Informationsmarktverzerrung durch Fundamentalismus am Beispiel der USA

Kapitel 2: Kreationismus und/oder Evolutionstheorie


von Margarete Payer

mailto: payer@payer.de


Zitierweise / cite as:

Payer, Margarete <1942 - >: Informationsmarktverzerrung durch Fundamentalismus am Beispiel der USA. -- Kapitel 2: Kreationismus und/oder Evolutionstheorie. -- Fassung vom 2005-03-23. -- URL: http://www.payer.de/fundamentalismus/fundamentalismus02.htm

Erstmals publiziert: 2005-03-23

Überarbeitungen:

Anlass: Lehrveranstaltung an der Hochschule der Medien Stuttgart, Sommersemester 2005

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0. Übersicht



1. Motto


 


Abb.: Die Schöpfung. -- Luther-Bibel. -- 1534

I sing the mighty power of God, that made the mountains rise,
[or I sing th’almighty power of God…]
That spread the flowing seas abroad, and built the lofty skies.
I sing the wisdom that ordained the sun to rule the day;
The moon shines full at God’s command, and all the stars obey.

I sing the goodness of the Lord, who filled the earth with food,
Who formed the creatures through the Word, and then pronounced them good.
Lord, how Thy wonders are displayed, where’er I turn my eye,
If I survey the ground I tread, or gaze upon the sky.

There’s not a plant or flower below, but makes Thy glories known,
And clouds arise, and tempests blow, by order from Thy throne;
While all that borrows life from Thee is ever in Thy care;
And everywhere that we can be, Thou, God art present there.

Text: Isaac Watts (1674 - 1748), 1715; Melodie: William Henry Monk (1823 - 1889), 1868

Klicken Sie hier, um "I sing..." zu hören


2. Einleitung


Wenn man an die Bibel als unfehlbares Wort Gottes glaubt (Verbalinspiration), ist jede Aussage und Lehre, die im Widerspruch zu Aussagen der Bibel steht, eine Herausforderung. Dies war schon zur Zeit Galileis so. In der neueren Zeit ist die größte Herausforderung die Evolutionstheorie, die den biblischen Schöpfungsbericht als nicht wörtlich gültig darstellt. Viele Christen und christliche Denominationen wenden seit ca. 1550 alle möglichen Kunstkniffe an, um nicht klar und deutlich sagen zu müssen: "die Bibel steckt u.a. voller Irrtümer und ist deshalb nicht Gottes Wort, hat mit Gottes Wort nichts zu tun, sondern ist ein Literaturprodukt wie viele andere". Fundamentalisten dagegen haben den Mut, wegen der Bibel die Evolutionstheorie als falsch zu bezeichnen. Damit sie aber kein zu großes Opfer ihres Verstandes leisten müssen, haben intelligentere Fundamentalisten eine Creation Science geschaffen, die versucht, die Evolutionstheorie auf ihrem eigenen Feld zu schlagen. Auch Nichtfundamentalisten wie der Jesuit P. Paul Erbrich suchen krampfhaft nach Lücken in der Evolution (bei Erbrich die Teleologie), wo ein Lückenbüßergott "einspringen" muss.

Die Evolutionstheorie war ursprünglich eine Erschütterung für das gesamte Christentum. Erst allmählich arrangierten sich die verschiedenen christlichen Richtungen in unterschiedlicher Weise damit:

"Schöpfung, die Hervorrufung des Alls durch den göttlichen Willen aus Nichts, auf der israelitischen Kosmogonie beruhendes jüdisches und christliches Dogma, womit schon die Apologeten des 2. Jahrh. den meist zugleich Theogonien darstellenden Kosmogonien des Heidentums, insonderheit auch der griechischen Vorstellung von einer ewigen Materie gegenübertraten. Während Gott unter letzterer Voraussetzung nur Weltbildner wäre, betont daher schon das altkirchliche Taufbekenntnis gegenüber dualistischer Auffassung die Allmacht Gottes als des Vaters, d. h. des Weltschöpfers. Später unterschied man, um die griechisch philosophische und die christlich-religiöse Ansicht zu vermitteln, eine erste Schöpfung (die des Chaos) und eine zweite (die der sechs Tagewerke oder Zeiträume). Während man sich aber theologischerseits selbst neuerdings noch bemühte, die israelitische Schöpfungssage vor der neuern Naturkunde zu rechtfertigen und mit deren Ergebnissen auszugleichen, entschieden die Abhängigkeit jener von der babylonischen Sage, die Art und doppelte Gestalt der Überlieferung und der Widerspruch mit der Naturwissenschaft für die mythische Ansicht in mancherlei Formen, und auch streng bibelgläubige Theologen räumen heute ein, dass Aussagen über den Hergang der Entstehung der Welt und ihrer Gebilde nicht in den Bereich des christlichen Glaubens gehören, und dieser lediglich den der naturwissenschaftlichen Forschung völlig freien Raum lassenden allgemeinen Satz von dem Begründetsein der Welt in dem vernünftigen Willen Gottes zu behaupten hat. Während aber die konservativen Dogmatiker an der Vorstellung eines zeitlichen Schöpfungsaktes festhalten, sprechen die freier gerichteten von einem ewigen schöpferischen Wirken Gottes. Vgl. Zöckler, Geschichte der Beziehungen zwischen Theologie und Naturwissenschaft (Gütersloh 1877-79, 2 Bde.); Otto, Naturalistische und religiöse Weltansicht (Tübing. 1904); J. Wendland, Die S. der Welt (Halle 1905).

Unter dem Einfluss der geologischen Erkenntnis, dass der Bau der Erdrinde eine allmähliche Entstehungsweise verrät, und dass ihre Oberfläche in mannigfachen auseinander folgenden Epochen von den heute lebenden völlig verschiedene Tier- und Pflanzengeschlechter getragen hat, begann das Dogma von der plötzlichen Erschaffung des Weltalls, der Idee einer allmählichen Entwickelung der lebendigen wie der leblosen Welt Platz zu machen. Seit dem ersten Erscheinen von Buffons »Epochen der Natur« (1749) sind mehrfach Versuche aufgetaucht, zwischen dem mosaischen Schöpfungsbericht und der Geologie durch sogen. Konkordanz- oder Harmonisierungshypothesen zu vermitteln, indem man entweder den erstern nur auf die im Menschen gipfelnde letzte Schöpfung (in der sogen. Restitutionstheorie) bezog, oder die geologischen Perioden der Erdbildung als die bildlich zu verstehenden sechs Schöpfungstage der Bibel deutete. Nachdem Lyell wahrscheinlich gemacht, dass die Veränderungen der Erde nicht unter gewaltsamen Umwälzungen (s. Katastrophentheorie), sondern in ununterbrochener Folge, wie noch heute, vor sich gegangen sind, und seitdem durch Darwin die Ansicht einer Entwickelung der höhern Lebensformen aus niedern die Oberhand gewonnen hat, beschränken sich die Vermittelungsvorschläge der Theologen auf eine Rückkehr zum Standpunkt des heil. Augustin, der eine mittelbare Schöpfung (creatio indirecta) lehrte, wonach Pflanzen und Tiere, ja selbst der Mensch ursprünglich nur der Anlage nach erschaffen worden wären, um sich, wenn ihre Zeit gekommen sei, zu entwickeln."

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]


Dieses Kapitel besteht aus folgenden Teilen:


3. Weiterführende Ressourcen



Abb.: Edward J. Larson
[Bildquelle: http://www.law.uga.edu/academics/profiles/larson.html. -- Zugriff am 2005-03-18]

Larson, Edward J. (Edward John): Trial and error : the American controversy over creation and evolution. -- 3rd ed. Published. -- New York : Oxford University Press, 2003.  -- viii, 276 S. ; 22 cm.  -- ISBN: 0195154703.

["Trial and Error chronicles the enduring controversy over creation and evolution that has been contested in America's classrooms, courthouses, and state legislatures. Pulitzer Prize-winning author Edward J. Larson examines the often bitter struggle over the teaching of evolution in public schools, beginning with the publication of Charles Darwin's theory of evolution in 1859, which erupted on the national scene with the anti-evolution crusade and the Scopes trial during the 1920s. The controversy was rekindled in the 1970s, as demands to remove evolution from the classroom were supplemented with calls for the teaching of creation science alongside evolution. In this newly updated and expanded edition, Larson carries the story into the twenty-first century, detailing the rise of the "intelligent design" movement and recent battles over state science standards." (Rückentitel)]


Zu Kapitel 2.1.: Kreationismus