Herausgegeben von Alois Payer (payer@payer.de)
Zitierweise / cite as:
Panizza, Oskar <1853 - 1921 >: Die Heilsarmee. -- 1897. -- Fassung vom 2004-12-30. -- URL: http://www.payer.de/religionskritik/panizza02.htm
Erstmals publiziert: 2004-12-30
Überarbeitungen:
©opyright: Public Domain
Dieser Text ist Teil der Abteilung Religionskritik von Tüpfli's Global Village Library
Ursprünglich erschienen in:
Wiener Rundschau. -- Wien : Verl. d. Wiener Rundschau . -- 2(1897/98). -- 1897-12-01
Wieder abgedruckt in:
Panizza, Oskar <1853 - 1921 >: Mama Venus : Texte zu Religion, Sexus und Wahn / Oskar Panizza. Hrsg. von Michael Bauer. -- Hamburg ; Zürich : Luchterhand-Literaturverl., 1992. -- 254 S. ; 18 cm. -- (Sammlung Luchterhand ; 1025). -- ISBN 3-630-71025-5. -- S. 152 - 157
Da Panizzas eigenwillige Orthographie in keinerlei Erkenntnisfortschritt bringt, habe ich sie — unter Wahrung des Lautbestandes — durch die moderne Orthographie ersetzt.
Zu Oskar Panizza siehe die Einleitung zu:
Panizza, Oskar <1853 - 1921 >: Die Wallfahrt nach Andechs. -- 1894. -- Fassung vom 2005-01-07. -- URL: http://www.payer.de/religionskritik/panizza01.htm
Die Heilsarmee1
Eine Studie.
„Amen — Ahmen — Amenn — Amän........" mit diesen halbverschluckten Lauten,
geheimnisvoll und scheu, begrüßten sich die leisen Figuren, die flüsternd und
angstvoll von allen Seiten herbeihuschten, als handle es sich um einen
Katakomben-Gottesdienst.
So einfach waren Sie Alle gekleidet, diese Mädchen, so hüftenschlank, so
brustglatt, so langhalsig, so nackt in ihren schwarzen, eng anliegenden
Gewändern. — Die wollten nie gebären, nein!
Die wollten nur geistig erzeugen, aschgraue Gefühle und pietistische Gedanken.
„Aähmen — Ämän — Amen — Ehmeen —" mit diesem Gruß strömten sie von allen Seiten
zusammen, wie geweihte Fledermäuse, und huschten und drückten sich aneinander,
als gälte es, Seele mit Seele zu verschmiegen, und hauchten sich ihre Seufzer
schmerzlich ins Angesicht.
Es war 8 Uhr Abends in der Eidmattstrasse in Hottingen2, in dem
hochgelegenen Züricher Bezirk, wo sich die schmale Holztür zu einem schmalen,
nüchternen Holzbau öffnete und die Wartenden einließ. Und drinnen, ach! die
geöffnet hatten, die den Himmel öffneten, das waren noch schlankere, noch
vergeistigtere Persönchen, hager mit ausgehungerten Wangen, taubenäugige Mädchen
mit schwarzen, die Stirne weit beschattenden Höckerhütchen, damit kein
sinnlicher Gedanke hinein, keine Lust aus diesen Taubenaugen herausgelange. Ach!
und jetzt überschütteten sie sich mit schluchzenden „Ahmän — Ämän —Ameen —"
zwitscherten wie Kanarienvögel und drückten sich an die busenlosen, harten
Brüste.
Es war wie im Himmel. Lange, quergestellte, gelb angestrichene Bänke. Lustig und
heiter. Ganz safrangelb. Fröhlich und erheiternd. Die Seele aufschließend. Etwas
kalt, etwas fröstelnd. Aber Wärme hätte ja Behaglichkeit, und Behaglichkeit
Sinnlichkeit erzeugt. Nein, es war gerade recht. Und bald wurde es ja voller.
Immer zahlreicher strömten sie herein und drückten und flüsterten sich
aneinander und waren überglücklich in ihrer Safranumgebung. Oben an der Decke
fünf oder acht von den gelb brennenden Kohlenbrennern und unten die
dickangestrichenen, gelben Bänke: es flimmerte und zuckte Einem um die Augen: es
war die helle Sonne, die die Leutchen da hereinsymbolisiert hatten. Und immer
zahlreicher kamen sie mit ihren Sonnengesichtern und leuchteten sich an und
schmunzelten und frohlockten: „Ach, Ahmän, Ahmän!" Und rutschend raschelten sie
aneinander und zwängten sich in die gelben Himmelsbänke — weil der Platz schon
rar war — und schlüpften ineinander hinein wie die kleinen Vögelchen, die man
inseparables nennt, und lachten sich an mit dem gelbüberstrahlten Antlitz.
Abb.: Heilsarmeehüte
Und dem Fremdling, der plötzlich mit seinem schmutzigen
Reiseanzug in diese strahlende Umgebung geraten war, schaute ein schlankes,
schwarzes Mädchen tief aus dem Höckerhut, aus tief versteckten Augen entgegen
und sagte halb mitleidvoll: „Kommen Sie endlich? Wollen Sie gerettet sein?"—und
als der Fremdling nicht wusste, was er sagen sollte, da er mehr die
Commis-voyageur-Sprache gewöhnt war, fuhr sie mit versprechendem Himmelsglück
fort: „Ach, kommen Sie! Kommen Sie zu uns! Hier ist Ihr Platz. Er ist seit
Langem bereitet......."
Und Alle schauten um und strahlten vor Glück, und: „Ach, Amän, Amän!"
beglückwünschten Sie Alle, und huschten und schmiegten, und einzelne
lautjubilierende Töne hörte man, einzelne laute, klirrende Töne, wie von gelben
Kanarienvögeln, hohe, diskantartige Töne, die die jüngsten Mädchen ausgestoßen
hatten.
Abb.: Dante Alighieri - Der neunjährige Dante sieht zum ersten Male die kleine
Beatrix, zu der er eine schwärmerische Neigung fasst.
(Liebigs Sammelbilder)
Und der schwarze Heilsarmeeengel blieb an der Seite des
Fremdling und machte ihn auf Alles aufmerksam und bereitete sein Glück. Wie
Beatrice blieb er an der Seite des aus der Hölle kommenden Dante und gab ihm
ihre Seele zu kosten.
Und als sich das Jubilieren nicht mehr länger aufhalten ließ, und einzelne
Stimmchen schon die höchsten gelben Triller probiert hatten, Andere mit kleinen
Jauchzern, wie vor dem Aufgehen der gelben Sonne, ihre Lerchenkunst
hinausgeschmettert hatten, brach es plötzlich mit elementarer Gewalt los, wie
tausend Stare, auf den gelben Bänken, alle diese schmächtigen, plattbrüstigen
Mädchen mit frechem Schnetterengdeng und gelbem Trompetenschall:
Der Jäsus liebt die Sündär,
Der Jäsus hat sie gern.
Ja, der Jäsus liebt die Sündär,
Ach, er hat sie wirklich gern.......
Und wiegend und schwebend, wie große farbige Papageien oft in
ihrem schwankenden Messingring, hatten sich Einzelne erhoben und schlürften
tanzend über den Estrich zwischen den gelben Bänken, Andere hatten den ach so
mageren Arm erhoben und schlugen den Takt und feuerten Alle an, heller und
freudiger zu singen. Und Alle schauten sich an mit gelbem, freudigem
Wiedererkennen.
Und der schwarze Engel raunte dem Fremden ins Ohr: „Unser Glück, Ach, kommen Sie
zu unserem Glück!"
Dann plötzlich, als der Gesang verstummt war, stürzten sie Alle nieder, zwischen
den gelben Bänken die schwarzen, hageren Gestalten, lautlos fielen sie nieder
zwischen den langgestreckten Holzaltären, stützten den rechten Arm auf und
vergruben das Gesicht in der gekrümmten Hand. Lautlose, steinern-harte Stille
herrschte jetzt in dem gelben Saal. Es war wie Pfingstfeier, als sollte der
heilige Geist herniederstürzen in gelben, flammenden Zungen. Und so lagen sie
dort die gekrümmten schwarzen Gestalten zwischen den gelben Bänken.
Nur der Fremdling blieb hartnäckig hocken auf seinem Platz; denn er war ja ein
Commis voyageur.
Und nun begann's. Eine nach der Andern, in schluchzend-händeringendem Ton,
ausströmende Gefühle in bitter-bußfertigem Ton zu bekennen. Wie aus geöffneten,
stark duftenden, gelben Blumenkelchen quoll hier die Sünde wie Safran und
erfüllte den ganzen Raum. Hunderte zusammengedrängte Sonnenblumen offenbarten
hier ihre längst vergessnen Taten und vergebnen Sünden. Und dieses Schluchzen
und Stöhnen! Und „Jaah!" accompagnierte4 immer der Chor, bei den
ergreifendsten Stellen. „Jaah!" wie Schäfchen meckern, wie Kinder stammeln,
„Jaah!" als hätten sie Alle das Bekannte durchmachen müssen, die Buße erleiden
müssen, als wären sie Alle krank und zermartert.
Und dann kam wieder eine Andere. Sie schlug einen tieferen, dunkleren,
stammelnderen Ton an wie eine Oboe, die in tausend Ängsten wimmert, ein gelbes
Holz-Blasinstrument, das Sünde blutet, mit gequälten Flagionet-Tönen5
und gestopften Lauten. Und seufzend echote der Chor und beteiligte sich an der
Busse.
So lagen sie drinnen zwischen den gelben Bänken, die geknickten Gestalten, wie
geköpfte Mohnblumen zwischen gelben Maisfeldern. Und des Jammerns war kein Ende.
Jetzt schaute der Commis voyageur auf seine Uhr.
„Unser Glück! Retten Sie sich! Retten Sie Ihre Seele!" rief die schwarze Gestalt
neben ihm.
Aber der Commis erhob sich in seiner ganz Voyageur-Größe, denn er hatte um 9 Uhr
Rendez-vous, und es war jetzt 10 Minuten auf Neun.
„Bleiben Sie!" rief sein schwarzer Mentor mit den flehenden Augen. „Bleiben Sie
bei uns! Bleiben Sie bei unserem Glück!"
Aber der junge Mann, bei dem der Seelenprozess schon abgelaufen war, sagte mit
seiner ganzen Commis-voyageur-Impertinenz: „Ich bedauere sehr — aber ich habe um
9 Uhr Rendez-vous, und jetzt ist es 10 Minuten auf Neun."
Sie aber bat, und Andere kamen und hingen sich an ihn und baten mit ihren
verweinten Augen und verwelkten Brüsten: „Ach, bleiben Sie! Bleiben Sie bei
uns!" — „Jaah!" raisonnierte der Chor mit stammelnden Lauten wie verheißendes
Kinderglück, und bitterlich schluchzten die schwarzen Blumen zwischen den gelben
Bänken.
„Ich bedauere sehr," rief wiederum der Commis, „aber bei mir ist die Sache
vorbei."
"Ach, ach, ach!" rief nun Alles zusammen, und man versperrte ihm den Weg. Und
hinten fingen die Jüngsten wieder an zu jubilieren, als wollten sie leise auf
die Himmelsfreude hinweisen, und mit feinen Stimmchen repetierten sie:
„Der Jäsus liebt die Sünder,
Der Jäsus hat sie gern.
Ja, der Jäsus liebt die Sünder,
Ach, er hat sie wirklich gern.
Dradiralirolliro! — Dradiraliriddidi! —....." und schlossen das
feinste und beste Schweizer Gejodel mit Kanarienzwitschern an.
Aber der Commis war ein entschlossener Weltmensch. Für ihn war überhaupt diese
ganze Heilsarmeevorstellung nichts weiter als eine Sensation. Und er machte sich
resolut Bahn.
Aber vorne an der Tür war alles verriegelt. Und nur die Herzen dieser
geknickten, weit verlassenen, armen Mädchen standen ihm offen.
„Kinder," meinte er, „ich muss mein Rendez-vous halten; das verlangt schon meine
Ehre."
Sie aber flehten noch einmal mit ihrem herzinnigsten Stammeln:
„Ach bleiben Sie bei uns!" und streckten ihm die vergilbten, blutleeren
Arbeitshändchen entgegen.
Nun ging er nebenan, als wolle er einen zweiten Ausgang suchen, und — kam in die
Garderobe der Damen.
Jetzt gaben sie nach und öffneten ihm die Haupttüre.
Und nun ging er hinaus.
Und drinnen zwischen den Bänken lag der gelbe Sonnenblumenschein glücklicher
Seelen.
Dann schloss sich hart die Türe.
Und nun stand er wieder draußen in der finsteren, schwarzen Nacht.
Erläuterungen:
1 Heilsarmee
"Heilsarmee
Die Heilsarmee ist eine christliche Freikirche mit ausgeprägter sozialer Tätigkeit.
Geschichte
Der methodistische Pfarrer William Booth lebte im Londoner Eastend und war erschüttert über das Elend in den dortigen Slums der Frühindustrialisierung. 1865 gründete er mit Freiwilligen aus verschiedenen Kirchen die Christliche Mission, die sich mit dem bis heute gültigen Motto "Suppe, Seife, Seelenheil" daran machte, zu helfen. Der Kampf der militia Christi gegen das Elend wurde immer straffer militärisch organisiert. 1878 wurde der bisherige Name fallen gelassen, und die Bewegung nannte sich offiziell "Die Heilsarmee". William Booth wurde ihr erster General. Es folgte die Einführung anderer Ränge, Uniformen und Symbole. Allmählich wurde auch eine militärische Organisationsform angenommen.
Die Entwicklung der Bewegung wurde wesentlich von Williams Frau Catherine Booth unterstützt. Sie war die intellektuelle Führung der Bewegung, sie vertrat ihren erkrankten Mann monatelang in der Leitung, sie organisierte Armenspeisungen, war als ausgezeichnete Predigerin bekannt und setzte sich für verbesserte Arbeitsbedingungen, besonders der Frauen, ein. Aufgrund ihrer Tätigkeit bestand die Heilsarmee schon im 19. Jahrhundert darauf, dass Frauen in allen intellektuellen und gesellschaftlichen Beziehungen Männern gleichgestellt sein sollten. Bis heute haben Frauen in der Heilsarmee den gleichen Status wie Männer.
Binnen zweier Jahren nach der Neubenennung der Bewegung breitete sie sich auch im Ausland aus. Seit 1882 ist sie in der Schweiz, seit 1886 in Deutschland tätig.
Auftrag
Die Heilsarmee ist eine internationale Bewegung und Teil der weltweiten christlichen Kirche.
Ihre Botschaft gründet auf der Bibel. Ihr Dienst ist motiviert durch die Liebe Gottes. Ihr Auftrag ist es, das Evangelium von Jesus Christus zu predigen und menschliche Not ohne Ansehen der Person zu lindern.
Organisation
Die oberste Leitung hat ein General, dem ein Beirat zur Seite steht. Das Werk ist in Territorien aufgeteilt, die jeweils ein nationales Hauptquartier haben. Das Deutsche Hauptquartier befindet sich in Köln.
Heute arbeitet die Heilsarmee in mehr als 109 Ländern. Weltweit hat sie etwa 3 Million Mitglieder (2003) in 15.000 Gemeinden. Sie betreibt weltweit etwa 1.700 Schulen und 2.500 Krankenhäuser.
Die einfachen, uniformierten Mitglieder werden als Soldaten oder Salutisten bezeichnet, die Prediger als Offiziere. Daneben gibt es eine zunehmende Zahl von vollzeitlichen Mitarbeitern, die nicht Mitglieder der Heilsarmee sind.
Seit 1985 gibt es in Basel ein Ausbildungszentrum für Heilsarmee-Offiziere aus europäischen Ländern.
Die Heilsarmee sieht sich als Teil der allgemeinen christlichen Kirche. Sie war Mitglied des Ökumenischen Rats der Kirchen, die Mitgliedschaft ruht aber seit 1978, da die Unterstützung der militanten Befreiungsbewegungen in Südafrika abgelehnt wurde. Offiziere und Soldaten der Heilsarmee arbeiten in der Evangelischen Allianz mit.
Tätigkeit
Die Heilsarmee hat drei Hauptarbeitszweige:
· Evangelisation
· Praktische soziale Tätigkeit. Diese umfasst unter anderem Obdachlosenfürsorge, Heime für Kinder, Alte, Behinderte, Pflegebedürftige und Obdachlose, einen internationalen Familiensuchdienst.
· Missionsarbeit in Drittwelt-Ländern und Entwicklungszusammenarbeit (Ernährungsprogramme, Aids- Prävention, Schulen, Spitäler, Katastrophenhilfe).
Kirchliches Leben
Neben der bekannteren sozialen und evangelistischen Tätigkeit, gibt es in der Heilsarmee auch ein kirchliches Leben mit Sonntagsgottesdienst, Seelsorgedienst, kirchlichen Handlungen, Unterweisung (Konfirmandenunterricht), Bibelstudium, und Gebetszusammenkünften. Die Heilsarmee bietet eine vielseitige Palette an Aktivitäten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene an.
Die Heilsarmee hat ein Glaubensbekenntnis auf evangelikaler Grundlage, ihre uniformierten Mitglieder, die Heilsarmee-Soldaten, verpflichten sich unter anderem dazu, nach christlichen Maßstäben zu leben, auf Alkohol, Tabak, und Pornographie zu verzichten und sich aktiv in der sozialen und evangelistischen Tätigkeit zu engagieren.
Die Heilsarmee tauft nicht und feiert auch kein Abendmahl. Die Kinder werden eingesegnet.
Ökumene
Die Heilsarmee ist Mitglied beim ÖRK, in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen und in der Evangelische Allianz."[Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Heilsarmee. -- Zugriff am 2004-12-30]
2 Anfangs versammelte sich die Heilsarmme in Zürich regelmäßig in Zürich Hottingen in ihrem Lokal im dritten Stock der Wirtschaft Zum Grünenhof
"Die Entwicklung in der Schweiz Die 24-jährige Catherine Booth, Tochter des Heilsarmee-Gründers William Booth, eröffnete 1882 in der Schweiz die Arbeit der Heilsarmee. Bereits in Frankreich hatte sich die couragierte junge Frau als "Die Marschallin" einen Namen gemacht.
Im Genfer Casino von Saint-Pierre hielt Catherine Booth, zusammen mit fünf jungen Heilsarmee-Offizieren die erste Predigt. Eine grosse Menge hörte ihr zu. Doch die nachfolgenden Versammlungen im Reformationssaal riefen die Ordnungskräfte auf den Plan.
Vom Widerstand und Tumult…
Trotz aller Widerwärtigkeiten setzten die jungen Pioniere ihre Aufgabe fort, durchquerten die Westschweiz und kamen ab 1885 in den deutschsprachigen Raum. In den Städten Zürich und Basel wurde die Heilsarmee unter bestimmten Auflagen toleriert: Keine Kinderstunden halten, alle Versammlungen müssen um 20.00 Uhr beendet sein, es dürfen keine Musikinstrumente verwendet werden, es darf kein zweites Heilsarmee-Korps eröffnet werden im Kanton.
Die Ankunft der Heilsarmee löste Aufruhr aus und manchmal wurden die Salutisten sogar mit Waffen bedroht. Sie erlitten Verletzungen, ihre Wohnungen und Gebäude wurden immer wieder geplündert oder beschädigt. Die Behörden ordneten eine Schliessung der Heilsarmeesäle an und verboten ihre Versammlungen. Einige ihrer Mitglieder wurden verhaftet und ins Gefängnis gesteckt oder ausgewiesen.
In Orbe wurde die Kapitänin Charlotte Stirling als Strafe dafür, dass sie Kinder unterrichtet hatte, ins Gefängnis Schloss Chillon gesteckt. Die Marschallin selbst wurde in Neuenburg verhaftet und musste vor dem Gericht in Boudry erscheinen. Es wurden Klagen gegen sie erhoben und sie wurde des Kantons verwiesen.
…bis zur Anerkennung
Die Widerwärtigkeiten und die Probleme hielten viele Menschen nicht davon ab, sich Gott zuzuwenden und begeisterte Mitglieder und Vertreter der Heilsarmee zu werden. Aufgrund dessen geschah es, dass die Heilsarmee, sieben Jahre nach der Gründung in Genf, 1889 durch das Bundesgericht als religiöse Institution anerkannt wurde. Das Parlament erklärte, dass die Heilsarmee in der Schweiz fest eingepflanzt sei. Massgebliche politische Förderer waren unter anderen die Bundesräte Louis Ruchonnet und Carl Hilty.
Am 1. November 1901 begann für die Heilsarmee in der Schweiz ein neuer Abschnitt: Sie erhielt in Bern ihr eigenes Hauptquartier. Bis zu diesem Datum wurde die Bewegung in der Schweiz vom Hauptquartier in Paris aus geleitet."
[Quelle: http://www1.salvationarmy.org/swi%5Cwww_SWI_de.nsf/vw-sublinks/43B6C57E2643CC4080256F2D004CB55A?openDocument. -- Zugriff am 2004-12-30]
3 Commis-voyageur: Handlungsreisender
4 begleitete
5 Flagionett: ein quäkendes Orgelregister, vielleicht verwechselt Panizza (er schreibt: Flaschonett) dies mit Flageolett: Bezeichnung für die durch leise Berührung eines Knotenpunktes für Teilschwingungen der Saite bestimmten Töne der Streichinstrumente (Flageolettöne, franz. sons harmoniques), die einen eigentümlich pfeifenden, aber weichen, ätherischen Klang haben, der von dem Kratzgeräusch der sonstigen Töne dieser Instrumente frei ist (ital. flautato).
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