Kāmasūtra : Leitfaden der Liebeskunst

4. Buch IV

1. Kapitel 1

2. Sūtra 42 - 49


verfasst von Vātsyāyana

übersetzt und erläutert von Alois Payer

mailto:payer@payer.de


Zitierweise / cite as:

Vātsyāyana: Kāmasūtra : Leitfaden der Liebeskunst / übersetzt und erläutert von Alois Payer. -- 4. Buch IV. -- 1. Kapitel 1. -- 2. Sūtra 42 - 49. -- Fassung vom 2007-06-10. -- http://www.payer.de/kamasutra/kamas40142.htm    

Erstmals publiziert: 2007-06-10

Überarbeitungen:

Anlass: Lehrveranstaltung SS 2007

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Dieser Text ist Teil der Abteilung Sanskrit  von Tüpfli's Global Village Library


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bhāryādhikārikaṃ caturtham adhikaraṇam

Buch 4: Über die Gattin


prathamo 'dhyāyaḥ

Erster Lehrabschnitt


pravāsacaryyāprakaraṇam

Kapitel über den Wandel während einer Abwesenheit des Gatten


pravāse maṅgalamātrābharaṇā devatopavāsaparā vārtāyāṃ sthitā gr̥hān avekṣeta |42|

42. Wenn der Mann verreist ist, trage sie als Schmuck nur Glücksamulette (maṅgala), faste vor allem für Gottheiten, widme sich den ökonomischen Tätigkeiten (vārtā)1 und sorge um Haus und Familie.

Kommentar:

1 ökonomischen Tätigkeiten (vārtā)

vārtā in Sinne von Kauṭilīya-arthaśāstra I,4,1:

kṛṣipāśupālye vaṇijyā ca vārtā Lebensunterhalt (vārttā) ist Ackerbau und Viehhaltung sowie Handel
Kauṭilīya-arthaśāstra I,4,1

Yaśodhara fasst vārtā als "Nachricht"

vārtāyaṃ sthiteti nāyakavārtānveṣaṇaparety arthaḥ | Warten (sthiti) auf eine Nachricht (vārtā): das bedeutet, sie sucht eifrigst nach Nachrichten vom Geliebten. 
Yaśodhara: Jayamaṅgalāṭīkā z. St.
śayyā ca gurujanamūle | tad abhimatā kāryaniṣpattiḥ | nāyakābhimatānāṃ cārthānām arjane pratisaṃskāre ca yatnaḥ |43|

43. Ihr Bett sei in der Nähe ihrer Vorgesetzten. Nach deren Vorstellungen erfülle sie ihre Aufgaben. Dinge, die der Geliebte wünscht, bemühe sie sich zu erwerben bzw. wieder instand zu setzen.

Kommentar:

gurujanamūla iti śvaśrūjanasamīpe śayanam ātmaviśuddhyartham | gurujanamūla = ihr Bett sei in der Nähe der Schwiegermutter; um ihrer eigenen Reinheit willen.
Yaśodhara: Jayamaṅgalāṭīkā z. St.

nityanaimittikeṣu karmasūcito vyayaḥ | tadārabdhānāṃ ca karmaṇāṃ samāpane matiḥ |44|

44. Bei ständigen und gelegentlichen Aufgaben treibe sie den gewohnten Aufwand. Sie denke daran, die von ihm begonnenen Arbeiten zu vollenden.

Kommentar:

nityaṃ karmāśanapānādi | naimittikaṃ karma bālakotsavādi | Ständigen Aufgaben z.B. Essen und Trinken. Gelegentlichen Aufgaben z.B. Kinderfeste
Yaśodhara: Jayamaṅgalāṭīkā z. St.
jñātikulasyānabhigamanam anyatra vyasanotsavābhyām | tatrāpi nāyakaparijanādhiṣṭhitāyā nātikālam avasthānam aparivartitapravāsaveṣatā ca |45|

45. Sie gehe nicht zu Familien ihrer eigenen Verwandten außer bei Unglücksfällen und Festen. Auch in einem solchen Fall gehe sie unter Obhut des Gesindes des Geliebten, bleibe nicht zu lange, und wechsle nicht die der Abwesenheit des Gatten entsprechende Kleidung.

Kommentar:

aparivartitapravāsaveṣatā cety utsavam adhikṛtyedaṃ vacanam | Wechsle nicht die der Abwesenheit des Gatten entsprechende Kleidung: dieser Satz bezieht sich auf Feste.
Yaśodhara: Jayamaṅgalāṭīkā z. St.

gurujanānujñātānāṃ karaṇam upavāsānām | paricārakaiḥ śucibhir ājñādhiṣṭhitair anumatena krayavikrayakarmaṇā sārasyāpūraṇaṃ tanūkaraṇaṃ ca śaktyā vyayānām |46|s

46. Sie halte die Fasten, die ihre Vorgesetzten erlauben. Mit lauteren, gehorsamen Dienern und mit Erlaubnis mehre sie durch Kauf und Verkauf das Vermögen und verringere nach Kräften die Ausgaben.

āgate ca prakr̥tisthāyā eva prathamato darśanaṃ daivatapūjanam upahārāṇāṃ cāharaṇam iti pravāsacaryā |47|

47. Wenn der Gatte zurückkehrt, zeige sie sich zunächst im gewöhnlichen Zustand, verehre die Gottheiten und bringe Opfer und Geschenke herbei. -- So viel über den Wandel während einer Abwesenheit des Gatten.

Kommentar:

āgate ceti -- pravāsāt pratyāgate nāyake | prakṛtisthāyā iti pravāsaveṣasthāyā eva prathamato darśanaṃ syāt svarūpakhyāpanārtham | na punar āgata ity ātmānaṃ prasādhayet | Wenn er kommt = wenn der Geliebte aus der Abwesenheit zurückkehrt. Im gewöhnlichen Zustand = sie zeige sich zuerst in der der Abwesenheit des Gatten entsprechenden Kleidung; um ihr Wesen und ihren Zustand auszudrücken. Sie soll sich so zurechtmachen, als ob er noch nicht zurückgekehrt wäre.
Yaśodhara: Jayamaṅgalāṭīkā z. St.


Abb.: Ecke für Pūjā in modernem Haus, Kalkutta (কলকাতা), 2005
[Bildquelle: soumit. -- http://www.flickr.com/photos/soumit/72958227/. -- Zugriff am 2007-06-09. -- AttributionNoncommercialNo Derivative WorksCreative Commons Lizenz (Namensnennung, keine kommerzielle Nutzung, keine Bearbeitung)]

bhavataś cātra ślokau |
 
Hierzu gibt es zwei Verse:

sadvr̥ttam anuvarteta
nāyakasya hitaiṣiṇī |
kulayoṣā punarbhūr vā
veśyā vāpy ekacāriṇī |48|

48. Eine Frau, die das Wohl ihres Geliebten wünscht, verfolge einen guten Wandel, mag sie eine junge Frau aus guter Familie sein, eine Wiederverheiratete oder eine Hure.

Kommentar:

Versmaß: Śloka

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dharmam arthaṃ tathā kāmaṃ
labhante sthānam eva ca |
niḥsapatnaṃ ca bhartāraṃ
nāryaḥ sadvr̥ttam āśritāḥ |49|

49. Frauen, die einen guten Wandel führen, erhalten religiöses Verdienst (dharma), Reichtum (artha), Liebeslust (kāma), einen festen Stand und einen Gatten ohne Nebenfrauen.

Kommentar:

Versmaß: Śloka

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Zu Kāmasūtra IV,2