Ausgewählte Texte aus der Carakasaṃhitā

Anhang A: Pflanzenbeschreibungen

Glycyrrhiza glabra L.


zusammengestellt von Alois Payer

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Zitierweise / cite as:

Carakasaṃhitā: Ausgewählte Texte aus der Carakasaṃhitā / übersetzt und erläutert von Alois Payer <1944 - >. -- Anhang A: Pflanzenbeschreibungen. -- Glycyrrhiza glabra L. -- Fassung vom 2007-05-21. -- URL: http://www.payer.de/ayurveda/pflanzen/glycyrrhiza_glabra.htm   

Erstmals publiziert: 2007-03-19

Überarbeitungen: 2007-05-21  [Ergänzungen]; 2007-05-10  [Ergänzungen]; 2007-05-07 [Ergänzungen]; 2007-05-06 [Ergänzungen]; 2007-04-16 [Ergänzungen]

Anlass: Lehrveranstaltung SS 2007

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WARNUNG: dies ist der Versuch einer Übersetzung und Interpretation eines altindischen Textes. Es ist keine medizinische Anleitung. Vor dem Gebrauch aller hier genannten Heilmittel wird darum ausdrücklich gewarnt. Nur ein erfahrener, gut ausgebildeter ayurvedischer Arzt kann Verschreibungen und Behandlungen machen!


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Verwendete und zitierte Werke siehe: http://www.payer.de/ayurveda/caraka0001.htm



Abb.: Glycyrrhiza glabra L.
[Bildquelle: Köhler]

"Tafelbeschreibung:

A oberer Teil der Mühenden Pflanze, natürl. Größe; 1 Blüte, vergrößert; 2, 3, 4 Kronenteile, desgl.: 5 Staubgefässe mit dem Griffel, desgl.; 6 Stempel, desgl.; 7 Fruchtknoten im Längsschnitt, desgl.; 8 Früchte, natürl. Größe; 9 eine Klappe der Hülse mit Samen, desgl.; 10 Same, vergrößert; 11, 12 derselbe im Längs- und Querschnitt, desgl. Nach einer Originalzeichnung des Herrn Professor Schmidt in Berlin."


Abb.: Süßholz
[Bildquelle: Wikipedia]

Dutt:

"GLYCYRRHIZA GLABRA, Linn.

Sans. Yaṣṭhimadhu, Madhuka.
Vern. Jashti madhu, Beng. Mulhatti, Hind.

Liquorice root, though nor indigenous to India, has been used in Hindu Medicine from a very remote period, and is mentioned by Suśruta. It is described as sweet, demulcent, cooling and useful in inflammatory affections, cough, hoarseness, thirst etc. It is much used for flavouring medicinal decoctions, oils and ghritas. It enters into the composition of numerous external cooling applications along with red sandal wood, madder, Andropogon muricatus etc. I have not met with any notice in Sanskrit works, of the watery extract of liquorice, sold in the bazaars in the shape of black pencils, and called Rubas sus in Hindustani."

[Quelle: Dutt, Uday Chand: The materia medica of the Hindus / Uday Chand Dutt. With a glossary of Indian plants by George King. -- 2. ed. with additions and alterations / by Binod Lall Sen & Ashutosh Sen. -- Calcutta, 1900. - XVIII, 356 S. -- S. 143f.]

Köhler:

"Glycyrrhiza glabra L.

Syn. Liquiritia officinalis Mnch.

Gemeines oder spanisches Süßholz — Reglisse — Glycyrrhiza.

Familie: Leguminosae (Papilionaceae); Unterfamilie: Galegeae; Gattung: Glycyrrhiza Tourn.

Beschreibung: Die ausdauernde, tief absteigende, bis 1 Meter lange und 2 1/2 cm. dicke, mehrköpfige, graubraune, innen gelbe Wurzel entweder fast einfach oder mit marklosen Wurzelästen versehen, außerdem mit fingerdicken, wagerecht weithin kriechenden, unterirdischen Ausläufern ausgestattet, die sich durch das Vorhandensein der Stängelknospen und eines dünnen, eckigen Markes von den Wurzeln unterscheiden. Stängel zu mehreren, aufrecht, wenig hin- und hergebogen, bis 2 Meter hoch, meist einfach, nach unten stielrund, gestreift, kahl, nach oben kantig, gerippt, fein behaart, klebrig, drüsig, Blätter zerstreutstehend, unpaarig 4- bis 7-jochig gefiedert. Blattspindel gerippt, kurzhaarig, drüsig punktiert; die hinfälligen, gepaarten Nebenblätter klein, pfriemenförmig. Blättchen gegenständig, kurz gestielt, oblong oder elliptisch-lanzettlich, spitz oder stumpf, ganzrandig, beiderseits drüsig, unterhalb klebrig, netzaderig. Blütentrauben achselständig, ziemlich lang gestielt, einzeln, lockerund reichblütig, schlank, ungefähr so lang als die Blätter; Blütenstiel gestreift, kurzhaarig, klebrig. Blüten ziemlich klein, zwittrig, fast sitzend, am Grunde mit einem lanzettlichen, zugespitzten, kurzbehaarten Deckblatte versehen. Kelch röhrig,-glockig, drüsig-klebrig, kurzhaarig, fast 21ippig; Oberlippe bis zur Mitte 2spaltig, Unterlippe 3spaltig; Abschnitte lanzettförmig, spitz, gewimpert Blumenkrone mit gerade vorgestreckter, wenig zurückgeschlagener, rundlich-eckig-länglicher, spitzer, in der Mitte etwas gefalteter, nach dem Grunde zu verschmälerter, weißlicher oder hellvioletter Fahne, lanzettförmigen, schief oblongen, stumpfen, ausgerandeten, an der Basis seitlich stampf geehrten, lang genagelten, lilafarbenen Flügeln, welche die Länge der Fahne nicht erreichen und getrenntblättrigem, stumpfem Schiffchen, welches kürzer als die Flügel ist und dessen langgenagelte, violette, an der Basis seitlich kurz geöhrte Blätter eine schief lanzettförmige, schief gestumpfte Form besitzen. Staubgefässe 10, 9 im unteren Teile zu einer nach oben offenen Röhre verwachsen, das 10. frei. Staubbeutel herzförmig, stumpf, kurz über dem Grunde des Rückens angeheftet, 2fächerig, längsspaltig aufspringend. Pollen elliptisch, unten und oben gestutzt, 3 furchig, 3 porig, unter Wasser 3seitig. Der oberständige, freie Stempel die Staubgefässe überragend, mit sitzendem, länglichem, etwas zusammengedrücktem, kahlem, einfächerigem Fruchtknoten, welcher allmählich in den fadenförmigen, kahlen, an der Spitze aufwärts gekrümmten Griffel übergeht, an dessen Ende sich die kopfige, zusammengedrückte Narbe befindet. Eichen 6—8, 2reihig der Bauchnaht angeheftet Hülse linealisch, zusammengedrückt, gerade oder wenig gekrümmt, kahl, braun, an Stelle der Samen etwas aufgetrieben, einfächerig, 1—8samig, 2 klappig, unvollkommen aufspringend. Same nierenf5rmig, glatt, braun, etwas zusammengedrückt, 4 Mm. lang, 2 Mm. breit. Embryo ohne Eiweiß, gekrümmt, mit keulenförmigem, gegen den Nabel umgebogenem Würzelchen und ei-nierenförmigen, flachen Samenlappen.

Von dieser sehr veränderlichen Pflanze beschreibt Luerssen folgende Formen:

a. typica Regel et Herder (Gl. glabra auct). Fast kahle Pflanze mit unterseits drüsig-klebrigen Blättern, lineal-lanzettlichen Kelchzähnen, welche etwas länger als die Kelchröhre sind, blauer Blumenkrone und kahler, 3—6samiger Hülse. Südeuropa, besonders in den europäischen Mittelmeerländern, in der Krim, im kaukasisch-kaspischen Gebiete, in Kleinasien und Nordpersien.

ß. violacea Boiss. unterscheidet sich von typica durch kleinere, elliptische Blättchen, 3eckig-längliche Kelchzähne, welche nicht so lang als die Röhre sind, und durch violette Blüten. In den Euphrat- und Tigrisländern.

g. glandulifera Regel et Herder (Gl. glandulifera Waldst. u. Kit., Gl. hirsuta Pall.) mit wenig entwickelten Ausläufern und weichhaarigen oder drüsig-rauen Stängeln. Blättchen unterseits oft drüsig: Hülse mehr oder weniger dicht drüsig-stachelig, vielsamig oder auch etwas verkürzt und 2—3samig (Gl. brachycarpa Boiss.). Südost-Europa, Westasien bis Turkestan und Afghanistan, Süd-Sibirien, in der Dsungarei, überhaupt in China. Sie ist die Stammpflanze des rassischen und wahrscheinlich auch des chinesischen Süßholzes.

d. pallida Boiss. Pflanze mit Ausnahme des Kelches drüsenlos, jedoch angedrückt-gekräuselt-behaart. Die Blütentrauben besitzen eine größere Länge als die Blätter. Der drüsig-raue Kelch mit lineal borstlichen Zähnen, welche die doppelte Länge der Röhre besitzen. Kronenteile rötlich-weiß. Hülse unbekannt. Assyrien.

Die bisher als Stammpflanze des russischen Süßholzes angenommene Glycyrrhiza echinata L. ist eine ausdauernde, fast kahle, 1—1 1/3 Meter hohe Pflanze mit senkrecht absteigender Wurzel, welche keine Ausläufer treibt und 5—6jochig gefiederte Blätter besitzt. Blättchen oblong oder elliptisch (nach Karsten lanzettförmig), stachelspitzig. Nebenblätter groß, lanzettförmig, zugespitzt, bleibend. Blütentraube kopfförmig, kurz gestielt. Blüten fast sitzend, lila. Kelchzähne 8 eckig. Hülsen länglich-verkehrt-eiförmig, zugespitzt, igelborstig, 2samig. Blütezeit Juli, August. Südöstliches Mittelmeergebiet, Ungarn, Südrussland, westliches Asien. Ändert ab: b. Frearitis Boiss. (Gl. Frearitis Orphan.), besitzt längere Traubenstiele, länglich-zylindrische Köpfchen und elliptische, meist 3samige Hülsen, welche mit dünnen Stacheln besetzt sind. In Makedonien.

Gl. echinata wurde als die Pflanze bezeichnet, welche das russische Süßholz liefert. Flückiger bestreitet dies unter Hinweis auf die Verschiedenheit der Droge, welche zwar einen gleichen anatomischen Bau besitzt, aber nicht gelb ist und nicht süß schmeckt. Er sagt: „Da Gl. echinata mit der andern Art (glabra) ebenfalls im südöstlichen Europa einheimisch ist, so erscheint der Irrtum begreiflich."

Anatomisches. Der Querschnitt des Süßholzes zeigt eine ziemlich dicke Rinde, welche aus Außen-, Mittel- und Innenrinde zusammengesetzt ist und ein durch die Kambiumschicht von der Rinde getrenntes, durch linienförmige Markstrahlen strahliges Holz; Mark fehlt den Wurzeln, wohingegen es in dem Rhizom schwach entwickelt ist. Die Außenrinde besteht aus einem Periderm, dessen äußere Zellen braun gefärbt sind, während die inneren eine gelbe Farbe besitzen. Die wenig entwickelte Mittelrinde zeigt wenige Reihen tangential gestreckter, Stärkekörner führender Parenchymzellen. Die Innenrinde, welche mächtig entwickelt ist, und fast die ganze Rinde ausmacht, besteht aus Markstrahlen. die mit lang-keilförmigen, zum Teil schlängelig gebogenen Bastbündeln wechseln: letztere stoßen mit der Spitze, die Markstrahlen mit der breiten Seite gegen den äußeren Umfang. Die Markstrahlen sind ans 3—7 Reihen radial gestreckter, stärkeführender Zellen zusammengesetzt; die Bastbündel enthalten in einem stärkeführenden Bastparenchym biegsame sclerenchymatische Fasern mit gelben, spiralig-streifigen Wänden, welche zu Bündeln mit rundlichem oder radial verlängertem Querschnitte vereinigt sind. Diese Bündel bilden gewöhnlich 2 Radialreihen mit oft paarweiser Anordnung, besitzen jedoch in der Regel ungleiche Abstände. In Begleitung der Baststränge und zwar am Umfange derselben zeigen sich vereinzelte Längsstreifen würfelförmiger Zellen (gekammerte Kristallschläuche) deren jede einen Kristall des monoklinischen Systems, aus Calciumoxalat bestehend, einschließt. Eine zweite Art von Baststrängen, die sich als knorpeliges Netz zwischen dem Parenchym und den sclerotischen Faserbündeln hindurchziehen, im Querschnitt bald quer, bald radial verlaufende Adern und Bänder bilden (Wigand's Hornbast), bestehen aus ziemlich dünnwandigen, inhaltslosen, sehr zusammengefallenen Bastzellen. Letztere Stränge sind nicht von Kristallschläuchen begleitet und nehmen durch Jod eine tief-rotbraune Farbe an. Das durch den Kambiumring von der Rinde getrennte Holz besteht aus schmalen Gefäßbündeln und ziemlich breiten Markstrahlen. Die Markstrahlen zeigen, wie in der Rindenschicht, ein im Querschnitt radial gestrecktes Parenchym, welches im radialen Längsschnitt mauerförmig ist. Die Gefäßbündel enthalten in ihrer ganzen Ausdehnung zahlreiche, weite Tüpfelgefäße, begleitet von kurzen Tracheiden. Erstere sind gelb gefärbt, stehen bald einzeln, bald gruppenweis und nehmen die ganze Breite des Holzstrahles ein. Prosenchyimstränge und Parenchym des Holzes stimmen mit den entsprechenden Geweben der Rinde überein. Die Tüfpelgefäße sind mit ringförmig durchbrochenen Scheidewänden ausgestattet.

Die Wurzeln, welche in geringer Menge dem spanischen Süßholze beigegeben sind, besitzen kein Mark und stimmen in ihrem anatomischen Bau mit den Ausläufern überein. Sie zeichnen sich durch bedeutende Stärke und große Lenticellen aus.

Blütezeit. Juni, August.

Vorkommen. Siehe die einzelnen Arten und Abarten. Die Pflanze wird gegenwärtig kultiviert in England (Mitcham in Surrey und Yorkshire), in Mähren, in Südfrankreich, namentlich aber in Spanien, in Italien (Kalabrien), in Sizilien (Catanisetta). In Deutschland wird bei Bamberg noch eine geringe Menge gezogen.

Name und Geschichtliches. Süßholz (althochdeutsch lacterie, mittelhochdeutsch Sies-, Soess-, Suoss-, Suyss-, Syessholz, Lackaricie, Lackerisse, Lackeritze, Lackritze, Leckerici, Leckwarieg, Lieritz, Lickweritzie, Liquirici, Lukretia, Luquatze, Lichtkritz, bei Hildegard Liquiricium, Hunigwurg) ist abgeleitet von dem süßen Geschmack der Wurzel. Glycyrrhiza von glykis süß und riza Wurzel; glabra, glatt. Lackritz durch Verstümmelung des griechischen Glykyrrhize, römischen Glycyrrhiza entstanden.

Schon Theophrast empfiehlt gegen Brustbeschwerden die skythische Wurzel Glykeia, welche aus der Umgebung des Maeotischcn Sees (Asow'schen Meeres) stammte und worin Flückiger das russische Süßholz vermutet. Dioskorides gibt eine Beschreibung von glykurrize, worin er neben den klebrigen Blättern die Wurzel als bald süß und bald herbe schildert. Die letztere Eigenschaft, das Herbe, mag sich wohl auf Gl. echinata beziehen, Er gibt als Heimat die pontigenen Länder und Kappadokien im östl. Kleinasien an; erwähnt auch schon des Lakritzensaftes, welcher zu jener Zeit schon in feste Form gebracht wurde. Die Römer nannten die Pflanze Glycyrrhiza und Celsus, Scribonius Largus und Plinins bezeichnen die Wurzel mit Radix dulcis. Scribonius Largus gibt eine Beschreibung von Süßholzpastillen; Galenus verwendet die Wurzel in der mannigfachsten Weise, ebenso Alexander Trallianus. Trotzdem die Wurzel und ebenso der eingetrocknete Saft im Mittelalter viel gebraucht wurde, so fehlt die Pflanze doch in dem Capitulare Karl's des Grossen. Dem häufigen Gebrauche entsprechend sind die zahlreichen Verstümmelungen, welche das Wort in dem Mittelalter bei seinem Übergange von dem griechischen Glykyrrhize zur spätlateinischen Form Liquiritia zu erleiden hatte. Flückiger führt eine Übergangsform Gliquiricia an, welche sich in einem alten lateinischen Manuskripte (Liber medicinalis) der Stiftsbibliothek zu St, Gallen aus dem 10. oder 11. Jahrh. befindet. Nach Flückiger formten die Italiener das Wort allmählich in Regolizia, die Franzosen in Requelice, Recolice, Recalisse, Reglisse, die germanischen Sprachen in Lacrisse, Lacris, Lahriz um. Im 13. Jahrh. wird in einem Arzneibuche von Tegernsee eine Brustlatwerge liquirieii empfohlen; ebenso tritt um diese Zeit Lacris in Wales und Lyhriz in Dänemark auf; jedoch wird erst von Pietro de Crescenzi in Bologna um 1305 ausführlich über die Pflanze als Kulturpflanze berichtet, während spätere Schriftsteller ganz darüber schweigen. Letzterer Umstand veranlasst Flückiger zu der Bemerkung, dass die Süßholzindustrie zur damaligen Zeit höchst unbedeutend gewesen sein müsse. In Spanien soll die Einsammlung des Süßholzes und vielleicht auch der Anbau schon sehr frühzeitig betrieben worden sein. Die Kultur in Bamberg wird auf die Benediktiner des Klosters St Michaelis in Bamberg zurückgeführt, welche die Pflanze im 15. Jahrhundert nach der dortigen Gegend brachten. Hier entwickelte sich der Anbau bald zu großem Umfange und zu großer Berühmtheit. Als besondere Merkwürdigkeit führt Flückiger an, dass die Gärtnerzunft Bambergs den Gesellen ein Meisterstück auferlegte, welches darin bestand, eine Süßholzwurzel auszugraben, deren Wurzelsystem bis zu den letzten Wurzelenden unversehrt freigelegt werden musste. Valerius Cordus und Tragus bildeten die Pflanze, welche in Bamberg kultiviert wurde, nebst den daraus gewonnenen, mit dem Reichsadler gestempelten Pastillen ab.

Offizinell ist die Wurzel: Radix Liquiritiae glabrae (Rad. Liquiritiae hispanicae, Rad. Glycyrrhiza Hispanica, spanisches oder französisches Süßholz, Lakritzenholz) und Radix Liquiritiae mundata (Rad. Glycyrrhizae echinatae, Radix Liquiritiae, Radix Glycyrrhizae, Radix Liquiritiae russicae, russisches Süßholz).

Das spanische Süßholz, welches aus Spanien, Italien, Sizilien, Südfrankreich und zum geringen Teile aus Bamberg kommt, besteht aus zylindrischen, 1—3 cm. dicken, ungefähr 1 Meter langen Stücken von außen graubrauner, innen gelber Farbe. Die Wurzel ist sehr zähe, besitzt frisch einen geringen, widerlichen Geruch und etwas kratzenden Geschmack; trocken ist sie fast geruchlos, rein süß und etwas schleimig schmeckend. Sie ist schwerer als Wasser.

Das in Europa (mit Ausnahme Russlands) verwendete Süßholz kommt der Hauptsache nach aus Spanien und zwar aus Alicante in Valencia, Tortosa in Katalonien und aus Cordova. Dieses Süßholz besteht hauptsächlich aus den 5—15 Mm. dicken, meterlangen, zylindrischen Ausläufern, welche in große Bündel zusammengelegt werden; während man die Wurzelstöcke und wenig ansehnlichen Wurzeln in Spanien und Südfrankreich auf Süßholzsaft verarbeitet. Das beste Süßholz ist das katalonische aus Tortosa, mit ziemlich glatter, etwas querrissiger und längsrunzeliger, von einem rotbraunen oder graugelblichen Korke bedeckter Oberfläche, welches hauptsächlich aus geraden oder wenig gebogenen, gleichmäßig dicken Ausläufern mit ganz vereinzelten Wurzelästen besteht Das Süßholz von Alicante ist dem von Tortosa gleich, nur unansehnlicher und oft mit holzigen Wurzeln vermischt. Beide Sorten werden ungeschält in den Handel gebracht 1878 führte Spanien 2,485,787 Klgr. aus.

Das in der italienischen Provinz Kalabrien gewöhnlich in Verbindung mit Erbsen und Mais gezogene Süßholz kommt nur als Saft in den Handel. Bei einem dreijährigen Umtriebe liefert (nach den Flückiger'schen Mittheilungen) 1 Hektar 800 bis 1000 Klgr. trockene Wurzeln. Die Wiederbepflanzung erfolgt durch Stücke der Wurzeln oder Ausläufer.

Die Umgebung von Smyrna liefert neben dem Safte ein dem spanischen gleichstehendes Süßholz; Bamberg gegenwärtig noch eine vorzügliche Sorte mit einer Ausbeute von jährlich 100 Ctr. Am letzteren Orte ist die Bewirtschaftung eine dreijährige; die Wiederbepflanzung erfolgt durch Wurzeln und Ausläufer zweijähriger Pflanzen.

Das russische Süßholz, von der var. ß glandulifera stammend und gewöhnlich nur geschält in den Handel kommend, besteht der Hauptsache nach aus Wurzeln mit nur wenigen Ausläufern. Es ist hellgelb, meist einfach, wenig gebogen, ca. 1/2 Meter lang. Die Kinde besitzt eine Dicke von höchstens 4 Mm., der Holzzylinder ist deutlich strahlig, die geschlängelten Keile des Bastes gehen bis zur Oberfläche und hier zähe, unter sich netzartig verbundene Fasern bildend. Die geschälte Wurzel zeigt stellenweise durch Schwinden des Parenchyms eine grubige, gelockerte Beschaffenheit und durch Fehlen der Markstrahlen ein strahlig zerklüftetes Holz. Größere Stücke besitzen ein geringes, dünnere ein 5 eckig scharf begrenztes Mark. Die Wurzel ist leichter, lockerer und im Bruch fasriger, auch leichter schneidbar als das spanische Süßholz; sie schwimmt auf dem Wasser. Der Geschmack ist dem der spanischen Droge ähnlich, besitzt nur einen schwach bitteren Beigeschmack Das russische Süßholz hat einen höhern Preis, welcher wohl nur durch das bessere Aussehen bedingt ist. Es stammt hauptsächlich von den Inseln des Wolgadeltas und wird über Astrachan und Moskau nach Petersburg gebracht und hier geschält. Die Ausfuhr betrug nach Flückiger im Jahre 1880 112,284 Klgr., wovon allein über 100,000 Klgr. nach Deutschland kamen.

Das wahrscheinlich ebenfalls von var. ß glandulifera stammende chinesische Süßholz, welches hauptsächlich in den nordöstlichen Provinzen Chinas gesammelt wird, ist nach Flückiger dem besten spanischen Süßholz gleich, wird aber wohl nur im Lande selbst verbraucht.

Fälschungen des Pulvers werden vorgenommen mit Stärkemehl, Farinzucker und zur Farben-Verbesserung mit Kurkuma, Ocker und Schüttgelb.

Der Süßholzsaft (Succus Liquiritiae crudus, Extractum Glycyrrhizae crudum, Lakritzen) wird gewonnen, indem man die frische Wurzel zerquetscht, wiederholt mit Wasser kocht, auspresst, in kupfernen Kesseln eindampft und zu Stangen rollt und in Kalabrien mit dem Stempel des Erzeugungsortes versieht. Er kommt in 10—15 cm. langen, 1—2 1/2 cm, dicken, in Lorbeerblätter verpackten, festen, brüchigen oder zähen, in der Wärme biegsamen Stangen von braunschwarzer Farbe, schwach widerlich süßem Geruche und scharf süßem Geschmacke in den Handel. Der Bruch ist muschelig, glänzend schwarz, einzelne Luftblasen zeigend, der Schnitt matt braun. Aus Südfrankreich, Gerona und Vitoria in Spanien und der Umgebung von Smyrna kommt ein ungeformter „Süßholzsaft in Masse" zur Ausfuhr. In dem bei der Lösung auftretenden, aus stärkemehlhaltiger Materie der Wurzel bestehenden Rückstände ist metallisches Kupfer, von den Kesseln herrührend, in denen die Abkochung vorgenommen wurde, aufgefunden worden. Guter Süßholzsaft hinterlässt beim Verbrennen 6—8% Asche. Er wird in Italien, Spanien, Südfrankreich, Sizilien, im südlichen Russland und in Kleinasien, namentlich in der italienischen Provinz Kalabrien gewonnen. Nach Flückiger wurden 1878 in Kalabrien 1,100,000 Klgr. hergestellt; in Smyrna 1/2 Million Klgr. Die Ausbeute beträgt 20% der frischen Wurzel. Fälschungen mit Kohlenpulver werden beobachtet

Bestandteile. Die Wurzel enthält Süßholzzucker (Glycyrrhizin), gährungsfähigen Zucker, Bitterstoff, Weichharz, Hartharz, Spur von Gerbstoff, Stärkemehl, Asparagin, Wachs, Eiweiß. Die Analyse von Sestini lieferte folgende Resultate: Die frische Wurzel enthielt 48,76% Wasser, 29,62% kohlenhydrathaltige Substanzen, 3,27% Glycyrrhizin, 1,60% in Äther lösliches Fett, Harz, Farbstoff, 1,24% Asparagin, 3,26% Proteinstoffe, 0,02 % Ammoniaksalze, 10,15% Cellulose, 2,08% Mineralstoffe, Bei 100° getrocknete Wurzel: 57,72% kohlenhydrathaltige Substanz, 6,27% Glycyrrhyzin, 3,82% in Äther lösliches Fett etc., 2,42% Asparagin, 6,38% Proteinstoffe, 0,04% Ammoniaksalze, 19,79% Cellulose, 4,06% Mineralstoffe; der Süßholzsaft: 48,7 % Wasser, 3,27% Glycyrrhizin, 29,62% Kohlenhydrate, 1,25% Asparagin, 2,08% Asche. A. Plitz fand in 10 verschiedenen Lakritzensorten 1,2—14,0 Feuchtigkeit, 38—79 trockenes Extrakt, 1,33—18,14 (Astrachansorte) Glycyrrhizin, 10—16 Zucker, 1,33—35,50 Stärkemehl.

Glycyrrhizin, das saure Ammonsalz der stickstoffhaltigen, von Habermann in gelblichen Kristallblättchen dargestellten Glycyrrhizinsäure (C44 H63 NO18), mit der Zusammensetzung C16 H22 O6 (Vogel) C36H24O14 (Lade) C48H36O18 (Gorup-Besanez), zuerst von Pfaff in unreinem Zustande als süßer Extraktivstoff beschrieben, von Robiquet, Berzelius und Lade reiner dargestellt und 1809 von Robiquet als Glycyrrhizin bezeichnet, nach Henry und Payen auch in der Monesiarinde vorhanden, ist nach Gorup-Besanez ein amorphes, gelblich-weißes Pulver von stark bittersüßem Geschmacke, schwachem, nur in weingeistiger Lösung sich äußerndem Geruche, saurer Reaktion, ohne Rotationsvermögen. Es löst sich schwer in kaltem, leicht in kochendem Wasser mit gelber Farbe, beim Erkalten sich teilweise in harzartigen Tröpfchen wieder ausscheidend, ebenso leicht in Weingeist und warmem Äther; wässerige Alkalien und Ammoniak lösen es mit tiefrotgelber Farbe unter Entwickelung eines eigentümlichen Geruches. Durch Kochen mit verdünnter Salzsäure wird nach Gorup-Besanez das Glycyrrhizin in bitteres, harzartiges, amorphes Glycyrretin und in kristallisierbaren Zucker gespalten, wobei sich ein eigentümlicher, etwas aromatischer Geruch entwickelt. Das auf diese Weise gewonnene Glycyrretin ist nach Husemann ein amorpher, braungelber Körper von stark bitterem Geschmack, leicht schmelzbar, harzartig verbrennend, unlöslich in Wasser, gut in Weingeist, weniger gut in Äther. Die frühere Behauptung, wonach Glyeyrrhizin als Ammoniumsalz einer dem Süßholz eigenen Säure (Glycyrrhizinsäure) anzusehen sei, ist durch Roussin bestätigt worden, wird jedoch von Sestini in Zweifel gezogen, der es als eine Calciumverbindung betrachtet wissen will und die beim Kochen mit Alkalien eintretende Ammoniakentwickelung als Zersetzung des Asparagins erklärt

Die Glycyrrhizinsäure (C44 H33NO58) ist löslich in schwachem Weingeist und heißem Wasser, während sie in kaltem Wasser nur aufquillt. Mit massig verdünnter Schwefelsäure gekocht, spaltet sie sich in Parazuckersäure und Glycyrretin, nach Habermann: C44H63NO18 (Glycyrrhizinsäure) + 2 OH2 = C32 H47 NO4 (Glycyrretin), 2 C6 H10 O8 (Parazuckersäure). Dieses Glycyrretin wurde von Habermann, aus Eisessig umkristallisiert, als ein weißes, geschmackloses Kristallpulver erhalten, in Wasser und Alkalien unlöslich, leicht löslich in Alkohol und Äther, mit einem Schmelzpunkt von 200° befunden.

Die Parazuckersäure, welche von früheren Forschern für Zucker erklärt wurde, bildet eine braune sirupartige Masse, welche alkalisches Kupfertartrat leicht reduziert.

Flückiger meint, dass der Zucker, welcher neben dem Glycyrrhizin den Geschmack der Droge bedingt, vielleicht erst beim Trocknen aus dem Glycyrrhizin entsteht, und fußt hierbei auf die Wahrnehmung, dass frische, sehr süß schmeckende Wurzel mit kaltem Wasser in der Kälte gar nicht, und bei anhaltendem Kochen nicht einmal reichlich Kupferoxydulhydrat ausscheidende Flüssigkeit gibt.

Der schon 1809 von Robiquet entdeckte kristallinische Bestandteil des Süßholzes wurde von Plisson 1828 als Asparagin erkannt. Asparagin (C4 H8 N2 O3), ein in der Pflanzenwelt sehr verbreiteter Körper, kristallisiert in wasserhellen Säulen des orthorhombischen Systems mit 1 Atom Kristallwasser. Die harten, spröden, zwischen den Zähnen knirschenden Kristalle sind geruchlos, besitzen einen geringen, unangenehmen Geschmack und schwach saure Reaktion. Sie sind luftbeständig, lösen sich in 58 Teilen Wasser von 13°, in 4,44 Teilen von 100°, in 700 Teilen siedendem Weingeist von 98%, 40 Teilen kochendem Weingeist von 60%, sind unlöslich in kaltem, absolutem Weingeist, Äther, flüchtigen und fetten Ölen, gut löslich in wässerigen Mineralsäuren, Alkalien und Ammoniak. Die wässerige oder alkalische Lösung ist linksdrehend, die angesäuerte rechtsdrehend; spez. Gewicht 1,552. Sestini erhielt nach Flückigers Angaben 2—4% aus dem Süßholze, Flückiger hat dem gepulverten Süßholze durch Anwendung von Äther ca. 0,8% Fett und Harze entzogen. (Husemann, Pflanzenstoffe 1043.)

Anwendung. Die Wurzel als Pulver und im Aufguss, der eingetrocknete Saft als Pulver und in Lösung bei katarrhalischen Leiden der Atmungswerkzeuge, namentlich aber wegen des lang-andauernden süßen Geschmackes zur Geschmacksverbesserung, als Zusatz von Extrakten behufs Darstellung von Pillenmassen und als Träger hygroskopischer Pulver. „Süßholz und Lakritz werden vom Volke als demulcirende und expektorierende Mittel bei Hustenreiz, Heiserkeit und Bronchialkatarrh vielfach benutet und auch ärztlich, meist jedoch nur als Adjuvans anderer Mittel, verordnet Seltener werden sie bei akuten febrilen Katarrhen, meist nach vorübergegangenem, akutem Stadium bei zäher Beschaffenheit des Sekretes benutzt. Mit Zucker und Anisöl dient Lakritzen zur Herstellung des in dünnen Stängeln und Plättchen auftretenden Kachou," (Husemann, Arzneimittel!. 349.)

Literatur. Abbildung und Beschreibung: Nees v. Esenb., Plant, med., Taf 327 (glabra), Taf. 328 (echinata); Hayne, Arzneigew. Vi, Taf 42 (glabra), VI. Taf 41 (echinata); Berg u. Schmidt, Offiz. Gew, Taf Xllf (glabra), Taf.XIIe (echinata); Bentley und Trimen, Med. pL, Taf 74; Luerssen, Handb. der syst. Bot II 868; Karsten, Deutsche Flora 696; Wittstein, Pharm. 819.

Drogen, und Präparate. Radix Liquiritiae (Radix Liquiritiae mundata): Ph. germ. 221; Ph. aaste, 84; Ph. hung. 267, 269; Ph. ross. 332; Ph. helv. 108; Cod. med. 74; Ph, belg. 52; Ph. Neerl. 147; Brit. ph 146; Ph. dan. 191; Ph. suec. 171; Ph. U. St. 171; Flückiger, Pharm. 347, 355; Flückiger and Hank, Pharm. 179; Hist d. Drog. 1, 315; Berg, Waarenk. 49, 50; Berg, Atlas, 9, Tat VI.

Extractum Liquiritiae radicis: Ph. austr. 58; Ph. hung. 189; Ph. ross. 134; Ph. helv;, 45; Cod. med. 418; Ph. belg. 70; Ph. Neerl. 108; Brit. ph. 119; Ph. dan. 100; Ph. suec. 75r Ph. U. St 121, 122.

Succus Liquiritiae (depuratus et crudus): Ph. germ. 252; Ph. austr. 125; Ph. hung. 423; Ph. helv. 129; Ph. belg. 228; Ph. Neerl. 147; Ph. suec. 75; Ph. dan. 100, 101; Flückiger, Pharm. 197; Flückiger and Hanb., Pharm. 183.

Syrupus Liquiritiae: Ph. germ. 259; Ph. ross. 399; Ph. helv. 134; Ph. Neerl. 252.

Decoctum Sarsaparillae compositum (fortius et mitius): Ph. germ. 71, 72; Ph. austr. 42, 43; Ph. hung. 141, 143; Ph. ross. 101, 102; Ph. helv. suppl. 29, 30; Ph. belg. 321; Brit. ph. 100; Ph. suec. 54, 55; Ph. U. St. 91.

Elixir e Succo Liquiritiae: Ph. germ. 75; Ph. ross. 105; Ph. helv. 32.

Pasta Liquiritiae (flava): Ph. austr. 103; Ph. helv. suppl. 82; Ph. belg. 210; Ph. dan. 170; Ph. suec. 147.

Pulvis Liquiritiae compositus: Ph. germ. 216; Ph. ross. 324; Ph. helv. 106; Ph. belg. 219; Ph. U. St. 273.

Pulvis gummosus: Ph. germ. 216; Ph. austr. 108; Ph. hung. 361; Ph. ross. 325.

Species Lignorum (ad decoctum lignorum): Ph. germ. 241; Ph. ross. 367; Ph. belg. 225; Ph. helv. 119; Ph. dan. 228; Ph. suec. 198.

Species pectorales: Ph. germ. 242; Ph. austr. 119; Ph. ross. 368; Ph. helv. 119; Ph. dan. 229.

Syrupus Papaveris s. Diacodii: Ph. austr. 127; Ph. hung. 435; Ph. helv. suppl. 113; Ph. dan. 253.

Pilulae Ferri jodati: Ph. hung. 347; Ph. Neerl. 183; Ph. dan. 177; Ph. suec. 152; Ph. U. St 254.

Confectio Terebinthinae: Brit. ph. 90.

Infusum Lini Brit. ph. 162.

Pilulae Hydrargyri: Brit. ph. 238.

Glycyrrhizinum ammoniatum: Ph. U. St. 171.

Bezügl. der Drogen und Präparate siehe auch Hager, Ph. Prx. II, 361; III, 664."

[Quelle: Köhler's Medizinal-Pflanzen in naturgetreuen Abbildungen mit kurz erläuterndem Texte : Atlas zur Pharmacopoea germanica, austriaca, belgica, danica, helvetica, hungarica, rossica, suecica, Neerlandica, British pharmacopoeia, zum Codex medicamentarius, sowie zur Pharmacopoeia of the United States of America / hrsg. von G. Pabst. -- Gera-Untermhaus : Köhler, 1887-1898. -- 3 Bde.]