Einführung in

Entwicklungsländerstudien

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16. Grundgegebenheiten: Lebensstadien

Schwerpunkt Afrika


von Friederike Gerland

herausgegeben von Margarete Payer

mailto: payer@hdm-stuttgart.de


Zitierweise / cite as:

Entwicklungsländerstudien / hrsg. von Margarete Payer. -- Teil I: Grundgegebenheiten. -- Kapitel 16: Lebensstadien : Schwerpunkt Afrika  / von Friederike Gerland. -- Fassung vom 2001-02-22. -- URL: http://www.payer.de/entwicklung/entw16.htm. -- [Stichwort].

Erstmals publiziert: 2000-05-22

Überarbeitungen: 2018-10-05 [grundlegend üüberarbeitet von Alois Payer] ; 2001-02-22 [Update] 

Anlass: Lehrveranstaltung "Einführung in Entwicklungsländerstudien", HBI Stuttgart, 1998/99

©opyright: Dieser Text steht der Allgemeinheit zur Verfügung. Eine Verwertung in Publikationen, die über übliche Zitate hinausgeht, bedarf der ausdrücklichen Genehmigung der Herausgeberin.

Dieser Text ist Bestandteil der Abteilung Entwicklungsländer von Tüpfli's Global Village Library.


Skript, das von den Teilnehmern am Wahlpflichtfach "Entwicklungsländerstudien" an der HBI Stuttgart erarbeitet wird.


0. Übersicht



1. Einleitung: Lebensstadien und Alterssysteme


Lebensstadien


Abb.: Alte mit Enkelkind, Malawi, 1994 (Quelle: FAO)


Abb.: Mutter mit Kind, Myanmar (Burma, Südostasien) (Quelle: FAO)


Lebensstadien spielen in jeder Gesellschaft eine Rolle. Besonders unter den Hirtenvölkern Westafrikas sind Systeme der Altersklassen besonders zentral im ganzen sozialen Leben.

Völkerkundler treffen folgende begrifflichen Unterscheidungen:

Im Buch 

Gontard, Jean-Pierre: Afrika : Tradition und Wandel. -- Neuenburg : Avanti, ©1976. -- Originaltitel: Afrique : traditions vivantes. -- S. 52 - 63 

versucht der Autor, gewisse Grundzüge in den so verschiedenartigen Lebensläufen des traditionellen Schwarzafrika herauszuarbeiten. Im Folgenden werden Zitate aus diesem Buch mit "Gontard, Afrika, 1976" gekennzeichnet.

"Die Organisation der Familienbeziehungen in den afrikanischen Gesellschaften ist von einer Komplexität und einer Mannigfaltigkeit, die zunächst jedem Analyseversuch zu spotten scheint, zumal wenn man sie mit den viel einfacheren Familienstrukturen, wie man sie in der westlichen Welt vorfindet, vergleicht. Um der Gefahr aus dem Wege zu gehen, dass wir uns im Labyrinth der Verwandtschaftsbeziehungen, deren Beschreibung schon viele Bibliotheksregale füllt, verlieren, gehen wir den einfachsten Weg: wir folgen einem einzelnen Menschen, von seiner Geburt bis zum Tod, auf seiner Lebensbahn und betrachten dabei die Hauptstationen, die allen Gesellschaften gemeinsam sind, weil sie dem natürlichen Lebensablauf entsprechen." [Gontard, Afrika, 1976. -- S. 52]

1.1. Zum Beispiel: die Maasai in Kenia und Tansania


Das Alterssystem der Maasai ist ein Beispiel für ein Initiationsmodell der Altersgruppierungen.

Abb.: Ungefähre Lage des Lebensraums der Maasai (©Mindscape)

" The model is best illustrated by the Maasai of East Africa and their pastoral mode of life. In the past they were consistently moving in search of pastures; this required a constant adjustment to local situations and a protection of cattle from marauding animals and human raiders. Local organization reflected the general social structure with personal duties and prerogatives defined by sets and class membership. 
  • Thus, after their initiation Maasai youths were set aside for defence purposes as warriors -- moran -- for a period of about fifteen years until they were succeeded by a new class. 
  • Next, having settled in the upper grade as married men, they attended to their own family affairs, trying to increase their livestock. 
  • At the next grade, as family fathers, they were invested with the power of decision in local assemblies which stressed their position of authority. 
  • At the next grade they would finally retire as senior elders, highly respected as the holders of tradition and occasionally required for ritual assistance and performances. 

This is obviously a standardized scheme but it portrays the ideals to which local  organization and personal situations could
be adjusted. Tensions and conflicts might always arise between members of two succceding classes, especially when the time for upgrading was approaching and the holders of a grade tried to postpone the occasion in order to retain their office
as long as possible. At present, modern changes have seriously affected the old efficiency of the system and where it still survives it is rarely found in harmony with the ideal standards."

[Bernardo Bernardi in: Encyclopedia of Social and Cultural Anthropology / ed. by Alan Barnard ...-- London [u.a.] : Routledge, ©1996. -- ISBN 041520318X. -- S. 22.]

 
Altersränge der Maasai
Altersrang Alter Eigenschaften
Senior Ältester 50+ religiöse und rituelle Macht, Charisma des Alters
Große Ochsenzeremonie
Junior Ältester 35 - 50 Inzestverbot mit Töchtern von Angehörigen dieser Altersgruppe; muß nicht mehr kämpfen; Macht zum Verfluchen; fördert neue Altersgruppe
Olngesher-Zeremonie
Senior moran 20 - 35 Vorbereitung auf Älterstensein; darf heiraten; darf Milch und Fleisch zu sich nehmen
Eunoto-Zeremonie
Junior moran 15 - 20 trägt rote Robe, geflochtenes Haar, tanzt mit Mädchen, hat besonderen Speer, rituelle Rebellion, lebt in manyata-Kriegerdorf, darf kein Fleisch und keine Milch zu sich nehmen
Initiierte 12 - 15 bekommt verschiedene Insignien
Initiations(Beschneidungs)zeremonie
Knabenstand 10 - 12 Ohrläppchen werden durchbohrt und gestreckt; arbeitet als Hütejunge
Kindheit 0 - 10 Namensgebung, untere Schneidezähne werden entfernt

[Vorlage der Tabelle: Bodley, John H.: Cultural anthropology : tribes, states, and the global system. -- 3. ed. -- Mountain View, CA : Mayfield, ©2000. -- ISBN 0767411943. -- S. 115. -- Dort Quellenangabe. ]


1.2. Zum Beispiel die Borana Oromo (Galla) in Äthiopien


Das Alterssysytem der Borana Oromo (früher Galla genannt) ist ein Beispiel für ein Generationsmodell der Altersgruppierungen. 

Abb.: Ungefähre Lage des Lebensraums der Borana  (©Mindscape)

"The gada System of the Borana Oromo of southern Ethiopia (formerly known as Galla) provides one of the best and perhaps the most complex illustration of the generational model. Based on a chronological cycle of ten grades, each of eight years' duration, it qualifies the whole course of life of a person from infancy (the first grade: daballe) to elderhood (yuba), through, a total of eighty years. The guiding principle for entrance into the System is rigidly dictated by the structural distance of five grades (forty years) between father and sons. So it is onlv when a class reaches the sixth grade (gada -- from which the whole system is named) that its members, having spent over forty years in the system, will be invested with the power to conduct the assemblies. It is only through these assemblies that Borana take unanimous decisions under the guidance of the elders: the general assembly -- gumi gayo -- convened every eight years for matters of general interest involving the entire Borana population; clan assemblies, gathering all the representatives of a clan from wherever they might be scattered for dealing with clan matters; local or family assemblies. Such a system has been described as 'the Boran version of government by committees', and more recently, after prolonged field research, a 'society of assemblies'.

Structural distance between fathers and sons emphasized the distinction between generations, but its rigidity may sometimes have serious negative effects, such as the exclusion from the system of a son born at a time when his father had retired.  This deprived him of the prerogatives of the age-grades, such as, for instance, performing an official marriage. 

Another severe effect of the same rule was the norm that male children might only be fathered at the end of the fifth grade -- raba dori -- that is, when the father had reached forty years of age; female children were allowed to be retained at the next grade, gada. This has been described as a sort of birth control: infanticide used to be imposed on breaking the norm. Such terrible consequences have been amendes by the general assembly -- gumi gayo -- through the introduction of adoption instead of infanticide."

[Bernardo Bernardi in: Encyclopedia of Social and Cultural Anthropology / ed. by Alan Barnard ...-- London [u.a.] : Routledge, ©1996. -- ISBN 041520318X. -- S. 22f. ]


2. Schwangerschaft


Die Schwangerschaft ist in jedem Fall ein Ausnahmezustand. Es ist die Zeit, in der das Kind entsteht und gebildet wird. Bei uns, in den westlichen Industrieländern ist es bekannt, dass das Kind während der Schwangerschaft von den äußeren Gegebenheiten beeinflusst und geprägt wird. Im extremsten Fall kann es nicht richtig entwickelt sein, weil während der Schwangerschaft z.B. sehr viel Alkohol getrunken wurde. Man kann das Kind natürlich auch positiv, z.B. mit Musik, beeinflussen. In den alten Gesellschaften der Entwicklungsländer und teilweise auch heute noch glaubt man auch an eine Beeinflussung des Kindes während der Schwangerschaft. Die Schwangere, manchmal auch ihr Mann, wird häufig mit Tabus belegt, sie darf bestimmte Dinge nicht essen, berühren usw. damit das Kind gesund zur Welt kommt. Die Schwangerschaft ist auch immer ein Risiko für die Frau und da ist es wichtig, dass sie die Schwangerschaft gut übersteht und die Kinder gesund zur Welt kommen, denn die Kinder und die Frau sind der Garant für das Fortbestehen der eigenen Lineage. In einem solchen besonderen Zustand sind Schutzmaßnahmen für die Frau und das Kind natürlich wichtig. Die Tabus sind diese Schutzmaßnahmen, wenn sie auch eher geistigen Schutz gewähren, als physischen. Aber wenn man den Geistern gut gesonnen war, bekam man schließlich auch gesunden Nachwuchs.

Die Schwangeren mussten zwar geschützt werden, aber sie hatten doch eine große Macht, die Macht Kinder zu gebären. In ihrem Körper bildet sich ein neuer Mensch. Das ist etwas sehr besonderes und schwer nachvollziehbar. Man wusste nicht genau, zu was die Frau noch alles fähig war, deswegen musste man sich auch vor ihr schützen. Einige Tabus haben also auch so eine Schutzfunktion.

Auch heute noch ist die Schwangerschaft in Entwicklungsländern ein hohes Risiko für Mutter und Kind aufgrund mangelnder medizinischer Versorgung und mangelnder Hygiene. In den Elendsvierteln und auf dem Land ist es sehr schwer medizinische Versorgung und Hygiene zu garantieren, es gibt häufig kein Wasser und wenn es welches gibt, ist es nicht sauber. Das Risiko sich während der Schwangerschaft oder Geburt mit Viren zu infizieren, ist hoch. Die kleinen Kinder können nicht richtig gestillt werden, weil ihre Mütter krank, zu schwach sind, sie haben nicht unbedingt eine gute Immunabwehr und werden krank oder sterben.


3. Geburt


Die Geburt früher erfolgte meist in vertrauter Umgebung, mit vertrauten Menschen. Meist waren nur Frauen dabei, in manchen Gesellschaften durften auch Männer daran teilnehmen. Ich denke, sie war und ist ein freudiges Ereignis, ist doch ein neues Mitglied der Lineage, der Familie auf die Welt gekommen, in der die Lineage, Familie weiterbesteht.

Abb.: Geburt, Papua-Neuguinea (©Corbis)

Die Geburt stellt trotzdem ein besonders hohes Risiko dar, denn oft stehen nur wenige medizinische Mittel zur Verfügung, wenn es zu Komplikationen kommt. Entweder gibt es keinen Arzt in erreichbarer Nähe, oder er ist zu teuer, das Krankenhaus zu weit weg oder es vergeht zu viel Zeit, bis gehandelt wird. Dann stirbt die Frau, oder sie trägt Schäden davon.
In manchen Gesellschaften gab oder gibt es vielleicht immer noch, postnatale Tabus, eine gewisse Zeitlang befindet sich die Frau, oder der Mann noch im Ausnahmezustand, sie dürfen z.B. keinen Geschlechtsverkehr haben oder bestimmte andere Dinge nicht tun. Sie dauern eine bestimmte, festgelegte Zeit an und danach ist alles wieder im Normalzustand. Der Vorgang Geburt und Schwangerschaft sind abgeschlossen, man kümmert sich um das neue Leben.

"Eine Geburt ist in Afrika eine reine Frauenangelegenheit. Die junge Frau zieht sich von ihrem Mann zurück und kehrt manchmal sogar einige Tage vor der Niederkunft in die Frauengemeinschaft ihrer eigenen Familie zurück. Diese Frauen stehen ihr während der Geburt bei, nicht der Medizinmann. Obwohl sie nicht eigentliche Hebammen sind, (denn sie üben ihre Hilfe nur an den Familienangehörigen), so verfügen sie doch über so weitgehende Kenntnisse der Geburtshilfe, dass sie sozusagen allen Komplikationen, die das Leben der Mutter oder des Kindes gefährden könnten, zu begegnen wissen. Der Gegensatz zwischen der westlich erzogenen Frau, die, in mehr oder weniger weitgehender Unwissenheit, ihre Niederkunft angstvoll und in der Isoliertheit einer Entbindungsanstalt erleidet, und der Afrikanerin, die sie wie ein natürliches Ereignis erlebt anstatt ihr wie einem Drama gegenüber zu stehen, ist auffallend. Die Ruhe und das Vertrauen, die von ihrer Umgebung ausstrahlt, trägt zu ihrer Gelassenheit noch bei." [Gontard, Afrika, 1976. -- S. 52]

4. Namensgebung


"Ob Knabe oder Mädchen, das Kind erhält sofort bei seiner Geburt einen Namen, der nicht zufällig gewählt wird: entweder wird es den Namen eines seiner Vorfahren tragen, oder aber es wird nach einer körperlichen oder seelischen Eigenschaft seiner Eltern oder Großeltern benannt: Mut, Schönheit, Kraft, Weitherzigkeit." [Gontard, Afrika, 1976. -- S. 52]

4.1. Zum Beispiel: die Steinleute in den Mandarabergen (Nigeria)


Abb.: Ungefähre Lage des Wohngebiets der Steinleute (©Mindscape)

Abb.: Familie der "Steinleute"

[Quelle des Fotos: Gardi, René [Fotos] ; Scheytt, Wilhelm [Text]: Gavva. -- Basel : Basileia, 1965. -- S. 24]

"Die Zahl der geborenen Kinder zeigt Endzega ihrem Besucher hinter ihrer Hütte. Dort steht Topf neben Topf mit der Öffnung nach unten in der Erde. Darunter ist die Nachgeburt begraben. Wichtig ist ferner der Namenstag, sieben Tage nach der Geburt, wenn es das erste Kind ist. Die Verwandten werden gerufen. Wenn sie da sind, hocken sich alle um den gemeinsamen Hirsetopf und langen mit ihren Fingern zu. Ein kleiner Rest bleibt übrig. Der Onkel ruft die Mutter des Kindes, gibt ihr den Essensrest und sagt: «Gib dies Anda!» Anda ist der Name eines Großvaters, Anda heißt der kleine Bub nach der Nennung des Namens. Endzega isst den Hirsebrei anstelle von Anda. Mädchen wird der Name am Abend gegeben, während die Buben am Morgen eines Tages benamt werden.

Freilich nicht immer ist der Name des Kindes von Großvätern und Großmüttern genommen. Oft ist er situationsgebunden und hat eine besondere Bedeutung, die mit den Verhältnissen in der Familie, den Umständen bei der Geburt oder mit der Umgebung zusammenhängen.

«Endzega» wird ein Mädchen genannt, wenn Vater und Mutter schon jahrelang auf einen Sohn warten, aber immer nur Mädchen geboren werden. Doch die Eltern geben die Hoffnung noch nicht auf. Spöttern wie Mitleidigen sagt man nur: «Warte nur zu!» «Warte-Nur-Zu» wird vielleicht über zwei Jahren einen Bruder bekommen. Ein kleines Mädchen in Cikide erklärt scheu, sie habe keinen Namen. Ihre Mutter nenne sie nur «Deghwa», das heißt Mädchen. Den Eltern ist es zuviel geworden, einen neuen Namen für das neugeborene Mädchen zu finden, denn sie haben schon genug. Nur der Sohn fehlt noch. «Eghbasa» ist die Tochter einer Mutter, die ihren Ehemann oft gewechselt hat, aber schließlich doch einem Mädchen das Leben schenkt. Die Leute schütteln die Köpfe über sie und lachen. Es ist zum «Lachen», nennt denn die Mutter auch ihr Kind.

«Chwiza» wurde von seinem Vater so benamt, weil ihm der Bruder den Sohn missgönnt hat. Vor der Geburt des «Tlachmana» hänselten die Leute den Vater und spotteten, wie er denn heiraten wolle ohne Kühe. Er hat es aber doch geschafft. Darum heißt sein erster Sohn den Leuten zum Trotz «Tlachmana» -- «Er-Hat-Keine-Kühe». «Dachaya» wurde den Eltern nach dem Verlust vieler Kinder geboren. «Wird er auch in die Erde fahren ?», fragen sie bei seiner Geburt. Um die Geister nicht zu reizen, geben sie ihm den Namen «Zur-Erde». «Bocha» trägt seinen Namen deshalb, weil er aus der Heimat herausgerissen und an neuem Ort gepflanzt worden ist. «Neupflanzung» ist sein Name.

Die Namen der Kinder Nummer sechs, sieben, neun und zehn bleiben in jeder Familie die gleichen. Sie heißen Kelekwa, Tada, Emdle und Gwama. Mit Kind Nummer acht hat es seine besondere Bewandtnis. Ein Junge Nummer acht wird «Zuara» genannt, wenn er keine Brüder hat. «Nur-Er-Allein» heißt er dann. Das ist eine Art Entschuldigung gegenüber dem Geist oder Gott, der das achte Kind als Opfer fordert, damit den übrigen Kindern im Gehöft nichts zustößt. Eine grausame Praxis, die vor allem in den Bergdörfern noch tief verwurzelt ist. 

«Kedayawa» ist gerade ein Jahr alt, ein Mädchen, ein achtes Kind. Ein Jahr ist es her, dass Teghala eines Morgens zu uns kommt. Seine Mutter begleitet ihn. Sie trägt einen großen Korb und stellt ihn vor uns auf den Boden. Unter einem schmutzigen Tuch zappelt es. Ein kräftiges, kaffeebraunes Mädchen liegt darin, das achte Kind seiner Frau, eben neu geboren. «Da habt ihr es», sagen Teghalas Augen. «Ihr habt uns doch vor seiner Geburt so oft gesagt, wir dürften es nicht töten oder aussetzen.» Mein Rat war dies: «Teghala, sieh doch einmal dies schöne, kräftige Kind. Es ist euch geschenkt worden, damit ihr euch freuen sollt. Gott hat es euch gegeben, damit ihr für das Kind sorgen sollt. Seine Mutter hat Milch und kann es ernähren. Euren anderen Kindern wird nichts geschehen, wenn ihr dies Mädchen aufzieht, im Gegenteil.» Eine Weile überlegen sie noch, dann kehren sie um mit dem Korb. Acht Tage darauf hat uns die Mutter besucht, das Kind auf den Rücken gebunden. Sie haben es behalten. Es trägt allerdings den wenig zuversichtlichen Namen Kedayawa oder «Wann-Wird-Es-Getötet».

Einen Jungen tötet man nicht so schnell. Er ist wertvoller als ein Mädchen, denn er trägt das Leben der Sippe weiter, und so redet man sich ein, dass dies an höherer Stelle schon eingesehen werde. Äußerst beklagenswert ist ein Mann, der ohne Sohn zu Grabe kommt. Seine Lage ist hoffnungslos. Leidenschaftliche Totenklage wird gehalten, tagelang, einerseits aus Mitleid mit dem Toten und um den Angehörigen bei der Klage zu helfen, andererseits aus Vorsorge, damit es einem nicht auch so ergehe. Zum Zeichen ihrer glaubwürdigen Klage und ihrer Mitbetroffenheit werfen sich die Klagenden gegen den Dornenzaun des Gehöftes des Beklagten. Daraus werden sie von Angehörigen der Sippe erlöst, das heißt herausgezogen. Dann setzen sie sich unter einen Schattenbaum in der Nähe des Totentanzplatzes. Das Haus des erbenlosen Mannes wird gebannt. Der Zaun um das Gehöft wird niedergerissen und die Strohdächer abgedeckt. Die Frauen des Toten verlassen das Gehöft. Die Familie ist nicht mehr. Niemand bringt die Ahnenopfer, keiner richtet das Grab und vertritt den Toten unter den Lebenden. Segen und Glück sind gewichen. Der Friede fehlt, die Hoffnung fällt, das Leben erlischt. Mag sein, dass er wenigstens zu seinen Lebzeiten keinen Mangel gelitten hat. Das ist ein Trost für ihn."

[Gardi, René [Fotos] ; Scheytt, Wilhelm [Text]: Gavva. -- Basel : Basileia, 1965. -- S. 28 - 30]


5. Säuglingsalter


"Bis zu seiner Entwöhnung lebt das Kind Tag und Nacht in körperlichem Kontakt mit der Mutter, in sehr engem Kontakt: ob die Mutter einkaufen geht oder ob sie auf dem Feld arbeitet, immer trägt sie ihr Kind auf dem Rücken. Sie empfindet auch nicht das Bedürfnis, es nachts in eine Wiege zu legen, sondern hält es beim Schlafen in den Armen. Das Kind wird so lange wie möglich gestillt. Nicht selten sieht  man eine Mutter einem Dreijährigen die Brust reichen. Sollte die Mutter keine Milch mehr haben oder von ihrem Kind getrennt werden, so wird man trotzdem versuchen, die Entwöhnung so lange wie möglich hinauszuzögern, indem man es einer jungen Verwandten anvertraut, die die Rolle der Amme übernimmt. Man erzählt sogar, bei gewissen Volksgruppen falle diese Rolle nötigenfalls älteren Frauen zu, bei denen die Einnahme gewisser medizinischer Pflanzen künstlich eine Milchabsonderung bewirke und zwar manchmal mehrere Jahre nach ihrer letzten Schwangerschaft. 

Die Entwöhnung erfolgt abrupt. Ohne jeden Übergang wird das Kind auf Erwachsenennahrung verwiesen und erleidet manchmal Störungen der Verdauungsfunktionen, die eine der Ursachen der ziemlich hohen Kindersterblichkeit ist. Aus diesem Grund wird in modernen Familienpflegeprogrammen sehr viel Nachdruck auf die Vorzüge einer allmählichen Entwöhnung gelegt."

[Gontard, Afrika, 1976. -- S. 52-54]


6. Kindheit, Schulzeit und Ausbildung


"Mit dem Ende des Gestilltwerdens fängt für das Kind eine völlig neue Lebensform an; es tritt in einen neuen Lebensabschnitt ein und damit auch in eine neue Lebensgemeinschaft, die seiner Geschwister, die nun an die Stelle der Mutter treten und es vollständig mit Beschlag belegen. Von nun an schläft es in ihrer Mitte und teilt ihre Spiele und anderen Beschäftigungen. Wie seine älteren Brüder und Schwestern übernimmt es gewisse häusliche Pflichten: Es hält die Vögel von erntereifen Feldfrüchten fern, hütet das Kleinvieh, trägt das Wasser nach Hause, das die Älteren am Brunnen oder am Flussufer geschöpft haben, sammelt Holz für das Küchenfeuer, das es oft sehr weit herholen muss, und während der Zeit der Feldarbeit hilft es seinen Eltern bei der Bodenbearbeitung oder bei der Ernte. Zu diesem Zeitpunkt fängt es auch an, seine Umwelt zu erforschen. Mit dem Größerwerden entfernt es sich beim Spielen immer mehr vom schützenden Heim. Man muss diese Horden von Kindern im Alter zwischen vier und zwölf Jahren gesehen haben, wie sie frühmorgens in Richtung Urwald oder Busch ziehen, mit einer Handvoll Erdnüssen oder einem Maniokstengel als Mundvorrat, und bei Einbruch der Nacht, nach einem Tag voller Entdeckungen, Erfahrungen und Abenteuer zurückkehren. Auf diese Weise lernt es die Natur und die Nachbardörfer kennen. Letzteres nicht ohne Risiken, denn die Spiele, mit denen es sich vergnügt, sind nicht nach jedermanns Geschmack und, wenn es einerseits selten vorkommt, dass das afrikanische Kind von seinen Angehörigen geschlagen wird, so wird es ihm andererseits mehr als einmal zustoßen, mit dem Stock der Nachbarsbauern, die es mit seinen Streichen gereizt hat, Bekanntschaft zu machen. Denn zu seinen höchsten Freuden gehört es, das Vieh zu erschrecken, auf Bäume zu klettern, um Guaven zu stehlen, bevor sie reif sind, oder eine Piroge loszumachen und sie am anderen Flussufer ihrem Schicksal zu überlassen.

Je mehr eine Dorfgemeinschaft der überlieferten Lebensweise treu geblieben ist, desto weniger wird die Schule im Leben des Kindes eine Rolle spielen. Einzig die Koranschule, die in den islamisierten Gebieten Afrikas verbreitet ist, weist einige Züge auf, die an das Schulsystem erinnern, das in westlichen Ländern üblich ist oder war: Herauslösung der Kinder aus dem Familienmilieu, oft auch Internatsbetrieb, Klassen, die sich um einen ausgebildeten und durch die Eltern bezahlten Lehrer scharen, Wetteifer unter den Schülern, Unterricht auf der Grundlage der Gedächtnisschulung, Auswendiglernen von Koranstellen, Belohnung der Leistung und Strafe für Versagen.

In den Gebieten, wo noch eine animistische Weltauffassung besteht und die sich dem Einfluss der Mission oder der staatlichen Laienschule entziehen, beruht die Erziehung im wesentlichen auf zwei altehrwürdigen Prinzipien: Einerseits auf der moralischen Bildung durch gewisse um ihrer persönlichen Qualitäten willen besonders geachtete Mitglieder der Gemeinschaft, die bei der Jugend großes Ansehen genießen, andererseits auf der Berufsausbildung, die das Ziel hat, aus dem Kind einen tüchtigen Bauern oder Handwerker zu machen; diese Ausbildung wird vom Kind erworben, indem es sehr früh schon mit Hand anlegt bei den verschiedenen Arbeiten, die im Dorf vorkommen."

[Gontard, Afrika, 1976. -- S. 55]


Abb.: Badende Kinder, Kap Verde (Quelle: FAO)

In vielen Gesellschaften wird ein Kind erst dann Mitglied, wenn es einer bestimmten Zeremonie unterzogen wurde. Bei den Christen z.B. ist es die Taufe, in fremden Gesellschaften sind es andere Zeremonien. Es wird bei solchen Zeremonien noch mal allen deutlich gemacht, dass das Kind in die Gesellschaft aufgenommen wird, als offiziell anerkannter Nachkomme, mit der Segnung der Götter. Damit beginnt das Leben des Kindes in der Gesellschaft, es gehört ab jetzt dazu mit allen Rechten und Pflichten.

Durch seine Bezugspersonen und Autoritätspersonen lernt das Kind nach und nach die Regeln und Verhaltensweisen seiner Lineage, an die es sich halten muss. Es wird nach den Grundsätzen und Regeln erzogen, die in dieser Gesellschaft herrschen und ohne die es auch nicht in ihr leben könnte. Das Kind lernt, was richtig und was falsch ist, durch seine Eltern, durch das Verhalten in einer Gruppe, mit Gleichaltrigen. Nach und nach wird es zu einem vollwertigen Mitglied der Gesellschaft. Doch bevor es endgültig erwachsen ist, gibt es noch Zeremonien oder Prüfungen, die man ablegen muss.

Ein Kind wird zu einem gewissen Teil immer so, wie es erzogen wurde. Es übernimmt viele Verhaltensmuster, Einstellungen, Sichtweisen von denen, die es erziehen.

In Elendsvierteln wachsen auch Kinder auf und werden erzogen. Wo in alten Gesellschaften noch klar ist, nach welchen Grundsätzen ein Kind erzogen werden soll, so haben diese Grundsätze teilweise an Bedeutung verloren, oder sind nicht mehr sinnvoll, wenn man sie in einer großen Stadt, in Slums anwendet und man hat noch keine neuen. Die Kinder wachsen in den Slums auf und werden von Eltern erzogen, die keine Perspektive, keine Wurzeln haben, selber ihr Leben nicht meistern können. Das wirkt sich natürlich auch auf die Kinder aus. Wenn sie nie dazu ermutigt werden, etwas zu lernen, ihr Leben selber meistern zu können, werden sie oft genauso hoffnungslos und perspektivenlos, wie ihre Eltern.

Die Kinder kennen nichts anderes und sie haben auch keine Chance, jemals diesem Teufelskreis zu entkommen. Die Eltern können ihren Kindern keine Bildung und Erziehung bieten, weil die Armut viel zu mächtig ist (ohne Geld keine Bildung, ohne Bildung kein Geld). Häufig ist gar keine Zeit für Bildung und Erziehung, weil die Kinder und Eltern arbeiten müssen, um überhaupt leben zu können. In solchen Situationen ist es klar, dass die Eltern die Erziehung ihrer Kinder wenig interessiert. Kinder werden oft nur als Arbeitskräfte betrachtet, als Verbrauchsprodukt. Ihnen wird kein Recht auf Kindheit oder eigene Persönlichkeit zugestanden. Ihnen wird oft auch keine Chance gelassen, aus ihrem Leben etwas zu machen. Erst müssen sie arbeiten und dann müssen sie irgendwann für sich selber sorgen. Eine Ausbildung kann man sich nicht leisten, weil man dann verhungern würde, sie sind also auf schlecht bezahlte, schwere Arbeit angewiesen. Die Lebenserwartung beträgt dann nur noch ca. 30-40 Jahre. Der Körper hat sich vielleicht aufgrund mangelnder Ernährung, Gesundheit, schwerer Arbeit nie richtig entwickelt, irgendwann ist der Mensch kaputt und kann nicht mehr arbeiten. Bevor das passiert, muss er für Nachwuchs sorgen, der ihn dann ernährt, so schließt sich der Teufelskreis. Ein Mittel um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, ist, die Armut zu lindern. Dann müssen die Kinder nicht mehr arbeiten und haben so eine Chance auf eine gute Entwicklung und eine ausreichende Bildung.

Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen bedarf es Hilfe von außen. Verschiedene internationale Organisationen, staatlich, nicht staatlich, kirchlich usw. versuchen mit vielen Projekten zu helfen und die Zustände nachhaltig zu verbessern. Die bekanntesten Organisationen für Kinder sind UNICEF (United Nations Childrens Fund) und Terre des hommes.
UNICEF ist das Weltkinderhilfswerk der Vereinten Nationen. Es wurde 1946 gegründet und war bis 1956 ein zeitlich begrenztes Hilfsprogramm. Seitdem ist es ein ständiges Programm der UN. Sie finanzieren sich aus freiwilligen Beiträgen ihrer Mitgliedsländer und aus Spenden. Der Auftrag des UNICEF ist, Kinder weltweit vor Hunger, Krankheit zu bewahren, und ihnen ausreichende Bildung und zu gewährleisten. 

UNICEF gibt zahlreiche Publikationen, Informationsbroschüren, Filme, Zeitschriften (jeweils 4 mal jährlich) heraus. Die Organisation sitzt in New York, USA, die deutsche Vertretung in Köln.


Terre des hommes ist eine nichtstaatliche Organisation, erst in der Schweiz (1959), dann auch in Deutschland (1967) gegründet. Die Organisation finanziert sich aus öffentlichen Zuschüssen und Spenden. Sie macht Projekte in Entwicklungsländern, die die Gesundheit, die Bildung, die Ernährung verbessern sollen. Sie unterstützt auch die Rehabilitation kranker und kriegsgeschädigter Kinder. Ein wesentlicher Ansatz dieser Hilfsorganisationen ist es, die Kinder möglichst in ihrem kulturellen und sozialen Umfeld zu belassen und ihnen vor Ort zu helfen. Sie arbeitet auch mit anderen Organisationen zusammen. Außerdem gibt sie noch eine Zeitschrift heraus, die 6 mal jährlich erscheint. Ihr Sitz in Deutschland ist in Osnabrück

1990 fand der Weltkindergipfel statt, an ihm beteiligten sich 71 Nationen. Veranstaltet wurde er in New York von den UN. Auf diesem Gipfel wurde eine Deklaration erarbeitet die "Weltdeklaration zum Überleben, zum Schutz und zur Entwicklung von Kindern", sie wurde einstimmig unterzeichnet. Diese Deklaration beinhaltet ein 10 Punkte Programm: u.a. "Senkung der Kindersterblichkeitsrate um ein Drittel, Halbierung der Müttersterblichkeit, Halbierung schwerer und gemäßigter Mangelernährung bei Kindern unter 5 Jahren, Bekämpfung der wichtigsten Kinderkrankheiten, Grundschulbildung für mindestens 80% der Kinder, Zugang zu sauberem Trinkwasser und Sanitäreinrichtungen für alle, weltweite Ratifizierung über die Rechte des Kindes."

Die Konferenz war ein großer Erfolg, endlich waren klare Zielvorgaben definiert und man konnte sich einstimmig auf die "Weltdeklaration zum Überleben, zum Schutz und zur Entwicklung von Kindern" einigen. So ist man international auf die Probleme der Kinder aufmerksam geworden und sieht die Notwendigkeit von Projekten, die das Wohl der Kinder verbessern sollen. So bekommen die Kinder hoffentlich internationale Hilfe.


Abb.: Mädchen mit traditionellem Wasserkrug, Äthiopien, 1992 (Quelle: FAO)

"Zweitausend Kilometer durch Äthiopien. Die Straßen sind leer, einsam. Nichts als Berge. Um diese Jahreszeit (in Europa herrscht Winter) sind die Berge grün. Sie liegen hoch und prächtig in der Sonne. Überall herrscht tiefe Stille. Doch man braucht nur anzuhalten, sich an den Straßenrand zu setzen und zu lauschen. Irgendwo in der Ferne sind eintönige, hohe Stimmen zu hören. Das ist der Gesang der Kinder auf den umliegenden Hängen, die Reisig sammeln, die Herden hüten, Gras für die Rinder schneiden. Man hört keine Stimmen von Älteren, als wäre das ausschließlich eine Welt der Kinder.

Abb.: Junge Frau und Kinder beim Wasserholen, Mali, 1993 (Quelle: FAO)

Und es ist tatsächlich eine Welt der Kinder. Die Hälfte der Bevölkerung Afrikas ist jünger als 15 Jahre. In allen Armeen gibt es viele Kinder, in den Flüchtlingslagern sind die meisten Insassen Kinder, auf den Feldern arbeiten Kinder, auf den Märkten handeln Kinder. Im Haus fällt den Kindern die wichtigste Rolle zu -- sie müssen das Wasser holen. Wenn alle noch schlafen, springen sie in der Dunkelheit auf und rennen zu den Quellen, den Teichen, den Flüssen, um Wasser zu holen. Die moderne Technologie hat diesen Knirpsen etwas Wichtiges geschenkt -- den billigen, leichten Plastikkanister. Vor über zehn Jahren hat dieser Kanister das Leben in Afrika revolutioniert. Wasser ist eine Voraussetzung für das Überleben in den Tropen. Weil es hier in der Regel keine Leitungen gibt und Wasser meist knapp ist, muss es von weither geholt werden -- oft ein Dutzend Kilometer und mehr. Über Jahrhunderte wurde das mit schweren tönernen oder steinernen Krügen besorgt. Die afrikanische Kultur kennt keinen Transport mit Hilfe des Rades, der Mensch trägt alles selbst, meist auf dem Kopf. In diesen Krügen holten die Frauen das Wasser, so war die Arbeitsteilung im Haus. Ein Kind wäre übrigens gar nicht in der Lage gewesen, einen solchen Krug zu schleppen, und in dieser armen Welt gab es meist nur ein solches Gefäß im ganzen Haus.

Dann tauchte der Plastikkanister auf.  Ein Wunder! Eine Revolution! Erstens ist er verhältnismäßig billig (obwohl er in manchen Häusern der einzige wertvolle Gegenstand ist), doch das wichtigste ist, dass er kaum etwas wiegt! Und es ist auch wichtig, dass es die Kanister in verschiedenen Größen gibt, so dass sogar ein Knirps ein paar Liter Wasser holen kann.

Alle Kinder tragen Wasser! Wir sehen also ganze Horden ausgelassener Knirpse, die spielend und einander neckend zu einer entfernten Quelle um Wasser laufen. Was für eine Erleichterung für die afrikanischen Frauen! Was für eine Veränderung in ihrem Leben!

Überhaupt besitzt der Plastikkanister zahllose Vorteile. Zu den wertvollsten zählt, dass er den Menschen in der Warteschlange vertritt. Und man musste sich oft ganze Tage in der Schlange um Wasser anstellen (dort, wo es mit Tankwagen hingebracht wurde). In der tropischen Sonne zu stehen ist eine Tortur. Einen Krug konnte man früher nicht einfach hinstellen und selber den Schatten aufsuchen, der Krug hätte gestohlen werden können, und dazu war er zu teuer. Nun stehen an Stelle von Menschenschlangen Plastikkanister-Schlangen um Wasser an, und selber begibt man sich in den Schatten oder auf den Markt, oder man besucht Bekannte. Wenn man durch Afrika fährt, sieht man überall diese kilometerlangen, farbigen Reihen von Kanistern, die darauf warten, dass Wasser gebracht wird."

[Kapuscinski, Ryszard <1932 - >: Afrikanisches Fieber : Erfahrungen aus vierzig Jahren. -- Frankfurt a. M. : Eichborn, ©1999. -- (Die andere Bibliothek). -- ISBN 3821844833. -- S. 228f.. ]


6.1. Kindersoldaten


"In Afrika werden Kinder massenweise von Kindern getötet, und das schon seit Jahren. Die Kriege auf diesem Kontinent sind in Wahrheit Kinderkriege.

Dort, wo die Kämpfe bereits Jahrzehnte andauern (wie in Angola und im Sudan), sind die meisten Älteren längst gefallen, verhungert oder von Seuchen dahingerafft worden. Übrig geblieben sind die Kinder, und die führen den Krieg weiter. Das blutige Chaos, das in verschiedenen Ländern Afrikas herrscht, hat Zehntausende zu hungrigen und obdachlosen Waisen gemacht. Diese suchen jemanden, der ihnen etwas zu essen gibt und sie aufnimmt. Am leichtesten findet man dort etwas zu essen, wo das Militär ist -- die Soldaten haben die besten Chancen, sich Nahrung zu beschaffen: In diesen Ländern ist die Waffe nicht nur ein Kriegsgerät, sondern auch ein Hilfsmittel zum Überleben, manchmal das einzige, das es gibt.

Die verlassenen, einsamen Kinder ziehen dorthin, wo das Militär stationiert ist, wo es seine Kasernen, Lager und Posten hat. Hier helfen sie, arbeiten sie, werden sie zu einem Teil der Armee, zu »Söhnen des Regiments«. Sie bekommen Waffen und erhalten bald ihre Feuertaufe. Ihre älteren Kollegen (im übrigen ebenfalls Kinder!) liegen gern auf der faulen Haut, und wenn es zum Kampf mit dem Gegner kommt, schicken sie die Kleinen an die Front, ins Feuer. Diese bewaffneten Konfrontationen der Kinderscharen verlaufen in der Regel erbittert und blutig, denn Kinder besitzen keinen Selbsterhaltungstrieb, sie spüren und begreifen nicht die Todesgefahr, kennen die Furcht nicht, die erst das Erwachsensein mit sich bringt.

Abb.: Kindersoldat [Quelle: http://www.child-soldiers.org/coalition_and_its_supporters.htm. -- Zugriff am 1999-11-16. -- Am 2001-02-22 toter Link]

Die Kinderkriege werden auch durch die technische Entwicklung ermöglicht. Die automatischen Handfeuerwaffen sind heute leicht und kurz, ihre neuen Generationen ähneln immer mehr Spielzeugwaffen. Der alte Mauser-Karabiner war zu groß, zu schwer, zu lang für ein Kind. Ein kleines Kind hat zu kurze Arme, um den Abzug zu drücken, und auch die Zieleinrichtung ist für sein Auge nicht geeignet. Die moderne Waffe löst diese Probleme, überwindet diese Hindernisse. Ihre Maße sind hervorragend der Größe eines Jungen angepasst, und diese Waffen wirken eher in den Händen eines erwachsenen, kräftig gebauten Soldaten komisch und kindlich.

Die Tatsache, dass ein Kind nur diese für kurze Distanzen eingerichteten Handfeuerwaffen benützen kann (denn es ist außerstande, das Feuer einer Artilleriebatterie zu lenken oder ein Bombenflugzeug zu steuern), hat zur Folge, dass die Kampfhandlungen in diesen Kinderkriegen zu direkten Zusammenstößen, zu engen, hautnahen Kontakten führen, dass die Kleinen aus Entfernungen von wenigen Schritten aufeinander schießen. Diese Duelle fordern schreckliche Opfer. Denn es kommen nicht nur jene um, die auf der Stelle getötet werden. Unter den Bedingungen dieser Kriegsführung sterben auch die Verwundeten -- durch Blutverlust, Infektionen, weil es keine Medikamente gibt."

"Am Morgen gehe ich durch die Carrey Street [von  Monrovia, Liberia], in der mein Hotel liegt. Das ist in der Innenstadt, im Zentrum, im Geschäftsviertel. ...

Nach hundert Metern bin ich umringt von einer Schar kleiner Jungen mit aufgedunsenen Gesichtern und trüben Augen, dem einen fehlt eine Hand, dem anderen ein Bein. Sie betteln. Das sind ehemalige Soldaten der Small Boys Units von Charles [Ghankay] Taylor [geboren 1948, Guerillaführer, überfällt Liberia 1989, seit 1997 gewählter Präsident von Liberia], einer seiner übelsten Verbände. Taylor rekrutiert kleine Kinder und gibt ihnen Waffen. Und er gibt ihnen auch Rauschgift und treibt sie, wenn sie unter dessen Einfluss stehen, in den Kampf. Die berauschten Kinder verhalten sich wie Kamikaze, sie stürzen sich ins Feuer, rennen in Minenfelder. Wenn ihre Sucht so schlimm ist, dass er sie nicht mehr brauchen kann, jagt Taylor sie zum Teufel. Manche kommen nach Monrovia und beenden hier irgendwo im Straßengraben oder auf einer Müllhalde ihr kurzes Leben, zerstört von Malaria und Cholera, von Schakalen zerbissen."

[Kapuscinski, Ryszard <1932 - >: Afrikanisches Fieber : Erfahrungen aus vierzig Jahren. -- Frankfurt a. M. : Eichborn, ©1999. -- (Die andere Bibliothek). -- ISBN 3821844833. -- S. 148 - 150; 249. ]


7. Pubertät


In der Pubertät ist man noch nicht erwachsen aber auch kein Kind mehr. In vielen Gesellschaften gab oder gibt es Initiationsriten. Prüfungen, Riten, die man durchmachen musste, um als erwachsen zu gelten. Meist war man in diesem Zeitraum alleine oder mit anderen Initianden zusammen, jedenfalls nicht in seiner gewohnten Umgebung. In manchen Ländern wird als Ritus in der Kindheit oder als Initiationsritus, bei den Mädchen leider immer noch die Beschneidung praktiziert. Dadurch werden viele Mädchen für ihr ganzes Leben verstümmelt.

In anderen Gesellschaften war ist mit die Heirat, oder nachdem das erste Kind gezeugt/geboren das Ende der Pubertät. In der Pubertät wird gelernt, Verantwortung zu übernehmen, für sich selbst und für andere. Rituale oder Regeln, die man als Kind nicht einhalten musste, müssen jetzt eingehalten werden. Man wird geschlechtsreif, wird bald verheiratet werden und eigene Kinder großziehen und für seine Familie sorgen.

"Frage: Was passiert, wenn ein unverheiratetes Mädchen hier schwanger wird?
Haifa:
Bei uns kann ein Vater seine Tochter töten, wenn das geschieht. Das ist »Mord zur Wiederherstellung der Ehre«.
Glauben sie, dass (Ihr Ehemann) Ali (Ihre Tochter) Lena töten könnte, wenn sie ein Kind erwarten würde?
Haifa:
Ja, weil das der Tradition entspricht.
Würden Sie Ihren Mann darin unterstützen?
Haifa:
Ja, wir würden sie töten. Unserem Glauben nach hätte sie etwas sehr Verbotenes getan, und es ist nicht verboten, eine Frau zu töten, die derart gesündigt hat."

[Haifa Khaled Shobi, 42jährig, Jordanien, pensionierte Lehrerin, Mutter von 5 Kindern, Muslimin. -- Zitiert in: Frauen dieser Welt / Hrsg. Faith D'Aluisio ... 2. Aufl. -- München : Frederking und Thaler, 1999. -- ISBN 3894055111. -- Originaltitel: Women in the material world (1996). --  S. 160. ]


8. Beschneidung und Initiation


"Bevor er als Erwachsener gilt, muss der junge Afrikaner zwei Prüfungen bestehen, die Wendepunkte in seinem Leben sind und die oft miteinander verwechselt werden: Die Beschneidung und die Initiation. Die Beschneidung (der bei den Mädchen die Exzision entspricht) wird in Westafrika früher vorgenommen als in Äquatorialafrika, wo man sie im Pubertätsalter durchführt. In den Sahel-Ländern werden häufig Kinder unter zehn Jahren beschnitten. Sie gibt dort nur selten Anlass zu einem Fest, während in den Urwaldgegenden der Eingriff mit oft in Geheimnis gehüllten Übergangsriten verbunden ist, die mehrere Wochen dauern können und die sich nach einem komplizierten und unwandelbaren Zeremoniell abspielen. Die Prüfungen, die man dabei den Knaben auferlegt, sind mannigfaltig, oft schmerzhaft: Absonderung, Plagereien, Nahrungsverbote, Ausschluss aus der Dorfgemeinschaft, Zwang, aus eigener Kraft im Urwald zu überleben. Diese Prüfungen sind der Preis, der bezahlt werden muss, um Zugang zum Geheimwissen der Gemeinschaft zu erhalten, ihre mythische Geschichte und die der Heldentaten des totemistischen Ahnen zu erfahren und in die animistischen Rituale eingeweiht zu werden, mit deren Hilfe man sich die Geister günstig stimmt und den Vorfahren Genugtuung schafft. Diese Initiationsphase wird mit einem allgemeinen Fest beendet, dessen Helden die Neueingeweihten sind. Diese bilden von nun an eine «Altersklasse», deren Mitglieder auf immer mit den Banden einer Solidarität untereinander verbunden sind, welche als stärker empfunden werden als selbst die Familienbande."

[Gontard, Afrika, 1976. -- S. 55-57]


8.1. Mädchenbeschneidung


Im Zusammenhang mit Initiation und Beschneidung nimmt man in industrialisierten Ländern in letzter Zeit vor allem an der Mädchenbeschneidung Anstoß, obwohl die Initiationsriten für Knaben oft ebenso grausam, wenn nicht noch grausamer sind.Man nennt diese Praxis nun offiziell "Female genital mutilation (FGM)"

"Female genital mutilation comprises all procedures involving partial or total removal of the external female genitalia or other injury to the female genital organs whether for cultural or other non-therapeutic reasons. The procedures are irreversible and their effects last a lifetime.There are four types of female genital mutilation:


Abb.: Typ III: Infibulation (rot = weggeschnittene Teile; grün = Naht)

Abb.: Genitalien eines Mädchens nach Infibulation

[Quelle des Textes: WHO Fact Sheet, No 153 April 1997 FEMALE GENITAL MUTILATION. -- URL: http://www.who.int/inf-fs/en/fact153.html. -- Zugriff am 1999-11-24. -- Am 2001-02-22 nicht mehr gültiger Link]

In zahlreichen Ländern wird die weibliche Beschneidung praktiziert. 

Abb.: Der Mädchenbeschneidungsgürtel Afrikas

[Vorlage der Abb.: Seager, Joni ; Olson, Ann: Der Frauenatlas : Daten, Fakten und Informationen zur Lage der Frauen auf unserer Erde. -- Frankfurt a. M. : Fischer, ©1986. -- (Fischer Taschenbuch ; 4558). -- ISBN 3596245583. -- Originaltitel: Women in the world : an international atlas (1986). -- Karte 4]

Zu den Gründen zählt, dass dies zum Erwachsenwerden gehört und mit der erzieherischen Unterweisung einhergeht, dass die Beschneidung eine Vorbereitung auf die Rolle als Ehefrau und Mutter ist. Sie soll als Hygienemaßnahme den Gestank unbeschnittener weiblicher Geschlechtsorgane verhindern und Schutz vor vielen Krankheiten bieten, z.B. gegen Geschwüre in der Vagina. Man glaubt auch, durch die Beschneidung werde eine seelische Fehlentwicklung des weiblichen Charakters verhindert, der von Natur aus zu exzessiver Sinnlichkeit neige, in die Prostitution führe und die Gebärfähigkeit zerstöre. Während einerseits Männer nach außen hin daran festhalten und die Frauen sich ihrem Diktat fügen, z.B. indem sie ihre Heiratschancen nicht verspielen wollen, sind die Frauen ebenfalls stark an der Erhaltung dieses Brauches beteiligt. Vor allem die renommierten Beschneiderinnen, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen. 86% der Frauen geben als Hauptgrund für das Festhalten an der Beschneidung die Tradition an, aus Aberglaube, Angst, die Sitten zu verletzen und Furcht vor der Ächtung durch die Gemeinschaft. 

Die Sofortwirkungen und Spätfolgen der Mädchenbeschneidung können verheerend sein: 

Unmittelbar treten Schmerzen bei der Menstruation, Abszesse des Beckens, Blutvergiftung, Tod ein. Später erschwerte Entbindung und Kindestod, Gebärmutterentzündungen, Frigidität etc. AIDS bildet eine zusätzliche Gefahr, einerseits bei der Operation selbst, die im Dorf mit Messern, Klingen oder Glasscherben durchgeführt wird, und andererseits wegen der leichten Verletzbarkeit verhärteter Narben. 

"Frage: Bei uns werden Frauen nicht beschnitten, aber hier ist es üblich. Wie wird das in Ihrer Familie gehandhabt?
Zenebu:
Meine Töchter sind nicht beschnitten, aber (mein Sohn) Teshome ist schon beschnitten, und ich bin es auch. Seit letztem Jahr plane ich die Beschneidung meiner Töchter. Aber dieses Jahr ist ein System Jahr (alle 8 Jahre), und in dieser Zeit dürfen wir unsere Kinder nicht beschneiden. Also werde ich es erst machen, wenn das System-Jahr vorüber ist.
Warum ist das Beschneiden so wichtig?
Zenebu:
Es ist Tradition -- unsere Tradition. Ich weiß nicht, warum, aber es ist Tradition.
Stimmen Sie mit dieser Tradition überein?
Zenebu:
Wenn Like (die 10jährige Tochter) zur Schule ginge und nicht beschnitten wäre, würden die anderen sie auslachen. Seine Tochter nicht zu beschneiden, bedeutet eine Erniedrigung. Eine Schande.
Haben Sie schon mit Like darüber gesprochen?
Zenebu:
Sie beklagt sich dauernd, dass sie noch nicht beschnitten ist. Like selber beklagt sich. Sie sagt: »Meine Freundinnen sind fast alle beschnitten, und ihr habt mich nicht beschnitten.«
Zenebu, wie alt waren Sie, als Sie beschnitten wurden?
Zenebu:
Anderthalb Jahre, hat man mir gesagt.
Wenn Ihre Töchter beschnitten werden, wer führt die Operation durch?
Zenebu:
Hier gibt es ein paar Leute, die das Beschneiden erledigen.
Ist es eine Frau aus der Umgebung?
Zenebu:
Ja. Sie kommt hierher, und wir kochen Haferbrei für sie und geben ihr Butter für ihr Haar und 2 Birr.
Was ist mit den Schmerzen? Bringt die Frau Schmerzmittel mit?
Zenebu:
Wir kaufen ein Puder in der Privatklinik. Ein westliches Mittel. Ich weiß nicht, was es ist. Wir streuen es auf die Genitalien.
Glauben Sie, dass die Mädchen starke Schmerzen haben?
Zenebu:
  Männer leiden sehr. Frauen nicht.
Warum lassen Sie sie nicht in der Klinik operieren?
Zenebu:
Bei Männern -- zum Beispiel bei Teshome (Sohn) -- machen sie es. Er wurde in einer Privatklinik in Holeta beschnitten. Ich glaube nicht, dass sie dort Frauen beschneiden.
Erlaubt die Regierung diese Operation in der Klinik?
Zenebu:
Bei Frauen ist es nicht erlaubt. Es ist von der Regierung verboten.
Glauben Sie, dass es gesundheitliche Gründe gibt, die gegen die Beschneidung von Mädchen sprechen?
Zenebu:
In der Klinik klagen sie darüber. Sie sagen, man verliert zuviel Blut und es gibt immer Infektionen. Wenn eine Frau gebärt, kommt es wegen der Infektion manchmal vor, dass sich der Gebärmutterhals nicht entspannt. Sie erzählen uns auch, beschnittene Frauen könnten in der Beziehung zu ihrem Mann Probleme bekommen.
Welche Art von Problemen?
Zenebu:
Genaueres sagen sie uns nicht."

[Zenebu Tulu, 29jährig, Äthiopien, Mutter von 5 Kindern, Christin. -- Zitiert in: Frauen dieser Welt / Hrsg. Faith D'Aluisio ... 2. Aufl. -- München : Frederking und Thaler, 1999. -- ISBN 3894055111. -- Originaltitel: Women in the material world (1996). --  S. 80f. ]


8.2. Die Kampagne gegen Mädchenbeschneidung


"Both male and female genital operations have engendered long histories of debate and opposition, often centered around crosscultural disagreements about the meaning and worth of the practices. The value of Jewish male circumcision, for instance, was debated in Rome during the first century CE., and male circumcision has become a topic of heated opposition in the United States again today. Female circumcision practices have been the subject of international political controversies and abolition campaigns since at least the 1910s. Contemporary campaigns continue the tradition and rhetoric of colonial and missionary opposition and also build on decades of activism within Africa. Health considerations have consistently been part of the debate, particularly in relation to infibulation. The issues have also been defined at various times in terms of colonialism, neocolonialism, feminism, sexuality, and human rights.

In Kenya, for instance, debates about female circumcision began almost as soon as European missionaries arrived. Along with colonial administrators, they made judgments about which local customs violated Christian behavior and sought to discourage them. Campaigns to abolish female circumcision in central Kenya were among these efforts. When the Church of Scotland Mission and segments of the Church Missionary Society tried to prohibit the practice in the 1910s and 1920s, KiKuyu female circumcision became connected with the anticolonial-movement and the defense of cultural tradition. Jomo Kenyatta [1894 - 1978], the future first president of Kenya [1963 - 1978], was a prominent opponent of colonial attempts to alter Kikuyu custom. Opposition to the colonial campaign to abolish female circumcision provided an impetus for starting independent schools and churches in central Kenya. The Kikuyu circumcision controversy was shaped by church interests and politics in England as well as by events in Kenya itself. It was also related to changing notions of the body and changes in Kikuyu social relations, such as marriage patterns, relations of authority between men and women and between women of different generations, and the waning of ngweko (sexual play between young people). Since 1979 the Kenyan government has conducted several anticircumcision campaigns that were tinged with Christian and colonial overtones. A 1982 ban had little effect. In 1996 a national organization proposed an alternative initiation ceremony as a substitute. Other countries have their own histories of circumcision debates and policies.

International efforts to have female circumcision addressed by the World Health Organization (WHO) in the late 1950s were not effective. In the 1970s a number of publicity campaigns and publications converged to galvanize international attention. These included articles in African publications, a press conference held in Switzerland before the WHO Assembly in 1977, and publications by Fran Hosken and Mary Daly in the United States. The Inter-African Committee on Traditional Practices affecting the Health of Women and Children was formed in Geneva in 1977. A 1979 WHO seminar in Khartoum helped to make female genital operations a regular topic at international conferences. Anticircumcision activity during this time was also buoyed by the declaration of the United Nations Decade of Women (1975-1985).

Since the early 1990s international debates about female circumeision have again become increasingly heated and highly politicized. Greater media coverage in the 1990s and publicity over legal cases concerning African immigrants in France and the United States brought the debates to a much wider audience. In the United States, involvement by such well-known figures as novelist Alice Walker [geboren 1944] also helped to publicize and polarize the debate. A number of African scholars and activists based in the United States (such as Seble Dawit, Salem Mekuria, and Micere Mugo) have been highly critical of the way Walker and others have represented female circumcision in Africa. They argue that Walker and others are engaged in neocolonial depictions that demonize African practitioners, distort the social meanings and contexts involved, portray African women only as victims, ignore decades of activism in Africa, and isolate female circumcision from other issues of women's health, economic status, and education."

The growing intensity of these debates became encapsulated in the very terms used between the 1970s and 1990s. In the 1970s anticircumcision activists increasingly criticized the term female circumcision, claiming that it condoned a brutal custom by creating false similarities between male and female circumcision. A more partisan alternative was coined and eventually popularized: feinale genital mutilation. The new term mutilation did not attempt impartial description, but instead judged and condemned the practices through a label that defined them all as intentional mistreatment and disfigurement."

[Kratz Corinne: Artikel "Female circumcision in Africa". -- In: Africana : the encyclopedia of the African and African American experience / editors: Kwame Anthony Appiah ... -- New York, NY : Basic Civitas, ©1999. -- ISBN 0465000711. -- S.  737. ]

Ein eindruckvoller Bestseller ist das Buch der Somalierin, Model und UN-Sonderbotschafterin gegen die Folter der rituellen Beschneidung Waris Dirie: 

Dirie, Waris <1965 - > ; Miller, Cathleen: Wüstenblume. -- Berlin : Ullstein, 1999. -- 280 S. : Ill . -- (Ullstein Buch ; 35912). -- ISBN 3548359124. -- Originaltitel: Desert flower (1998).


8.3. Zum Beispiel: Knabenbeschneidung bei den Dowayo in Kamerun


Abb.: Ungefähre Lage des Wohngebietes der Dowayos (©Mindscape)

"Bei den Dowayos [in Kamerun] ist die Beschneidung ein sich lang hinziehender Vorgang. Wie in vielen anderen Gegenden der Welt gilt der Beschnittene als ein Wiedergeborener, dem wie einem Kleinkind alle kulturellen Fertigkeiten neu beigebracht werden müssen. Als erstes werden die Jungen von den Männern ihrer Schwestern geschmückt. Sie streifen dann tanzend durchs Land und werden überall in den Gehöften mit Essen versorgt. Sobald die ersten schweren Regengüsse fallen, können die Jungen beschnitten werden. Die Operation ist darauf angelegt, Furcht und Schrecken zu erregen. Die Jungen werden an einer rituellen Wegkreuzung bis auf die Haut ausgezogen und zum Wäldchen am Fluss geführt, wo die Beschneidung stattfindet. Unterwegs werden sie von den Beschneidern angesprungen, die wie jagende Leoparden knurren und sie mit dem Messer bedrohen. Die Operation ist sehr schmerzhaft, da der Penis fast in voller Länge abgeschält wird. Unter Umständen sind es mehrere verschiedene Beschneider, die jeder ein Stück von der Vorhaut abschneiden. Der Junge darf nicht schreien, aber die alten Männer, die mir von dem festlichen Ereignis erzählten, gaben zu, dass viele es doch täten. Das sei auch nicht schlimm, solange die Frauen glaubten, sie hätten sich tapfer gehalten. Beim Badeplatz kann man die Ergebnisse derartiger Eingriffe studieren. Wenn der Operierte noch sehr jung ist, nimmt das Glied manchmal eine fast kugelförmige Form an, was mitverantwortlich für die sehr niedrige Geburtenrate bei den Dowayos sein dürfte. Da alle mit demselben Messer beschnitten werden und die Infektionsgefahr entsprechend groß ist, ist die Todesrate beträchtlich. Von Jungen, die infolge der Operation starben, hieß es, Leoparden hätten sie gefressen. Aus der Korrespondenz französischer Kolonialoffiziere geht hervor, wie bekümmert diese über die große Zahl Jugendlicher waren, die angeblich der Leopard gefressen hatte -- obwohl doch Leoparden in der Gegend praktisch ausgestorben waren. Auf diese Weise gerieten die Dowayos rasch in den Verdacht, blutrünstigen kannibalistischen Ritualen zu frönen.

Nach der Beschneidung müssen die jungen etwa neun Monate lang -- ebensoviel Zeit, wie sie im Mutterschoß verbracht haben -- abgeschieden im Busch leben. Sie müssen den Frauen aus dem Weg gehen. Erst gegen Ende dieser Zeit dürfen sie unter blätterbedeckten Korbgeflechten herumlaufen, wie ich eines gesehen hatte. Sogar da noch sind sie verpflichtet, »Brücken« aus Laub auszulegen, wenn sie einen Pfad überqueren wollen, und danach die verunreinigten Zweige wieder wegzunehmen. Frisch beschnittene Jungen sind nämlich sehr gefährlich. Sie können bei einer schwangeren Frau eine Fehlgeburt hervorrufen und eine jungverheiratete Frau unfruchtbar werden lassen. Sie dürfen nicht direkt mit einer Frau sprechen, sondern haben kleine Flöten, mit denen sie die Tonmuster von Wörtern nachahmen, so dass sie mittels Musik »sprechen« können.

Erst nach diesem neunmonatigen Zeitraum dürfen sie in das Dorf zurückkehren, wo man ihnen zu essen gibt, sie neu einkleidet und ihnen die Herdstellen zeigt. Später führt man sie zu dem Haus, wo die Schädel der männlichen Vorfahren aufbewahrt werden, die sie zum ersten Mal sehen dürfen. Sie sind jetzt echte Männer und dürfen einen Eid auf ihr Messer schwören. (Kinder, die das machen, kriegen Prügel.) Es war immer merkwürdig zu hören, wenn Männer zum Zeichen großen Zorns eine Kurzversion des Schwurs hervorstießen. Es klingt wie »Verdammich!« Wann immer ich den Schwur in den Mund nahm, erregte ich damit große Heiterkeit.

Man fragt sich vielleicht, warum die Sitte der Beschneidung so weltweit verbreitet ist und warum die Ethnologen so augenscheinlich fasziniert von ihr sind. Man könnte meinen, dass die Verstümmelung der Genitalien etwas so Schmerzhaftes und Unangenehmes ist, dass die Menschen eher auf alles andere als darauf verfallen müssten. Was man über die gängigen Methoden, die Geschlechtsorgane zu verunstalten, liest, zwingt einen förmlich zu der Annahme, dass die Verstümmelungen vorgenommen werden, weil sie schmerzhaft sind. Manchmal werden Löcher in den Penis gebohrt. Oder er wird über und über mit einem Glassplitter zerfetzt, um ihn zu reinigen. Oder er wird aufgeschlitzt, so dass er sich im erigierten Zustand wie eine Blüte öffnet. Hoden können zerquetscht oder abgehackt werden. Keine Möglichkeit scheint ausgelassen.

Wenn die Ethnologen von solchen Praktiken immer wieder fasziniert sind, so deshalb, weil sie darin einen Ausdruck der unvermischten »Andersartigkeit« fremder Völker gewahren. Lassen sich Praktiken dieser Art »erklären« und in Zusammenhang mit unserer eigenen Lebensweise bringen, so ist die »Andersartigkeit« aufgehoben, und wir haben das Gefühl, zu einem allgemeinen Begriff von dem, was Menschsein bedeutet, durchgedrungen zu sein. Man gewinnt den Eindruck, dass, falls es den ethnologischen Theorien gelingt, mit den Sexualbräuchen fertigzuwerden, es nichts gibt, womit sie nicht fertigwerden könnten.

Eine gängige »Erklärung« für die weitverbreitete Sitte, die Vorhaut zu entfernen, geht davon aus, dass diese als ein irgendwie weiblicher Bestandteil angesehen wird, der bei echten Männern nichts zu suchen hat.

Auf Ähnliches ist man verfallen, um die Begeisterung zu erklären, mit der manche Kulturen die weibliche Klitoris entfernen -- diese werde als Restpenis angesehen, der bei Frauen nichts zu suchen habe. Die Kultur würde demnach gebraucht, um die Mängel einer unvollkommenen Natur auszubügeln.

Meine eigenen Nachforschungen bei den Dowayos ergaben, dass diese, ungeachtet der zentralen Rolle, die in ihrer Kultur die männliche Beschneidung spielt, ohne weiteres bereit waren, mehrere solche Lesarten gleichzeitig gelten zu lassen. Fest steht, dass sie die Beschneidung als männliches Gegenstück zur Menstruation betrachteten. Ein Mann ist sein ganzes Leben lang verpflichtet, auf vertrautem Fuß mit denen zu verkehren, mit denen zusammen er beschnitten wurde -- seinen »Brüdern der Beschneidung« --, während eine Frau freundschaftlichen Umgang mit denen pflegen muss, die im gleichen Jahr wie sie zum ersten Mal die Monatsregel bekamen, -- ihren »Schwestern der Menstruation«.

Andererseits gilt den Dowayos die Vorhaut eindeutig als in gewissem Sinn etwas Weibliches, denn sie klagen, unbeschnittene Jungen seien feucht und übelriechend »wie Frauen«. Die Dowayos haben für umständliche Erklärungen ihrer Bräuche nicht viel übrig. Normalerweise beschränken sie sich auf die Erklärung, sie täten etwas Bestimmtes, »weil unsere Vorfahren es uns geheißen haben«. Aber hier, in diesem Fall, waren sie mit einer Begründung zur Hand, die interessanterweise derjenigen der dort ansässigen amerikanischen Missionare entsprach, die ihre kleinen Jungen ebenfalls beschnitten und in aller Unschuld erklärten, sie täten das, weil es deren Gesundheit und Wohlergehen nutze, da wissenschaftlich erwiesen sei, dass die Vorhaut einen Infektionsherd und eine Quelle von Verunreinigungen bilde. Dowayos und Amerikaner waren also gleichermaßen überzeugt davon, dass eine Verstümmelung der Geschlechtsorgane ihrer Jungen nötig sei. Allerdings missbilligten die Dowayos, wie die Amerikaner dabei vorgingen -- erstens war es nicht der Rede wert, was sie von den Kindern abschnitten, und zweitens hielten sie diese unmittelbar nach der Beschneidung nicht von den Frauen fern und ließen sie so zu einer Gefahr für die öffentliche Gesundheit werden.

Aber wenn die Beschneidung bloß als eine von mehreren möglichen Methoden gilt, um Missgriffe der Biologie auszubügeln, dann wäre da auch noch anderes denkbar. Die Möglichkeit der Beschneidung bei Mädchen habe ich bereits erwähnt. Darum wird heute in der Öffentlichkeit viel Aufhebens gemacht, weil es als Teil einer männlichen Verschwörung zur Unterdrückung und Versklavung der Frauen präsentiert und dementsprechend heiß diskutiert wird. Über die viel häufigere Verstümmelung bei den Männern verliert niemand ein Wort.

Nun werden bei den Dowayos die Geschlechtsorgane der Frauen aber nicht verstümmelt. Tatsache ist allerdings, dass ich am Ende meines zweiten Besuchs eine bizarre Abordnung von alten Männern empfing, die von solch einer Praktik gehört hatten und mich baten, sie ihnen zu erläutern."

[Barley, Nigel: Die Raupenplage : von einem, der auszog, Ethnologie zu betreiben. -- München : dtv, 1998. -- (dtv ; 12518). -- S. 55 - 59. -- ISBN 3423125187. -- Originaltitel: A plague of caterpillars (1986). ]

"Frauen sollen von der Beschneidung nichts wissen. Ihnen erzählt man, Ziel der Operation sei es, den After mit einem Stück Rinderhaut zu verschließen. Um die Sache vor den Frauen geheimzuhalten, sind alle möglichen Vertuschungsmanöver nötig. So ist etwa in der Trockenzeit, wenn die Vegetation in der trockenen Hitze einschrumpft und kaum noch einen Sichtschutz bietet, die Gegend voll von Männern, die Löcher in die Luft starren und verzweifelt das Wasser halten, bis keine Frau mehr zu sehen ist und sie hinter einen Felsen stürzen können, um sich zu erleichtern. Tatsächlich wissen die Frauen ganz genau, was los ist, dürfen das aber nicht öffentlich zugeben. Dass die Frauen es mir gegenüber zugeben konnten, war ein Beweis für die anomale Stellung, die ich als ein weitgehend geschlechtsloses Geschöpf bei ihnen einnahm. Es verging lange Zeit, ehe es überhaupt jemand für nötig befand, mich über diese Spaltung des Wissens zwischen den Geschlechtern zu informieren. Ich hatte angenommen, die Frauen wüssten Bescheid über die Beschneidung, und es sei einfach nur anstößig, vor ihren Ohren darüber zu reden. Es gibt alle möglichen Dinge, die einen Bezug zu den »Geheimnissen der Männer« haben und über die deshalb in Anwesenheit von Frauen nicht geredet werden darf -- Zeremonien, Lieder, Gegenstände.

In der Praxis stellte es sich dann gewöhnlich heraus, dass die Frauen eine ganze Menge über die Vorgänge wussten, aber häufig außerstande waren, sich ein vollständiges Bild von der Sache zu machen. So war ihnen etwa bekannt, dass es bei der Beschneidung um den Penis ging, hingegen wussten sie nicht, dass die Rituale, die während dieses Vorgangs von den Jungen zu absolvieren waren, praktisch identisch waren mit jenen, denen sich einige Jahre nach dem Tod eines reichen Mannes dessen Witwen bei dem Fest, das zu Ehren des Verstorbenen abgehalten wurde, unterziehen mussten, Wahrscheinlich wussten sie ebensowenig, dass das ganze Schädelfest im Beschneidungsritual für die Jungen sein Vorbild hatte. Über das komplette Kulturmuster verfügten, wie ich später feststellte, nur die Männer."

[Barley, Nigel: Traumatische Tropen : Notizen aus meiner Lehmhütte. -- Münchenn : dtv, 1997. -- (dtv ; 12399). -- ISBN 3423123990. -- Originaltitel: The innocent anthropologist (1986). -- S. 97. ]


8.4. Zum Beispiel: Mädcheninitiation und Mädchenbeschneidung bei den Gusii (Kenia)



Abb.: Ungefähre Lage des Wohngebietes der Gusii


Abb.: Höfe der Gusii und Luo, Isiolo in der Nähe von Kisii Kenia (©Corbis)

Von Dezember 1955 bis Mai 1957 sammelten die Ethnologen Robert und Barbara LeVine bei den Gusii im Südwesten Kenias ethnographisches Material. Daraus stammen folgende Auszüge aus dem Bericht über die Mädchenbeschneidung in Nyansongo (Kenia):

"Die Initiationszeremonien für beide Geschlechter, die auf der Grundlage der risagal veranstaltet werden, gehören zu den wichtigsten Ereignissen in Nyansongo. Philip Mayer, ein amerikanischer Ethnologe, stellte in seiner detaillierten ethnographischen Beschreibung der Zeremonien 1953 folgendes fest:

.. . »der Kreislauf der Initiation ist derart mit dem Leben in der Nachbarschaft verknüpft, dass niemand völlig unbeteiligt bleibt. Sogar Kinder, die zur Initiation zu jung sind, werden damit beschäftigt, Nahrung herbeizutragen oder Botengänge zu verrichten; sie werden nachts geweckt, um dem Schwirrholz zu lauschen und sich einen lebhaften Dialog anzuhören, der speziell ihnen zuliebe geführt wird. Die älteren Jungen und Mädchen, die zwar bereits initiiert, aber noch nicht verheiratet sind, spielen eine besonders wichtige Rolle; denn abgesehen von den Biergelagen der Erwachsenen und den Operationen (Beschneidung und Exzision), widmen sie sich der Vorbereitung und Durchführung der meisten Riten. Einige haben die formelle Funktion von Paten oder Leitern bei der Beschneidung; andere sind bereit, die Novizen auf dem Weg zum Ort der Beschneidung oder auf dem Rückweg zu begleiten, oder bei der Durchführung der Mysterien zu helfen. Alle jungen Stammesmitglieder können bis zu ihrer Heirat an den Festen teilnehmen . . ., die nacheinander im Gehöft eines jeden Novizen abgehalten werden. Alle können, falls sie es wünschen, von der sexuellen Freizügigkeit Gebrauch machen, die mit der Seklusion der Jungen und Mädchen verbunden ist. Die verheirateten jungen Stammesmitglieder sind weniger von den Vorgängen betroffen, aber ihr Status berechtigt sie, an Biergelagen teilzunehmen, die Eltern bei Eintritt eines ihrer Kinder in die Seklusion und bei der Rückkehr aus der Seklusion geben. Einige alte Bewohner nehmen z. B. an dem Ritual teil, weil sie die Segnung der Novizen am Ende der Seklusion vornehmen und deren Lagerstatt verbrennen.«

Operationen an den Genitalien findet man sowohl bei der Initiation der Knaben als auch der Mädchen, und in beiden Fällen werden sie kurz nach der von Oktober bis Dezember dauernden Ernte vorgenommen. Im westlichen Gusiiland werden sie, da dort die Ernte eher eingebracht wird, früher durchgeführt. In jeder Gemeinschaft geht die Initiation der Mädchen der der Knaben um einige Wochen voraus; auch ist sie mit einem komplizierteren Zeremoniell verbunden. Die Worte für die Operation an den Genitalien (ogoroka) und für Seklusion oder Novizität (obware) sind für beide Geschlechter identisch. Die Operationen verlaufen äußerlich gleichartig, obwohl der Inhalt der Zeremonien und ihre Folgen verschieden sind.

Es liegt im Ermessen eines Mädchens, den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem es initiiert werden möchte. Bevor es nicht das höchstzulässige Alter erreicht hat, werden die Eltern es nicht dazu zwingen, in einem bestimmten Jahr an den Feiern teilzunehmen. Sie warten ab, bis es von selbst und ohne äußeren Antrieb danach verlangt. Aber die meisten Mädchen haben den Wunsch, initiiert zu werden: nicht deswegen, weil die Zeremonien vielleicht eine besondere Anziehung auf sie ausüben, sondern weil sie den Status des »kleinen Mädchens« (egesagane) mit dem des enyaroka (wörtlich: des beschnittenen Dinges) oder omoiseke (des unverheirateten Mädchens) vertauschen möchten.

Das bewusste Verlangen eines Mädchens, initiiert zu werden, hat drei Ursachen. 

  1. Die erste ist der Wunsch, die Aufgaben und unangenehmen Arbeiten seiner Kindheit hinter sich zu bringen und an denen der verheirateten Frauen teilzuhaben. Es gehört fast immer zu den Pflichten der nichtinitiierten Mädchen, auf Kleinkinder aufzupassen, da nur wenige der Älteren ans Haus gebunden sein möchten. In Familien, in denen Knaben fehlen, werden kleine Mädchen oft bis zu ihrer Initiation zum Hüten der Herden herangezogen. Später erlaubt man es ihnen nicht mehr, indem man als Grund anführt, dass dies »Sache der Knaben« sei. Die Aufgaben, denen sie sich als initiierte Mädchen gegenübersehen, sind die eigentlichen Frauenarbeiten: der Hackbau, das Jäten von Unkraut und das Ernten, das Schälen von Hirse, das Kochen und das Herbeitragen von Wasser in großen Gefäßen und Schüsseln auf dem Kopf. Keine dieser Arbeiten erlegt solche Beschränkungen auf wie das Hüten der Kleinkinder und des Viehs; es kommt hinzu, dass sie an sich als erfreuliche und (im Verhältnis zu den unangenehmen Arbeiten in der Kindheit) mit Prestige verbundene Beschäftigungen gewertet werden. 
  2. Als zweite Ursache für den Initiationswunsch ist zu nennen, dass die Mädchen die aggressiven Begegnungen der Kindheit fortan vermeiden möchten. Viele Mädchen sagen, dass sie es als entwürdigend empfinden, »kleines Mädchen« (egesagane) genannt zu werden; sie haben nicht länger Lust, sich mit jüngeren Kindern herumzubalgen und sich von ihnen belästigen zu lassen. Berücksichtigt man die Gleichstellung der heterosexuellen Aggression mit Sexualität an sich bei den Nyansongo, versteht es sich, dass solche Aussagen mit der Zurückweisung der kindlichen Sexualität gleichbedeutend sind. Die Mädchen möchten die Aufmerksamkeit der beschnittenen Knaben auf sich lenken, und nicht die der Lausbuben auf der Weide mit niederem Status. Indem ihr Verlangen nach der Initiation wächst, weisen sie die Annäherungen früherer Spielkameraden zurück, und diese beginnen sie zu ärgern, mit Schleudern nach ihnen zu schießen usw. Die Mädchen nehmen an, dass die Initiation diesen Belästigungen ein Ende bereitet, weil sie wissen, dass ihre Eltern sehr wenig Verständnis für Angriffe unbeschnittener Knaben auf initiierte Mädchen haben.
  3. Der dritte Grund für ihren Wunsch nach einem höheren Status ist die Furcht, von ihren Altersgenossinnen überflügelt zu werden. Wenn ein Mädchen erfährt, dass Kinder seines Alters in der Nachbarschaft oder Gemeinschaft vorhaben, sich initiieren zu lassen, wird es sich ihnen im allgemeinen anschließen, teils, weil die Bereitschaft der anderen seine persönliche Angst vor der Operation an den Genitalien verringert, teils, weil es weiterhin mit seinen Freundinnen verkehren will, Wären alle außer ihm in einem bestimmten Jahr initiiert, würden die sozialen Beziehungen zu ihnen abgeschnitten. Einige Mädchen gaben an, dass sie es nicht ertragen könnten, von ihren alten Freundinnen »kleines Mädchen« genannt zu werden. Dieser Gedanke machte ihnen also sehr zu schaffen. Eines von ihnen, ein acht Jahre altes Mädchen mit Namen Nyanchama, dessen Mutter es ablehnte, es initiieren zu lassen, einmal wegen der hohen Kosten, zum anderen wegen der Zersplitterung ihres nicht angemessen untergebrachten Haushalts im Hause des Schwagers, mit dem sie im Levirat lebte, erfuhr eben diese Verlassenheit, vor der sich die anderen Mädchen fürchteten. Als seine Altersgenossinnen aus benachbarten Gehöften nach der Klitoris-Ektomie jubelnd nach Hause zurückgeführt wurden, begann es zu weinen. Ein unverheiratetes Mädchen, das die Initiation mit geleitet hatte, bemitleidete es mit den Worten: »Wir nehmen dich morgen dran. Wir werden Mogaka überzeugen (den Bruder ihres Vaters, der im Levirat mit ihrer Mutter lebte), dass du gehen musst.« Eine ältere Frau rief: »Warum bist du nicht beschnitten, wenn alle dir Gleichgestellten es sind?« Die Mutter eines Mädchens, das gerade die Operation hinter sich gebracht hatte, sagte: »Wenn du gekommen bist, die anderen Mädchen zu kränken, wirst du sehen, was du davon hast!« Nyanchama weinte bitterlich und begann zu hungern, aus Protest gegen ihre Eltern, die ihr die Teilnahme an der Initiation verboten hatten. ...

Ganz ungeachtet der Tatsache, ob sie selbst die Initiation nun befürwortet oder ablehnt, versucht die Mutter, dem danach strebenden Mädchen einzureden, dass es noch zu jung dafür sei, dass sie es sich finanziell nicht leisten könnten und dass es sehr viele Umstände mache. In manchen Familien ist diese Einstellung ernst gemeint, aber meistens hoffen die Eltern, dass das Mädchen durch solche Versuche der Entmutigung dazu angeregt wird, sich selbst zu prüfen, ob es zu diesem Schritt bereit ist. So wie die Eltern es darstellen, möchten sie den Nachweis von okongaina sehen, was man mit »verständig sein« oder »intelligent sein« übersetzen kann. Im Falle eines Mädchens bedeutet »verständig sein« in erster Linie, willig und im Stande zu sein, die Arbeit einer erwachsenen Frau im Bereich des Gehöfts und in geringerem Maße auch auf den Feldern zu erledigen. Sie muß fähig sein, mit dem Stößel feines Mehl zu stampfen, und sollte diesen Pflichten nachkommen, ohne von der Mutter angestellt und daran erinnert worden zu sein. Von den Nyansongo-Eltern wird also unterstellt, dass ein Mädchen, das genügend Verständnis und Pflichtbewusstsein besitzt, den vorgenannten Aufgaben zu genügen, in der Lage ist, die schmerzvolle Operation der Klitoris-Ektomie über sich ergehen zu lassen, ohne zu schreien oder davonzulaufen. Ein Mädchen, das vor der Operation wegläuft, wird für immer als Feigling (enkuri) gebrandmarkt sein, und zu seiner sozialen Schande kommt noch die Beleidigung der Geister hinzu, die dann Sühneopfer verlangen. Diese Folgen potentieller Feigheit fürchten die Eltern am meisten, und ihr abschreckendes Verhalten soll das Mädchen davor bewahren, ohne die Entschlossenheit des gereiften Menschen, das schmerzvolle Erlebnis hinter sich zu bringen, zur Initiation zu gehen. Beobachtungen und Befragungen von acht- und neunjährigen Mädchen ergaben, dass diese List der Eltern beträchtliche Auswirkungen hat. Wenige Wochen vor der Initiation sagten einige, dass sie brennend gerne initiiert würden, aber befürchteten, von ihren Müttern davon zurückgehalten zu werden. Daher begann jedes Mädchen, seine fraulichen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Einige ernteten ganze Felder allein ab; andere mahlten Mehl, achteten darauf, dass das Haus mit Brennholz versorgt war und trugen Wasser vom Fluss herbei im größten Gefäß, das sie auftreiben konnten.

Im Jahr 1956 gab es, die Beweggründe und die Verhaltensweisen der Nyansongo-Mädchen in der Zeit vor der Initiation betreffend, erhebliche Unterschiede. Einige hatten schon vor gut einem Jahr begonnen, Erwachsenenpflichten im Haushalt zu übernehmen; sie machten in den wenigen Wochen bis zur Initiation keine besonderen Anstrengungen mehr, ihre Eignung unter Beweis zu stellen. Einige standen der bevorstehenden Initiation eher ängstlich denn sehnsüchtig gegenüber und gaben sich weniger Mühe als die meisten anderen Mädchen, die Arbeit der erwachsenen Frau auszuführen. Die Mehrzahl der Mädchen wünschte die Initiation sehr, obwohl sie gewisse Befürchtungen hegte, und sie unternahm heroische Anstrengungen, um sich als fähig zu erweisen. Bis zu dem Tag, an dem die Initiation begann, hatten die Mädchen keine Ahnung, ob sie ihre Eltern davon hatten überzeugen können, dass sie über »Verständnis« verfügten. Sie waren jedoch entschlossen, sich ihren Altersgenossinnen sogar gegen den Widerstand der Eltern anzuschließen.

... Jedes Mädchen, dessen befreundete Altersgenossinnen [zur Beschneidung] hingehen, weckt seine Mutter morgens um 5 Uhr auf und bittet sie um einen oder zwei Shilling, die der Operateurin gezahlt werden müssen. Für das Verhalten der Mutter ist es typisch, dass sie dem Mädchen noch einmal ins Gewissen redet, indem sie ihm sagt, dass es zu klein sei. Hierdurch sollen seine Entschlossenheit und sein Mut auf die Probe gestellt werden. Wenn das Mädchen immer noch darauf besteht zu gehen, verlässt es, bis auf ein Schultertuch nackt und von der Mutter begleitet, das Haus. In der kühlen Morgendämmerung treffen die beiden sich mit den anderen Mädchen und deren Müttern und begeben sich zum Haus der Operateurin. Auf dem Weg dorthin werden sie vom Gesang der älteren Frauen begleitet. Die Operateurin ist im allgemeinen eine Frau mittleren Alters, die für ihr Geschick bei Klitoris-Ektomien bekannt ist und die drei bis fünf Kilometer von der Siedlung entfernt wohnt, also nicht notwendigerweise in ihr wohnen muss ...

Einige Mädchen rannten vor ihren Müttern her. Sie wurden von den Frauen mittleren Alters auf recht schroffe Weise begrüßt. Sie rissen ihnen das Tuch von der Schulter, stießen sie zurück und riefen ihnen zu, dass sie noch zu jung seien. »Geh das Vieh hüten, geh nach Hause«! Dies war ein erneuter Test, um festzustellen, ob die Mädchen es wünschten, die Operation über sich ergehen zu lassen. Diese bekundeten den Wunsch dadurch, dass sie sich an die Seite des Hauses zu drängen versuchten, wo die Operation durchgeführt wurde. Eine Gruppe von Frauen umgab einen Stein, auf den das zu operierende Mädchen gesetzt wurde. Eine hinter dem Mädchen kauernde Frau stützte ihren Rücken mit ihren Knien und hielt, indem sie ihre Arme fest unter die des Mädchens schlang, die Hände des Mädchens über die Augen. Der Griff sollte das Mädchen daran hindern, zu sehen, was vorging. Außerdem sollte er es ihm unmöglich machen, während der Operation die Arme oder den Unterleib zu bewegen. Die Operateurin spreizte die Beine des Mädchens, streute weißes Mehl auf die Genitalzone und schnitt mit einer sägenden Bewegung ihres kleinen Messers die Spitze der Klitoris ab. Sobald das Fleischstückchen zu Boden gefallen war, begannen die Frauen ausgelassen zu schreien und in manchen Fällen für sich zu tanzen. Das Mädchen wurde danach an die Seite des Hauses geleitet, wo es zitternd unter der Dachtraufe neben dem ihm vorangegangenen Mädchen stand.

Die meisten Mädchen unterzogen sich der Operation ohne Zwischenfall, zwei von ihnen machten jedoch mehr Schwierigkeiten als die übrigen. Ein Mädchen aus Nyansongo weigerte sich, die Beine zu spreizen und wurde deshalb von seiner Mutter und den übrigen Frauen zuerst geschlagen, danach durch Schmeicheleien dazu gebracht, sich doch der Operation zu unterziehen. Einmal stand es auf und rannte fort, bevor die Operation begonnen hatte, wurde aber schließlich besänftigt und ließ die Operation über sich ergehen. Ein Mädchen aus einer anderen Siedlung und von einem anderen Clan versuchte sich schon vor der Operation fortzustehlen, und tatsächlich gelang es ihm zu entwischen, als die Operation bereits halb durchgeführt war. Obwohl ein Sühneopfer in Form eines Schafes dafür nicht notwendig war, wurde nach seiner Flucht der Stein gewechselt, wodurch angezeigt wurde, dass sein Verhalten rituelle Unreinheit über den Stein gebracht habe, die auch die anderen erfassen könnte. Bei beiden Mädchen war eine übermäßige Abhängigkeit von ihren Müttern zu erkennen, und beide waren den Hänseleien ihrer Spielgefährten gegenüber besonders empfindlich. Im Fall des Mädchens aus Nyansongo ging das Gerücht um, dass auch seine Mutter ein Feigling bei der Klitoris-Ektomie gewesen sei und dass sich ihre Tochter dementsprechend benommen habe.

Nachdem alle Mädchen operiert worden waren und die Operateurin bezahlt worden war, wurden die vor Schmerzen etwas steif gehenden Mädchen, von einem Schultertuch bedeckt, zu ihren Müttern zurückgeführt. Die Frauen der Begleitung sowie die Mütter begannen nun, wie es von ihnen an diesem Tag verlangt wird, ihrer freudigen Erregung freien Lauf zu lassen, indem sie Obszönitäten von sich gaben und sich ausgesprochen unziemlich gebärdeten. In Nyansongo zog sich die Mutter der [beschnittenen] Zwillinge fast völlig aus und tanzte und sang vor ihrer Hütte. Die anderen dreißig der Siedlung tanzten auf einer nahegelegenen Wiese, reihten sich in einen Kreis ein und schwangen die Hüften vor und zurück. Der Inhalt aller ihrer Lieder handelte vom Koitus und von der Klitoris-Ektomie. ...


Während die Initiandin sich in der Hütte ihrer Mutter in Seklusion befindet, nimmt das Leben seinen gewohnten Lauf, mit der Ausnahme, dass der Vater (oder irgendein anderer beschnittener Mann) das Haus nicht betreten darf und dass sie selbst es nicht verlassen darf. ... Die Tätigkeiten der Mutter werden nicht eingeschränkt, außer, dass sie die Novizin reichlich mit Essen versorgen muss, da man glaubt, dass die Wunde dadurch schneller heilt. Das Mädchen erhält Besuch, unter dem sich auch ihre »Ausbilderin« befindet, und es scheint die Zeit unterhaltsam zu verbringen. Mehrere Nächte lang wird es von initiierten Mädchen in die »Mysterien« (chinyangi) der Mädchen-Initiation eingeweiht. Es wird ein Ritual zelebriert, dessen Bedeutung unklar ist. Zu ihm gehören Gesänge ... und herausfordernde Nackttänze, bei denen angeblich die Knaben manchmal heimlich zuschauen. Jeder Mann jedoch, den man beim Zuschauen erwischt, wird verprügelt. Es wird ein phallusähnlicher Gegenstand angefertigt, welcher der Novizin gezeigt wird, den die Männer jedoch nur gegen eine Gebühr betrachten dürfen. In manchen Nächten, in denen die älteren Mädchen bei der Novizin schlafen, kommen die jungen Männer und versuchen, mit mehr oder weniger Erfolg, mit ihnen (nicht mit der Novizin) geschlechtlichen Verkehr zu haben. Die den nächtlichen Tätigkeiten zeremonieller und anderer Art zugrundeliegenden Themen sind überwiegend sexuell gefärbt und enthalten keine direkten Instruktionen oder schikanösen Handlungen. Am Ende des Monats befreit ein weiteres Ritual das Mädchen aus der Seklusion, wobei es mit Butterfett eingerieben und mit Perlen geschmückt wird, die alle Frauen der Nachbarschaft gesammelt haben. Nun ist das Mädchen »Braut« (omoriakari) und stolziert mit anderen frisch initiierten und ähnlich geschmückten Mädchen auf dem Marktplatz und sogar in Kisii-Town umher. Beide, sowohl die Eltern als auch die frisch initiierte Tochter, sind außer sich vor Freude über ihren neuen Status.

Nach der Initiation wird das Leben und Verhalten des Mädchens, obgleich es erst neun Jahre alt ist, von der Aussicht auf Heirat bestimmt. Vor allen Dingen wird es heutzutage als notwendig erachtet, dass ein initiiertes Mädchen gut gekleidet und gepflegt ist. Es kann nicht mehr die alten Lumpen aus seiner Kinderzeit tragen und bekommt bei Beendigung seiner Seklusion ein oder mehrere im Laden gekaufte Kleider geschenkt. Zu diesem Zeitpunkt beginnt es auch, ein Kopftuch zu tragen und viel Zeit mit der Pflege seiner Kleidung und seines Körpers zu verbringen. Diese Betonung der Reinlichkeit ist für Mädchen zwischen Initiation und Heirat typisch, kleine Mädchen und verheiratete Frauen hingegen achten nicht so sehr auf ihre äußere Erscheinung. Es ist typisch für die neun- und zehnjährigen Mädchen, dass sie zum Fluss gehen, angeblich um Wasser zu holen, und dann einige Stunden lang dort bleiben und Beine, Arme, Kopf und Kleider mit Seife waschen. Oft sind die Mütter über dieses Verhalten aufgebracht, besonders dann, wenn dadurch die Mahlzeiten hinausgezögert werden. Dennoch scheinen sie wenig dagegen zu unternehmen. In der Sorge um ihr Aussehen achten die Mädchen in den ersten Jahren nach der Initiation auf die Anzeichen der beginnenden Pubertät an sich und anderen; man kann sie z. B. dabei überraschen, wie sie über den Beginn der Entwicklung von Brüsten bei ihren Freundinnen reden. Sobald sie sich zu jungen Frauen entwickelt haben, gehen sie in Gruppen zum Markt, um gesehen und vielleicht von Knaben und jungen Männern angesprochen zu werden. Eine andere bedeutsame Folge der Initiation für Mädchen ist das Anknüpfen enger Beziehungen zu Mädchen aus der Nachbarschaft oder der Siedlung, die im gleichen Jahr initiiert worden sind. Nach der Initiation kommen die Mädchen im allgemeinen zusammen, um in Gruppen zum Markt zu gehen. In der Pflanzzeit, die auf ihre Initiation folgt, arbeiten die Mädchen einer Nachbarschaftsgruppe in Nyansongo jeden Morgen gemeinsam auf den Feldern. Tatsächlich ist die Bezeichnung für die umschichtige gemeinsame Arbeit der Frauen, egesangio, eng mit dem Wort omo gesangio (Altersgenossin) verwandt. Die sozialen Bindungen, die auf dem Initiationserlebnis beruhen, sind dennoch für die Mädchen von verhältnismäßig kurzer Dauer, da sie nach der Heirat zu verstreut leben, um sie aufrechterhalten zu können. Dennoch schafft diese Gruppenarbeit der Initiierten, die fünf oder sechs Jahre besteht, die Grundlage für die Verträglichkeit der Frauen, wenn sie verheiratet sind und in ähnlichen Gruppen arbeiten.

Das Verhalten der heute heranwachsenden Mädchen zu kontrollieren, ist für die Eltern in Nyansongo ein schwieriges Problem, das hauptsächlich darin besteht, dass das Mädchen nach jungen Männern Ausschau hält, die ihm Geschenke geben und es umschmeicheln, und dass es ihnen als Gegenleistung sexuell entgegenkommt oder sogar mit ihnen auf und davon geht. Auf der anderen Seite sehen die Eltern ein heranwachsendes Mädchen als Familienmitglied an, das sie nach der Heirat gezwungenermaßen verlässt und das die Eltern, die sich die Mühe gemacht haben, es aufzuziehen, zumindest mit einem stattlichen Brautpreis in Form von Rindern entschädigen kann. Am meisten fürchten sie, dass es mit einem leichtsinnigen jungen Mann, der kein Vieh besitzt, davonläuft, und zum anderen, dass sie schwanger wird oder in den Ruf gerät, ein »Flittchen« zu sein -- beides Dinge, die sie als Ehefrau unerwünscht werden lassen. Heutzutage ist die Angst der Eltern, das Mädchen könne davonlaufen und seine Eltern ohne den traditionellen Brautpreis in Rindvieh zurücklassen, durchaus begründet; denn der Mangel an Vieh und der hohe Brautpreis führten wirklich dazu, dass die Mädchen immer häufiger davonliefen. Die Angst der Eltern ist so groß, dass sie sich auf sämtliche Eltern-Tochter-Beziehungen auswirkt. In einem Extremfall sagte man zu einem neunjährigen Mädchen, das eine Anordnung der Mutter nicht befolgen wollte: »So, du gehorchst deiner Mutter nicht? Du wirst wahrscheinlich davonlaufen und sie ohne Vieh lassen!« Da das durchschnittliche Heiratsalter bei fünfzehn Jahren liegt, wird das Problem des Davonlaufens im allgemeinen nicht lange vor dem zwölften oder dreizehnten Lebensjahr akut. In dieser Zeit hegen die Eltern, insbesondere der Vater, recht ambivalente Gefühle gegenüber der Tochter. Die Tochter fängt an, sich schlecht zu benehmen, reagiert auf die Anordnungen der Mutter mit Geringschätzigkeit und bleibt dem Hause länger fern, als sie es nach Ansicht der Eltern sollte. Sie möchten sie strafen, um derlei Benehmen entgegenzutreten; sie fürchten jedoch, dass ihr durch die Bestrafung noch mehr Anreiz gegeben wird, das Haus zu verlassen und die Eltern somit wirtschaftlich zu schädigen. Dieser Konflikt wird am Beispiel eines Nyansongo-Vaters deutlich, der uns stolz einen Plattenspieler und Schallplatten zeigte, die er gekauft hatte, um seine fünfzehnjährige Tochter zu Hause unterhalten zu können. Als sie einige Monate später erst bei Dunkelheit vom Markt zurückkam, wurde der Vater zornig, verprügelte sie (was Väter gegenüber initiierten Mädchen nicht tun sollten) und drohte sogar, sie zu töten. Dieses Verhalten ist nicht selten und endet oft damit -- wie in dem angeführten Fall --, dass der Vater überstürzt die Heirat mit einem Mann in die Wege leitet, der fähig und willens ist, mit Vieh zu bezahlen. Das Mädchen sehnt sich nach der Romantik und Aufmerksamkeit, die von jungen Männern geboten wird, zögert jedoch aus Angst vor den Pressionen und den Bestrafungen des Vaters, sich sexuell und emotionell zu binden. Sehr typisch ist, dass das Mädchen mit großer Angst vor Schwangerschaft und Entdeckung sexuelle Beziehungen zu mehreren Jungen aufnimmt. Alle Mädchen hatten vor der Heirat bereits Geschlechtsverkehr gehabt, wenngleich eine Schätzung der durchschnittlichen Häufigkeit dieser Beziehungen unmöglich ist. Wenn der Vater nicht schnell genug handelt und eine Heirat mit jemandem arrangiert, mit dem sie zu leben bereit ist, mag sie selbst den Konflikt lösen, indem sie mit einem Mann ihrer eigenen Wahl, der dem Vater kein Vieh zahlt, davonläuft. Deshalb wird es für die Eltern eines Nyansongo-Mädchens, das dazu bestimmt ist, nach der Heirat das Gehöft zu verlassen und nie mehr dorthin zurückzukehren, immer schwieriger, das Leben ihrer Tochter zu kontrollieren, nachdem die Initiation ihr den Status der unverheirateten Frau verliehen hat."

[Übersetzung aus: Inititiation : Zeremonien der Statusänderung und des Rollenwechsels. Eine Anthologie / hrsg. von Volker Popp. -- Frankfurt a. M. : Suhrkamp, ©1969. -- (Suhrkamp Wissen). -- S. 45 - 59]


9. Unverheiratete Erwachsene  


"In der Zeit nach der Initiation verfügt der junge Mann über die größte Selbständigkeit. Geachtet, aber noch ohne Familienlast, hat er eine Bewegungsfreiheit, die, je nach Gegend, verschiedene Formen annehmen kann: In den Dörfern Ostafrikas leben die jungen Männer einer gleichen Altersklasse bis zu ihrer Heirat im Männerhaus zusammen. Die Bororo, ein viehzüchtender Nomadenstamm, vertrauen den frisch Initiierten einen Teil ihrer Herden an; die jungen Leute schlagen mit den Tieren eine Wanderrichtung ein, die sie für mehrere Monate vom Rest des Stammes trennen kann. Sie finden anlässlich eines großen Festes zur Gemeinschaft zurück, im Zeitpunkt, zu dem sich auch alle Herden wieder vereinigen und die «Salzkur» durchmachen: Während einiger Tage trinken die Tiere soviel Brackwasser, wie sie mögen, und nehmen dabei das Salz auf, dessen ihr Organismus bedarf. Während dieser Zeit veranstalten die jungen Männer ein Wett-Tanzen, bei dem sie reich mit Schmuck behangen sind und ihr Gesicht mit lebhaften Farben bemalt haben; im Laufe dieses Tanzfestes wählen sich die heiratsfähigen jungen Mädchen ihre künftigen Gatten aus.

Bei den sesshaften Volksstämmen, die das Niger- oder das Senegalbecken bewohnen, benutzen die jungen Leute die Zeit ihrer Freiheit, um «die Reise» in die Städte der Küstenregion zu machen. Sie ziehen in kleinen Gruppen aus und bleiben einige Monate in Dakar, in Accra, in Abidjan. Wie wenig sie auch in dieser Zeit verdienen mögen: es ist doch diese bescheidene Summe, die es ihnen schließlich ermöglicht, zu heiraten."

[Gontard, Afrika, 1976. -- S. 57]

Man wird oft erst als erwachsen betrachtet, wenn man geheiratet hat und eigene Kinder hat. Erst dann ist man ein anerkanntes, vollwertiges Mitglied der Gesellschaft. Man muss für seinen Lebensunterhalt sorgen und seine Kinder erziehen.


10. Heirat und Familienleben


Zu Heirat und Familienleben siehe:

Entwicklungsländerstudien / hrsg. von Margarete Payer. -- Teil I: Grundgegebenheiten. -- Kapitel 15: Frau und Mann : Schwerpunkt Afrika / von Sibylle Luptovits und Friederike Gerland. -- URL: http://www.payer.de/entwicklung/entw15.htm

"Für den jungen Afrikaner bedeutet die Heirat nicht notwendigerweise den Ausbruch aus dem Familienverband. Das junge Paar kann die Wohnstätte der einen oder anderen Familie als Domizil wählen oder doch seine Hütte in deren unmittelbaren Nähe errichten. Ein solches Zusammenleben ist in Europa infolge der starken Verstädterung selten geworden. Es hat indessen nicht alle jene Vorzüge, die ihm von Leuten zugeschrieben werden, die dazu neigen, sich von überlieferten Lebensformen eine idyllische -- Vorstellung zu machen. Zwar  sind höhere Löhne, Komfort und technische Erleichterungen gewichtige Gründe für die Landflucht, aber eines ihrer Hauptmotive dürfte doch auch der Wunsch der Jungen sein, ihr Dorf zu verlassen, um sich der lastenden und täglichen Bevormundung durch Familie und Dorfälteste zu entziehen. Der junge Mann kann sich nicht weigern, das Feld seines Onkels mütterlicherseits vor dem eigenen zu bestellen; wenn die Ältesten, was oft vorkommt, beschließen, das Dorf zu verlegen, so können die Jungen diesem Entschluss keinen Widerstand entgegensetzen, noch haben sie die Möglichkeit, sich den Bau- und Einrichtungsarbeiten zu entziehen, die eine solche Umsiedelung mit sich bringt. Die Ältesten, die meist tiefe Lebensweisheit beweisen, wenn es darum geht, einen Streit zu schlichten, haben andererseits nicht immer die Gabe, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, wenn es darum geht, das Dorfleben für die Jungen verlockender zu gestalten. So kommt es zum Beispiel häufig vor, dass sie die Ernte eher einem Einzelhändler verkaufen, der sie in bar, aber zu einem niedrigen Preis bezahlt und beim Wägen betrügt, anstatt dass sie dem Rat der Jungen folgen, die es zu Recht vorzögen, die Ernte einer amtlichen Institution zu überlassen, die ihre Zahlungen über mehrere Monate verteilt, die aber nicht den Preis drückt." [Gontard, Afrika, 1976. -- S. 59f.]

11. Alter


Abb.: Alte Afrikanerin (©Corbis)

Wenn die Menschen alt werden, heißt das, dass sie nicht mehr arbeiten können und somit nicht mehr zur Ernährung beisteuern. Je nach Gesellschaft geht man verschieden mit den Alten um. In manchen werden sie als Respekts- und Autoritätsperson behandelt, in anderen haben sie einen niederen Status und in wieder anderen werden sie getötet, weil man sie nicht mehr mit ernähren kann, sie werden oft sich selbst überlassen. Wenn ein Stamm arm ist und man sich seine Nahrung jeden Tag erarbeiten muss, sind die Alten eher ein unvermeidbares Übel, oder eine Last. Man kann sich kaum selbst ernähren, da versucht man natürlich unnötige, unproduktive Esser zu vermeiden, bevor man selbst verhungert.

"Im Gegensatz zum Schicksal, das alte Menschen in Europa allzu oft erleiden, bewahrt der Greis in Afrika seine Stellung innerhalb der Gemeinschaft. Der sogenannte Fatalismus, der den Afrikanern gern zugeschrieben wird, ist nichts anderes als der Ausdruck jener Gelassenheit, die sie aus der Gewissheit schöpfen, auf gar keinen Fall in ihren alten Tagen verlassen zu werden. Die leichten Arbeiten, für die man ihnen die Verantwortung anvertraut, so lange sie die Kraft haben, sie auszuführen, stützen ihr Selbstgefühl und bewahren sie vor der Sorge, der Gemeinschaft zur Last zu fallen.

Die außerordentliche Persönlichkeit mancher Greise flösst eine Achtung ein, die mit den Jahren noch wächst: Dies trifft zum Beispiel auf die besten Erzähler zu, die Träger der mündlichen Überlieferung sind und deren Gedächtnis der Gruppe als geschichtliches Archiv dient. Es gilt auch für diejenigen, die in die Geheimnisse der traditionellen Medizin eingeweiht sind, oder für Männer, die ein abenteuerreiches Leben gehabt haben oder weit gereist sind -- etwa Mitkämpfende in früheren Kriegen oder Mekka-Pilger. Auch einzelne Kunsthandwerker haben eine Ausstrahlung, die über ihr tätiges Leben hinaus andauert; ich kenne zum Beispiel einen früheren Goldschmied aus dem Niger, der blind geworden ist und der regelmäßig von jüngeren Goldschmieden besucht wird -- zum Teil von sehr weit her -- die ihn um Rat fragen und die Erfahrung des Meisters ehren."

[Gontard, Afrika, 1976. -- S. 62]


12. Tod und Leben nach dem Tod


Abb.: Totenschädel-Kultstätte der Dowayo (Kamerun) [Foto: Gardi, René: Kirdi. -- Zürich : Büchergilde Gutenberg, 1957. -- Abb. 123]

"Die Dowayos glaubten an die Wiedergeburt. Das sei wie dem Bier in Garoua [Kamerun] erklärten sie: Die Menschen glichen Flaschen, die mit Geist gefüllt werden müssten. Wenn sie starben und begraben wurden, sei das so, als schicke man eine leere Flasche zurück in die Fabrik."

[Barley, Nigel: Traumatische Tropen : Notizen aus meiner Lehmhütte. -- Münchenn : dtv, 1997. -- (dtv ; 12399). -- ISBN 3423123990. -- Originaltitel: The innocent anthropologist (1986). -- S. 54. ]

"Die afrikanische Gelassenheit hat aber auch noch tieferreichende Gründe: Hier, wie überall auf der Welt, hat der Mensch versucht, für den Tod eine Erklärung zu finden, die für die Lebenden annehmbar ist. Der Tod kann durch die Unzufriedenheit eines Vorfahren verursacht sein, dem man nicht die gebührende Achtung erwiesen hat, oder durch die Böswilligkeit eines lebenden oder toten Angehörigen einer fremden Sippe, der über eine magische Kraft verfügt, welcher man wehrlos ausgeliefert ist.

Solche Erklärungen erheben nicht den Anspruch, etwas über die Allgemeingültigkeit und Unausweichlichkeit des Todes auszusagen. Man trifft im metaphysischen Gedankengut der Afrikaner nur selten Theorien, die auf diesen fundamentalen Aspekt eingehen; nur ganz vereinzelte Stämme führen die Notwendigkeit des Sterbens auf einen vom totemistischen Ahnen begangenen Fehler zurück -- oder auf sein Pech. Aber die meisten Afrikaner sind solchen Spekulationen abhold; sie ziehen es vor, den Tod des Einzelnen im Zusammenhang mit der Fortdauer ihres Geschlechts zu sehen -- ein Zusammenhang, der im Ahnenkult seinen Ausdruck findet. Diese Vorstellungen geben dem Einzelnen den Trost, dass er nicht einfach verschwinden, sondern in der Erinnerung seiner Nachkommen und im Kult, den sie ihm zukommen lassen werden, in einem gewissen Sinne fortleben wird. Dies ist einer der Gründe, warum man Wert darauf legt, direkte Nachkommen zu haben, die den Kult ihres Vorfahren mit besonderem Eifer pflegen werden. Der Greis fühlt sich nie vom Vergessen bedroht. Er sieht sich als ein Glied in der Kette, die bis zu seinem mythischen Ahnvater zurückreicht und deren sichtbare Glieder seine Eltern, er selber und seine Kinder sind. Die künftigen Generationen werden die Kette in die Zukunft fortsetzen.

Diese entdramatisierende Haltung gegenüber dem Tod kommt in den Bestattungszeremonien und den damit verbundenen Festlichkeiten klar zum Ausdruck; in ihnen zeigt sich sehr stark die kollektive Akzeptation des Todes des Einzelnen. Der Schmerz der Angehörigen äußert sich laut und in aufsehenerregender Weise nach einem Brauch, der nicht ohne Ähnlichkeit ist mit Trauerriten, wie sie in den Mittelmeerländern üblich sind. Die Familienmitglieder bestreuen ihren ganzen Körper mit Asche und tanzen dann stundenlang immer nach dem gleichen Rhythmus. Klageweiber gesellen sich zu der Witwe und stimmen in ihr Wehgeschrei ein. An einem anderen Ort tanzen die Männer des Dorfes nach einem Trauerrhythmus während der ganzen Zeit, die die Herrichtung der Leiche beansprucht. Im allgemeinen wird der Tote auf sehr einfache Art bestattet, vor seinem Haus, wie bei gewissen Ibo-Stämmen, oder in einer Höhle an einem Steilfelsen, wie bei den Dogon. Die Fali haben ein viel komplizierteres Ritual: Sie umwickeln den Körper mit Baumwollstreifen auf eine Weise, die an die ägyptischen Mumien erinnert, und legen ihn in ein großes Tongefäss, das sie dann, weit vom Dorf, an einem Ort bestatten, dem im Leben des Toten eine besondere Bedeutung zugekommen war.

Auf diese Klagephase folgt, ohne Übergang, die Freudenphase, an der alle teilnehmen, jeglicher Dorfbewohner, ganz gleich, wie alt er ist und wie nahe oder entfernt verwandt er mit dem Verstorbenen war. So äußert sich der Glaube der Oberlebenden an die Fortdauer der Sippe. Die Tänze, die nun weniger starren Vorschriften folgen, lassen auch die Improvisation zu. Hirsebier und Palmwein fließen in Strömen. Die Festlichkeiten können sich über mehrere Tage ausdehnen: Mit einiger Wahrscheinlichkeit werden die letzten Augenblicke der Gegenwart des Toten auf Erden das dauerhafteste Andenken hinterlassen." [Gontard, Afrika, 1976. -- S. 62f.]

Der Tod ist in fast allen Gesellschaften mit einem Ritual verbunden. Genauso, wie man ein neugeborenes Kind willkommen heißt und in der Gesellschaft aufnimmt, genauso nimmt man Abschied von dem Verstorbenen. Manche glauben, der Mensch geht, wenn er stirbt, in eine andere Existenz über (Geist, Ahne). Für andere verlässt der Mensch mit seinem Tod für immer die Gesellschaft, oder wieder andere glauben, dass der Mensch wiedergeboren wird. Das Ritual beim Tod signalisiert oft den Übergang in eine andere Existenz.

Es gibt viele verschiedene Rituale, Begräbnis, Verbrennung, Zurücklassen, an einen bestimmten Ort bringen usw. Diese Rituale machen den Schmerz leichter und man hat die Möglichkeit, sich bewusst mit dem Tod auseinanderzusetzen und bewusst Abschied zu nehmen.

Abb.: "Friedhof" mit mumifizierten Leichen, Papua-Neuguinea (©Corbis)

"Wir halten uns die ganze Zeit im Hof [eines Hauses in einem Dorf in der Nähe von Kampala, Uganda] auf. Ein Objekt, das sofort die Aufmerksamkeit auf sich lenkt, ist eine quadratische Steinplatte mitten im Hof -- das Ahnengrab, niasiro. Es gibt in Afrika ganz unterschiedliche Begräbnisriten. Einige Waldstämme legen ihre Verstorbenen einfach in den Busch --  damit sie von wilden Tieren gefressen werden. Andere Stämme begraben die Toten auf einfachen, schmucklosen Friedhöfen. Es gibt auch welche, die ihre Toten im Boden des Hauses bestatten, in dem sie wohnen. Meist werden sie jedoch in der Nähe des Hauses begraben -- im Hof oder im Garten, um sie in der Nähe zu haben, um ihre aufmunternde Anwesenheit zu spüren. Der Glaube an die Geister der Vorfahren, ihre schützende Kraft, ihre wachsame Aufmerksamkeit, ihre Ermutigung und Gewogenheit ist stets lebendig und eine Quelle der Hoffnung und des Vertrauens. Wenn wir sie in unserer Nähe haben, fühlen wir uns sicherer, wenn wir nicht wissen, was wir tun sollen, kommen sie uns mit Rat zu Hilfe und bewahren uns -- was sehr wichtig ist -- davor, einen falschen Schritt zu tun oder vom richtigen Weg abzuweichen. Jedes Haus, jeder Hof besitzt daher zwei Dimensionen: die sichtbare, greifbare und diese verborgene, geheimnisvolle, heilige, und der Mensch bemüht sich, regelmäßig sein Elternhaus, das Haus der Ahnen, zu besuchen, soweit ihm das möglich ist -- dort schöpft er neue Kraft und findet er eine Bestärkung seiner Identität."

[Kapuscinski, Ryszard <1932 - >: Afrikanisches Fieber : Erfahrungen aus vierzig Jahren. -- Frankfurt a. M. : Eichborn, ©1999. -- (Die andere Bibliothek). -- ISBN 3821844833. -- S. 160f. ]


12.1. Zum Beispiel: die Matakam in Kamerun


Abb.: Ungefähre Lage des Wohngebiets der Matakam (©Mindscape)

"Frauen dürfen niemals im Hause sterben! Ein Mann stirbt im Innern seines Gehöftes, die Frau stets außerhalb!

Abb.: Alte Matakam-Frau, zum Sterben ausgesetzt

[Quelle der Abb.: Gardi, René: Mandara : unbekanntes Bergland in Kamerun. -- Zürich : Orell Füssli, ©1953. -- Abb. 72]

Oben am «Pic de Méri» fanden wir bei einem Gehöft der Mofu, an einen schiefliegenden Felsbrocken gelehnt, eine uralte Frau, die dort auf das Sterben wartete. Sie war alt, ihre Zeit war um, und die Verwandten erwarteten, dass sie nun bald sterben werde. So hatten sie die Alte, die nicht mehr gehen konnte, vors Haus getragen und auf den warmen Fels hingelegt. Dort lag sie und wartete, dass ein Todesengel sie abhole. Sie war überaus mager, die Haut runzlig-lederig, die Augen ohne jeden Ausdruck, und man brauchte kein Arzt zu sein, um zu wissen, dass sie wirklich nicht mehr lange leben konnte. Vielleicht starb sie in der nächsten Nacht, vielleicht eine Woche später, ich weiß es nicht, aber die Angehörigen hatten jedenfalls vorgesorgt, sie aus dem Gehöft entfernt, um sich nicht überraschen zu lassen. Denn Frauen dürfen nicht im Gehöfte sterben!

Wird ein Mann im Kriege verwundet oder bei der Jagd vom Panther verletzt, dann trägt man ihn heim in sein Gehöft, damit er im Dzao-Dzao sterben könne. Stirbt ein Mann außerhalb seines Gehöftes, dann trägt man ihn heim und wäscht und salbt ihn in seinem Hause. Die Frau dagegen wird hinter dem Hause, dort, wo sie ihre Kinder geboren hat, gewaschen, geölt und rot gefärbt und dann erst ins Haus getragen, wenn kein Zweifel mehr besteht, dass sie ganz tot ist.

Stirbt eine Frau nun doch im Hause, so ist das ein großes Unglück für das Gehöft, und es kann sein, dass es verlassen werden muss. Der Mann baut sich, vielleicht keine Steinwurflänge vom alten entfernt, ein neues Heim.

Die grausame Sitte, sterbende Frauen ins Freie zu tragen, wird folgendermaßen erklärt: Eine Frau kehrt immer wieder dorthin zurück-, wo sie gestorben ist. Starb sie in ihrem Hause, so kann der Mann nicht mehr heiraten, denn keine andere Frau wird mehr sein Gehöft betreten und dort bleiben, weil die Tote jede Nacht zurückkommen wird, sie zu plagen und zu würgen. Will der Mann also wieder heiraten, dann muss er dafür sorgen, dass seine Frau außerhalb des Gehöftes stirbt.

Er selber kann ruhig in seinem Hause, das er ja selber gebaut hat, die Augen schließen. Kranke Kinder, die stets dem Vater gehören, nie der Mutter, dürfen ebenfalls unter einem Dache auf den Tod warten."

[Gardi, René: Mandara : unbekanntes Bergland in Kamerun. -- Zürich : Orell Füssli, ©1953. -- S. 178f.]


12.2. Zum Beispiel: Totenkult in Mexiko


Abb.: José Guadalupe Posada <1851 - 1913>: "Catrina", die Symbolfigur des mexikanischen Totenfestes

Jedes Jahr am 1. und 2. November findet überall in Mexiko das Fest der Toten (Dia de los Muertos) statt. Dieses Fest beherrscht dann das ganze Land. Das Grundthema ist der Besuch der Toten bei ihren Verwandten.

Abb.: Lage von Mexiko (©Mindscape)

"Unser Gastgeber in Mizquic [in der Nähe von Mexiko City] erzählt uns: »Mein Großvater hat unseren Hof aufgebaut und uns zu einer der wichtigsten Familien in Mizquic gemacht. Wir bearbeiten fruchtbares Land; die Leute sagen, es stammt noch von den Flößen, die die Azteken früher einmal im See gebaut haben, um Felder zu gewinnen. Natürlich, es ist harte Arbeit; bei den vielen Kanälen kann man keine Maschinen einsetzen. Und das Vieh muss auch im Hof bleiben. Aber es ernährt uns.

Mein Vater war ein Schürzenjäger und das ist dem Hof nicht gut bekommen. Ich musste ganz nett schuften, um ihn wieder hochzubringen.

Natürlich laden wir auch meinen Vater zum Totenfest ein; er wird genauso behandelt wie der Großvater. Er hat nicht so viel für die Familie getan, aber das wollen wir ihn nicht spüren lassen. Wenn wir die Toten in unser Haus einladen, sollen sie sich wohlfühlen und mit uns feiern; nicht gestraft werden ... «

»Jeder Tote wird in ein Haus eingeladen. Die Toten bekommen nur für einen Tag Urlaub aus dem Jenseits, um sich hier mit den Lebenden zu vergnügen. Da können sie ja nicht überall herumlaufen! Sie haben einen weiten Weg und wollen sich ausruhen. Deshalb bauen wir die Ofrendas auf; als Einladung und Stärkung für die Toten. Sie brauchen Wasser und etwas zu essen; Kerzen und Weihrauch, um sich zu erfreuen. Und die gelben Blumen, um uns überhaupt zu finden. Die Toten können nur gelb sehen... -- deshalb hängen wir ihnen auch eine Laterne vor das Hoftor.

Abb.: Gelb für die Toten: Indio an Grab nachdem er die ganze Nacht dort Nachtwache gehalten hat, Tzurumtaro, Mexiko  (©Corbis)

Essen können sie nicht; sie nehmen alles durch den Geruch auf. Man sagt, anschließend sind die Nahrungsmittel ganz kraftlos; früher hat man sie weggeworfen oder den Armen gegeben. Das tun wir nicht mehr... « ...

Das Wort »Ofrenda« ist schwer zu übersetzen. Oft wird es als »Altar« oder »Opfer« interpretiert. Uns scheint diese Übersetzung falsch: sie klingt zu stark nach religiöser Zeremonie. In Wirklichkeit ist es eine Mischung aus Religion und ganz weltlichem Fest: Die Toten kommen, man bittet für sie bei Gott. Gleichzeitig wird gefeiert, als wenn ein lebender Verwandter käme. Das Wort »Einladung« trifft den Sachstand am besten. ...

Die Ofrenda ist teuer und belastet die Familie. Für Tote des letzten Jahres wird ein besonderer Aufwand getrieben. In Ocotepec findet während der Woche, die dem Fest vorausgeht, täglich ein Rosenkranzgebet im Haus statt, zu dem Freunde kommen, Kerzen bringen und bewirtet werden müssen. Diese Kerzen werden später auf der Ofrenda verwandt; allein schon deshalb haben »neue« Tote prachtvollere Einladungen.

Abb.: Zum Totenfest geschmückter Schrein, Acatlan, Mexiko (©Corbis)

Man besucht sich während des Festes; die Gäste müssen bewirtet werden. Der Tote muss neu eingekleidet werden. Die Ofrenda wird zum Anlass für Haushaltseinkäufe. Auch wenn all die Teller, Tassen, Kleidungsstücke so gekauft werden, dass sie später weiterverwendet werden können, der Geldbeutel der Familie wird arg strapaziert! Dennoch werden auf dem Lande in beinahe jedem Haus die Toten eingeladen.

Neben Wasser, Kerzen, Weihrauch und Blumen sind auf jeder Ofrenda Nahrungsmittel; besonders Totenbrot und Mole (eine spezielle Chili-Sauce mit Schokolade) mit Geflügel. Wie stark sie ausgeschmückt wird, hängt dann vom Reichtum der Familie ab. Erste Ausschmückungselemente sind Totenschädel aus Zuckerguss, die man beinahe überall findet. Oft werden Lieblingsgetränke und -zigaretten des eingeladenen Toten hingelegt; für Kinder ihr Lieblingsspielzeug.

In letzter Zeit gibt es richtige Wettbewerbe um die schönste Ofrenda. Nippes und andere eigentlich unübliche Elemente werden jetzt integriert. Auf solchen Ofrendas werden die Produkte des Kunsthandwerks eingesetzt; für die meisten anderen Familien sind sie zu teuer und zudem nicht weiterverwendbar. Die Wettbewerbe haben das Bild der Ofrendas bunter werden lassen. Aber auch in touristisch stark besuchten Gebieten bleibt dies die Ausnahme, finden die meisten Ofrendas nicht mit Blick auf Fremde, sondern auf die eigene Familie und ihre Freunde statt.

Abb.: Für Totenfest dekoriertes Kreuz  (©Corbis)

Man soll nicht glauben, dass die Ofrendas ein gesetztes »Totengedenken« sind. Der 1. und 2. November sind Festtage, zu denen geliebte und vermisste Verwandte kommen. Es gibt keinen Anlass zur Trauer, sondern zur Freude.

Wie stark der Einzelne noch an den Besuch der Toten glaubt, lässt sich sehr schwer feststellen. Es gibt aus Mizquic Berichte, welch furchtbare Folgen es hat, wenn die Ofrenda nicht aufgebaut wird. Bis in die 50er Jahre konnten in Mizquic genaue Beschreibungen des Wegs ins und aus dem Jenseits notiert werden, Fragen nach der Gegenwart der Toten werden ausweichend beantwortet. Wahrscheinlich entspricht folgende Interpretation am ehesten der Wirklichkeit: Man glaubt an das Erscheinen der Toten, weiß zugleich, dass es eigentlich nicht möglich ist und kann es deshalb Fremden gegenüber schwer zugeben.

Da das Totenfest kein trauriges Gedenken ist, darf, ja soll es sogar Freude machen. Es ist ein Fest der Familien und gleichzeitig des Dorfes: man besucht sich (oder die Toten in den einzelnen Häusern?), die Kinder verkleiden sich, es gibt in Mizquic Umzüge durch den Ort. Bei den Kindern beginnen die Vorarbeiten schon Tage vor dem Fest: Kürbisse werden ausgehöhlt, um als Laternen verwendet zu werden, Verkleidungen entworfen. Gerade die Maskerade zeigt die Vielschichtigkeit des Festes: es ist Totenbesuch und Spiel; obwohl man sich eigentlich vor den Toten nicht graut, legen es Jugendliche doch sehr darauf an, Mädchen zu »erschrecken« -- und diese spielen begeistert mit.

Abb.: Maske bei Umzug am Totenfest, Mexico City  (©Corbis)

Das Fest überzieht das ganze Dorf. Für viele Berufszweige ist das Totenfest die wichtigste Saison: ganze Felder der Totenblumen, der hochständigen Tagetes (»Studentenblume«) werden angepflanzt; die Hersteller von Zuckerschädeln beginnen Monate im voraus mit der Produktion; ebenso die von Anstecknadeln, Scherenschnitten und Nippes. Diese Produkte werden nur während weniger Tage vor dem Fest verkauft, geben aber ganzen Handwerkszweigen Brot.

Abb.: Papiermache-Skelette vor einem Geschäft am Totenfest, Michoacan, Mexiko  (©Corbis)

Abb.: Detail  (©Corbis)

Während des Festes selber sind es vor allem die fliegenden Händler mit Kitsch, Kunst und Zuckerwaren sowie die Bäcker, die ihre Geschäfte machen. Kaum eine Bäckerei wird darauf verzichten, ihr Schaufenster »totentaggemäß« mit Calaveras zu schmücken. Die Märkte sind überlaufen von Blumen- und Süßwarenhändlern. Aber auch andere, »normale« Geschäfte und Marktstände haben erhöhten Umsatz: Zur Ausstattung der Ofrendas sind Stoffe, Geschirr, Decken, Weihrauch etc. nötig; das Totenfest entspricht wirtschaftlich beinahe unserem Weihnachten. Viele Händler benutzen es heute als Werbegag: mit Skeletten, die Sonderangebote ankündigen, mit Zuckergusstotenschädeln als Träger für Kopfhörer oder -- mit den Namen der Schriftsteller -- als Schaufensterdekoration in Buchhandlungen.

Abb.: Totenschädel aus Zuckerguss, Michoacan, Mexiko  (©Corbis)

Die Schädel sind das auffälligste Merkmal des Festes. Sie sind nicht nur Dekoration; sie werden durchaus auch gegessen. Man kann den Namen eines Verstorbenen darauf schreiben; dann »verleibt« man ihn sich im wahrsten Sinne des Wortes ein. Oder man schenkt ihn an Freunde, mit dem eigenen Namen: dann soll die Freundschaft über den Tod anhalten."

[Lebende Tote : Totenkult in Mexiko / Übersee Museum Bremen. -- Bremen : Übersee Museum, ©1986. -- ISBN 3821817151. -- S. 23 - 25]

Abb.: Schafe fressen die Überreste des Essens vom Totenfest, San Juan Chamula, Mexiko, 1980er Jahre  (©Corbis)


13. Weiterführende Ressourcen



13.3. Organisationen


UNFPA -- United Nations Population Fund. -- URL: http://www.unfpa.org/. -- Zugriff am 2001-02-22

UNICEF -- United Nations Children's Fund. -- URL: http://www.unicef.org/. -- Zugriff am 2001-02-22

United Nations Youth Information Network. -- URL:  http://www.un.org/esa/socdev/unyin/. -- Zugriff am 2001-02-22

terre des hommes Bundesrepublik Deutschland e.V. -- URL:  http://www.tdh.de/. -- Zugriff am 2001-02-22. -- ["Heute unterstützt terre des hommes über 300 Projektpartner in 25 Ländern, deren Ziel es ist, Kinder von materieller und seelischer Not, Unterdrückung und Ausbeutung zu befreien. terre des hommes fördert Selbsthilfeinitiativen und entsendet selbst keine Entwicklungshelfer."]

The Coalition to Stop the Use of Child Soldiers. -- URL: http://www.child-soldiers.org/. -- Zugriff am 2001-02-22. -- ["Convinced that the appalling situation faced by many child soldiers should no longer be tolerated by the international community, leading non-governmental organisations (NGOs) - the African Coalition to Stop the Use of Child Soldiers, Amnesty International, Defence for Children International, Human Rights Watch, International Federation Terre des Hommes, the International Save the Children Alliance, the Jesuit Refugee Service, the Latin American Coalition to Stop the Use of Child Soldiers, the Quaker UN Office (Geneva) and World Vision International - are heading the Coalition to Stop the Use of Child Soldiers"]


13.4. Andere Internetressourcen


The state of the world's children 1999 / UNICEF. -- URL: http://www.unicef.org/sowc99/. -- Zugriff am 2001-02-22. -- ["The State of the World’s Children 1999 report tells the stories of a world community unwilling to accept the consequences of illiteracy or to be denied the human right to a quality education. With the Convention on the Rights of the Child as a guiding framework, governments, policy makers, educators, community leaders, parents and children themselves are advancing an education revolution. Their goal—Education For All. Theirs is a broad vision of education: as a human right and a force for social change; as the single most vital element in combating poverty, empowering women, safe-guarding children from exploitative and hazardous labour and sexual exploitation, promoting human rights and democracy, protecting the environment and controlling population growth. And as a path towards international peace and security.
This report is on their efforts and their progress. The Convention on the Rights of the Child is clear: Education is the foundation of a free and fulfilled life. It is the right of all children and the obligation of all governments."]


13.5. Ressourcen in Printform


Africana : the encyclopedia of the African and African American experience / editors: Kwame Anthony Appiah ... -- New York, NY : Basic Civitas, ©1999. -- 2095 S. : Ill. -- ISBN 0465000711. -- [Unentbehrlich!]. 

Ariès, Philippe <1914 - 1986>: Geschichte der Kindheit. -- 12. Aufl. -- München : dtv, 1998. -- 587 S. -- (dtv ; 30138). -- ISBN 3423301384. -- Originaltitel: L'enfant et la vie familiale sous l'ancien régime (1960).. -- [Klassiker für das Abendland]. 

Ariès, Philippe <1914 - 1986>: Geschichte des Todes. -- 9. Aufl. -- München : dtv, 1999. -- 835 S. -- (dtv ; 30169). -- ISBN 3423044071. -- Originaltitel: L'homme devant la mort (1978). -- [Klassiker für das Abendland]

Barley, Nigel: Tanz ums Grab. -- Stuttgart : Klett-Cotta, ©1998. -- 305 S. : Ill. -- ISBN 3608918116. -- Originaltitel: Dancing on the grave : encounters with death (1995). 

Biasio, Elisabeth ; Münzer, Verena <1952 - >: Übergänge im menschlichen Leben : Geburt, Initiation, Hochzeit und Tod in außereuropäischen Gesellschaften. -- Zürich : Völkerkundemuseum der Universität, ©1980. -- 235 S. : Ill.

Broude, Gwen J.: Growing up : a cross-cultural encyclopedia. -- Santa Barbara, CA [u.a.] : ABC-CLIO, ©1995. -- 376 S. : Ill. -- (Encyclopedias of the human experience). -- ISBN 0874367670

The cultural context of aging : worldwide perspectives / ed. by Jay Sokolovsky. -- 2. ed. -- Westport, CT  [u.a.] : Bergin & Garvey, ©1997. -- 576 S. : Ill. -- ISBN 0897894537

Encyclopedia of Social and Cultural Anthropology / ed. by Alan Barnard ...-- London [u.a.] : Routledge, ©1996. -- 658 S. -- ISBN 041520318X. --  [Empfehlenswert!]. 

Kinder unserer Welt / Charlotte Peters, Kurt Ulrich, Rolf D. Schürch, Michael Merz. -- Neuenburg : Avanti, ©1984. -- 158 S. : Ill.

Lexikon Dritte Welt / hrsg. Dieter Nohlen. -- Vollständig überarbeitete Neuausgabe. -- Reinbeck : Rowohlt, ©2000. -- (rororo ; 16527). -- 869 S. -- ISBN 3499606844. -- [sehr empfehlenswert]. --  

Sheper-Hughes, Nancy: Death without weeping : the violence of everyday life in Brazil. -- Berkeley, CA [u.a.] : University of California Press, ©1992. -- 614 S. : Ill. -- ISBN 0520075366. -- [sehr empfehlenswert]

Vivelo, Frank Robert: Handbuch der Kulturanthropologie: eine grundlegende Einführung. - - München : dtv, 1988. - 357 S. : Ill. -- ISBN 3-423-04470-5. -- Originaltitel: Cultural anthropology : a basic introduction (1978)


Zu Kapitel 17: Sprachen, Ethnien und Nationen