mād-ya-ti


1.3.2. Wurzel, die von den indischen Grammatikern auf -o angesetzt werden


Tiefstufige Wurzel

Gehören eigentlich zur sechsten Präsensklasse

do (dā) "teilen, binden": di-a-ti (nicht: d-ya-ti) » dy-a-ti

śo (śā) "wetzen": śi-a-ti » śy-a-ti

so (sā) "binden": si-a-ti » sy-a-ti


1.4. Passiv Präsens (Suffix yak)


Gebildet wie ein Ātmanepada der 4. Klasse

Tiefstufige Wurzel + -ya

z.B.

yaj "opfern": yj-ya-te » ijyate

tan "dehnen": tn-ya-te » tāyate oder tan-ya-te

śās "beherrschen", "unterrichten": śiṣ-ya-te (neben śāsyate)


1.4.1. Sonderregeln für die Bildung des Passivstamms


  1. Wurzel, die auf -i oder -u auslauten, dehnen diesen Vokal vor suffixalem -ya
    z.B.
    śru "hören": śrū-ya-te
    i "gehen: ī-ya-te
     
  2. Auslautendes -ṛ nach einem einzigen Konsonanten wird vor dem -ya durch -ri ersetzt
    z.B.
    kṛ "tun": kri-ya-te
     
  3. Wurzeln auf -ā
    1. bleiben entweder unverändert hochstufig
      z.B.
      jñā "erkennen": jñā-ya-te
    2. oder ersetzen das -ā durch -ī:
      z.B.
      dā "geben": dī-ya-te
       
  4. Wurzeln mit a zwischen Konsonanten, die weder Nasale noch y, r, v sind, bleiben unverändert hochstufig
    z.B.
    labh "erlangen": labh-ya-te

1.5. Zehnte Präsensklasse (curādigaṇa) und Kausativa (ṇijanta)


Folgende Bildungsmuster kommen vor:

  1. Hochstufige Wurzel + -aya:
    z.B.
    vid "wissen": ved-aya-ti
     
  2. Dehnstufige Wurzel + -aya: meist Wurzeln,die vokalisch enden oder bei denen auf -a- ein einziger Konsonant folgt:
    z.B.
    bhū "werden": bhau-aya-ti » bhāv-aya-ti
     
  3. Tiefstufige Wurzel + -aya
    z.B.
    duṣ "schlecht werden". dūṣ-aya-ti
     
  4. Hochstufige Wurzel + -paya: Wurzeln auf ā (-ai) (Ausnahme pā "trinken") sowie einige andere Wurzeln:
    z.B.
    sthā "stehen": sthā-paya-ti
     
  5. Unregelmäßige Bildungen

2. Athematische Präsensstämme


Stammabstufung:


2.1. Zweite Präsensklasse (adādigaṇa)


Präsensstamm = Wurzel


Besonderheiten im Ablaut:


2.1.1. Starker Stamm = dehnstufige Wurzel


bei einigen Wurzeln im starken Stamm vor konsonantischer Endung

z.B.

stu "loben": stau-ti (aber: a-sto-am » a-stav-am)


2.1.2. Wurzeln ohne Stammabstufung


  1. Wurzeln auf -ā:
    z.B.
    yā "gehen": yā-ti
  2. Einige weitere Wurzeln:
    z.B.
    śī "liegen": śe-te
    ās "sitzen": ās-te
    ad "essen": ad-mas

2.1.3. Besonders bemerkenswerte Ablautformen


z.B.

han "töten": ghn-anti


2.1.4. Zweisilbige Wurzeln


Vor konsonantischer Endung wird ein -ī- oder -i- eingeschoben. Langes -ī- ist bei diesen Wurzeln die Regel in der 2. und 3. Singular Imperfekt Parasmaipada

z.B.

rud "heulen" rod-i-ti, a-rod-ī-s, a-rod-ī-t (oder thematisch: arodas, arodat)

brū "sprechen": bro-ī-ti » brav-ī-ti


2.2. Dritte Präsensklasse (juhotyādigaṇa)


Reduplizierte Wurzel


Besonderheiten im Ablaut:


2.2.1. Wurzeln auf -ā (außer dā und dhā)


Schwacher Stamm:


2.2.2. dā und dhā


Schwacher Stamm in allen Formen: ø

z.B.
dhā "setzen, stellen, legen": da-dh-te » dhatte


2.3. Fünfte Präsensklasse (svādigaṇa)



Besonderheiten:


2.3.1. Hochstufige Wurzel


z.B. āp "erreichen": āp-no-ti


2.3.2. śru "hören"


śṛ-ṇo-ti


2.4. Achte Präsensklasse (tanādigaṇa)



Besonderheiten:


2.4.1. kṛ "machen"



2.5. Neunte Präsensklasse (kryādigaṇa)



Besonderheiten:


2.5.1. Einige Wurzeln auf langen Vokal


Einige Wurzeln auf langen Vokal verkürzen diesen.

z.B. pū "reinigen": pu-nā-ti


2.5.2. jñā "erkennen"


-nā-ti


2.6. Siebte Präsensklasse (rudhādigaṇa)


Vor den auslautenden Konsonanten der tiefstufigen Wurzel wird ein Nasalinfix eingeschoben.


Besonderheit:


2.6.1. Wurzeln Nasalinfix auch außerhalb des Präsensstamms


Bei einigen Wurzeln ist das -n- des schwachen Stamms auch in außerpräsentische Formen eingedrungen, sodass diese Wurzeln mit infigiertem Nasal angesetzt werden.

z.B. bhañj "brechen": bha-na-j-ti » bha-na-k-ti