Ausgewählte Texte aus der Carakasaṃhitā

1. Sūtrasthāna

1. Kapitel 1: "Langes Leben"

Sūtra 41 - 74b


übersetzt und erläutert von Alois Payer

mailto:payer@payer.de


Zitierweise / cite as:

Carakasaṃhitā: Ausgewählte Texte aus der Carakasaṃhitā / übersetzt und erläutert von Alois Payer <1944 - >. -- 1. Sūtrasthāna. -- 1. Kapitel 1: "Langes Leben". -- Sūtra 41 - 74b. -- Fassung vom 2007-04-09. -- URL: http://www.payer.de/ayurveda/caraka0101041.htm  

Erstmals publiziert: 2007-03-10

Überarbeitungen: 2007-04-09 [Ergänzungen]; 2007-04-08 [Ergänzungen]; 2007-04-05 [Ergänzungen]; 2007-03-27 [Verbesserungen]; 2007-03-22 [Ergänzung]

Anlass: Lehrveranstaltung SS 2007

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Dieser Text ist Teil der Abteilung Sanskrit  von Tüpfli's Global Village Library

WARNUNG: dies ist der Versuch einer Übersetzung und Interpretation eines altindischen Textes. Es ist keine medizinische Anleitung. Vor dem Gebrauch aller hier genannten Heilmittel wird darum ausdrücklich gewarnt. Nur ein erfahrener, gut ausgebildeter ayurvedischer Arzt kann Verschreibungen und Behandlungen machen!


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Die Verse sind, wenn nichts anderes vermerkt ist, im Versmaß Śloka abgefasst.

Definition des Śloka in einem Śloka:

śloke ṣaṣṭhaṃ guru jñeyaṃ
sarvatra laghu pañcamam
dvicatuṣpādayor hrasvaṃ
saptamaṃ dīrgham anyayoḥ

"Im Śloka ist die sechste Silbe eines Pāda schwer, die fünfte in allen Pādas leicht
Die siebte Silbe ist im zweiten und vierten Pāda kurz, lang in den beiden anderen."

Das metrische Schema ist also:

 ̽  ̽  ̽  ̽ ˘ˉˉ ̽ 
 ̽  ̽  ̽  ̽ ˘ˉ˘ ̽ 

 ̽  ̽  ̽  ̽ ˘ˉˉ ̽ 
 ̽  ̽  ̽  ̽ ˘ˉ˘ ̽

Zur Metrik siehe:

Payer, Alois <1944 - >: Einführung in die Exegese von Sanskrittexten : Skript.  -- Kap. 8: Die eigentliche Exegese, Teil II: Zu einzelnen Fragestellungen synchronen Verstehens. -- Anhang B: Zur Metrik von Sanskrittexten. -- URL: http://www.payer.de/exegese/exeg08b.htm


Abkürzungen


Kirtikar-Basu

Kirtikar, K. R. ; Basu, B. D.: Indian medical plants with illustrations. Ed., revised, enlarged and mostly rewritten by E. Blatter, J. F. Caius and K. S. Mhaskar. -- 2. ed. -- Dehra Dun : Oriental Enterprises. -- 2003. -- 11 Bde : 3846 S. : Ill. ; 26 cm.  -- Reprint der Ausgabe von 1933, die Abbildungen stammen aus der Ausgabe von 1918

Khare

Indian herbal remedies : rational Western therapy, ayurvedic and other traditional usage, botany / C. P. [Chandrama P.] Khare (ed.) [<1932 - >]. -- 1. Aufl. -- Berlin [u.a.] : Springer, 2004. -- 523 S. : Ill. ; 28 cm. -- 3-540-01026-2.

Sharma-Dash

Agniveśa's Caraka saṃhitā : text with English translation & critical exposition based on Cakrapāṇi Datta's Āyurveda Dīpikā / by Ram Karan Sharma and Vaidya Bhagwan Dash. - Varanasi : Chowkhamba Sanskrit Series Office. -- (Chowkhamba Sanskrit Studies ; 94)

Wealth

The wealth of India : a dictionary of Indian raw materials & industrial products / Publications & Information Directorate, Council of Scientific & Industrial Research. - New Delhi

van Wyk-Wink-Wink

Wyk, Ben-Erik van <1956 - > ; Wink, Coralie ; Wink, Michael <1951 - >: Handbuch der Arzneipflanzen : ein illustrierter Leitfaden. -- 2. Aufl., korrigierter Nachdr. -- Stuttgart : Wiss. Verl.-Ges.,2004. -- 480 S. : Ill. ; 25 cm. -- Originaltitel: Medical plants of the world (2004). -- ISBN 3-8047-2069-2.

Wo möglich, erfolgt die Benennung von Pflanzen nach:

Zander, Robert <1892 - 1969> [Begründer]: Handwörterbuch der Pflanzennamen = Dictionary of plant names = Dictionaire des noms de plantes / Zander. Walter Erhardt ... -- 17. Aufl. -- Stuttgart : Ulmer, ©2002. -- 990 S. ; 19 cm. -- ISBN 3-8001-3573-6. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}

Zusätzlich zu "Zander" wurde herangezogen:

Mabberley, David J. <1948 - >: The plant-book : a portable dictionary of the vascular plants ; utilizing Kubitzki's The families and genera of vascular plants (1990- ), Cronquist's An integrated system of classification of flowering plants (1981) and current botanical literature arranged largely on the principles of editions 1 - 6 (1896/97 - 1931) of Willis's A diczionary of the flowering plants and ferns / D. J. Mabberley. - 2. ed., compl. rev.. - Cambridge : Cambridge Univ. Press, 1997. - XVI, 858 S. ; 24 cm. -- ISBN 0-521-41421-0. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}.


prathamo dīrghañjīvitādhyāyaḥ

Kapitel 1: "Langes Leben"


hitāhitaṃ sukham duḥkham
āyus tasya hitāhitam |
mānaṃ ca tac ca yatroktam
āyurvedaḥ sa ucyate |41|

41. Āyurveda ist das, worin behandelt wird das heilsame und unheilsame, das glückliche und unglückliche Leben sowie das was für dieses heilsam bzw. unheilsam1, sein Maß2 und das Leben selbst.

Kommentar:

1 die vier Arten von Leben (heilsam, unheilsam, glücklich, unglücklich) werden in Carakasaṃhitā I,30,24 definiert.

2 das Maß des Lebens (d.h. die Lebensspanne) wird in Carakasaṃhitā I,30,25 definiert.

3 Leben (āyus) wird im nächsten Sūtra sowie in Carakasaṃhitā I,30,22 definiert.

śarīrendriyasattvātma-
saṃyogo dhāri jīvitam |
nityagaś cānubandhaś ca
paryāyair āyur ucyate |42|

42. "Leben" (āyus) bedeutet die Verbindung von Körper (śarīra), Sinnesorganen (indriya), Mentalorgan (sattva) und Seele (ātma). Synonyme dafür sind: Erhaltendes (dhāri)1, Leben (jīvita)2, Ständig Tätiges (nityaga)3, Bindeglied (anubandha)4.

Kommentar:

1 Erhaltendes (dhāri): was, den Körper am Leben erhaltet und vor dem Verfall bewahrt

2 Leben (jīvita): Lebenskraft (entspricht der vis vitalis des Vitalismus)

3 Ständig Tätiges (nityaga): was den Körper in Tätigkeit hält

4 Bindeglied (anubandha): was die verschiedenen Lebensphasen des Körpers zu einer Einheit zusammenhält. nityaga und anubandha sind ungewöhnlich als Synonyma für āyus.

tasyāyuṣaḥ puṇyatamo
vedo vedavidāṃ mataḥ |
vakṣyate yan manuṣyāṇāṃ
lokayor ubhayor hitam |43|

43. Nun wird der Veda (das heilige Wissen) über dieses Leben erklärt werden, den die Vedakundigen als den heiligsten Veda ansehen, der für die Menschen in beiden Welten heilsam ist.1

Kommentar:

1 Die anderen Veden sind nur für das Jenseits heilsam, der Āyurveda aber für das Diesseits und das Jenseits. Deshalb betrachten ihn die Vedakundigen (angeblich) als den heiligsten (puṇyatama) der Veden. Auch ist Leben die Grundlage für die Erfüllung der vier Lebensziele (puruṣārtha) - religiöse Pflichterfüllung (dharma), zweckrationales Handeln (artha), Trieberfüllung (kāma) und Erlösung (mokṣa) - , damit bildet der Āyurveda die Grundlage für die anderen Veden.


sāmanya und viśeṣa — Allgemeines und Besonderes


sarvadā sarvabhāvānāṃ
sāmānyaṃ vṛddhikāraṇam |
hrāsahetur viśeṣaṣ ca
pravṛttir ubhayasya tu |44|

44. Das Allgemeine (sāmānya)1 ist allzeit die Ursache für Wachstum und Zunahme alles Seienden. Das Besondere  (viśeṣa)2 ist Ursache für Abnahme und Schwund. Tätigkeit (pravṛtti) 3 aber ist Sache von beiden.

Kommentar:

Die Verse 44f, 48 - 50 folgen (in teilweise anderer Reihenfolge) die in Carakasaṃhitā I,1,28f. genannten Themen des Āyurveda:

maharṣayas te dadṛśur
yathāvaj jñānacakṣuṣā |
sāmānyaṃ ca viśeṣaṃ ca
guṇān dravyāṇi karma ca |28|
samavāyaṃ ca

Diese großen Ṛṣis sahen mit dem Auge der Erkenntnis sachgemäß

  • Allgemeines (sāmānya)
  • Besonderes (viśeṣa)
  • Eigenschaft (guṇa)
  • Substanz (dravya)
  • Handlung (karma)
  • Inhärenz (samavāya)

1 sāmānya ist das Generische, das Allgemeine, die Eigenschaft, die vielem gemeinsam ist und sein Naturgesetz ausmacht. Dieses Naturgesetz ist auf Evolution, Entfaltung gerichtet

2 viśeṣa ist das Spezifische, das Besondere, die Eigenschaft, die nur einem oder wenigen zukommt und sein individuelles oder spezielles Naturgesetz ausmacht. Das Gesetz des Einzelnen ist auf Vergehen gerichtet.

3 pravṛtti, Tätigkeit ist das Zusammenwirken allgemeiner - evolutiver/konstruktiver - und spezieller - devolutiver/destruktiver - Eigenschaften bzw. Gesetzmäßigkeiten.

Wie die moderne westliche Medizin Chmie als Grundlagenfach hat, hat die Carakasaṃhitā die "höhere Chemie" des Vaiśeṣikasystems als Grundlagenfach. Deshalb eine Kurzdarstellung des Vaiśeṣika:

"Das Vaisheshika (Sanskrit, n., वैशेषिक, vaiśeṣika) ist eines der sechs klassischen Systeme der indischen Philosophie. Als Begründer der Überlieferung gilt Kanada, der die Vaisheshika-Sutren verfasst haben soll. Die Zeitspanne des Vaisheshika umfasst die ersten vorchristlichen Jahrhunderte bis etwas 700 n. Chr. Es handelt sich um eine naturphilosophische Lehre, deren Anliegen die Erfassung der natürlichen Phänomene war.

Elementenlehre

In seiner Elementenlehre geht das Vaisheshika von fünf Elementen aus: Erde (prithivi), Wasser (apa), Feuer (teja), Luft (vayu) und Äther (akasha). Diese Elemente werden durch bestimmte Eigenschaften gekennzeichnet. Die Erde durch Festigkeit, das Wasser durch Flüssigkeit, das Feuer durch Hitze und die Luft durch Beweglichkeit. Daneben besitzen die Elemente eine zweite Reihe von Eigenschaften, welche die Gegenstände der Sinneswahrnehmungen bilden: Form (rupa), Geschmack (rasa), Geruch (gandha), Berührung (sparsha) und Ton (shabda). Erde hat „Form, Geschmack, Geruch und Berührung“. Wasser hat „Form, Geschmack und Berührung“. Feuer hat „Form und Berührung“. Wind hat nur „Berührung“. Der Gegenstand des fünften Sinnes, der „Ton“, hat zum Träger das fünfte Element, den Äther, der nur diese Eigenschaft besitzt. Die übrigen Eigenschaften sind im Äther nicht enthalten. Da der Ton sich überall hin verbreitet, nahm man an, dass der Äther alldurchdringend ist.

Man versuchte die Welt der Erscheinungen zu kategorisieren, indem man zu allen Eigenschaften Listen erstellte. So wurden z. B. sechs Arten des Geschmacks (rasa) angenommen: süß, sauer, salzig, bitter, scharf und herb. Umfangreicher waren die Listen für die Eigenschaften Berührung und Form. Größere Schwierigkeiten bereiteten Licht und Schatten. Allmählich setzte sich die Erkenntnis durch, dass der Schatten nichts anderes ist als das Fehlen von Licht.

Der Mensch besteht nach Auffassung des Vaisheshika aus einem Leib und einer Seele. Die Seele selbst ist der Träger der geistigen Persönlichkeit und sie ist es auch, welche beim Tode von einer Verkörperung in die andere übergeht. Die Seele ist auch der Träger des psychischen Geschehens. Einen feinstofflichen Leib kennt das Vaisheshika nicht. Neben der Seele gibt es nur den groben Körper. Dieser besteht aus Erde. Erde ist das Element, das die meisten, nämlich vier Eigenschaften umfasst. Das Vaisheshika zeigte von frühester Zeit an eine Abneigung gegen die Annahme einer Mischung der Elemente. Die Pflanzen zählte man nicht zu den Lebewesen. Als Wesen, welche die Welt bevölkern, wurden Götter, Menschen und Tiere genannt (mit den Göttern beschäftigte sich man jedoch nur am Rande).

Atomlehre

Eine der bemerkenswertesten Lehren, die das Vaisheshika hervorgebracht hat, ist die Atomlehre: „Wenn man etwas teilt, so geht diese Zerlegung bis zum Atom. Und zwar spricht man vom Atom (paramanu, d. h. äußerst klein), weil die Reihenfolge von immer Kleinerem bei der Teilung hier ein Ende hat, da es nichts Kleineres mehr gibt. Wenn wir einen Erdklumpen in seine Teile zerlegen, so wird das Folgende immer kleiner.“ Die Atome sind der Gestalt nach gleich. Dabei besitzen sie bestimmte Eigenschaften, nämlich die charakteristischen Eigenschaften des jeweiligen Elements.

Alles Geschehen beruht auf Bewegung, auf Stoß und Gegenstoß, die von ewigen Naturkräften verursacht werden. Es ist die Bewegung, welche die Atome zusammenführt und die Dinge entstehen lässt. Und es ist wieder Bewegung, welche den Zusammenhalt der so vereinigten Atome sprengt und die Dinge vernichtet.

Seelenvorstellungen

Im Hinblick auf die Seelenvorstellung machte das Vaisheshika eine Entwicklung durch. Die Lehre von einer Weltseele war ihm anfangs fremd, hingegen wurden zahlreiche Einzelseelen angenommen. Während in der frühen Phase die Seelen als grundsätzlich gleichwertige Faktoren beim Aufbau der Erscheinungswelt betrachtet wurden, hatte man sie später als etwas wesentlich Verschiedenes erkannt. An Stelle der im Wesenskreislauf wandernden körpergroßen Seelen war die Vorstellung von ihrer unendlichen Größe und ewigen Unbewegtheit getreten. Nachdem die Eigenschaften ihre feste Verbindung mit der Seele verloren hatten, ähnelte die Seelenvorstellung des Vaisheshika immer mehr der von Atman in den Upanishaden, ohne jedoch deren Vorstellungen von Erlösung zu übernehmen.

Kategorienlehre

Die Kategorienlehre stellt den wichtigsten Teil des Vaisheshika dar und baut auf der älteren Elementenlehre auf. Das orthodoxe Vaisheshika-System, wie es Prashastapada (6. Jahrhundert n. Chr.) darstellt, kennt sechs Kategorien: Substanz, Eigenschaft, Bewegung, Gemeinsamkeit, Besonderheit und Inhärenz. Allen diesen Kategorien sind drei Merkmale gemeinsam, das Vorhandensein (Astitvam), die Erkennbarkeit (Jneyatvam) und die Benennbarkeit (Abhidheyatvam). Diese Kategorien sind keine eigenständigen Wesenheiten, sondern verschiedene Formen des Seins, welche nur in Verbindung miteinander möglich sind. Dabei stellen die Substanzen die Träger dar, alle andern Kategorien haften an den Substanzen. Es gibt neun Substanzen:

a) die Elemente Erde, Wasser, Feuer und Luft. Diese sind ewig soweit sie aus Atomen bestehen b) Äther, Raum und Zeit gelten als alldurchdringend, ewig und sind je eins. c) die Seelen, es gibt zwei Arten von Seelen, eine allwissende Seele d.h. Gott und eine große Zahl individueller Seelen. d) Manas, das Denkorgan, wird als atomklein und in ebenso großer Zahl wie die Seelen angenommen, da zu jeder Seele ein Manas gehört, das die Verbindung zwischen der Seele und der Außenwelt herstellt.

Theismus

Die Idee eines Ishvara, eines Weltenherrschers, wird in den Sutren des Kanada nicht ausdrücklich genannt. Es gibt Stellen, die nach Meinung von Kommentatoren, von ihm als dem Urheber des Veda handeln. Die sittliche Weltordnung und der durch sie bedingte gesetzmäßige Verlauf des Weltprozesses scheinen sich für Kanada jedoch einzig und allein durch die fortschreitende Kraft der guten und bösen Werke (adrishta) zu erklären. Da es zu den Sutren keinen Kommentar gibt, kann man nur vermuten, dass die Annahme eines Weltenherrschers dem religiösen Empfinden des Einzelnen überlassen wurde. In einer späteren Erläuterungsschrift des Prashastapada (vermutlich 5. Jahrhundert) wird erstmals in diesem System der große Weltenherr (Maheshvara) genannt, der die periodische Schöpfung und Zerstörung der Welt in Gang setzt. Die Kommentatoren zu Prashastapadas Buch, Udayana und Shridhara vertraten den Theismus, worin ihnen auch alle späteren Kommentatoren folgten."

[Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Vaisheshika. -- Zugriff am 2007-03-08]

sāmānyam ekatvakaraṃ
viśeṣas tu pṛthaktvakṛt |
tulyārthatā hi sāmānyaṃ
viśeṣas tu viparyayaḥ |45|

45. Das Allgemeine (sāmānya) schafft die Einheit, das Besondere (viśeṣa) schafft Gesondertheit. Das Allgemeine ist der gleiche Inhalt (artha), das Besondere aber ist der Gegensatz (viparyaya).


puruṣa — Person


sattvam ātmā śarīraṃ ca
trayam etat tridaṇḍavat |
lokas tiṣṭhati saṃyogāt
tatra sarvaṃ pratiṣṭhitam |46|

46. Mentalorgan (sattva)1, Seele (ātma)1 und Körper (śarīra), diese drei sind wie ein Dreibein2. Durch ihre Verbindung steht die Welt. Alles ist darauf gestellt.

Kommentar:

1 Mentalorgan, Seele

"Professor Müller übersetzt ātmā (Seele) durch Selbst, und manas (innerer Sinn) durch Seele. Ātmā ist nach Kaṇāda die Substanz, aus welcher Wissen, Lust und Unlust, Wollen u.s.w. entspringen, und dieser Begriff wird durch Seele, welche immer als Grund aller geistigen Erscheinungen gegolten hat, am angemessensten wiedergegeben. Der Manas dagegen hat an und für sich weder Wissen noch andre geistige Eigenschaften, sondern ist nur die notwendige Bedingung, durch welche das Wissen u.s.w. zur Erscheinung kommt, indem alles in der Seele Entstehende durch den Manas hindurch muss. Aus diesem Grunde wird er denn auch, von der Vaiśeṣika sowohl wie der Nyāya, als antarindriya, als innerer Sinn, bezeichnet. Insofern ist die Übertragung »innerer Sinn« für Manas durchaus gerechtfertigt, doch ist sie unpassend, insofern innerer Sinn nach unserem Sprachgebrauch als ein Vermögen der Seele dieser selbst zugehört, während Manas eine von der Seele verschiedene atomistische Substanz ist. Dennoch habe ich diesen Ausdruck gewählt, weil ich keinen passendem in unserer Sprache fand, und weil er wenigstens die Funktion des Manas vollständig ausdrückt."

[Quelle: Röer, Eduard <1805 - 1866>: Die Lehrsprüche der Vaiçeshika-Philosophie von Kaṇāda.  -- In: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. --  Bd. 21(1867). -- S. 309–420. -- S. 315]

2 ein Dreibein (Stativ) (drei gleichlange Stangen, die sich an der Spitze gegenseitig stützen) ist so lange stabil, wie keine der drei Stangen gestört wird.

sa pumāṃś cetanaṃ tac ca
tac cādhikaraṇaṃ smṛtam |
vedasyāsya tadarthaṃ hi
vedo 'yaṃ saṃprakāśitaḥ |47|

47. Dies ist die Person (puruṣa)1 und dies ist das Bewusste. Es ist als Gegenstand dieses Veda überliefert. Um seinetwillen wurde nämlich dieser Veda ans Licht gebracht.

Kommentar:

1 Puruṣa: hier die Einheit aus Leib, Mentalorgan und Seele


dravya — Substanz


khādīny ātmā manaḥ kālo
diśaś ca dravyasaṃgrahaḥ |
sendriyaṃ cetanaṃ dravyaṃ
nirindriyam acetanam |48|

48. Äther usw.1, Seele, Mentalorgan, Zeit und Raum sind Substanzen. Substanz mit Sinnesorganen ist bewusst, Substanz ohne Sinnesorgane ist nicht bewusst.

Kommentar:

Vgl. Vaiśeṣikasūtra I,1,5:

pṛthivy āpas tejo vāyur ākāśaṃ kālo dig ātmā mana iti dravyāṇi |1|1|5| Erde, Wasser, Licht, Luft, Äther, Zeit Raum, Seele, innerer Sinn, – sind die Substanzen."
Vaiśeṣikasūtra I,1,5 [Übersetzung: Röer, Eduard <1805 - 1866>: Die Lehrsprüche der Vaiçeshika-Philosophie von Kaṇāda.  -- In: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. --  Bd. 21(1867). -- S. 309–420. -- S. 315]

1 Äther usw., nämlich die fünf Elemente (bhūta):

"Alle indischen Systeme nehmen, außer Erde, Wasser, Licht und Luft noch ein fünftes Element an, welches sie gewöhnlich ākāśa nennen. Dies fünfte Element, welches unendlich ist, hat Colebrooke durch »Äther« wiedergegeben, welcher Ausdruck deshalb nicht unangemessen ist, weil der Äther nach der Theorie von vielen Physikern ebenfalls einen durch den ganzen Weltenraum verbreiteten Stoff bezeichnet. Nur ist zu beachten, dass der Äther der indischen Philosophie nicht, wie der unserer Physiker, die Quelle des Lichts, sondern des Tons ist, und dass die Vaiśeṣika besonders den Äther den übrigen vier Elementen entgegensetzt, indem diese aus Atomen bestehen, während der Äther nach ihrer Ausdrucksweise zu den unendlichen Substanzen gehört."

[Quelle: Röer, Eduard <1805 - 1866>: Die Lehrsprüche der Vaiçeshika-Philosophie von Kaṇāda.  -- In: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. --  Bd. 21(1867). -- S. 309–420. -- S. 315]


guṇa und karman — Eigenschaft und Handlung


sārthā gurvādayo buddhiḥ
prayatnāntāḥ parādayaḥ |
guṇāḥ proktāḥ prayatnādi
karma ceṣṭitam ucyate |49|

49. Eigenschaft (guṇa) ist:

Handlung (karma) ist Bewegung als Bemühung6 usf.

Kommentar:

Vgl. Vaiśeṣikasūtra I,1,6-7

rūparasagandhasparśāḥ saṅkhyāḥ parimāṇāni pṛthaktvaṃ saṃyogaviyogau paratvāparatve buddhayaḥ sukhaduḥkhe icchādveṣau prayatnaś ca guṇāḥ |1|1|6| Farbe, Geschmack, Geruch und Tastbarkeit, Zahlen, Ausdehnungen, Einzelnheit, Verbindung und Trennung, Ferne und Nähe, Erkenntnisse, Wohl und Übel, Verlangen und Abscheu, und Bestrebungen sind Eigenschaften."
"Anm.: Es ist bemerkenswert, dass in diesem Sūtra, welches alle Eigenschaften aufzählen sollte, von den 24 diesem Systeme eigentümlichen Eigenschaften nur 17 angeführt werden. Über diese Hinweglassung sagt der Upaskāra: Durch das »Und« werden Schwere, Flüssigkeit, Zähigkeit, Selbstwiedererzeugung, Verdienst, Nicht-Verdienst und Ton zusammengefasst, und diese werden deshalb nicht namentlich angeführt, weil ihre Natur als Eigenschaft bekannt ist. Späterhin aber werden sie, ihrer Erklärung und ihrer Natur nach als unter den Begriff der Eigenschaft fallend, an den gehörigen Orten erwähnt werden.

Dies ist in der Tat der Fall. Flüssigkeit und Zähigkeit werden II. 1. 2., Ton II. 1, 25-27 und II. 2. 22, Schwere V.l. 7, Verdienst und Nicht-Verdienst im 6ten Buche, und Selbstwiedererzeugung IX. 2. 6 angeführt; auch ist es unzweifelhaft, dass sie Eigenschaften im Sinne des Kaṇāda sein sollen, weil sie eben in Verbindung mit den übrigen Eigenschaften erklärt werden. Der Grund aber, welchen der Upaskāra für ihre Nicht-Erwähnung in dem gegenwärtigen Sūtra angibt, ist nicht stichhaltig; denn die namentlich angeführten Eigenschaften sind wenigstens eben so bekannt, wie die nicht namentlich angeführten."

utkṣepaṇam avakṣepaṇam ākuñcanaṃ prasāraṇaṃ gamanam iti karmāṇi |1|1|7| Aufwerfen, Niederwerfen, Zusammenziehen, Ausdehnen und Gehen, dies sind die Bewegungen.
Vaiśeṣikasūtra I,1,6-7 [Übersetzung: Röer, Eduard <1805 - 1866>: Die Lehrsprüche der Vaiçeshika-Philosophie von Kaṇāda.  -- In: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. --  Bd. 21(1867). -- S. 309–420. -- S. 315f.]

Ausführliche Erklärung der unten aufgezählten guṇas in:

Encyclopaedia of Indian medicine / Ed.: S. K. Ramachandra Rao. - Bombay : Popular Prakashan. -- 25 cm. -- Vol. 2: Basic concepts / with assistance of S. R. Sudarshan. -- 1987. -- XIV, 236 S. : Ill. -- S. 99 - 102

1 das Objekthafte: d.h. Eigenschaften äußerer Dinge, die Objekte der Sinnesorgane sind:

2 schwer usw.: folgende Eigenschaften äußerer Dinge:

3 Erkenntnis (buddhi) samt den folgenden kognitiven Eigenschaften:

4 die bis "Strebung" (prayatna): das sind die emotional-volitionalen Eigenschaften:

5 fern (para) usw.: nämlich folgende allgemeinen (sāmānya) Eigenschaften, besonders von Arzneien:

Ausführlich

6 als Bemühung usf.: d.h. Handlung ist nicht nur die äußere Bewegung, sondern auch die innere.


samāvāya — Inhärenz


samavāyo 'pṛthagbhāvo
bhūmyādīnāṃ guṇair mataḥ |
sa nityo yatra hi dravyaṃ
na tatrāniyato guṇaḥ |50|

50. Inhärenz1 ist die das nicht gesonderte Vorkommen der Eigenschaften von "Erde" und den anderen Substanzen. Diese Inhärenz ist ewig/ständig, denn wo eine Substanz ist dort ist die Eigenschaft nicht ungewiss (d.h. ganz gewiss).

Kommentar:

1 Inhärenz: die ewige Beziehung zwischen getrennt Unmöglichem. Inhärenz herrscht zwischen:


kāraṇa — Ursache/Bedingung


yatrāśritāḥ karmaguṇāḥ
kāraṇaṃ samavāyi yat |
tad dravyaṃ samavāyī tu
niśceṣṭaḥ kāraṇaṃ guṇaḥ |51|

51. Materie (dravya) ist das, auf das sich Tätigkeiten und Eigenschaften stützen und das notwendige Begleitbedingung (samvāyi kāraṇa) ist.

Eigenschaft (guṇa) aber ist notwendig inhärierend und ohne Bewegung1 Bedingung.

Kommentar:

Vgl. Vaiśeṣikasūtra I,1,15-16

kriyāguṇavat samavāyikāraṇam iti dravyalakṣaṇam |1|1|15|

dravyāśrayy aguṇavān saṃyogavibhāgeṣv akāraṇam anapekṣa iti guṇalakṣaṇam |1|1|16|
15. Dass sie Bewegungen und Eigenschaften hat, und dass sie inhärente Ursache ist, dies ist das unterscheidende Kennzeichen der Substanz.

16. Dass sie Substanzen inhäriert, ohne Eigenschaft, und nicht die unmittelbare Ursache von Verbindungen und Trennungen ist, dies ist das unterscheidende Kennzeichen der Eigenschaft.

"Anm.:

15. Das heißt, sagt der Upaskāra, die Substanz ist das Substrat für Bewegungen und Eigenschaften. Das unterscheidende Kennzeichen (lakṣaṇam) meint hier ein Zeichen, und zwar eine Art von ausschließendem Zeichen, wodurch etwas von gleichartigen und ungleichartigen Dingen abgesondert wird, nach der Etymologie: lakṣyate anena, man kennzeichnet dadurch. Hier nun wird die Substanz als solche durch Bewegung und Eigenschaft gekennzeichnet. Durch das Haben von Eigenschaften wird die Substanz von allem Andern, sei es von gleicher oder ungleicher Gattung, als abgesondert gekennzeichnet. Die Eigenschaft und die vier nächstfolgenden Kategorien sind, wegen des Begriffs der Existenz, von derselben Gattung mit der Substanz, die Nicht-Existenz von verschiedener. Demnach ist die Substanz von der Eigenschaft u.s.w. abgesondert, weil sie unter den Begriff des Habens der Eigenschaft fällt; was (nämlich) von der Eigenschaft u.s.w. nicht abgesondert ist, das ist kein Substrat der Eigenschaft, wie die Eigenschaft u.s.w. Obwohl das Haben der Eigenschaft im ersten Augenblicke (des Entstehens) nicht in einem zusammengesetzten Ganzen vorhanden ist1, so ist doch hier (mit dem Haben der Eigenschaft) das Gegenteil der absoluten Nicht-Existenz der Eigenschaft gemeint, weil auch die vorangehende Nicht-Existenz und die Zerstörung der Eigenschaft das Gegenteil der absoluten Nicht-Existenz der Eigenschaft sind. –

Das Haben der Bewegung passt nicht auf alle Substanzen, nämlich z.B. nicht auf den Äther, Raum u.s.w., welche als unendliche Substanzen sich nicht bewegen. Deshalb will die Vivṛti dieses Merkmal nur bedingt gelten lassen, nämlich so, dass das Haben der Bewegung nur eine Eigenschaft der Teilungsglieder der Kategorie, welche in dem Bewegten vorhanden, oder dass es zu verstehen sei durch das Verhältnis zu dem, welches eine durch sich selbst hervorgebrachte Verbindung habe. Die Erklärung, welche die Bhāṣāparichheda (23) von der Substanz gibt, ist, dass sie unter den Begriff der Substanz fällt, und diese Erklärung ist auch im Sinne dieses Systems die einzig richtige.

16. Der Upaskāra erklärt dies Sūtra folgendermaßen: Inhärenz in der Substanz kommt auch der Substanz (nämlich der zusammengesetzten) zu (und ist demnach kein unterscheidendes Merkmal der Eigenschaft); deshalb wird gesagt »ohne Eigenschaft.« Diese Bestimmung ist dennoch zu weit, denn sie schließt auch die Bewegung in sich; deshalb wird gesagt, dass sie nicht unmittelbare Ursache von Verbindungen und Trennungen ist. (Mittelbare Ursache kann sie allerdings sein, wie die Hand, welche einen auf dem Boden stehenden Stock hält, mittelbar, durch ihre Verbindung mit dem Stocke nämlich, auch mit dem Boden verbunden ist. Hier ist eine Eigenschaft, die Verbindung der Hand mit dem Stocke, die mittelbare Ursache der Verbindung der Hand mit dem Boden). Die Erklärung, welche die Vivṛti von der Eigenschaft gibt, ist: Eigenschaft ist das Allgemeinheit (nämlich eben den Begriff der Eigenschaft) Habende, welches von dem Eigenschaft Habenden (der Substanz) und der Bewegung verschieden ist. – »Verschieden von der Bewegung« bedarf einer Erläuterung, und so ist die Definition der Vivṛti keine Verbesserung."

Vaiśeṣikasūtra I,1,15-16 [Übersetzung: Röer, Eduard <1805 - 1866>: Die Lehrsprüche der Vaiçeshika-Philosophie von Kaṇāda.  -- In: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. --  Bd. 21(1867). -- S. 309–420. -- S. 322f.]

1 niśceṣṭa: Sharma-Dash interpretieren das als "cause devoid of efforts".

saṃyoge ca vibhāge ca
kāraṇaṃ dravyam āśritam |
kartavyasya kriyā karma
karma nānyad apekṣate |52|

52. Tätigkeit, die in Substanz fundiert, ist Ursache für Verbindung und Trennung. Handlung ist die Tätigkeit inbezug auf etwas zu Tuendes. Tätigkeit bedarf keiner anderen Tätigkeit.

Kommentar:

Vgl. Vaiśeṣikasūtra I,1,17 + 11:

ekadravyam aguṇaṃ saṃyogavibhāgeṣv anapekṣaṃ kāraṇam iti karmalakṣaṇam |1|1|17|
 
Dass sie einer Substanz angehört, ohne Eigenschaft, und die unmittelbare Ursache in Verbindungen und Trennungen ist, dies ist das unterscheidende Kennzeichen der Bewegung.
karma karmasādhyaṃ na vidyate |1|1|11 |
 
Eine Bewegung wird nicht durch eine andere Bewegung hervorgebracht.
Vaiśeṣikasūtra I,1,17 + 11 [Übersetzung: Röer, Eduard <1805 - 1866>: Die Lehrsprüche der Vaiçeshika-Philosophie von Kaṇāda.  -- In: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. --  Bd. 21(1867). -- S. 309–420. -- S. 323. + 321.]

ity uktaṃ kāraṇaṃ |53a|

Damit ist Ursache abgehandelt.


(ity uktaṃ kāraṇaṃ) kāryaṃ
dhātusāmyam ihocyate |
dhātusāmyakriyā coktā
tantrasyāsya prayojanam |53|

53. Hier ist das zu Bewirkende (kārya) das Gleichgewicht der Elemente (dhātu). Der Zweck dieses Lehrwerkes ist die Herstellung des Gleichgewichts der Elemente.

Kommentar:

Vgl. Carakasaṃhitā I,9,4:

vikāro dhātuvaiṣamyaṃ
sāmyaṃ prakṛtir ucyate |
sukhasaṃjñakam ārogyaṃ
vikāro duḥkham eva ca |4|
Krankheit ist Ungleichgewicht der Elemente, ihr Gleichgewicht ist die natürliche Norm. Gesundheit heißt auch Glück, Krankheit Leid.

kālabuddhīndriyārthānāṃ
yogo mithyā na cāti ca |
dvayāśrayāṇāṃ vyādhīnāṃ
trividho hetusaṃgrahaḥ |54|

54. Zusammengefasst sind die Ursachen für Krankheiten in den Beiden1 dreifach:

  1. falscher Gebrauch (mithyā yoga)
  2. Nichtgebrauch (na yoga)
  3. übermäßiger Gebrauch (ati yoga)

von

Kommentar:

1 Beiden: Psychischem und Leiblichen. Darum gibt es drei Arten von Krankheiten:

2 Zeit: d.h. den Jahreszeiten und dem Lebensalter

3 Verstand: falscher Gebrauch des Verstandes führt zu einem falschen Gebrauch der Sinnesobjekte

śarīraṃ sattvasaṃjñaṃ ca
vyādhīnām āśrayo mataḥ |
tathā sukhānāṃ yogas tu
sukhānāṃ kāraṇaṃ samaḥ |55|

55. Körper und Mentales sind die Grundlagen für die Krankheiten und glückliche Gesundheit. Der ausgeglichen richtige Gebrauch von Zeit, Verstand und Sinnesobjekten aber ist Ursache für glückliche Gesundheit.

nirvikāraḥ paras tv ātmā
sattvabhūtaguṇendriyaiḥ |
caitanye kāraṇaṃ nityo
draṣṭā paśyati hi kriyāḥ |56|

56. Der höchste Ātman aber ist frei von Krankheiten. Er ist die Bedingung für das Bewusstsein (caitanya) mittels des Mentalen, der Eigenschaften der Elemente und der Sinnesorgane. Er sieht nämlich als ewiger Zuschauer die Tätigkeiten.


doṣa — Krankheitserreger


vāyuḥ pittaṃ kaphaś coktaḥ
śārīro doṣasaṃgrahaḥ |
mānasaḥ punar uddiṣṭo
rajaś ca tama eva ca |57|

57. Krankheitserreger (doṣa)1 des Körpers sind:

Krankheitserreger des Mentalen sind:

Kommentar:

1 doṣa sind die grundlegenden drei Gesundheitsfaktoren, deren Ungleichgewicht Krankheit bedingt, deshalb bedeutet doṣa dann diese Gesundheitsfaktoren als Krankheitserreger.

Folgender Text zeigt, wie das Wort doṣa irreführend ist:

"Dosha : The doctrine of the three doshas (vāta pitta and kapha) constitutes the corner-stone of Indian medicine. It explains normal human constitution (both physical and mental), positive health, abnormal conditions, methods of diagnosis, hygienic measures and therapeutics. It runs through the entire gamut of medicine as the leitmotif.

[...]

There is some confusion regarding the expression "dosha" which literally signifies "corrupting agent', 'vitiating factor", 'cause of disease" (dūshaṇāt). While the three factors included in the expression (viz. vāta, pitta and kapha) do function as morbific, and are in the background of all diseases, they also function as the three pillars of positive health. They are necessary and sufficient ingredients of the psychophysical constitution in its normalcy and therefore the expression 'dhātu' (which means 'sustaining and supporting factors" dhāraṇāt) would be more appropriate. In fact, the Ṛgvedic hymn already referred to [ṚV I,34,6] employs the expression 'tri-dhātu' and this appears to have been the earlier usage. However, in due course, the word 'dhātu' acquired a technical flavour and began to be used almost exclusively to refer to the seven body constituents (that is, chyle, blood, muscle, fat-tissue, bone, bone-marrow and semen). And these were liable to be corrupted or vitiated (dūshya) by the disturbances (excess or deficiency) of one or more of the three factors, which, in order to be distinguished from the dhātus, came to be called the 'corrupting agents' or 'vitiating factors' (dosha)."

[Quelle: Encyclopaedia of Indian medicine / Ed.: S. K. Ramachandra Rao. - Bombay : Popular Prakashan. -- 25 cm. -- Vol. 2: Basic concepts / with assistance of S. R. Sudarshan. -- 1987. -- XIV, 236 S. : Ill. -- S. 65.]

Die Auffassung der drei doṣa als Krankheitserreger hat eine Erfahrungsgrundlage. Häufige Kennzeichen von Krankheiten sind

Dass bei Krankheit diese Substanzen aus dem Körper kommen, lag es nahe anzunehmen, dass dies ein Zeichen ihres Zuviel im Körper ist, dass also der gesunde Zustand in einem ausgewogenen Vorkommen dieser drei besteht. Diese Beobachtung und Überlegung könnte eine der Ursachen für die altindische doṣa-Physiologie sein. Es erübrigt sich, zu sagen, dass diese durch die moderne Physiologie ebenso überholt ist wie die Viersäftelehre der griechisch-römisch-mittelalterlichen westlichen Medizin.

"Die inzwischen veraltete Humoralpathologie oder Viersäftelehre wurde von den Hippokratikern [nach Ἱπποκράτης ὁ Κῶος] in ihrer Schrift Über die Natur des Menschen (um 400 v. Chr.) ausgehend von der Elementenlehre des Empedokles ( Ἐμπεδοκλῆς) (490-430 v. Chr.) als Krankheitskonzept entwickelt und von Galenus (Κλαύδιος Γαληνός) in seiner endgültigen Form niedergeschrieben.

Die vier Säfte

Die vier Säfte sind

  • Blut (αἶμα),
  • Schleim (φλέγμα),
  • schwarze Galle (μέλαινα χολή) und
  • gelbe Galle (χολή).

Jeder Saft besitzt zwei für ihn charakteristische Qualitäten:

  Heiß Kalt
Trocken gelbe Galle Schwarze Galle
Nass Blut Schleim

Die vier Säfte wurden so analog zu den Vier Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde konzeptualisiert. Jeder dieser Säfte wird in einem eigenen Organ gebildet.

Die Ausgewogenheit der Säfte (Eukrasie) ist äquivalent mit der Gesundheit des Menschen. Krankheiten entstanden der Humoralpathologie zufolge durch Störungen (Dyskrasie) dieser Ausgewogenheit.

Das Viererschema kommt auch in der Temperamentenlehre, den vier Jahreszeiten und dem unterschiedlichen Lebensalter zur Anwendung, die alle einen integralen Bestandteil von Galens Viersäftelehre darstellen.

Blut Luft Sanguiniker Rot und süß Heiter Kindheit
Gelbe Galle Feuer Choleriker Gelb und bitter Kühn Jugend
Dunkle Galle Erde Melancholiker Schwarz und scharf Trotzig Mannesalter
Schleim Wasser Phlegmatiker Weiß und salzig Träge Greisenalter


Behandlung

Galen, der das gesamte medizinische Wissen seiner Zeit zusammengefasst hatte und den Vorstellungen der Hippokratiker folgte, betonte, dass es die Aufgabe des Arztes sei, dieses Ungleichgewicht durch Diätetik, Arzneimittel oder auch chirurgische Maßnahmen wieder aufzuheben. Er übte nicht zuletzt aufgrund seiner rhetorischen Begabung und seiner Überzeugungen einen außerordentlichen Einfluss bis ins 19. Jahrhundert unserer Zeitrechnung aus. Wie Aristoteles war er überzeugt, dass die Natur vollkommen sei und nichts umsonst mache, und vertrat eine monotheistische Weltsicht.

Die von ihm vertretenen Theorien bildeten die Grundlage der Medizin der Hildegard von Bingen, der Physiognomik eines Johann Kaspar Lavaters und der Ernährungslehre. Im übrigen bezog sich auch Sebastian Kneipp bei seiner Wasserkur auf die Erkenntnisse Galens, nach denen überflüssige Säfte aus dem Körper abgeleitet werden müssten.

Die Vier Säfte und Astrologie

Im Mittelalter wurde die Humoralpathologie durch astrologische Spekulationen ergänzt.

  1. Blut (= lat.: sanguis), das in der Leber (Plasma) und im Knochenmark (Zellen) gebildet würde, sei der konstituierende Saft der Sanguiniker und dem Element Luft, dem Morgen, dem Frühling und der Kindheit anverwandt. Einen bestimmenden Einfluss übe neben den Sternzeichen der Waage, des Wassermanns und des Zwillinges auch der Jupiter aus.
  2. gelbe Galle (= χολὴ cholé, grch.: χολή), die aus der Leber stamme, wird den Cholerikern sowie dem Element Feuer, dem Sommer, der Jugend, dem Mittag und den Sternzeichen Löwe, Krebs, Widder sowie dem Planeten Mars zugeordnet.
  3. schwarze Galle (= von μελαίνα χολὴ mélaina cholé), die in der Leber produziert werde, bestimme den Charakter der Melancholiker und dem Element Erde, dem Herbst, dem Erwachsenenalter, dem Nachmittag und den Sternzeichen Jungfrau, Steinbock, Schütze, Stier sowie dem Planeten Saturn zugeordnet.
  4. Schleim (= grch.: φλῆγμα phlegma), der in der Nasenschleimhaut produziert werde, bestimme das Wesen der Phlegmatiker und habe Bezug zum Element Wasser, dem Abend, dem Winter und dem Greisenalter sowie den Sternzeichen Fische, , Skorpion und dem Mond.
Wissenschaftsgeschichtlicher Stellenwert

Der Beginn einer Beobachtung von Gesetzmäßigkeiten in der Natur und die Herstellung eines Bezugs zu Gesundheit und Krankheit des Menschen stellt aus wissenschaftsphilosophischer und -historischer Sicht einen wesentlichen Fortschritt gegenüber jenen früheren Ansichten dar, die die Befindlichkeit des Menschen als von den Göttern alleine bestimmt gesehen hatten. Mit der Humoralpathologie begannen die Ärzte des Altertums letztlich, systematisch die Ursachen der Unterschiede zwischen den Menschen zu beschreiben. Deren Einfluss auf die weitere Geschichte der Medizin zeigt aber auch, wie sehr ein geschlossenes System und dessen eloquente Vertretung dem Fortschritt im Wege stehen können. Erst mit Paracelsus verliert die Viersäftelehre zunehmend an Bedeutung

Literatur

Nutton, Vivian (1993), "Humoralism", in W.F. Bynum and Roy Porter, eds., Companion Encyclopedia of the History of Medicine, Vol. I, London: Routledge, 281-291.
Schöner, Erich (1964): Das Viererschema in der antiken Humoralpathologie, Wiesbaden: Steiner.
Siegel, Rudolph E. (1968), Galen's System of Physiology and Medicine, New York: Karger."

[Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Humoralpathologie. -- Zugriff am 2007-04-08]

2 siehe unten Sūtra 59

3 siehe unten Sūtra 60

4 siehe unten Sūtra 61

5,6 rajas und tamas sind zwei der drei guṇa des Mentalen, das dritte ist sattva. Für solche Krankheiten ist nach dem nächsten Sūtra Religion und "Spiritualität" zuständig.

Vgl. Bhagavadgīta XIV,5-13

sattvaṃ rajas tama iti
guṇāḥ prakṛtisaṃbhavāḥ |
nibadhnanti mahābāho
dehe dehinam avyayam |5|

tatra sattvaṃ nirmalatvāt
prakāśakam anāmayam |
sukhasaṅgena badhnāti
jñānasaṅgena cānagha |6|

rajo rāgātmakaṃ viddhi
tṛṣṇāsaṅgasamudbhavam |
tan nibadhnāti kaunteya
karmasaṅgena dehinam |7|

tamas tv ajñānajaṃ viddhi
mohanaṃ sarvadehinām |
pramādālasyanidrābhis
tan nibadhnāti bhārata |8|

sattvaṃ sukhe saṃjayati
rajaḥ karmaṇi bhārata |
jñānam āvṛtya tu tamaḥ
pramāde saṃjayaty uta |9|

rajas tamaś cābhibhūya
sattvaṃ bhavati bhārata |
rajaḥ sattvaṃ tamaś caiva
tamaḥ sattvaṃ rajas tathā |10|

sarvadvāreṣu dehe 'smin
prakāśa upajāyate |
jñānaṃ yadā tadā vidyād
vivṛddhaṃ sattvam ity uta |11|

lobhaḥ pravṛttir ārambhaḥ
karmaṇām aśamaḥ spṛhā |
rajasy etāni jāyante
vivṛddhe bharatarṣabha |12|

aprakāśo 'pravṛttiś ca
pramādo moha eva ca |
tamasy etāni jāyante
vivṛddhe kurunandana |13|

 

Lichtkraft, Triebkraft, Dunkelkraft -
so heißen die drei Grundzüge,
die aus der Stoffnatur entstehen, oh Starkarmiger;
sie binden den Unveränderlichen
als verkörperte Seele im Körper.

Unter diesen bindet Lichtkraft den Leuchtenden,
Leidfreien, weil frei von Befleckungen, durch die Verhaftetheit mit Glück und durch die Verhaftetheit mit der Erkenntnis, oh du Frevelloser.

Triebkraft, so wisse, besteht in Leidenschaft, und sie entsteht aus der Verbindung mit Begierde; sie bindet die verkörperte Seele, oh Kunti-Sohn, durch die Verhaftetheit mit Handlungen.

Wisse, dass die Dunkelkraft aus Unkenntnis geboren ist; sie ist dasjenige, was alle verkörperten Seelen verwirrt. Sie bindet durch Unbesonnenheit, Trägheit, Schlaf, oh Nachkomme des Bharata.

Die Lichtkraft bewirkt das Haften an Glück;
die Triebkraft an Handlungen, oh Nachkomme des
Bharata; die Dunkelkraft bewirkt fürwahr Haften an Unbesonnenheit, indem sie die Erkenntnis verhüllt.

Wenn sie die Trieb- und Dunkelkraft überwiegt, tritt Lichtkraft hervor, oh Nachkomme des Bharata; desgleichen die Dunkelkraft, wenn sie die Trieb- und Lichtkraft überwiegt, die Triebkraft, wenn sie die Dunkel- und die Lichtkraft überwiegt.

Wenn in allen Sinnentoren in diesem Körper als Leuchten die Erkenntnis entsteht, dann soll man wissen, dass fürwahr Lichtkraft zugenommen hat. Wenn die Triebkraft angewachsen ist, dann entstehen Gier, Weltzugewandtheit, Beginn von Handlungen, Unruhe und Sehnsucht, oh Bulle unter den Bharatas.

Wenn die Dunkelkraft angewachsen ist, entstehen Unerleuchtetheit und Weitabgewandtheit, Unbesonnenheit und Verwirrung, oh Stolz der Kurus.

Bhagavadgīta XIV,5-13 [Übersetzung: Peter Schreiner <1945 - >: Bhagavad-Gita : Wege und Weisungen / übers. und eingel. von Peter Schreiner ; Nachw. von Sebastian Painadath.  -- Zürich : Benziger, ©1991.  -- 238 S. ; 20 cm. -- (Klassiker der östlichen Meditation. Spiritualität Indiens). -- ISBN 3-545-20704-8. -- S. 116f.

praśāmyaty auṣadhaiḥ pūrvo
daivayuktivyapāśrayaiḥ |
mānaso jñānavijñāna-
dhairyasmṛtisamādhibhiḥ |58|

58. Krankheitserreger des Körpers werden beruhigt durch Arzneien, die auf beruhen auf Religiösem (daiva)1 oder rationalen Mitteln (yukti)2. Krankheitserreger des Mentalen werden beruhigt3 durch Weisheit (jñāna), Wissen (vijñāna), Ausdauern (dhairya), Achtsamkeit (smṛti) und Versenkung (samādhi).

Kommentar:

Vgl. dazu Carakasaṃhitā I,11,54

trividham auṣadham iti —
  • daivyapāśrayaṃ
  • yuktivyapāśrayaṃ
  • sattvāvajayaś ca |

tatra daivavyapāśrayaṃ —

mantrauṣadhimaṇimaṅgalabalyupahārahoma-niyamaprāyaścittopavāsasvastyayanapraṇipātagamanādi,

yuktivyapāśrayaṃ punar —

āhārauṣadhadravyāṇāṃ yojanā,

sattvāvajayaḥ punar —
ahitebhyo 'rthebhyo manonigrahaḥ |54|

Dreifach ist die Arznei:
  • beruhend auf Religiösem
  • beruhend auf rationalen Mitteln
  • Sieg über das Mentale

Dabei ist auf religiösem beruhende Arznei:

  • mantra — religiös-magische Formeln
  • oṣadhi  — religiös-magische Kräuter
  • maṇi — heilende Edelsteine
  • maṅgala — glückbringende Handlungen und Worte
  • bali — Kleinopfer
  • upahāra — Darbringungsopfer
  • homa — Gussopfer
  • niyama — Reinheit (śauca), Genügsamkeit (santoṣa), Askese (tapas), Vedastudium (svādhyāya), Hingabe an den HERRN (īśvarapraṇidhāna) (Yogasūtra II.32)
  • prāyaścitta — Busse und Sühne
  • upavāsa — Fasten
  • svastyayana — Segen
  • praṇipāta — Sich-Hinwerfen vor würdigen Menschen und Göttern
  • gamana — Besuch von Heiligtümern
  • usw.

Auf rationalen Mitteln beruhende Arznei ist die richtige Anwendung von Nahrung und Arzneistoffen.

Sieg über das Mentale ist das Abziehen des Mentalen von unheilsamen Objekten."

Carakasaṃhitā I,11,54  

1 daiva-vyapāśraya: Behandlung durch Religiöses ("treatment by harnessing divine and occult influences").

2 yukti-vyapāśraya:

"In the medical context, however, the word [yukti] is used in the sense of application of reason to diagnose and treat deseases, for success of medical practice is founded in rational application; ... Yukti-vyapāśraya: Treatment of deseases by the employment of reason, viz.
  • clinical examination (parīkṣā),
  • diagnosis (nidāna),
  • and employment of drugs, prsecription of diet, etc."

[Quelle: Encyclopaedia of Indian medicine / Ed.: S. K. Ramachandra Rao. - Bombay : Popular Prakashan. -- 25 cm. -- Vol. 2: Basic concepts / with assistance of S. R. Sudarshan. -- 1987. -- XIV, 236 S. : Ill. -- S. 185.]

3 diese nennt man sattvāvajaya

rūkṣaḥ śīto laghuḥ sūkṣmaś
calo 'tha viśadaḥ kharaḥ |
viparītaguṇair dravyair
mārutaḥ saṃpraśāmyati |59|

59. Wind (vāta) ist

Er wird durch Substanzen beruhigt, die die gegenteiligen Eigenschaften haben.

sasneham uṣṇaṃ tīkṣṇaṃ ca
dravam amlaṃ saraṃ kaṭu |
viparītaguṇaiḥ pittaṃ
dravyair āśu praśāmyati |60|

60. Galle (pitta) ist

Sie wird schnell durch Substanzen beruhigt, die die gegenteiligen Eigenschaften haben.

guruśītamṛdusnigdha-
madhurasthirapicchilāḥ |
śleṣmaṇaḥ praśamaṃ yānti
viparītaguṇair guṇāḥ |61|

61. Eigenschaften des Schleims (kapha) sind

Sie werden durch Substanzen beruhigt, die die gegenteiligen Eigenschaften haben.

viparītaguṇair deśa-
mātrākālopapāditaiḥ |
bheṣajair vinivartante
vikārāḥ sādhyasaṃmatāḥ |62|

62. Heilbare Krankheiten verschwinden durch Arzneien, die die gegenteiligen Eigenschaften haben, wenn sie entsprechend Ort, Maß und Zeit1 verabreicht werden.

Kommentar:

1 Zeit: Jahreszeit und Alter des Patienten

sādhanaṃ na tv asādhyānāṃ
vyādhīnām upadiśyate |
bhūyaś cāto yathādravyaṃ
guṇkarmāṇi vakṣyate |63|

63. Nicht aber wird eine Heilung von unheilbaren Krankheiten gelehrt.

Deswegen nennt Agniveśa weiters die Eigenschaften und Wirkungen der einzelnen Substanzen.

rasanārtho rasas tasya
dravyam āpaḥ kṣitis tathā |
nirvṛttau ca viśeṣe ca
pratyayāḥ khādayas trayaḥ |64|

64. Geschmack ist Objekt des Geschmacksorgans. Wasser und Erde sind seine Substanz. Für sein Verschwinden und seine Besonderheiten sind die drei Elemente Äther [Wind und Hitze] Ursache.

svādur amlo 'tha lavaṇaḥ
kaṭukas tikta eva ca |
kaṣāyaś ceti ṣaṭko 'yaṃ
rasānāṃ saṃgrahaḥ smṛtaḥ |65|

65. Die sechsfache Gruppe der Geschmacksqualitäten ist:

Kommentar:

Vgl. die moderne Auffassung vom Geschmackssinn:

"Unter dem Geschmackssinn (auch Gustatorik, Schmecken oder gustatorische Wahrnehmung) versteht man die chemischen Sinnesreize, durch die ein großer Teil des Sinneseindrucks Geschmack vermittelt wird.

Abb.: Semidiagrammatic view of a portion of the mucous membrane of the tongue. Two fungiform papillæ are shown. On some of the filiform papillæ the epithelial prolongations stand erect, in one they are spread out, and in three they are folded in.
[Bildquelle: Wikipedia]

Die Rezeptoren für die Geschmacksqualitäten sind beim Menschen auf den so genannten Geschmackspapillen angesiedelt, welche annähernd gleichmäßig über die Oberseite der Zunge verteilt sind. Nach ihrer Form unterscheidet man zwischen Wallpapillen, Blätterpapillen, Faden- und Pilzpapillen, wobei Fadenpapillen keine Geschmacksknospen enthalten. Sie dienen der Beurteilung mechanischer Eigenschaften der aufgenommenen Lebensmittel. Der Mensch verfügt über etwa 2.000 Papillen, die jeweils fünf bis zehn Geschmacksknospen tragen. Diese wiederum enthalten 40-60 Sinneszellen. Auch der weiche Gaumen, Bereiche der hinteren Gaumenwand sowie Teile des Kehlkopfs besitzen bei ihm eine gewisse Geschmacksempfindlichkeit. Säuglinge und Kleinkinder haben außerdem noch Sinneszellen auf dem harten Gaumen, in der Zungenmitte sowie in der Lippen- und Wangenschleimhaut. Im Alter sinkt die Zahl der Geschmacksknospen auf bis zu 700.

Traditionell wird davon ausgegangen, dass der Mensch vier (mit umami fünf) Geschmacksrichtungen unterscheiden kann. Neuere Forschungsergebnisse lassen auf einen sechsten Sinn für Fett schließen. Der zuständige Rezeptor reagiert auf Fettsäuren.

Der Mensch unterscheidet die sechs Grundqualitäten:

  1. süß, ausgelöst durch Kohlenhydrate oder Süßstoffe
  2. salzig, ausgelöst durch mineralische Verbindungen, wie Speisesalz
  3. sauer, ausgelöst durch niedrige pH-Werte, wie Säuren
  4. bitter ausgelöst durch Bitterstoffe
  5. umami (fleischig, herzhaft) ausgelöst durch Glutaminsäure
  6. fett (siehe unten)

Umami wurde in der westlichen Kultur erst Anfang des 20. Jahrhunderts identifiziert und soll besonders eiweißreiche Nahrungsmittel anzeigen (Aminosäuren). Der Geschmacksverstärker Mononatriumglutamat (E 621) vermittelt den umami Geschmack sehr konzentriert.

Ein Team aus französischen und US-amerikanischen Wissenschaftlern entdeckte Ende 2005 einen weiteren Geschmackssensor für Fett: es handelt sich um das Glycoprotein CD36, das auf der Zunge in unmittelbarer Nähe der Geschmacksknospen lokalisiert ist. Bisher war es strittig, ob es eine sechste Grundqualität, ausgelöst durch Speisefett gibt. Allgemein wurde angenommen, dass die Vorliebe für fetthaltige Speisen allein von deren Geruch und Konsistenz herrührt. Um die Frage nach einem möglichen weiteren Grundgeschmack für Fett zu klären, führten die Forscher Experimente mit normalen Mäusen (= Wildtyp) und mit gentechnisch veränderten Mäusen ohne den CD36-Rezeptor durch. Den Mäusen wurde die Wahl zwischen zwei Futterangeboten gelassen, von denen eines Fett enthielt und das andere lediglich eine Substanz, die die Konsistenz des Fetts nachahmte. Es zeigte sich, dass die normalen Mäuse mit CD36 eine starke Vorliebe für das fettige Futter hatten, nicht aber die genetisch veränderten Mäuse ohne CD36. Darüberhinaus reagierten nur die gewöhnlichen Mäuse auf fetthaltige Nahrung mit der Produktion von fettspezifischen Verdauungssäften. Aus Letzterem lässt sich schließen, dass der CD36-Rezeptor auch eine Rolle bei der Vorbereitung der Verdauung von Fetten spielt.

Daneben werden immer wieder neue Geschmacksqualitäten diskutiert, wie alkalisch, metallisch und wasserartig.

Eine wesentliche Rolle für komplexe Geschmackseindrücke spielt der Geruchssinn, der für alle anderen "Geschmackseindrücke" verantwortlich ist. Deutlich wird dies bei schweren Erkältungen, wenn man mit verstopfter Nase keine Geschmackseindrücke jenseits der Grundkategorien mehr wahrnimmt. Auch gibt es bei vielen Tierarten keine Trennung zwischen Geschmacks- und Geruchswahrnehmung.

"Scharf" wird zwar als Geschmacksempfindung qualifiziert, ist aber genau genommen ein Schmerzsignal der Nerven bei Speisen, die beispielsweise mit Chili gewürzt sind, hervorgerufen durch das Alkaloid Capsaicin.

Sensorische Verarbeitung

Die Annahme, dass einzelne Rezeptorzellen für einzelne Geschmacksrichtungen zuständig sind, gilt heute als überholt. Auch die oft noch anzutreffende Kartierung der Zunge in unterschiedliche Bereiche für süß, bitter etc. ist so nicht mehr haltbar. Stattdessen wird heute eher von einem Geschmackskontinuum ausgegangen. Dabei stützen sich die Befürworter auf die Erkenntnis, dass die bisher gefundenen Rezeptorzellen stets für mehr als nur eine Geschmacksrichtung zuständig sind. Auch eine kulturell unterschiedliche Herausbildung des Geschmacks wird diskutiert. Die Geschmacksknospen für die einzelnen Geschmacksrichtungen sind relativ gleichmäßig über den Randbereich der Zunge verteilt. In der Zungenmitte befinden sich meistens nur bei Kleinkindern entsprechende Rezeptorzellen. Die Geschmacksrichtung bitter wird im hinteren Teil der Zunge etwas besser wahrgenommen, sauer hingegen an den Seiten der Zunge.

Gustatorische Sinneszellen sprechen nicht ausschließlich auf eine Grundgeschmacksart an, sondern in der Regel auf mehrere, jedoch in unterschiedlicher Intensität. Von Zelle zu Zelle ergeben sich unterschiedliche Reaktionsspektren. Die gustatorischen Signale werden im Thalamus vorverarbeitet und in Integration mit taktilen, thermischen und olfaktorischen Informationen in einer relativ unspezifischen Kortexregion verarbeitet. Bei der Wahrnehmung des Geschmacks ist zwischen zwei Typen zu unterscheiden: den Ionenkanälen, über welche die Geschmacksrichtungen sauer und salzig empfunden werden, sowie den Rezeptorzellen für bitter und süß. Bei der Empfindlichkeit ist bitter wesentlich intensiver ausgeprägt, der Geschmack wird um das 100.000-fache besser wahrgenommen als süß. Für den Süßgeschmack ist bislang nur ein Rezeptortyp bekannt, bei bitter sind es 25 verschiedene.

Die Komplexität der gustatorischen Wahrnehmung wird durch ein kombinatorisches System von Repräsentationen im Gehirn erreicht, das eine detaillierte Analyse der Feinheiten eines Sinneseindrucks erlaubt. Dieses System unseres Nervensystems, die Vektorcodierung, kann als Darstellung in einem Merkmalsraum (bei vier Grundgeschmacksarten ein vierdimensionaler Raum) begriffen werden. Ein bestimmter Geschmack wird in diesem Raum durch ein Aktivierungsmuster aller vier Rezeptortypen repräsentiert. Könnte die Zunge pro Grundgeschmack nur 10 Intensitätsstufen unterscheiden, so betrüge die Gesamtzahl an unterscheidbaren Aktivierungsmustern doch 10.000. Mit nur vier verschiedenen Rezeptortypen könnte man also 10.000 unterschiedliche Geschmacksrichtungen differenzieren. Aus einfachen Grundlagen erwächst kombinatorisch so eine gigantische Vielzahl an Unterscheidungs- und Wahrnehmungsmöglichkeiten."

[Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Gustatorik. -- Zugriff am 2007-03-09]

"Umami (japanisch 旨み、旨味、うまみ) ist die Bezeichnung für eine der Grundqualitäten des Geschmackssinns.

Als erster beschrieb der japanische Forscher Kikunae Ikeda [池田菊苗] 1908 die Geschmacksqualität des Umami (旨味; von jap. 旨い "umai": "fleischig und herzhaft", "wohlschmeckend"). Bei seinen Experimenten fand Ikeda heraus, dass es eine Geschmacksqualität abseits der üblichen Einteilung in süß, sauer, salzig und bitter gibt, welche besonders proteinreiche Nahrungsmittel anzeigt.


Abb.: Modell der Glutaminsäure (C5H9NO4)
[Bildquelle: Wikipedia]

Der Träger des Umami-Geschmacks ist die Glutaminsäure, eine Aminosäure, welche auch als Geschmacksverstärker Verwendung findet ("Glutamate" = Salze der Glutaminsäure). Besonders reichlich ist Glutamat in vollreifen Tomaten, Fleisch, Sojasauce und Käse vorhanden.

Für japanische Feinschmecker hat der Pilz Shiitake [椎茸9 den Geschmack Umami.

Rezeptor für den Umami-Geschmack ist TAS1R1+TAS1R3."

[Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Umami. -- Zugriff am 2007-03-09]

svādvamlalavaṇā vāyuṃ
kaṣāyasvādutiktakāḥ |
jayanti pittaṃ śleṣmāṇaṃ
kaṣāyakaṭutiktakāḥ |66|

66.

Kommentar:

  Eigenschaften des doṣa Geschmacks-Eigenschaften
 der Arznei
Wind
vāta
  • rau,
  • kalt,
  • leicht,
  • schlank,
  • beweglich,
  • deutlich und
  • derb.

hat keinen Geschmack!

  • süß (svādu)
  • sauer (amla)
  • salzig (lavaṇa)

 

Galle
pitta
  • fett-glatt
  • warm
  • scharf
  • fließend
  • sauer
  • flüssig
  • ätzend
  • scharf (kaṣāya)
  • süß (svādu)
  • bitter (tikta)
Schleim
kapha
  • schwer
  • kalt
  • weich
  • glatt
  • süß
  • fest (nicht fließend)
  • schmierig
  • scharf (kaṣāya)
  • ätzend (kaṭu)
  • bitter (tikta)

kiṃcid doṣapraśamanaṃ
kiṃcid dhātupradūṣaṇam |
svasthavṛttau mataṃ kiṃcit
trividhaṃ dravyam ucyate |67|

67. Es gibt dreierlei Arzneisubstanzen:

tat punas trividhaṃ proktaṃ
jaṅgamaudbhidapārthivam |68ab|

68. Die Arzneisubstanzen werden aber auch so dreigeteilt:

madhūni gorasāḥ pittaṃ
vasā majjāsṛg āmiṣam |68cd|
viṇmūtracarmareto 'sthi-
snāyuśṛṅganakhāḥ khurāḥ |
jaṅgamebhyaḥ prayujyante
keśā lomāni rocanāḥ |69|

68c. - 69. Von Tieren werden verwendet

Kommentar:

Zu den tierischen Arzneimitteln siehe auch:

Encyclopaedia of Indian medicine / Ed.: S. K. Ramachandra Rao. - Bombay : Popular Prakashan. -- 25 cm. -- Vol. 5: Materia medica - mineral and metallic drugs / ed. S. R. Sudarshan. -- 2005. -- XVIII, 122 S. -- S. 71 - 118: Materia medica of animal products.

suvarṇaṃ samalāḥ pañca
lohāḥ sasikatāḥ sudhā |
manaḥśilāle maṇayo
lavaṇaṃ gairikāñjane |70|
bhaumauṣadham uddiṣṭam |71a|

70. - 71a. Anorganische (aus der Erde stammende) Arzneistoffe sind:

Kommentar:

Zu anorganischen Arzneistoffen siehe auch:

Encyclopaedia of Indian medicine / Ed.: S. K. Ramachandra Rao. - Bombay : Popular Prakashan. -- 25 cm. -- Vol. 5: Materia medica - mineral and metallic drugs / ed. S. R. Sudarshan. -- 2005. -- XVIII, 122 S.

1 fünf unreinen Metalle: Kupfer, Silber, Zinn, Blei, Eisen

2 oder: samt ihrem Schmutz (mala) = ihren Beiprodukten (so Sharma-Dash)

3 beiden "Arsenike": roter "Arsenik" = Realgar und gelber "Arsenik" = Orpiment

"Realgar, Rubinschwefel, als Pigment auch als Rauschrot oder Opperment, ist ein häufig vorkommendes Arsen-Schwefel-Mineral aus der Mineralklasse der nichtmetallartigen Sulfide. Es kristallisiert im Monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Formel As4S4 und entwickelt prismatische, längsgestreifte Kristalle oder körnige, massige Aggregate in den Farben rot bis orangegelb.


Realgar aus Rumänien

Der Name Realgar stammt aus dem Arabischen Radj al ghar und bedeutet soviel wie „Höhlenpulver“.

Besondere Eigenschaften

Realgar ist sehr instabil und zerfällt unter UV-Licht in Orpiment (Auripigment As2S3) und Arsenik (As2O3) beziehungsweise Pararealgar (AsS). Es ist in Säuren und in Kalilauge teilweise löslich und entwickelt giftige Dämpfe, die nach Knoblauch riechen.


Abb.: Unter Lichteinfluss zerfallendes Realgar

Realgar hat zumindest farbenmäßig eine gewisse Ähnlichkeit mit Cinnabarit (Zinnober) und Rubin. Beide kristallisieren jedoch trigonal und sind entweder viel schwerer oder härter als Realgar.

Bildung und Fundorte

Als typisches Sekundärmineral findet sich Realgar zusammen mit dem verwandten Auripigment in Hydrothermal-Adern und -Quellen. Es entsteht durch Zersetzung anderer arsenhaltiger Minerale wie dem Arsenopyrit, aber auch durch Resublimation vulkanischer Gase.

Bedeutende Fundorte sind Kanton Wallis in der Schweiz, Baia Sprie und Siebenbürgen in Rumänien, Shimen/Hunan in China, Nevada in den USA und Allchar in Makedonien.

Struktur  


Käfigstruktur von Realgar

Die Elementarzelle der chemischen Verbindung ist käfigförmig, wobei im Kristall innerhalb der Käfige starke, kovalente Atombindungen und zwischen den Käfigen schwache Van-der-Waals-Bindungen herrscht, was auch die chemische Unbeständigkeit erklärt. Im einzelnen Käfig sind die Arsen-Atome (Oxidationsstufe: +3) jeweils mit einem weiteren Arsen- und zwei Schwefelatomen verbunden. Die Schwefelatome (Oxidationsstufe: -2) besitzen jeweils 2 Bindungen zu Arsen-Atomen.

Verwendung

Im Mittelalter fand Realgar hauptsächlich in der Medizin und der Glasherstellung Verwendung, heute wird es in der Pyrotechnik, aber auch bei der Pestizidproduktion eingesetzt.

Realgar wurde wegen seiner nicht mischbaren orangeroten Farbe bereits im Altertum als Pigment verwendet. Es findet sich auch in mittelalterlicher Buch- und Tafelmalerei.

Heute darf es wegen seiner extremen Giftigkeit nur noch in Ausnahmefällen und unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen verwendet werden. Für Spezialanwendungen der Restaurierung ist es noch im Fachhandel erhältlich. In allen anderen Anwendungen lässt es sich durch moderne synthetische Pigmente wie etwa Teerfarbstoffe (Perylenrots) ersetzen.

Vorsichtsmaßnahmen

Realgar enthält einen hohen Arsenanteil von ca. 70 Gewichtsprozent und wird daher als giftige Substanz (R-Sätze R 23/25 Giftig beim Einatmen und Verschlucken, R 50/53 Sehr giftig für Wasserorganismen) eingestuft. Präzise Angaben über die Giftigkeit sind aber kaum möglich, da ein Zerfallsprodukt von Realgar an der Luft das Arsenik ist, welches auf Grund seiner guten Löslichkeit eine wesentlich höhere Giftigkeit als reines Arsen besitzt. Der Umgang mit Realgar erfordert besondere Vorsichtsmaßnahmen, wie unter Verschluss aufbewahren; Schutzhandschuhe und Augenschutz benutzen; bei der Arbeit nicht essen, trinken, rauchen; Freisetzung in die Umwelt vermeiden und als gefährlicher Abfall zu entsorgen. Beim Transport relevanter Mengen fällt es unter Gefahrgutklasse 6.1 mit der Gefahrnummer 60 über der UN-Nummer 1557."

[Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Realgar. -- Zugriff am 2007-03-09]

"Orpiment, auch unter den veralteten Bezeichnungen Auripigment oder Arsenblende, seltener unter seiner chemischen Bezeichnung Arsen(III)-sulfid (As4S6) bekannt, ist ein Arsen-Schwefel-Mineral aus der Mineralklasse der nichtmetallartigen Sulfide.


Orpiment

Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung As4S6 und entwickelt meist blättrige, faserige Aggregate und Krusten, seltener kleine, prismatische oder auch pseudorhombische Kristalle in zitronen- bis bronzegelber Farbe.

Besondere Eigenschaften

Im Durchlichtmikroskop erkennt man grobe, transparent gelbe Partikel, die eine blättrige Struktur aufweisen. Zahlreiche Spaltflächen sind erkennbar. Das Mineral ist doppelbrechend, unter gekreuzten Polarisatoren erscheinen extrem bunte anormale rote und blaugrüne Interferenzfarben.

Etymologie und Geschichte

Der Name Auripigment ist veraltet und wurde in der Mineralogie durch den Mineralnamen Orpiment abgelöst, als Bezeichnung für das in der Malerei eingesetzte Pigment ist Auripigment weiterhin gebräuchlich. Der Name leitet sich ab vom lateinischen aurum (Gold). Weiterhin war es bekannt unter dem griechischen Arrhenicon und daraus abgeleitet Arsenicon, Arsikon, Arzikon. Im deutschsprachigen Raum tauchen Bezeichnungen wie Risigallum, Ruschgäl, Rüschelecht und Rauschgelb auf, später auch Königsgelb, Arsenblende, gelber Hüttenrauch und Operment(um). In Frankreich und England kannte man es als Orpiment, in Italien als Oropimento.

Bildung und Fundorte

Orpiment entsteht neben Arsenik (As2O3) beziehungsweise Pararealgar (AsS) unter UV-Licht aus Realgar und hat damit die selben Fundorte wie dieses.

Struktur

Die Kristalle sind in ihrer Struktur schichtweise aus Arsensulfidschichten im Verhältnis As2S3 aufgebaut, einer sogenannten Schichtstruktur, aufgebaut. Innerhalb der Schichten herrschen starke, homöopolare (nicht-polare) Atombindungen und zwischen den Schichten schwache Van-der-Waals-Bindungen vor.

Verwendung als Pigment

Schon seit dem Altertum wurde das rötlich-gelbe Auripigment verwendet um Gold zu imitieren, denn es „gleicht dem Gold wie keine andere Farbe“, so Cennino Cennini. In Quellenschriften wie dem Leidener Papyrus X, dem Lucca Manuskript oder der Mappae Clavicula befinden sich viele Rezepte für Goldschriften. Nachgewiesen wurde das Auripigment in der altägyptischen Kunst, Wandmalereien in Indien und China, mittelalterlichen Buchmalereien, Skulpturenfassungen und Tafelbildern, in venetianischen Gemälden des 15. und 16. Jahrhunderts sowie Altniederländische Malerei Stillleben des 17. Jahrhunderts und tibetischen Thankas aus gleicher Zeit.


Abb.: Auripigment

Vor der Erfindung von Chromgelb war Orpiment das leuchtendste Gelb, das man in der Malerei kannte. Heute wird es in der Anwendung durch ungiftige Teerfarbstoffe ersetzt.

Vorsichtsmaßnahmen

Viele Quellen warnen vor der hohen Giftigkeit des Auripigments. 1738 beschrieb Sprong es: „Königsgelb: Dies ist aus den besten Auripigmentstücken gemacht und deshalb sehr giftig. Der Nutzer sollte daher nicht versuchen daran zu riechen indem er die Nase darüber hält“. Auch Valentin Boltz warnt in seinem Illuminierbuch 1549 explizit: „Und hüt dich du kein pensel dieser Farb leckest, denn es ist schedlich“. Cennini bezeichnet es als "propio tosco", wahrhaft giftig, und in vielen Büchern (Schramm) sowie Listen von Pigmentherstellern (Kremer) wird es in die Giftklasse 1 bzw. 2 eingeordnet. Es findet sich aber auch die Aussage, dass Arsentrisulfid wenig toxisch sei. Da es in Wasser und Salzsäure unlöslich ist, könne es nicht, oder nur in geringen Mengen vom Körper aufgenommen werden. Vergiftungserscheinungen können auf eine "Verunreinigung" mit dem Abbauprodukt Arsenik (As2O3) zurückgeführt werden, welches als berühmtes (Selbst-)Mordgift Verwendung fand.

Neben seiner Giftigkeit zeigt sich insbesonders bei alten Gemälden ein weiterer Nachteil des Orpiments: unter Lichteinwirkung (direkte Sonneneinstrahlung) reagieren die bei der Malerei verwendeten Lösungsmittel mit dem Orpiment, so dass das Gelb im Lauf der Jahrhunderte zerfällt. Dies wirkt sich insbesondere auch auf Grüntöne aus, welche die alten Meister in Ermangelung eines schönen grünen Pigments häufig aus Orpimentfarblacken und einem blauen Pigment gemischt haben: dies ist der Grund, dass bei vielen alten Landschaftsgemälden durch das Verblassen des Gelbtons beispielsweise die Bäume blau geworden sind."

[Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Auripigment. -- Zugriff am 2007-03-09]

4 Rötel (gairika): Hämatit mit Ton vermischt

"Hämatit, auch Eisenglanz, Specularit, Iserin, Roteisenstein, Roteisenerz oder Rötel genannt, ist ein sehr häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der Oxide mit einem Stoffmengenverhältnis Metall:Sauerstoff = 2:3. Es kristallisiert im trigonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Fe2O3 und entwickelt verschiedenste Kristallformen, aber auch massige, traubige und radialstrahlige Aggregate in grauer, schwarzer oder rotbrauner Farbe. Dünne Hämatit-Blättchen sind rötlich durchscheinend.

Besondere Eigenschaften

Hämatit läuft nach einiger Zeit bunt an und wird durch Verwitterung rot. Seine Mohssche Härte liegt zwischen 5,5 und 6,5 und seine Dichte zwischen 5,12 und 5,3. Die Strichfarbe ist meist ein charakteristisches blutrot - von ihr und vom blutrot gefärbten Schleifwasser beim Bearbeiten leitet sich der Name des Minerals ab. Das Mineral kann geringe Gehalte von Magnesium, Mangan und Titan aufweisen.

Reines Hämatit ist unmagnetisch. Nur durch Erhitzen lässt sich ein schwacher Magnetismus erzeugen.

Etymologie und Geschichte

Die Bezeichnung Hämatit leitet sich aus dem griechischen Wort αιματoεις (gesprochen: haimatoeis) und bedeutet soviel wie „Blut“ oder „blutig“. Das aus dem Englischen übersetzte, ebenfalls gebräuchlichen Synonym „Blutstein“ wird allerdings auch für den Heliotrop (Blutjaspis) verwendet.

Der Abbau von Rötel war einer der frühesten Bergbauaktivitäten der Menschheit; das pulverförmige Mineral wurde in ca. 80.000 Jahre alten Grabstätten gefunden. Bei Rydno in Polen und bei Lovas in Ungarn sind paläolithische Rötelgruben bekannt (60000 v. Chr.). Die ältesten Untertageabbaue Europas befinden sich in Tzines und Vaftochili auf der griechischen Insel Thasos (Θάσος)) (etwa 15000 bis 20000 v. Chr.). In Deutschland findet man zudem prähistorische Bergbauspuren bei Bad Sulzburg und im Münstertal (Schwarzwald) mit vergleichbaren Umfang aus der Zeit um 5000 v. Chr. die der Bandkeramischen Kultur am Oberrhein zuzuordnen sind.

Das ergiebige Vorkommen des Eisenglanzes der Insel Elba wurde schon von den Etruskern abgebaut.

Modifikationen und Varietäten

Hämatit kristallisiert meist als Eisenglanz in stahlgrauen bis eisenschwarzen, metallglänzenden, oft irisierenden Kristallen, oder in blätterigschuppigen Kristallen als Eisenglimmer oder Eisenrahm.

Hämatit in unterschiedlichen Einlagerungen nennt man:

  • roter Glaskopfmit: nierige Oberfläche und faseriger Struktur
  • Eisenocker, Rotocker oder Rötel: mit Ton vermischt und daher weich
  • Minette-Erz: oolithisch-sedimentär
  • Eisenglimmer, Eisenrahm: feinschuppig
  • Blutstein: völlig dichtes Roteisenerz im Erzgebirge, nicht zu verwechseln mit Heliotrop

Begleitmineralien sind Magnetit, Pyrit und Rutil.

Bildung und Fundorte

Hämatit kommt sowohl in sedimentären Lagerstätten als auch als Gangmineral vor. Es ist für die Rotfärbung vieler Gesteine verantwortlich - ein bedeutendes Beispiel sind die gebänderten Eisenerzformationen aus dem Erdzeitalter des Archaikums.

Rote Sedimente, die in trocken-warmem (ariden) Klima entstanden sind, enthalten ebenso Hämatit wie Ergussgesteine wie etwa Porphyrit oder Porphyr. Gangförmige Hämatit-Lagerstätten entstanden durch Ausscheidung in Wasser gelöster freier EisenIII-Ionen auf offenen Spalten und Klüften in diesen Gesteinen. In ihnen finden sich die verschiedenen Ausbildungsformen des Hämatits: Rot-Eisenrahm, Rot-Eisenglimmer, Rot-Eisenglanz, Rot-Eisenocker, Roter Glaskopf, Blutstein, Rötel und viele mehr.

Besonders reine Hämatitvorkommen waren die schon im Mittelalter abgebauten Gänge von Suhl im Thüringer Wald. Die Gänge verlaufen im Latit und Rhyolith (Porphyrit und Porphyr) und weisen als Gangarten nur Quarz, Kalk-, Fluss- und Schwerspat auf, aber keine Phosphor- und Schwefelminerale. Die Erze konnten deswegen zur Gewinnung weichen Eisens für die Büchsenrohrschmiede verwendet werden.

Mit Hämatit treten häufig auch andere Eisenerze wie Magnetit, Limonit oder Eisenspat auf. Das Ganggestein besteht hauptsächlich aus Calcit, Dolomit, Quarz oder Ton und die Verunreinigungen sind meist Pyrit und Apatit.

Das Mineral findet sich weltweit, in Deutschland unter anderem im Lahn-Dill-Gebiet, das die größten Eisenkonzentrationen der Erde besitzt, in der Eifel, dem Harz (bei Elbingerode, Büchenberg und am Großen Knollen) und im Thüringer Wald. Weitere europäische Vorkommen liegen im englischen Cumberland und in Nord-Lancashire, im belgischen Vezin und Namur, auf der italienischen Insel Elba und in Spanien und Norwegen. In Afrika ist Algerien ein nennenswerter Produktionsstandort, in den USA findet es sich am Oberen See und am Missouri River. Mehr als die Hälfte allen Eisenerzes kommt heute aber aus der Volksrepublik China, Brasilien und Australien.

Durch die Sonden Opportunity und Spirit wurde auch auf dem Mars Hämatit gefunden, das als Nachweis für Wasservorkommen auf diesem Planeten gilt.

Verwendung

als Rohstoff

Hämatit enthält im reinen Zustand 70 Prozent Eisen und ist das wichtigste Eisenerz.

Daneben findet Hämatit Anwendung als Poliermittel; die kristalline Form des Hämatit wurde zudem wegen ihrer hohen Reflektivität lange Zeit als Spiegel genutzt.

Beim Korrosionsschutz wird Hämatit in Form von feinen, flachen, kristallinen Plättchen in einer Lack-Matrix als Deckanstrich von feuerverzinkten Stahlteilen eingesetzt. Der Korrosionsschutz kann so bis zu 25 Jahre und mehr bei freier Bewitterung betragen. Einsatz u.a. bei Laternen, Brücken und Strommasten.

als Pigment

Hämatit ist ein wichtiges und zudem ungiftiges Pigment. Schon in der Altsteinzeit wurde es für Höhlenmalereien und zur Körperbemalung eingesetzt; heute verwenden es unter anderem die Himba in Namibia für die Körperpflege.

Für den Einsatz im künstlerischen Bereich wird Hämatit oft gepresst. Die gepressten Stangen werden unbehandelt oder als Stiftminen verwendet. Rötelstifte sind weich, färben gut und werden von Künstlern für Zeichnungen und zum Skizzieren genutzt. Wichtige Künstlerfarben sind etwa Roter Bolus, eine stark tonhaltige Sorte, die vor allem als Grundiermaterial bei Vergoldungen verwendet wird, Ocker, Pompejanischrot, Englischrot, Venetianischrot, Terra di Pozzuoli und das violettstichige Caput mortuum.

Das Pigment eignet sich zudem zur Bemalung von Keramiken und zum Färben der Knüpffäden für Teppiche.

In der Fotografie wird Rötel zur Retusche von großformatigen Negativen und Positiven verwendet, da es lichtundurchlässig auftrocknet und wieder abwaschbar ist.

als Schmuckstein

Hämatit ist ein beliebter Schmuckstein, das nach der Politur durch seinen starken, metallischen Glanz auffällt. Es wird einerseits in facettierter oder Cabochon für Schmuck-Waren verwendet, andererseits aber auch zu kleinen Skulpturen verarbeitet.

Dabei ist jedoch zu beachten, dass Hämatit gegenüber Hitze, Salzen und Säuren (vor allem Borax und Borsäure) sehr empfindlich ist, der Stein also z.B. beim Tragen auf der Haut schnell oxidieren kann. Zudem bricht es aufgrund seiner Sprödigkeit leicht.

Im Schmuckhandel sind mehrere Manipulationen und Imitationen des Hämatits erhältlich. Der unter der Handelsbezeichnung erhältliche Hämatin oder Hematine ist eine „Rekonstruktion“ aus pulverisiertem und gesintertem Eisenoxid. Rekonstruierter Hämatit muss laut CIBJO als solcher bezeichnet werden. Ein Gestein aus Brasilien, das aus Hämatit und Magnetit besteht, darf dagegen als Hämatit angeboten werden. Im Gegensatz zu reinem Hämatit ist dieses Gestein trotz seines gleichen Aussehens von körniger Struktur, hat einen braunschwarzen Strich und ist zudem magnetisch. Eine einfache Kompassprobe genügt also bereits als Nachweis.

Durch optische Ähnlichkeit kann Hämatit mit Davidit, Kassiterit, Magnetit und Pyrolusit verwechselt werden und wird auch durch diese „imitiert“.

[Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%A4matit. -- Zugriff am 2007-03-09]

5 Collyrium  (añjana): eine Antimonverbindung (vermutlich Stibnit) (u.a. zur Herstellung von Augenschminke verwendet)

"Collyrium, Augenschminke der Griechen und Römer, wahrscheinlich identisch mit dem von den Frauen im Orient noch jetzt angewendeten Kochl (Kohol), das aus Spießglanz [Stibnit = Antimonsulfid = Sb2S3] dargestellt und als schwarze Salbe auf die Augenbrauen und Wimpern aufgetragen wird."

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

"Stibnit, auch unter den Namen Antimonsulfid Antimonit, Antimonglanz oder Grauspießglanz bekannt, ist ein häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der Sulfide und Sulfosalze mit dem Stoffmengenverhältnis Metall:Schwefel (Selen,Tellur) < 1:1. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Sb2S3 und entwickelt kurze bis lange, prismatische, nadelige oder radialstrahlige Kristalle, aber auch massige Aggregate von bleigrauer Farbe und Strichfarbe.


Stibnit mit Anlauffarben

Besondere Eigenschaften

Die Stibnitkristalle sind überwiegend in Längsrichtung gestreift und zeigen einen ausgeprägten Metallglanz. An der Luft verblasst der Glanz jedoch mit der Zeit und die Kristalle laufen buntfarbig an. Die Mohshärte von Stibnit beträgt je nach Reinheit 2 bis 2,5 und die Dichte zwischen 4,6 bis 4,7. Es wird gelegentlich mit Bleiglanz verwechselt, unterscheidet sich von diesem Mineral jedoch dadurch, dass sie bereits in der Streichholzflamme schmilzt.

Die größten Stibnitkristalle sind zwischen 60 Zentimetern (aus Japan) und 1 Meter (China) groß.

Etymologie und Geschichte

Die Bezeichnung Stibnit und Antimonit sind eine Ableitung des in der chemischen Verbindung auftretenden Antimons.

Das Mineral ist bereits seit der Antike Griechenlands bekannt und wurde in dieser Zeit zur Herstellung von Bronze und Schminkpuder verwendet.

Bildung und Fundorte

Stibnit bildet sich hydrothermal in Erzgängen mit Quarz und Gold. Es findet sich meist vergesellschaftet mit anderen Sulfiderzen, tritt aber auch in Kalkstein auf.

Fundorte sind unter anderem Hunan [湖南] in China, Wolfsberg/Ostharz in Deutschland, Shikoku [四国] in Japan, Kadamdzhai in Kirgisistan, Baia Sprie, Herja und Baiut in Rumänien, Kremnica in der Slowakei und Manhattan in den USA.

Struktur

Die Moleküle des Antimonsulfids bilden Doppelketten in Richtung der c-Achse, daher auch die typische Längsstreifung der Kristalle und die sehr vollkommene Spaltbarkeit parallel dieser Richtung.

Verwendung

Wirtschaftliche Bedeutung hat das Mineral durch seinen hohen Antimon-Gehalt von etwa 71,4%. Dieses sehr seltene Metall, dass lediglich 0,00002 % der Erdkruste ausmacht und als Legierungselement in gehärtetem Getriebestahl, als Zumischung in Batterieblei und in der Halbleiterindustrie Verwendung findet, wird hauptsächlich aus Stibnit gewonnen. Hauptexporteur war im Jahre 2003 die Volksrepublik China."

[Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Stibnit. --Zugriff am 2007-03-09]

audbhidaṃ tu caturvidham |
vanaspatis tathā vīrud
vānaspatyas tathauṣadhiḥ |71bcd|

71bcd. Pflanzliche Arzneistoffe sind viererlei:

Kommentar:

Die Übersetzung mit den "modernen" Termini gründet im folgenden Sūtra.

phalair vanaspatiḥ puṣpair
vānaspatyaḥ phalair api |
oṣadhyaḥ phalapākāntāḥ
pratānair vīrudhaḥ smṛtāḥ |72|

72.

Kommentar:

1 "Nichtblühende" Pflanzen (vanaspati): als Gegensatz zu den Blütenpflanzen: d.h. wohl Pflanzen, deren Blüten unscheinbar sind (vor allem eigige Windblütler und Wasserblütler) bzw. als solche nicht erkannt werden (vor allem Nadelgewächse)

2 Einjährige bzw. zweijährige krautige Pflanzen (oṣadhi): in den Tropen ist die Lebenszeit von "Einjährigen" oft sehr kurz, da die Lebensvorgänge von Keimung bis Fruchtreife wegen der Wärme sehr schnell ablaufen.

"Einjährige Pflanzen, sie werden auch annuelle Pflanzen genannt, sind krautige Pflanzen die von der Keimung des Samens, über Ausbildung der gesamten Pflanze, Bildung der Blüte und Befruchtung bis zur Reife des neuen Samens eine Vegetationsperiode benötigen und nach der Reife des Samens absterben (vertrocknen oder verfaulen). Dabei kann die Vegetationsperiode durch Frost oder Trockenheit begrenzt sein. Einjährige und Zweijährige krautige Pflanzen sind Therophyten, sie bilden keine Überdauerungsorgane aus (weder verholzen sie noch bilden sie Rhizome, Knollen, Zwiebeln usw.)."

[Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Einj%C3%A4hrige_Pflanze. -- Zugriff am 2007-03-09]

"Zweijährige Pflanzen sind krautige Pflanzen, deren Lebenszyklus (von der Keimung bis zur Samenbildung) zwei Jahre beträgt. Gemeint sind dabei nicht zweimal 365 Tage sondern zwei Vegetationsperioden, also eine Zeit/Vegetationszeit vor und nach einer klimatisch ungünstigen Zeit (Frost/Winter oder Trockenzeit). Sie unterscheiden sich dadurch von den Mehrjährigen, die mehrere Vegetationsperioden lang leben und den Einjährigen, die nur eine Vegetationsperiode lang leben.

Im ersten Jahr bleiben sie rein vegetativ, d.h. sie bilden nur Wurzeln und Blattwerk aus und speichern Nährstoffe. Erst in der zweiten Vegetationsperiode (nach dem Frost oder der Trockenzeit) bilden sie die Blüten und die Früchte mit den Samen. Nach der Reife der Samen sterben sie ab."

[Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Zweij%C3%A4hrige_Pflanze. -- Zugriff am 2007-03-09]

mūlatvaksāraniryāsa-
nālasvarasapallavāḥ |
kṣārāḥ kṣīraṃ phalaṃ puṣpaṃ
bhasma tailāni kaṇṭakāḥ |73|
patrāṇi śuṅgāḥ kandāś ca
prarohāś caudhbhido ganaḥ |74ab|

73. Die Gruppe der pflanzlichen Arzneistoffe besteht aus:


Zu Carakasaṃhitā I,1,74c - 86b