Kauţilîya-arthaśâstra

Eine Einführung

9. Buch 2: Staatsverwaltung

EXKURS: Otto Stein <1893 - 1942/44>: Versuch einer Analyse des śâsanâdhikâra (1928)


Herausgegeben von Alois Payer

mailto: payer@payer.de


Zitierweise / cite as:

Payer, Alois <1944 - >: Kauţilîya-arthaśâstra : eine Einführung. -- 9. Buch 2: Staatsverwaltung.  -- EXKURS: Otto Stein <1893 - 1942/44>: Versuch einer Analyse des śâsanâdhikâra (1928). -- Fassung vom 2003-01-20. -- URL: http://www.payer.de/kautilya/kautilya09a.htm. -- [Stichwort].

Erstmals publiziert:

Überarbeitungen:

Anlass: Lehrveranstaltung WS 2002/03

Unterrichtsmaterialien (gemäß § 46 (1) UrhG)

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Dieser Teil ist ein Kapitel von: 

Payer, Alois <1944 - >: Kauţilîya-arthaśâstra : eine Einführung. -- 1. Einleitung. -- URL: http://www.payer.de/kautilya/kautilya01.htm.

Dieser Text ist Teil der Abteilung Sanskrit  von Tüpfli's Global Village Library.


Quelle:

Stein, Otto <1893; als Jude im KZ ermordet 1942/44>: Versuch einer Analyse des śâsanâdhikâra. -- In: Zeitschrift für Indologie und Iranistik. .. 6 (1928), S. 45 - 71. -- Wieder abgedruckt in: Stein, Otto: Kleine Schriften / hrsg. von Friedrich Wilhelm. -- Wiesbaden [u.a.] : Steiner, 1985. -- (Glasenapp-Stiftung ; Bd. 25). -- ISBN 3-515-04060-9. -- S. 111 - 137.


Versuch einer Analyse des śâsanâdhikâra.

Von O. Stein.

(Beitrag zur Festschrift für E. Hultzsch.)


[Die Fußnoten sind hier weggelassen; für diese konsultiere man die Originalquelle]

Das Verdienst, das Kautilya durch Abfassung eines „Grundrisses der Diplomatik", des 28. Kapitels des I. Buches im Arthaśâstra, sich erworben hat und durch die Hervorhebung seiner Autorschaft am Ende dieses Kapitels noch besonders unterstreicht, ist um so anerkennenswerter, als diese Ausführungen manchen wichtigen, zumindest aber interessanten Beitrag zur Geschichte der grammatischen Wissenschaft, der Stilistik, Rechtsgeschichte, insbes. der altindischen Diplomatik zu bieten imstande sind. Allein, der Autor gesteht ja selbst zu, theoretisch auf anderen zu fußen und durch die Praxis gelernt zu haben; dabei sind unter seinen theoretischen Behelfen aller Art (sarva´sâstrâni) Lehrbücher aller jener Wissenschaften zu vorstehen, die für die Behandlung der betreffenden Materie in Betracht kamen: Grammatik, Stilistik, im gewissen Sinne Logik, Nîti u. a. m.; und die angedeutete vorhergehende Betätigung als „cancellarius regius" setzt wiederum zweierlei voraus:einmal, wie auch das Studium der Lehrbücher, unter denen sich solche über Schriftstücke befunden haben können, anzunehmen gestattet, eine Tradition, und zweitens die Existenz von ´sâsana.

Bevor dieses Kapitel einer inneren Analyse unterworfen wird, werden einige Bemerkungen über seine äußere Gestalt am Platze sein, nicht nur mit Rücksicht auf die Kritik des oben erwähnten Anspruches des Autors, sondern auch darum, weil es in ausnehmend schöner Weise etwas darbietet, was sich gleichfalls der Verfasser zuschreibt: die Verbindung von sûtra und bhâ.sya, oder vielmehr hier: sûtra und Vers. Unter den Versen finden sich 8 ´sloka und 5 elfsilbige Verse, (2 indravajra und 3 upajâti). Was das Verhältnis dieser metrischen zu den Prosa-Teilen anlangt, so stellen die ersteren

  1. entweder eine Fortführung der Prosa dar, wie jâti.m usf., worauf die Prosa fortsetzt; oder

  2. die Verse enthalten eine Aufzählung von termini, die durch die folgende Prosa kommentiert werden; wie nindâ, sântvam\ oder endlich

  3. ein Vers zählt termini auf, die fortfahrenden Verse, in verschiedenem Metrum, erklären, wie es im Falle b) die Prosa tut, jene termini, wie prajñâpanâ. Im vorliegenden Kapitel bildet dieses Verhältnis das am stärksten vertretene;

ein ´sloka schließt, was auch sonst der Fall ist, das Kapitel ab.

Daraus ergibt sich schon, dass ein Widerspruch zwischen metrischen und nichtmetrischen Teilen schwerlich eintreten wird; hier kann ein Autor ebenso wie ein geschickter Redaktor am Werk gewesen sein. Auffallend aber ist die große Anzahl der Verse, andererseits die geringe Anzahl jener adhyâya, in denen die metrischen Teile innerhalb der Ausführungen stehen, gegenüber der überwiegenden Mehrzahl jener Kapitel, wo ein oder mehrere ´sloka erst am Schluss des Kapitels auftreten. Die Verse können hier als sûtra sowohl wie als bhâ.sya aufgefasst werden. Erst eine genauere metrisch-stilistische Untersuchung dürfte die Frage entscheiden helfen, ob man für das 4. Jahrh. v. Chr. die Verwendung von upajâti in wissenschaftlichen Werken nachweisen kann; diesem Umstände ist doch auch eine gewisse Bedeutung beizumessen.

Die Gliederung.

Dem Inhalte nach lässt sich der ´sâsanâdhikâra etwa in folgende Teile zerlegen:

  1. Begriff des ´sâsana.

  2. Der Schreiber (lekhaka):

    1. seine Erfordernisse;

    2. stilistische Kenntnisse;

    3. grammatische Definitionen;

    4. Schlussformel des Schriftstückes.

  3. Das Schriftstück:

    1. 13 Inhaltsformen des lekha;

    2. 8 Arten des ´sâsana;

  4. Die 4 upâya.

  5. Die formellen, äußeren und stilistischen Mängel des Schriftstückes.

  6. Schlussstrophe.

Diese Gliederung zeigt schon, dass der logische Zusammenhang nicht völlig gewahrt ist; so ist der Einschub über die grammatischen Definitionen unschwer als überflüssig zu erkennen und hat weder etwas mit den stilistischen Kenntnissen des Schreibers, noch mit der Schlussformel des Schriftstückes zu tun; ferner sind diese grammatischen Bemerkungen derart primitiv, ja, naiv, dass sie sich schon dadurch als gelehrten Ballast, der irgendwoher entlehnt ist, kennzeichnen, zumal nachher wieder vom lekhaka, der Trennung seines Anteiles am Schriftstück von den verba ipsissima des Herrschers die Rede ist.

Unklar ist die doppelte Einteilung von lekha und ´sâsana; wenn dieses auch im Kompositum, z. B., als paridânalekha bezeichnet wird, ist doch an zwei Begriffen, lekha und ´sâsana, festzuhalten.

Ein Fremdkörper sind ferner die Ausführungen über die 4 upâya; endlich gehört der Absatz über die formellen Mängel doch sicherlich näher zu den stilistischen Bemerkungen, dem Ala.mkâra´sâstra entsprechend hätte man erwarten können, von lekhagu.na und lekhado.sa zu hören.

I. Eröffnet wird das Kapitel durch die Erklärung, dass ein ´sâsana eine (schriftliche) Willens- und Meinungsäußerung des Königs, ein Anordnen, sei, denn in dem Anordnen, in der Befehlgewalt und dein Regieren (vgl. PW. s. v. 1. ´sas 3) liege die Hauptaufgabe der Könige. Dass es sich hier um schriftliche Befehle handeln muss, geht nicht nur aus dem folgenden hervor, sondern auch aus dem im dûtapra.nidhi auf den mündlichen Befehl, gleichfalls ´sâsana genannt, eingeschränkten Umfang des Begriffes, wie auch Bha.t.tasvâmin erkannt hat.

Merkwürdig klingt die Angabe, dass im ´sâsana Frieden und Krieg wurzeln; wenn man ´sâsana im Sinne von Befehlgewalt auffast, so wäre das noch richtig, weniger lässt sich das füi ´sâsana in der Bedeutung von Schriftstück behaupten. Wenn der Schein nicht trügt, liegt hier eine Glosse vor; die Mitâk.sarâ sagt zu Yâjñ. I, 320:  ... . ´sâsanam, kârayet, mahîpatir, na bhogapati.h (d. h. nicht der Nutznießer) samdhivigrahâdi (1. besser: °dhi) kârinâ, na yena kenacit││

samdhivigrahakârî tu bhaved yas tasya lekhaka.h
svayam râjñâ samâdi.sta.h sa likhed râja´sâsanam

 iti smaranât

Es ist aber aus B.rhasp. VIII, 16 nicht auf einen sandhi- und vigraha-lekhaka zu schließen, wie das MEYER, Übers.(2) S. 695 annimmt, trotz Sa.mgrahakâra (BURNELL p. 98); dem widerspricht außer Vyâsa (BURNELL p. 97: sandhivigrahalekhaka.h; p. 98 oben, s. Anm.) vor allem der Brauch der Inschriften (JOLLY, ZDMG. 44, S. 358). Das macht den Eindruck, als wäre die Abhängigkeit des Friedens und des Krieges vom ´sâsana aus der Tatsache der Mitwirkung des Ministers dieses Ressorts, bzw. aus der Sm.rti und den Inschriften abgeleitet, um so mehr, als der Schreiber, wie Kautilya fortfährt, die Vorzüge eines Ministers besitzen soll. Es ist hier also der Vorstand der königlichen Kanzlei gemeint, zum Unterschied vom Schreiber in den Kanzleien der Verwaltungsbeamten, wie 69, 2, oder vom Gerichtsschreiber 223, 2; diese einer geringeren Kategorie angehörenden Schreiber beziehen 500 pa.na Gehalt, der „Staatsschreiber", wie MEYER S. 100, 18 sagt, ist zwar nicht gesondert in der Gehaltsliste aufgeführt, wird aber besser entlohnt gewesen sein, wahrscheinlich zwischen 500—1000 pa.na, da er als vidyâvat gilt.

´sâsana ist in diesem Kapitel, abweichend vom Sprachgebrauch der Rechtsliteratur, ausschließlich auf alle Regierungsakte des Königs beschränkt, während es dort die Bedeutung der Stiftungs- oder Schenkungsurkunde besitzt: Yâjñ. I, 3l9f., wobei die Mitâk.sarâ ´sâsana als „Belehrung" der zukünftigen Könige über die von ihrem Vorgänger, dem Aussteller des ´sâsana, gemachte Schenkung und des daraus erfließenden Heils erklärt (mit BURNEL.L p. 96 ist ´si.syante zu lesen); B.rhasp. VIII, 12 (Text bei FÜHRER p. 10); bei Vi.s.nu III, 82, wiewohl inhaltlich verwandt, kommt das Wort nicht vor; bei Nârada, mâtrkâ II, 38 nur genannt; in Vâsi.s.tha-Zitaten (ed. FUHRER2 p. 85, 16) gilt ´sâsana als das erste der râjakîya lekhya, vgl. BÜRNELL p. 97 oben über Vyâsa, der sich gegen den Wortreichtum der Stiftungsurkunden zu wenden scheint; endlich ´Sukran. IV, 5, 344 f. Ein weiterer Unterschied zwischen dem ´sâsana des Arthasâstra und Dharma´´sâstra ist das Material, das dafür verwendet wird: im ersteren sind es Birkenbast oder Palm-Blätter, im anderen daneben oder vielmehr in erster Reihe Kupfertafeln; über das Verhältnis der Einteilung des ´sâsana in diesen beiden Quellen wird unten zu handeln sein.

II. a); d) Der königliche Schreiber hat dem Auftrag seines Herrn gemäß das Schriftstück abzufassen und den Abschluss des meritorischen Teiles, um das vorwegzunehmen, durch die Formeln: iti oder vâcikam asya zu kennzeichnen; dass die Schlussformeln des ´sâsana im Dharmasâstra anders lauten, wird nach dem Bemerkten nicht mehr wundernehmen (vgl. JOLLY, ZDMG. 44, S. 358, 14).

Die Titulatur ist verschieden, je nach dem, ob das Schriftstück an einen î´svara, d. h. einen Souverän, gerichtet ist oder an einen anî´svara, d. h. einen Untertanen; im ersteren Falle umfasst die Ansprache: das Gebiet, die Herrschaftsmacht, das Geschlecht (Dynastie) und den Namen des fürstlichen Adressaten, alles in höflichen Ausdrücken, deren Schwulst aus den Inschriften bekannt ist; beim Untertanen genügt dessen Wohnsitz und Namen. Ein königliches Schreiben hat zu berücksichtigen: die Kaste, Familie, Stellung, das Alter, die Bildung, den Beruf, die Vermögensverhältnisse, den Charakter, die örtlichen und zeitlichen Verhältnisse, die Verwandtschaftliehe Verbindung des Empfängers; trotz dieser sehr ausführlichen Vorschrift fehlt aber ein, den Sm.rti und Inschriften bekanntes, Detail: die Datierung. Unter kâla kann sie nicht mitverstanden werden, das Fehlen einer Datierung in einem an î´svara gerichteten Schreiben ist um so auffälliger, als es ein râjavar.sa gibt und die Datierung in Rechnungsakten betont wird.

b) Die stilistischen Erfordernisse eines vollkommenen Schriftstückes bestehen in: arthakrama, sa.mbandha, paripûr.natâ, mâdhurya, audârya, spa.statva. Wiewohl sich nicht alle diese Ausdrücke zugleich nachweisen lassen, ist es kaum zweifelhaft, dass sie eine Übertragung aus dem Ala.mkâra´sâstra darstellen. Darauf deutet doch das mâdhurya: „Ausdruck durch Worte von leicht (ohne Geschraubtheit) herbeigeführter und angenehmer Bedeutung, das ist Anmut des Stils"; welchen Sinn hat das für Regierungsakten, in denen nindâ, prati.sedha und andere unangenehme Dinge stehen, wenn der König oder sein Kanzler nicht die Allüren eines doppelzüngigen kavi annehmen sollen? Die übrigen lekhagu.na entsprechen mehr oder weniger den ´sabda- bzw. arthagu.na der Poetiker, z. B. audârya der udâratâ, spa.s.tatva dem prasâda oder der arthavyakti usf.

c) Deutlicher zeigen die grammatischen Partien die Beziehungen zur Fachliteratur.

63 Buchstaben. JACOBI hat (SPAW. 1911, S. 965) auf den Kommentar zum Taitt. Prâti´s. verwiesen, ebenso AIYANGAR auf die Pâ.ninîya´sik.sâ I, 3 (Ind. Stud. IV, 348) aufmerksam gemacht, wo es heißt:

tri.sa.sti´scatur.sa.s.tir vâ varnâ.h sambhavato matâ.h
prâk.rte sa.msk.rte câpi svayam proktâ.h svayambhuvâ ||

Im Vâjasan. Prâti´s. VIII, 30 werden 65 Laute herausgebracht, die Vyâsa`sik.sâ zählt sogar 66; nach dem :Rgv. Prâti´s. (ed. MÜLLEB p. X) gibt es 50 Laute, welche Zahl die gewöhnliche der mât.rkâ im Tantra ist, neben 51 oder 52 Lauten zu denen manchmal auch k.sa und o.m gezählt werden, auch Mallinâtha zu Râghuv. III, 28 kennt 50, Hariv. 16161 wieder 63 während Lalitav. (ed. LEFMANN 127, 5 ff.) nur 46 bietet.

pada. Die Erklärung von pada als var.nasamghâta ist sachlich zumindest unvollständig, da eine sinnlose Aneinanderreihung von Lauten kein Wort in logisch-grammatischer Bedeutung ergeben kann. Ferner ist var.nasamghâ.ta (°ghâta usf.) das „Alphabet"; es scheint daher hier etwas ausgefallen zu sein, denn im Vâjasan. Prâti´s. VIII, 50 wird das pada richtiger als ak.sarasamudâya definiert; hält man dies mit dem folgenden zusammen, so möchte man, trotz der Einheitlichkeit der Textgestalt, im Kautilîya lesen: akârââdayo var.nâs tris.a.stir var.nasamghâtâ.h, „das Alphabet umfasst 63 Laute, a usw."; dann wäre ein Sûtra über ak.sara einzuschalten, etwa: var.nasamudâyo 'k.saram tatsamudâya.h padam |. Die folgende Klassifikation des pada, die sich eng an Vâjasan. Prâtis.anschließt, spricht jedenfalls für eine derartige Ergänzung des Texts:

Kau.t. Vâjasan. Prâti´s. VIII, 50
taccaturvidham, nâmâkhyâtopasarganipâta´sceti taccaturdhâ, nâmâkhyâtopasarganipâtâ.h

Eine sachlich identische Einteilung findet sich im Nirukta I, l; :Rgv. Prâtis. XII, 5; der Kommentar zum Atharv. Prâti´s. IV, 10 Einl. (ed. WHITNEY p. 261) sagt in einer quasi-metrischen Stelle:

samâsâvagrahavigrahân pade
yatho 'vâca chandasi ´Sâka.tâyana.h
tathâ vak.syâmi catu.s.taya.m padam
nâmâkhyâtopasarganipatânâm

Die Zusammenhänge mit dem Prâti´sâkhya gehen weiter.

Kau.t.  
tatra nâma sattvâbhidhâyi Vâjasan. Prâti´´s. VIII, 55
satvâbhidhâyakam nâma

.Rgv. Prâti´s. XII, 5;
tannâma yenâbhidhâyisattvam

vgl. XI 1,8
sattvâbhidhâyaka.m nâma

Atharv. Prâti´s. IV, Komm.
nâma sattvâkhyam

vgl. Nirukta I, l
sattvapradhânâni nâmâni

avi´si.s.talingamâkhyâta.m  kriyâvâci Vâjasan. Prâtis. l. c.
´kriyâvâcakaam âkhyâtam

.Rgv. Prâti´s. XII, 8
kriyâvâcakam âkhyâtam

Atharv. Prâti´s. Komm. 1. c.
âkhyâtam yat kriyâvâci

kriyâvi´se.akâ.h prâdaya.h upasargâ.h Vâjasan. Prâti´s. 1. c.
upasargo vi´se.sak.rt

.Rgv. Prâti´s. XII, 8
upasargo vi´se.sak.rt

Atharv. Prâti´s. Komm. 1. c.
upasargâs tu prâdaya´.h

Pâ.nini I, 4, 59 10
prâdaya upasargâ.h kriyâyoge

avyavâ´scâdayo nipâtâ.h Vâjasan. Prâti´s. 1. c.
nipâtâ.h padapûra.nâ.h

.Rgv. Prâti´s. XII, 8
nipata.h padapûra.nâ.h

Atharv. Prâti´s. l. c.
nipâtâ´scâdaya.h sarva ...

Pânini I, l, 37
svarâdinipâtamavyayam;

vgl. Pat.Mbh.III, 2, 84, V. 2;

Pânini 1,4, 56 f.
prâgrî´svarânnipâtâ.h
câdayo 'sattve


Die auffallende Übereinstimmung mit den Prâti´s., insbes. dem Vâjasan., würde gewiss für die Altertümlichkeit dieser grammatischen Definitionen sprechen. Jedoch darf man weder alles, was in den Prâti´s. steht, als alt ansehen, noch das Verhältnis derselben zur übrigen veda-exegetischen Literatur und nachvedischen Grammatik außer Acht lassen. So ist, da an eine eingehendere Untersuchung in diesem Zusammenhang nicht so zu denken ist, nur folgendes zu bemerken: WEBER hat (Ind. Stud. IV, S. 75, 111f., 323 f.) nicht nur aus sachlichen Gründen, sondern auch wegen des ´sloka gerade in der oben ausgehobenen Stelle den 7. und 8. adhyâya des Vâjasan. Prâti´s. als einen Nachtrag erklärt. Allerdings ist die Lehre von der Vierteilung der pada in noch ältere Schichten zurückzuverfolgen; nicht nur aus Uva.ta zu :Rgv. Pr. XI, 34, sûtra 677 und dem als Zitat gekennzeichneten sûtra 699 geht die Ableitung der 4 Wortklassen aus der Literatur der Brâhmana hervor, auch das Nirukta, Pari´s. I, 9 und Patañjali Mbh. (ed. KIELHORN I, 3, 24) sprechen davon. Andererseits ist das Erscheinen gerade im Pari`si.s.ta des Nirukta und in der Einleitung zum Mbh. wieder zumindest merkwürdig, man ersieht .aus dem Nachtrag zu Yâska's Nirukta, dass diese Vierteilung je nach der Stellungnahme der wissenschaftlichen Kreise verschieden war, so bei den vaiyâkara.na, yâjñika, nairukta usf. Die Beziehungen dieses Niruktateiles zum Mbh. sind durch SKÖLD dahin gedeutet worden, dass letzteres nicht aus dem Pari´s. entlehnt; freilich lässt sich daraus nicht schließen, dass dem Nirukta selbst die Vierteilung unbekannt gewesen ist, welche Annahme durch Nir. I, l widerlegt wird: tad yâni etâni catvâri padajâtani nâmâkhyâte copasargânipâtâ´sca ... und I, 12: itimâni catvâri padajâtânyanukrântâni nâmâkhyâte copasârganipâtâ´sca. LIEBICH hält das Vâjasan. Prâti´s. für das älteste, die Prâti´s. der übrigen Veden für nachpâ.nineisch, jenes hingegen „dicht anPâ.nini's eigne Zeit" herankommend; eines der Argumente bildet die Vâjasan. Prâti´s. I, 27 über die alte Vierteilung hinausgehende Einteilung in Verba, primäre und sekundäre Nomina und die vier Arten der Komposita, die Pâ.nini I, 4, 14 nur in seinem SUtrastil kürzer: supti.nanta.m padam bietet. Beachtenswert ist ferner, dass nicht nur schon Yâska, wenn auch nicht durchgehend, dann das :Rgv. Prâti`s. sûtra 701 von âkhyata und dhâtu spricht, von Pâ. nini ganz zu schweigen. Der Schluss aus all dem müsste sein, dass Kautilya vorpâ.nineische Kenntnisse repräsentiert; es ist wohl kaum nötig zu bemerken, dass eine entsprechende chronologische Deduktion gar nicht in Betracht kommen kann, zumal das Artha´sâstra sich gerade mit nicht unverdächtigen Stellen der scheinbar ältesten und älteren grammatischen Literatur so schön deckt: Vâjasan. Prâtis. adhy. 8, Yâska, Mbh. Einleit.und anderen Prâti`´ s. Beweisen lässt sich also aus diesen grammatischen Definitionen nur das eine, dass sie aus alten Texten zu belegen sind, dass sie mehr oder weniger Entlehnungen darstellen, die sich der Diktion wegen empfahlen; von Pâ.nini ist in ihnen dabei keine Spur zu finden, außer man setzt das Artha`s. vor Pânini.

vâkya. Die Erklärung von „Satz" führt erst die gedankliche Zweckmäßigkeit ein; die Definition selbst findet sich in der Form vâkyam padasamüha.h im Tarkasa.mgr. 48 (in HULTZSCH' Übersetzung § LIX).

varga. Das zur Definition von samplava gegen Ende noch einmal verwendete Wort varga ist nicht mit Sicherheit zu erklären, wie schon Bha.t.tasvâmin zwei Auffassungen bietet, die sich auch GANAPATI zu eigen gemacht hat, indem er varga auf die Komposition oder auf die sinngemäße Worttrennung, das Pausieren beim Sprechen bezieht. Der Nachweis der Quelle für diesen Ausdruck wäre nicht unwichtig, da aus dieser wahrscheinlich auch die anderen stilistischen Regeln entnommen sein dürften.

III. a) In zwei ´sloka zählt das Artha´s. die Inhaltsformen eines königlichen Schriftstückes auf; man muss sich darüber klar werden, in welcher Beziehung diese zum ´sâsana stehen. Da kann es nun keinem Zweifel unterliegen, dass der lekha vom ´sâsana zu trennen ist, da erst nach der Erklärung dieser Inhaltsformen von den ´sâsana die Rede ist (ete.svarthâ.h pravartante trayoda´sasu lekhajâ.h gegenüber: iti hi ´sâsanâni); daran ändert auch die Bezeichnung der ´sâsana als lekha nichts, weil sie in der Tat in Briefform erlassen werden. Kennzeichnend für die 13 lekha ist ihr fast privater Charakter, wenigstens so allgemein gehaltener Inhalt, dass er sich ebenso gut auf die im bürgerlichen Leben vorkommenden Fälle anwenden lässt; die Bitte (arthanâ) ist nicht ohne weiteres verständlich, entweder stellt man im Gesuch eine Bitte an den Herrscher oder dieser wendet sich an einen ihm Gleichgestellten; die letztere Auffassung vertritt Bha.t.tasvâmin. Das ist aber nicht gut möglich, weil ein solches Schriftstück unter die ´sâsana gehört, da es aus der königlichen Kanzlei stammen müsste; dagegen spricht auch die Antwort, im pratyâkhyâna bestehend, die zu kriegerischen Verwicklungen führen müsste, zudem mit dem geforderten mâdhurya nicht in Einklang zu bringen ist. Das âkhyâna fällt wiederum in die prajñâpanâ, zumal in beiden Fällen vom evam, dem Bericht, das Artha´s. selbst spricht. Ebenso ist prati.sedha und codanâ nur an Untergebene möglich, das ist aber die nachher genannte âjñâ; die Erklärung von sântva: yo 'ham sâ bhavân yanmama dravya.m tadbhavata ityupagraha.h kreuzt sich mit der an und für sich verdächtigen Definition von paridânalekha, kehrt außerdem wörtlich für das âtmopanidhâna wieder, nindâ und pra´sa.msâ, Tadel und Lob, sind teils in der prajñâpanâ, teils in der âjñâ enthalten.Kurz, es herrscht hier ein Wirrwarr, dem man nur durch die Annahme beikommen könnte, es handle sich dabei um die aus dem Dharma´sâstra geläufige Unterscheidung von laukika- und râjakîya-lekhya; ein Einwand erhebt sich sofort dagegen: das ´sâsana des Arthasâstra ist von dem des Dharma´sâstra verschieden, damit ist diese Zweiteilung unhaltbar. Eine Lösung kann nur die Vermutung bringen, dass man es mit der Kontamination verschiedener Quellen zu tun hat. Dafür spricht auch die verschiedene Diktion, zuerst ´sloka-Metrum, gefolgt von einem Prosakommentar, auf einmal aber durchgehend einer im allgemeinen späteren Literaturperiode angehörende Verse; über die ihnen folgende Prosa wird noch zu sprechen sein. Wenn der Schein nicht trügt, beruht diese Aufzählung der dreizehn Inhaltsformen auf einem Schema, das sich in der B.rhaddevatâ, im Nirukta zum Teil gleicherweise aufzeigen lässt wie in der Poetik und in den Wörterbüchern; damit ist eine chronologische Folgerung aus dem Schema selbst hinfällig, etwas anderes aber ist die Übertragung desselben auf das Schriftwesen; dass ein solches Schriftwesen nämlich im Ausmaße wie im Artha´sâstra in der der B. rhaddevatâ und dem Nirukta entsprechenden Zeit bestanden hätte, würde allem widersprechen, was bisher aus indischen und außerindischen Quellen mit einiger Sicherheit sich ergeben hat.

b) Vom ´sâsana selbst, dem eigentlichen Gegenstand des Kapitels, handelt der Autor ausschließlich in Versen gegen Schluss desselben, und zwar teilt er das ´sâsana ein in 8 Arten:

  1. prajñâpanâ

  2. âjñâ

  3. paridânalekha

  4. parihâra (-lekha)

  5. nis.r.s.ti (-lekha)

  6. prâv.rttika (-lekha)

  7. pratilekha

  8. sarvatraga (-lekha)

Es genügt der Hinweis auf JOLLY'S wertvolle Behandlung des ´sâsana der Sm.rti, um den Unterschied zwischen den Begriffen, die diesem Wort im Dharma´sâstra zugrunde liegen, zu betonen; hier werden verschiedene Arten königlicher Akte unter einem Begriff, eben ´sâsana, subsumiert, dort steht neben zwei oder drei anderen königlichen Schriftstücken die Schenkungsurkunde, das ´sâsana. Schon daraus ergibt sich, dass nicht etwa an einen schulmäßigen Unterschied gedacht werden darf, sondern, wie die zu erwähnenden Beziehungen zeigen dürften, es muss sich um eine Begriffsverschiebung handeln, die in den tatsächlichen Verhältnissen begründet sein wird; ein Vergleich mit der Sm.rti wird daher unumgänglich.

1. Obwohl die prajñâpanâ im Text selbst erklärt wird, ist es nicht recht klar, wer sie erstattet; der Kommentar, dem sich GANAPATI eng anschließt, gibt zwar Beispiele: in einem Fall erhält der König Bericht von seinen Spionen, im anderen sagt der König, wenn es auf Wahrheit beruht, dass der Minister einen Schatzfund verheimlicht, so soll er ihn herausgeben; der dritte Fall bezieht sich auf den Freund dessen gut Tat (´sobhana.m kâram) dem Könige berichtet wird. Das ist alles viel zu gezwungen, auch fällt dabei das yadi weg; Subjekt zu âha müsste doch der König sein, von dem auch die prajñâpanâ ausgeht. Bei Vâsi.s.tha (ed.FÜHRER2 p.85,18) heißt es:

.rtvikpurohitâcâryamânye.svabhyarhite.su ca
kârya.m nivedyate yena pattra.m prajñâpanâya tat

gleichlautend in der `Sukranîti II, 303, nur mit der Lesart: °âcâryamânye.svabhyarcite.su. Es handelt sich also um eine Mitteilung des Herrschers an die hervorragenden Würdenträger des Dharmasâstra; entsprechend müsste die prajñâpanâ eine Benachrichtigung der Beamten über einen vor dem König erstatteten Bericht sein, um sie über die Angelegenheit zu unterrichten, das weitere ist unklar; die Lesung ist einheitlich, aber cedyadi unwahrscheinlich, die letzte Form der prajñ. spricht von einer dem König gemeldeten guten (?) Tat, die der Herrscher vielleicht dem Beamten des betreffenden Verwaltungsbezirkes mitteilt; doch das alles ist Vermutung, der Vers ist unklar.

2. Bei dem Befehl, der âjñâ, handelt es sich entweder um

  1. Strafe, Verbot u. dgl., oder

  2. um Unterstützung, Wohlwollen, besonders aber

  3. richtet sich der Befehl an die Beamten;

Nârada, mat.rkâ II, 38 nennt die âjñâ unter den Stützpunkten, auf die sich der Kläger berufen kann; B.rhasp. V, 13 wird der vom König zwischen zwei Parteien angeordnete Vergleich, da Recht und Unrecht auf beiden Seiten gleich verteilt sind, als âjñâ bezeichnet. Bei Nârada XVII, 19 liest das 10 Nepal-Ms. âjñâ teja.h pârthivânâm; 23f. wird die âjñâ als ´sâsana bezeichnet:

23: râjñâmâjñâbhayâd yasmânna cyaveran patha.h praj.h
vyavahârâd ato jñeyam sam.vrttam râja´sâsanam
24: sthityartham p.rthivîpâlai´scaritravi.ayâ.h k.rtâ.h
caritrebhyo 'sya tatprâhur garîyo râja´sâsanam

Die âjñâ ist hier ein Instrument der Gesetzgebung wie bei Kautilya III, l, 58 (ed.1 150, 9): rajñâmâjña tu ´sâsanam; anders bei Vâs. 1. c. 17:

samânte.svatha bh.rtye.su ra.s.trapâlâdike.uu vâ
kâryamâdi´syate yena tadâjñâpatram ucyate

´Sukran. II, 302 ist damit identisch, nur liest sie yat statt vâ. Es ist sofort klar, dass Kautilya eher mit diesen beiden letzteren Quellen zusammengeht als mit der Anschauung des vom vyavahâra aus orientierten Dharma´sâstra, wenn auch Reste dieser Ansicht in den beiden ersteren âjñâ-Arten a) b) noch vorhanden zu sein scheinen.

3. Wie schon MEYEB (S. 103, Anm. 5) bemerkt hat, ist die zu erwartende Erklärung von paridânalekha „recht sonderbar" ; denn statt einer Definition dieses Ausdruckes wird upagraha auf âdhi und paridâna sich beziehend erklärt, von lekha ist keine Rede. Gewunden ist auch die Erklärung Bha.t.tasvâmins, der, ebenso GANAPATI, âdhi als manodukha, Unglück, (s. P W. s. v. 2 âdhi) interpretiert; belegt ist das âdhilekhya: B.rhusp. VIII, 8 als Pfandbrief, fast wörtlich, aber als sâdilekhya entstellt, `Sukran. II, 310; Vâs. 1. c. 11 als âdhipattra in der gleichen Bedeutung; BURNELL p. 103 bringt noch zwei Zitate des âdhipatra aus Nârada und des âdhilikhita aus Prajâpati; Keine geringeren Schwierigkeiten bereitet paridâna; zwar geben die Lexika (Hemac. Abhidh. 870 Schol.; Amarak. II, 9, 8 u. Komm.) als verwandte Bedeutung pratidâna für die Rückerstattung eines Pfandes an, damit ist aber hier nichts anzufangen. Das Naheliegendste wäre die Interpretation als dânalekha, wie B.rhasp. VIII, 6; Sukran. II, 308; aber dann ist paridâna einmal untergeordneter Begriff, während es doch erklärt werden sollte. An dessen Stelle tritt upagraha, das schon unter den Inhaltsformen vorgekommen ist; es herrscht auch hier eine heillose Verwirrung, die man nur durch selbständige,
nicht auf dem Text beruhende Vermutungen zu klären versuchen könnte (vgl. MEYER'S Bemühungen S. 694 ff.)- Erschwerend wirkt, dass die zum Vergleich herangezogenen Briefarten des Dharma`´ s. zu den privaten Dokumenten gerechnet werden, was dem Arthas. widerspräche.

4. Bisher als königliches Schriftstück sui generis war der pa´rîhâralekha nicht bekannt, wiewohl das durch ihn erteilte Privileg, bestehend in Steuerbefreiung u. dgl, sich aus dem Dharma´s., Artha´s. und den Inschriften belegen läßt (P. W. s. v. und Artha´s.1 47, 6; 62, 16; 98, 14f.; 142, 7, vgl. 1; 170, 2;
25 333, 2), hier handelt es sich scheinbar um eine neue Terminologie eines de facto alten Brauches, worauf auch das tajjña.h .. . vyavasyet deutet.

5. Der nis.r.s.tilekha wird in den vâcikalekha und eigentlichen nais.r.s.tika zerlegt; die wahrscheinlichste Interpretation eht dahin, dass es sich um eine Vollmacht für einen Beamten im übertragenen Wirkungskreis handelt, entweder zum Vollzug einer Amtshandlung (kâryakara.ne) oder dessen Ausstattung mit der Befehlsgewalt im Namen des Königs, vacana bedeutet auch „Geheiß", vâcika „Auftrag"; der Vers macht in seinem letzten Viertel einen verdächtigen Eindruck, nicht nur wegen der geflickten Diktion (syâd... bhavet,.. api vâ), sondern auch wegen der abermaligen Unterordnung des zu erklärenden Begriffes.

6. Ein ´sâsana, das sich auf Ereignisse bezieht, die Auswirkung übernatürlichen Waltens der Götter oder des Schicksals sind, oder auf Geschehnisse Bezug nimmt, die durch Menschen verursacht wurden, wird als prâv.rttika bezeichnet. Es dürfte sich dabei um die Unterscheidung der vyasana handeln, deren daiva in 205, 15 f. (vgl. 360, 19) aufgezählt sind, die manu.sa stammen von innen- oder außerpolitischen Urhebern her und sind 3 19 ff. behandelt. Eine bloße Bekanntgabe der eingetretenen Ereignisse wird kaum Gegenstand dieses ´sâsana gewesen sein, wahrscheinlich beinhaltet es auch den pratîkâra, die Gegenmaßregeln (vgl. 15, 18 f.; 205 ff.). Im Allgemeinen macht diese ´sâsana-Art einen künstlichen Eindruck.

7. Leicht verständlich ist der pratilekha, das Antwortschreiben; das P. W. belegt pratilipi in der gleichen Bedeutung aus dem Bengali and Sanskrit Dictionary von HAUGHTON, SCHMIDT in den „Nachträgen" aus SOMADEVA'S Ya´sastilaka I, 564, 6; hinzuzufügen ist Lalitav. 126, 6: lekhapratilekhalipi.

8. Das sarvatraga genannte ´sâsana ist ein an î´svara und adhik.rta gerichtetes Rundschreiben, in dem Schutz und Unterstützung für die Reisenden anbefohlen wird, das an gebahnten Wegen, im offenen Lande, kurz, überall kundzugeben ist, daher sein Name. Dieses ´sâsana ist in mehrfacher Hinsicht interessant und für die Kritik wichtig. Zunächst einmal wegen der Ausdrücke îsvara und adhik.rta ; im ganzen Arthasâstra (bis auf die im selben Kapitel vorkommende Stelle, oben S. 49) ist keiner der beiden Ausdrücke belegt, wenigstens nicht in der hier prägnanten Bedeutung, die ihnen zukommt. Zwar ist î´svara in älteren Werken nachzuweisen, aber als allgemein gebräuchliches Synonym für König; bei Kautilya könnte das Wort nur im Sinne von „selbständigem hohen Beamten" gebraucht sein, also etwa ein râ.s.tra°, durga°, antapâla oder dgl., wie auch der Kommentar besagt, und in dieser Bedeutung ist das Wort Kautilya nicht nur fremd, er kennt überhaupt nur anî´svara (160, 2; 163, 5) als Bezeichnung für den nicht Volljährigen oder Mündigen. Der älteste inschriftliche Beleg stammt aus dem 2. Jahrh. n. Chr. (Ep. Ind. VIII, p. 60, 1. 11), besonders ist jedoch auf die Jainaschriften zu verweisen, wo râisara vorkommt, das vom Kommentar als yuvarâja erklärt wird. Ähnliches gilt für adhik.rta; auch diesen terminus verwendet Kautilya nicht, (164, 14 kommt gar nicht in Betracht), wiewohl adhikara.na geläufig ist und 425, 5 ff. erklärt wird. JACOBI glaubte (SPAW. 1911, S. 968) den Widerspruch zwischen den ältesten in Prâk.rt abgefaßten Inschriften und den in Sanskrit vorgeschriebenen ´sâsana durch den Hinweis beseitigen zu können, dass es sich nicht um Inschriften handle, die erst später aus der königlichen Kanzlei die Verwendung des Sanskrit übernahmen. Gegen diese Annahme erhebt sich sofort eine Reihe von Einwänden; es ist sicher, dass nämlich auch unter A´soka die Texte der Inschriften zuerst in der Kanzlei ausgearbeitet wurden, wie insbesonders der Stil beweist und die Sârnâth-Säulen-Inschrift Z. 6 (ed. CII. I, 16l). Aber davon auch abgesehen, der sarvatragalekha ist ja gerade. überall kundzumachen, setzt somit den Gebrauch des Sanskrit voraus und führt somit in jene Zeit, als die öffentlichen Kundgebungen bereits in Sanskrit erfolgten. Dass es sich hier nicht um Inschriften auf Stein oder Kupfertafeln handelt, ist eine Sache für sich, die Sm.rti verwendet neben tâmrapa.t.ta den Ausdruck pa.ta, sonst lekhya, likhet (Yâjñ. I, 319; B.rhasp. VIII, 12,16; vgl. BURNELL2 p. 89,93d); ob bei der Publikation eines sarvatraga wirklich die öffentliche Anbringung von Kopien des auf tâlî-tâlâ oder bhürja geschriebenen Textes ins Auge gefasst ist, lässt sich nicht mit Sicherheit entscheiden, wenn es auch nicht unmöglich ist; sicher hingegen ist seine Publizierung, damit der Unterschied gegenüber Stein- oder Metall-Inschriften aufgehoben. Für die Textkritik wichtig ist noch eine weitere Erwägung. Mit Ausnahme von SHAMASASTRY lesen die Mss., Bha.t.tasvâmin sowie die Ausgaben JOLLY-SCHMIDT und GANAPATI für rak.sopakâraupayikârtham: °rau pathikârtham; es ist nicht einzusehen, warum eine Kundmachung, die interne Regierungsmaßregeln betrifft und nur an die obersten Behörden gerichtet ist, gerade an Wegen publiziert werden soll; dies wird verständlich, wenn man sich für die andere Lesart entscheidet, die eine Warnung an Straßenräuber beinhaltet; denn Karawanen und einzeln reisende Personen waren solchen Gefahren ausgesetzt, wie außer der Erzählungsliteratur in Sanskrit und Pâli das Artha´sâstra zu erkennen gibt (vartanî, ativâhika, vgl. SWAW. 191, 5, S. 216, A. 1; 241). Dazu kommt, dass aupayika bei Kautilya nicht belegt ist; aber diese fehlerhafte Lesart hat nun, wie es scheint, den Anlass zu der folgenden Prosapartie gegeben.

IV. Bha.t.tasvâmin, ihm folgend GANAPATI, meint die Behandlung der vier upâya dadurch rechtfertigen zu können, dass die Befehlsgewalt des Herrschers die Wurzel von Frieden und Krieg sei und diese auf der Anwendung der vier upâya beruhten; aber Bha.t.tasvâmin selbst weiß auch, dass Frieden und Krieg nur die beiden Extreme des .sâdgu.nya sind, wie Vâtavyâdhi überhaupt bloß diese beiden gelten lassen wollte, so dem aber Kautilya widerspricht (Buch 7, Anfang). Neben dem für die Außenpolitik berechneten System des .sâ.dgu.nya findet die Vierergruppe der upâya ihre Anwendung hauptsächlich gegen innere Feinde und Würdenträger des Gegners, ist aber jedenfalls ein ausschließlich der Nîti angehörender Gegenstand; um so mehr ist die Behandlung der upâya in dem ´sâsanâdhikâra auffällig. Beachtenswert ist ferner der Umstand, dass Kâmandaki in diesem Punkt über Kautilya hinausgeht; 5 XVIII, 3 fügt er den vier upâya weitere drei hinzu: mâyâ, upek.sâ, indrajâla, bei B.rhaspati Artha´s. V, 3 wird an Stelle des sechsten vadha genannt. In der fünffachen Zerlegung von sâman stimmt Kautilya mit Somadeva, NItiv. XXIX, 70 (vgl. aber unten Anm. 3) überein, weicht aber im fünften Punkt von Kâmandaki ab; Somadeva erklärt zwar nur gleichlautend mit Kautilya diesen eben bei Kâmandaki fehlenden Punkt, er hat jedoch mit Kautilya ein nicht unwichtiges Detail gemeinsam: statt dâna gebrauchen beide den terminus upapradâna, während sonst nur dâna verwendet wird. Auffallend ist ferner, dass bei Kautilyas Erklärung der vorhergehenden vier Punkte des sâman Ausdrücke auftreten, die unter den Inhaltsformen bereits begegneten: pra`sa.msâstutir gu.nasanikîrtanam; âyatipradar´sana; über sântva s. oben S. 56. Dass Kautilya nicht die Quelle Kâmandakis, aber auch nicht Somadevas gewesen sein kann, zeigen die weiteren Definitionen; beide sind ausführlicher und genauer als bei Kautilya, da.n.da z. B. wird als vadha, aber auch die anderen upâya werden 309,8 ff.; 350, 13 ff. ganz anders erklärt. Es kann aus all dem kaum ein anderer Schluss gezogen werden, als dass dieser ganze Abschnitt über die upâya das Werk eines Redaktors darstellt, der die Werke über Nîti benützt hat.

V. Dafür spricht ferner, dass die sich anschließende Aufzählung der lekhado.sa hier unmotiviert erscheint, sich aber recht gut an die im Anfang des Kapitels besprochenen stilistischen Erfordernisse anfügt, mit denen auch der varga, bez. apavarga einen Zusammenhang verrät; nicht wörtlich zu erweisen, aber naheliegend ist die Annahme, dass diese do.sa-Begriffe wiederum dem Alamkâra´sâstra entstammen.

VI. Ist das bisher Bemerkte richtig, dann fällt auf die Schlussstrophe des Kapitels und auf dieses selbst ein anderes Licht: der Vers findet es für nötig, die Autorschaft Kautilyas besonders zu betonen; die Analyse aber zeigte bedenkliche Spuren einer Kontamination und einer Entwicklung des Schriftwesens, die von jener der Sm.rti stark abweicht. Auch die Annahme der Existenz all der Disziplinen, die der Redaktor des Kapitels heranzuziehen hatte, sowie des Schriftwesens im besonderen, gehört in Anbetracht des Charakters der älteren indischen Literatur in das Reich des Unwahrscheinlichen. Für den ´sâsanâdhikâra bleibt dann nur die Konsequenz übrig, dass er weder von Kautilya stammen könne noch überhaupt Anspruch auf ein höheres Alter erheben darf als jene Disziplinen, wie Stilistik, Nîti, Schriftwesen, die er voraussetzt.

Einer Betrachtung sind noch zwei Gesichtspunkte zu unterziehen, von denen der erstere einen weiteren Beitrag zum Alter so des Urkundenwesens, insb. der königlichen Inschriften und Erlässe bieten könnte, der andere das Problem von einem allgemeinen Standpunkt aus beleuchten soll.

In materieller Hinsicht ist festzustellen, dass das Schriftwesen, wie es im ´sâsanâdhikâra entgegentritt, weit über die Sm.rti hinausreicht, aber auch reicher entwickelte Formen kennt als die erhaltenen Inschriften bieten. Daraus schon einen Schluss zu ziehen, wäre unvorsichtig, da Theorie und Praxis, lokale oder schulmäßige Unterschiede mitbeteiligt sein können. Ein verlässlicheres Mittel scheint das Formelle zu sein; zwar besteht noch keine Untersuchung über die Entwicklung des Urkundenwesens in Indien, doch kann man in großen Zügen eine Entwicklung in formeller Hinsicht an einzelnen Vertretern der jeweiligen Epoche feststellen. Auszugehen ist natürlich von den ältesten erhaltenen Inschriften, denen A´sokas. Dass dieser Herrscher die Keilinschriften der Achämeniden als Vorbild benützt habe, ist mehrfach behauptet worden; es ist schwer zu sagen, ob jene literarischen Stellen, die von königlichen Kundgebungen sprechen, älter sind als die Inschriften A´sokas; die Frage nach dem Alter der Schrift ist damit nicht berührt, es handelt sich nur um der königlichen Kanzlei angehörende Schriftstücke, wie z. B. Mahâvagga I, 43. Die Annahme ist naheliegend, dass A´soka seine Kanzlei nach dem Muster seiner Vorgänger, besonders seines Großvaters eingerichtet haben wird; wie verträgt sich aber damit die Angabe A´sokas im 6. Felsenedikt, dass seine Vorgänger niemals sich um arthakrama oder prativedana gekümmert hätten, dass erst er seine Anordnungen (âjñâpitam) gebe, die er mündlich trifft und die sich in dâpaka und ´srâvâpaka scheiden, in Kundgebungen zu frommen Stiftungs- und moralischen Belehrungszwecken? Aus den Edikten geht nicht nur die Freude des Königs an seiner Tätigkeit des „Schreibens" hervor, sondern auch das Neue dieser Inschriften-Publikation, wie das 14. Felsenedikt zeigt; an das Vorhandensein einer Tradition ist also schwerlich zu glauben, außer man zieht den Inhalt, die anu´sâsti, in Betracht. Trotzdem zeigen aber diese Edikte formell und in ihrem Sprachschatz wenig Berührungen mit dem ´sâsanâdhikâra. So heißt der Schreiber nicht lekhaka, sondern lipikara (14. Felsenedikt, Brahmagiri-Edikt 13, Ja.tinga-Râme´svara-Edikt 22); ist es ein Zufall, dass bei Pânini nur (III, 2, 21) lipikara belegt ist, die Zeugnisse für lekhaka der jüngeren Literaturperiode angehören, die der buddhistischen chronologisch schwerlich im Sinne BÜHLER'S zu verwerten sind? Die termini, die A´soka in den Inschriften für seine Kundgebungen verwendet, reichen keineswegs an die weitgehende Differenzierung des Artha´sâstra heran. Häufig begegnet dhammalipi, markant im 13. Felsenedikt, z. B. Kâlsî 15: iya.m dha[m]malipi likhitâ; freilich erfährt die Klassifikation der Inschriften unter A´soka eine naturgemäße Beschränkung durch ihren Charakter, immerhin unterscheidet der Herrscher: dhammasâvanâni sâvâpayâmi dhammânusathini anusâsâmi (7. Säulenedikt, Delhi-Topra 20 f.). sâsana kommt dreimal im Sârnâth-Säulenedikt Z. 5, 8, 9 vor, hier handelt es sich auch wirklich um einen in das Mönchs- und Ordensleben eingreifenden Befehl; für das erwähnte anusâsâmi wird Z. 22 (Delhi-Topra) ânapitâni synonym gebraucht; von diesem Verbum erscheinen verschiedene Formen, das 6. Felsenedikt beweist (Girnâr, Z. 6), dass es sich um einen mündlichen Befehl handelt (mukhato ânapayâmi), gleichbedeutend ist devâna.mpiyasa vacanena, mit welcher Formel die beiden Separatedikte von Dhauli eingeleitet werden, im Kau´sâmbi- Säulenedikt heißt es auch ânapayati usf., öfters noch eva.m âha. Es ist mehr als zweifelhaft, ob sich aus diesen verschiedenen Fassungen Unterschiede im Charakter der Edikte ableiten lassen, außer bei sâvana und anusathi, die der speziellen moralisch-religiösen Unterweisungstätigkeit A´sokas entstammen. Es ist aber kaum eine gewisse formelle Entwicklung innerhalb dieser Edikte zu verkennen; während die Einleitung trotz der Variationen inhaltlich gleich bleibt, findet sich in der Calcutta-Bairât-Inschrift Z. l f. ein neues Element: Priyadasi lâjâ Mâgadhe sa.mgha.m abhivâdetüna.m âha apabâdhatam ca phâsuvihâlata.m câ vidite ve bha.mte . . .; die beiden Versionen von Brahmagiri und `Siddâpura beginnen: Suva.mnagirîte ayaputasa mahâmâtâna.m ca vacanena Isilasi mahâmâtâ ârogiyam vataviyâ Devâna.mpiye (Brakmag.:) â.napayati, (`sid-dâp.:) heva.m âha. Zwar gehören diese Inschriften zu den frühesten, aber die zwei letzteren bringen den aus den inhaltlich verwandten Inschriften bekannten Text den offiziellen Stellen zur Kenntnis, müssen also nicht notwendigerweise gleichzeitig sein. Wie dem auch sei, hier spricht der Kanzleistil, der in den einzelnen Reichen sich selbständig entwickelt haben wird; dennoch zeigt die Formel ârogiyam usf. Verwandtschaft mit späten Inschriften, so auch mit denen von Niya, vgl. z.B. Nr. 69, 2: ârogya parip.rchati, neben ârogya (sam-)preseti (Nr. 86, 2; 106, 2; 133, 2 u. v. a.). Diese für die Geschichte des Briefwesens äußerst wichtigen Dokumente weisen zwei Merkmale auf, die sie von A´sokas Inschriften trennen: die höfliche Ansprache, zu der in jenes Inschriften, soweit sie nicht an bestimmte Personen oder Gemeinschaften gerichtet sind, kein Anlass war, die aber im Artha´sâstra vorgeschrieben wird; ferner das Datum, von dem in den A´sokainschriften ein
Ansatz zu sehen ist, während es im Artha´sâstra merkwürdigerweise bei anderen Amtsstücken gefordert, bei solchen aus der königlichen Kanzlei übergangen wird.
Die literarisch überlieferten Briefe lassen keinen rechten Schluss auf die Entwicklung der Formeln zu, da sie vom Dichter nur in die Handlungsepoche des Dramas projiziert sind; dass es aber eine Literatur über Briefe gegeben hat, offizielle Briefsteller oder Formularien, das zeigen die Inschriften mit ihrem doch im ganzen stereotypen Aufbau, das zeigen die nicht zu unterschätzenden Niya-Inschriften, das beweisen auch die allerdings nur spärlichen Vertreter dieser Literaturgattung. BURNELL verweist auf ein dem Vararuci zugeschriebenes Werk über Briefe; eine Reihe von Manuskripten, deren ältestes ins 15. Jahrh. zurückgeht, ist vor kurzem veröffentlicht worden und bringt viele interessante Details zur Geschichte des Briefwesens im Gujarât; die im Appendix V, p. 94 f. exzerpierte Pattrakaumudî enthält einen Abschnitt über den râjalekhaka, der auch den Purâ.na bekannt und von ihnen behandelt ist. Es ist daher nicht unmöglich, dass der Redaktor des Artha´sâstra aus einem derartigen Werke seine Weisheit geschöpft und sie mit dem berühmten Namen des Kautilya zu decken versucht hat.

Der zweite der oben angedeuteten Gesichtspunkte berührt ein allgemeineres Thema. Was man den Geist eines Volkes oder einer Kultur heißt, lässt sich weniger verlässlich nur auf abstraktem Wege finden als auf dem mühsameren Weg der Deduktion. Zum geistigen Gut eines Volkes gehören auch seine Rechtsinstitutionen, die Sitte oder Gesetz gewordenen Ideen; das westliche Denken in dieser Beziehung ist beherrscht vom römischen Recht. Auch auf dem Gebiete des Urkunden-Wesens und der Klassifikation der offiziellen Schriftstücke sind die Römer vorbildlich geblieben; es wäre nun die Aufgabe, zu untersuchen, wie weit die indische Klassifikation der Schriftstücke sich mit der römischen deckt, oder wie weit die Inder auf diesem Gebiete schöpferisch gewesen sind. Sieht man von der Zeit der Republik ab, die schon wegen des Fehlens der Kanzlei des Herrschers den Vergleich unmöglich machen würde, so lassen sich unter den constitutiones principum vier Arten der kaiserlichen Festsetzungen zusammenfassen:

  1. edicta;

  2. decreta

  3. rescripta

  4. mandata.

Das kaiserliche Edikt bezweckt die Aufstellung von Normen für die Amtstätigkeit und Rechtspflege, sie wurden publiziert und abschriftlich den in Betracht kommenden Beamten mit der Verpflichtung zur so Bekanntgabe in ihrem Amtsbereich mitgeteilt. Das Edikt enthält zunächst die Angabe des Adressaten, dann den Namen des Herrschers und leitet den in direkter Rede gehaltenen Inhalt mit dicit ein. Man sieht sofort, dass A´sokas Edikte mit Unrecht im römischen Sinne so genannt werden, da es sich nicht um verwaltungsrechtliche oder juristische Dinge handelt, wenigstens nicht immer, eher im 5., 6., 9. Felsenedikt; die richtige Bezeichnung bietet Asoka selbst: dhammalipi d. h. religiöses Rundschreiben, Kundgebung. Dem edictum entspricht die âjñâ, auch sie regelt Verwaltung und Recht; sofern sie sich mit der Entscheidung von unentschiedenen Prozessen befasst, ist sie auch als decretum zu bezeichnen, das in Rom allerdings über den Einzelfall hinausreichend rechtsbildend wirken konnte. Das rescriptum stellt die Antwort des Kaisers auf eine Anfrage von Privaten (libelli, preces, supplicationes) oder von Beamten (relationes, consultationes, suggestiones) dar, die im ersteren Falle in Form einer subscriptio auf dem Gesuch selbst erfolgte, im zweiten Falle wird eine eigene epistula erlassen. Man kann das rescriptum somit der prajñâpanâ und dem pratilekha gleichsetzen, den Eingaben der Parteien und Beamten entsprechen auch die Inhaltsformen der Briefe wie prati.sedha, p.rcchâ u. a., da die Form der rescripta die eines Briefes war. Dem mandatum kommt der sarvatraga etwa gleich, es sind dies Instruktionen, welche allen kaiserlichen Beamten und Provinzialstatthaltern zugehen. Als kaiserliche constitutione wurden privilegia an Veteranen bezüglich des Bürgerrechtes (civitas) oder des conubium erteilt; ihnen entsprechen nominell die parîhâra. Sind damit gewiss auch nicht alle Formen der kaiserlichen constitutiones erschöpft, so zeigen sich immerhin analoge Verhältnisse in Indien, die so im Formellen auch so weit gehen, dass sich dem ârogya das salutem dicit der ezristulae an die Seite stellen läßt. Es würde zu weit führen, hier noch die Kanzleiverhältnisse der Lagiden und des Mittelalters heranzuziehen; man kann aber sagen, dass sich auf dem Gebiete des Kanzleiwesens Analogien finden, die in Indien selbständig erwachsen und aus dem Charakter des Staates, an dessen Spitze ein Herrscher mit höchster Machtvollkommenheit stand, abzuleiten sind; für die Größe des Reiches und seine Organisation spricht diese Mannigfaltigkeit und Entwicklung der königlichen Schriftstücke, damit wohl auch für eine jüngere Periode in der Geschichte Indiens, das auf dem Gebiete der Verwaltung eine lange Entwicklung durchgemacht haben muss, ehe es zu diesem Stande gelangt ist. Dass Indien vorgeschrittener als Rom gewesen sein soll, dagegen spricht die im Westen vorhandene Tradition, die für Indien fehlt und nicht zufällig fehlen kann, wenn sie die Glieder gerade in jüngerer Zeit in Hülle und Fülle bietet.