Materialien zur Forstwissenschaft

ciflogo.gif (10027 Byte)

2. Das Ökosystem Wald

9. Die Wälder der Zonobiome

1. ZB I: Zone tropischer Regenwaldgebiete


von Margarete Payer

mailto: payer@hbi-stuttgart.de


Zitierweise / cite as:

Payer, Margarete <1942 -- >: Materialien zur Forstwissenschaft. -- Kapitel 2: Das Ökosystem Wald. -- 9. Die Wälder der Zonobiome. --  1. ZB I: Zone tropischer Regenwaldgebiete. -- Fassung vom 27. November 1997. -- URL: http://www.payer.de/cifor/cif0203.htm. -- [Stichwort].

Letzte Überarbeitung: 27. November 1997

Unterrichtsmaterialien (gemäß § 46 (1) UrhG)

Anlaß: Lehrveranstaltung 1997/98 an der HBI Stuttgart: Informationsnetze, Projekt CIFOR

©opyright: Dieser Text steht der Allgemeinheit zur Verfügung. Eine Verwertung in Publikationen, die über übliche Zitate hinausgeht, bedarf der ausdrücklichen Genehmigung der Verfasserin.


Zur Inhaltsübersicht von Margarete Payer: Materialien zur Forstwissenschaft.


Übersicht



1. Klima


Gebiete, in denen die tageszeitlichen klimatischen Schwankungen größer sind als die jahreszeitlichen Schwankungen, mit hohen, gleichmäßig verteilten Niederschlägen. Weder die Temperaturverhältnisse noch die Niederschlagsverhältnisse beschränken die jährlich mögliche Vegetationszeit von 12 Monaten. Mit Ausnahme der Hochgebirge auch keine Temperaturextreme, die die Verbreitung von kälteempfindlichen Pflanzen begrenzen könnten. Die unbegrenzte Vegetationsperiode erlaubt auch extremen Schattenpflanzen ein gedeihen am Waldboden. So kann die photosynthetisch aktive Strahlung mit einem Wirkungsgrad von ca. 2% genutzt werden (höchste Produktivität aller natürlichen Ökosysteme).

cif02098.gif (13575 Byte)

Abb.: Beispiele zum Klimatypus von ZB I: Kolumbien (typisch), Kamerun (trockener), Australien (Übergang zu ZB II)

[Quelle der Abb.: Walter, Heinrich <1898 - 1989> ; Breckle, Siegmar-W.: Ökologische Grundlagen in globaler Sicht. -- 2., bearb. Aufl. -- Stuttgart : Fischer, ©1991. -- (Ökologie der Erde ; Bd 1). -- ISBN 3-437-10454-8. -- S. 20]


2. Böden


Man muß sich davor hüten, tropische Böden voreilig in ein Typensystem zu zwängen. Allein in Afrika waren bis 1980 über 1000 (!) Einzeltypen von Böden beschrieben worden.


3. Verbreitung


Ca 11,5% der gesamten Landoberfläche der Erde. Hauptgebiete: Amazonasbecken, Kongobecken, indomalaiischer Archipel, Inseln in der Äquatorialzone der Ozeane, viele Gebiete Mittelamerikas, Feuchtwälder Ostafrikas, Wälder an Atlantikküste Brasiliens, Wälder der Westküste Indiens, Wälder der Nordostküste Australiens (Queensland). "Die in den globalen Übersichten ausgewiesenen Regenwaldgebiete sind in Wirklichkeit Landschaftsmosaike aus zonalen, azonalen und oft auch menschengeprägten Ökosystemen" (Grabherr).

cif02020.gif (42711 Byte)

Abb.: Verbreitungsgebiete des immergrünen tropischen Regenwaldes mit Klimadiagrammen nach Walter

[Quelle der Abbildung: Whitmore, Thomas C.: Tropische Regenwälder : eine Einführung. -- Heidelberg [u.a.] : Spektrum, ©1993. -- Einheitssachtitel: An introduction to tropical rain forests. -- ISBN 3-86025-068-X. -- S.23]


4. Tropische Regenwälder


4.1. Eigenarten


Den tropischen Regenwald gibt es nicht, es gibt nur unterschiedlichste Formen tropischer Regenwälder. Dabei verstehen verschiedene Botaniker unter dem Sammelbegriff "Tropischer Regenwald" oft ganz Verschiedenes. Deswegen stimmen auch Karten über die Ausbreitung 'des' tropischen Regenwaldes oft nicht überein.

"Die Nebenfaktoren, die jene Waldtypen mit bedingen, denen wir realiter begegnen, sind:

[Vareschi, 1980, S. 139]

"Die Überschrift 'ein Regenwald von ...' müßte noch oft in gleicher Form eingerückt werden, um immer wieder die Vielfalt und Individualität der Bestände zu belegen und zugleich den Begriff 'Regenwald' als Sammelbegriff weiten Ranges herauszustellen. Dazu kommt, daß auch der weit gefaßte Regenwaldbegriff gegen die nächstverwandten Waldtypen hin immer noch verschwimmende Grenzen hat. Zwischen ihm und den dem Jahreszeitenrhytmus verfallenden Monsun- und Passatwäldern sind jene 'Fast-Regenwälder' ... , 'Pseudoregenwälder' oder 'Saisonregenwälder' ... einzuordnen, um die man schon deshalb nicht herumkommt, weil sie in vielen tropischen Wäldern mehr Raum einnehmen als die eigentlichen Regenwälder." [Vareschi, 1980, S. 151 - 153]

Trotzdem einige Eigenarten tropischer Regenwälder:

cif03012.gif (18448 Byte)

Abb.: Aufbau des immergrünen tropischen Regenwaldes

Quelle der Abbildung: Jäger, Eckehart Johannes: Allgemeine Vegetationsgeographie. -- In: Hendl, M. ; Marcinek, J. ; Jäger, E. J.: Allgemeine Klima-, Hydro- und Vegetationsgeographie. -- 3. Aufl. -- Gotha : Haack, 1988. -- (Studienbücherei Geographie für Lehrer ; 5). -- ISBN 3-7301-0513-2. -- S. 183.


4.2. Struktur und Lebensformen der tropischen Regenwälder


"Der extreme Regenwald besteht fast ausschließlich aus Bäumen, wenn man nur die im Boden wurzelnden Pflanzen berücksichtigt. Kräuter und Stauden kommen nur als Epiphyten in Betracht und auch dort nur in viel kleinerer Arten- und Individuenzahl als die Bäume." [Vareschi, 1980, S. 26] "Eine auffällige Häufung von Palmen im Tropenwald" belegt "nicht seinen 'Urwaldcharakter, wie viele glauben, sondern im Gegenteil, ... seinen sekundären Charakter: Hier waren alte Pflanzungen verlassen worden!" [Vareschi, 1980, S. 28]


Regenwaldbäume


Die "Lebensform 'Baum' ist die tropische Pflanzenform schlechthin. ... Die Flora von Deutschland besitzt nur 15% Holzpflanzen, die des Amazonasgebietes dagegen 88%. Die Familie der Violaceae [Veilchengewächse] hat in Europa keine verholzten Vertreter, während 94 der Violaceae von Brasilien verholzte Sprosse haben." (VARESCHI, S. 24f). "Der typische Tropenwaldbaum ist ca. 30 m hoch, besitzt eine schirmartige Krone, einen Stamm ohne Jahresringe, eine graue Rinde und Brettwurzeln. Einzelne 'Überhälter' (= Emergenten) ragen bis 20 m. über diese Grundschicht hinaus." (GRABHERR, S. 52)

cif02045.gif (19929 Byte)

Abb.: Vielgestaltigkeit der Lebensform 'Baum' in den Tropen [Quelle der Abb.: Vareschi, Volkmar: Vegetationsökologie der Tropen. -- Stuttgart : Ulmer, ©1980. -- (Phytologie). -- ISBN 3-8001-3423-3. -- S.25]

Es handelt "sich bei der enormen Mannigfaltigkeit der tropischen Baumformen kaum um 'Anpassung an die Tropen' ..., sondern vielmehr um eine Polymorphie [Vielgestaltigkeit], die dadurch möglich wird, daß die günstige Umwelt sehr viel mehr ... Gestalten 'erlaubt' als die kalten Regionen." [VARESCHI, a.a.O. S. 26f.]

cif02034.gif (8418 Byte)

Abb.: Brettwurzeln (beachte, wie wenig tief Brettwurzeln in den Boden gehen!)

Die 'typisch tropische' Baumrinde ist dünn und weißlich gefärbt, ihr Dickenwachstum ist gering, ihr Flächenwachstum groß. Starke, langsam wachsende Borken würden dem enormen Dickenwachstum von Tropenbäumen (bis über 6 cm Durchmesserzuwachs pro Jahr) hinderlich sein.


Kleinbäume und Kleinstbäume


dazu gehören viele Gewächse, deren Verwandte bei uns nur als Kraut oder Strauch wachsen


Pflanzenarten des Waldbodens


"In sehr dichten Wäldern kann der Boden fast kahl sein, in anderen ist er dagegen übersät mit den Stengeln von Keimlingen, von 'Oskars', das sind im Wachstum steckengebliebene Jungpflanzen (benannt von britischen Forschern nach dem Held aus Günter Grass' 'Blechtrommel'). Häufig sind auch junge Klein- und Kleinstbäume. Vereinzelt dazwischen, nicht selten aber dicht schließend, wachsen die eigentlichen Waldbodenarten: es sind Farnrosetten, zungenförmig oder fein gefiedert, kleine Wedel oder Überzüge von Moosfarnen (Selaginellen), kräftige Blattrosetten ... oder ästige Blattpflanzen ..." (Grabherr, S. 53)


Lianen


Lianen "können den Wirtsbaum mit mächtigen Kronen umhüllen, ihn durchdringen oder als dichte Vorhänge herabhängen. Neben diesen großen 'Klettersträuchern' gibt es noch eine zweite Gruppe, die schattenbedürftigen 'Stammkletterer', die den Stamm umschlingen und mit ihm hochwachsen, ohne aber bis an die Außenkrone vorzudringen." Solche Stammkletterer können auch auf Kronenlianen hinaufklettern. "Lianen sparen sich sozusagen den Aufwand von Stützgeweben und hängen sich im wahrsten Sinn des Wortes an den Trägerbaum. Exzellent ausgebildet ist hingegen ihr Wasserleitungssystem. Wassergefüllte Lianen sind mitunter die einzigen sicheren, d.h. parasitenfreien Trinkwasserquellen im Regenwald." (GRABHERR, S. 54)

cif02046.gif (12765 Byte)

Abb.: Wuchsformen von Lianen

Manche Lianenarten können je nach Standort jede dieser Wuchsformen annehmen. Damit sich Lianenvorhänge [rechts außen] bilden können, muß großer Lichteinfall vorhanden sein. Bei intaktem Kronendach fehlen sie.

Lianen müssen für ihre Einsparung an Stützgewebe große mechanische und physiologische Schwierigkeiten lösen: "Der oft über hundert Meter lange und dünne Stamm muß zug- und biegungsfest und doch auch elastisch sein, um bei den Bewegungen der Trägerpflanze durch den Wind nicht aus der Verankerung zu brechen oder sich bei ihrem völligen Zusammenbruch durch Nachbarbäume oben zu halten. Die dazu nötige Biegungs- und Zugfestigkeit bei elastischer Aufhängung wird durch eine komplizierte Aufspaltung des Holzkörpers in feste Stränge, die durch Parenchymplatten und Markstrahlen voneinander getrennt sind, erreicht. Das histologische Bild solcher Stammquerschnitte erinnert erstaunlich an den Feinbau elektrischer Tiefseekabel. Das Prinzip dieser Lösung ist so vielfältig abgewandelt, daß man die Familien der Lianengewächse oft direkt vom Stammquerschnitt ablesen kann." (Vareschi, 1980, S. 34)

cif02047.gif (25488 Byte)

Abb.: Stammquerschnitte von neuweltlichen Lianen

"Auch physiologische Umstellungen sind notwendig: Statt der Schattenblätter des dunklen Waldgrundes müssen im akropetalen [Spitze] Sproßteil Sonnenblätter gebildet werden. Beide Assimilationsorgane sind oft derart verschieden gestaltet, daß man geneigt ist, sie verschiedenen Arten zuzuschreiben."[Vareschi, 1980, S. 34]

cif02048.gif (25431 Byte)

Abb.: Anpassung der Blattform von Lianen an die Lichtverhältnisse: Blätter derselben Liane (Macfadyenia unguis cati) in verschiedenen Höhen

[Quelle der Abbildungen: Vareschi, Volkmar: Vegetationsökologie der Tropen. -- Stuttgart : Ulmer, ©1980. -- (Phytologie). -- ISBN 3-8001-3423-3. -- S.35f.]

"Auch muß der Bau der Leitbündel so gestaltet werden, daß der Leitungswiderstand für die in Kronenhöhe benötigten Wassermengen möglichst gering ist. Das wird vor allem durch erweiterte Gefäßdurchmesser und verlängerte Einzelgefäße erreicht. [Vareschi, 1980, S. 34]


Epiphyten, Epiphylle


Epiphyten verzichten auf den Boden mit seinem Wasser und seinem Nährstoffvorrat. Ihr Lebensort ist die Trägerpflanze, sie sind aber keine Parasiten:

Wichtige Epiphytengruppen sind:

cif02093.gif (28047 Byte)
Abb.: Epiphytische Orchidee Aërides falcatum (Heimat: Oberburma) [Quelle der Abb.: Kupper, Walter ; Linsenmaier, Walter: Orchideen. -- Zürich : Silva, ©1952. -- S. 115]

cif02027.gif (30807 Byte)

Abb.: Standorte von Moosen in einem Tieflandregenwald

[Quelle der Abb.: The ecology of Kalimantan / Kathy McKinnon ... Hong Kong : Periplus, ©1996. -- ISBN 0-945971-73-7. -- S. 185.]

. Epiphyten bilden in den Tropen oft hoch organisierte Pflanzengemeinschaften.

Eine besondere Form von Epiphyten sind Epiphylle (Blattepiphyten), d.h. Moose, Flechten, Algen (ja sogar kleine Farne und Blütenpflanzen), die vor allem im feuchten Innenraum des Waldes auf älteren Blättern wachsen, ohne daß diese Blätter absterben.


Semiepiphyten


Beginnen ihr Leben als Epiphyten, bilden dann lange Luftwurzeln, und leben, wenn die Luftwurzeln den Boden erreicht haben, als Lianen weiter. Auch Baumwürger (z.B. Würgefeigen Ficus spp.) beginnen meist als Epiphyten.


Tiere des Regenwaldes

cif02028.gif (52389 Byte)

Abb.: Tiere des Regenwalds Borneos als Fruchtverbreiter

cif02035.gif (79740 Byte)

Abb.: Räumliche und zeitliche Nutzung des gemeinsamen Lebensraumes durch flugunfähige Säugetiere in Tieflandregenwald von Sabah (Borneo)

Quelle der Abb.: Whitmore, Thomas C.: Tropische Regenwälder. -- Heidelberg [.u.a.] : Spektrum, ©1993. -- Einheitssachtitel: An introduction to tropical forests. -- ISBN 3-86025-068-X. -- S. 82


4.3. Ein Beispiel eines tropischen Regenwaldes: der Dipterocarpaceenwald von Mount Silam, Borneo


"Wer von Buchen- oder Birkenwäldern spricht, macht die dominierende Holzart zum bezeichnenden Merkmal des Waldes. Im tropischen Optimalwald ist die Durchmischung der Baumarten so intensiv, daß es schwerfällt, eine einzelne Art mit Abstand als dominierend herauszustellen. Im Begriffsraum zwischen diesen Extremen hält sich der Regenwald von Borneo: Hier ist es zwar keine einzelne Pflanzenart, wohl aber eine einzelne Pflanzenfamilie, der die meisten Bäume angehören: die der Dipterocarpaceae.

Diese Familie hat außerhalb der altweltlichen Tropen nur selten einen Vertreter, sie ist im südasiatisch-malaiischen Raum mit nahezu 400 Arten vertreten, mehr als die Hälfte davon wachsen in Regenwäldern. Und gerade die extremsten Regenwälder der Erde sind von Dipterocarpaceen beherrscht. Die Pflanzendecke ist daher einförmig und läßt auf einseitige Bedingungen und auf relativ geringe Diversität schließen." [Vareschi, 1980, S. 141]

cif02124.gif (27670 Byte)

Abb.: Schnitt durch Dipterocarpaceenwald von Mt. Silam (112 m ü. M), Borneo [Quelle der Abb.: Vareschi, 1980, S. 144]

Vom Standpunkt des Försters aus ist der Dipterocarpaceenwald "einer der üppigsten Tropenwälder überhaupt: Er besteht nämlich praktisch nur aus Bäumen, von denen die meisten geradschäftig und bis hoch hinauf astrein sind. Vom wenige Zentimeter hohen Sämling bis zum 70 m hohen Riesenbaum gibt es alle Übergänge, und andere Lebensformen als die der Bäume scheinen fast völlig zu fehlen. Erst bei genauerem Hinsehen entdeckt man einige Lianen, Kräuter und 'Rohre'. Auch die Epiphyten sind nicht reichlich vorhanden, und der Überzug von Epiphyllen erreicht nirgends die Dichte, die auf alten Nebel- und Wolkenwaldblättern so auffallend ist." [, 2980, S. 142]

Stichproben in diesem Wald ergaben folgende Artenverteilung:

Auffallend sind die vielen Brettwurzeln.


5. Wolkenwald


Vareschi unterscheidet:

Beide von Vareschi genannten Wolkenwaldgebiete liegen zwischen 800 und 1500 m ü. M.

cif02118.gif (3128 Byte)

Abb.: Klimadiagramm eines typischen Wolkenwaldes: Rancho Grande (1020 m ü. M.), Venezuela [Quelle der Abb.: Vareschi, 1980, S. 107]

"Da das Optimum der Bakterientätigkeit in tropischen Waldböden bei 35°C, das der Pilze bei 23°C liegt, ist zu erwarten, daß die Bodenbildung vor allem auf der Lebensfähigkeit der Pilze beruht." [VARESCHI, 1980, S. 109]

Der Wolkenwald von Rancho Grande beherbergt vermutlich rund 1100 Pflanzenarten, die in mosaikartigen, relativ artenarmen Flecken verteilt sind. Diese Flecken stellen verschiedene Phasen der zyklischen Waldentwicklung dar (Aufbauphase, Optimalphase, Abbauphase).

cif02119.gif (30454 Byte)

Abb.: Halbschematischer Schnitt durch Wolkenwald Rancho Grande, Venezuela, 950 m ü. M. [Quelle der Abb.: Vareschi, 1980, S. 114]


6. Bergnebelwald


Echte Nebelwälder kommen ab ca. 2000 m ü. M. vor. In den heißen Tropen kommen sie auch noch zwischen 3000 und 3500 m ü. M. voll entwickelt als immergrüne Hochwälder vor.

cif02121.gif (4316 Byte)

Abb.: Klimadiagramm eines typischen tropischen Bergnebelwaldes. La Carbonera, (2300 m ü. M), Venezuela [Quelle der Abb.: Vareschi, 1980, S. 132]

Die Böden sind gelbe, schwach lateritisiert, oder sogar podsoliserte Böden mit Bleicherde unter einer starken Mull- oder Rohhumusschicht.

Die Artendichte ist trotz der hohen Meereshöhe sehr hoch: z.B. 120 Baumarten und 307 Arten von Farnen und Samenpflanzen (aus 75 Pflanzenfamilien!).

cif02122.gif (10696 Byte)

Abb.: Profil des Nebelwaldes La Carbonera, Venezuela [Quelle der Abb.: Vareschi, 1980, S. 133]

cif02123.gif (22607 Byte)

Abb.: Halbschematische Darstellung der unteren Schichten des Bergnebelwaldes La Carbonera, Venezuela, 2300 m ü. M. [Quelle der Abb.: Vareschi, 1980, S. 135]

Der Unterwuchs ist im Nebelwald im allgemeinen dichter als im Wolkenwald, besonders üppig sind Hautfarne.

Epiphyten erreichen ein Maximum: auf einem einzigen Baum Podocarpus oleifolius (18 m hoch, 55 cm Ø) fand Vareschi 60 (!) Arten von Epiphyten.


7. Waldgrenzen und Hochgebirgs-Niederwald


In tropischen Gebieten reicht der zonal bedingte Nebelwald etwa 1000 bis 2200 m höher hinauf als die Wälder in den Alpen, zum Beispiel:

Über die Anden berichtet Vareschi:

"Die obersten Gürtel des Nebelwaldes sind immer artenärmer als die der tieferen Lagen. Auch hier bildet sich manchmal ein zweischichtiger Bestand aus, dessen Kronenschicht über einem fast leeren Waldraum ausgebreitet ist; erst die Feldschicht ist wieder dichter und vor allem von Kräutern und Stauden gebildet. An der oberen Grenze dieses verarmten Nebelwaldes beginnen entweder die baumlosen hochandinen Vegetationsdecken, die sog. Páramos, oder es schließt sich ein Niederwald an. Häufig ist solch ein Niederwald deutlich vom Nebelwald getrennt: Eine Waldinsel über den Wäldern!" [Vareschi, 1980, S. 187]

cif02147.gif (21383 Byte)

Abb.: Niederwald der Hochanden (3400 m ü. M.) [Quelle der Abb.: Vareschi, 1980, S. 188]

Dieser Niederwald (Chirivitál) ist nicht eine Art verarmter oberster Nebelwald, sondern eine eigene Vegetationsform.

Auch in den tropischen Tiefländern gibt es Waldgrenzen und kümmerliche Waldformen. Schwarzwasserwälder und Mangroven sind in den Tiefländern die Waldformen, die unter ungünstigsten Bedingungen noch wachsen können.


8. Schwarzwasserwälder


cif02149.gif (55217 Byte)

Abb.: Der Amazonas unterhalb von Manaus: das Schwarzwasser des Rio Negro vermischt sich auf 30 km Länge mit dem Weißwasser des Solimões

"In tropischen Tiefländern durchdringen sich sogenannte Weißwasser- und Schwarzwassergebiete. Die meisten großen Ströme der äquatorialen Zonen führen Weißwasser. Auch die Flüsse und Bäche ihrer Einzugsgebiete sind meist von heller Farbe. ... Wer in wochenlangen Flußfahrten diese Landschaft durchreist, erwartet bald keine Überraschungen mehr, bis er -- fast immer ganz unvermittelt -- in ein Schwarzwassergebiet gerät: Er findet sich dann in einer völlig andern tropischen Welt als der gewohnten. Die tief-teebraune Färbung des Wassers ist nur ein erstes Anzeichen dafür, daß sich alles Elementare diese Landschaft ins Unvergleichbare heraushebt. ...

Weißwasser ist 'normales' Flußwasser, das aus vielen Quellen gespeist wird und durch suspendierte Partikel getrübt ist. Senkt man die weiße, 20 cm im Durchmesser betragende Sichtscheibe der Limnologen beispielsweise in das Orinocowasser -- der Orinoco ist ein typischer Weißwasserstrom --, so ist sie in 60 cm Tiefe nicht mehr auszumachen. Im echten Schwarzwasser kann man dieselbe Scheibe trotz der dunklen Farbe bis 3 m Tiefe hinab noch gut sehen: Das ist begreiflich, da die färbenden Stoffe hier nicht in lichtzerstreuenden Partikeln, sondern in reiner Lösung auftreten.

Die meisten Schwarzwasser der Tropen entwässern jene riesigen Sumpfwälder, die in höheren Breiten durch Gras- und Seggensümpfe vertreten werden. In diesen Waldsümpfen entspricht den großen Laubkronen der Bäume ein enormes Wurzelsystem, das durch seine Atmung den Sauerstoff des Wassers und des Bodens derart verbraucht, daß es den humusbildenden Organismen nicht mehr möglich ist, Humusmoleküle normaler Art zu synthetisieren.

Echter Humus ist wasserunlöslich und bleibt daher im Boden der Weißwassergebiete erhalten. Weißwasserböden sind durch Humuspartikel braun bis schwärzlich, mindestens aber ockerfarben gebildet. Wo jedoch der Sauerstoffgehalt unter 3 mg pro Liter Bodenlösung absinkt, bilden sich nur noch die prähumiden Vorstufen des echten Humusmoleküls. Diese prähumiden Substanzen sind es, die das Schwarzwasser teebraun färben. Sie sind ein physiognomisches Anzeichen dafür, daß es sich um ein sauerstoffarmes, saures (pH 3,8 - 4,5) und elektrolytarmes Wasser handelt, das für die Pflanzen eine pessimumnahe Umwelt schafft: Hier ersticken sauerstoffbedürftige Gewächse, hier sinkt die elektrische Leitfähigkeit ... herab; hier fehlen die Mückenlarven und die Fische und Reptilien, die letztendlich in ihrer Nahrungskette auf sie angewiesen sind. Hier sind die Endprodukte der Streuzersetzung wasserlöslich, so daß sie ins Grund- und Sumpfwasser abwandern und der Pflanzendecke verlorengehen. Der Boden bleibt als grobsandige, schneeweiße Silikatdecke zurück, als ein edaphisches System, dem die koloidalen Träger fehlen, um Nährionen zurück- und für die Pflanzenwurzeln bereitzuhalten. ... So können nur ganz wenige Pflanzenarten die Schwarzwasserufer, -sümpfe und -sande besiedeln. ... Die Palmen sind reichlich vertreten ...

Wo der Boden jahrelang überschwemmt bleibt, ergibt sich nur in großen Zeitabständen eine Möglichkeit der Samenkeimung: Die Folge ist, daß die vorhandenen Individuen mancher Arten auf weite Strecken hin gleichaltrig angetroffen werden. ...

Auch die Bäume sind von ihrer eigenartigen Umwelt absonderlich geprägt: Die Stämme sind stark verdickt und die Laubkronen sehr blattarm. ..

Das Tierleben der Schwarzwassergebiete ist sehr arten- und individuenarm. ... Nur die Ameisen, die hier nicht auf dem Boden, sondern in der Vegetationsdecke selbst leben, sind häufig. ...

Außer aus großen Waldsümpfen können Schwarzwasser auch aus Podsolbildungen entstehen."

[Vareschi, 1980, S. 193 - 198]

cif02148.gif (41619 Byte)

Abb.: Drei Schnitte durch einen Schwarzwasserwald des Amazonasgebietes [Quelle der Abb.: Vareschi, 1980, S. 192]


9. Mangroven


Mangroven sind Gezeitenwälder. Da der Gezeitenhub (Tidenhub) sehr unterschiedlich ist (in Borneo 5 m, in Venezuela ein halber Meter!), sind die Wachstumsbedingungen für Mangroven sehr unterschiedlich.

cif03018.gif (9338 Byte)

Abb.: Zonierung der Mangrove-Vegetation an der Ostküste Afrikas

Quelle der Abbildung: Jäger, Eckehart Johannes: Allgemeine Vegetationsgeographie. -- In: Hendl, M. ; Marcinek, J. ; Jäger, E. J.: Allgemeine Klima-, Hydro- und Vegetationsgeographie. -- 3. Aufl. -- Gotha : Haack, 1988. -- (Studienbücherei Geographie für Lehrer ; 5). -- ISBN 3-7301-0513-2. -- S. 194.

"Die Vorstellung eines Mangrovenbandes, das die tropischen Kontinente säumt, ist nur ... 'cum grano salis' richtig: Es fällt auf, daß dieser Saum auf weite Strecken hin fehlt, daß er an anderen Stellen in breiten Zonen die Strandlinien verwischt, daß es in Südasien und Insulide von 19 - 26 Baum- und Straucharten, in Ostafrika von 8, in Amerika von nur 2 - 4, in Neuseeland, Südaustralien, am Roten Meer und in Südjapan nur aus einer einzigen Art gebildet wird." [Vareschi, 1980, S. 201]

Hauptwurzeltypen von Mangrovenbäumen:

Kniewurzeln: Bruguiera spp.

cif02033.gif (2168 Byte)

Atemwurzeln: Sonneratia spp., Avicennia spp.

cif02032.gif (2150 Byte)

Stelzwurzeln: Rhizophora spp.

cif02031.gif (2154 Byte)

 

cif02037.gif (18337 Byte)

Abb.: Mangrovensämlinge treiben noch am Baum Wurzeln (erst wenn die Wurzeln bis zu 30 cm lang sind, fallen die Sämlinge vom Baum)

Obwohl Mangroven vegetationsmäßig ausgesprochen artenarm sind, sind Mangroven als Ökosystem sehr artenreich: eine Vielzahl von Tieren bewohnt oder nutzt die Mangroven.


10. Wälder der Tafelberge im Süden Venzuelas (Tepuis)


 

Eine ganz eigenartige Vegetation beherbergen die Tafelberge im Süden Venezuelas. Für Einzelheiten dieser faszinierenden Ökosysteme sei auf das grandiose Buch von George, 1988 verwiesen.

cif02120.gif (19794 Byte)

Abb.: Weltweit größte Orchideendichte: Tepui-Wälder Venezuelas: 32 Orchideenarten pro Hektar. [Zeichnung von Volkmar Vareschi in: George, 1988, S. 144]


11. Menschengeprägte Wälder


Zunehmend gibt es Plantagenwirtschaft mit Teak, Kiefern (Pinus caribaea, Pinus merkusii, Pinus khasia, Pinus oocarpa), Eukalyptusarten, Gmelina arborea (Gumari) u.a.

Die Einwirkungen der Wertholzgewinnung seien mit folgenden Graphiken angedeutet:

cif02030.gif (27068 Byte)

Abb.: Auswirkungen der Wertholzgewinnung auf die Struktur des Regenwaldes

[Quelle der Abb.: The ecology of Kalimantan / Kathy McKinnon ... Hong Kong : Periplus, ©1996. -- ISBN 0-945971-73-7. -- S. 404.]

cif02029.gif (34191 Byte)

Abb.: Auswirkungen der Wertholzgewinnung auf einen Wald in Westsumatra

[Quelle der Abb.: The ecology of Kalimantan / Kathy McKinnon ... Hong Kong : Periplus, ©1996. -- ISBN 0-945971-73-7. -- S. 405.]

"Es gibt sogar tropisches Gelände, das nur von Lianen überwuchert ist; allerdings dann als Zeugen einer rücksichtslosen Waldverwüstung: In Borneo, wo man den Wald vom Flugzeug aus vergiftet, die brauchbaren Stämme dann in die 'Timber Camps' transportiert und die unbrauchbaren als tote Rohnen einfach stehen läßt, nehmen die Lianen derart überhand, daß sie nicht nur alle Baumruinen, sondern auch den Boden so dicht überziehen, daß kein Jungwuchs mehr aufkommt." [VARESCHI, 1980, S. 38f.]


12. Weiterführende Ressourcen


Die Literatur zu Tropenwäldern ist schier unübersehbar. Im Folgenden werden nur einige, auch für den Laien verständliche Monographien genannt.

Der Dschungel : die letzten tropischen Urwälder der Erde / hrsg. von Edward S. Ayensu. -- München : Christian, ©1981. -- 200 S. : Ill. -- Einheitssachtitel: Jungles. -- ISBN 3-88472-062-7. -- [Sehr informativ, gut illustriert]

The dynamic rain forest / CSIRO. -- Version 1.0. -- [Canberra] : CSIRO, ©1996. -- 1 CD-ROM. -- [Gibt die interaktive Multimediashow wieder, die im CSIRO-Informationspavillon auf der Zwischenstation der Regenwaldseilbahn Cairns - Kuranda, Queensland (Australien) gezeigt wird. Didaktisch sehr gut gemacht]

The ecology of Kalimantan / Kathy MacKinnon ... -- Hong Kong : Periplus, ©1996. -- 802 S. : Ill. -- (The ecology of Indonesia series ; vol. III). -- ISBN0-945971-73-7. -- [Verständliche Darstellung der Ökologie des neben Amazonien größten Tropenwaldgebietes der Erde]

George, Uwe <1940 - >: Inseln in der Zeit : Venezuela, Expeditionen zu den letzten weißen Flecken der Erde. -- Hamburg : GEO, ©1980. -- 365 S. : Ill. -- ISBN 3-570-06212-0. -- [Hervorragend illustrierter und geschriebener Expeditionsbericht über die Tafelberge Venezuelas. Vegetationsökologe ist Volkmar Vareschi, der Altmeister der Pflanzenökologie Venezuelas. Gibt einen sehr guten Eindruck von Feldarbeit]

George, Uwe <1940 - >: Regenwald : Vorstoß in das tropische Universum. -- 4. Aufl. -- Hamburg : GEO, 1989. -- 380 S. : Ill. -- ISBN 3-570-04572-2. -- [Hervorragend illustriert]

Lamprecht, Hans: Waldbau in den Tropen : die tropischen Waldökosysteme und ihre Baumarten, Möglichkeiten und Methoden zu ihrer nachhaltigen Nutzung. -- Hamburg [u.a.] : Parey, ©1986. -- 318 S. : Ill. -- ISBN3-490-05216-1. -- [Verständlich geschriebenes Standardwerk]

Ng, Francis S. P.: Manual of forest fruits, seeds and seedlings. -- Version 1.0. -- Jakarta : CIFOR, ©1996. -- 1 CD-ROM. -- (CIFOR CD-ROM publications ; 1). -- [Erweiterte CD-ROM-Fassung der Druckausgabe, erschienenen in 2 Bänden 1991 und 1992. "This CD-ROM was produced by CIFOR as a pilot project to build capacity in application of multimedia technology." Besonders herauszuheben ist die hohe graphische Qualität der 390 Zeichnungen, 470 Schwarzweißphotos und 310 Farbphotos.]

Pavia, Fabienne ; Odinetz Hervé Collart: Der Amazonas. -- Amsterdam : Time-Life, ©1995. -- 133 S. : Ill. -- (Die großen Flüsse der Welt). -- ISBN 90-5390-711-4. -- [Sehr informativ illustriert]

Regenwälder / Norman Myers ... -- Amsterdam : Time-Life, ©1993. -- 160 S. : Ill. -- (Bibliothek der Erde). -- Einheitssachtitel: Rainforests

Reichholf, Josef H. <1945 - >: Der tropische Regenwald : die Ökobiologie des artenreichsten Naturraums der Erde. -- München : dtv, ©1990. -- 206 S. : Ill. -- (dtv ; 11262). -- ISBN 3-423-11262-X. -- [Lesenswertes Taschenbuch]

Richards, Paul W.: The tropical rain forest : an ecological study. -- 2. ed. -- Cambridge : University Press, ©1996. -- 575 S. : Ill. -- ISBN 0-521-42054-7. -- [Standardwerk]

Terborgh, John: Lebensraum Tropenwald : Zentrum biologischer Vielfalt. -- Heidelberg [u.a.] : Spektrum, ©1993. -- 253 S. : Ill. -- (Spektrum-Bibliothek). -- Einheitssachtitel: Diversity and the tropical rain forest. -- ISBN 3-86025-181-3

Vareschi, Volkmar: Vegetationsökologie der Tropen. -- Stuttgart : Ulmer, ©1980. -- 293 S. : Ill. -- (Phytologie). -- ISBN 3-8001-3423-3. -- [Immer noch eine der lesenswertesten Darstellungen]

Whitmore, Thomas C.: Tropische Regenwälder : eine Einführung. -- Heidelberg [u.a.] : Spektrum, ©1993. -- 275 S. : Ill. -- Einheitssachtitel: An introduction to tropical rain forests. -- ISBN 3-86025-068-X


Zu Kapitel 2: Das Ökosystem Wald. -- 9. Die Wälder der Zonobiome. --  2. ZB II: Zone der tropisch-subtropischen Regenzeitwälder und Savannen.  -- URL: http://www.payer.de/cifor/cif0204.htm