Religionskritik

Antiklerikale Karikaturen und Satiren XVI:

Francisco Goya (1746 - 1828)


kompiliert und herausgegeben von Alois Payer

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Zitierweise / cite as:

Antiklerikale Karikaturen und Satiren XVI: Francisco Goya (1746 - 1828)  / kompiliert und hrsg. von Alois Payer. -- Fassung vom 2005-02-16. -- URL:  http://www.payer.de/religionskritik/karikaturen16.htm   

Erstmals publiziert: 2004-05-01

Überarbeitungen: 2005-02-16 [viele Ergänzungen]; 2004-10-26 [Ergänzungen]; 2004-05-11 [Ergänzungen]; 2004-05-06 [Ergänzungen und Korrekturen]; 2004-05-03 [Ergänzungen]

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Dieser Text ist Teil der Abteilung Religionskritik  von Tüpfli's Global Village Library


Abb.: Selbstbildnis (Caprichos, Blatt 1)  / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1797-1799

"Goya y Lucientes (spr. goja i ludsiéntes), Don Francisco de, span. Maler, geb. 30. März 1746 zu Fuente de Todes in Aragonien, gest. 16. April 1828 in Bordeaux, bildete sich auf der Akademie von Saragossa, ging dann nach Madrid und von da, durch abenteuerliche Streiche fortgetrieben, nach Rom. 1774 kehrte er nach Madrid zurück, wo er zuerst Kirchenbilder unter der Leitung und dem Einfluss des damals in Madrid anwesenden Mengs malte. In sein eigentliches Fahrwasser lenkte Goya erst ein, als er farbige Kartons für die königliche Gobelinsmanufaktur ausführte, auf denen er lebhaft bewegte Szenen aus dem Volksleben darstellte (jetzt zum großen Teil im Pradomuseum in Madrid). Sie fanden durch ihre Naturwahrheit solchen Beifall, dass er eine ganze Menge von derartigen Genrebildern, allerdings in sehr flüchtiger und skizzenhafter, aber doch geistvoller Behandlung, schuf, die sich meist in spanischem Privatbesitz befinden. In seinen höchst lebensvollen Porträten (Reiterbildnis Karls IV. und Karl IV. und seine Familie im Museum zu Madrid, Donna Isabel Cobos de Poroel in der Nationalgalerie zu London) schloss er sich äußerlich an Velazquez an. 1795 wurde er Direktor der Akademie von San Fernando, 1799 erster Maler des Königs. Das letzte Jahrzehnt seines Lebens brachte Goya in Bordeaux zu. Seine Geschicklichkeit in der Fresko- und Tempera-Malerei bekunden die Malereien in San Antonio de la Florida und in den beiden kleinen Kuppeln der Kirche Nuestra Sennora del Pilar in Saragossa. In seine letzten Jahre fallen die Werke: der heil. Joseph von Casalanz in der Kirche von San Antonio Abad in Madrid, eine heilige Familie für den Herzog von Noblejas, Santa Yusta und Santa Rufina in der Kathedralkirche von Sevilla, und ein Gemälde, in dem er sich selbst und den Arzt Arieta darstellte, wie dieser ihm eine Arznei reicht. Der Schwerpunkt seiner künstlerischen Bedeutung beruht jedoch in seinen Radierungen, die ebensosehr durch geistvolle Technik wie durch lebendige Auffassung fesseln. In diesen Radierungen ist er ein bitterer Satiriker der politischen, kirchlichen und gesellschaftlichen Zustände seiner Zeit. Eine 1793-98 entstandene Sammlung ist unter dem Namen »Caprichos« (Einfälle) bekannt, eine andre trägt den Titel: »Los desastres de la guerra« (das Unglück des Krieges), eine dritte »Tauromaquia« (Stiergefechte). Goya, dessen Werke als Vorläufer des modernen Realismus erst in neuerer Zeit zur richtigen Würdigung gelangt sind, besaß eine bewundernswerte Geschicklichkeit, mit wenigen Pinselstrichen ein Individuum auf das treffendste zu charakterisieren; aber durch zu sichtbar hervortretendes Streben nach Effekt und eine nicht selten an Nachlässigkeit grenzende Kühnheit gerieten seine Schöpfungen oft in Manier. Ein echter Spanier, wusste er vor allen seinen Werken ein nationales, volkstümliches Gepräge zu geben. Die Mehrzahl seiner Gemälde befindet sich im Pradomuseum und in der Akademie von San Fernando in Madrid, die unter anderm drei seiner Hauptwerke, die bekleidete und die unbekleidete Maja und das Narrenhaus, besitzt. "

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]



Abb.: Der heilige Franziskus von Borgia beschwört einen sterbenden Besessenen (Kirchenbild, keine Karikatur!)   / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1788

"S. Franciscus de Borgia, C. (10. Okt.) Der hl. Franz von Borgia,54 der vierte Herzog von Gandia und dritter General der Jesuiten, wurde geboren den 20. Okt. 1510 zu Gandia in Königreich Valencia in Spanien, als der Sohn des Herzogs Johann II. von Gandia, und der Johanna von Aragonien, Tochter Alphonso's, eines natürlichen Sohnes des aragonischen Königs Ferdinand V. Unser hl. Franciscus erhielt diesen Namen nach einem Gelöbnis seiner Mutter, die eine eifrige Verehrerin des hl. Franz von Assisi war, und der Fürbitte dieses Heiligen die glückliche Geburt ihres Söhnleins zuschrieb. Bald schien es, als hätte der hl. Franz Seraph auch seinen Geist für den Knaben erbeten, den frühzeitig die zarteste Liebe zu Gott, große Wachsamkeit über die Reinheit des Herzens und ein pünktlicher freudiger Gehorsam schmückten. Als unser hl. Franciscus sein siebentes Jahr erreicht hatte, erhielt er an Dr. Ferdinand einen Mann von Frömmigkeit und gründlicher Gelehrsamkeit zum Lehrer, der mit Hilfe eines trefflichen Hofmeisters die erste Ausbildung des herzoglichen Prinzen besorgte. Ein hoher ritterlicher Sinn, Beharrlichkeit, Edelmut, Güte und Dankbarkeit des Herzens, gekrönt mit inniger Liebe und Furcht des Herrn zierten den aufblühenden Jüngling. Sein Lieblingsaufenthalt war immer die schöne einsame Capelle des Schlosses von Gandia; dort ergoss er gar oft verborgen in später Nacht wie im frühen Morgen sein volles Herz in inniges Gebet, brachte seine Anliegen vor Gott, und schüttete vor Ihm auch seinen Schmerz aus, als im Jahr 1520 ihm die liebste Mutter gestorben. Als in Kastilien, Aragonien und Valencia unter den Bürgern ein Aufstand ausbrach, der sich vornämlich gegen die Privilegien des Adels richtete, drangen die Aufrührer bis nach Gandia, nahmen die Stadt ein und zwangen den Herzog mit seiner Familie zur Flucht. Franciscus ward nun der Fürsorge seines Oheims Johann von Aragonien, des Erzbischofs von Saragossa, anvertraut, und dieser leitete seine weitere Ausbildung mit Einsicht und Liebe. In jener Stadt wurde er durch zwei Predigten, von denen die eine vom jüngsten Gerichte, die andere von dem Leiden unsers göttlichen Erlösers handelte, so tief gerührt, dass er sein ganzes Leben hindurch eine ungemeine Furcht vor Gottes Gerechtigkeit hatte, und eine innige Sehnsucht in sich verspürte, für denjenigen, der ihn um den Preis seines Blutes erkauft hatte, sein Leben hinzugeben. Einige Zeit darauf machte er eine Reise nach Baëza (einer Stadt in der spanischen Provinz Jaen), um seine Großmutter Donna Marta von Lucca, Gemahlin des Don Henriquez, Oheims des Königs Ferdinand und Großgenerals von Leon, zu besuchen, wurde aber dort krank und litt sechs Monate lang große Schmerzen, die er jedoch durch bewunderungswürdige Geduld heiligte. Nach seiner Genesung schickten ihn seine Eltern nach Tordesillas im Königreiche Leon, und verschafften ihm eine Hofstelle bei der Infantin Katharina, der Schwester des Kaisers Carl V., welche im Jahr 1525 mit dem König Johann III. von Portugal vermählt wurde; allein in der richtigen Erwägung, dass Franciscus für das Leben am Hofe noch zu wenig Erfahrung besitze und weiterer Ausbildung bedürftig sei, rief ihn der Vater zurück und übergab ihn neuerdings der Pflege des Erzbischofs, der mit der alten Liebe seinen Neffen aufnahm und für ihn sorgte. In seinem 18. Jahre ward Franciscus plötzlich von dem gefährlichsten Feinde der Jugend, der Unlauterkeit, angefochten, und zwar in so heftiger Weise, dass er alle Kräfte, die ihm Gebet, Beichte, Kommunion, frommes Lesen und Abtötung gaben, aufbieten musste, um in dem schweren Kampf Sieger zu werden. Die Wiederkehr dieser Versuchungen fürchtend, und voll Sorge, dem Herrn sein kostbarstes Gut, ein reines Herz, zu bewahren, wollte er seiner Neigung für das Klosterleben folgen, entsagte aber derselben auf vieles Zureden seiner Verwandten, und begab sich nach dem Willen seines Vaters und Oheims im Jahr 1528 an den Hof des Königs Karl I. (als Kaiser Karl V.), welcher ebenso wie dessen Gemahlin Isabella ihn mit Auszeichnungen überhäufte. Auf Anraten derselben Kaiserin Isabella und mit Zustimmung des Herzogs von Gandia verehelichte sich Franciscus mit der tugendhaften Eleonora de Castro, und wurde bei dieser Gelegenheit von dem Kaiser zum Marquis von Lombay, Ritter von St. Jakob und Großstallmeister der Kaiserin ernannt. Hatten sich die frommen Verlobten mit Fasten und Beten, mit würdigem Empfang der heil. Sakramente und mit reichen vorbereitet, so lebten sie in demselben als Muster christlicher Eheleute. In einer gefährlichen Krankheit, in welche Franciscus im Jahr 1535 fiel, fasste er den Entschluss, ferner nur geistliche Bücher zu lesen, und von nun an war das neue Testament sein beständiger Begleiter und Tröster. Im Jahr 1537 bestand er zu Segovia, wohin der Hof sich begeben hatte, eine neue Krankheit, welche ihn dem Tode nahe brachte. Da er den Gebrauch der Sprache verloren hatte, flehte er in seinem Herzen nur mehr um die Gnade einer glückseligen Sterbestunde. Indessen war diese noch fern; er genas wieder. In demselben Jahre verlor der Marquis von Lombay seine Großmutter Donna Maria, welche in ihrem 34. Jahre als Witwe in das Klarissenkloster zu Gandia getreten war, durch den Tod, was ihn aufs Neue anregte, Gott in der Abgeschiedenheit zu dienen. Schwer fiel ihm auch der Verlust seines Herzensfreundes Garcia (Garcilaso) de la Vega, eines berühmten spanischen Dichters, welcher auf einem Feldzuge gegen Frankreich bei Belagerung einer Festung in der Provence gefallen war. Zwei Jahre nachher sah er die Kaiserin Isabella sterben. Sie wurde von dieser Welt genommen zur Zeit, als die Stände von Kastilien zu Toledo versammelt waren. Der Marquis und die Marquise von Lombay erhielten den Auftrag, den Leichnam zu bewachen und nach Granada, wo er begraben werden sollte, zu führen. Als das Leichengeleite in genannter Stadt angekommen war, öffnete man wie gewöhnlich den Sarg, auf dass der Marquis die Echtheit desselben beschwöre. Isabellens Antlitz, sonst ein Wunder der Anmut, war bis zum Grässlichen entstellt, und ein so verpesteter Geruch ging von der Leiche aus, dass Alle flohen. Entsetzt über den fürchterlichen Anblick rief Franz Borgias: »Wo sind jene glänzenden Augen? was ist geworden aus dieser Schönheit, die wir vor Kurzem noch bewunderten? Bist du es, Donna Isabella? Ist das die Kaiserin, meine Fürstin, meine Gebieterin?« Dieses schaudervolle Bild wich von nun an nicht mehr von seiner Seele. Die folgende Nacht brachte er schlaflos zu; in seinem Zimmer auf den Knien liegend und in Tränen zerfließend, sagte er zu sich selber: »O meine Seele, was kann ich in der Welt noch suchen? Wie lange noch werde ich einem leeren Schatten nachjagen? Was ist geworden aus jener Fürstin, die uns so schön, so erhaben, so würdig unserer Verehrung erschien? Der Tod, der die Kaiserkrone zerbricht, wird auch mich treffen, und zwar bald. Ist es nicht weise, seinen Schlägen vorzubeugen, indem ich von diesem Augenblicke an der Welt absterbe, auf dass ich nach meinem Tode in Gott leben könne?« Des andern Tages wurden die Exequien für die Kaiserin abgehalten. Die Trauerrede hielt der berühmte Johann von Avila, der auf das Ergreifendste die Hinfälligkeit der Erdengüter, die in der Stunde des Todes entschwindende Eitelkeit menschlicher Größe etc. schilderte, darauf sich über die schrecklichen Folgen des Todes verbreitete, und im grellsten Lichte die Torheit derjenigen zeigte, die so gedankenlos durch dieses Leben eilen. Diese Predigt durchdrang Franciscus' Herz mit Allgewalt und entschied seinen Entschluss; er lud Johann von Avila zu sich, entdeckte ihm sein Herz und bat um seinen Rath. Dieser konnte sein Vorhaben nur billigen, und so legte Franciscus in seine Hand das Gelübde ab, in einen geistlichen Orden zu treten, falls er seine Gemahlin überleben sollte. Dagegen ernannte ihn der Kaiser zum Vizekönig von Katalonien, und vertraute dadurch eine der wichtigsten Provinzen Spaniens seiner Fürsorge. Seufzend gehorchte er und zog, in Gottes Schutz sich empfehlend, in die Hauptstadt Barcelona. Nach kurzer Zeit schon hatte, zur Verwunderung Aller, das vernachlässigte Katalonien ein ganz anderes Aussehen. Seine milde Regierung, seine Sorge für Jugendunterricht durch Errichtung von Schulen etc. gewannen ihm das Herz seiner Untertanen. - Aber auch an seiner eigenen Vervollkommnung arbeitete er unablässig, widmete jeden Morgen fünf Stunden dem Gebete und der Betrachtung, betete alle Tage das Brevier und den Rosenkranz, und legte sich nicht eher zur Ruhe, als bis er Gott dem Herrn über den verflossenen Tag Rechenschaft abgelegt, seine Schuld bekannt und bereut, und in heißem, oft bis Mitternacht dauernden Flehen des Höchsten Gnade und Schutz erbeten hatte. Er empfing alle Sonn- und Feiertage vor den Augen des Volkes das Brod der Engel, und mit heiliger Ehrfurcht und nicht leicht zu beschreibenden Gefühlen sah dasselbe den Höchsten aus seiner Mitte in wahrer Demut als den Niedrigsten mit den übrigen Christen am Speisetisch des Allerhöchsten knien. Seine Abtötungen gingen über alle Begriffe. Er beraubte sich für immer des Nachtessens, um desto mehr Zeit für das Gebet zu gewinnen. Nachdem er zwei Fasten zugebracht hatte, ohne andere Nahrung als ein Gericht Gemüse und ein Glas Wasser zu sich zu nehmen, fasste er den Entschluss, auf solche Weise das ganze Jahr hindurch zu fasten. Indessen waren seine Tafeln, die er als Stellvertreter des Kaisers gab, immer auf eine seiner Würde angemessene Weise besetzt; er unterhielt die Gäste durch anziehende Gespräche, damit Niemand seine Abtötungen merken konnte, und leitete, so viel ihm möglich, die Unterhaltung auf Gegenstände der Frömmigkeit. - Um diese Zeit verlor Franciscus seinen Vater, den Herzog von Gandia, was ihm großes Herzenleid verursachte, und am 27. März 1546 sogar seine geliebte Gattin Eleonora, welche ihm acht Kinder, nämlich Karl, Johannes, Alvarez (Alvarus), Fernandez (Ferdinandus), Alphonso, Isabella, Johanna und Dorothea, hinterließ. Nun konnte er aber auch seiner Würde entsagen und sein Gelübde lösen. Wenige Tage nach diesem Trauerfalle ward Franciscus von dem Freunde des hl. Ignatius von Loyola, dem Pater Lefebre, besucht. Unter der Leitung dieses Mannes hielt er eine Geistessammlung nach der Vorschrift des hl. Ignatius, gründete mit ihm das Kollegium der Jesuiten in seiner Stadt Gandia und beschloss endlich selbst in den Orden zu treten, welcher, obgleich noch jung, eine Fülle der edelsten Kräfte in sich vereinigte, um die Kirche Gottes zu schützen, zu reinigen, zu erfrischen etc. Der Heilige wandte sich an Ignatius, den General der Jesuiten, und bat um Aufnahme. Der heil. Ordensstifter aber riet ihm, er möchte die Ausführung seines Vorhabens verschieben, bis er seine Kinder versorgt und die von ihm begonnenen Stiftungen vollendet hätte; mittlerweile möge er Theologie studieren. Gerade zu dieser Zeit (1547) erhielt Franz Borgias von Kaiser Karl V. den Auftrag, der Versammlung der Stände anzuwohnen; Philipp, Karls Sohn und Nachfolger, welcher dessen Stelle vertrat, ehrte den Herzog hoch und bestellte ihn zum Präsidenten der Versammlung. Das war die letzte amtliche Handlung, welche der Heilige als Diener seines Kaisers vollbrachte. Von nun an gehörte sein Leben und Wirken der Kirche; dennoch in demselben Jahre legte er in der Kapelle des Kollegiums der Jesuiten zu Gandia, das er selber gestiftet, mit heiliger Freude die ersten Gelübde ab. Noch vier Jahre hatte der Papst auf Bitten des hl. Ignatius dem Herzoge zur Ordnung seiner zeitlichen Angelegenheiten bewilligt. Als er seinen ältesten Sohn Karl verheiratet hatte, überließ er ihm sein Schloss und bezog ein benachbartes Haus seines Kollegiums zu Gandia, worin er unter Leitung des Dr. Perez mit allem Eifer den theologischen Studien oblag. Jeden Tag stand er früh um 2 Uhr auf und betete bis 8 Uhr; hierauf beichtete er, hörte die heil. Messe und empfing die heil. Kommunion; bis Mittag studierte er Theologie; nach dem Mittagessen, das äußerst mäßig war, unterhielt er sich eine Stunde mit seinen Kindern, und ordnete Alles, was seine Dienerschaft betraf; dann war wieder Studieren seine Beschäftigung; Abends hielt er fromme Lesungen. Die Geschäfte, die ihn noch in der Welt zurückhielten, waren schon im Jahr 1549 beendigt, und nun reiste er mit seinem zweiten Sohne Johannes und mehreren Dienern nach Rom, in Begleitung einiger Jesuiten, die dahin berufen waren, um einer allgemeinen Versammlung der Ordensprofessen beizuwohnen. Beim Scheiden von Gandia erinnerte er sich an die Freude der Israeliten, als sie aus der Dienstbarkeit Ägyptens befreit wurden, und rief begeistert aus: »Endlich sind meine Bande zerrissen, meine Seele gleicht dem Vogel, der dem Netze des Jägers entronnen ist (Psalm 123, 7).« Am 31. Aug. 1550 kam Franz Borgias in Rom an; die Einladung des Papstes Julius III., in seinem Palaste zu wohnen, lehnte er in seiner Demut ab und suchte das Haus seiner Brüder, der Jesuiten, auf. Der hl. Ignatius war an die Pforte gekommen, seinen neuen Sohn zu empfangen. Bei seinem Anblick warf sich Franciscus, um seinen Segen bittend, ihm zu Füßen. Liebreich aufgenommen übergab er den Vätern die aus Spanien mitgebrachten beträchtlichen Summen, die dann zum Baue eines Professhauses und zur Stiftung des römischen Kollegiums verwendet wurden. Von nun an führte er ein ganz beschauliches asketisches Leben; er geißelte sich täglich zu Ehren des leidenden Erlösers, beichtete, fastete und verehrte siebenmal des Tages das allerheiligste Sakrament, und ließ in diesen strengen Übungen nicht nach, obwohl ihm nicht unbemerkt blieb, dass die ehedem schlanke und stattliche Hülle seines kräftigen Geistes schnell alterte und das schöne Antlitz Furchen durchzogen. - Am 15. Jan. 1551 schrieb er von Rom aus an den Kaiser Karl V. und bat ihn um die Erlaubnis, sein Herzogtum auf seinen ältesten Sohn übertragen zu dürfen. Da das Gerücht sich verbreitete, dass Papst Julius III. ihn zur Kardinalswürde erheben wolle, erhielt er vom hl. Ignatius die Erlaubnis, Rom zu verlassen, nachdem er längere Zeit dort gelebt hatte. Er floh nach Spanien, verweilte eine Zeit lang auf dem Schlosse Loyola in der Provinz Guipuscoa und begab sich dann zu den Jesuiten in Ognate, einer kleinen, ungefähr 4 Stunden von dem Schlosse gelegenen Stadt. Hier bekam er die Antwort des Kaisers, der, wenn auch mit Schmerz, seine Bitten gewährte und seine Kinder zu beschützen versprach. Höchst erfreut hierüber gab nun der Heilige seine gesetzmäßige Verzichtleistung auf Alles, was er noch in der Welt besaß, zu Gunsten seines ältesten Sohnes Karl, der nun der fünfte Herzog von Gandia wurde. Im August des Jahres 1551 erhielt er die Priesterweihe, und las seine erste heilige Messe in der Schlosskapelle zu Loyola, wohin er mit der Erlaubnis des Ordensgenerals gezogen war, um den von Seite des Kirchenoberhauptes ihm zugedachten Ehren auszuweichen. Der ihm fünfmal zu verschiedenen Zeiten in die Zelle gebrachte Purpur wurde von ihm ebenso oft wieder zurückgewiesen. Aber während die eigene Demut ihm auferlegte, unbekannt zu bleiben, gebot der Gehorsam dem auch hierin demütigen Ordensmann hervorzutreten. Als nämlich der hl. Ignatius am 31. Juli 1556 und Pater Laynez als zweiter General der Jesuiten am 19. Febr. 1565 gestorben war, wurde Franz Borgias von den zu Rom residierenden Professen zum Vicarius gewählt. In der auf den 21. Juni desselben Jahres von ihm berufenen General-Kongregation setzte er den Vertretern des Ordens die Eigenschaften und Pflichten des zu erwählenden Generals in einer ernsten Rede auseinander. »Nur Gehorsam,« sprach er, »öffnet meinen Mund vor denen, die mir raten und mich ermahnen sollten; Tugend und Heiligkeit, wie Wissenschaft und Weisheit, muss den schmücken, der die Gesellschaft Jesu leiten soll. Lasset uns beten und fasten, damit der Herr uns den kund tue, den Er erkoren hat.« Wohl mochten die Väter nach solchen Worten merken lassen, dass der, welcher die Pflichten eines Oberhauptes so tief erfasst hat, sie am besten auch erfülle. Der Demütige will sich darum niederwerfen zu den Füßen der Versammelten, sie beschwören, nie und nimmer an eine Wahl zu denken, die ihm selbst, noch mehr aber dem Orden so nachtheilig sein werde, da er die nötige Kraft weder des Leibes noch des Geistes besitze. Aber Salmeron und Ribadeneira bekämpften seine Demut durch Gründe der Demut. Am 2. Juli erfolgte die Wahl, bei welcher von 38 Stimmen 7 die ihnen bekannte Neigung des hl. Franz Borgias für beschauliches Leben berücksichtigten, die übrigen aber einhellig auf ihn fielen. Der neu erwählte General der Jesuiten, ein Mann von 55 Jahren, aber ein Greis dem Aussehen nach, fügte sich unter Tränen dem erkannten Willen Gottes mit dem Ausrufe: »Jesus Christus wird selbst die Leitung der Gesellschaft übernehmen, weil er die schwächsten und unfähigsten Werkzeuge hiezu bestimmt;« und fügte noch bei: »Gott hat mir die Gnade verliehen, dass ich immerhin wünschte, sein Kreuz zu tragen, nie aber ist mir in den Sinn gekommen, ein so schweres zu verlangen.« Doch die Freude des Papstes Pius IV. über die glückliche Wahl, die Glückwünsche von allen Seiten, von seinen Brüdern und der römischen Curie, von Fürsten und Bischöfen, ermutigten den Schüchternen, auf den Kampfplatz zu treten. Am letzten Versammlungstage hielt Franciscus noch eine Rede an die anwesenden Väter, worin er sie zur gewissenhaften Beobachtung der Satzungen ihres heil. Stifters ermahnte, und küsste ihnen vor der Entlassung die Füße, weil sie als Apostel die frohe Botschaft des Friedens, die Kenntnis und Liebe Gottes überall verkünden sollten. - Der Heilige begann nun die Regierung seines Ordens, der damals in 18 Provinzen 130 Häuser und über 3500 Religiosen zählte, mit einer Visitation der römischen Kollegien, deren Studien er sorgsam überwachte, und mit Bestätigung alter und Ernennung neuer Provinzialen. Für Kastilien ernannte er Jago Carillo, für Toledo Gonsales Gonsalvez, für Andalusien Jago d'Avellaneda, für Aragonien Alonso Roman. Unter Mitwirkung der Herzogin Johanna von Aragonien legte er den Grund des Noviziates von St. Andreas zu Rom, in welches sich nachher Männer, berühmt durch Frömmigkeit, Abkunft und Verdienst, wie Aquaviva, Stanislaus Kostka, Johannes Berchmans, Anton Raquai55 und Andere meldeten. Er erweiterte und vervollkommnete das vom hl. Ignatius in Rom gegründete »Deutsche Colegium« (Collegium Germanicum), welches dem nördlichen Teile Europas die vortrefflichsten Lehrer erzogen hat. Franciscus bot Alles auf, den Geist der Liebe, der Opfermütigkeit und Wissenschaft in seinen Söhnen lebhaft zu entzünden und Alles in ihnen auf wahrer Demut zu befestigen. Zumal lag es ihm am Herzen, sie zu tüchtigen Predigern heranzubilden, weil eben durch die Predigt der Glaube am ehesten verteidigt, die Irrlehre am leichtesten zerstört und das Menschenherz zur Erkenntnis und Buße gezogen wird. Unter ihm hat darum auch der Eifer und die Ausdauer seiner Ordensbrüder die waldensische Ketzerei in den Gebirgen Kalabriens besiegt. Franciscus selbst verkündigte gar oft zu Rom das Wort des Herrn, unterwies die Jugend in den Kirchen und auf öffentlichen Plätzen, besuchte die Armen und ward besonders während einer im Jahr 1566 zu Rom wütenden Pest mit seinen Söhnen der Pfleger und Tröster der Pestkranken, wozu er von den Behörden und dem Papste die großartigsten Unterstützungen erhielt. Immer mehr wuchs die Achtung und das Zutrauen, welches ihm von Jedermann gezollt wurde; bei wichtigen Angelegenheiten erholte Papst Pius V. seinen Rath, und aus seinen Söhnen wählte das Oberhaupt der Kirche Prediger, die vor ihm und den Kardinälen mit aller Freimütigkeit über die Pflichten ihres Standes reden sollten. Der General ernannte hiezu den gelehrten P. Salmero und nach ihm den P. Tolet.56 Auch die Übersetzung des Katechismus des Konzils von Trient, die Herstellung einer Bibelausgabe, die von Laynez bereits begonnene Reorganisation der Datarie etc. wurde dem Orden übertragen, so wie Jesuiten als Seelsorger im Heere und auf Flotten verwendet wurden. - Hatten schon Ignatius und Laynez den Plan, für die Kirche nicht bloß gegen die, welche sich von ihr losgesagt hatten, in den Kampf zu treten, sondern auch den Barbaren das Licht des Glaubens zu bringen; so ging auch Franciscus mit allem Eifer in die Ausführung dieses Planes ein, und errichtete bald über die Grenzen des europäischen Festlandes hinaus neue Missionen, nämlich in Brasilien, Florida, Peru und Mexiko. Im Jahr 1566 sandte er den Ignatius d'Azevedo nach Brasilien, um daselbst die Provinz des Ordens zu visitieren; dieser gründete unter mannigfachen Schwierigkeiten das Kollegium zu Rio Janeiro, der Hauptstadt Brasiliens, und ein Noviziat zu San Salvador, Hauptstadt des gleichnamigen Staates in Zentralamerika. In Florida, dem südlichsten nordamerikanischen Freistaate, hatten die von Franz Borgias dahin gesendeten PP. Roger, Villareal und Segura mit der Schmutzhaftigkeit und Habsucht der Eroberer, mit Lasterhaftigkeit und Hungersnot der Eingebornen viel zu kämpfen. Nach Peru sandte er den P. Portillo mit sieben andern Vätern, die im Jahr 1568 daselbst landeten, und welchen im Jahr 1569 noch 12 weitere Arbeiter folgten. Während zu Cusco und Paz sich Kollegien erhoben, war der General für Fortsetzung des von dem hl. Franciscus Xaverius begonnenen Werkes auf den Molukken tätig. Der Rector des Kollegiums zu Alcala, P. Pedro Sanchez, landete auf seines Obern Befehl mit 12 Gefährten im Juni 1572 zu Vera Cruz (ein Staat Mexikos an der Ostküste), um den dortigen Bewohnern und den von den Spaniern eingeführten Negern das Kreuz zu predigen. Auf den Rath unseres Heiligen und des ehrwürdigen P. Petrus Canisius schickte der päpstliche Stuhl einige Jesuiten- Missionäre nach Deutschland, um die durch die neue Lehre verführten Christen wieder zur wahren Kirche zurückzuführen. - Um das Jahr 1570 verlautete, die Türken wollten die durch die »Reformation« gestifteten Uneinigkeiten und Parteiungen unter den europäischen Monarchen, Völkern, Staaten und Familien benützen und den Kirchenstaat, sowie das venezianische Gebiet heimsuchen. Zu einem gegen sie von Papst Pius V. beabsichtigten Kreuzzug sollten die Fürsten gewonnen werden. Während Kardinal Commendon mit dem Jesuiten Tolet die deutschen Höfe bereiste, sollte der Neffe des Papstes, Kardinal Alessandrini, unverweilt nach Spanien, Portugal und Frankreich abgehen. Dieser wollte aber seine Sendung nur unter dem Schutze des hl. Franz Borgias übernehmen, von dem er wusste, dass er nicht nur in religiösen, sondern auch in politischen Angelegenheiten der Rathgeber der Fürsten war und in häufigem Briefwechsel mit ihnen stand. Der Papst kannte zwar den leidenden Zustand unseres Heiligen, aber auch sein Ansehen und seinen Einfluss an den erwähnten Höfen. Alessandrini stellte dem Kränklichen die gefährdete Kirche vor Augen, und der gebrechliche Greis reiste am 30. Juni 1571 mit dem Cardinale ab. Durch diese Gesandtschaftsreise wurde aber des Heiligen Gesundheit noch mehr zerrüttet, und er fühlte seine Auflösung nahen. Um unter seinen Brüdern an der Stätte des scheidenden Ignatius und Laynez zu sterben, eilte er von Frankreich nach Rom zurück, wo er schon todkrank am 28. Sept. 1572 anlangte. So lange seine Krankheit dauerte, nahm er keine Besuche an und wollte nur die Ärzte sehen. Die Väter der Gesellschaft baten ihn, seinen Nachfolger zu ernennen, und ihnen zu gestatten, dass sie ihn abmalen lassen; er tat aber weder das Eine noch das Andere. Als, währender in den letzten Zügen lag, ein Maler in das Zimmer trat, und er dies gewahr wurde, bezeigte er sein Missvergnügen darüber, und wandte das Gesicht auf eine andere Seite, so dass man ihn nicht abzeichnen konnte. Endlich starb er in der Nacht vom 30. Sept. auf den 1. Okt. 1572 unter Gebet für die Christenheit und die Gesellschaft Jesu, in einem Alter von nicht ganz 62 Jahren. Prälaten und Fürsten, Kardinäle und Stadtbewohner in Menge eilten herbei, die Füße dessen zu küssen, der sterbend als der würdigste Nachfolger des sieben Monate vorher (1. Mai) gestorbenen hl. Papstes Pius V. im Conclave genannt wurde. Der hl. Franz Borgias wurde in der alten Kirche des Professhauses begraben, allein schon im Jahr 1618 ließ sein Enkel, der Kardinal-Herzog von Lerma und erster Minister des Königs Philipp III. von Spanien, seine Überreste in die Kirche des Professhauses zu Madrid übertragen. Im Jahr 1624 wurde er dann von Papst Urban VIII. »selig« und 1671 von Clemens X. »heilig« gesprochen. Papst Innocenz XI. setzte im Jahr 1683 seinen Festtag auf den 10. Oktober, an welchem Tage das röm. Brevier sein Andenken sub ritu semid. begeht. Das Mart. Rom. gedenkt seiner am 30. September als an seinem Sterbetage und dann auch am 10. Oktober. Der hl. Franz Borgias ist auch Schriftsteller, und wurden seine in spanischer Sprache verfassten asketischen Schriften von dem Jesuiten Alphons Doza ins Lateinische übersetzt. In der heil. Kunst erscheint der hl. Franz Borgias als Kardinal und in der Kleidung der Jesuiten. Neben sich hat er auch einen Fürstenhut. (V. 149. But. XIV. 368.)"

[Quelle: Vollständiges Heiligen-Lexikon oder Lebensgeschichten aller Heiligen, Seligen etc. aller Orte und aller Jahrhunderte, deren Andenken in der katholischen Kirche gefeiert oder sonst geehrt wird, unter Bezugnahme auf das damit in Verbindung stehende Kritische, Alterthümliche, Liturgische und Symbolische, in alphabetischer Ordnung : mit zwei Beilagen, die Attribute und den Kalender der Heiligen enthaltend / hrsg. von Joh. Evang. Stadler und Franz Joseph Heim. -- Augsburg : Schmid, 1858 - 1882. -- 5 Bde. -- Elektronische Ressource: Berlin :  Directmedia, 2005. -- 1 CD-ROM. -- ISBN 3-89853-506-1. -- s.v.]



Abb.: Sie lassen den Beichtvater durch das Fenster steigen (Madrid-Album)  / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1796-1797



Abb.: Nadie nos ha visto Niemand hat uns gesehen! (Caprichos, Blatt 79)  / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1797-1799 

Kobolde in Gestalt saufender Mönche



Abb.: Ya es hora = Es ist Zeit (Caprichos, Blatt 80) :/ von Francisco Goya (1746-1828)

Kobolde in Gestalt lärmender Mönche



Abb.: Estan calientes = Es ist heiß (Caprichos, Blatt 13) / Francisco Goya (1746-1828). -- 1797-1799

Gierig verschlingen Mönche das noch heiße Essen



Abb.: Die Lampe des Teufels  / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1797-1798



Abb.: Il sueño de la razon produce monstruos =  Der Traum der Vernunft gebiert Ungeheuer (Caprichos, Blatt 43)  / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1797-1799

La fantasía abandonada de la razon, produce monstruos imposibles; unida con ella, es madre de las artes y origen de sus mirabillas = Die von der Vernunft verlassene Phantasie erzeugt unmögliche Ungeheuer, mit der Vernunft vereint ist sie die Mutter der Künste und der Ursprung ihrer Wunder



Abb.:  Lo que puede un sastre! = Was doch ein Schneider vermag!  (Caprichos, Blatt 52)  / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1797-1799

Quantas veces un bicho ridiculo se  transforma de repente en un fantasmon que no es nada y aparenta mucho. Tanto puede la habilidad de un sastre y la bobería de quien juzga las cosas por lo que parecen = Wie oft verwandelt sich plötzlich ein lächerliches kleines Tier in ein Phantasiegebilde, das nichts ist, aber als viel erscheint. So viel vermag die Geschicklichkeit eines Schneiders und der Unsinn von jemandem, der die Dinge nach ihrem Anschein beurteilt



Abb.: Que pico de oro! = Was für ein Goldschnabel (Caprichos, Blatt 53)  / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1797-1799



Abb.: No grites, tonta  = Schrei nicht, dummes Ding! (Caprichos, Blatt 74)  / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1797-1799



Abb.: Devota profesion = Frommes Gelübde (Caprichos, Blatt 70) / von Francisco Goya (1746-1828)

Das Gehorsamsgelübde einer Hexe



Abb.: Al desierto por ser santo, Amen = In der Wüste, um heilig zu werden. Amen / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1803 - 1824



Abb.: Al menos han algo = Zumindest tut er etwas / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1803 - 1824



Abb.: Wenn ich mich nicht irre, wird er seine Kutte ablegen / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1803 - 1824



Abb.: Ihr Geliebter ist tot und sie geht ins Kloster / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1803 - 1824



Abb.: Lassen wir das in Ruhe / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1803 - 1824



Abb.: Rara penitencia = Seltene (seltsame) Buße / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1803 - 1824



Abb.: Religion in Asien (Tagebuch-Album) / Francisco Goya (1746-1828). -- 1803-1824



Abb.: Man sieht das doch / Francisco Goya (1746-1828). -- 1803-1824



Abb.: Für die, die im Stand der Todsünde leben / Francisco Goya (1746-1828). -- 1803-1824



Abb.: Es kann sein, dass er gut ist / Francisco Goya (1746-1828). -- 1803-1824



Abb.: Scher dich zum Teufel / Francisco Goya (1746-1828). -- 1803-1824



Abb.: O heilige Hose (Tagebuch-Album) / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1803-1824



Abb.: Weil er die Erdebewegung entdeckt hat / von Francisco Goya (1746-1828). -- Um 1810 - 1812

Galileo Galilei (1564 - 1642)

"Galilei, Galileo, Physiker und Astronom, geb. 15. Febr. 1564 in Pisa, gest. 8. Jan. 1642 zu Arcetri, war der Sohn des Florentiners Vincenzo Galilei (gest. 2. Juli 1591), der als Mathematiker und namentlich als Musiktheoretiker gerühmt wird. Galilei bezog 1581 die Universität Pisa, um neben Aristotelischer Philosophie Medizin zu studieren. Schon hier erkannte er die Dürftigkeit der Aristotelischen Physik und das Unzulängliche ihrer Methode. Um so eifriger wandte er sich der Mathematik zu, in der er die Grundlage aller wahrhaften Naturerkenntnis sah. Durch die Schwingungen einer Lampe im Dom zu Pisa soll er 1583 auf die gleiche Dauer der Pendelschwingungen bei ungleicher Größe der Ablenkung aufmerksam gemacht worden sein. 1585 nach Florenz zurückgekehrt, widmete er sich dem Studium des Archimedes, an dessen Schriften sich seine Untersuchungen über das Verfahren zur Bestimmung des spezifischen Gewichts (Erfindung der hydrostatischen Wage 1586, »La Bilancetta«, publiziert 1655) und über den Schwerpunkt verschiedener körperlicher Figuren (»Theoremata circa centrum gravitatis solidorum«, 1587, publiziert 1638) knüpfen. 1589 wurde er auf den Lehrstuhl der Mathematik in Pisa berufen. Hier zeigte er, dass Körper verschiedenen Gewichts, von der Höhe des schiefen Turms in Pisa herabfallend, ihren Weg in beinahe gleichen Zeiten zurücklegten, und zog sich durch solche neue Lehren das Übelwollen seiner Kollegen zu. Ein freimütiges Gutachten über eine Baggermaschine, die der Sohn des Großherzogs, Johann von Medici, in Vorschlag gebracht, machte seine Stellung vollends unhaltbar. Er kehrte 1591 nach Florenz zurück, übernahm aber schon 1592 die Professur der Mathematik in Padua. Hier lehrte er 18 Jahre vor einem wachsenden Kreis begeisterter Zuhörer aus allen Ländern Europas. In diese Zeit fallen Galileis wichtigste (erst spät veröffentlichte) Forschungen zur Bewegungslehre (Galileische Gesetze 1602 und 1604 in »Sermones de motu gravium«, 1854); hier führte er zuerst die Lehre von den einfachen Maschinen auf das Prinzip der virtuellen Geschwindigkeit zurück; hier erfand er ein Thermoskop (1597) und den praktisch wertvollen Proportionalzirkel. Einen im Bilde des Schlangentreters 1604 erschienenen und nach einem Jahr wieder verschwundenen Stern benutzte er als Argument gegen die Aristotelische Lehre von der Unveränderlichkeit des Himmels. Auf das Gerücht von der Erfindung des Fernrohrs in Holland konstruierte Galilei ein solches Instrument selbständig zum zweitenmal (August 1609) und benutzte es sofort zur Erforschung der Himmelskörper. An der Oberfläche des Mondes beobachtete er den Wechsel von Berg und Tal; in der Milchstraße erkannte er dichtere Anhäufungen von Sternen, im Orion entdeckte er über 500, in den Plejaden 29 neue Sterne. 1610 fand er die Jupitertrabanten (Mediceische Sterne, publiziert im »Sidereus nuncius«, 1610), durch deren Existenz der den Gegnern des kopernikanischen Weltsystems sehr unbequeme Beweis geliefert wurde, dass sich auch ein Zentrum von Bewegungen selbst bewegen kann. In demselben Jahre ging er als großherzoglicher Mathematiker und Philosoph an den Hof zu Florenz, um ausschließlich seinen Forschungen zu leben. In Florenz entdeckte er die »Dreigestalt« des Saturn, die Phasen der Venus und des Mars und wahrscheinlich auch die Sonnenflecke. 1611 fand er, dass die Planeten keine selbstleuchtenden Himmelskörper seien, und dass Venus und Mars sich um die Sonne drehen. Bald darauf lehrte er auch die Achsendrehung der Sonne.

Galileis teleskopische Entdeckungen gaben die Veranlassung zu neuen Angriffen von Seiten der Schulgelehrten; aber es gelang ihm bei einem Besuch in Rom (1611), die gelehrten Jesuiten des Collegium Romanum auf seine Seite zu bringen. In diesen römischen Aufenthalt fällt auch die erste genauere Feststellung der Umlaufszeiten der Jupitertrabanten, in deren Verfinsterungen Galilei früh ein Mittel zur Bestimmung der Länge auf hoher See erkannt hatte, und deren Berechnung ihn um dieser Verwendung willen viele Jahre hindurch beschäftigte. Nach Florenz zurückgekehrt, schrieb er die Abhandlung über die schwimmenden Körper (1612), worin er zuerst die Grundelemente der Hydrostatik klar entwickelte, sowie (1613) die Briefe über die Sonnenflecke, in denen er offen die Kopernikanische Lehre verteidigte. Als darauf die Gegner diese Lehre als unbiblisch bezeichneten, erwiderte er in einem Brief an den Pater Castelli (1613), die Forschung könne sich nicht durch den Wortlaut der Bibel hemmen lassen; vielmehr sei es Sache der Theologen, die Ausdrücke der Bibel in Übereinstimmung mit festgestellten Tatsachen der Naturwissenschaft zu erklären. Eine Abschrift dieses Briefes, die den Dominikanern in die Hände fiel, wurde zu den heftigsten Angriffen und 1615 vom Pater Lorini zu einer Denunziation bei der römischen Inquisition benutzt. Galilei, hiervon unterrichtet, begab sich noch im Dezember 1615 nach Rom, und es gelang ihm, alle gegen seine Person gerichteten Verdächtigungen zu widerlegen, nicht aber, die Verdammung der Kopernikanischen Lehre zu hintertreiben. Im Februar 1616 wurde von elf Qualifikatoren des heiligen Offiziums die Lehre von der Bewegung der Erde für »töricht und absurd vom philosophischen Standpunkt und für teilweise formell ketzerisch« erklärt und daraufhin 5. März das Buch des Kopernikus verboten. Am 25. Febr. erhielt der Kardinal Bellarmin vom Papst den Auftrag, Galilei vorzuladen und zu ermahnen, dass er die Kopernikanische Lehre aufgebe; im Fall einer Weigerung seitens Galileis solle ihm in Gegenwart von Notar und Zeugen der Befehl erteilt werden, dass er sich schlechthin enthalte, eine solche Meinung zu lehren, zu verteidigen und zu besprechen; wenn er sich hierbei aber nicht beruhige, so sei er einzukerkern.

Was hierauf geschehen, ist Gegenstand der Kontroverse. Das Protokoll einer 3. März 1616 gehaltenen Sitzung der Kongregation des heiligen Offiziums lautet: »Vom Kardinal Bellarmin wurde zuerst berichtet, dass der Mathematiker G. Galilei ermahnt worden, die bis dahin von ihm festgehaltene Meinung, die Sonne sei das Zentrum der Himmelskugel und unbeweglich, die Erde aber beweglich, aufzugeben, und dass er auf Widerspruch verzichtet habe«. Anfang Juni kehrte Galilei nach Florenz zurück und lebte eine Reihe von Jahren zurückgezogen in der Villa Bellosguardo. Erst durch einen provokatorischen Angriff des Jesuiten Grassi sah sich Galilei veranlasst, sein Schweigen zu brechen. Er publizierte 1623 eine dem Papst gewidmete Streitschrift: »Il Saggiatore«, die den Gegner zermalmte und trotz der Denunziation der Jesuiten nicht verboten, sondern belobt und empfohlen wurde. Dieser Erfolg und die Berufung des ihm befreundeten Kardinals Barberini (als Urban VIII.) auf den päpstlichen Stuhl ermutigten Galilei, eine eingehende, allgemein verständliche Darstellung der Kopernikanischen Lehre zu geben, obwohl er 1624 bei seiner Anwesenheit in Rom einen Widerruf des Verbots vom 5. März 1616 ebensowenig erreichen konnte wie auch nur eine Duldung der Lehre des Kopernikus. Er wählte die Form des Dialogs zwischen Vertretern der alten Ptolemäischen und der Kopernikanischen Lehre und behandelte die letztere als Hypothese, brachte dabei aber so überzeugende Beweise für die letztere vor, dass niemand über die Richtigkeit derselben in Zweifel bleiben konnte. Nach sechs Jahren war der »Dialogo di G. Galilei dove nei congressi di quattro giornate si discorre sopra i due massimi sistemi del mondo; proponendo in determinatamente le ragioni filosofiche e naturali tanto per l'una, quanto per l'altra parte« vollendet, und Galilei ging 1630 nach Rom, um sein Werk der Zensur des heiligen Offiziums zu unterwerfen. Erst nach zwei Jahren wurde das Imprimatur des römischen und des florentinischen Inquisitors erreicht und das Buch publiziert. Seine Feinde wussten aber den Papst zu überzeugen, dass das Buch eine eminente Gefahr für die Kirche sei, und dass er selbst in dem Verteidiger der alten Lehre, dem Galilei den Namen Simplicius beigelegt, der Lächerlichkeit preisgegeben sei. Auf diese angeblich persönliche Verletzung dürfte des Papstes unversöhnlicher Zorn hauptsächlich zurückzuführen sein. Eine Spezialkommission, der das Buch zur Prüfung überwiesen worden war, konnte nur Unerhebliches einwenden, sie machte eine Anzahl Fehler namhaft und kam zu dem Schluss: »Alle diese Dinge könnten verbessert werden, wenn man urteile, das Buch, dem man diese Gunst erweisen wolle, sei von einigem Nutzen«. Dagegen tauchte plötzlich ein Dokument aus dem Prozess von 1616 auf, ein Protokoll vom 26. Febr, nach dem Galilei namens des Papstes vom heiligen Offizium der Befehl erteilt sei, »oben besagte Meinung, dass die Sonne das Zentrum der Welt sei, die Erde dagegen sich bewege, ganz und gar aufzugeben und sie fernerhin in keiner Weise festzuhalten, noch zu lehren oder zu verteidigen weder in Wort noch in Schrift, andernfalls werde seitens des heiligen Offiziums gegen ihn verfahren werden; bei welchem Befehl sich derselbe beruhigt und zu gehorchen versprochen hat«. Auf Grund dieses Befehls, den Galilei durch Veröffentlichung der Dialoge direkt übertreten hatte, wurde das Inquisitionsverfahren gegen ihn eröffnet.

Über die Echtheit dieses Protokolls ist lebhaft gestritten worden, und die seit 1870 stark angewachsene Galilei-Literatur beschäftigt sich hauptsächlich mit dieser Frage. Unabhängige Forscher, wie Cantor, Gherardi, Günther, Hase, Martin, Riccardi, Scartazzini, Wohlwill u. v. a., halten das Protokoll für eine spätere Fälschung zu dem Zweck, dem Inquisitionsprozess eine rechtliche Grundlage zu geben. Nach dem oben Mitgeteilten hatte der Papst Androhung des Inquisitionsprozesses nur für den Fall angeordnet, dass Galilei bei der Mitteilung des Dekrets der Indexkongregation gegen die Kopernikanische Lehre und auf die Mahnung. sich diesem Beschluss zu fügen, den Gehorsam verweigerte. Das Protokoll konstatiert, dass die Mahnung ausgesprochen wurde, es schweigt von Galileis Antwort, die seiner Gesinnung gemäß nur eine unterwürfige gewesen sein kann, und so erscheint die Androhung des Inquisitionsprozesses unvereinbar mit der päpstlichen Anordnung. Unvereinbar ist das Protokoll auch mit dem mitgeteilten Protokoll vom 3. März 1616, und es liegt deshalb nahe, seinen letzten Teil als einen nachträglich, vermutlich im August 1632, hinzugefügten anzusehen. Die Echtheit des Protokolls wurde von einer Reihe andrer Schriftsteller, wie Berti, de l'Epinois, Friedlein, v. Gebler, Reusch, Wolynski etc., verteidigt. Galilei wurde trotz seines hohen Alters und trotz der lebhaften Verwendung des Großherzogs von Toskana nach Rom beschieden und traf dort 13. Febr. 1633 ein, wo er vorläufig im Palast des toskanischen Gesandten Niccolini wohnen durfte. Der Prozess währte vom 12. April bis 22. Juni, Galilei wurde viermal verhört und saß 23 Tage gefangen im Palast der Inquisition. Das letzte Verhör Galileis fand 21. Juni statt, und betreffs dieses ist ein lebhafter Streit entstanden, ob Galilei dabei gefoltert sei oder nicht. Eine sichere Entscheidung über diese Frage konnte nicht herbeigeführt werden. Das Urteil wurde Galilei 22. Juni 1633 mitgeteilt, und nach der Verkündigung musste er die Kopernikanische Lehre feierlich abschwören. Dass Galilei unmittelbar nachher aufgesprungen sei und mit dem Fuße stampfend ausgerufen habe: »Eppur si muove« (»Und sie bewegt sich doch«), ist eine später entstandene Legende. Die Inquisition hatte Galilei zum Kerker verurteilt, doch wurde er nur bis zum 24. Juni im Gebäude der Inquisition zurückgehalten, und dann wurde ihm die dem Großherzog von Toskana gehörige Villa Medici bei Rom als Wohnung angewiesen. Schon Anfang Juli wurde er nach Siena entlassen, wo er bei dem Erzbischof Ascanio Piccolomini freundlich aufgenommen wurde, und im Dezember durfte er auf seine Villa zu Arcetri bei Florenz zurückkehren. Er war indes nicht vollständig begnadigt, stand vielmehr unter der Aussicht der Inquisition; es wurde ihm bis 1638 nicht gestattet, nach Florenz überzusiedeln, und ihm der Aufenthalt dort nur bis Ende 1638 erlaubt, worauf er sich nach Arcetri zurückbegeben musste, wo er bis zu seinem Lebensende blieb. 1636 vollendete Galilei sein größtes Werk: »Discorsi e dimostrazioni matematiche intorno a due nuove scienze« (Leiden 1638), das in vier Dialogen Galileis wichtigste Forschungen auf dem Gebiet der Mechanik umfasst. Es enthält die Fundamentalgesetze der Mechanik, das Gesetz der Trägheit, die Gesetze der durch eine konstante Kraft bewirkten, gleichmäßig beschleunigten Bewegung sowie den Satz vom Kraftparallelogramm oder von der Zusammensetzung der Bewegung und damit die Lehre von der Bewegung geworfener Körper und z. T. diejenige von der Pendelbewegung. Bis 1637 war Galilei auch als astronomischer Beobachter unausgesetzt tätig, 1637 entdeckte er die Schwankung (Libration) des Mondes; im Juni des Jahrs erblindete er erst auf dem rechten, dann auch auf dem linken Auge, im Dezember 1637 war er gänzlich blind. Trotzdem war er die drei letzten Lebensjahre unausgesetzt geistig tätig, und nach 1641 hat er die Verbindung des Pendels mit der Uhr ersonnen. Die Kirche verweigerte das von Galilei gewünschte Begräbnis in Santa Croce; er wurde in der Kapelle des Noviziats zu Florenz beigesetzt, und den Freunden wurde nicht gestattet, ihm ein Denkmal zu errichten. Erst 1737 wurden seine Gebeine nach der Kirche Santa Croce übertragen, und hier ist ihm dann ein prächtiges Denkmal gesetzt worden. Sein Bildnis s. Tafel »Naturforscher I«. Die Schriften, in denen die Kopernikanische Lehre vorgetragen und verteidigt wird, wurden erst 1835 vom Index gestrichen."

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]



Abb.: Unterwirfst du dich? / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1803 - 1824



Abb.: Lux ex tenebris = Licht aus dem Dunkel  / von Francisco Goya (1746-1828). -- Um 1812

Anspielung auf Johannesevangelium 1,5: Lux in tenebris lucet. = Das Licht leuchtet in der Finsternis



Abb.: Wir sind seit langem bekannt / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1803 - 1824



Abb.: Wirst du nie wissen, was du auf dem Rücken trägst? / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1803 - 1824



Abb.: Sie sucht einen Arzt / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1803 - 1824



Abb.: Divina razon no deges niguno = Göttliche Vernunft, verschone keinen  / von Francisco Goya (1746-1828). -- Um 1812/1820



Abb.: Er zieht für immer seine Kutte aus  / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1803 - 1824



Abb.: Sie hat es eilig, zu entkommen  / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1803 - 1824



Abb.: Auch die ziehen sich aus  / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1803 - 1824



Abb.: Er hängt sie [die Kutte] wütend auf  / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1803 - 1824



Abb.: Diese zieht sie [die Kutte] nachdenklich aus  / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1803 - 1824



Abb.: Diese verachtet alles  / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1803 - 1824



Abb.: Tribunal der Inquisition  / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1812 - 1814

"Inquisition (lat., »Untersuchung«, Inquisitio haereticae pravitatis, Ketzergericht, auch Sanctum Officium), das Glaubensgericht, das die römische Hierarchie zur Aufsuchung und Vertilgung der Ketzer ins Leben gerufen hat. Schon unter den Kaisern Theodosius d. Gr. und Justinian waren Gerichtspersonen zur Aufsuchung derjenigen, die den orthodoxen Glauben nicht teilten, z. B. der Manichäer, angestellt worden, und die Aufgefundenen pflegten alsdann mit kirchlichen, aber auch bürgerlichen Strafen belegt zu werden. Unter den Kirchenvätern vertrat insbes. Augustin den Donatisten gegenüber die gewaltsame Zurückführung der Ketzer in den Schoß der Kirche. Papst Lucius III. gab auf dem Konzil zu Verona 1184 nähere Instruktionen über die gegen die Ketzer zu ergreifenden Maßregeln, und Innozenz' III. Legaten verhängten mit Hilfe der weltlichen Obrigkeit gegen die Waldenser und Albigenser in Südfrankreich die härtesten Strafen. Das Laterankonzil 1215 machte die Inquisition zunächst als bischöfliche Befugnis zu einem bleibenden Institut, und auf spätern Konzilien, namentlich dem zu Toulouse 1229, wurden die in dieser Hinsicht getroffenen Bestimmungen noch erweitert und verschärft. Die Inquisitoren gelangten zur Kenntnis eines Verbrechens durch die öffentliche Meinung, durch allen Gläubigen zur Pflicht gemachte Denunziation oder durch Nachforschung. Die auf die Ladung vor den Inquisitionsrichtern nicht Erscheinenden oder Flüchtigen wurden ohne weiteres als Schuldige angesehen. Wer erschien, wurde eingekerkert, Ankläger und Zeugen dem Angeklagten nicht genannt und ihre Namen nicht einmal in die Protokolle eingetragen. Freunde und Feinde, Schützer und Beschützte, Gläubige und Ungläubige wurden als Zeugen zugelassen. War der Angeklagte nicht imstande, alle Zweifel der Inquisitoren an seiner Unschuld zu lösen, oder waren die Zeugenaussagen nicht hinreichend belastend, so wurde seit 1252 zur Tortur geschritten, die bis zur Verstümmelung oder Tötung fortgesetzt werden durfte. Sämtliche von der Inquisition zuerteilte Strafen zerfielen in kirchliche oder weltliche. Die kirchlichen waren: das Interdikt (s. d.), die Exkommunikation oder der Bann (s. d.), Wallfahrten, Bußübungen im Wohnort des Ketzers oder im Orte des Ketzergerichts bei freier Bewegung, wobei die Sträflinge ein Bußhemd (saccus benedictus, Sanbenito) tragen, sich alle Sonntage vor dem Priester mit einem Bündel Ruten in der Kirche einfinden und, um sich geißeln zu lassen, die Schultern entblößen mussten, etc. Die weltlichen oder bürgerlichen Strafen bestanden vor allem in Gefängnisstrafe, oft auf zeitlebens. Zum Einmauern verurteilte das Konzil zu Béziers 1246 die Rückfälligen (relapsi), die in späterer Zeit zum Feuertod verdammt wurden, die Flüchtlinge oder solche, die sich auf die Vorladung des heiligen Tribunals nicht gestellt hatten. Ein solches Gefängnis nannte man ein Vade in pace. Die Kosten der Gefangenschaft hatten die Verbrecher, falls sie Vermögen besaßen, selbst zu tragen; sonst wurden sie von der Strafkasse bestritten, der Ortsbehörde aufgebürdet oder seit 1258 vom jeweiligen Grundherrn getragen. Die Fesselung in Ketten war eine erhöhte Strafe für eingemauerte Verbrecher. Auch wurde die Gefängnisstrafe oft in Galeeren- oder Strafarbeitshausstrafe verwandelt. Die öffentliche Zurschaustellung bestand darin, dass der Verbrecher, dem über seine gewöhnliche Kleidung auf Brust und Rücken eine rote Zunge herabhing und am Hals ein Zeichen mit Angabe seines Verbrechens befestigt war, an die Kirchentür gestellt wurde. Der Staupbesen wurde am Tage des Glaubensaktes erteilt, indem der Verbrecher auf einem Esel durch die Straßen geführt und mit Ruten gepeitscht wurde. Der Verbrennung ging entweder zur Milderung die Erdrosselung oder zur Verschärfung der Strafe in Spanien eine Versengung mit leichtem Stroh voraus, was der Pöbel das »Bartmachen« nannte. Schon 1179 war ein Konzilbeschluss gefasst worden, wonach Ketzern kein christliches Begräbnis gestattet werden durfte. Später wurden tote Körper wieder aus der Erde gegraben und verbrannt, sobald man in Erfahrung brachte, dass die Betreffenden bei Lebzeiten sich der Ketzerei schuldig gemacht.

Papst Gregor IX. hatte 1232 und 1233 die Inquisition den Bischöfen entzogen und den Dominikanermönchen übertragen, die unter dem Schutz der Könige von Frankreich seit Ludwig IX. die Ketzergerichte zur höchsten Blüte brachten. In den folgenden Jahrhunderten verlor die Inquisition in Frankreich an Geltung. Erst Franz I. wohnte 1535 zu Paris mit seinem ganzen Hofstaat wieder einem Ketzertribunal bei. Unter Heinrich II. wurden weitere Versuche zur Wiederherstellung der Inquisition gemacht, und Franz 11. teilte 1559 den Parlamenten das Amt der Glaubensrichter zu. Auf diese Weise entstand eine neue Art von Gerichten, die das Volk chambres ardentes, d. h. brennende Kammern, nannte. So bestanden die Inquisitionsgerichte in Frankreich, bald mit größerer, bald mit geringerer Macht ausgestattet, aber immer von dem gesunden Sinn des Volkes bekämpft, noch bis 1772. In Italien wurde die Inquisition schon 1231 eingeführt und seit Paul III. durch den Kardinal Caraffa (Bulle »Licet ab initio«, 1542) als Sant' Offizio die furchtbarste Waffe der Gegenreformation. Nur in der Republik Venedig wurde sie von der Staatsgewalt abhängig gemacht. Der Hauptgegenstand des blutigen Hasses der italienischen Inquisition waren und blieben die Waldenser (s. d.). Napoleon Inquisition hob zwar 1808 die Inquisition in Italien auf, doch ward sie 1814 von Pius Vll. wiederhergestellt, und noch 1852 wurden von ihr die Eheleute Madiai wegen Übertritts zum Protestantismus zu den Galeeren verurteilt. Erst die Neugestaltung Italiens seit 1859 machte ihrem Wirken ein Ende. Doch besteht noch heute das Inquisitionskollegium als Sacra congregatio Romana et universalis Inquisitionis seu Sancti Officii. Seine Aufgabe ist jetzt, über die Reinheit des Glaubens zu wachen und den Bischöfen in schwierigen Fällen Belehrung und Weisung zu erteilen. In Deutschland versuchte zuerst Konrad von Marburg (s. d.) die Inquisition 1231-33 einzuführen. Der selbst der Ketzerei beschuldigte Friedrich II. begünstigte, um sich gegen jeden Verdacht sicherzustellen, ihre Einführung. Aber erst seit den Zeiten Karls IV. gelang es, sie dem widerstrebenden Volksgeist aufzuzwingen. Besonders seit Papst Innozenz VIII. blühte sie; einer seiner Inquisitoren, Sprenger, schrieb den »Hexenhammer« (s. Hexe, S. 300), und noch zur Zeit der Reformation führte der berüchtigte Hoogstraeten (s. d.) von Köln den Titel Haereticae pravitatis inquisitor. Dann aber verschwand die Inquisition infolge der Reformation, und auch in England war sie nicht viel glücklicher. Zwar war schon in der letzten Zeit des 14. Jahrh. der Klerus gegen den Lollardismus und Wiclifismus nach inquisitorischer Methode eingeschritten, und unter der Regierung Heinrichs VIII. und der Königin Maria tauchte die Inquisition noch einmal in größerm Umfang auf. In Spanien wurde die Inquisition unter Ferdinand dem Katholischen 1478-84 organisiert, anfangs für Kastilien und Leon, seit 1483 auch für Aragonien und Katalonien. Viele von denen, die seit dem Ausgang des 14. Jahrh. zum Übertritt vom Judentum und Islam gezwungen worden waren, waren ihrem Glauben im geheimen treu geblieben und wurden jetzt von der Inquisition streng verfolgt. Den Großinquisitor ernannte der König, als ersten Thomas de Torquemada (s. d.). Spanien ward seit dieser Zeit das klassische Land der Autodafés (s. d.). Im 16. Jahrh. hat die spanische Inquisition besondere Bedeutung wegen der durch sie angestrebten Unterdrückung des Protestantismus gehabt. Dabei ist sie durchaus nicht mit der ihr in der Überlieferung zur Last gelegten Grausamkeit verfahren, und die Zahlen ihrer Opfer sind sehr übertrieben worden. Von 2100 prozessierten Protestanten wurden 220 lebendig, 120 in effigie verbrannt. Von Spanien aus wurde die Inquisition auch nach den amerikanischen Provinzen übertragen. Ihre Einführung in die Niederlande, wo ihr unter Karl V. nach der geringsten Schätzung 50,000 Personen zum Opfer fielen, hatte den Abfall dieser Provinzen zur Folge. 1781 wurde in Spanien das letzte Todesurteil gesprochen, 1808 die Inquisition durch Dekret Napoleons I. aufgehoben. Seit 1834 ist sie endgültig in Spanien verschwunden. Auch in Portugal wurde die Inquisition 1557 eingeführt und auch nach Ostindien verpflanzt. Als ihre Macht bereits durch den Minister Pombal gebrochen war, hob König Johann VI. sie auf. Ganz erloschen ist sie in Portugal erst 1821."

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]



Abb.: Geißlerprozession  / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1812 - 1814

"Flagellanten (Geißler, Geißelbrüder, Flegler oder Bengler), eine Brüderschaft des 13. Jahrhunderts, die die von der Kirche gebotenen Gnadenmittel zurückweisend, sich durch die Geißelung des Körpers Vergebung der Sünden zu erlangen suchte. Zwar kannte das Altertum auch schon flagellantische Kulte, wie etwa die Luperkalien (s. d.), doch war dabei das gerade Gegenteil die Absicht, denn während das Altertum in der Flagellation den Schlag mit der Lebensrute (s. d.), einen Fruchtbarkeitskult, also die Auferstehung des Fleisches betrieb, suchten die Flagellanten des Mittelalters durch die Geißelung das Fleisch zu ertöten, obschon sich auch hier oft die ältere erprobte Wirkung einstellte. Die Geißelung als Bußdisziplin (s. d.) verdankte ihre Ausbildung dem Benediktinerpater Pier Damiani im 11. Jahrhunderte und ist eine Reaktion gegen die geschlechtliche Unzucht, die durch das Beispiel einzelner Fanatiker schließlich als epidemisches Übel um sich griff und breite Massen mit unwiderstehlicher Gewalt als wahre Algolagnie erfasste. Man zog bald in Prozessionen paarweise bis auf den Gürtel entblößt, mit verhülltem Haupte von Ort zu Ort und geißelte sich unter fürchterlichem Geschrei oder unter Bußgesängen den Rücken blutig. Die ersten großen Prozessionen der Flagellanten sollen von Perugia aus um 1260 ihren Anfang genommen haben, als ganz Italien mit vielen Lastern befleckt war. Durch die Pest, als vermeintliches göttliches Strafgericht, fand die Geißelwut im 14. Jahrhundert auch in Deutschland ihren Eingang und gab Veranlassung zu neuen großen Flagellantenzügen, die sich von Ungarn durch ganz Deutschland bis nach England erstreckten und off nur schwere Unsittlichkeitsexzesse hervorriefen, da durch die Entblößungen und die sadistischen Wirkungen der Misshandlung das Blut oft mehr in Wallung geriet, als sich abkühlte. Die Kirche schritt daher zu energischen Verboten, da die Flagellanten schließlich als schwärmerischer Unfug und eine Störung der bürgerlichen Ordnung empfunden wurden. Hatten sich doch schon einzelne Sekten der Flagellanten gebildet, die den Klerus für den Antichrist erklärten und die Bluttaufe der Geißel an die Stelle aller kirchlichen Sakramente setzten. Als die Inquisition gegen die Flagellanten mit Scheiterhaufen einsetzte, zogen es diese vor, sich im 14. und 15. Jahrhundert in heimliche Geißlersekten, wie die »Fraticellen«, »Begharden«, »Begutten« usw., umzugestalten, bei denen die Geißelung allmählich die Form raffiniert sinnlicher Ausschweifungen und auch Beziehungen zum Satanismus angenommen haben soll. Mit dem Ende des 15. Jahrhunderts waren die Flagellanten wohl erloschen und die Ausübung ihrer Maximen vollzog sich wieder nur im Inneren der Klöster, um hin und wieder in einem Flagellationsskandal für die Öffentlichkeit aufzuflammen."

[Quelle: Bilderlexikon der Erotik : Universallexikon der Sittengeschichte und Sexualwissenschaft / Institut für Sexualforschung. -- 
Wien, 1928-1932. -- CD- ROM-Ausgabe: Berlin : Directmedia, 1999. -- (Digitale Bibliothek ; 19). -- ISBN 3932544242. -- S. 1719ff. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie diese CD-ROM  bei amazon.de bestellen}]



Abb.: Nonne von einem Gespenst erschreckt / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1812/1823



Abb.: Tambien esto = (Alles schlug fehl.) Auch dies (Desastres de la Guerra, Blatt 43) / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1814-1820

Bezieht sich auf die Plünderung der Klöster, Vertreibung der Mönche und Vergewaltigung der Nonnen durch Franzosen und antiklerikale Spanier



Abb.: Seltsame Frömmigkeit  (Desastres de la Guerra, Blatt 66) / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1814-1820



Abb.: Wider das allgemeine Wohl (Desastres de la Guerra, Blatt 71) / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1814-1820



Abb.: Hoffentlich reißt das Seil  (Desastres de la Guerra, Blatt 77) / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1814-1820




Abb.: Die Wahrheit ist tot (Desastres de la Guerra, Blatt 79) / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1814-1820



Abb.: Pilgerzug  / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1821-1823



Abb.: Scharlatankünste / von Francisco Goya (1746-1828)

[Quelle: Fuchs, Eduard <1870 - 1940>:  Die Karikatur der europäischen Völker. -- München : lange. -- Teil 1: Vom Altertum bis zum Jahre 1848. -- 4., vermehrte Aufl. -- 1921. -- 480 S. : Ill. -- S. 308]



Abb.: Der Mönch  / von Francisco Goya (1746-1828). -- 1820-1824


Zu: Antiklerikale Karikaturen und Satiren XVII: Reformation und Gegenreformation

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