HBI weltweit

3. Australien

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Eine andere Perspektive: Australien und Südostasien als Mittelpunkt der Welt


3.08. Die State Library of New South Wales (SLNSW) -- ein Zentrum für Australiana

von Margarete Payer


Zitierweise / cite as:

Payer, Margarete <1942 - >: HBI weltweit. -- 3. Australien. -- 3.08. Die State Library of New South Wales (SLNSW) -- ein Zentrum für Australiana. -- Fassung vom 1997-01-02. -- URL: http://www.payer.de/hbiweltweit/weltw308.html. -- [Stichwort].

Letzte Überarbeitung: 1997-01-02

©opyright: Dieser Text steht der Allgemeinheit zur Verfügung. Eine Verwertung in Publikationen, die über übliche Zitate hinausgeht, bedarf der ausdrücklichen Genehmigung der Verfasserin.


Übersicht



Our mission is to inspire, educate, inform and entertain


0. Weiterführende Ressourcen


Ressourcen im Internet:

WWW Pages der State Library of New South Wales

Ressourcen in Printform:

Jones, David John <1946- >: A source of inspiration & delight : the buildings of the State Library of New South Wales since 1826. -- Sydney :Library Council of New South Wales, ©1988. -- 176 S. : Ill. -- ISBN 0-908449-24-0

Robertson, Anne <1937- >: Treaures of the State Library of New South Wales : the Australiana collections. -- Sydney : Collins, ©1988. -- 193 S. : Ill. -- ISBN 0-7322-2411-X


1. Zur Geschichte der SLNSW


siehe auch:

Short History of the SLNSW


1827

Australian Subscription Library and Reading Room in Sydney wird eröffnet. Sie hat ca. 1.000 Bände. Sie ist nur für Subskribenten offen, die den hohen Jahresbeitrag von 7 Guineen pro Jahr zahlen müssen (dies ist 15% des Jahreseinkommens eines Angestellten!). Frauen waren nicht zugelassen, Männer nur nach einem Aufnahmeverfahren:

"That any Gentleman, wishing to become a Subscriber, shall be proposed by a Member, and his Name recorded in the Library Room for at least three Weeks, before the next General Meeting, when all Gentlemen so proposed, shall be balloted for and admitted, if approved of by three-fourth of the members present."

[Rule 7 der Bibliotheksordnung, zitiert in: Jones, David John <1946- >: A source of inspiration & delight : the buildings of the State Library of New South Wales since 1826. -- Sydney : Library Council of New South Wales, ©1988. -- S. 11f.]

Die Bestände konzentrierten sich auf "seriöse" Literatur wie:

1830

Die Australian Subscription Library and Reading Room ist in finanziellen Schwierigkeiten, obwohl man versucht hatte, durch die Anschaffung populärerer Bücher mehr Mitglieder zu gewinnen. Man wendet sich an den Governor um Zuweisung eines städtischen Grundstückes. Dieser Antrag wurde bewilligt. In den folgenden Jahren zieht die Subscription Library ständig um.

1845

Die Australian Subscription Library and Reading Room erhält ein eigenes, speziell dafür errichtetes Bibliotheksgebäude. Der Vortragssaal der Bibliothek wird zu einem Treffpunkt der verschiedensten Vereine und Gesellschaften.

1846

Frauen werden offiziell zur Australian Subscription Library and Reading Room zugelassen (in den vorangehehenden Jahren hatte man sie stillschweigend geduldet).

1851

Die Australian Subscription Library and Reading Room ist in solchen finanziellen Nöten, daß sie einen hohen Bankkredit aufnehmen muß.

1853

Die Australian Subscription Library and Reading Room wird in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt, in der (nicht erfüllten) Hoffnung auf diese Weise Geld und Mitglieder zu bekommen.

1859

Das Bibliothekskommittee drängt den Premier, die Australian Subscription Library and Reading Room für die Kolonie New South Wales zu übernehmen und sie in eine öffentliche Bibliothek umzuwandeln. Die Bibliothek besitzt ca. 16.000 Bände. Die Übernahmeverhandlungen scheitern am Preis. Die Bibliothek gerät immer mehr in Schulden.

1869

Regierung von New South Wales kauft die Australian Subscription Library and Reading Room zu einem Spottpreis, rettet sie vor dem Bankrott, und nennt sie um in Free Public Library, Sydney. Im ersten Jahr tragen sich 60.000 Benutzer im Visitors' Book ein. Die Bibliothek sollte "seriös" sein. Deshalb hatte man schon vor der Neueröffnung ca. 2.000 Bände Unterhaltungsliteratur aus den Beständen der Australian Subscription Library and Reading Room entfernt. Man ist stolz, daß die Bibliothek nur noch wenig Versuchungen für Müßiggänger und Leichtsinnige bietet.

Für Frauen war ein eigener Raum reserviert. Ein paar Jahre später bereut man das, denn

"a few books have been discovered to be mutilated, and these the Trustees regret to say principally in the room set apart for the ladies, where the vigilance of the attendants cannot be as strictly exercised as in other parts of the Library."

[Zitat in: Jones, David John <1946- >: A source of inspiration & delight : the buildings of the State Library of New South Wales since 1826. -- Sydney : Library Council of New South Wales, ©1988. -- S. 26]

1877

Ausleihbibliothek als Teil der Free Public Library, Sydney wird eröffnet.

1878

Aufgrund eines Beschlußes der Legislative Assembly der Kolonie hat die Free Public Library, Sydney erstmals an einem Sonntag geöffnet. Dies führt zu empörten Protesten "frommer" und bildungsarroganter Kreise. Der Vorsitzende der Trustees schreibt empört an den Hauptbibliothekar:

"What is this philanthropy which would promote health and cheerfulness by opening that great dingy cavern of yours to the workingman, and wooing him, by books of voyages and travels, from healthy air and exercise? ... A Library is not a fit refuge for those who have heard sermons, nor, at all a reasonable substitute to indemnify those who have not."

[Zitat in: Jones, David John <1946- >: A source of inspiration & delight : the buildings of the State Library of New South Wales since 1826. -- Sydney : Library Council of New South Wales, ©1988. -- S. 31]

Trotz aller Proteste hat die Bibliothek seither bis heute an Sonntagen geöffnet.

1880

134.000 Benutzer.

1881

Free Public Library, Sydney beginnt mit Fernleihe: Bücherpakete werden kostenfrei an Institutionen und Individuen im Hinterland geschickt.

1890

156.000 Benutzer.

1895

Die Free Public Library, Sydney wird umbenannt in Public Library of New South Wales.

1896

Der Bibliotheksdirektor wird zum Registrar of Copyright und achtet darauf, daß das Legal Deposit eingehalten wird.

1898

David Scott Mitchell (1836 - 1907) bietet seine Sammlung von Australiana der Public Library of New South Wales als Geschenk an. Gleichzeitig vermacht er der Bibliothek &pound;20.000 (später auf &pound;70.000 erhöht). Die Sammlung enthält 61.000 Bücher, Handschriften, Karten und Bilder zu Australien, u.a. zwei Exemplare jedes Buches, das in Australien bis dahin gedruckt worden war sowie die allererste Zeitung. Die Stiftung ist an die Bedingung gebunden, daß die Sammlung beieinander bleiben muß. Die Regierung braucht sieben Jahre, bis sie Mitchell's Angebot annimmt, vor allem weil sie die Ausgaben für ein Gebäude für die Bibliothek scheute. Man war aber auch gar nicht daran interessiert, Dokumente aus der Sträflingszeit zu bewahren: die Zeugnisse dieser "unehrenhaften" Vergangenheit sollten besser verlorengehen.

1900

Die Ausbildung von Bibliothekarinnen ("experiment of training well-educated girls") war so erfolgreich, daß man sechs Bibliothekarinnen beschäftigt. Der Bibliotheksdirektor ist von Bibliothekarinnen nicht nur begeistert wegen deren "patience, calm investigation and earnestness of purpose", sondern auch wegen deren "readiness to accept a comparatively small salary" [!].

[Zitat in: Jones, David John <1946- >: A source of inspiration & delight : the buildings of the State Library of New South Wales since 1826. -- Sydney : Library Council of New South Wales, ©1988. -- S. 31-33]

Wegen der Pest in Sydney müssen alle ausgeliehenen Bücher bei der Rückgabe mit Formalin-Dampf desinfiziert werden. Ein Bibliothekar wird pestkrank (eine relativ seltene Berufskrankheit!).

592.000 Benutzer.

1906

Grundsteinlegung für den Mitchell-Trakt der Public Library.

1910

Die Mitchell Library wird eröffnet. (Photographie des Lesesaals der Mitchell Library)

1918

Die Bibliothekare werden angewiesen, für Benutzer spezielle Recherchen durchzuführen, besonders um Produzenten, technischen Chemikern und der Handelskammer (Board of Trade) beizustehen. Dies ist der Beginn des Research Service der General Reference Library.

Die Bibliothek benachrichtigt ihre regelmäßigen Benutzer individuell per Postkarte über Neuerwerbungen, die in das Interessengebiet des betreffenden Benutzers fallen. Man legt besonderen Wert auf den Erwerb von technischen Büchern und Zeitschriften. Man annonciert diese an Orten, wo man am ehesten potentielle Benutzer erreichen konnte. Die Bibliothek versteht sich in den Worten ihres Bibliotheksdirektors als University of the Workers.

Man erwirbt auch in großem Umfang Kataloge und Prospekte der verschiedensten Hersteller technischer Erzeugnisse.

1920

Die Bibliothek beginnt mit der Fernleihe von Kisten mit jeweils ca 40 Kinderbüchern an Schulen im Hinterland. Man beginnt mit 120 solcher "travelling libraries", deren Inhalt ausgesucht wird für das "heilsame Vergnügen" der Kinder im Hinterland. Die Trustees begünden diese Maßnahme so:

"It is realised that children in isolated communities are brought up under educational and social disadvantages, and it is important that during their school years they should be provided with good books."

[Zitat in: Jones, David John <1946- >: A source of inspiration & delight : the buildings of the State Library of New South Wales since 1826. -- Sydney : Library Council of New South Wales, ©1988. -- S. 68]

1929

Eröffnung des William Dixson Wing der Bibliothek. Sir William Dixon (1870-1952), ein Tabakfabrikant, war ein begeisterter Sammler von Bildern und Gemälden. Seine Gemäldesammlung bildet das Herzstück der Dixson Library (eröffnet 1959). Seine Stiftungen ermöglichten aber auch die systematische Ergänzung der Mitchell Library.

1939

Library Act.

1964

Die Bibliothek bekommt eine öffentliche Cafeteria.

1969

Die Public Library of New South Wales wird umbenannt in Library of New South Wales.

1975

Umbenennung der Library of New South Wales in State Library of New South Wales.

1978

Die Bestände des Staatsarchives werden auch räumlich ganz von der Bibliothek getrennt.

1988

Zur Zweihundertjahrfeier der weißen Besiedlung Australiens wird der Macquarie Street Wing eröffnet.

Das Volunteer Program beginnt offiziell mit der Anstellung eines hauptamtlichen full time Volunteers Co-Ordinator.

1996

Hinter der Statue von Matthew Flinders (1774-1814) wird auf einer Fensterbank der SLNSW eine Statue von Trim (1799-1804?), dem berühmten Schiffskater von Flinders, errichtet. (S. Trim's Homepage mit Photo seiner Statue) Die Einweihung nimmt Konteradmiral David Campbell, Flag Officer, Naval Command Sydney vor. Die Naval Reserve Band spielt und 400 Sydneyer sind anwesend. Trim ist seither Superstar, Sympathieträger und Werbefigur (durch seine kostenlose Medienpräsenz) der SLNSW. Das Denkmal wurde gestiftet durch die Beiträge zahlreicher Trim-Bewunderer und ihrer Katzen. Daß das Geld für das Denkmal in kürzester Zeit zusammenkam, ist der Initiative von Rosie Block, Oral History Curator an der SLNSW, zu verdanken.

Zu Trim s. vor allem: Flinders, Matthew <1774-1814>: A biographical tribute to the memory of Trim. -- Sydney : Ferguson, ©1985. -- 47 S. : Ill. -- ISBN 0-909134-70-7. -- "Previously published: Sydney : Collins, 1977"

Flinders' Nachruf auf Trim:

"To the memory of Trim

He made the Tour of the Globe, and a voyage to Australia, which he circumnavigated, and was ever the delight of his fellow voyagers.

Returning to Europe in 1803, he was shipwrecked in the Great Equinoxial Ocean;

This danger escaped, he sought refuge and assistance at the Isles of France, where he was made prisoner, contrary to the laws of Justice, of Humanity, and of French National Faith; and where, alas! he terminated his useful career, by an untimely death, being devoured by the Catophagi [Katzenfresser] of that island.

Many a time Have I beheld his little merriment with delight, and his superior intelligence with surprise: Never will his like be seen again!

Trim was born in Southern Indian Ocean in the Year 1799, and perished as above at the Isle of France in 1804.

Pace to his shade, and honour to his memory."

Anmerkung von Alois Payer: Wann endlich bekommt der berühmte Kater Murr (der von E.T.A. Hoffmann) ein Denkmal vor der Berliner Staatsbibliothek?


2. Die State Library of New South Wales heute


2.1. Die Räumlichkeiten


Einen virtuellen Rundgang durch die SLNSW bietet: SLNSW Tour


2.2. Bestände, Personal, Budget usw.


Einen Überblick über Bestände, Personal, Budget usw. gibt: The State Library of New South Wales at a Glance


2.3. Die Australiana-Sammlungen


Zu den Australiana s. Mitchell and Dixson Libraries -- Australian Research Collections mit den Beschreibungen der Bestände:


2.4. Dienstleistungen der Bibliothek


Die Bibliothek gliedert die von ihr angebotenen Dienstleistungen folgendermaßen:


Informations-Dienste:



Auf bestimmte Benutzergruppen zugeschnittene Dienstleistungen:



Kommerzielle Aktivitäten der Bibliothek:



3. Bürgerbewegungen für die Bibliothek


Neben der staatlichen Finanzierung und kommerziellen Unternehmungen der Bibliothek (wie z.B. das Vermieten von Räumlichkeiten für Anlässe) spielen für den Unterhalt und die Entwicklung der Bibliothek Bürgerbewegungen zugunsten der Bibliothek eine große Rolle.

Die wichtigsten solcher Bürgerbewegungen sind:


3.1. Volunteers -- Freiwillige Mitarbeiter


Die englischsprachigen Zitate in diesem Abschnitt stammen aus den Materialien (Fassung vom Dezember 1996), die Interessenten für das Volunteer Program vom Volunteers Coordinator Lesley Payne erhalten.

Seit 1988 (Anstellung eines full time Volunteers Co-Ordinator) helfen freiwillige Mitarbeiter der Bibliothek. Es begann mit dem Verkauf von Ausstellungskatalogen. Inzwischen gibt es ca. 230 (zweihundertunddreißig!) freiwillige Mitarbeiter. Das Alter dieser Freiwilligen reicht von 20 bis über 80 Jahre, überwiegend Frauen über 50, viele Rentnerinnen. Sie werden für Arbeiten eingesetzt, die aufgrund der Absprachen mit den Gewerkschaften nicht zu den Pflichten des regulären Personals gehören dürfen ("Any branch or section of the State Library can ask for the assistance of Volunteers provided the work to be done does not fall into any category which would normally be performed by paid library staff").

Solche Aufgaben sind:

Im Februar 1996 erbrachten Freiwillige folgende Leistungen:

Die Freiwilligen arbeiten je bis zu etwa 15 Wochenstunden. (Im Oktober 1996 leisteten 270 Freiwillige 1.094 Arbeitstunden). Die Freiwilligen sind in der Unfallversicherung der Bibliothek eingeschlossen. Sie erhalten von der Bibliothek eine allgemeine Einführung ("The Branch of the Library which requests the assistance of Volunteers must provide training as well as ongoing support and assistance for the duration of the program"). Dreimal pro Jahr erscheint der Volunteers' Newsletter (ISSN 1031-7058) mit Artikeln von Freiwlligen und Bibliotheksangestellten. Regelmäßig sprechen Bibliotheksangestellte oder Freiwillige beim Frühstückskaffee über ihre Arbeit. "Volunteers like nothing better than to hear about the work being done by staff behind the scenes and to view original items from the collections." (Wer sagt also, daß die Öffentlichkeit kein Interesse an der Arbeit von Bibliothekaren hat?! Wichtig sind nur richtige Public Relations.)

Die Hauptfunktionen der Freiwilligen sind also:


3.2. The Library Society


The Library Society wurde 1984 gegründet mit großzügiger Unterstützung durch Esso Australia Ltd. Sie ist eine Gesellschaft der Freunde der Bibliothek und dient dem Kontakt zwischen Bibliothek und Unterstützern.


3.3. SLNSW Foundation


Die SLNSW Foundation wurde 1987 gegründet, um private Gelder zu gewinnen für die Ziele:

Von 1987 bis Juni 1995 kamen Stiftungen im Wert von ca 7,5 Millionen Aus$ zusammen.


3.4. The Custodians of the SLNSW Foundation


The Custodians of the SLNSW Foundation wurde 1992 gegründet anläßlich des Versendens von Bettelbriefen für die Bibliothek. Es gibt drei Stufen von Custodians:

Bis Oktober 1996 sind auf diese Weise $639.000 zusammengekommen.


3.5. Das BookFriend Program


Das BookFriend Program bietet die Möglichkeit, sich selbst oder jemanden anderen in den Beständen der Bibliothek zu verewigen. Wenn man $75 spendet, erwirbt die Bibliothek dafür ein Buch, in das sie ein Ex Libris klebt mit dem Namen der Person, für die die Spende gemacht wurde ("BookFriend. Donated by ..."). Der Spender und der Begünstigte erhalten je eine Kopie des Ex Libris.


Zu Kapitel 3.09. Australian National University (ANU) Library -- Bibliothek einer Forschungsuniversität