Materialien zu den Grundbegriffen des Buddhismus

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Buddha im Asoka(Sorgenfrei)-Wald

Vinayamukha : Grundbegriffe der Ordensregeln und des Ordensrechts des Theravāda, Teil I


von Alois Payer

(mailto: payer@well.com)


Zitierweise / cite as:

Payer, Alois <1944 - >: Vinayamukha : Grundbegriffe der Ordensregeln und des Ordensrechts des Theravāda. -- Teil I. -- Fassung vom 2006-04-21. -- (Materialien zu den Grundbegriffen des Buddhismus). -- URL: http://www.payer.de/buddhgrund/vinaya01.htm

Erstmals publiziert: 1994

Überarbeitungen: 2006-04-21 [Umstellung auf Unicode]; 8.6.2000, 24.11.1995  [kleinere Verbesserungen]

Anlass: Lehrveranstaltung Grundbegriffe des Buddhismus, Univ. Tübingen, WS 1993/94, SS 1998, SS 2000

Unterrichtsmaterialien (gemäß § 46 (1) UrhG)

Copyright: Dieser Text steht der Allgemeinheit zur Verfügung. Eine Verwertung in Publikationen, die über übliche Zitate hinausgeht, bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Verfassers.

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0. ÜBERSICHT



1. Weiterführende Ressourcen


Standardwerk:

Vajirañāṇavarorasa: The entrance to the Vinaya = Vinayamukha. -- [Transl. from Thai]. -- Bangkok : Mahāmakuṭarājavidyālaya
Vol. 1. -- 2512 = 1969. -- [The training-rules of the Pāṭimokkha]
Vol. 2. -- 2516 = 1973. -- [The training-rules outside the Pāṭimokkha]
Vol. 3. -- 2526 = 1983. -- [The managment of the saṅgha]

Hilfsmittel:

Upasak, C. S.: Dictionary of early Buddhist monastic terms (based on Pali literature). -- Varanasi : Bharati Prakashan, 1975.

Interessant illustrierte Darstellung des Mönchslebens:

Inwood, Kristiaan: Bhikkhu : Disciple of the Buddha. -- Bangkok : Thai Watana Panich, 1981.


2. saṅgha (m.)


Unterscheide:


3. Arten von Ordensangehörigen



4. Kamma-vipatti f. -- Defekte einer Ordenshandlung


Unterscheide:

  1. vatthu-vipatti f. -- Defekt hinsichtlich des Gegenstandes bzw. der betr. Person
  2. simā-vipatti f. -- Defekt bezüglich der simā -- des Ortes
  3. parisa-vipatti f. -- Defekt bezüglich teilnehmenden Personen
  4. kamma-vācā-vipatti f. -- Defekt im kamma-vācā -- in der formellen Durchführungg

s. Vajirañāṇavarorasa: The entrance to the Vinaya = Vinayamukha. -- [Transl. from Thai]. -- Bangkok : Mahāmakuṭarājavidyālaya. -- Vol. 3. -- 2526 = 1983. -- p. 8 - 10.


4.1. vatthu-vipatti f. -- Defekt hinsichtlich des Gegenstandes bzw. der betroffenen Person


Bei den einzelnen saṅghakamma unterschiedlich, s. z.B. unten zu Upasampadā


4.2. simā-vipatti f. -- Defekt bezüglich der simā -- der Abgrenzung des Gebietes für saṅghakamma's


Die Rechtsmaterie sīmā (f.) ist sehr kompliziert. Hier nur ein paar Grundbegriffe.

Einzelheiten:

s. Vajirañāṇavarorasa: The entrance to the Vinaya = Vinayamukha. -- [Transl. from Thai]. -- Bangkok : Mahāmakuṭarājavidyālaya. -- Vol. 3. -- 2526 = 1983. -- p. 14 - 52.

Zeremonien und Rechtsakte:

Wells, Kenneth E.: Thai Buddhism : its rites and activities. -- 3rd printing (updated). -- Bangkok : Suriyabun Publishers, 1975. -- S. 178 - 183.

Es geht darum zu bestimmen, welche Mönche an saṅghakamma teilnahmeberechtigt sind und bei Entscheidungen ein Recht auf Gehör haben. Diese Bestimmung geschieht gebietsmäßig: alle Mönche, die sich an einem Ort befinden. Wie ist aber dieser eine Ort definiert? Um Rechtssicherheit zu schaffen, müssen die Grenzen (sīmā) dieses einen Ortes festgelegt sein. Ein saṅghakamma ohne feste sīmā ist ungültig: denn dann kann die Einmütigkeit (sāmaggī) des saṅgha nicht festgestellt werden (es könnte im Nachhinein ein Mönch sagen, dass er nicht Gehör bekommen hat).

Wichtigste Arten von sīmā f.:

  1. baddha-sīmā f. -- Abgrenzung, die durch saṅgha selbst gemacht wurde: dabei gehören zum saṅgha alle Mönche, die sich zu dem Zeitpunkt auf dem Gelände zwischen den vorgesehenen sīmā befinden. Man muss dafür Sorge tragen, dass während der Zeremonie keine anderen Mönche dieses Gelände betreten. Die sīmā müssen mit nimitta n. -- Grenzzeichen klar markiert werden.
  2. abaddha-sīmā f. -- Abgrenzung durch weltliche Autoritäten (z.B. Dörfer als politische Einheiten) u.ä.

4.3. parisa-vipatti f. -- Defekt bezüglich teilnehmenden Personen. Bedingungen auf Seiten des saṅgha


Es wird benötigt ein:

  1. catu-vagga-saṅgha m. -- Versammlung von vier Mönchen: kann alle saṅgha-kamma vollziehen außer upasampadā (Mönchsordination), pavāraṇā (Zeremonie am Ende der Regenzeit), Entgegennahme des Kaṭhina-Gewandes, abbhāna (Aufhebung der Ordensstrafe nach einem Sanghādisesa-Delikt)
  2. pañca-vagga-saṅgha m. -- Versammlung von fünf Mönchen: kann alle saṅgha-kamma vollziehen außer upasampadā (in Majjhima- desa [Majjhima-desa ist die Gegend Zentralindiens, in der der Buddhismus entstand und sich in der ersten Zeit entfaltete. Zur genauen Abrenzung s. Malalasekera: Dict. of Pāli proper names. -- II, 418-419 (s.v. Majjhimadesa]), Entgennahme des Kaṭhina-Gewandes (in Majjhima-desa) und Abbhāna
  3. dasa-vagga-saṅgha m. -- Versammlung von zehn Mönchen: kann alle saṅgha-kamma vollziehen außer Abbhāna
  4. vīsati-vagga-saṅgha und atireka-vīsati-vagga-saṅgha m. -- Versammlung von zwanzig und mehr Mönchen: kann alle saṅgha- kamma vollziehen

(Mahāvagga 333-336)

s. Vajirañāṇavarorasa: The entrance to the Vinaya = Vinayamukha. -- [Transl. from Thai]. -- Bangkok : Mahāmakuṭarājavidyālaya. -- Vol. 3. -- 2526 = 1983. -- p. 1-8.


4.4. kamma-vācā-vipatti f. -- Defekt im kamma-vācā -- in der formellen Durchführung


Nach der Art der formellen Durchführung unterscheidet man:

saṅgha-kamma n. -- Handlungen, die nur ein saṅgha vollziehen kann:

  1. apalokana-kamma n. -- Verlautbarung innerhalb eines saṅgha ohne ñatti und ohne anussāvanā (z.B. Bekanntgabe, dass man jemanden zum Novizen ordinieren will)
  2. ñatti-kamma n. -- nur ñatti ohne anussāvanā
  3. ñatti-dutiya-kamma n. -- ñatti plus anussāvanā
  4. ñatti-catuttha-kamma n. -- ñatti plus dreimal anussāvanā

(Samantapāsādikā II, 903)

Formelle Bestandteile von 2-4:

  1. ñatti f. -- Bekanntmachung, meist mit den Worten: suṇātu me bhante sañgho ... esā ñatti -- "Die ehrwürdige Mönchsgemeinde möge mir zuhören ... (folgt Bekanntmachung) ... Dies ist die Bekanntmachung."
  2. anussāvanā f. (vācā f.) -- Aufforderung, eventuellen Widerspruch anzumelden: "Die ehrwürdige Mönchsgemeinde möge mir zuhören ... (folgt Bekanntmachung) ... Wer (dem saṅghakamma) zustimmt, der soll schweigen. Wer nicht zustimmt, soll sprechen." Am Schluss nigamana n.: "Ich fasse das Schweigen so auf, dass die Mönchsgemeinde zustimmt."

s. Vajirañāṇavarorasa: The entrance to the Vinaya = Vinayamukha. -- [Transl. from Thai]. -- Bangkok : Mahāmakuṭarājavidyālaya. -- Vol. 3. -- 2526 = 1983. -- p. 8 - 10.

Das Gesagte bekommt Fleisch, wenn wir nun ein saṅghakamma betrachten, nämlich die Aufnahme in den Orden.


5. Aufnahme in den buddhistischen Orden


5.1. Weiterführende Ressourcen


Vajirañāṇavarorasa: Ordination procedure = Upasampadāvidhi. -[Transl. from Thai]. -- Bangkok : Mahāmakuṭarājavidyālaya, 2516 = 1973.
[Enthält auch den Palitext von Pabbajā und Upasampadā mit Übersetzung]

Vajirañāṇavarorasa: The entrance to the Vinaya = Vinayamukha. -- [Transl. from Thai]. -- Bangkok : Mahāmakuṭarājavidyālaya
Vol. 1. -- 2512 = 1969. -- p. 1-8
Vol. 3. -- 2526 = 1983. -- p. 94- 125

Wells, Kenneth E.: Thai Buddhism : its rites and activities. 3rd printing (updated). -- Bangkok : Suriyabun Publishers, 1975. -- S. 136 - 152.


5.2. Arten von Ordination


  1. Pabbajjā f. -- Novizenordination
  2. Upasampadā f. -- Mönchsordination

Pabbajjā ist Voraussetzung für Upasampadā


5.3. Pabbajjā f. -- Novizenordination


Literatur:

Jinavarasiriva.d.dhana: Sāmanera-sikkhā = The novice's training / English translation [by Khantipālo <Bhikkhu>]. [Bangkok] : Mahā-Makuta-Rāja-Vidyālaya, 2509 [= 1966].
[Enthält auch: Life of Ven. Rāhula Thera]

Das Scheren von Haar und Bart (bhaṇ.dūkammma n.), die der Pabbajjā vorausgehen, ist ein apalokana-kamma n. -- innerhalb eines saṅgha verlautbart der betr. Thera dieses bhaṇ.dūkamma ohne ñatti und ohne anussāvanā.


5.4. Upasampadā f. -- Wichtigste Arten von Ordination, die in Vinaya-Texten vorkommen


  1. ehi-bhikkhu-upasampadā f. -- Ordination durch Buddha selbst mit den Worten: ehi bhikkhu -- "Komm, Mönch"
  2. saraṇa-gamana-upasampadā f. -- Ordination durch Buddhas Sāvaka durch dreifache Zufluchtnahme
  3. aṭṭha-vācika-upasampadā f. -- Nonnenordination
  4. ñatti-catuttha-kamma-upasampadā f. -- formale Mönchsordination durch einen saṅgha

Nur 3 und 4 sind jetzt noch zulässig.

(Samantapasādikā I, 233-237)


5.5. Upasampadā-sampatti f. -- Bedingungen für die Upasampadā (von Männern)


Ordensrechtlich müssen folgende Bedingungen erfüllt sein, damit man ein buddhistischer Mönch werden kann:

  1. vatthu-sampatti f. -- Bedingungen auf Seiten des zu Ordinierenden (vgl. Befragung bei Upasampadā):
    1. Bedingungen für die Gültigkeit der Upsampadā: Wird jemand trotz Fehlen einer dieser Bedingungen ordiniert, so ist die Ordination nichtig.
      Der zu Ordinierende:
      1. muss 20 Jahre alt sein (von Empfängnis an gerechnet)
      2. darf keine Person sein, die nicht ordinierbar ist (abhabba-puggala m.):
        1. er muss ein männlicher Mensch sein, kein nichtmenschliches Wesen, kein Eunuch oder Zwitter
        2. darf nicht eine Person sein, die bestimmte schwere Vergehen begangen hat:
          1. ein Muttermörder
          2. ein Vatermörder
          3. ein Mörder eines Arahant
          4. einer, der Buddha böswillig verwundet hat
          5. einer der eine Ordensspaltung (saṅgha-bheda im ordensrechtlichen Sinn) verursacht hat
          6. einer, der eine Nonne vergewaltigt hat
          7. theyya-sa.mvāsaka m.: einer der sich selbst -- ohne Aufnahme in den Orden -- den Status eines Mönches angemaßt hat
          8. einer, der als buddhistischer Mönch zu einer anderen Religion abgefallen ist
          9. einer, der sich durch ein Pārājika-Vergehen aus dem Orden ausgeschlossen hat
    2. Bedingungen für die Rechtmäßigkeit der Upasampadā. Wird jemand, der diese Bedingungen nicht erfüllt, ordiniert, bleibt seine Ordination gültig. Die ordinierenden Mönche begehen aber einen Verstoß gegen das Ordensrecht.
      Der zu Ordinierende:
      1. darf nicht bestimmte ansteckende, unheilbare oder chronische Krankheiten haben (z.B. Lepra) [die genaue Bestimmung, welche Krankheiten gemeint sind, ist umstritten.]
      2. darf nicht wichtiger Körperteile (z.B. Hand, Fuß) entbehren
      3. darf bestimmte körperliche Deformationen nicht aufweisen (z.B. einen starken Buckel)
      4. darf bestimmte körperliche Behinderungen nicht aufweisen (z.B. Blindheit, Taubheit, Stummheit, Lähmung)
      5. darf nicht so schwach sein, dass er die verschiedenen Körperhaltungen nicht ohne fremde Hilfe einnehmen kann
      6. darf bestimmten sozialen Verpflichtungen nicht unterworfen sein:
        1. seine Eltern müssen ihre Zustimmung geben
        2. er darf nicht dienstpflichtig (z.B. zum Militärdienst) sein
        3. er darf nicht verschuldet sein
        4. er muss ein freier Mann (kein Sklave) sein
      7. darf nicht die Zeichen schwerer Strafen tragen (z.B. Brandmale, Narben von Strafprügeln)
      8. darf nicht ein "steckbrieflich" gesuchter Verbrecher, ein aus dem Gefängnis Entflohener, ein Vogelfreier sein
  2. parisa-sampatti f. -- Bedingungen auf Seiten der ordinierenden Mönchsgemeinde: In Majjhima-desa dasa-vagga-saṅgha, sonst pañca-vagga- saṅgha, d.h. 10 bzw. 5 vollgültig ordinierte Mönche, die nicht Pārājika sind
  3. sīmā-sampatti f. -- Bedingungen auf Seiten des Ordinationsortes: der Ort muss durch entsprechende Zeremonien mit sīmā klar begrenzt sein. Ist dies nicht der Fall, dann ist der saṅgha für die Upasampadā nicht klar definiert und es ist kein saṅghakamma, sondern ein vagga-kamma -- eine Handlung nur eines Teils des saṅgha und damit ungültig. Alle Mönche, die nicht an der Zeremonie teilnehmen, sich aber innerhalb der sīmā befinden, müssen formell ihre Zustimmung zur Upasampadā geben.
  4. kamma-vācā-sampatti f. -- Bedingungen auf Seiten der Ordinationszeremonie:
    1. die Zeremonie muss die vorgeschriebenen Bestandteile haben, d.h. ñatti plus dreimal anussāvanā (s. im Einzelnen unten)
    2. ein Upajjhāya m. -- ein Mönch, der die Aufnahme befürwortet und den neuen Mönch in das Ordensleben einführt, muss vorhanden sein

(u.a. Mahāvagga 89-95)


5.6. Zeremonie und Rechtsakt der Aufnahme in den Orden


5.6.1. Aufnahme als Novize (Pabbajjā)


Vorausgehend: Scheren von Haupthaar und Bart (bhaṇ.dū-kamma)

  1. Dreifache Zuflucht
  2. Bitte um Pabbajjā
  3. Unterweisung durch Upajjhāya:
    1. Elementare Kenntnisse über dreifaches Juwel
    2. Mūla-kammaṭṭhāna n. -- Grundmeditation: Vergegenwärtigung der Körperbestandteile (kāyagatā- sati)
    3. Übergabe des Mönchsgewandes, Anziehen des Mönchsgewandes
    4. Bitte um Zufluchtsformel und 10 Trainingspunkte der Sittlichkeit
      Geben der Zufluchtsformel und der 10 Trainingspunkte der Sittlichkeit:
      Dasa-sīla n. -- Die zehn Trainingspunkte der Sittlichkeit (* = Asketische Änderung bzw. Erweiterung der Trainingspunkte der Sittlichkeit für einen in der Welt stehenden Laien):
      1. pāṇātipātā veramaṇī -- Enthaltung vom Töten von Lebewesen
      2. adinnādānā veramaṇī -- Enthaltung von Stehlen
      3. * abrahmacariyā veramaṇī -- Enthaltung von geschlechtlicher Betätigung
      4. musāvādā veramaṇī -- Enthaltung von Lügen
      5. surā-meraya-majja-ppamada -ṭṭhānā veramaṇī -- Enthaltung von Rauschgetränken, die Anlass zu Nachlässigkeit sind
      6. * vikāla-bhojanā veramaṇī -- Enthaltung von Essen zwischen Mittag und dem nächsten Morgen
      7. * nacca-gīta-vādita-visūka-dassanā veramaṇī -- Enthaltung von Tanz, Gesang, Musik, Unterhaltungs- veranstaltungen
      8. * mālā-gandha-vilepana-dhāraṇa-maṇ.dana-vibhūsanaṭṭhānā veramaṇī -- Enthaltung vom Tragen von Kränzen, von Parfümieren, Schminken, Schmuck und allen Arten des Sich-schön-Machens
      9. * uccā-sayana-mahāsayanā veramaṇī -- Enthaltung von hohen und großen Betten
      10. * jāta-rūpa-rajata-paṭiggahaṇā veramaṇī -- Enthaltung vom Entgegennehmen von Gold und Silber (d.h. vom Umgang mit Geld)

5.6.2. Aufnahme als Mönch (Upasampadā)


  1. pubbekicca n. -- Zeremonien vor der Aufnahme in den Mönchsorden:
    1. [Pabbajjā -- Aufnahme als Novize, falls noch nicht erfolgt]
    2. Bitte, dass ein Mönch Upajjhāya sei
      Annahme der Bitte
      Novize: "Von nun an sind Sie meine Bürde..."
    3. Upajjhāya nennt Ordensnamen des Upajjhāya und des zukünftigen Mönches
    4. Nennung der Palinamen für Almosentopf und Mönchsgewänder:
      • Patta m. -- Almosentopf
      • Ti-cīvara n. -- Dreifaches Gewand:
        1. Saṅghāṭi -- Obergewand
        2. Uttarāsaṅga m. -- Gewand
        3. Antaravāsaka m. -- Untergewand
    5. Novize geht zum Ort der Befragung
    6. ācarya bittet um Erlaubnis, den Novizen über Befragung unterrichten zu dürfen
    7. Belehrung des Novizen über Befragung (Inhalt der Befragung s. oben)
    8. Information der Mönchsgemeinde über erfolgte Belehrung
    9. Bitte um Upasampadā
    10. Upajjhāya unterstützt diese Bitte
    11. Befragung in der Mönchsgemeinde
  2. ñatticatutthakamma: Aufforderung der Mönchsgemeinde durch ācariya, sich zu äußern, wenn man gegen Annahme ist. Feststellung der erfolgten Aufnahme
  3. Pacchima-kicca n. -- Zeremonien nach der Aufnahme in den Mönchsorden:
    1. Feststellung des genauen Zeitpunktes der Ordination (wichtig für Seniorität)
    2. Belehrung über die vier materiellen Grundlagen des Mönchslebens (paccaya):
      1. piṇ.da-pāta m. -- Almosenspeise:
        Grundform: Gang um Almosenspeise
        Zusätzlich erlaubte Formen:
        1. saṅgha-bhatta n. -- Essen, das einem ganzen saṅgha gegeben wird
        2. uddesa-bhatta n. -- Essen, das für bestimmte Mönche gegeben wird
        3. nimantana n. -- Einladung zum Essen
        4. salaka-bhatta n. -- Essen, das verlost wird
        5. pakkhika n. -- ein regelmäßiges Essen alle vierzehn Tage
        6. uposathika n. -- ein regelmäßiges Essen an den Vollmondtagen
        7. paṭipadika n. -- ein regelmäßiges Essen am Tag nach dem Vollmond bzw. am Neumondtag
      2. cīvara n. -- Mönchsgewand
        Grundform: pa.msu-kula-cīvara n. -- Weggeworfene Lumpen, die man wäscht und färbt und zusammennäht.
        Zusätzlich erlaubte Formen: Mönchsgewand aus:
        1. Baumwolle
        2. Seide
        3. Wolle
        4. Hanf
        5. eine Mischung aus den Genannten
      3. senāsana n. -- Wohnstätte
        Grundform: rukkha-mūla m. -- am Fuß eines Baumes
        Zusätzlich erlaubte Formen: verschiedene Arten von Gebäuden sowie Höhlen
      4. bhesajja n. -- Arzneien
        Grundform: pūti-mutta -- verfaulter Urin
        Zusätzlich erlaubte Formen:
        1. Butterschmalz (Ghee)
        2. Butter
        3. Öl
        4. Honig
        5. Zucker
    3. Belehrung über die vier Pārājika-Vergehen:
      1. Geschlechtsverkehr
      2. Diebstahl
      3. Tötungsdelikte
      4. Von sich bewusst falsch einen höheren Bewusstseinszustand behaupten
    4. (optionell:) Belehrung über das Training auf dem Weg zur Erlösung :
      1. adhi-sīla-sikkhā f. -- Training in hoher Sittlichkeit: striktes Einhalten der Ordensregeln
      2. adhi-citta-sikkhā f. -- hohe Geistesschulung durch Ruhigwerdemeditation: Verwirklichung der vier Jhāna (Versenkungszustände)
      3. adhi-paññā-sikkhā f. -- hohe Erkenntnisschulung durch Einsichtsmeditation: Erkenntnis der vier edlen Wahrheiten

6. Uposatha -- Pāṭimokkharezitation am Vollmondtag und am Neumondtag


6.1. Weiterführende Ressourcen


The Pātimokkha : 227 fundamental rules of a bhikkhu. With a few important texts from the Tipiṭaka relating to the Pāṭimokkha / with introduction by Sāsana Sobhana (Suva.d.dhano) <Phra>. Translation of the Pāli by Nāṇamoli <Thera>. -- Bangkok : Social Science Ass. (for Maha Makut Academy), 1966.

Pātimokkha [Teilausg., <dt.>]
in: Gautama Buddha: Die vier edlen Wahrheiten ... / hrsg. von Klaus Mylius. -- München, 1985. -- (dtv ; 2166). -- S. 314-332

Pāṭimokkha <dt.>
in: Kern, H.: Der Buddhismus. -- Bd. 2, Tl. 1. -- 1883. -- S. 98 - 137.

Vajirañāṇavarorasa: The entrance to the Vinaya = Vinayamukha. -- [Transl. from Thai]. -- Bangkok : Mahāmakuṭarājavidyālaya
Vol. 1. -- 2512 = 1969. -- [The training-rules of the Pāṭimokkha]
Vol. 2. -- 2516 = 1973. -- [The training-rules outside the Pāṭimokkha]. -- S. 94 - 111.

Jeffrey Thānissaro <Phra>: The Buddhist monastic code ; The Pātimokkha training rules translated and explained / [by Jeffrey Thānissaro]. Published by The Mahāmakuta Educational Council, The Buddhist University, Thailand. -- Bangkok : Mahāmakuṭarājavidyālaya, 2536=1993.

Wells, Kenneth E.: Thai Buddhism : its rites and activities. -3rd printing (updated). -- Bangkok : Suriyabun Publishers, 1975. -- S. 152 - 156.


6.2. Ort für Uposatha


Durch sīmā (f.) abgegrenzt.

uposathāghāra -- Uposatha-Gebäude = Bot (in Thai). Ein Kloster darf nicht mehr als ein Uposatha-Gebäude haben.


6.3. Bedingungen für die Pātimokkharezitation


  1. Rechter Zeitpunkt: Tage an denen Uposatha erlaubt ist:
    1. am Vollmondtag (paṇṇarasa)
    2. am Neumondtag (cātuddasa)
    3. wenn ein saṅghabheda wieder durch Eintracht beseitigt wird (sāmaggī-uposatha -- Eintrachts-Uposatha)
  2. rechte Anzahl der Mönche:
    Anzahl der teilnehmenden Mönche und entsprechende Arten von Uposatha:
    1. catu-vagga-saṅgha m. (vier Mönche) und mehr: Rezitation des Pāṭimokkha
    2. gaṇa m. (2-3 Mönche): pārisuddhi-ārocana n. -- gegenseitige Erklärung, dass man rein ist von nicht "gebeichteten" Vergehen
    3. puggala m. (1 Mönch): adhiṭṭhāna n. -- Entschluss

    D.h. für Pāṭimokkharezitation ist mindestens ein catuvagga-saṅgha m. -- vier vollgültig ordinierte Mönche nötig. Diese Mönche müssen so sitzen, dass der gegenseitige Abstand zwischen zwei Mönchen nicht mehr als eine Elle ist.

  3. die teilnehmenden Mönche dürfen nicht alle sabhāgāpatti m. sein -- Komplizen am gleichen ordensrechtlichen Vergehen: Liegt sabhāgāpatti vor, muss dies erklärt werden, dann kann die Pāṭimokkharezitation stattfinden
  4. es dürfen keine Personen anwesend sein, die nicht befugt sind an der Pāṭimokkharezitation teilzunehmen: solche nicht- befugte Personen sind:
    1. Nichtmönche (Laien, Novizen, Nonnen)
    2. Personen, die Mönche waren, aber nicht mehr sind: d.h. die aus dem Orden ausgetreten sind, pārājika begangen haben, oder die während ihrer Mönchszeit zu einer anderen Heilslehre übergelaufen sind
    3. Mönche, die wegen Verstocktheit exkommuniziert wurden (ukkhepanīya-kamma).

6.4. Pubbe-kicca n. -- Was vor dem Uposatha getan werden muss


  1. Reinigen des Ortes für Uposatha
  2. Anzünden von Leuchten
  3. Ausbreiten von Sitzmatten
  4. Bereitstellung von Trinkwasser und Brauchwasser
  5. Beibringung der Zustimmung der Mönche, die die Zustimmung (chanda) geben dürfen
  6. Beibringung der Reinheitserklärung dieser Mönche, die nicht am Uposatha teilnehmen
  7. Nennung der Jahreszeit (um Differenzen in der Tageszählung zu vermeiden)
  8. Zählung der Mönche
  9. Unterrichtung der Nonnen (falls es solche gibt)

6.5. Pāṭimokkharezitation


Die Pāṭimokkharezitation ist Aufgabe des rangältesten Mönches des betreffenden saṅgha. Er kann aber einen anderen Mönch bitten, das Pāṭimokkha zu rezitieren. Die Abschnitte der Pāṭimokkharezitation nennt man uddesa m. -- Belehrung. Es gibt fünf uddesa:

  1. Nidānuddesa m. -- Eingangsrezitation
  2. Pārājikuddesa m. -- Rezitation der Pārājikavergehen
  3. Sanghādisesuddesa m. -- Rezitation der Sanghādisesavergehen
  4. Aniyatuddesa m. -- Rezitation der Aniyatavergehen
  5. Vitthāruddesa m. -- Ausführliche Belehrung
    Dieser ist unterteilt in:
    1. Nissagiyuddesa m. -- Rezitation der Nissagiya-Pācittiya- Vergehen
    2. Pācittiyuddesa m. -- Rezitation der Pācittiya-Vergehen
    3. Pāṭidesanīyuddesa m. -- Rezitation der Pāṭidesanīya- Vergehen
    4. Sekhiyuddesa m. -- Rezitation der Sekkhiya-Vergehen
    5. Samathuddesa m. -- Rezitation der Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten

Es gibt einige Störungen bzw. Unterbrechungen, bei denen eine Abkürzung der Rezitation erlaubt ist. Darauf will ich hier nicht eingehen.

Das Pāṭimokkha ist einerseits Ausdruck asketischer Sittlichkeit. Als solches erfolgt seine Auslegung nach dem Geist, d.h. maximalistisch. Das Pātimokkha ist aber auch das Kernstück des Ordensstrafrechtes. Als solches erfolgt seine Auslegung minimalistisch nach dem Buchstaben, und hermeneutisches Prinzip ist das Humanitätsprinzip: schauen, ob sich der betreffende Mönch nicht doch noch gerade nicht strafbar gemacht hat.

Neben den aufgrund ihrer strafrechtlichen Folgen definierten Vergehen Pārājika, Sanghādisesa, Nissagiya-Pācittiya, Pācittiya und Pāṭidesanīya gibt es noch drei weitere Vergehensformen:

  1. thullaccaya -- schwere Vergehen: kurz vor der Vollendung abgebrochene Handlungen, die bei Vollendung Pārājika oder Saṅghādisesa wären. Weitere -- nicht im Pātimokkha aufgeführte -- Vergehen (z.B. schwere Verstöße gegen das Verfahrensrecht bestimmter saṅgha-kamma).
  2. dukkaṭa -- leichte Vergehen in Werken: Sekhiyavergehen (Vergehen gegen die Benimmregeln), weiter vor der Vollendung abgebrochene Handlungen, die bei Vollendung Pārājika oder Sañ?ghādisesa wären. Unvollendete Handlungen, die bei Vollendung Nissagiya-pācittiya, pācittiya oder pāṭidesanīya wären. Weitere -- nicht im Pāṭimokkha aufgeführte -- Vergehen.
  3. dubbhāsita -- leichte Vergehen in Worten: verbale Vergehen, die weniger schwer sind als Pācittiya 2: omāsa-vāda: Böswillige Rede über einen Mönch (einziges dubbhāsita: Hänseln ohne Hinweis auf eine bestimmte Person).

Pācittiya, Pātidesanīya, thullaccaya und dukaṭa sind desanāgāminī āpatti: sie werden durch eine desanā ("Beichte") gegenüber einem saṅgha, einem gaṇa oder einem einzelnen bhikkhu sttrafrechtlich getilgt.


6.5.1. Desanā f. -- "Beichte"


Literatur:

Vajirañāṇavarorasa: Ordination procedure = Upasampadāvidhi. -[Transl. from Thai]. -- Bangkok : Mahāmakuṭarājavidyālaya, 2516 = 1973. -- S. 41 - 45.

Mönche, die Vergehen begangen haben, die man durch "Beichte" bereinigen kann (desanāgāminī), müssen vor der Pāṭimokkharezitation diese Vergehen einem Mitmönch beichten, der nicht Mittäter bei einem dieser Vergehen war (kein sabhāgappatti sein darf).

desanā f. -- "Beichte":


6.5.2. Nidānuddesa m. -- Eingangsrezitation


6.5.3. Pārājikuddesa m. -- Rezitation der 4 Pārājikavergehen


Pārājikavergehen sind Vergehen, durch die ein Mönch ipso facto aufhört, Mönch zu sein. Ein solcher Mönch kann in diesem Leben nicht mehr Mönch werden.

Pārājika:

  1. Geschlechtsverkehr
  2. schwerer Diebstahl
  3. Tötung eines Menschen, Anstiftung zur Tötung, Aufmunterung zur Selbsttötung
  4. Vortäuschung, dass man höhere Bewusstseinszustände erreicht hat

Am Schluss jedes Abschnittes ñatti-catuuttha-kamma: Frage: seid ihr diesbezüglich rein?


6.5.4. Sanghādisesuddesa m. -- Rezitation der 13 Sanghādisesavergehen


Sanghādisesavergehen sind Vergehen, die eine zeitweilige Exkommunikation bewirken: zu Beginn Selbstanklagge vor catuvagga-saṅgha -- 6 Nächte mānatta (Exkommunikation) -- dann Bitte um abbhāna vor visati-vagga-saṅgha m. -- mindestens zwanzig Mönche müssen am Ende der Exkommunikation zusammentreten. Der Rechtsakt am Ende der Exkommunikation heißt abbhāna n. Verschweigt ein Mönch sein Sanghādisesa-Vergehen, dann verlängert sich die Exkommunikation (parivāsa) um so viele Nächte, wie er verschwiegen hat.

A) Vergehen, die schon beim ersten Mal Sanghādisesa sind:

B) Vergehen, die nach dreimaliger Ermahnung Sanghādisesa sind


6.5.5. Aniyatuddesa m. -- Rezitation der 2 Aniyatavergehen


Aniyatavergehen sind Vergehen, auf die je nach Lage des Falles verschiedene Strafen stehen.


6.5.6. Vitthāruddesa m. -- Ausführliche Belehrung


Dieser uddesa ist unterteilt in:


6.5.6.1. Nissagiyuddesa m. -- Rezitation der 30 Nissagiya-Pācittiya-Vergehen


Nissagiya-pācittiya-Vergehen sind Vergehen, bei denen ein Mönch etwas entgegen den Ordensregeln erhalten und angenommen hat. Die Strafe ist Weggeben dieses Gegenstandes + Buße.


6.5.6.2. Pācittiyuddesa m. -- Rezitation der 92 Pācittiya-Vergehen


Pācittiya-Vergehen sind Vergehen, die eine Buße erfordern, d.h. die durch desanā f. -- "Beichte" strafrechtlich (nicht karmisch!) getilgt werden.


6.5.6.3. Pāṭidesanīyuddesa m. -- Rezitation der 4 Pāṭidesanīya-Vergehen


Pātidesanīya-Vergehen sind Vergehen, die gebeichtet werden müssen.


6.5.6.4. Sekhiyuddesa m. -- Rezitation der 75 Sekkhiya-Vergehen


Sekhiya-Vergehen sind Benimmregeln. z.B.


6.5.6.5. Samathuddesa m. -- Rezitation der 7 Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten (adhikaraṇa-samatha m.)


Literatur:

Vajirañāṇavarorasa: The entrance to the Vinaya = Vinayamukha. -- [Transl. from Thai]. -- Bangkok : Mahāmakuṭarājavidyālaya. -- Vol. 3. -- 2526 = 1983. -- [The managment of the saṅgha]. -- S. 126 - 175, 201 - 206.


6.5.6.5.1. adhikaraṇa n. -- Arten von Streitigkeiten


  1. vivādādhikaraṇa n. -- Streitigkeiten über Dhamma und Vinaya.
    Gegenstände solcher Streitigkeiten:
    1. das ist dhamma -- das ist nicht dhamma
    2. das ist vinaya -- das ist nicht vinaya
    3. Buddha hat das gesagt-- Buddha hat das nicht gesagt
    4. Buddha hat das so gemacht -- Buddha hat das nicht so gemacht
    5. Buddha hat das festgelegt -- Buddha hat das nicht festgelegt
    6. Das ist ein Vergehen (āpatti) -- das ist kein Vergehen
    7. Das ist ein leichtes Vergehen -- das ist ein schweres Vergehen
    8. Dies ist ein Pārājikavergehen -- dies ist kein Pārājikavergehen
    9. dies ist ein sehr schweres Vergehen -- dies ist kein sehr schweres Vergehen

    Vivādādhikaraṇa kann durch sammukha-vinaya oder yebhuyyasikā beigelegt werden

  2. anuvādādhikaraṇa n. -- Streitigkeiten über Anschuldigung wegen eines Vergehens: nach entsprechender unwirksamer persönlicher Ermahnung bringt ein Mönch die Angelegenheit vor einen saṅgha. anuvādādhikarana kann durch sammukhā- vinaya, sati-vinaya, amūlha-vinaya, tassa-pāpiyasikā (evtl. paṭiññāta-karaṇa und tiṇa-vatthāraka) beigelegt werden
  3. āpattādhikaraṇa n. -- Vergehen gegen das Ordensrecht. Diese müssen wieder in Ordnung gebracht werden. Dies kann geschehen durch sammukhā-vinaya, paṭiññāta-karaṇa, tiṇa- vatthāraka (bei scheren Vergehen: Mānatta bzw. parivāsa, dann abbhāna)
  4. kiccādhikaraṇa n. -- Streitigkeiten über die rechte Durchführung von ordensrechtlichen Verfahrensbestimmungen. Kann durch sammukhā-vinaya beigelegt werden. (Vajirañāṇavarorasa hat andere Auslegung von kiccādhikaraṇa)

6.5.5.5.2. adhikaraṇa-samatha m. -- Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten und Unstimmigkeiten


  1. sammukhā-vinaya m.: Vorgehen in Gegenwart eines saṅgha (saṅgha-sammukhatā) und Gegenwart beider streitenden Parteien (puggala-sammukhatā). Er kann zur Beilegung aller Arten von adhikaraṇa verwendet werden.
    Drei Arten von sammukhā-vinaya:
    1. durch gegenseitige Übereinkunft: eine Partei anerkennt, dass sie im Unrecht ist
    2. durch Schiedsspruch: die beiden streitenden Parteien wählen einen oder mehrere Schiedsrichter, deren Schiedsspruch gilt
    3. durch Entscheidung eines saṅgha: ein saṅgha spricht ein Machtwort
  2. sati-vinaya m.: Der Beschuldigte ist ein Arahant und kann deswegen das Vergehen nicht begangen haben. Ein saṅgha erklärt die Unmöglichkeit einer Beschuldigung. Nur zur Beilegung von anuvādādhikaraṇa. Heute nicht in Gebrauch.
  3. amūlha-vinaya m.: Wenn ein Mönch bestimmte Vergehen in einem unzurechnungsfähigen Zustand begangen hat. Ein saṅgha anerkennt Vorhandensein und Zeitdauer dieser Unzurechnungsfähigkeit. Damit werden die Anschuldigungen hinfällig. Nur zur Beilegung von anuvādādhikaraṇa
  4. paṭiññāta-karaṇa n.: Beilegung durch Eingeständnis des fehlbaren Mönches vor einem saṅgha oder einem Einzelmönch. Zur Beilegung von āpattādhikaraṇa (evtl. auch von anuvādādhikaraṇa)
  5. yebhuyyasikā f.: Mehrheitsentscheidung innerhalb eines saṅgha. Nur zur Beilegung von vivādādhikaraṇa, wenn es unwahrscheinlich ist, dass ein saṅgha zu einer einstimmigen Entscheidung kommt.
  6. tassa-pāpiyasikā f.: Einem Mönch, dessen schlechtes Verhalten notorisch ist, werden viele Rechte entzogen (z.B. Funktionen bei saṅghakamma u.ä.). Nur zur Beilegung von anuvādādhikaraṇa
  7. tiṇa-vatthāraka m.: Zudecken mit Gras (Gras darüber wachsen lassen). Ein saṅgha erklärt, dass man um des lieben Friedens willen, über bestimmte Vergehen in der Vergangenheit Gras wachsen lassen will. Zur Beilegung von āpattādhikaraṇa (evtl. auch von anuvādādhikaraṇa)

7. SCHOLION: saṅghabheda -- saṅghaspaltung


Literatur:

Vajirañāṇavarorasa: The entrance to the Vinaya = Vinayamukha. -- [Transl. from Thai]. -- Bangkok : Mahāmakuṭarājavidyālaya. -- Vol. 3. -- 2526 = 1983. -- [The managment of the saṅgha]. -- S. 224 - 236.

Bechert, Heinz: Einleitung. -- In: Zur Schulzugehörigkeit von Werken der Hīnayāna-Literatur / herausgegeben von Heinz Bechert. -- 1. Tl. -- (Symposien zur Buddhismusforschung ; III, 1) (Abh. der Akad. der Wiss. in Göttingen). -- S. 30 - 38.

Der Begriff saṅghabheda bezieht sich nicht auf den cātudisa saṅgha -- den saṅgha als Gesamtinstitution, sondern auf die einzelnen konkreten saṅghas. "Es handelt sich also hier nicht um ein Schisma in dem uns aus der christlichen Theologie her geläufigen Sinn, sondern um das unkorrekte Verhalten von Mönchen in einem saṅgha." (Bechert a.a.O. S. 33)

Unterscheide:

  1. saṅgha-rāji -- Meinungsverschiedenheiten / Misshelligkeiten im saṅgha: Einstimmigkeit kann nicht herbeigeführt werden. Also verwendet man das Verfahren: yebhuyyasikā f.: Mehrheitsentscheidung innerhalb eines saṅgha. Eine Mehrheitsentscheidung wird von einer Minderheit von weniger als vier Mönchen nicht anerkannt. Da diese Minderheit keinen saṅgha bilden kann, bestehen nur Misshelligkeiten im saṅgha, aber kein saṅghabheda.
  2. saṅgha-bheda -- saṅghaspaltung: Einstimmigkeit kann nicht herbeigeführt werden. Eine Mehrheitsentscheidung wird von einer Minderheit nicht anerkannt "Zu einem Mehrheitsbeschluss ist, da Stimmenthaltung nicht vorgesehen ist, eine ungerade Zahl von Mönchen erforderlich. Andererseits liegt aber saṅghabheda nur vor, wenn beide Gruppen stark genug sind, nach der Spaltung einen eigenen saṅgha zu bilden, also wenn auf jeder Seite mindestens vier Mönche stehen. Damit ist klar, dass der kleinste saṅgha, in dem saṅghabheda möglich ist, eine Gemeinde von neun Mönchen ist." (Bechert a.a.O. S. 35)

Eine Minderheit darf sich einem Mehrheitsbeschluss widersetzen, wenn dieser rechtswidrig ist.


Zu Teil II