Quellenkunde zur indischen Geschichte bis 1858

13. Tibetische Quellen


von Alois Payer

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Zitierweise / cite as:

Payer, Alois <1944 - >: Quellenkunde zur indischen Geschichte bis 1858. -- 13. Tibetische Quellen. -- Fassung vom 2008-05-26 -- http://www.payer.de/quellenkunde/quellen13.htm             

Erstmals publiziert: 2008-05-17

Überarbeitungen: 2008-05-26 [Ergänzungen]

Anlass: Lehrveranstaltung FS 2008

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Unter den tibetischen Quellen zur indischen Geschichte ist von besonderer Bedeutung Tāranātha's (1575 - 1634) Geschichte des Buddhismus in Indien ( Rgya-gar ʾPhags-paʾi yul gyi chos ʾbyuṅ = dGos-dod-kun-'byuṅ), die 1608 verfasst wurde.

Tāranātha, auch Kun-dga'sñiṅ-po (= Ānandagarbha) wird in Tibet meist als Jo-naṅ Tāranātha = Tāranātha us der Jo-naṅ-Schule bezeichnet.

"Taranatha (1575-1634) was a Lama of the Jonang school of Tibetan Buddhism. He is widely considered its most remarkable scholar and exponent.

Early life

Taranatha was born in Drong, Tibet, supposedly on the birthday of Padmasambhava. His original name was Kun-dga'-snin-po, which means Anandagarbha. He reportedly used a Sanskrit name as an indication of the value he placed on his Sanskrit scholarship in an era when mastery of the language had become much less common in Tibet than it had once been. His exceptional qualities are said to have been recognized by others at a young age, as is often the case with great masters. He studied under such masters as Je Draktopa, Yeshe Wangpo, Kunga Tashi and Jampa Lhundrup, although his primary teacher was an Indian, Buddhagupta.

Taranatha was recognized by Khenchen Lungrik Gyatso as the rebirth of Krishnacarya and the Khenchen's own teacher, Jetsun Kunga Drolchok.

Works

Taranatha was a prolific writer and a renowned scholar. His best known work is the 143-folio History of Buddhism in India (dpal dus kyi 'khor lo'i chos bskor gyi byung khungs nyer mkho) of 1608 [1], [2], [3], which has been published in English. His other major work, The Golden Rosary, Origins of the Tantra of the Bodhisattva Tara of 1604 has also been translated into English. In 1614 Taranatha founded the important Jonangpa center Puntsokling Monastery, in the Tsangpo Valley about 200 miles west of Lhasa. After the take-over by the Gelug in 1642, it became known as Ganden Puntsokling.

Later Life

Probably not long after 1614, Taranatha went to Mongolia, where he reportedly founded several monasteries. He passed away probably in Urga, Mongolia. His rebirth became known as Zanabazar, the First Bogd Gegen, or Jetsun Dampa of Mongolia. His current reincarnation is known as Khalkha Jetsun Dampa."

[Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Taranatha. -- Zugriff am 2008-05-15]

"VORWORT.

Im ersten Bande seines Werkes über den Buddhismus hat Prof. Wassiljew zu wiederholten Malen Rücksicht genommen auf die von Tāranātha verfasste Geschichte des Buddhismus in Indien und namentlich auf S. 47 f. und auf S. 50—60 (der deutschen Übersetzung) einen kurzen Auszug aus diesem Werke gegeben. Diese Mitteilungen mussten es wünschenswert machen das ganze Werk veröffentlicht zu sehen. Den tibetischen Text habe ich in Folge dessen im J. 1868 nach vier mir zu Gebote stehenden Handschriften herausgegeben und dabei, wie ich in der Vorrede zur Textesausgabe bemerkt habe, vielfachen Nutzen gezogen von der mir durch Prof. Wassiljew zur Verfügung gestellten russischen Übersetzung, welche gleichzeitig mit der vorliegenden deutschen Übersetzung der Öffentlichkeit übergeben wird. Bereits am 19. April 1866 hatte Prof. Wassiljew diese Übersetzung der Akademie vorgestellt, allein verschiedene andere Arbeiten, die er zum Besten seiner Zuhörer an der hiesigen Universität herausgeben musste, namentlich sein chinesisches Wörterbuch, verzögerten den Druck derselben, so dass er [S. VI] erst in den letzten acht Monaten zu Ende geführt werden konnte. Durch diesen Umstand ist es mir möglich gewesen der vorliegenden deutschen Übersetzung, deren Druck bereits vor Jahresfrist beendigt wurde, den größern Teil der Anmerkungen, welche Prof. Wassiljew aus dem reichen Schatz seiner Belesenheit in der tibetischen und chinesischen Literatur des Buddhismus während des Druckes seiner Übersetzung beigeben hat, als Nachtrag einzuverleiben.

Tāranātha gibt am Schluss seines Werkes S. 283 der Übersetzung als das Jahr, da er sein Werk zu Ende brachte, sein vierunddreißigstes Lebensjahr an; es ist dies das Erde-Affen-Jahr, welches dem Jahre 1608 christlicher Zeitrechnung entspricht; sein Geburtsjahr war demnach das Holz-Schweine-Jahr (1573). Beide Daten findet man in der chronologischen Tabelle des Werkes Kalpasuvṛikscha angegeben. Wenn die Angabe der Geburt sich kurz auf

 

beschränkt, so muss zur Erläuterung aus der Vorrede des Professors Wassiljew Folgendes bemerkt werden. Zu den verschiedenen Schulen, welche mit dem Aufkommen der durch Tsonkhapa gestifteten Gelbmützen in den Hintergrund traten, gehörte auch die Schule von Dschonang [ཇོ་ནང་], welche ihren Namen von dem Orte Dschomonang  hat, wo ein Kloster stand, in welchem ein gewisser Dolbupa2 der sich von den Saskja's getrennt hatte, seinen Zufluchtsort fand. In seinem Werke «Meer des wahrhaftigen Sinnes der Berg-Lehre» hatte er die Lehre dieser Schule von [S. VII] der besonderen Leere

begründet. Obwohl Tsonkhapa bei einem seiner unmittelbaren Schüler und dessen Schüler das Kālatschakra und die Pāramitā's gehört hatte, wurde die Lehre von der besonderen Leere von den Gelbmützen verworfen. Nach der Zeit Tsonkhapa's verbreitete Kun-dga'-grol-mtschhog und besonders seine Wiedergeburt Tāranātha die Dschonang-Lehre. Es wird das Kloster rTag-bstan-phun tshogs-gling gegründet, man stellte Bildnisse auf und ließ zum Druck der meisten Dschonang-Werke Holztafeln schneiden. Als der Machthaber von Rin spung, Karma bstan-skjong-dvang-po  als Beschützer dieser Lehre auftrat, nahm sie bedeutend an Ausbreitung zu, als aber seine Macht ihr Ende erreicht hatte, soll nach dem Tode Tāranātha's der fünfte Dalai-Lama die Dschonang-Klöster der Lehre der Gelbmützen einverleibt, die Holztafeln aber versiegelt haben, so dass jetzt von der Dschonang-Lehre nur zwei Werke Tāranātha's bekannt sind: Sādhana und die Geschichte des Buddhismus.2


[S. VIII] Zu diesen Nachrichten, welche Prof. Wassiljew aus der Geschichte der Schulen Tibets entlehnt hat, fügt er aus demselben Werke noch folgende Stelle hinzu: «In Chalcha gründete der Fürst (Chan) Usutai, nachdem er mit dem dritten Dalai-Lama zusammengetroffen war, das Kloster Erdeni Dschowo. Der Sohn seines Enkels Tuschijetu Chan war die Wiedergeburt rDsche-btsun-dam-pa blo-bsang-bstan-pai-rgjal-mtshan, die Zierde Chalcha's, welcher große Ehren von dem Mandschu-Kaiser (Kanghi) genoss; er gründete «das Kloster Ri-vo-dge-rgjas-gling und die Reihe «seiner Wiedergeburten dauert noch fort.»

Was nun die von Tāranātha verfasste Geschichte des Buddhismus anbelangt, so ersieht man sowohl aus der Anlage des Werkes als auch aus den gelegentlichen Bemerkungen des Verfassers, dass wir es mit einer bloßen Kompilation zu tun haben. Außer den indischen Werken, die er selbst namhaft macht, haben ihm auch einheimische vorgelegen. Wenn die einzelnen Bände des Tandjur mit den vielen geschichtlichen Notizen gehörig ausgebeutet sein werden, wird es ein Leichtes sein die vielen stereotypen Sätze, die sich über die einzelnen Begebenheiten sowohl bei Tāranātha als auch bei andern neuern Schriftstellern linden, auf ihre Quelle zurückzuführen. Vielleicht gelingt es auch eine Anzahl der indischen und anderer Namen dann in ihrer wahren Gestalt wiederherzustellen oder wenigstens den Ursprung der jetzigen Verunstaltung aufzufinden. Im Register habe ich die bereits im tibetischen Texte Tāranātha's vorkommenden Namen und indischen Wörter gesperrt gedruckt zum Unterschied von den anderswoher verbürgten oder durch Zurückübersetzung gewonnenen Wörtern. Die letztern sind nicht alle zuverlässig und die zweifelhaften deshalb mit einem Sternchen bezeichnet. Es bietet das Sanskrit dem Tibetischen gegenüber verschiedene Möglichkeiten [S. IX] dar; so habe ich z. B. Devendrabuddhi (S. 186 f.) zurückübersetzt, wahrend im Tandjur Surendrabodhi vorkommt; statt Buddhadiś,, welche Form bei Wassiljew, Buddhismus S. 204 steht, ist wohl Buddhapakscha, was ebendaselbst S. 56 ... vorkommt, die richtigere Form und wahrscheinlich nur ein aus dem Mandschuśrīmūlatantra stammendes Epithet, wie ähnlich die Namen Dharmika, Jogin u. a. Neben Kāla stellt sich das gleichbedeutende Kṛischṇa, wofür die Chinesen Metschaka vorgezogen haben; der Name, den ich durch Kṛischṇatscharin wiedergegeben habe, findet sich bei spätern Tibetern in der Form Kālatscharja; umgekehrt scheint Tāranātha's Kṛischṇarādscha durch ein Missverständnis von Kalinga entstanden zu sein. Ob Dschajabhadra oder Dschinabhadra mehr Wahrscheinlichkeit für sich habe, wird wohl sehr schwer zu entscheiden sein. Statt Viśrutadeva haben die späteren Tibeter Vikhjātadeva (Thob jig B.III, Bl. 244). Wenn ich in der Übersetzung überall Bhangala schreibe, so habe ich nur die in allen tibetischen Werken vorkommende Form beibehalten. Freilich gibt es manche wunderbare Formen wie z. B. Vikramalaśīla statt Vikramaśīla, Bharadhvadscha statt Bharadvādscha u. a. m.

Wenn wir uns nicht immer auf die verschiedenen Formen der einzelnen Namen verlassen dürfen, welche ich, wo es tunlich war, in einer besseren Form als die Handschriften sie darbieten, in der Übersetzung vorgeführt habe, so ist es ein eben so schlimmes Ding mit den chronologischen Angaben. Sehr gern hätte ich dem Wunsche derer, welche eine synchronistische Tabelle als Zugabe der Übersetzung gewünscht haben, Folge geleistet, [S. X] wenn sich eine solche mit Leichtigkeit hätte herstellen lassen. Ein großer Übelstand ist es, dass bei den chronologischen Angaben meist die im Mandschuśrīmūlatantra befindlichen Vorherverkündigungen als Ausgangspunkt und Grundlage aller Zeitbestimmungen gelten.

Trotz dieser Mängel wird aber Tāranātha's Werk, wenn es auch nicht dazu geeignet ist ein sicherer Leiter in der Geschichte der buddhistischen Gegenden Indiens zu sein, durch die vielen, wenn auch oft kurzen, Notizen über die einzelnen Berühmtheiten des Buddhismus und seinen Legendenreichtum Anlass zu ferneren Forschungen geben. Vielleicht gelingt es die von Tāranātha namhaft gemachten Werke Bhaṭagaṭī's, Indradatta's und Kschemendrabhadra's oder wenigstens genauere Nachrichten über dieselben aufzutreiben. Aber selbst wenn dies nicht geschehen sollte, wird durch die reichhaltige buddhistische Literatur, welche sowohl der Kandjur als auch der Tandjur umfasst, und auf deren verschiedene Werke die Anmerkungen zu dieser Übersetzung hinweisen, Gelegenheit gegeben bisher noch wenig Bekanntes aufzuhellen und Unbekanntes aufzufinden. Möchten sich nur junge Kräfte finden, die Mittel und Ausdauer genug besitzen dieser Aufgabe nachzukommen!

St Petersburg, 27. Mai (8. Juni) 1869.
A. Schiefner."

[Quelle: TāranāthaJo-naṅ-pa <1575 - 1634>: Târanâtha’s Geschichte des Buddhismus in Indien / aus dem Tibetischen uebersetzt von Anton Schiefner. -- Sankt Petersburg : Eggers, Commisonär der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, 1869. -- xii, 346 S. ; 22 cm. -- Originaltitel: Rgya-gar ʾPhags-paʾi yul gyi chos ʾbyuṅ (1608). -- S. V - X.]

Dieses Werk wurde dem Westen erstmals bekannt gemacht durch die Ausgabe und die Übersetzung durch (Franz) Anton Schiefner (1817 - 1879):

TāranāthaJo-naṅ-pa <1575 - 1634>: [Rgya-gar ʾPhags-paʾi yul gyi chos ʾbyuṅ] Târanâthae de doctrinae buddhicae in India propagatione narratio / contextum tibeticum e codicibus petropolitanis edidit Antonius Schiefner. -- Sankt Petersburg : Kommissioneri Imperatorskoĭ Akademii Nauk, 1868. --  x, 220 S.

TāranāthaJo-naṅ-pa <1575 - 1634>: Târanâtha’s Geschichte des Buddhismus in Indien / aus dem Tibetischen uebersetzt von Anton Schiefner. -- Sankt Petersburg : Eggers, Commisonär der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, 1869. -- xii, 346 S. ; 22 cm. -- Originaltitel: Rgya-gar ʾPhags-paʾi yul gyi chos ʾbyuṅ (1608)

"SCHIEFNER, FRANZ ANTON (1817-1879), Russian linguist, was born at Reval, in Russia, on the 18th of July 1817. His father was a merchant who had emigrated from Bohemia. He was educated first at the Reval grammar school, matriculated at St Petersburg as a law student in 1836, and subsequently devoted himself at Berlin, from 1840 to 1842, exclusively to Eastern languages. On his return to St Petersburg in 1843 he was employed in teaching the classics in the First Grammar School, and soon afterwards received a post in the Imperial Academy, where in 1852 the cultivation of the Tibetan language and literature was assigned to him as his special function. Simultaneously he held from 1860 to 1873 the professorship of classical languages in the Roman Catholic theological seminary. From 1854 till his death he was an extraordinary member of the Imperial Academy. He visited England three times for purposes of research in 1863, 1867 and 1878. He died on the 16th of November 1879.

Schiefner made his mark in literary research in three directions.

  1. First, he contributed to the Memoirs and Bulletin of the St Petersburg Academy, and brought out independently a number of valuable articles and larger publications on the language and literature of Tibet. He possessed also a remarkable acquaintance with Mongolian, and when death overtook him had just finished a revision of the New Testament in that language with which the British and Foreign Bible Society had entrusted him.

  2. Further, he was one of the greatest authorities on the philology and ethnology of the Finnic tribes. He edited and translated the great Finnic epic Kalevala ; he arranged, completed and brought out in twelve volumes the literary remains of Alexander Castren, bearing on the languages of the Samoyedic tribes, the Koibal, Karagass, Tungusian, Buryat, Ostiak and Kottic tongues, and prepared several valuable papers on Finnic mythology for the Imperial Academy.

  3. In the third place, he made himself the exponent of investigations into the languages of the Caucasus, which his lucid analyses placed within reach of European philologists. Thus he gave a full analysis of the Tush language, and in quick succession, from Baron P. Uslar's investigations, comprehensive papers on the Awar, Ude, Abkhasian, Tchetchenz, Kasi-Kumūk, Hūrkanian and Kūrinian languages. He had also mastered Ossetic, and brought out a number of translations from that language, several of them accompanied by the original text."

[Quelle: Encyclopaedia Britannica. -- 11. ed. -- Vol. 24. -- S. 323.]

Teilausgabe dieser Übersetzung siehe:

Payer, Alois <1944 - >: Quellenkunde zur indischen Geschichte bis 1858. -- 13. Tibetische Quellen. -- 1. Zum Beispiel: Tāranātha <1575 - 1634>: Geschichte des Buddhismus in Indien ( Rgya-gar ʾPhags-paʾi yul gyi chos ʾbyuṅ = dGos-dod-kun-'byuṅ) (1608), Kap. XIV - XVII.  -- http://www.payer.de/quellenkunde/quellen131.htm 

Neuere Übersetzung:

TāranāthaJo-naṅ-pa <1575 - 1634>: Tāranātha’s history of Buddhism in India / translated from the Tibetan by Lama Chimpa [and] Alaka Chattopadhyaya. Edited by Debiprasad Chattopadhyaya. -- Simla : Indian Institute of Advanced Study, 1970. -- xvi, 472, xxiii S. facsim. -- 23 cm. -- Originaltitel: Rgya-gar ʾPhags-paʾi yul gyi chos ʾbyuṅ (1608)


Zu: 14. Quellen auf Arabisch, Persisch und in Turksprachen