Religionskritisches von Oskar Panizza

Maria (1894)

von

Oskar Panizza


Herausgegeben von Alois Payer (payer@payer.de)


Zitierweise / cite as:

Panizza, Oskar <1853 - 1921 >: Maria.  -- 1894. -- Fassung vom 2005-01-20. -- URL:  http://www.payer.de/religionskritik/panizza04.htm 

Erstmals publiziert: 2005-01-13

Überarbeitungen: 2005-01-20 [Ergänzungen]

©opyright: Public Domain

Dieser Text ist Teil der Abteilung Religionskritik  von Tüpfli's Global Village Library


Erstmals erschienen in:

Panizza, Oskar <1853 - 1921 >: Der teutsche Michel und der römische Papst : Altes und Neues aus dem Kampfe des Teutschtums gegen römisch-wälsche Überlistung und Bevormundung in 666 Tesen und Zitaten. -- Leipzig : Friedrich, 1894. -- 310 S. ; 22 cm. -- S. 13 - 38

Reprint:

Panizza, Oskar <1853 - 1921 >: Der teutsche Michel und der römische Papst : Altes und Neues aus dem Kampfe des Teutschtums gegen römisch-wälsche Überlistung und Bevormundung in 666 Tesen und Zitaten. -- Reprint der Erstausg. [Leipzig, Friedrich], von 1894 / mit einem Nachw. von Michael Bauer. -- München : Allitera-Verl., 2003. -- IV, 330 S. : Ill. ; 22 cm. -- (Edition Monacensia). -- Hergestellt on demand. - In Fraktur. -- ISBN 3-935877-90-0

Im Dritten Reich erschien eine gekürzte und veränderte(!) Ausgabe:

Panizza, Oskar <1853 - 1921 >: Deutsche Thesen gegen den Papst und seine Dunkelmänner. -- Neuausg. -- Berlin : Nordland-Verl., 1940. -- 214 S. ; 8°. -- Originaltitel: Der deutsche Michel und der römische Papst ([Auszug])


Ich habe versucht, die von Panizza zitierte Literatur bibliographisch nachzuweisen. Die - von mir bibliographisch ergänzten - Anmerkungen von Panizza haben alphabetische Fußnotenkennzeichnung ( a b c ...) und stehen unmittelbar unter dem Zugehörigen Text, die von mir zusammengestellten Erläuterungen sind numerisch gekennzeichnet ( 1 2 3 ...) und stehen unten hinter dem gesamten Text Panizzas. Am Schluss folgt ein Anhang, der die heutige Praxis des Ablasses in der katholischen Kirche zeigt.



Abb.: Umschlagtitel


Zu Oskar Panizza siehe die Einleitung zu:

Panizza, Oskar <1853 - 1921 >: Die Wallfahrt nach Andechs.  -- 1894. -- Fassung vom 2005-01-07. -- URL:  http://www.payer.de/religionskritik/panizza01.htm 


Maria

"Groß ist die Diana der Epheser!"
Apostelgeschichte 19, 34

"Evviva la Madonna!
Lebehochrufe der Italiener


Abb.: Weinende Madonna [Bildquelle: http://198.62.75.1/www1/apparitions/http:/merid88.jpg. -- Zugriff am 2005-01-13]

Klicken Sie hier, um "Meerstern ..." zu hören

Nach A. v. Huxthausen 1830

1. Meerstern, ich dich grüße,
O Maria hilft!
Mutter Gottes süße,
O Maria hilft!
Maria Hilf uns allen
Aus dieser tiefen Not!

2. Rose ohne Dornen,
O Maria hilft!
Du von Gott Erkorne,
O Maria hilft!
Maria Hilf uns allen
Aus dieser tiefen Not!

  3. Lilie ohnegleichen,
O Maria hilft!
Dir selbst Engel weichen,
O Maria hilft!
Maria Hilf uns allen
Aus dieser tiefen Not!

4. Quelle aller Freuden,
O Maria hilft!
Trösterin in Leiden,
O Maria hilft!
Maria Hilf uns allen
Aus dieser tiefen Not!

5. Hilf uns Christum flehen,
O Maria hilft!
Fröhlich vor ihm stehen,
O Maria hilft!
Maria Hilf uns allen
Aus dieser tiefen Not!

[Quelle der midi-Datei und des Textes: http://ingeb.org/Lieder/meerster.html. -- Zugriff am 2005-01-20]

25) Keine christliche Göttin — die Drei-Einigkeit nicht ausgeschlossen — hat eine so rasche und glänzende Siegeslaufbahn genommen, wie die Maria. — Was habt Ihr, Papisten, nicht alles aus dieser simplen Jüdin gemacht? An ihr herumgezerrt, sie geputzt, geziert, behangen, parfümiert, bis aus ihr die große Herrscherin im Himmel, die nicht zu umgehende Mittlerin, der große Unterrock der katholischen Kirche wurde, unter dem Euch so wohl ist?! Eure Religion ist eine Unterrock-Religion! —


Abb.: "Eure Religion ist eine Unterrock-Religion!"

26) Die Geschichte begann auf dem Konzil in Ephesus1 im Jahre 431. Dieses nannte sie "Gottesgebärerin", während der Patriarch von Konstantinopel, Nestorius2, ein kluger und besonnener Mann, sie "Menschengebärerin", im besten Fall "Christusgebärerin" nennen wollte. In der Religion geht es wie im Wahnsinn: der Tollste hat Recht! Der Vernünftige muss unterliegen. Es handelt sich nur darum, glücklich den Instinkt der Masse vorherzuriechen. "Gottesgebärerin" ward die Jüdin auf diesem Konzil. Und gleich hier schloss sich der hübsche, hierarchische Zug an, dass sofort erklärt wurde: "Wenn einer Maria nicht als Gottesgebärerin annimmt, der ist getrennt von der Gottheit!" a 1aEs ist dasselbe Schema, welches auch später beibehalten blieb, und bis heute, in den Dogmenerklärungen von 18543 und 18704 deutlich erkennbar

a Ein Ausspruch Gregor's von Nazianz, siehe:  Lehner, F. A. von: Die Marienverehrung in den ersten Jahrhunderten / von Hofrath Dr. F. A. von Lehner.  -- 2. verbesserte Aufl.  -- Stuttgart : J. G. Cotta, 1886.  -- xxv, 342 S. : Ill. ; 25 cm.  -- S. 76

27) Und nun gibt es bald keine Grenzen mehr.

Wir befinden uns im Orient. Freilich! Aber die katholische Kirche befand sich stets im Orient. Ihre schwülstigen Gebärakte und brünstigen Sinnlichkeiten, mit denen sie die einfachen Christus-Lehren ausstaffierte, sind alles orientalische Arbeit. Orientalen waren ihre Liguori5, ihre Sanchez6, ihre Escobar7, ihre Perrone8, Malou9 und Pius IX.10 Treffliche Leute für ihre Kreise, für ihre Religion, für ihre Völker, die Wälschen11. Aber nicht für uns Teutsche. Seit Jahrhunderten wehren wir uns gegen diese wollüstigen Lehren, die im Vatikan fabriziert werden. Besonders gegen die Schlüpfrigkeiten im Marien-Kultus. Unser nordischer Sinn ist zu einfach und zu empfindlich für diese Sorte Religion. Und die Päpste wollen nicht begreifen, dass wir diesem pornografischen Kultus keinen Geschmack abgewinnen können. So wenig wir begreifen, dass man in den Händen fast jedes wälschen11 Priesters laszive12 Fotografien findet. b Eines Tages werden sie es aber begreifen müssen. Die Absonderungen der Nationen werden auch auf diesem Gebiet reinliche Scheidung vornehmen müssen. Und so wenig wir uns arabische Erzählungen für das Nibelungenlied, so wenig werden wir uns wollüstige Marien-Dogmas statt der einfachen Christus-Lehre vorsetzen lassen.

a Lehner, F. A. von: Die Marienverehrung in den ersten Jahrhunderten / von Hofrath Dr. F. A. von Lehner.  -- 2. verbesserte Aufl.  -- Stuttgart : J. G. Cotta, 1886.  -- xxv, 342 S. : Ill. ; 25 cm.  -- S. 215 und 219
b
Die Teutschen, die den Feldzug 187013 mitmachten, wissen davon Einiges zu erzählen.


Abb.: Padró Jaime (fl. 1750 - 1800): Hl. Madonna. -- Spanien. -- 18. Jhdt.

28) Was sind aber die Gottes-Gebär-Studien auf dem Epheser Konzil1 für Spielereien gegen die Leistungen der Späteren auf diesem Gebiet! Sechsundvierzig Epitheta, Eigenschaftswörter und Substantiva, Kosewörter und Schmeichelnamen, die zum Teil aus einem Chambre separée hergenommen zu sein scheinen, hat die "Lauretanische Litanei"14 , eine Anrufungsformel Maria's aus dem 14. Jahrhundert, mit deren Gebrauch gewaltige Sünden-Ablässe15 durch Papst Sixtus V. verknüpft sind. Nach jedem Epitheton oder Schmeichelwort ein scharenweises "Bitt' für uns!". Da das Beten in der katholischen Kirche der Zahl nach geht, so wollen wir's auch zählen: Sechsundvierzig Kosenamen von "Heilige Gottesgebärerin" bis "Königin ohne Makel" und ebensoviele "Bitt' für uns!" macht 92; vor Anrufung der Maria als Einleitung das Aussprechen der Namen der Drei-Einigkeit macht 95; hinter jeder göttlichen Person noch ein "Erbarm Dich unser!" macht 98; und hinter jedem "Erbarm  Dich unser" noch ein "Erhöre uns!" macht gerade 101.a Hundert und Eins Exklamationen16, um zur Maria zu beten! — Ihr geht sicher, wie jene bayerischen Kanoniere, die beauftragt, 100 Kanonenschüsse zu lösen, beim hundertsten nicht mehr wussten, ob sie 100 oder nur 99 hatten, und zu aller Sicherheit einen hunderteinsten lösten.

a Reichenbach, A.: Die Religionen der Völker / nach den besten Forschungsergebnissen bearbeitet von A. Reichenbach.  -- München : M. Ernst, 1885-1887.  -- 3 Bde. ; 22 cm. -- Bd. III. -- S. 267

29) Die "Litanei zur wundertätigen Mutter Gottes Maria von Einsiedeln"17 hat sogar 252 Anrufungen und Schmeichelwörter von "Jungfrau aller Schönheit und Reinigkeit" bis "Liebhaberin aller Sünder". Wie viel Pfund Sünden-Nachlass hiermit verknüpft, konnte ich leider nicht erfahren. a

a  Scheible, J. (Johann): Das Schaltjahr; welches ist der teutsch Kalender mit den Figuren, und hat 366 Tag. --  Stuttgart, Verlag des Herausgebers, 1846-47.  --  5 Bde : Ill. ;16 cm. -- Bd. V. -- S. 593-597

30) Zählt man nur die Lauretanische Litanei, die von Einsiedeln, und die Beinamen, die ihr der heilige Cyrillus18 gegeben, zusammen, so erhält man an die 500 Epitheta19. Ich bitte Dich, lieber Leser, wir haben angeblich eine monotheistische Religion und glauben an einen einzigen Gott; und ein Mitglied der römisch-italienischen Götterfamilie hat allein 500 Eigenschaftswörter und Tätigkeiten. Erwägt, mehr hatten die Chinesischen Götter und die Gottheiten der Brahminen20 auch nicht; diese hatten aber meist 6 Köpfe, 6 Hände und 12 Füße!

31) Höre ich stundenlang und chiliadenweise21 die folgende unartikulierte Weise, rhythmisch, nicht dem Sinn, sondern der Bequemlichkeit nach, von teutschen Frauen betont: "Gägrüßt saist Du Maria, Du best voller Gnaden, der Härr ist mit Dir, Du best gebenedaiet unter den Waibern, und gebenedaiet ist die Frucht daines Laibes, Jäsus Christus, Amen. Hailige Maria, Mutter Gottes, bett' für uns arme Sünder, jätzt und in där Stunde des Abstärbens, Amen."22 — so wendet sich in mir das Geblüt, und ich schaudere über den Einfluss, welcher aus braven Menschen solche Puppen und Pagoden machen konnte.

32) "Item, wo willt du die greulichen Abgötterei tragen, da sie nicht genug dran gehabt, die Heiligen zu ehren und Gott in ihnen loben, sondern eitel Götter draus gemacht haben, und die Mutter Maria an Christus Statt gesetzt, und den elenden Gewissen einen Tyrannen furgebildet, dass alle Zuversicht und Trost von Christus genommen, und auf Maria gewendet ist. Kann dieß jemand leugnen, Ist's nicht wahr? Sind nicht sonderlich der schäbichten Barfüßer23 und Predigermünch24 Bücher vorhanden, solcher Abgötterei durchaus voll, als, die Marialia, Stellaria, Rosaria, Coronaria, und ganz eitel Diabolaria und Satanaria25?"a

a Luther, Martin <1483 - 1546>: Warnung an seine lieben Teutschen. -- 1531. -- In: Luther, Martin <1483 - 1546>: Dr. Martin Luther’s sämmtliche Werke. Erlangen, 1826-57. -- 67 Bde. 1830. -- Bd. 25. -- 1830. -- S. 41.

33) Diese einfache Jüdin, die wie jede andere in Schmerzen ihr Kind geboren hat, habt Ihr mit dem Rosenöl Eurer extravaganten orientalischen Phantasie übergossen, und uns im Norden so unerträglich gemacht. Denn wir verachten penetrante Gerüche. Dieses Weib, welches Ihr wie eine Boudoir26-Königin geschminkt, geziert und behängt habt, stieg zuletzt in Eurer wahnsinnigen, von sexuellen Beimischungen nicht freien Verehrung bis über Gottes Thron hinaus, wurde, "Mittelpunkt des Weltalls", Mittelpunkt der christlichen Religion. Wären Papst und Pfaffen, wie einmal vorgeschlagen, vor Beginn ihrer Amtstätigkeit in Konsequenz ihrer Gelübde kastriert worden, es wäre nicht so weit gekommen: Eine simple Jüdin an Stelle der unvergleichlichen Figur eines Christus getreten, eine Arbeiterfrau an Stelle des Lehrers der Menschheit, und als "Erlöserin", als "Sündenvergeberin", die Euch "von ihrem Fleisch zu essen", "aus ihren Brüsten zu saugen" gibt, — das ist das Resultat Eurer Jahrhunderte langen schmutzigen Arbeit, Papisten!


Abb.: Gnadenmutter von Einsiedeln (Schweiz)

34) Ich hätte nichts dagegen, wenn Ihr die Jüdin außer zum "Mittelpunkt der Erde", zur "Ergänzung der Drei-Einigkeit", zur "Mit-Erlöserin" und was Ihr ihr sonst noch angedichtet habt, endgültig zur Haupt-Gottheit des Christentums erhebt, wie es jetzt im Zuge ist, so dass sie die Sünden vergibt und uns den Himmel aufmacht, — wenn sie nur annähernd das durchgemacht hätte, was der große Lehrer und Märtyrer Christus für die Menschheit wirklich durchgemacht hat; wenn sie also, wie er, Worte der Liebe und des Mitleids gesprochen hätte, und dafür geschmähet, gegeißelt und gekreuzigt worden wäre. Statt dessen hat sie nur — geboren. Das haben die meisten übrigen Weiber auch. Ein Verdienst, recht groß, aber nicht groß genug, um zur Universalgöttin erhoben zu werden.

35) Wie die Sache jetzt liegt, habt Ihr sie zur göttlichen Puppe gemacht, mit Gold und Firlefanz behängt, ihr ein Lächeln angelogen, Schwerter und Schmerzen angedichtet, und sie mitsamt ihren Schmerzen so verzuckert, dass das Gericht, außer für wälsche11 Weiber, gar nicht mehr zu genießen ist.


Abb.: "Die große römische Götterfamilie": Papst Pius IX. im Himmel. -- Andachtsbildchen. -- Frankreich. -- 19. Jhdt.

36) In der großen römischen Götter-Familie: Gott-Vater, Gott-Sohn, der heilige Geist, Maria, die heilige Anna27 und der Papst, sieht man sofort aus der Summe der Beinamen, aus den nach allen Seiten hin sich erstreckenden Beziehungen, wer eigentlich der Mittelpunkt des Systems, von welcher Richtung die meisten Strahlen ausgehen. Nur mit Grauen zitieren wir die folgenden Ehrentitel, die auf die merkwürdigen polytheistischen und inzestuösen Beziehungen dieser italienischen Familie ein sattsames Licht werfen:

Die heilige Anna27 ist

Maria:

Gott-Vater :

Christus kommt mit zwei Beiworten weg:

Der Papst:

Wir meinen, die Teutschen sollten mit diesem Rattenkönig28 von Verwandtschaften (die an das schreckliche Zusammenleben gewisser italienischer Familien erinnern) nichts zu tun haben, und Hände und Gewissen rein erhalten.

a Thomas de St. Cyrillo: De laudibus Divinae Annae. -- 1667 [kann ich bibliographisch nicht nachweisen, der Autor ist: Thomás de São Cyrillo]
b
Thomas de St. Cyrillo a. a. O.
c
Malou, Jean-Baptiste <Bischof von Brüssel>: L'Immaculée Conception de la bienheureuse Vierge Marie, considérée comme dogme de foi. -- Bruxelles : H. Goemaere, 1857. -- 2 vol. in-8 ̊ . -- Bd. 2. -- S. 180, 182
d Malou a. a. O. -- Bd. 2. -- S. 177ff.
e
Nicolas, Auguste <1807-1888>: Die Jungfrau Maria und der göttliche Plan. -- Aus dem Französischen. -- Regensburg, 1856. -- Originaltitel: La Vierge Marie et le plan divin. -- Bd. I. -- S. 319 [Die deutsche Ausgabe kann ich bibliographisch nicht nachweisen]
f
Marianische Litanei. Reichenbach, A.: Die Religionen der Völker / nach den besten Forschungsergebnissen bearbeitet von A. Reichenbach.  -- München : M. Ernst, 1885-1887.  -- 3 Bde. ; 22 cm.  -- Bd. III. -- S. 267
g
Liguori, Alphons Maria von <1696 - 1787>: Die Herrlichkeiten Mariens / neu aus dem Italienischen übersetzt von P. C. E. Schmöger -- Regensburg : Manz, 1860. -- 2 Bde. -- II. -- S. 164
h
Nicolas a. a. O. -- I. -- 343
i
Nicolas a. a. O. -- I. -- 320
j
Le Guillou, Corentin-Marie <Abbé>: Mois de Marie sur le plan du petit ouvrage italien du P. Lalomia, avec nouvelles prières pour la messe, choix de pieuses prières et sept cantiques inédits. -- Paris : Société des bons livres, 1834. -- 467 S. [Panizza zitiert eine Ausgabe Paris 1869, die ich bibliographisch nicht nachweisen kann, dort S. 60]
k
Nicolas a. a. O. -- I. -- 359
l
Malou a. a. O. -- Bd. 2. -- S. 170, 173
m
Baldus, Päpstlicher Jurist. 1327 - 1400
n
 Stap, A.:  L'Immaculée Conception : études sur l'origine d'un dogme. --  Nouv. ed.  -- Paris : Librarie internationale ; Bruxelles : Lacroix, Verboeckhoven, 1869.  -- 314 s. ; 18 cm. -- S. 101 bis 104
o
Stap a. a. O.
p
Stap a. a. O.
q
Veuillot, Louis <1813-1883>:  Rome pendant le Concile (1869-1870). -- Paris : Victor Palmé, 1872.  -- 2 Bde. ; 22 cm. -- Bd. II. -- S. 468
r
 Maistre, Joseph Marie, comte de <1753-1821>: Du pape. -- Nouv. ed.  -- Paris : Charpentier, 1884 -- 399 S. ; 19 cm.  -- S. 52


Abb.: "Rattenkönig von Verwandtschaften": Hans Baldung Grien (1484 - 1545): Hl. Sippe: Anna selbdritt [d.h. Jesus, Hl. Maria, Hl. Anna] mit Joachim und Joseph, Gottvater und Hl. Geist. -- 1509-1512
 

37) Wer in diesem göttlichen Bilderkreis die eigentliche Göttin ist, darüber kann wohl kein Zweifel bestehen. Und bald sorgten Spekulation, Sinnlichkeit, Phantasie und zölibatisches Denken dafür, ihr aus der katholischen Kirche ein bequemes Bett zu zimmern. Die schönsten Kirchen wurden ihr gebaut, die Hauptaltäre ihr geweiht, ihre Statue überall vorne hin gestellt, und eine eigene Gebetsformel und ein eigenes Gebets-Werkzeug für sie erfunden, der Rosenkranz29. Ein Weib begnügt sich nicht mit der stillen Verehrung ihrer Anbeter; es musste viel, fortwährend und laut gebetet werden; 150 Ave-Maria's enthält ihr Gebets-Werkzeug; und jedes Ave bringt nach der Verordnung Benedikt's XIII.30 hundert Tage Ablass a 31. Das war eine lustige, bequeme, süße und sinnliche Religion.

a Liguori, Alphons Maria von <1696 - 1787>: Die Herrlichkeiten Mariens / neu aus dem Italienischen übersetzt von P. C. E. Schmöger -- Regensburg : Manz, 1860. -- 2 Bde. -- Bd. II. -- S. 17


Abb.: Der Heilige Rosenkranz [Bildquelle: http://www.vatican.va/special/rosary/index_rosary_ge.htm. -- Zugriff am 2005-01-13]

38) "Was soll man dann allhie sagen von dem großen Geschmück in den Kirchen, der von Gold, Silber, Perlen Edelgestein und allerlei Geschmeid zusammen gebettelt ist? Von den köstlichen Gemälds darinnen, von Bildung und Tafeln, die unaussprechlich viel gekost haben. In dem Allen ich gar keine Andacht spür, kann auch nit denken, wie etwas Guts von solichem Gezier kommen mög. Denn keine Buhlerin mag sich üppiger oder unschamhaftiglicher bekleiden oder zieren, dann sie jetzund die Mutter Gottes, Sankt Barbaram, Katharinam und andere Heiligen formieren." a

a Neuw Karsthans Gesprechbüchlin. -- 1522. -- In: Hutten, Ulrich von <1488-1523>: Opera quae reperiri potuerunt omnia / edidit Eduardus Böcking.  -- Lipsiae : Teubner, 1859-70.  -- 7 Bde.  -- Bd. IV. --  1862. -- S. 668

39)

a Geschichtlicher Bericht über den Ursprung und die Wirkungen der neuen Medaille ... allgemein bekannt unter dem Namen Die wunderbare Medaille. - Nach der ... Ausg. -- Münster, 1839. --  S. 28ff. [Ich konnte nur die 5. Ausg. 1836 bibliographisch nachweisen]
b
Preuss, Eduard <1834 - 1903>: Die römische Lehre von der unbefleckten Empfängniss : aus den Quellen dargestellt und aus Gottes Wort widerlegt. -- Berlin : Schlawitz, 1865. -- VI, 263 S. -- S. 44.

40) Kaum aber hattet Ihr Eure Göttin spekulativ sichergestellt, und ihr als "Mittlerin zwischen Gott und Menschen" die Stelle Christi in den Herzen Eurer Anhänger angewiesen, so stürzten sich die Compagnie Jesu36, diese Maulwürfe in der katholischen Kirche, auf den jungfräulichen Leib ihrer Auserwählten und durchschnüffelten, durchbohrten, durchsaugten und durchrochen ihn, wie Ratten ihr Kellernest, bis jede Faser von ihr dogmatisch-sensualistisch verwertet war. Den ganzen Leib der Maria habt Ihr, wie Anatomen die Leiche zur deskriptiven Erklärung, in Regionen eingeteilt, und bis auf die vulva37 keine vergessen; und jede derselben besonderer Verehrung überwiesen; mit ihren Sekreten schlüpfrig-symbolischen Unfug getrieben und Alles als "Offenbarungen Gottes" der staunenden Welt verkündigt. Solcher Dreck passte für die geilen Wälschen11, die auch die Religion nicht ohne haut-goût38 genießen können; es war aber kein Gericht für die gesunden Teutschen.

41) Schon bei dem Mönch Damiani39 im 11. Jahrhundert, dem zelotischen40 Helfershelfer von fünf Päpsten, finden wir die deutliche Absicht der katholischen Kirche, durch brutalste Vorführung der Geschlechtsvorgänge bei der Geburt das Interesse der Gläubigen für die Maria zu erwecken. So sagt er u. A.: "Gott selbst sei durch die Schönheit der Maria in sinnlicher Liebe zu ihr entbrannt, und solcherweise die Befruchtung der Maria zu Stand gekommen; sie fühlte den in ihre Eingeweide hineingefallenen Gott und dessen in der Enge des jungfräulichen Bauches eingeschlossene Majestät." a

a Damiani, Petrus <1007 - 1072>: Sermo XI. de Annuntiatione B. V. Mariae. -- Opuscula. -- Lyon, 1623. -- S. 171 [Diese Ausgabe kann ich bibliographisch nicht nachweisen]

42) Der Dominikaner Alanus de Rupe41 erzählt "eines Tages sei die Jungfrau Maria in seine Zelle gekommen, habe aus ihren Haaren einen Fingerring geflochten und sich mit demselben ihm verlobt; sich auch von ihm küssen lassen, und ihre Brüste ihm zum Berühren und daran zu Saugen hingereicht; nicht anders, als wie es zwischen Braut und Bräutigam geschieht." a

a  "Virgo Maria quadam die cellulam Alani istius ingressa, quae annulum ex suis capillis ei texuerit, ei se per annulum illum desponderit, osculandem se papillasque tractandas et sugendas praebuerit, non minus familiariter quem sponso sponsa." Alanus de Rupe <1428 - 1475>: Compend. Psalterii Mariani et de Mirac. Rozarii. -- Colon., 1624 [Diese Ausgabe kann ich bibliographisch nicht nachweisen]

43) Und der Jesuit Turranius Canisius im 15. Jahrhundert zeigte sogar Briefe, die er von der Maria erhalten haben wollte. a

a  Huber, Johannes <1830-1879>: Der Jesuitenorden : nach seiner Verfassung und Doctrin, Wirksamkeit und Geschichte / characterisirt von Johannes Huber.  -- Berlin : Habel, 1873.  -- xvi, 564 p. ; 22 cm. -- S. 317

44) "In verklärter und himmlischer Schönheit — sagt der Seminarprofessor Oswald — müssen wir uns das Fleisch der Maria strahlend denken." a — Ich schätze, er meint das spirituale Fleisch. — Oder das reale? —

a Oswald, Johann Heinrich <1817 - 1903>: Dogmatische Mariologie, das ist: systematische Darstellung sämmtlicher die allerseligste Jungfrau betreffenden Lehrstücke : ein Versuch / von H. Oswald. -- Paderborn : Schöningh, 1850. --  XII, 225 S. -- S. 45.

45) Der Dominikaner-General Cajetan42 berichtet zu Anfang des 16. Jahrhunderts, in Rom werde gelehrt, "Maria habe ihren göttlichen Sohn aus drei Tropfen ihres Herzblutes und in der Herzgegend empfangen." a — Und Oswald lehrt gar, dass Maria mit einem Tropfen ihrer Milch die Flammen des Fegefeuers auslöschen könne. b

a bei Oswald, Johann Heinrich <1817 - 1903>: Dogmatische Mariologie, das ist: systematische Darstellung sämmtlicher die allerseligste Jungfrau betreffenden Lehrstücke : ein Versuch / von H. Oswald. -- Paderborn : Schöningh, 1850. --  XII, 225 S. -- S. 110
b
Oswald a. a. O. -- S. 183

46) Gerson43, der große Redner auf dem Konzil zu Konstanz, will wissen, "Dass an dem Tage, an dem Maria in den Himmel aufgenommen ward, das Fegefeuer geleert wurde." a — Und Johann XXII.44 im 14. Jahrhundert erhielt von Maria das Versprechen und den Befehl, bekannt zu machen, dass alle ihre Verehrer, die das Skapulier45 tragen (eine Art Schulterbinde), den folgenden Samstag nach ihrem Tode aus dem Fegefeuer befreit würden. Johann gab darüber eine Bulle heraus, die von fünf weiteren Päpsten ausdrücklich bestätigt wurde. b

a  Liguori, Alphons Maria von <1696 - 1787>: Die Herrlichkeiten Mariens / neu aus dem Italienischen übersetzt von P. C. E. Schmöger -- Regensburg : Manz, 1860. -- 2 Bde. -- Bd. II. -- S. 217
b
Liguori, a. a. O. -- Bd I. -- S. 218


Abb.: Marienskapulier [Bildquelle: http://www.carmeldcj.nl/]

47) Der heilige Ambrosius46 meint, Maria habe die Himmelsschlüssel in Verwahrung, und sie sei es, die die Himmelspforte auftue; a womit es dann stimmt, wenn der heilige Anselmus47 behauptet: wir erhielten die Gnaden schneller, wenn wir uns direkt an Maria wendeten, als wenn wir zu Christo unsere Zuflucht nähmen. b — Und der heilige Bernhard48 sagt: Maria biete ihren Verehrern Milch und Wolle an; Milch, um sie zum Vertrauen zu ermuntern, Wolle, um sie vor den Blitzen der göttlichen Gerechtigkeiten sicher zu stellen. c

a Liguori, Alphons Maria von <1696 - 1787>: Die Herrlichkeiten Mariens / neu aus dem Italienischen übersetzt von P. C. E. Schmöger -- Regensburg : Manz, 1860. -- 2 Bde. -- Bd. I. -- S. 223
b
Liguori, a. a. O. -- Bd. II. -- S. 144
c
Liguori, a. a. O. -- Bd. I. -- S.  37

48) Was ist das aber alles gegen die Leistungen der Jesuiten: Einer dieser Schlecker lehrte: Maria gebe den mit dem Teufel Ringenden von dem süßen Inhalt ihrer Brüste zu kosten: "subinde etiam de suis sanctissimis mammis gustandam dulcetudinem praebens."a

a Histor. Soc. Jesu. -- Colon, 1621. -- Bd. 1. -- Nr. 58 und 59 [kann ich bibliographisch nicht nachweisen]

49) In München wurden von den Jesuiten 1559 in der Michaeliskirche "allerley Haarbüschel" der Maria, ihr Schleier und ein Stück ihres Kammes gezeigt, und eigene Andachten für diese Gegenstände eingerichtet. — "Praecellens Uterus" — "Ausgezeichnete Gebärmutter" — beginnt der Jesuit Pontan49 einen Triumphgesang auf die verschiedenen Körperteile der Maria unter Hervorsuchung solcher, die mit dem Geschlechtsleben zu tun haben; ein Poem, das, auch nur lateinisch, hier mitzuteilen, zu despektierlich sein dürfte. a

a Bucher, Anton von <1746 - 1817>: Die Jesuiten in Bayern vor und nach ihrer Aufhebung  / hrsg von I. v. Klessing. -- München, 1819-20. -- 5 Bde. -- Bd. II. -- S. 479

50) Der Jesuit J. E. Nieremberg50 stellte 1645 auf, "der Unterleib Marias sei das Gemach, worin sich die drei Personen der Gottheit versammeln, um sich zu beraten über die Erwählung der Menschen zur Seligkeit." a  — Der Jesuitenpater J. Pemble in München verlangte in einem 1764 erschienen Mariengebetbuch "Pietas quotidiana erga S. D. Matrem Mariam"51 u. a. "sich an die Brüste Mariä zu legen, und so viel Gnade daraus zu saugen, als möglich ist"; "so oft man die Maria nennt, zu sagen: Du bist meine Frau"; "Alles mögliche zu versuchen, die Schmerzen der schmerzhaften Mutter zu empfinden." — Und derselbe Pater schrieb in einer Fortsetzung seiner "Pietas quotidiana": "Maria ist die Kellnerin der ganzen heiligen Dreifaltigkeit — Maria est cellaria totius Trinitatis — denn sie bringt Jedem zu von dem Weine des heiligen Geistes — quae propinat, cuivult, de vino Sancti Spiritus." b

a Nieremberg, Juan Eusebio (1595 - 1658): De affectu et amore erga Mariam Virginem Matrem Jesu. -- Antw., 1645. -- Originaltitel De la aficion y amor de Maria, Virgen Sacratisima, Madre de Iesus, Dios y hombre, que la deven tener todos los redimidos de su Hijo (1638) [Die lateinische Ausgabe kann ich bibliographisch nicht nachweisen]
b
Bucher, Anton von <1746 - 1817>: Die Jesuiten in Bayern vor und nach ihrer Aufhebung  / hrsg von I. v. Klessing. -- München, 1819-20. -- 5 Bde. -- Bd. I. -- S. 146-147

51) Wir schreiben das Jahr 1764. Während solches in München als höchste Leistung katholischer Frömmigkeit und jesuitischer Fingerfertigkeit produziert wurde, dichtete Klopstock52 als Ausdruck tiefster Verinnerlichung protestantischer Frömmigkeit hoch im Norden an seinem "Messias". So hatte sich damals Teutsch und Katholisch geschieden. Ich frage Dich, Leser, auf welcher Seite war damals der teutsche Geist? Und wenn die Antwort hierauf nicht zweifelhaft sein kann, so frage ich weiter: Kann jemals Teutsch und Katholisch in alle Zukunft sich decken?

52) Doch wir müssen im Dreck, d. h. in der katholischen Mariologie53, weiterfahren. Etwa um die gleiche Zeit, etwas vorher, lässt sich der Jesuit Suarez54 in eine langwierige Untersuchung ein, ob Maria Christus mit oder ohne Nachgeburt auf die Welt gebracht habe; und entscheidet sich für letzteres. a

a Suarez, Franciscus <1548 - 1617>: Theol. Summa. -- Col., 1732. -- Bd. II. -- S. 305f. [diese Ausgabe kann ich bibliographisch nicht nachweisen]


Abb.: Katholische Mariologie: Umschlagtitel. -- 1961

53) Unter jesuitischer Anleitung — erzählt uns Bucher, — verlobten sich Jünglinge der Maria zu ewiger Keuschheit und schrieben diesen Keuschheitsbund am Altar mit ihrem eigenen Blut nieder, und übergaben ihn dem Magister. a

a Bucher, Anton von <1746 - 1817>: Die Jesuiten in Bayern vor und nach ihrer Aufhebung  / hrsg von I. v. Klessing. -- München, 1819-20. -- 5 Bde. -- Bd. I. -- S. 112

54) Jesuiten wie Escobar7 widmeten ihre "Moral-Theologien", voll der schmutzigsten Untersuchungen und laxesten Sittlichkeits-Theorien, der Jungfrau Maria, von der sie behaupteten, dass sie ihren Mantel ausdrücklich um alle Ordensmitglieder geschlungen habe, und dass sie keinen Jesuiten, der im Orden sterbe, werde verdammen lassen. a

a  Huber, Johannes <1830-1879>: Der Jesuitenorden : nach seiner Verfassung und Doctrin, Wirksamkeit und Geschichte / characterisirt von Johannes Huber.  -- Berlin : Habel, 1873.  -- xvi, 564 p. ; 22 cm. -- S. 316 und 326

55) Der Bayrische Jesuit Wilhelm Gumppenberg kannte schon im Jahre 1673 nicht weniger als 1200 wundertätige Marienbilder, die er sämtlich beschreibt. Sein Werk "Atlas Marianus"55 betitelt er so, damit Jedermann erfahre, dass Maria der Atlas der Welt sei, und er erbittet sich dafür keinen andern Lohn, als "von ihr ganz voll, ganz in ihr, zu leben." a


Abbildung aus dem Atlas Marianus [Bildquelle: http://perso.wanadoo.fr/saumur-jadis/recit/ch7/r7d9pele.htm. -- Zugriff am 2005-01-12]

Und Hippolyt Maracci um 1650, weiß in seiner "Bibliotheca Mariana"56 bereits mehr als 300 Jesuiten zu nennen, welche in besonderen Schriften den Marienkult empfohlen haben. b

a  Huber, Johannes <1830-1879>: Der Jesuitenorden : nach seiner Verfassung und Doctrin, Wirksamkeit und Geschichte / characterisirt von Johannes Huber.  -- Berlin : Habel, 1873.  -- xvi, 564 p. ; 22 cm.. -- S. 326
b
Huber, a. a. O. -- S. 326

56) Ende des vorigen Jahrhunderts musste sogar der junge Theologie-Student Josef Nickel in Ulm seinen Kopf lassen, weil er behauptet hatte, die Jungfrau Maria habe mit den Wunderkuren des damaligen Hypnotiseurs und Teufelsbanners Gaßner57 nichts zu tun. a

a Solger, H.: Zur Erinnerung an Schubart. -- In: Gesellschaft. -- 1891. -- X. -- S. 1400

57) Im 17. Jahrhundert erschien eine Schrift "Heilsame Ratschläge der seligsten Jungfrau an ihre unüberlegten Verehrer."58  Sie erschien in dem witzigen Köln; und  war von Adam Widelketz, einem Juristen verfasst. Die Jungfrau weist darin die unsauberen und schwülstigen Anreden, die Verzückungen, Verhimmelungen und krampfhaften Opfer, die man erweist, zurück. Die Schrift erschien zuerst lateinisch, wurde in's Französische übersetzt, und erschien zu Anfang unseres Jahrhunderts nochmals französisch. Aber ohne Erfolg. Es ward weiter verhimmelt und weiter verzückt. Inzwischen wurde Maria unter womöglich noch tieferem Eindringen in ihre Sexualität als in der Vergangenheit "unbefleckt" von ihrer Mutter Anna empfangen erkannt. — seitdem schweigt die Dame.

58) Mit diesen seit den Tagen des heiligen Bernhard48, also seit fast einem Jahrtausend, fortgesetzten Untersuchungen über die unbefleckte Empfängnis der Maria — wie es herging, als sie männerlos empfing, und wie es herging, als sie ohne männliche Befleckung empfangen wurde, — habt Ihr, Papisten, Eurer Versinnlichung und Befleckung des Heiligsten die Krone aufgesetzt, die Männer zum Lachen, die Weiber zum Kitzeln gebracht, so dass die katholische Kirche zur Zeit wirklich eh'r einem Gebärhaus, als einer Verehrungsstätte des höchsten Gottes gleicht.

59) Ohne einen gynäkologischen Kursus durchgemacht zu haben, dürfte es für einen Professor der Dogmatik in einem Priesterseminar heute kaum mehr möglich sein, in dieser Materie das Wort zu ergreifen. Bände werden darüber verschmiert: ob die Erzeugung der Maria durch ihre Eltern Anna27 und Joachim mit oder ohne Wollust-Empfindung  (libido) einhergegangen sei. a Und Maria d' Agreda59 bestätigt in ihrer "Biographie" der Mutter Gottes, die diese ihr selbst in die Feder diktiert habe: "die heilige Anna und der heilige Joachim hätten keine sexuelle Lust empfunden, der Erzengel Gabriel habe ihre, der Maria, unbefleckte Empfängnis ihrer Mutter, der heiligen Anna, vorher angezeigt; sie habe dann an einem Sonntag stattgefunden, und Anna und Joachim hätten sozusagen auf Befehl des Engels gehandelt". b

a Oswald, Johann Heinrich <1817 - 1903>: Dogmatische Mariologie, das ist: systematische Darstellung sämmtlicher die allerseligste Jungfrau betreffenden Lehrstücke : ein Versuch / von H. Oswald. -- Paderborn : Schöningh, 1850. --  XII, 225 S. -- S. 17
b
 María de Jesús <abbesse d'Agréda ; 1602-1665>: La Soeur Marie d'Agréda et Philippe IV, roi d'Espagne, correspondance inédite traduite de l'espagnol d'après un manuscrit de la Bibliothèque impériale, avec une introduction et des développements historiques / par A. Germond de Lavigne. -- Paris : A. Vaton, 1855. -- LX-299 S. -- S. VIII.

60) Bei Maria selbst, sagt Oswald, muss unterschieden werden: Maria als Mensch, und Maria als Weib; als Weib war Maria fleckenlos; als Mensch mit Sünden behaftet. a Ferner: Die Sündlosigkeit der Seele, wie sie die Taufe bringt, sagt Oswald, muss genau unterschieden werden von dem fomes peccati, der Begierlichkeit, die im Fleisch steckt; nur um die erstere handelt es sich bei der unbefleckten Empfängnis Mariä; von letzterer war sie zwar auch frei; aber unterschieden müssen beide doch werden. b — Genau muss schließlich unterschieden werden zwischen libido, der rein fleischlichen Sinnlichkeit, dem sexuellen Verlangen, und gula, das nur auf Erzeugung von Nachkommenschaft hinzielenden Begehren. Die erstere hatte Maria überhaupt nicht; die zweite wohl; sie wurde aber eliminiert; hatte sie also auch nicht. Trotzdem müssen beide unterschieden werden. c

a Respekt!
b
Oswald, Johann Heinrich <1817 - 1903>: Dogmatische Mariologie, das ist: systematische Darstellung sämmtlicher die allerseligste Jungfrau betreffenden Lehrstücke : ein Versuch / von H. Oswald. -- Paderborn : Schöningh, 1850. --  XII, 225 S. -- S. 19
c
Oswald, a. a. O. -- S. 43-44

61) Nun bei den Herrn Geistlichen ist es jedenfalls umgekehrt: bei ihrem Verkehr mit ihren Beichtkindern (siehe unter "Zölibat"60) sind sie jedenfalls von gula, der Absicht auf Nachkommenschaft frei; während die libido — ich schätze — vorhanden ist; die Unterscheidung beider Begriffe ist lobenswert; leider entspricht der Effekt nicht immer der Intention; und bei ausdrücklich mangelnder gula findet doch geistliche Nachkommenschaft statt; ein dogmatisches Rätsel, dessen Schwierigkeiten ich dem Spürsinn der theologischen Herrn in Paderborn empfehle.

62) "Die marianische Virginität — versichert Oswald — ist qualitativ verschieden von jeder andern, auch der reinsten und lautersten Menschen beiderlei Geschlechts; sie ist eine durchaus singuläre." a — Wie meinen Sie das, sehr geehrter Herr?

a Oswald, Johann Heinrich <1817 - 1903>: Dogmatische Mariologie, das ist: systematische Darstellung sämmtlicher die allerseligste Jungfrau betreffenden Lehrstücke : ein Versuch / von H. Oswald. -- Paderborn : Schöningh, 1850. --  XII, 225 S. -- S. 44 -45

63) Fünf enggedruckte Seiten braucht der Paderborner Herr, um den Moment der Inkarnation zu beschreiben. Wir erfahren hier, dass in dem Moment, in dem Maria das Wort "Es geschehe" hauchte (dieser Hauch ist bei Oswald mit keulendicken Lettern gedruckt) die Befruchtung vollzogen war; nicht vorher, nicht nachher; "Es ist geschehen" — schließt er diese Stelle mit drei Ausrufezeichen, und fährt dann fort: "Dieses Wort aus dem Munde der Jungfrau ist der Wendepunkt der Weltgeschichte. — Die Weltschöpfung erfolgte mit Rücksicht auf das Ja-Wort Mariens; sonst würde Gott die Erschaffung des Weltalls zu Anfang der Zeiten zurückgehalten haben. a — Die vier Jahrtausende vor Christus sind nur eine große Vorbereitungszeit, eine Frist zur Präparation der hoch begnadigten Werkstatt für das große Geheimnis ihres makellosen jungfräulichen Busens." b

a Jetzt möchten wir drei Ausrufungszeichen machen.
b
Oswald, Johann Heinrich <1817 - 1903>: Dogmatische Mariologie, das ist: systematische Darstellung sämmtlicher die allerseligste Jungfrau betreffenden Lehrstücke : ein Versuch / von H. Oswald. -- Paderborn : Schöningh, 1850. --  XII, 225 S. -- S. 87 - 214. Was den letzteren anbelangt, so braucht eine teutsche Jungfrau nicht so lange Zeit dazu; was die ersteren, die vier jahrtausende anbelangen, so mögen Hannibal und Alexander der Große sehen, wie sie sich in dieser Frist zur Vorbereitung der "hochbegnadigten Werkstatt" mit Anstand einschlichten.


Abb.: Die jungfräuliche Empfängnis: Gerard David (1460 - 1523): Die Jungfrau der Verkündigung. -- um 1500-1510
 

64) Doch wir müssen weiter in unserem Gebär-Kursus: Die "jungfräuliche Empfängnis" wird weiterhin auf fünf Seiten abgehandelt:

  1. Mariens Leib ist bei der Überschattung durch den heiligen Geist von außen nicht lädiert worden: "das Siegel der Jungfrauschaft an ihrem Fleisch ist nicht verletzt worden."

  2. "wir müssen die jungfräuliche Empfängnis als einen Vorgang im Innern des leiblichen Organismus betrachten"; dabei hören wir die stupende Tatsache, "dass Maria bei der Empfängnis nicht das gemeine, unsaubere Menstruationsblut verwendete, sondern statt dessen das reinste, lauterste Herzensblut." a

  3. "die Überschattung durch den heiligen Geist ging ohne jede libidinöse Regung vor sich; aber ein körperliches Gefühl hatte Maria doch; eine geistige Ekstase, ein Verschlungensein des Fleisches durch den Geist." b Hm!

a Oswald, Johann Heinrich <1817 - 1903>: Dogmatische Mariologie, das ist: systematische Darstellung sämmtlicher die allerseligste Jungfrau betreffenden Lehrstücke : ein Versuch / von H. Oswald. -- Paderborn : Schöningh, 1850. --  XII, 225 S. -- S. 106 - 109. — Wir wissen nicht, was der verstorbene Professor Scanzoni in Würzburg zu dieser Untersuchung gesagt hätte, glauben aber, er hätte uns beigestimmt, wenn wir sagen, die katholische Kirche täte wahrhaftig besser, sich um den Geist der Lehre Christi zu kümmern, statt um das Menstruationsblut der Maria.
b Oswald, a. a. O. -- S. 110 - 111

65) Nach der "Empfängnis" die "Schwangerschaft"; sie wird auf vier Seiten durchgekostet; und wir erfahren: "Die inneren Gefäße ihres heiligen Leibes sind nicht verletzt, zerrissen, gequetscht oder durchbrochen worden; da nun die jungfräulichen Organe ohne jede Verletzung das Gotteskind fassen konnten, so muss eine Compenetration (ein gegenseitiges Durchdringen) des Fleisches Christi und des jungfräulichen angenommen werden, d. h. dass Beider Leib in derselben Raumstätte anwesend waren". a Ich begreife nur nicht, warum der liebe Gott, statt die anatomischen und physiologischen Einrichtungen des menschlichen Körpers so fürchterlich zu misshandeln, der Maria nicht lieber das Christuskind hinten am Kragen oder vorne beim Fürtuch61 herausgezogen hat. Ähnlich wie Minerva62 fix und fertig aus dem Kopf Jupiters heraussprang. Oder musste das Alles so geschehen, damit Professor Oswald in Paderborn 1850 Jahre später diese stupenden Untersuchungen anstellen konnte?

a Oswald, Johann Heinrich <1817 - 1903>: Dogmatische Mariologie, das ist: systematische Darstellung sämmtlicher die allerseligste Jungfrau betreffenden Lehrstücke : ein Versuch / von H. Oswald. -- Paderborn : Schöningh, 1850. --  XII, 225 S. -- S. 111 - 114


Abb.: Geburt der Athene (= Minerva) aus Dem Kopf des Zeus (= Jupiter). -- Griechische Vase. -- 5. Jhdt. v. Chr.

66) Nach der "Empfängnis" die "Schwangerschaft"; Nach der "Schwangerschaft" das "Wochenbett". Auf 14 weiteren Seiten mit der Überschrift "Das jungfräuliche Puerperium63" hören wir, dass Christus beim Durchtritt durch die Geburtswege das hymen64 der Maria ebensowenig zerrissen habe, wie der heilige Geist bei der Befruchtung (die bekannte Lehre des uterus clausus65 der katholischen Kirche); dass sie keinen Wochenfluss66 gehabt habe; dass dagegen ihre Brüste Milch gaben. "Wenigstens" — schließt Oswald diese Stelle mit dem Bewusstsein eines Lehrers der Menschheit — "würde ich es für verwegen halten, die Milchbildung in den jungfräulichen Brüsten zu leugnen, obwohl es ein physisches Attribut der Mutterschaft ist." a

a Oswald, Johann Heinrich <1817 - 1903>: Dogmatische Mariologie, das ist: systematische Darstellung sämmtlicher die allerseligste Jungfrau betreffenden Lehrstücke : ein Versuch / von H. Oswald. -- Paderborn : Schöningh, 1850. --  XII, 225 S. -- S. 114 - 128. Warte nur, frommer Oswald, auch diese Milch Deiner frommen Denkungsart wird Dir noch getrübt werden. Und irgend einer Deiner noch eifrigeren Kollegen wird eines Tages, wenn er nichts zu tun hat, auf die Meinung kommen, dass gemeine Muttermilch unmöglich aus den Brüsten der göttlichen Jungfrau geflossen sein könne; er wird irgendeine ambrosianische67 Flüssigkeit Gottweißwelcher Provenienz substituieren. Der Papst wird dazu das Haupt neigen; und Deine Meinung, frommer Oswald, wird als sententia haeretica und expurganda68 mit jämmerlicher Miene durch die Jahrhunderte irren. —

67) Oswald behauptet ferner, dass wir im Abendmahl außer dem Leib und Blut Christi gleichzeitig das Blut und die Milch Maria's genießen. a — So! — Und wann werden wir Herrn Oswald's Fleisch, Blut, Milch — sonst noch 'was? — im Abendmahl genießen? —

a "In erster Beziehung behaupten wir nun eine wesenhafte Mitanwesenheit Mariens in ihrer ganzen Person mit Leib und Seele in der Eucharistie; eine Anwesenheit ihres Herzblutes und ihrer jungfräulichen Muttermilch; das lac virginale muss als das angesehen werden, was von der Maria in der Eucharistie primo loco69 vorhanden ist; dann in weiterer Abfolge die ganze Leiblichkeit der heiligen Jungfrau; so ergibt sich die überaus liebliche und freundliche Vorstellung, dass der Kommunizierende mit dem Fleisch und Blut Christi die Milch der heiligen Jungfrau gleichsam aus ihren Brüsten saugt." Oswald, Johann Heinrich <1817 - 1903>: Dogmatische Mariologie, das ist: systematische Darstellung sämmtlicher die allerseligste Jungfrau betreffenden Lehrstücke : ein Versuch / von H. Oswald. -- Paderborn : Schöningh, 1850. --  XII, 225 S. -- S. 177 - 183. — Wenn ich diese Sprache höre, so habe ich die Empfindung, als stünde ich einer fremden Rasse gegenüber; als wäre es aus dem Italienischen, oder noch lieber aus dem Arabischen, übersetzt: Weiß der Himmel, es ist der degenerierteste, feigste und schmutzigste Komponent im Teutschen, der hier zu Wort kommt. Es ist ein Unterliegen unter wälschem11 Einfluss. Der Teutsche, wenn er sinnlich wird, kann brutal werden, aber nie, wie hier, flötend. Deswegen behaupte ich, und wiederhole es immer wieder: die katholische Ausgestaltung des Christentums ist unteutsch.

68) Nach diesem gynäkologischen Kursus müssen wir uns noch ein wenig die hoch-spekulativen dogmatischen Ansichten eines Malou, eines Nicolas70, eines Guillou ansehen. Nicolas sagt, es seien schon 40.000 Bände, meist in folio71 oder quart72, über die Maria geschrieben worden; Grund genug, ihr die höchste Verehrung zu Teil werden zu lassen; es sei aber noch nicht genug; es fehle noch immer eine "wissenschaftliche" Behandlung des Marien-Kultus. a — "Das Christentum ist an die Maria gebunden und stützt sich auf ihr; sie ist das Palladium73 der ganzen Religion." b — "Alles dreht sich im Christentum — nicht um Christus — sondern um den Empfängnis-Akt eines Weibes." c — "Da ohne die Antwort der Maria an den Engel, 'Es geschehe', die ganze Welt nicht geschaffen worden wäre, so verdanken wir alle unser Dasein der Maria." d — "Nimmt man Maria hinweg, so verschwindet das ganze Christentum." e Malou  sagt direkt: "Maria übt die Funktionen einer göttlichen Person aus." "Elle exerce les fonctions d'une personne divine." f — Und Guillou erklärt in einem durch ganz Frankreich verbreiteten, unzähligemal aufgelegten Marien-Gebetbuch "Mutter Gottes sein heißt soviel, als eine unumschränkte Herrschaft und Autorität über Gott ausüben." g — Und derselbe Guillou an anderer Stelle: "Maria ist Gott Vater gleich, steht über dem Sohn, und ist die Vertraute des heiligen Geistes." h

a Nicolas, Auguste <1807-1888>: Die Jungfrau Maria und der göttliche Plan. -- Aus dem Französischen. -- Regensburg, 1856. -- Originaltitel: La Vierge Marie et le plan divin. -- Bd. I. -- S. XI. [Die deutsche Ausgabe kann ich bibliographisch nicht nachweisen]
b
Nicolas, a. a. O. -- Bd. I. -- S. 38
c Nicolas, a. a. O. -- Bd. I. -- S. 39
d Nicolas, a. a. O. -- Bd. I. -- S. 180. Hört es Sozialdemokraten! Ihr wisst jetzt, weshalb Ihr auf der Welt seid!
e Nicolas, a. a. O. -- Bd. I. -- S. 455
f
Malou, Jean-Baptiste <Bischof von Brüssel>: L'Immaculée Conception de la bienheureuse Vierge Marie, considérée comme dogme de foi. -- Bruxelles : H. Goemaere, 1857. -- 2 vol. in-8 ̊ . -- Bd. II. -- S. 175
g
Le Guillou, Corentin-Marie <Abbé>: Mois de Marie sur le plan du petit ouvrage italien du P. Lalomia, avec nouvelles prières pour la messe, choix de pieuses prières et sept cantiques inédits. -- Paris : Société des bons livres, 1834. -- 467 S. [Panizza zitiert eine Ausgabe Paris 1869, die ich bibliographisch nicht nachweisen kann, dort S. 243]
h Guillou, a. a. O. -- S. 60

69) Dem gegenüber ist die Frage, mit der Nicolas70 seine Studie über Maria und ihre Verherrlichungen schließt, nur aufrichtig und konsequent: "Ist das Maria zugewiesene Amt im christlichen System nicht derart, dass dasselbe aus ihr mit Gott Vater und dem Sohne eine Drei-Einigkeit macht, wobei der heilige Geist verschwindet?" a

a Nicolas, Auguste <1807-1888>: Die Jungfrau Maria und der göttliche Plan. -- Aus dem Französischen. -- Regensburg, 1856. -- Originaltitel: La Vierge Marie et le plan divin. -- Bd. I. -- S. 458. [Die deutsche Ausgabe kann ich bibliographisch nicht nachweisen]

70) "Der heilige Geist verschwindet — —" Es ist das derselbe Gedanke, den Malou ausspricht, wenn er sagt: "Marie est la quatrième personne de la Trinité", die "vierte Person der Drei-Einigkeit." a — Dass der heilige Geist von Euch gewichen ist, darüber war ich nie im Zweifel; und es ist erfreulich, dass es hier von zwei hochstehenden kirchlichen Lehrern, darunter einem Bischof, bestätigt wird. Aber dogmatisch genommen ist es eigentlich zum Totlachen. Das heißt, ich kenne Leute, die sich hier vor Lachen einfach ausschütten werden. Ich kenne aber auch Leute, Katholiken wie Protestanten, die gläubig sind; und die tun mir leid. — Ich fürchte aber auch, dass es mit dem Verschwinden des "heiligen Geistes" nicht sein Bewenden haben wird. Ich fürchte, dass "Gott Vater" und "Gott Sohn" auch noch verschwinden werden, und dass Maria allein übrig bleiben wird.

a Malou, Jean-Baptiste <Bischof von Brüssel>: L'Immaculée Conception de la bienheureuse Vierge Marie, considérée comme dogme de foi. -- Bruxelles : H. Goemaere, 1857. -- 2 vol. in-8 ̊ . -- S. 175, 178, 192

71) Wie seid Ihr aber auch mit den drei Personen der Drei-Einigkeit umgegangen! Hier ist es wirklich schwer, keine Satire zu schreiben: Den "heiligen Geist", überall habt Ihr ihn beseitigt, niemals ist er "komplett" (Nicolas); er ist zwar der "Bräutigam der Maria" (Liguori), sogar der "Gemahl der Maria" (Nicolas); trotzdem darf er nicht zur Ausübung seiner Rechte schreiten, denn "er ist nicht das Prinzip einer persönlichen Zeugung" ("n'est le principe d'aucumme production personelle", Nicolas); er darf nur "überschatten", oder, "in Maria wohnen" (habiter); a trotzdem muss er "operieren" (Laforêt); und erst durch diese "Operation" wird er, der heilige Geist, "in der Jungfrau Maria und durch sie komplett" (Nicolas). Die Wirkung dieser "Operation" ist die Befruchtung Marias; aber nicht er ist der Erzeuger dieser Frucht, sondern Gott; denn er, der heilige Geist, ist nur der "Repräsentant des zeugenden Prinzips" (Nicolas). — Kein Wunder, wenn ein so beschaffener heiliger Geist, der nie komplett, sondern nur halb ist, und erst von Maria in seiner Vollständigkeit abhängig ist, eines Tages ganz verschwindet.

a Laforêt, Nicolas Joseph:  Les Dogmes catholiques exposés, prouvés et vengés des attaques de l'hérésie et de l'incrédulité / par N. J. Laforêt,... -- Bruxelles : H. Goemaere, 1855-1859. -- 4 vol. -- Bd. III. -- S. 35

72) Nicht viel besser habt Ihr's mit Christus gemacht. Ihn, den Mittelpunkt der christlichen Lehre, eine Person, vor der auch der blindeste Atheist Halt machte, und dessen rührende Evangeliumslehre nun bald 2000 Jahre die Welt beherrscht, habt ihr dogmatisch zur Puppe degradiert, nur um Maria, Euren großen Unterrock zu steifen und zu stärken: Nicht, weil er Christus, sondern weil er der "Sohn der Maria" ist, wird er verherrlicht: "Von Maria nimmt der Sohn Gottes diese wunderbare Verherrlichung an, die glorreicher ist denn die als Sohn Gottes" (Nicolas I, 364). — "Christus wurde nicht der Sohn Maria's, um in die Welt zu kommen, sondern er kam in die Welt, um der Sohn Maria's zu sein"!!! (Nicolas I, 334). Infolgedessen besitzt sie "Autorität" über ihn (Nicolas I, 362) Sie "weist ihm gegenüber auf ihre Verdienste hin" (Oswald, S. 215) Sie ist "das wahre Bindemittel des Diesseits mit dem Jenseits", "im eigentlichen Sinn die Mittlerin", "sie ist uns die Nächste", "alle Gnaden, welche vom Himmel auf die Erde herniedersteigen, gehen durch ihre Hände" (Oswald, S. 215 - 216) und "ist als Erlöserin der Menschheit ihrem Sohne gleich" ("identifiée à son fils comme corrédemptrice du genre humain" Malou, II. 221).

73) Nicht anders seid Ihr mit dem alten Herr-Gott umgesprungen: "Maria verleiht Gott Vater eine unendliche Größe, die Er nicht in der Welt hatte, indem sie ihm seinen Sohn unterwirft: und in diesem Sinn erhöht und vervollständigt sie seine Majestät um den ganzen Unterschied des Wertes" (Nicolas, I. 363); "Gott ist zu Pflichten Maria gegenüber gezwungen" (Guillou, S. 243). Und Nicolas fügt S. 361 hinzu: "Wir sagen hier nichts, was ein Katholik, ein Christ, ein Protestant sogar, nicht unterschreiben dürfte". a

a Nicolas, Auguste <1807-1888>: Die Jungfrau Maria und der göttliche Plan. -- Aus dem Französischen. -- Regensburg, 1856. -- Originaltitel: La Vierge Marie et le plan divin. -- Bd. I. -- S. 361. [Die deutsche Ausgabe kann ich bibliographisch nicht nachweisen]

74) Und jetzt, lieber Leser, lies einmal eines der ersten drei Evangelien, in denen doch Alles steht, was wir über Maria wissen, und dann erwäge die große Schwindelfabrik der Päpste. Aus der Vergessenheit habt Ihr diese einfache Jüdin hervorgezerrt, sie aufgeschmückt und aufgeputzt, und sie vergrößert, und zuletzt
aus ihr den großen Unterrock der katholischen Kirche gemacht, unter dem Ihr Euch alle gläubig versammelt, und dann freilich nichts anderes als Unterrocks-Dogmen und Gebär-Vorgänge erblickt und konstruiert.

75) Nun, und die Wirkung ist nicht ausgeblieben. Was Ihr wolltet habt Ihr heut erreicht. Maria ist die Göttin des Christentums. Wer etwas braucht, kommt zu ihr. "Auf ihr, sagt Pius IX., beruht unsere einzige Hoffnung." a Nur auf Gebete zur Maria ist Ablass und Sünden-Vergebung ausgeschrieben; Sünden-Vergebung auf 30 Jahre, 25 Jahre, 15 Jahre. 10 Jahre, 7 Jahre, 60 Tage und auf Lebenszeit; je nach Ort und Zahl der Gebetsleistungen. b Die Religion ist verweibst. Die Männer lachen. Als das Unfehlbarkeitsdogma4 im Anzug war, und einige Männer in München74 und sonstwo revoltierten, sagte man ihnen: Habt Ihr die "unbefleckte Empfängnis"3 geglaubt, könnt Ihr das auch noch glauben! Damit war der Gipfelpunkt der Effeminierung, der Verweibsung des Göttlichen, der Hysterischmachung des Himmels gekennzeichnet.

a "Optime enim nostis, Venerabiles Fratres, omnem fiduciae Nostrae rationem in Sanctissima Virgine esse collocatam." Encyclica di N. S. Papa Pio IX. Perrone, Giovanni <1794 - 1876>: De Immaculato B. V. Mariae Conceptu an dogmatico decreto definiri possit. Disquisitio theologica. -- Editio decima, etc.  -- Mediolani, 1852. -- S. 216
b
Schmid, Franz Anton <S.J.>:Das Leben, die Tugenden und Ehrenvorzüge Mariä : nach Schrift und Tradition in siebenzig Betrachtungen ; allen frommen Verehrern und Kindern Mariä, zunächst den Geistlichen und Ordenspersonen dargeboten / von F. A. Schmid. -- 2., verb. Aufl., nebst einem vollständigen Gebetbuche. -- Regensburg : Pustet, 1856. - 591 S. -- S. 495ff.

76) Gebetet wird nur noch von den Weibern. Und auch hier meist nur von den alten. Und von diesen gegen Bezahlung. Auf den Friedhöfen der großen katholischen Städte stehen diese verwelkten Gestalten am Aller-Seelen-Tag75, wie die Klageweiber zu Zeiten der Römer, und plärren und kauen mit den eingefallenen Kiefern ihre Tausende von Ave-Maria's gegen wenige Groschen herunter; während ihre Auftraggeber, die vornehmen Herren und Damen, die Nachkommen der in den Gräbern Ruhenden zu Hause auf dem Sofa liegen und die Zeitung lesen, zu empfindlich, um diesen verweibsten Kultus mitzumachen; zu stolz, um den großen Unterrock im Himmel für die Ruhe der Seelen ihrer Vorfahren im Fegfeuer anzuflehen.


Abb.: "Gebetet wird nur noch von den Weibern": Paul Cézanne (1839 - 1906): Greisin mit Rosenkranz. 1895-1896

77) Das Beten ist wie das Tapezieren ein Geschäft geworden, welches in den Händen Einzelner, eben dazu Befähigter, ruht. In Tirol kauft man die Gunst der Maria wie Wurscht und Käs. Wer selbst nicht Lust oder Zeit hat, zu beten, lässt es durch Andere verrichten: "Ein Vaterunser mit Ave-Maria kostet drei Kreuzer; ein Rosenkranz, bestehend aus sechs Vaterunsern und 60 Ave-Maria, kostet zwanzig Kreuzer; eine lauretanische Litanei mit den dazu gehörigen Gebeten zehn Kreuzer; ein 'Gelobt sei Jesus Christus!' wird als Draufgabe dazu getan. a Höher im Preis steht ein Rutschen auf den Knien um den Altar, oder gar ein ausgestrecktes Liegen in Kreuzesform auf dem kalten Steinpflaster." b

a Christus, der Grund- und Eckstein der ganzen christlichen Lehre, wird hier als Zuwage behandelt.
b
Rosegger, P. K. (Petri Kettenfeier) <1843 - 1918>: Einiges über den Marienkultus in den Alpen. -- In: Heimgarten : eine Monatsschrift / hrsg. von Peter Rosegger. -- Graz. -- Augustheft 1893

78) Die dogmatisch-wissenschaftliche Form für diesen Unterrocks-Kultus lautet: "Wir verehren Maria hyperdulisch76, widmen ihr einen spezifisch höhern Kult, weil sie Mutter Gottes und als solche Repräsentantin ihres Geschlechtes ist. Ihr Verdienst ist ein wesentlicher Beitrag zur Erlösung der Menschheit. Auch ist der himmlische Instanzenzug für das Gebet vollkommen klar. Christus ist Mittler. Maria auch Mittlerin als Christmutter. Christus vermittelt bei Gott und Maria vermittelt beim Sohne. Diese beiden Instanzen sind wesentlich. Die Heiligen sind nur Mittler durchaus im sekundären Sinn. Sie können bei ihrer Interzession der Gottheit nur Verdienste vorhalten, und zu unsern Gunsten geltend machen, die nicht so recht ihr Eigen sind. Maria bei ihrer Advokatie hält aber von ihrem Eigenen dem Sohne vor, sie verweiset auf ihre verdienstliche Muttertätigkeit: ostendit pectus et ubera (sie weist auf ihre Brüste und Zitzen hin)." a

a Oswald, Johann Heinrich <1817 - 1903>: Dogmatische Mariologie, das ist: systematische Darstellung sämmtlicher die allerseligste Jungfrau betreffenden Lehrstücke : ein Versuch / von H. Oswald. -- Paderborn : Schöningh, 1850. --  XII, 225 S. -- S. 210 - 215

79) Man beachte die merkantile Sprache! Immer ist es das kaufmännische System der Leistung und der Gegenleistung, welches durch die gesamte katholische Auffassung, durch ihre Ablass-Lehre wie Pönitenz-Taxen77 geht, und dessen Schema lautet: Ich habe das und das getan, gebetet, gewallfahrt', was bekomm' ich dafür? Es ist das Zwei-Kreuzer-System für ein Ave-Maria in Tirol, das sich bis in ihre besten dogmatischen Köpfe und bis in den katholischen Himmel fortsetzt; auch dort verkehren die Gottheiten wie Kaufleute: Maria weist auf ihre Brüste hin als auf eine Leistung; sie präsentiert sie wie einen Wechsel; und Christus muss honorieren. Man mag Heide oder Türke sein, an Christus glauben oder nicht, Jeder weiß, glaube ich, soviel, dass Christi Lehre in ihrem ursprünglichen, naiven Ausdruck das Gegenteil davon war: Gnade auch ohne Verdienst; Mitleid auch wo jede Gegenleistung gänzlich ausgeschlossen ist.

80) Es hilft Euch gar nichts, wenn Ihr in Euren Lehrbüchern einen Cultus latriae — Anbetung — und einen Cultus duliae — Verehrung — unterscheidet, und nur ersteren für Gott, letzteren für Maria bestimmt erklärt.76 Das Volk kennt nicht die Doppelbedeutung in dem Wort orare, beten und verehren. Das sind Worte. Das Volk handelt: es betet. Ihr sagt ja selbst, Maria sei "allmächtig", a und man könne nur durch Maria selig werden; b Was wundert Ihr Euch, wenn es sich ausschließlich an sie hält?

a "Wenn Maria in ihrer Advokatie die Allmacht genannt worden ist, so wird uns das eher zu wenig als zu viel sagend erscheinen." Oswald, Johann Heinrich <1817 - 1903>: Dogmatische Mariologie, das ist: systematische Darstellung sämmtlicher die allerseligste Jungfrau betreffenden Lehrstücke : ein Versuch / von H. Oswald. -- Paderborn : Schöningh, 1850. --  XII, 225 S. -- S. 216
b
Liguori, Alphons Maria von <1696 - 1787>: Die Herrlichkeiten Mariens / neu aus dem Italienischen übersetzt von P. C. E. Schmöger -- Regensburg : Manz, 1860. -- 2 Bde. -- Bd. I. -- S. 225.

81) Das Volk bleibt übrigens auch hier nicht stehen; es betet nicht zur entfernten Maria; es betet zu ihrer hiesigen Statue. Diese neue Form der Statuen-Liebe, die besonders in Italien, aber auch in Teutschland, grauenhafte Vorgänge gezeitigt, habt Ihr auch auf dem Gewissen. Wer hat die tausende von wundertätigen, blutschwitzenden Madonnenbilder zugelassen, kreiert und begünstigt? In diesem Jahrhundert wurden 20 Madonnen-Statuen-Krönungen in Italien vorgenommen, das Doppelte als im vorigen Jahrhundert, die letzte 1889 in Neapel, darunter 9 unter Leo XIII. und 3 von ihm selbst. a — Die Italiener opfern der Madonnen-Statue Hühner und Tauben wie die alten Römer der Ceres78. b In Neapel verkündet die Madonna del Carmine jedes Jahr an ihrem Festtag eine Nummer für's Lotto-Spiel, die als "Numero der Madonna" in allen Zeitungen Italiens bekannt gemacht wird." c 79Und eine in Ferrara erscheinende katholische Zeitschrift spricht von "Gebeten an den Körper, an die Milch, an die Hände und an die Füße der Madonna." d — Und in Teutschland?

a Die Libertà cattolica vom 3. Oktober 1889 bringt die Liste aller 30 Krönungen "Serie delle Imagini di Maria SS. coronate dal Rmo Capitolo Vaticano e Coronate a nome del Sommo Pontefice."
b
 Trede, Th. (Theodor) <1833 - >: Das Heidentum in der römischen Kirche : Bilder aus dem religiösen und sittlichen Leben Süditaliens. -- Gotha : Perthes, 1889-1891.  -- 4 Bde, ; 22 cm. -- Bd. III. -- S. 206
c
Trede, a. a. O. -- Bd. I. -- S. 327
d
Il rosario : memorie domenicane .  -- Ferrara : San Domenico. -- 1889. -- Heft VII:


Abb.: Käppele, Würzburg [Bildquelle: http://www.fh-wuerzburg.de/fh/socrates/document/kaeppele.htm. -- Zugriff am 2005-01-13]

82) In meiner Heimat, bei Würzburg, einem der gesegnetsten Landstriche unseres Vaterlandes, liegt hart am Main ein kleiner Hügel mit Namen "Käppele"80. Ich weiß nicht mehr, wie viel hundert Stufen dort hinaufführen; es ist ein prächtiger Aussichtspunkt; an den Geländen wächst köstlicher Wein und das ganze Land ringsum ist ein Eden an Üppigkeit und Wohlgeruch. — Auf diesem "Käppele" findet die gemeinste Form weiblicher Prostitution statt, die mir je in meinem Leben vorgekommen ist. — Kann die Polizei keine Abhilfe treffen? — Die Polizei kümmert sich gar nicht darum, weil sie sich in kirchliche Dinge nicht mischt. — Kann die Kirche keine Abhilfe treffen? — Die Kirche unterstützt den fabelhaften Vorgang; und derselbe ist ihr Werk. — Es war an einem Sonntag-Vormittag und die Sonne vergoldete die dem Herbst entgegenreifenden Weinhügel. Ich hatte einige der gewiss über hundert Stufen betragenden Serpentinen hinter mir, als ich bei einer Biegung des Wegs einen dick zusammengepferchten Haufen junger Mädchen, es waren meist Bauerndirnen, gebückt und knieend die blanken Steinstufen langsam, eine nach der anderen, hinaufrutschen sah. Gleichzeitig schlug ein unverständliches Summen an mein Ohr, welches das Resultat einer mit fabelhafter Schnelligkeit produzierten Glossolalie81 war. Näher kommend bemerkte ich, wie jedes der Mädchen auf jeder Steinstufe längere Zeit sich aufhielt; und aus dem Lippenschnurren erkannte ich einige — obwohl mit dem örtlichen Dialekt genügend vertraut, — nur einige Laute, wie "Márrea" (Daktylus82), oder Komplexe wie "Stunde däs Abstärbens", oder "där Du ihn getragen hast"; mit solch unerhörter Geschwindigkeit entstürzte das Silbenmeer den jungen Lippen. — Bald war mir klar, dass der Aufenthalt auf jeder Stufe nicht der Zeit nach, sondern der Lippen-Arbeit nach sich berechnete, da immer nach einer ganz gestimmten Phrase mit entsprechendem Tonfall das Hinauf-Rutschen auf eine nächsthöhere Steinstufe statt fand. — Ich wusste doch ganz genau aus meinem Reisehandbuch, dass da oben, auf dem Gipfel des Berges, kein indisches Götzenbild stand, auch kein afrikanischer König sich dort eingefunden hatte, dem man sich von einer halben Stunde entfernt schon knierutschend so näherte. Nein, es war keine Ehrfurchtsleistung; das erkannte ich sehr wohl. Es war eine, wie soll ich sagen — Schnelligkeitsleistung, eine Massenbewältigung von Silben, wobei jedoch der Körper vorwärts zu kommen trachtete. — In der Hand hielten die Mädchen alle Zählketten, eine Art Kerbholz, welches aber biegsam war, und die Stufen oder Skalen in Form von Kügelchen auf einer Schnur aufgereiht trug. Nicht nach einer bestimmten Zeit, sondern nach einem bestimmten Silben-Quantum rollte an der Holzschnur eine Kugel ab, und mehrere Kugeln entsprachen einer Steinstufe. Ich kam jetzt der Lösung näher; in der Erregung findet man plötzlich Worte und Ausdrücke, auf die man bei ruhiger Gemütslage nicht gekommen wäre; und ich war fast gelähmt und sprachlos vor Bestürzung, als ich die letzte Gruppe dieser Derwische eingeholt hatte; und mein Inneres arbeitete wie ein fotografischer Schnellapparat, um alles, was sich mir darbot, aufzunehmen. Aber ich hatte es jetzt: Es war ein Wettrennen mit dem Maul, welches durch den kleinen Holzapparat in der Hand kontrolliert, und durch Übertragung auf die Kniee äußerlich-räumlich exekutiert wurde. Die Mädchen schwitzten wie Rennbuben oder abgehetzte Pferde; aber der Körper blieb ruhig, da er beim besten Willen zum Vorwärtskommen nicht beitragen konnte, und die Entscheidung einzig in den Kiefern lag, von deren Gelenkigkeit eben Alles abhing. — Ich gebrauchte oben das Wort "Derwische"; bemerke aber hier, dass ich solche orientalischen Gebets-Gymnastiker nie gesehen; nur aus Beschreibungen wusste, dass dort ebenfalls die physische Leistung entscheidend ist; die dort allerdings nicht um ihrer selbst willen, sondern zur Erzeugung einer Art mit engouement83 der Sinne, einer mit Berauschung einhergehenden Betäubung, also eines physischen Endstadiums halber, betrieben wird. — Wertvoll war hier, dass die bei der Arbeit nicht beteiligten Sinnesorgane, wie die Augen, die Ohren, soweit es die Konzentration gestattete, sich anderweitig beschäftigen konnten. Und so betrachteten diese Mädchen während ihrer heftigen Arbeit zum Teil ruhig die Gegend, oder hörten, was um sie her vorging. Ja, einzelne tauschten ausdrucksvolle Mienen und lächelnde Gebärden mit den Fußgängern nebenher aus. — Ich eilte vorwärts; traf auf dem Ziel Nähergekommene; wie es der enormen physischen Leistung entsprach, viele waren ermattet; manchen lief der Schweiß in Strömen herunter. Noch höhere Gruppen hatte eine Angst vor dem Fertigwerden erfasst, die unheimlich wirkte. Das Weiße des Auges trat bei Einigen heraus; viele gurgelten und stöhnten die letzten Perioden, und auf der letzten Stufe angekommen, stürzten Etliche wie erschöpft zu Boden. Schon auf dem Heraufweg hatte ich, meine Neugier nicht bezähmend, eines der Mädchen gefragt, was die Zeremonie bedeute; erhielt aber statt aller Antwort nur einen vielsagenden, ängstlichen Blick; natürlich, wie konnte sie mir antworten, da ja eben Zunge und Lippen in fürchterlicher Tätigkeit begriffen waren; ebenso gut konnte ich einen Jockei während des Rennens fragen, wie viel Uhr es sei. — Oben selbst angelangt traf ich einen, wie es schien, einfachen Landmann, aufrechtstehend. Ich frug ihn mit dem Ausdruck des tiefsten Entsetzens, was das zu bedeuten habe, und ob es sich bei den Heraufrutschenden um die weiblichen, ungefährlichen Kranken einer Irrenanstalt handle. — Der Mann schluckte einigemal hinunter, bevor er mir antwortete, und sagte dann sehr ruhig, fast ernst mit skandiertem Hochdeutsch: "Das — geschieht — zur — Verehrung — Gottes!" — Er meinte die Marienkirche, die auf der Höhe erbaut war. —

Wenn ich mich heute dieser Szenen erinnere, und von Scham und Mitleid gepeinigt mir vorsage, dass es teutsche, fränkische Mädchen sind, die es nicht besser wissen, die auf den Wink eines Italieners, der uns soviel angeht wie der Sultan von Siam, diese grauenhaften Exerzitien ausführen, dann steht mir der Verstand still, und ich will nicht begreifen, dass Teutschland Teutschland ist. —


Erläuterungen:

1 Konzil von Ephesus

"Konzil von Ephesus,  431, erste Reichssynode, von der seitens der streitenden Parteien herausgegebene Akten erhalten sind. Cyrill spielte die zwischen Alexandria und Konstantinopel bestellende kirchenpolitische Rivalität auf das dogmatische Gebiet hinüber und eröffnete mit Cölestin I. eine publizistische Kampagne gegen den in antiochenischen Traditionen lehrenden Nestorius. Die vom Kaiser einberufene Synode sollte über gegen Cyrill vorgebrachte Anklagen urteilen. Der geschmeidige Taktiker vertauschte die Rolle des Angeklagten mit der des Anklägers: Vor Ankunft der Antiochener eröffnete er eigenmächtig die Synode und ließ am 22.6. Nestorius als Häretiker absetzen. Nach tumultuarischen Verhandlungen die Antiochener setzten als Antwort Cyrill ab erreichten die terroristischen Intrigen Cyrills ihr Ziel: Der Hof ließ Nestorius fallen und setzte einen Cyrill genehmen Nachfolger ein. Cyrills Sieg war unvollkommen: Zäher Widerstand gegen seine Theologie führte 433 zu einem Kompromiss, das die Spannungen nur notdürftig behob. Das Schlagwort theotokos ["Gottesgebärerin"] gab der cyrillischen Synode den Ruhm des »3. ökumenischen Konzils«.

[Quelle: Hans-Dietrich Altendorf (1930 - ). -- In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG3). -- Bd. 2. -- 1958. -- Sp 521]

1a Das Konzil von Ephesus sprach als ersten von 12 Bannsprüchen gegen Nestorius folgenden aus:

"Wer nicht bekennt, dass der Emmanuel [= Jesus] in Wahrheit Gott ist und die heilige Jungfrau deshalb Gottesgebärerin ist, weil sie das fleischgewordene, aus Gott entstammte Wort dem Fleische nach geboren hat, der sei [aus der Kirchengemeinschaft] ausgeschlossen."

2 Nestorius

"Nestorius, gest. nach 439, war Presbyter in Antiochien und wurde 428 zum Patriarchen von Konstantinopel erhoben. In Konsequenz der ihm als einem Anhänger der Antiochenischen Schule naheliegenden Lehre, das Göttliche und das Menschliche in Christus habe auch nach der Vereinigung zu einer Person sein eigentümliches Wesen bewahrt, schloss er, man dürfe die Maria nicht als Gottesgebärerin, sondern nur als Christusgebärerin bezeichnen. Der Patriarch Cyrillus von Alexandria klagte ihn an, weil er die zwei Naturen in Christus zu zwei Personen mache, und das dritte allgemeine Konzil zu Ephesos 431 verdammte des Nestorius Ansicht. Er selbst wurde abgesetzt, 435 nach Oasis in Ägypten verbannt, und, nachdem man ihn von Ort zu Ort geschleppt, unbekannt wo gestorben. Von seinen Schriften und Predigten sind nur Bruchstücke erhalten."

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

3 8. Dezember 1854:  Pius IX. erklärt die unbefleckten Empfängnis Marias zum Dogma

4 1870: Das  Erste Vatikanische Konzil erklärt die Unfehlbarkeit (Infallibilität) des Papstes zum Dogma.

5 Liguori


Abb.: Alfonso Maria de Liguori. -- Heiligenbildchen [Bildquelle: http://www.catholictradition.org/priesthood1-4.htm. -- Zugriff am 2005-01-13]

" Liguori, Alfonso Maria de, Stifter der Liguorianer oder Redemptoristen (s. d.), geb. 27. Sept. 1696 in Marianella bei Neapel, gest. 1. Aug. 1787, studierte anfangs die Rechte, dann Theologie, erhielt 1726 die Priesterweihe und gründete 1732 in Villa Scala mit päpstlicher Erlaubnis einen klösterlichen Verein des allerheiligsten Erlösers (Congregazione del San Redentore), dessen Glieder sich dem Dienste der Ärmsten und Verlassenen im Volke widmen sollten. Seit 1762 Bischof von Sant' Agata de' Goti bei Capua, zog sich Liguori 1775 in die von ihm gestiftete Kongregation zu Nocera, San Michele dei Pagani, zurück. Er ward 1816 selig, 1839 heilig gesprochen und der 2. August ihm geweiht; 1871 wurde er zum Doctor Ecclesiae proklamiert. Abgesehen von der Stiftung der Redemptoristen-Kongregation ist Liguori für die Kirche besonders durch seine vielumstrittene Moraltheologie (»Theologia moralis«, hrsg. von Haringer, 2. Aufl., Regensb. 1881, 8 Bde.) von Bedeutung geworden. Seine Schriften wurden oft herausgegeben, deutsch in 42 Bänden (Regensb. 1842-47); »Opera dogmatica«, hrsg. von Walter (Rom 1903, 2 Bde.). Seine »Briefe« erschienen in 3 Bänden (Regensb. 1893-94)."

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

6 Sanchez

"Sanchez (spr. ßantsches), Thomas, Jesuit, geb. 1550 in Cordova, gest. 19. Mai 1610 in Granada, war einer der gelehrtesten und eifrigsten Moraltheologen und Kanonisten der Jesuiten. Seine Schriften, unter denen die Schrift »De sancto matrimonii sacramento disputationum libri tres« (Genua u. Madrid 1602, 3 Bde.) noch heute als klassisch gilt, erschienen gesammelt Venedig 1740."

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

7 Escobar

" Escobar y Mendoza, Antonio, gelehrter Jesuit, geb. 1589, gest. 4. Juli 1669 in Valladolid, hat sich als Moralist und Kasuist einen Namen gemacht. Sein Hauptwerk ist der von Pascal (s.d.) verspottete »Liber theologiae moralis« (Lyon 1644 u. ö.). Pascal führte auch die Bezeichnung escobarder (eskobardieren) für »schlau auslegen, vorgaukeln, sich seiner Lügen bedienen« in die Literatur ein."

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

8 Perrone

" Perrone, Giovanni, römisch-kath. Theolog, geb. 11. März 1794 in Chieri, gest. 28. Aug. 1876 in Rom, wirkte als Professor in Rom und in Ferrara und war seit 1850 Rektor des Collegium Romanum. Er hat sich durch folgende in viele europäische Sprachen übersetzte Werke bekannt gemacht: »Praelectiones theologicae« (Rom 1835-42, 9 Bde.; 2. Aufl., das. 1840-44, 9 Bde.; Auszug in 2 Bänden in 47. Aufl., Turin 1896; deutsch als »Kompendium der katholischen Dogmatik«, Landsh. 1852-54, 2 Bde.); »De immaculato b. Virginis Mariae conceptu« (Rom 1847); deutsch, Regensb. 1855); »Il protestantismo e la regola di fede« (Rom 1853, 3 Bde.; deutsch; 2. Aufl., Regensb. 1857, 3 Bde.); »De romani pontificis infallibilitate« (Tur. 1874). "

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

9 Malou, Jean-Baptiste: Bischof von Brüssel. Verfasser des von Panizza verwendeten Werkes:  L'Immaculée Conception de la bienheureuse Vierge Marie, considérée comme dogme de foi. -- Bruxelles : H. Goemaere, 1857. -- 2 vol. in-8 ̊

10 Pius IX.

"Pius IX., Papst 1846-78, vorher Giovanni Maria, Graf von Mastai-Ferretti, geb. 13. Mai 1792 in Sinigaglia, gest. 7. Febr. 1878, erzogen im Piaristenkollegium zu Volterra, studierte in Rom Theologie und begleitete 1823 den apostolischen Vikar Muzi nach Chile. Im Juli 1825 nach Rom zurückgekehrt, wurde Mastai zum Vorsteher des Michaelhospitals, 21. Mai 1827 zum Erzbischof von Spoleto, 17. Dez. 1832 zum Bischof von Imola und 1840 zum Kardinal ernannt. Als er nach Gregors XVI. Tode 16. Juni 1846 zum Papst gewählt wurde, hegten die Liberalen Italiens die kühnsten Erwartungen von ihm, da er die strengen reaktionären Maßregeln seines Vorgängers nicht gebilligt hatte. Pius erließ auch sofort eine allgemeine Amnestie und begann durchgreifende Reformen im Kirchenstaat: 1847 gab er der Stadt Rom eine neue Munizipalverfassung, dem Kirchenstaat aber eine Staatskonsulta und im März 1848 sogar eine konstitutionelle Verfassung sowie ein teilweise weltliches Ministerium. Indes gingen die Wogen der radikalen Bewegung so hoch, dass die Verbannung der Jesuiten aus Rom 29. März von Pius bewilligt werden musste, und nach der Ermordung Rossis (15. Nov.) floh der Papst nach Gaeta, von wo er erst 12. April 1850 nach Rom zurückkehrte, um unter dem Schutze französischer und österreichischer Bajonette eine rücksichtslose Reaktion durchzuführen. In dem kirchlichen System hatte Pius von Anfang an keine Änderungen beabsichtigt. Obwohl persönlich liebenswürdig und mild sowie frei von jedem Zelotismus, bekannte sich Pius doch durchaus zu den hierarchischen Grundsätzen seiner Vorgänger. Die Leitung der Welt durch die vom Nachfolger Petri geleitete römische Kirche erschien ihm als das einzige untrügliche Heilmittel gegen alle materiellen und geistigen Gebrechen der Menschheit, namentlich gegen die Pest des Liberalismus; und nach seiner Meinung unter dem besondern Schutz der Jungfrau Maria stehend, glaubte er sich berufen, die Welt durch ihre Unterwerfung unter den römischen Stuhl zum ewigen Heil zu führen. Pius errang auch überraschende Erfolge, indem er sich nach 1848 in geschickter Weise zugleich die doktrinären Prinzipien der Liberalen und die reaktionären Bestrebungen der Regierungen zunutze machte. In England und den Niederlanden wurden nach dem Grundsatz unbedingter Religionsfreiheit katholische Bistümer errichtet, dagegen mit Österreich (1855), Württemberg (1857) und Baden (1859) Konkordate abgeschlossen. Überall wurde die Zahl und Tätigkeit der Orden vermehrt. Zu größerer Ehre seiner Schutzheiligen verkündete Pius 8. Dez. 1854 in einer Versammlung von 167 Bischöfen das Dogma der unbefleckten Empfängnis der Jungfrau Maria; die Jesuiten, unter deren Einfluss er so Großes errungen hatte, begünstigte er immer entschiedener. Bei den politischen Umwälzungen in Italien 1859 und 1860, in denen ihm Napoleon III. gern eine einflussreiche Stellung an der Spitze eines italienischen Staatenbundes verschafft hätte, lehnte er alle Zugeständnisse ab, so dass der Verlust der Legationen und der Marken an das neue Königreich Italien nicht abzuwenden war. Pius bezeichnete ihn zwar als einen schändlichen Kirchenraub, belegte die »subalpinische« Regierung mit dem Bann und erklärte den weltlichen Besitz für notwendig für den Bestand und das Heil der Kirche; sein Hilferuf an die katholischen Mächte war aber erfolglos. Um so leidenschaftlicher wandte er sich mit geistlichen Waffen gegen den kirchenfeindlichen Zeitgeist. Am 8. Dez. 1864 erließ er eine Enzyklika, worin er die freien Ansichten der Neuzeit über Religion und bürgerliche Gesellschaft verdammte. Dann schloss sich der »Syllabus complectens praecipuos nostrae aetatis errores« (s. Syllabus) an, ein Verzeichnis von 80 auf die Religion, die Wissenschaft und das bürgerliche Leben bezüglichen Irrlehren, worin sich der Papst ganz auf den mittelalterlichen Standpunkt stellte, indem er Unterordnung der Wissenschaft und des Staates unter die päpstliche Autorität verlangte. Am 8. Dez. 1869 eröffnete er das vatikanische Konzil, das trotz des Widerspruchs vieler angesehener Bischöfe aus den bedeutendsten Kulturländern unter dem persönlichen Einfluss des Papstes 18. Juli 1870 das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit annahm und den Absolutismus der römischen Hierarchie vollendete. Als nach dem Abmarsch der französischen Besatzung die Italiener 20. Sept. 1870 in Rom einrückten, schloss Pius sich im Vatikan ein, wies das Garantiegesetz vom 13. Mai 1871 zurück und griff die italienische Regierung bei jeder Gelegenheit mit den heftigsten Worten an. Auch mit dem deutschen Kaiserreich, dessen Gründung und Politik die jesuitischen Pläne unerwartet durchkreuzte, nahm er den Kampf auf. Er richtete 7. Aug. 1873 einen anmaßenden Brief an Kaiser Wilhelm I. und erklärte in der Enzyklika vom 5. Febr. 1875 die preußischen Maigesetze für ungültig. Mit unverwüstlicher Siegesgewissheit verfolgte er seine überspannten Ziele, und ungebrochen an Hoffnung und Selbstvertrauen feierte er 1877 sein 50jähriges Bischofsjubiläum. Ungeachtet des Verlustes der weltlichen Herrscherstellung hatten Einfluss und Bedeutung des Papsttums unter Pius IX. sich ungemein gesteigert, und kaum ein Papst vor ihm hat eine so unbedingte Herrschaft über die Kirche ausgeübt. "

[Pius IX. wurde am 3. September 2000 von Papst Johannes Paul II. selig gesprochen.]

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

11 Wälsche (Welsche): Romanen, besonders Italiener und Franzosen

12  lasziv: unzüchtig, wollüstig, schlüpfrig

13  Deutsch-französischer Krieg 1870/1871

14 Die im Jahr 2005 gültige Form der Lauretanischen Litanei lautet:

Herr, erbarme dich.
Christus, erbarme dich.
Herr, erbarme dich.
Christus, höre uns.
Christus, erhöre uns.

Gott Vater im Himmel, 
erbarme dich unser.
Gott Sohn, Erlöser der Welt
Gott Heiliger Geist
Heilige Dreifaltigkeit, ein einiger Gott

Heilige Maria,
bitte für uns.
Heilige Mutter Gottes
Heilige Jungfrau der Jungfrauen
Mutter Christi
Mutter der Kirche
Mutter der göttlichen Gnade
Du reine Mutter
Du keusche Mutter
Du unversehrte Mutter 
Du unbefleckte Mutter
Du liebenswürdige Mutter 
Du wunderbare Mutter
Du Mutter des guten Rates 
Du Mutter des Schöpfers 
Du Mutter des Erlösers
Du Mutter der Barmherzigkeit 
Du weise Jungfrau
Du ehrwürdige Jungfrau 
Du lobwürdige Jungfrau 
Du mächtige Jungfrau 
Du gütige Jungfrau
Du getreue Jungfrau
Du Spiegel der göttlichen Heiligkeit
Du Sitz der Weisheit
Du Ursache unserer Freude
Du Tempel des Heiligen Geistes
Du Tabernakel der ewigen Herrlichkeit 
Du Wohnung, ganz Gott geweiht 
Du geheimnisvolle Rose 
Du Turm Davids
Du elfenbeinerner Turm
Du goldenes Haus 
Du Arche des Bundes 
Du Pforte des Himmels
Du Morgenstern
Du Heil der Kranken
Du Zuflucht der Sünder 
Du Trösterin der Betrübten 
Du Hilfe der Christen
Du Königin der Engel 
Du Königin der Patriarchen
Du Königin der Propheten 
Du Königin der Apostel
Du Königin der Märtyrer 
Du Königin der Bekenner

Du Königin der Jungfrauen 
Du Königin aller Heiligen 
Du Königin, ohne Makel der Erbsünde empfangen 
Du Königin, in den Himmel aufgenommen
Du Königin des heiligen Rosenkranzes 
Du Königin der Familien
Du Königin des Friedens

Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünden der Welt, 
verschone uns, o Herr.

Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünden der Welt, 
erhöre uns, o Herr.

Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünden der Welt, 
erbarme dich unser, o Herr.

Bitte für uns, o heilige Gottesmutter.
Auf dass wir würdig werden der Verheißungen Christi.

Gütiger Gott,
du hast allen Menschen Maria zur Mutter gegeben; 
höre auf ihre Fürsprache;

nimm von uns die Traurigkeit dieser Zeit, 
dereinst aber gibt uns die ewige Freude. 
Durch Christus, unsern Herrn.

Amen.

[Quelle: http://www.vatican.va/special/rosary/documents/litanie-lauretane_ge.html. -- Zugriff am 2005-01-09]

Beringer, Franz: Die Ablässe, ihr Wesen und Gebrauch. -- 14., vom hl. Offizium gutgeheißene Aufl., nach den neustesn Entscheidungen und Bewilligungen / bearbeitet von Josef Hilgers. -- Paderborn : Schöningh. -- 1. Bd. -- 1915. -- S. 248f. nennt folgende mit der Lauretanischen Litanei verbundenen Ablässe:

15 Ablass

"Ablass (Indulgenz), ursprünglich Nachlass einer von der Kirche auferlegten Bußleistung. Der Ablass ist hervorgegangen aus der Bußdisziplin der alten Kirche und bezieht sich ursprünglich auf die von der Kirche als Genugtuungen verhängten Strafen der Sünde. Als an deren Stelle auch andre gute Werke, Almosen, Fasten, Gebete, Wallfahrten etc., als Genugtuung in Anschlag gebracht wurden, kam es unter dem gemeinsamen Einfluss der germanischen Rechtsgewohnheit der Kompensation des Verbrechens durch Geld (Wergeld) und des kirchlichen Glaubens an die Existenz und Übertragbarkeit überverdienstlicher Leistungen dahin, dass alle Kirchenstrafen durch Geld abgekauft werden konnten. Bald wurde der ursprüngliche Geltungsbereich des Ablasses dahin erweitert, dass er sich auf den Erlass auch der von Gott auf die Sünde gesetzten zeitlichen Strafen bezog. Besondern Aufschwung nahm das Ablasswesen durch die Kreuzzüge. Die Teilnahme an ihnen als ein die Kirche besonders förderndes Werk wurde als Ersatz aller Genugtuungen angesehen. Es entwickelte sich die Theorie von der Befugnis des Papstes, einen allgemeinen (vollkommenen) Ablass (indulgentiae plenariae) an die Verrichtung eines bestimmten religiösen Werkes zu knüpfen. Die aus der Praxis hervorgegangene Gewohnheit wurde dann dogmatisch begründet durch Alexander von Hales (s. d.). Unter den Plenarablässen nimmt seit 1300 die erste Stelle ein der von Bonifacius VIII. eingeführte Jubiläumsablass, der ursprünglich nur alle 100 Jahre wiederkehren sollte, bald aber in jedem vom Papst bestimmten Jubeljahr (s. d.) gespendet wurde. Bekanntlich gab der durch Tetzel (s. d.) und andre schamlos geübte Ablasskram den äußern Anlass zur Reformation. Den Angriffen der Reformatoren gegenüber belegt das Tridentinum mit dem Anathema jeden, der leugnet, dass der Kirche mit der Schlüsselgewalt das Gericht über die Sünden und damit die Gewalt verliehen sei, dieselben zu erlassen. Da die Reinigung im Fegfeuer zu den zeitlichen Strafen der Sünde gerechnet wird, so hat die Kirche, nicht ohne den Widerspruch auch neuerer Kirchenlehrer, ihren Ablass auch auf das Fegfeuer ausgedehnt. Aber Ablass ist seither nicht mehr zum Verkauf ausgeboten worden. Dagegen ist der Ablass hergebracht geblieben für bestimmte kirchliche Handlungen, besonders als Privilegium für bestimmte Orden, Kirchen, Altäre und Festzeiten. Sehr leicht wird es denen, die Rom besuchen, gemacht, überflüssigen Ablass zu verdienen. Der Ablass ist vollkommen oder unvollkommen, auf Zeit oder dauernd. Seine Wirkung ist, wenigstens in der Theorie, auch geknüpft an die Disposition, d.h. die gläubige und bußfertige Gesinnung, in der Praxis vor allem an die Leistung der vorgeschriebenen Werke. "

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

Die Praxis der Ablassgewährung in der katholischen Kirche im Jahr 2005 (!) siehe unten im Anhang.

Pius X. gewährte am 18. März 1909 [!] allen Gläubigen, welche in Andacht und reumütiger Gesinnung den Ring eines Kardinals, Erzbischofs oder Bischofs küssen, jedesmal einen Ablass von 50 Tagen. [Beringer, Franz: Die Ablässe, ihr Wesen und Gebrauch. -- 14., vom hl. Offizium gutgeheißene Aufl., nach den neustesn Entscheidungen und Bewilligungen / bearbeitet von Josef Hilgers. -- Paderborn : Schöningh. -- 1. Bd. -- 1915. -- S. 405]

16 Exklamation: Ausruf, Anrufung

17 Einsiedeln: diese Litanei ist eine Litanei "nur zum privaten Gebrauch" und mit keinen Ablässen verbunden

"Einsiedeln (Monasterium Eremitarum, Maria- Einsiedeln), Flecken und Bezirkshauptort im schweizer. Kanton Schwyz, ein berühmter Wallfahrtsort (ca. 160,000 Pilger im Jahr), liegt 900 m ü. M., wo das Alptal sich in das Plateau der Sihl öffnet. Die Benediktinerabtei, bis ins 16. Jahrh. herab wiederholt durch Feuer zerstört, wurde 1704-20 neu ausgeführt und bildet ein aus Quadern im italienischen Stil errichtetes großes Viereck, in dessen Hauptfassade die 117 m lange und 65 m breite Kirche mit zwei hohen, schlanken Glockentürmen eingefügt ist. Das Innere der Kirche ist mit 17 Altären, 3 Orgeln und mehreren Kapellen geschmückt. Selbständig im Mittelschiff steht die aus schwarzem Marmor erbaute Kapelle der heiligen Jungfrau, mit dem eigentlichen Gegenstand der Verehrung, einem aus glänzend schwarzem Holz gearbeiteten Marienbild, das mit Edelsteinen und Gold reich ausgeschmückt und von brennenden Kerzen umgeben ist. Das Kloster wird von ca. 80 Benediktinerpatres und 20 dienenden Brüdern bewohnt und besitzt eine treffliche Bibliothek von 50,000 Bänden, besonders historischen Inhalts, mit vielen Inkunabeln und wertvollen Handschriften aus dem 8.-12. Jahrh. (ein Unikum ist die als Regionator Einsiedlensis bekannte Beschreibung Roms im 10. Jahrh.), ein Physikalien- und Naturalienkabinett und einen bedeutenden Kirchenschatz; ferner ein Priesterseminar, eine höhere Erziehungsanstalt mit Gymnasium und Lyzeum. Hauptwallfahrtstag ist das Fest der Engelweihe (14. Sept.). Die meisten ausländischen Pilger kommen aus Schwaben u. dem Elsass.

Der Flecken Einsiedeln, mit (1900) 4077 Einw. (83 Protestanten; als Bezirk 8547 Einw.), am Ende der Zweigbahn Wädenswil-Biberbrücke-Einsiedeln, mit Spital, Theater, Panorama der Kreuzigung Christi, betreibt Seidenindustrie, Pferdezucht, große Buch- und Kunstdruckereien (weltberühmte Firma Benzinger u. Komp., mit Filialen in New York, Cincinnati und St. Louis) und Ateliers für katholische Kultusgegenstände. In den benachbarten Sihlmooren ist ein mehr als 6 km langer Stausee für 60,000 Pferdekräfte projektiert, das sogen. Etzelwerk.

Das Kloster Einsiedeln verdankt seine Entstehung dem heil. Meinrad, einem Reichenauer Mönch aus dem Sülchgau (bei Rottenburg im Neckartal), den erst Neuere zu einem Grafensohn oder gar zu einem Hohenzollern gestempelt haben. Er ließ sich um 829 als Einsiedler auf dem Etzel, um 836 in dem »finstern Wald« nieder, wo jetzt Einsiedeln steht, wurde aber 861 ermordet; die Sage lässt seine zwei Raben die Täter bis nach Zürich verfolgen, wo die Vögel von Pilgern erkannt und die Mörder entdeckt und bestraft wurden. Die Zelle des Eremiten blieb unbewohnt, bis sich der Einsiedler Benno mit Gefährten 907 daselbst niederließ. Der eigentliche Gründer des Klosters aber war Eberhard, Dompropst zu Straßburg, der 934 den Bau desselben begann. Zur Einweihung der Kapelle (14. Sept. 948), erzählt die Legende, sei der Heiland selbst um Mitternacht, von Engeln und Heiligen begleitet, herabgestiegen; Papst Leo VIII. hieß das Wunder dieser »Engelweihe« gut und verhieß den Einsiedelfahrern vollkommenen Ablass (964); die darauf bezügliche päpstliche Bulle ist indes unecht. Durch Schenkung der Kaiser und benachbarten Großen wurde das Kloster Herr der sogen. Waldstatt Einsiedeln sowie zahlreicher Güter am Züricher See, in der March u.a. O., und ein Privileg König Ottos I. (947) sicherte ihm die Immunität; dagegen lebte das Kloster mit seinen Nachbarn in Schwyz seit Anfang des 12. Jahrh. in beständigen Grenzstreitigkeiten, die wiederholt in offene Fehde übergingen und erst 1350 ihren Abschluss fanden. 1283 erwarb König Rudolf von Habsburg die Kastvogtei über das Kloster für sein Haus. Im Sempacher Krieg entrissen die Schwyzer Österreich die Vogtei über die Waldstatt Einsiedeln, während die Grundherrschaft dem Kloster verblieb; dieses selbst begab sich 1397 unter den Schirm der Schwyzer. 1516-18 lebte Zwingli in Einsiedeln als Prediger. Seit der Mitte des 16. Jahrh. wurde das Stift ein Mittelpunkt der Gegenreformation in der Schweiz, und 1719-35 wurde die Kirche, 1704-70 das Kloster von Grund aus neu gebaut. Im Mai 1798 erlitt Einsiedeln durch die Franzosen eine schwere Plünderung und Verwüstung, während Abt und Konvent nach Deutschland flohen. 1801 wurde das Stift wiederhergestellt; auch die Herrschaftsrechte des Klosters, welche die Helvetische Republik aufgehoben hatte, wurden 1814 teilweise erneuert, um 1830 endgültig zu verschwinden; doch behielt es durch Vergleich vom 10. Febr 1899 Miteigentums- und Mitverwaltungsrecht an der Allmende des Fleckens; auch gehört ihm gegenwärtig noch die Insel Ufenau im Züricher See, wo Ulrich von Hutten 1523 starb. "

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

"Einsiedeln ist eine Gemeinde im Kanton Schwyz. Die Gemeinde zählt 13'000 Einwohner und ist identisch mit dem gleichnamigen Bezirk.

Der Ort Einsiedeln selber, der meistbesuchte Wallfahrtsort der Schweiz, liegt südlich des Zürichsees auf einer Hochebene (ca. 880 m.ü. M.).

Die Gründung der Benediktinerabtei geht auf das Jahr 934 zurück. 1065 begründeten zwölf Mönche aus Einsiedeln ein Filial-Kloster in Hirsau.

Bekannt ist Einsiedeln durch die 1719 erbaute barocke Klosterkirche, dem bedeutendsten Barockbau der Schweiz mit der Gnadenkapelle und einer Figur der Schwarzen Maria die unter Katholiken grosses Ansehen geniesst.

Der Pilgerort liegt auf dem Jakobsweg und war in der Vergangenheit ein wichtiger Sammelort für die Pilger nach Santiago de Compostela.

Einsiedeln ist auch ein Wintersportort (Langlaufloipe Schwedentritt und für den alpinen Skisport der nahe liegende Hoch-Ybrig).

Der nahe Sihlsee, ein Stausee an der Sihl, lädt im Sommer zum Baden, Surfen oder Segeln ein, im Winter ist er oft auch für die Schlittschuhfahrer frei. Er liefert Strom für die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) und schützt das nahe, tiefer gelegene Zürich auch vor Hochwasser der Sihl, die früher mit der Schneeschmelze regelmässig die Zürcher Arbeiter- und Industriequartiere heimzusuchen pflegte.

Dank der nahen Autobahn- und S-Bahn-Anbindung ist Einsiedeln zu einer Zürcher Agglomerationsgemeinde geworden. Der Morgen- und der Abendzug der S-Bahn nach Zürich und zurück führt sogar einen eigenen Speisewagen.

Die immer noch sehr zahlreichen Pilger zum Kloster Einsiedeln kommen jedoch mehrheitlich für nur noch wenige Stunden mit dem Auto oder per Bus. Die örtlichen Hotels erinnern an bessere Zeiten, die Restaurants sind jedoch nach wie vor sehr gut frequentiert."

[Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Einsiedeln_SZ. -- Zugriff am 2005-01-12]

18 Cyrillus

"Cyrillus (Kyrillos) von Alexandria, Kirchenvater, wurde in Alexandria geboren und von seinem Oheim, dem dortigen Patriarchen Theophilus, erzogen, dem er auch 412 auf dem Patriarchenstuhl nachfolgte. Sofort ließ er alle Kirchen der Ketzer zu Alexandria schließen und vertrieb 415 die Juden aus der Stadt. Hat er auch nicht direkt den christlichen Pöbel zur Ermordung der heidnischen Philosophin Hypatia gereizt, so musste doch sein zelotisches Gesamtverhalten denselben zu dem verbrecherischen Akt ermutigen. Am bekanntesten ist sein Name durch seinen Angriff auf den Patriarchen Nestorius von Konstantinopel geworden. Als dieser der Maria das Prädikat »Gottesmutter« verweigerte, schleuderte Cyrillus zwölf Anathematismen gegen ihn und ließ ihn auf dem Konzil zu Ephesus 431 verdammen. Trotz kaiserlicher Absetzung beider Patriarchen erhielt sich Cyrillus auf seinem Patriarchenstuhl und starb 444. Unter seinen zahlreichen Schriften befindet sich eine Apologie des Christentums gegen Julian in zehn Büchern. Die beste Ausgabe seiner Werke ist die von Johann Aubert (Par. 1638, 7 Bde.), vervollständigt abgedruckt in Mignes »Patrologia graeca«, Bd. 68 bis 77. "

[Cyrill wurde 1882 von Papst Leo XIII. zum Kirchenlehrer ernannt, in der orthodoxen Kirche zählt er zu den Kirchenvätern.]

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

19 epitheton, plural: epitheta (griechisch): Beiwort, Eigenschaftswort

20 Brahminen = Brahmanen: angehörige des geistlichen Standes der Hindus

21 Chiliade (griechisch): Tausendschaft, chiliadenweise = tausendfach

22 Text des Ave-Maria ("Gegrüßet seist Du Maria"):

Gegrüßet seist Du, Maria,
Du bist voll der Gnade,
der Herr ist mit Dir,
du bist gebenedeit unter den Weibern,
und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus.

Heilige Maria, Mutter Gottes,
bitt für uns arme Sünder
jetzt und in der Stunde unseres Absterbens.

Amen

23 Barfüßer = Franziskaner

24 Predigermönche = Dominikaner

25 Marialia [Maria-Bezügliches], Stellaria [Stern-Bezügliches, Maria wird z.B. Morgenstern genannt], Rosaria [Rosenkranz-Bezügliches], Coronaria [Krone-Bezügliches, Maria wird Himmelskönigin genannt], und ganz eitel Diabolaria [Teuflisches] und Satanaria [Satanisches]

26 Boudoir

"Boudoir (franz.). Unter Boudoir verstehen wir heute ein kleines, elegantes Zimmer, in das sich die Damen zurückziehen, um darin ungestört dem Lesen, Schreiben oder anderen leichten Beschäftigungen sich hingeben zu können. Noch Adelung übersetzte das Wort mit »Maulgemach«, vom Franz. bouder, d. i. maulen, schmollen. Moritz setzte dafür »Trotzwinkel«, Kotzebue nannte es »Schmollwinkel«. Doch alle diese dem Wort anhaftenden Bedeutungen - man nannte es auch »Schmollzimmerchen« oder »Launenwinkel« - besitzt es heute nicht mehr. Seinen amourösen Beigeschmack erhielt das Boudoir erst, als im 18. Jahrhundert vornehme Männer in Frankreich und Italien ihren Mätressen eigene, mit dem größten Luxus ausgestattete »hôtels«, im Sommer oft eine reizende »petite maison« (s. d.) schenkten, in denen das mit allen Raffinements der aphrodisischen Kosmetik ausgestattete  mit anstoßendem Luxusbad den Mittelpunkt bildete."

[Quelle: Bilderlexikon der Erotik : Universallexikon der Sittengeschichte und Sexualwissenschaft / Institut für Sexualforschung. -- 
Wien, 1928-1932. -- CD- ROM-Ausgabe: Berlin : Directmedia, 1999. -- (Digitale Bibliothek ; 19). -- ISBN 3932544242. -- S. 745. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie diese CD-ROM  bei amazon.de bestellen}]

27 Anna

"Anna (v. hebr. channâh, »Gnade«), Heilige, angeblich Ehefrau des heil. Joachim, soll nach 20jähriger Unfruchtbarkeit Maria, die Mutter Jesu, geboren haben. Sie gilt als Schutzpatronin der Tischler. Gedächtnistag der 26. Juli, bei den Griechen der 9. Dez."

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

28  Rattenkönig

"Rattenkönig: unentwirrbare Mengen von Irrtümern o.ä. Zoologen nennen so eine Anzahl jüngerer Ratten, deren Schwänze während des Zusammenlebens im Nest durch Schorfbildung oder Schmutz miteinander verklebt sind. Von der fettesten Ratte, die als Rattenkönig gilt, ist die Bezeichnung auf das ganze Gewirr übertragen worden. In der übertragenen Bedeutung ist die Vokabel im späten 18. Jh. aufgekommen."

[Quelle: Küpper, Heinz: Wörterbuch der deutschen Umgangssprache. - Berlin : Directmedia, 2000. - 1 CD-ROM  -- (Digitale Bibliothek ; 36). -- ISBN 3898531368. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie diese CD-ROM  bei amazon.de bestellen}] 

29 Rosenkranz


Abb.: Kommunionbildchen mit Rosenkränzen. -- Italien. -- Um 1950

"Rosenkranz (Rosarium, Psalterium Beatae Mariae Virginis, Corona) bezeichnet die volkstümlichste Gebetsübung der röm.-kath. Kirche wie die dazugehörige Perlenschnur. Der Beter lässt die 58 Perlen durch die Finger gleiten und spricht mit den 3 Kreuzperlen beginnend das Credo und 3 Ave Maria mit den Bitten um Glaube, Hoffnung, Liebe, dann bei den 5 größeren je ein Vaterunser und den je 10 kleineren dazwischen je ein Ave Maria. 10 der 50 Ave Maria werden mit einem Jesus-»Geheimnis« verbunden, dem freudenreichen (Weihnachtsfestkreis), dem schmerzensreichen (Passionszeit) und dem glorreichen (übriges Kirchenjahr). Außer diesem gewöhnlichen gibt es noch den großen oder dominikanischen Rosenkranz, dessen 150 Perlen den 150 Psalmen entsprechen, den mittleren, den kleinen, den englischen, die »Krone« usw.

Nach der Legende geht der Rosenkranz auf Dominikus zurück. Er ist jedoch in seiner Form während der Kreuzzüge vom Islam her eingedrungen und dann von den Dominikanern, Zisterziensern, Bettelorden und Rosenkranz Bruderschaften als Ausdruck marianischer Volksfrömmigkeit gepflegt und verbreitet worden ( Marienverehrung: I). Rose, Rosenhag (rosarium) und Rosenkranz (corona) als Symbole mittelalterlicher Lebensfreude (auch Heilkraft) werden auf Maria als Spenderin himmlischer Freuden übertragen: ihr flicht der Beter mit oft wiederholten Grüßen (Ave Maria, Salve Regina usw.) einen Rosenkranz, und sie vergilt ihm mit einem »unsichtbaren Rosendiadem geistlicher Gnaden«. In marianischem Überschwang erscheint das Ave als »Pater Noster de Notre Dame« oder gar als wirksamster Exorzismus. Gegen Ende des MA fügt sich unter den Nöten der Zeit die Meditation der Schmerzensmysterien in die Freudenfrömmigkeit des Rosenkranzes ein. Die heutige Einheitsform gewann der Rosenkranz erst 1573 bzw. 1596 mit der Einführung des Rosenkranzfestes (7. Oktober, Rosenkranzmonat). Während der Aufklärung hatten Rosenkranz wie Marienfrömmigkeit an Bedeutung verloren. Leo XIII. (10 Rosenkranzenzykliken) und die Piuspäpste des 20. Jh.s haben die Rosenkranzfrömmigkeit wieder mächtig gestärkt, das ordnungsgemäß verrichtete Rosenkranzgebet mit verschiedenen Ablässen bedacht (deren Wirkung an den Besitz eines geweihten Rosenkranzes gebunden ist), als Bußleistung nach der Beichte empfohlen und als Heilmittel gegen Gottlosigkeit, Entchristlichung der Familie und Nöte der Zeit gepriesen.

Formal ist der Rosenkranz verwandt mit ähnlichen Gebetsübungen in den Ost-Religionen. Im Islam hilft die Perlenschnur zum Abzählen der 100 Namen (Eigenschaften) Gottes; sie gehört zu bestimmten dzikr- Übungen der Derwische, zur Betrachtung und Versenkung im Buddhismus, bei den Jaina ( Jinismus) und im Hinduismus.

Vorform des Rosenkranzes sind Steine oder Körner zur Bestimmung von Zahl oder Rhythmus von Gebeten. Das Abbeten einer bestimmten Zahl von »Vaterunsern« ist schon im 4. Jh. bezeugt ( Paulus von Theben [† 347], nach Sozomenos), der Gebrauch von »Paternosterschnüren« im 11. Jh., ebenso der rhythmische Wechsel zwischen »Vaterunser« und »Ave Maria« als mönchische Ersatzleistung (150 »Vaterunser« und »Ave Maria« anstelle von 150 Psalmen).

Das stellvertretende Rosenkranzgebet (auch gegen Bezahlung) für Lebende und Tote ist heute noch üblich. Selbst als Amulett gegen Dämonen (vgl. jüd. Gebetsriemen) wird der Rosenkranz volksfromm verstanden. Die prot. Sorge, dass sich das Gebet in sein magisches Gegenteil verkehren und Jesus mehr als Mariensohn denn als Gottessohn erscheinen könne (Subjektverschiebung im Gebet!), teilt der Katholizismus nicht. Nach Pius XII. ist der Rosenkranz »das beste und wirksamste Mittel, die mütterliche Hilfe der Hl. Jungfrau herabzurufen«.

[Quelle: Joachim Lell (1916 - 1993). -- In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG3). -- Bd. 5. -- 1961. -- Sp. 1184 ff.]

30 Benedikt XIII (1649 - 1730),  Papst 1724 - 1730

31 Noch 1952 gab es für Rosenkranzbeten folgende Ablässe:

"ROSENKRANZGEBET
  1. Sooft die Gläubigen andächtig den dritten Teil des Rosenkranzes beten (d. h. 5 Gesetze), wird ihnen ein Ablass von 5 Jahren gewährt; ein vollkommener Ablass unter den gewöhnlichen Bedingungen, wenn sie es einen ganzen Monat lang jeden Tag tun. (Bulle des Papstes Sixtus IV. „Ea quae ex fidelium" vom 12. Mai 1479; Ablasskongregation. 29. August 1899; Pönitentiarie. 18. März 1932 und 22. Januar 1952)
  2. Wenn sie mit anderen zusammen, sei es öffentlich oder privatim, wenigstens den dritten Teil des Rosenkranzes beten, wird ihnen einmal im Tag ein Ablass von 10 Jahren gewährt; ein vollkommener Ablass am letzten Sonntag eines jeden Monats, wenn sie es in jeder der vorausgehenden Wochen wenigstens dreimal tun, dazu beichten, die hl. Kommunion empfangen und eine Kirche oder ein öffentliches Oratorium besuchen. Wenn sie es in der Familie tun, wird ihnen außer dem Ablass von 10 Jahren zweimal im Monat ein vollkommener Ablass gewährt, wenn sie es den ganzen Monat hindurch jeden Tag tun, dazu beichten, die hl. Kommunion empfangen und eine Kirche oder ein öffentliches Oratorium besuchen. (Ablasskongregation. 12. Mai 1851 und 29. August 1899; Pönitentiarie. 18. März 1932 und 26. Juli 1946)
  3. Wenn sie vor dem heiligsten Sakrament, sei es öffentlich ausgesetzt oder auch nur im Tabernakel aufbewahrt, in frommer Gesinnung den dritten Teil des Rosenkranzes beten, wird ihnen ein vollkommener Ablass gewährt, sooft sie es tun; nur müssen sie auch Verzeihung ihrer Sünden erlangen und zum Tisch des Herrn gehen. (Päpstliches. Breve vom 4. September 1927)

NB.

  1. Die einzelnen Gesetze kann man auch getrennt beten; nur muss der Rosenkranz am gleichen Tage abgeschlossen werden. (Ablasskongregation. 8. Juli 1908)
  2. Wenn die Gläubigen, wie dies gewöhnlich der Fall ist, beim Beten einen Rosenkranz benützen, der von einem Dominikaner oder sonst einem bevollmächtigten Priester geweiht ist, können sie außer den erwähnten Ablässen auch noch andere gewinnen. (Ablasskongregation. 13. April 1726, 22. Januar 1858 und 29. August 1899)"

[Quelle: Ablassbuch : Neue amtliche Sammlung der von der Kirche mit Ablässen versehenen Gebete und frommen Werke / Übers.: Erhard Wagenhäuser. -- Einzige von der Ponitentiarie genehmigte vollständige dt. Ausg.  -- 3. Aufl. -- Regensburg : Pustet, 1952. -- XVI, 442 S. ; 8°-- Originaltitel: Enchiridion indulgentiarum. -- S. 180f.]

32 Noch gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Militia Sanctae Mariae Der Orden der Ritter Unserer Lieben Frau gegründet

33 Erzbruderschaften

"Erzbruderschaften sind Bruderschaften (s.d.), die von der Kirche ermächtigt sind, andre Bruderschaften desselben Namens und Zweckes sich anzugliedern und an ihren, ihnen von der Kirche verliehenen Ablässen und Gnaden teilnehmen zu lassen; z. B.
  • die Erzbruderschaft vom Gürtel des heil. Franz von Assisi (1585 errichtet),
  • die Erzbruderschaft vom kostbaren Blute Jesu Christi (1814),
  • die sehr ausgebreitete Erzbruderschaft des heiligen und unbefleckten Herzens Mariä zur Bekehrung der Sünder (1838),
  • die Erzbruderschaft zum Troste der armen Seelen (1841), die Erzbruderschaft Unserer Lieben Frau von den Engeln (1871). "

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

Beringer, Franz: Die Ablässe, ihr Wesen und Gebrauch. -- 14., vom hl. Offizium gutgeheißene Aufl., nach den neustesn Entscheidungen und Bewilligungen / bearbeitet von Josef Hilgers. -- Paderborn : Schöningh. -- 2. Bd. -- 1916. -- S. 109 - 210 nennt folgende Bruderschaften und Erzbruderschaften zu Ehren Marias samt den damit verbundenen Privilegien und Ablässen:

  1. Erzbruderschaft vom Herzen Jesu in der Todesangst und der schmerzhaften Mutter zum Heil der Sterbenden
  2. Erzbruderschaft Unserer Lieben Frau vom heiligsten Herzen Jesu
  3. Erzbruderschaft Unserer Lieben Frau der Königin der Engel
  4. Rosenkranzbruderschaft
  5. Verein des ewigen Rosenkranzes oder die Ehrenwache Mariä
  6. Der lebendige Rosenkranz
  7. Bruderschaft des Skapuliers vom Berge Karmel
  8. Bruderschaft unserer Lieben Frau von der Barmherzigkeit
  9. Erzbruderschaft Maria vom Trost mit dem schwarzledernen Gürtel
  10. Kongregation der allerseligsten Jungfrau (Marianische Kongragation)
  11. Verein der Marienkinder unter dem Schutze der unbefleckten Jungfrau und der hl. Agnes
  12. Verein der unbefleckten Empfängnis der allerseligsten Jungfrau
  13. Verein zu Ehren der unbefleckten Jungfrau und des Hl. Aloisius gegen unehrbare Reden und Scherze
  14. Bruderschaft der sieben Schmerzen Mariä mit dem schwarzen Skapulier
  15. Erzbruderschaft zu Unserer Lieben Frauen Schmerzen am deutschen Gottesacker zu Rom
  16. Erzbruderschaft zu Ehren der schmerzhaften Mutter Gottes für die Rückkehr aller Englisch sprechenden Völker zum katholischen Glauben
  17. Frommer Gebetsverein zu Ehren der schmerzhaften Mutter Gottes für die Rückkehr unserer getrennten Brüder in die hl. römische Kirche
  18. Erzbruderschaft Unserer Lieben Frau von der immerwährenden Hilfe und des hl Alfons von Liguori


    Abb.: Gebetbuch der Erzbruderschaft Unserer Lieben Frau von der immerwährenden Hilfe und des hl Alfons von Liguori. -- 1892
     

  19. Frommer Verein zur Verehrung der seligsten Jungfrau unter dem Titel "Maria vom guten Rat"
  20. Marianischer Sühnungsverein
  21. Erzbruderschaft Unserer Lieben Frau, Heil der Kranken, der hl. Joseph und des hl. Kamillus
  22. Erzbruderschaft Mariä, Königin der Herzen

34 Loreto


Abb.: Schrein des Hauses der Heiligen Familie in Loreto

"Loreto, altes Marienheiligtum in der Provinz Ancona. Seit 1194 ist hier das Bestehen einer fundamentlosen Kapelle als Wallfahrtsort bezeugt. Nach dem Bericht des Propstes Teramanus († 1473) wäre sie das Zimmer der Verkündigung, in dem Jesus von Maria empfangen wurde. Die Apostel gestalteten es in ein Kirchlein um, und der Evangelist Lukas schuf ein hölzernes Bild der Jungfrau mit dem Kind (1921 durch Brand vernichtet). Nach der Eroberung Akkons (1291) trugen die Engel das hl. Haus nach Dalmatien (auf den Hügel Tersat neben Fiume), von dort in den Wald der Frau Loreta bei Recanati (10.12.1294). - Der geschichtliche Kern der Legende scheint die Überführung des Gnadenbildes der Maria von Tersat ins Loreto-Heiligtum zu sein. Baptista Mantuanus (1498), G. Angelita (1525), O. Torsellini (1597) trugen durch ihre Schriften zur Verbreitung der Legende und der »Devotio lauretana« bei. Die Päpste verliehen Loreto besondere Privilegien, 1586 erhob es Sixtus V. zum Bistum, 1632 bewilligte die Ritenkongregation ein Fest der »Translatio almae domus« am 10. Dez., 1669 trug sie dieses Fest ins röm. Martyrologium und 1699 ein eigenes Offizium ins Brevier und Missale ein. - Mehrere Pilger und bes. der Franziskaner Fr. Suriano, Missionar im Hl. Lande (1485), erhoben Protest gegen den Anspruch Loretos und bezeugten, dass das Hl. Haus (eigentlich eine Höhle) noch immer in Nazareth verehrt wurde (vgl. auch P. P. Vergerio, De idolo Lauretano, 1554). Aber in der röm. Kirche verstummte die Kritik fast vollständig bis zum Anfang des 20. Jh.s, als H. Grisar die Loreto-Frage neu aufwarf. Ihm folgten u. a. F. X. Funk, L. de Feis, U. Chevalier, G. Hüffer, welche die »Translatio« der frommen Überlieferung zuschrieben. Verfechter der Legende waren u. a. A. Eschbach, J. Faurax, Il. Rinieri und natürlich das »Collegium defensorum almae Domus« (seit 1907). Nach dem Lateranvertrag (1929) wird das Heiligtum direkt vom Hl. Stuhl verwaltet. 1931 verlieh Pius XI. den Pilgern nach Loreto gleichen Ablass wie den Pilgern nach dein Hl. Lande und Lourdes."

[Quelle: Valdo Vinay  (1906  - 1990). -- In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG3). -- Bd. 4. -- 1960. -- Sp 450f.]

35 Portiunkula-Ablass

"Portiunkula-Ablass heißt der auf Bitten des heil. Franz von Assisi (s. d., Bd. 7, S. 31) von Papst Honorius III. 1216 bewilligte vollkommene Ablass, demzufolge jedem, der von der Vesper des 1. bis zur Vesper des 2. Aug. nach aufrichtiger Reue und Beichte die Portiunkulakirche bei Assisi besucht haben würde, Erlass der Sündenstrafen gewährt sein soll. Durch Gregor XV. wurde das Privileg 1622 auf alle Kirchen der drei Orden vom heil. Franz ausgedehnt. Der Ablass kann toties quoties gewonnen werden, d. h. so oft man an dem vorgeschriebenen Tag eine der privilegierten Kirchen besucht."

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

Noch im Jahr 2005 gilt:

"Der Portiunkula-Ablass kann (nach freier Wahl der Gläubigen) am 2. August oder am darauf folgenden Sonntag (ab 12 Uhr des Vortages bis 24 Uhr des betreffenden Tages) in allen Pfarrkirchen und diesen gleichgestellten Kirchen (Kuratiekirchen) der Diözese sowie in den Ordenskirchen der franziskanischen Ordensfamilien gewonnen werden (jedoch nur einmal als vollkommener Ablass). Er kann auch für Verstorbene, nicht aber für andere noch lebende Mitmenschen gewonnen werden.

Bedingungen:

  1. Empfang des Bußsakramentes (mit entschlossener Abkehr von jeder Sünde) und der Eucharistie sowie Gebet nach Meinung des Hl. Vaters (= Gebet nach freier Wahl, oder ein Vaterunser und ein Gegrüßet seist du, Maria).
  2. Besuch einer Pfarrkirche (oder dieser gleichgestellten Kirche, s. o.) mit dem Gebet Vaterunser und dem Glaubensbekenntnis.

Die unter 1. genannten Bedingungen können mehrere Tage vor oder nach dem Kirchenbesuch erfüllt werden. Jedoch sollten der Empfang der hl. Eucharistie und das Gebet nach Meinung des Heiligen Vaters sinnvollerweise am Ablasstag selber geschehen.

Eine weitere Voraussetzung zur Gewinnung eines vollkommenen Ablasses ist, dass man sich innerlich frei macht von jeder Anhänglichkeit an eine Sünde, auch an eine bewusste lässliche Sünde.

Fehlt die volle Disposition oder bleibt eine der Bedingungen unerfüllt, gewinnt man einen Teilablass (Gott will uns ganz, nicht halb; so verlangt der vollkommene Ablass entschiedene Umkehr, ganze Hinwendung zu Gott, Rückkehr zu jener ersten Liebe, die Christus das große erste Gebot nennt)."

[Quelle: http://www.adorare.de/portiunkula.html. -- Zugriff am 2005-01-12]

36 Compagnie Jesu = Jesuiten (Gesellschaft Jesu)

37 vulva = äußere weibliche Geschlechtsorgane

38  haut-goût (französisch):  pikanter Geschmack, der eigentümliche Wildgeschmack, den totes Wild nach längerm Liegen annimmt, bezeichnet den Anfang der Fäulnis des Fleisches.

39 Damiani

"Damiani, Petrus, einer der einflußreichsten Geistlichen des 11. Jahrh., geb. 1007 in Ravenna, gest. 23. Febr. 1072, verlor früh seine Eltern und verbrachte zunächst schwere Jugendjahre, bis ihm ein älterer Bruder die Mittel gewährte, in Faënza und Parma weltliche Studien zu treiben. Obwohl er selbst schon ein berühmter Lehrer geworden war, entsagte er plötzlich dem weltlichen Leben und trat um 1036 in das Kloster Fonte Avellana in der Diözese Gubbio, wo er sich durch seine strenge Askese und durch seine Predigten auszeichnete und um 1043 Abt wurde. Er wirkte nun aufs eifrigste für die Reform der verwilderten italienischen Kirche, insbes. der Klöster; 1049 übersandte er Leo IX. seinen »Liber Gomorrhianus«, der die Ausschweifungen des Klerus aufs rücksichtsloseste angriff. 1057 wurde Damiani von Stephan IX. zum Kardinalbischof von Ostia erhoben und kämpfte seitdem gemeinsam mit Hildebrand (später Gregor VII.) gegen Simonie und Priesterehe. 1059 verhalf er in Mailand der Reformpartei zum Sieg und wohnte dem römischen Laterankonzil bei, kehrte 1061 auf einige Zeit in sein Kloster zurück, wurde aber schon 1062 von Hildebrand genötigt, es wieder zu verlassen, und musste seine Begabung in den Dienst der Politik Hildebrands stellen, obwohl er dessen hierarchischen Standpunkt keineswegs teilte. 1062 wirkte er für die Anerkennung Alexanders II. durch den deutschen Hof und nötigte 1069 als päpstlicher Legat Heinrich IV. zum Verzicht auf seinen Ehescheidungsplan. Den Ausbruch des eigentlichen Investiturstreits hat er nicht mehr erlebt. Seine Schriften wurden vom Kardinal Cajetan gesammelt (beste Ausg., Vened. 1743, 4 Bde.). "

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

40 zelotisch: eifernd, fanatisch

41 Zu solch brünstiger Mystik:

"Mystik, sexuelle. Schon in der frühchristlichen Zeit proklamierten religiöse Fanatiker das Ideal absoluter Keuschheit, und mit der Einführung des Zölibats für Geistliche, Mönche und Nonnen wurden große Volkskreise von vornherein zu ihm verurteilt. Kein Wunder, wenn die sexuellen Triebe nach Auswegen suchten. Gröber veranlagte Naturen halfen sich durch Verletzung und Umgehung der Gelübde, feiner organisierte dadurch, dass sie mit mehr oder weniger Glück den Sexualtrieb zu sublimieren und auf religiöses Gebiet hinüberzuspielen suchten. Die christliche Askese bot dafür, namentlich in der Flagellation, günstige Möglichkeiten. Daneben aber stand noch ein anderer Weg offen: die Übertragung der sexuellen Libido auf die heiligen Personen des christlichen Dogmas, und zwar in erster Linie auf Maria beim männlichen und Christus beim weiblichen Geschlecht. Maria Magdalena von Pazzi fühlte sich derart in die Wonnen der Brautschaft mit Jesus ein, dass sie aus dem seelischen Orgasmus kaum mehr herauskam. Wie rasend stürmte sie oft durch das Kloster und rief mit lauter Stimme: »Liebe, Liebe, Liebe!« Wurde die Seligkeit zu groß, so schrie sie: »Es ist genug, mein Jesus! Entflamme nicht stärker diese Flamme, die mich verzehrt!« Agnes Blannbeckin (s. d.) glaubte, das Präputium des Heilands auf der Zunge zu spüren. Sie schluckte es hinunter, und die »Süßigkeit«, die sie dabei empfand, war so groß, »dass sie in allen Gliedern und in allen Muskeln eine süße Umwandlung fühlte«. Der ehrwürdigen Passidea von Siena erschien, wenn sie sich halb tot gegeißelt hatte, Christus von Blut überströmt, streckte seine Arme nach ihr aus und rief mit zärtlicher Stimme: »Schmecke, meine Tochter, schmecke!« Der sexuelle Unfug griff epidemisch um sich. Die liebestollen Nonnen nahmen sich Bilder und Jeserl- Puppen (s. d.) mit ins Bett, ja, die später selig gesprochene Veronika Juliani nahm in Vertretung des himmlischen Geliebten sein Sinnbild, ein Lämmchen, zu sich und versuchte es zu säugen. Christine Ebner träumte, sie gebäre Jesus ein Kind, und Brigitta von Schweden konstatierte an sich sogar die Kindsbewegungen als Folgen der himmlischen Beiwohnung. Auch der letzte Schritt wurde getan: Anna Vetter behauptete, das Wunderprodukt aus dieser mystischen Umarmung zur Welt gebracht zu haben. Die Nonne Armelle lebte in der Vorstellung, in der Seitenwunde Jesu zu wohnen, und Katharina von Siena genoss das Glück, dass Christus ihr das Herz aus dem Leibe nahm und ihr an seiner Statt nach einigen Tagen das seine einsetzte. Ähnlich erging es Maria Alacoque (17. Jahrhundert); ihr Biograph, der Bischof Languet, versichert sogar, dass sie Jesus förmlich geheiratet habe, und berichtet über die Feier des Verlöbnisses und der Trauung. Zu entsprechenden mystischen Wahnsinnsakten kam es in den Mönchsklöstern. Verschiedene der heiligen Brüder rühmten sich, den körperlichen Kuss Marias empfangen zu haben, und die Auserlesensten, so der heilige Bernhard und der abschreckend hässliche Dominikanermönch Alanus, durften gar, wenn man ihren Versicherungen glauben will, die Milch aus ihren Brüsten schlürfen."

[Quelle: Bilderlexikon der Erotik : Universallexikon der Sittengeschichte und Sexualwissenschaft / Institut für Sexualforschung. -- 
Wien, 1928-1932. -- CD- ROM-Ausgabe: Berlin : Directmedia, 1999. -- (Digitale Bibliothek ; 19). -- ISBN 3932544242. -- S. 3227ff. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie diese CD-ROM  bei amazon.de bestellen}]

42 Cajetan

" Cajetan, eigentlich Jakob (oder mit dem Klosternamen Thomas de Vio von Gaëta), gelehrter Kanonist und Scholastiker, geb. 20. Febr. 1469 in Gaëta, gest. 9. Aug. 1534 in Rom, Dominikaner, lehrte Theologie zu Brescia, Pavia und Rom. 1508 wurde er General der Dominikaner, 1517 Kardinal, erhielt 1519 das Bistum Gaëta und ging 1523 als Legat nach Ungarn. Cajetan ist bekannt teils durch seinen vergeblichen Versuch, 1518 zu Augsburg Luther zum Widerruf zu bewegen, teils durch eine die Berechtigung des Wortsinnes anerkennende und hin und wieder vom Geiste der Kritik angewehte Erklärung vieler biblischer Schriften. Seine »Opera omnia« erschienen zu Lyon 1639, 5 Bde."

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

43 Gerson

"Gerson, Jean Le Charlierde, einer der gelehrtesten und einflußreichsten Theologen des 15. Jahrh., geb. 14. Dez. 1363 in Gerson (Reims), gest. 12. Juli 1429 in Lyon, Schüler Pierre d'Aillys (s.d.) in Paris, wurde 1392 Doktor der Theologie, 1395 Kanzler der Universität. Gerson wirkte durch Schriften (»De unitate ecclesiastica«, »De auferibilitate papae ab ecclesia«) und Tat eifrig mit zur Beseitigung des päpstlichen Schismas und zur Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern (s. Reformatio). Seine energische Haltung gegenüber dem flüchtigen Papst und der Unsittlichkeit der Geistlichkeit auf dem Konzil zu Konstanz trug ihm den Titel eines Doctor christianissimus ein. Der Sophistik Jean Petits, der die Ermordung des Herzogs von Orléans durch den Herzog von Burgund zu rechtfertigen versucht hatte (s. Johann [Burgund]), trat er entgegen. Den Nachstellungen des Herzogs entging er durch Flucht. 1419 zog er sich in das Kanonikat St. Paul in Lyon zurück. Seine »Considerationes de mystica theologia speculativa et practica« erstreben Einheit der mystischen und scholastischen Theologie. Den Priestern gab er Ratschläge zur seelsorgerischen Behandlung der Jugend in der Schrift »De parvulis ad Christum trahendis«. Auch drang er in den Briefen »De reformatione theologiae« auf fleißiges Bibelstudium. Als musikalischer Schriftsteller betätigte er sich in der Abhandlung: »De canticorum originali ratione«. Die beste Sammlung seiner Schriften gab du Pin (Antwerpen 1706, 5 Bde.) heraus."

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

44 Johannes XXII. (ca 1245 - 1334), Papst von 1316 bis 1334

45 Skapulier

"Skapulier heißt in der katholischen Kirche auch ein Sakramentale (s. Sakramentalien), das aus zwei mit dem Bilde Mariens oder der Leidenswerkzeuge Christi versehenen Tuchflecken besteht und an zwei Bändchen unter den Kleidern auf Brust und Rücken getragen wird. Die Inhaber solcher Skapuliere gehören einer Skapulierbruderschaft (s. Bruderschaften, religiöse) an, deren vorzüglichste die »Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel« (daher Karmelitenskapulier, eingeführt 1587) ist mit dem Skapulierfest am dritten Sonntag im Juli."

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

46 Ambrosius (ca. 340 - 397): Heiliger, berühmter Kirchenlehrer

47 Anselmus von Canterbury (1033 - 1109), Erzbischof von Canterbury, einer der Begründer der scholastischen Theologie

48 Bernhard von Clairvaux

"Bernhard von Clairvaux (spr. klärwo), der Heilige, der bedeutendste unter den romanischen Mystikern des Mittelalters, geb. 1090 in Fontaines bei Dijon, trat mit 30 Gefährten in das Kloster Citeaux und wurde 1115 erster Abt des neugestifteten Klosters Clairvaux. Seine Sittenstrenge, die tiefe Frömmigkeit, die Glut seiner Beredsamkeit machten ihn zum Gegenstande der Bewunderung und ermöglichten ihm in den Kämpfen jener Zeit eine weitgreifende Wirksamkeit. Seinen Bemühungen verdankte es Papst Innocenz II., dass er seines Gegenpapstes Anaklet 11. Herr wurde. Den höchsten Gipfel seines Einflusses erreichte Bernhard, als Papst Eugen III., sein Schüler, vor Arnold von Brescia flüchtend, sich ihm in die Arme warf. Seine Beredsamkeit und seine Wundertätigkeit entflammte in französischen und deutschen Landen die Begeisterung zum zweiten Kreuzzug, dessen unglücklicher Ausgang ihn tief betrübte. Nicht ohne gerechten Tadel bleibt sein Verhalten gegen Abälard (s. d.), dessen Verurteilung auf der Synode zu Sens er durchsetzte. Auch die religionsphilosophischen Lehren des Bischofs Gilbert von Poitiers ließ er 1148 verdammen, und nicht minder eifrig wirkte er gegen die ketzerischen Sekten im Süden Frankreichs, wiewohl er sich allen äußern Gewaltmaßregeln abgeneigt zeigte. Bernhard starb 20. Aug. 1153 in Clairvaux und ward von Papst Alexander III. 1173 heilig gesprochen. Seine Schriften (Abhandlungen, Predigten, Hymnen) sind herausgegeben von Mabillon (Par. 1667; 3. Ausg. 1719, 2 Bde.; wiederholt in Mignes »Patrologie«). Unter seinen Schriften sind die bedeutendsten: »De consideratione libri V«, an Papst Eugen III. gerichtet (hrsg. von Schneider, Berl. 1850), und die »Sermones de cantico canticorum« (in Auswahl hrsg. von Baltzer, Freib. 1893)."

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

49 Jacobus Pontanus, eigentl.: Spanmüller (1542 - 1626): Jesuit, Theologe, Philologe, Latinist

50 Nieremberg, Juan Eusebio (ca. 1595-1658): spanischer Jesuit deutscher Herkunft, Asketiker, begehrter Exerzitienmeister, 73 (z. T. asketisch-mystische) viel geleseneWerke

51 kann ich bibliographisch nicht nachweisen

52 Klopstock, Friedrich Gottlieb (1724 - 1803): Epiker, Lyriker, Dramatiker und Literaturtheoretiker. Sein Hauptwerk ist das fast 20.000 Verse enthaltende Epos "Messias". Erzählt wird darin die Leidensgeschichte Christi vom Einzug in Jerusalem bis zur Himmelfahrt.

53 Als neuere Mariologie siehe z.B.:

Schmaus, Michael <1897 - 1993>: Katholische Dogmatik. -- München : Hueber. -- 5. Band: Mariologie. -- 2., erweiterte Aufl. -- 1961. -- 502 S.

54 Suarez, Franz, geb. 1548 in Granada, Jesuit, lehrte an verschiedenen Universitäten, zuletzt in Coimbra, gest. 1617 in Lissabon. Suarez ist der bedeutendste und gelehrteste Spät-Scholastiker und hat durch seine Schriften großen Einfluss ausgeübt. In seinen Anschauungen ist er wesentlich von Thomas von Aquino beeinflußt.

55 Gumppenberg, Gulielmus <1609 - 1665>: Atlas Marianus sive de imaginibus Deiparæ per orbem Christianum miraculosis ... liber I. (-IV.). -- Ingolstadt, 1657 - 1659. -- 4 Teile.

"Gumppenberg, Wilhelm Frh. von, Jesuit, Theologe, geb. 17.7.1609 München, gest. 8.5.1675 Innsbruck

Der Sohn eines bayerischen Kämmerers trat 1625 in Landsberg/Lech in die Gesellschaft Jesu ein und studierte in Ingolstadt und Rom, wo er zehn Jahre lang als Prof. der Theologie und Philosophie sowie einige Jahre als päpstlicher Pönitentiar in St. Peter wirkte. 1639 lehrte Gumppenberg an der Univ. Ingolstadt, war später Volksmissionar in Bayern, Tirol und der Schweiz und galt als hervorragender Prediger. Er wurde vor allem durch seinen Atlas Marianus (1657) bekannt, eine Beschreibung von über 1200 Marienwallfahrten, die, vielfach neuaufgelegt und übersetzt, das verbreitetste religiöse Illustrationswerk des 17.Jh. war."

[Quelle: Deutsche biographische Enzyklopädie & Deutscher biographischer Index. -- CD-ROM-Ed. -- München : Saur, 2001. -- 1 CD-ROM. -- ISBN 3-598-40360-7. -- s.v.]

56 Marraccius, Hippolytus: Bibliotheca Mariana alphabetico ordine digesta ... qua, auctores, qui de Maria Deiparente Virgine scripsere, cum recensione operum, continentur, etc. -- Rom, 1648. -- 2 Teile.

57 Gaßner

" Gaßner, Johann Joseph, berüchtigter Teufelsbanner, geb. 20. Aug. 1727 zu Bratz bei Bludenz in Vorarlberg, gest. 4. April 1779, studierte bei den Jesuiten zu Innsbruck und Prag, erhielt 1751 das Amt eines Frühmesners zu Dalgs und 1758 die Pfarrei zu Klösterle am Arlberg. Er gab vor, mittels Teufelsbeschwörungen Kranke heilen zu können. Vom Bischof von Konstanz unterstützt, dann, als dieser Gaßner sein Treiben verwehrte, 1774 vom Bischof Fugger von Regensburg nach Ellwangen und nach Regensburg berufen, erhielt Gaßner hier einen unbeschreiblichen Zulauf aus Böhmen, Österreich, Bayern, Schwaben, Franken, ja selbst aus den niederrheinischen Provinzen, bis Joseph II. 1777 dem Unwesen steuerte und Gaßner befahl, Regensburg zu verlassen. Der Bischof, der ihn zu seinem Hofkaplan und Geistlichen Rat ernannt hatte, wies ihm die Pfarrei Bendorf an, wo er bald darauf ganz verschollen starb. Die über ihn erschienenen Schriften bilden den Inhalt der »Zauberbibliothek« (Augsb. 1776). Lavater und in neuerer Zeit Eschenmayer (in Kiefers »Zeitschrift für tierischen Magnetismus«) haben Gaßners Heilmethode verteidigt."

[Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]

58 kann ich bibliographisch nicht nachweisen

59 Maria d' Agreda

"AGREDA, Maria de, Äbtissin und Visionärin, * 2.4. 1602 in Agreda (Spanien), † daselbst 24.5. 1665. - Maria wurde mit ihrer Mutter und Schwester Nonne in dem zu einem Franziskanerinnenkloster umgewandelten Elternhaus und war seit 1627 Äbtissin dieses Klosters von der unbefleckten Empfängnis. Sie ist bekannt durch ihre Visionen über das Leben der Gottesmutter, die sie niederschrieb. Nach ihrem Tod erschienen ihre Visionen unter dem Titel »Mistica Ciudad de Dios« (»Die mystische Stadt Gottes«), Madrid 1670. Über den Inhalt und die Erlaubnis zum Lesen dieses phantastischen Buches entspann sich ein langer Streit in der katholischen Kirche des 17. und 18. Jahrhunderts. - Der schon 1673 eingeleitete Seligsprechungsprozess ist noch nicht abgeschlossen."

[Quelle: Friedrich Wilhelm Bautz. -- http://www.bautz.de/bbkl/a/agreda_m.shtml. -- Zugriff am 2005-01-12] 

60 In Panizzas Werk S. 39 - 101

61 Fürtuch = Schürze

62 Minerva = Athene

63 Puerperium = Kindbett

64 Hymen = Jungfernhäutchen

65 uterus clausus: (durch das Jungfernhäutchen) verschlossene Gebärmutter

66 Wochenfluss:  Sekrete, welche während des Wochenbettes oder Kindbettes aus der Scheide der Wöchnerin abfließen.

67 ambrosianisch zu Ambrosia = Götterspeise

68 sententia haeretica und expurganda (lateinisch): ketzerische und zu beseitigende Lehrmeinung

69 primo loco (lateinisch): an erster Stelle

70 Nicolas

"NICOLAS, Jean Jacques Auguste (z.T. nur Auguste); Laienapologet; * 6. Januar 1807 Bordeaux, + 17. Januar 1888 Versailles.

Geboren als Sohn eines Kaufmannes besuchte Nicolas die Schulen in Bordeaux und studierte anschließend Rechtswissenschaft in Toulouse und Paris. Im November 1830 wurde er Advokat in Poitiers, um sich kurz darauf wieder in Bordeaux niederzulassen, als Sektretär des berühmten Advokaten Maximin Lacoste. Nicolas heiratete 1835 Angélique Duclos, wodurch er zu seiner Berufung des Apologeten kam. Um genügend Zeit dazu zu haben, besetzte Nicolas nur geringe Stellen, wie die eines Friedensrichters. Selbst Lacordaire erachtete 1841 das eben beendete Werk von Nicolas als bedeutungsvoll und riet zwingend zum Druck.

Unter Falloux als Kultusminister wurde er 1849 in dessen Ministerium berufen und 1854 zum Inspizienten der Bibliotheken ernannt. Nach sechs Jahren kehrte er zum angestammten Metier der Rechtswissenschaft zurück als Richter des Seine-Bezirkes. Sein höchstes Amt war das des königlichen Rates, das er ab 1867 innehatte. Die Krise von 1870/71 in Frankreich führte bei Nicolas zu einem neuen Schub an Werken, politischer, sozialer und apologetischer Ausrichtung. 1877 trat Nicolas in den Ruhestand und zog sich nach Versailles zurück.

Seine zahlreichen vor allem theologisch geprägten Schriften zeigten eine sehr breite Wirkung, was sich auch an den vielen Auflagen ablesen lässt. Die populär gehaltenen Werke haben wenig theologische Tiefe und sind historisch wenig kritisch. Doch mindert das keineswegs seine Leistung als Nichttheologe und die Wirkung seiner Werke im französischen Sprachraum. Daneben wurde einige seiner Werke ins Deutsche, Englische, Italienische, Spanische und Polnische übertragen. Mit zunehmendem Alter wurde Nicolas' offene Haltung antiliberaler und ultramontaner."

[Quelle: Walter Troxler. -- http://www.bautz.de/bbkl/n/nicolas_j_j_a.shtml. -- Zugriff am 2005-01-12]

71 Folio: Buchformat, bei dem der Bogen nur in zwei Blätter gebrochen ist und vier Druckseiten enthält, also ein Großformat

72 Quart:  Buchformat, bei dem der Bogen vier Blätter und acht Seiten zählt, d.h. halbe Blattfläche wie bei Folio

73 Palladium: heilig gehaltenes Schutzmittel

74 z.B. der Münchner Theologieprofessor Ignaz Döllinger sowie die späteren Altkatholiken

75 Allerseelentag: 2. November

76 hyperdulisch

"Im Glaubensbereich ist eine doppelte Verehrung zu unterscheiden: die Verehrung der Anbetung und die Verehrung der Hochschätzung, welch letztere sich wieder auswirkt in Lobpreis und Anrufung. Die Verehrung der Anbetung gebührt Gott allein. Gott ist der Heilige, der um seiner selbst willen in einer unbedingten Hingabe und Bereitschaft anerkannt werden muss. Er selbst ist der Grund der ihm dargebrachten Verehrung (s. Bd. I § 76). Wenn die Verehrung in äußeren Sinnbildern und Zeichen geschieht und von der Gemeinschaft getragen wird, sprechen wir vom Kult (vgl. M. Schmaus, Der Kult und der heutige Mensch, München 1961, darin besonders die Beiträge von J. Jungmann, J. Pascher, E. Schlink und M. Schmaus). Gott wird Kult dargebracht um seinetwillen. Es gibt hierfür keinen Grund außerhalb seiner. Wir nennen daher den ihm erwiesenen Kult den absoluten Kult (cultus latriae).

Jede nicht Gott dargebrachte Verehrung, jede Verehrung eines Geschöpfes hat relativen Charakter. Wenn der nächste und unmittelbare Grund für die Verehrung eines Geschöpfes auch in diesem selbst liegt, so weist er doch auf einen letzten Grund zurück, der nicht mehr im Geschöpfe, sondern im Schöpfer liegt. Dies ist im Geschöpfcharakter des Geschöpfes begründet. In dieser Rückbezogenheit auf Gott werden die Heiligen verehrt. In ihnen stellt sich der Bezug zu Gott nicht nur als Kreatürlichkeit, sondern als Heiligung durch Christus im Heiligen Geiste dar (vgl. Bd. III 2 §§ 182 f.). Sie werden gepriesen und um ihre Fürbitte bei Gott angerufen um Christi willen. Von ihnen gilt, dass sie nichts aus sich vermögen (Jo 15, 5), dass sie vielmehr nur in Jesus Christus vermögend sind. Infolge ihrer Existenz „mit ihm" (Bd. III 2 § 182) ist ihr Vermögen von größtem Reichtum und von größter Kraft. In ihrer Lobpreisung wird nicht menschliche Ehre gegen Gottes Ehre aufgerichtet oder ausgespielt. Letztlich gilt der Preis des Heiligen dem lebendigen Gott selbst. Bei der Ehrung des Heiligen geht es um Gottes Ehre, um Gott selbst, von dem es Ex 15, 11 (nach der Vulgata-Übersetzung heißt): „Glorreich ist Gott in seinen Heiligen, erhaben in seiner Majestät, Wunder wirkend".

Der relative Kult der Heiligen gründet und wurzelt also in dem absoluten Kult Gottes, sowie die entsprechende Bedingung der Heiligenverehrung, nämlich die Heiligkeit der Heiligen, in der unbedingten Heiligkeit Gottes gründet. Jede Heiligkeit des Geschöpfes ist abgeleitete Heiligkeit, abgeleitet aus Gottes Urheiligkeit. Jede Verehrung eines Heiligen ist demgemäß abgeleitete Verehrung, abgeleitet von der absoluten Verehrung Gottes. Wir nennen die abgeleitete Verehrung der Heiligen Dulie (dulia).

Maria gebührt eine Art von Dulie, welche über jene allen anderen gezollte hinausgeht. Um den tiefgreifenden Unterschied auszudrücken, sprechen wir von Hyperdulie, von einer Dulia, welche die Dulie aller anderen überragt und transzendiert. Auch die Hyperdulie ist jedoch wesentlich von der Anbetung Gottes verschieden. Es gehört zu den schlimmsten Missverständnissen, wenn der katholischen Marienverehrung vorgeworfen wird, sie bedeute Anbetung Marias. Es liegt im Interesse eines echten ökumenischen Gesprächs, dass dieser unberechtigte Vorwurf für immer aus der antikatholischen Polemik ausscheidet. Dabei lässt sich zugeben, dass manche Formeln und Formen der Marienverehrung für den oberflächlichen und flüchtigen Blick den Anschein der Anbetung zu erwecken vermögen. Wenn man indes deren Sinn bedenkt und durch die Formeln zu ihm durchstößt, bleibt von der Anbetung nichts mehr übrig. Auch die Maria entgegengebrachte Verehrung gilt einem Geschöpf, wenngleich die nach Jesus Christus das höchste auf der Ebene der Heilsgeschichte ist."

[Quelle: Schmaus, Michael <1897 - 1993>: Katholische Dogmatik. -- München : Hueber. -- 5. Band: Mariologie. -- 2., erweiterte Aufl. -- 1961. -- 502 S. -- S. 427ff.]

77 Pönitenz-Taxen: Bussen, die bei der Beichte auferlegt werden (z.B. drei Vaterunser, drei Gegrüßet, drei Ehresei)

78 Ceres: bei den Römern eine der griechischen Demeter nachgebildete Personifikation des Getreides.

79 Heute gibt es Neapel u.a. folgende Methode, richtige Lotto-Zahlen zu bekommen:

"Ein anderer Brauch ist das Gebet zu Gott oder der Madonna an einem Montag. Anschließend betet man fünf Ave Maria und fünf Vater-Unser. Danach spricht man eine Formel, die zu einem Traum verhilft, aus dessen Handlung sich die Gewinnzahlen ergeben sollen. Es ist meistens die Mutter Gottes, die um die richtigen Zahlen gebeten wird, wie z.B. die Madonna von Pietrigrotta oder die Madonna del Carmine (bekannt als die „schwarze Mamma“)."

[Quelle. http://www.portanapoli.com/Neapel/Kultur/body_kut_lottoriten.html. -- Zugriff am 2005-01-12]

80 Das Käppele ist ein Marien-Heiligtum, das vor zweihundertfünfzig Jahren von der dankbaren Liebe des fränkischen Volkes zur Ehre der Gottesmutter errichtet wurde. [Webpräsenz: http://uploader.wuerzburg.de/kaeppele/. -- Zugriff am 2005-01-12]

81 Glossolalie: exstatisches, unverständliches Reden ("Reden in Zungen")

82  Daktylus:, ein Versfuß, der aus einer langen und zwei kurzen Silben besteht: È È

83 engouement (französisch): Schwärmerei


Anhang: Informationen zum Ablass (2005)

"II. Informationen zum Ablass:


1. Katechismus der Katholischen Kirche: unser Glaube und der Ablass!

2. Grundsätzliche Informationen zur Ablassgewinnung nach aktuellem Recht.

3. Ausgewählte vollkommene Ablässe, die in der Zeit bis zum Weißen Sonntag gewonnen werden können.

4. Die vom Heiligen Stuhl per 28. Oktober 2003 auf die Buchenhüller Wallfahrtskirche für immer bezogenen und gewährten Ablässe zum Nachlesen und Gewinnen.

1. Katechismus der Katholischen Kirche (1993)

1471

Die Lehre über die Ablässe und deren Anwendung in der Kirche hängen eng mit den Wirkungen des Bußsakramentes zusammen.

Was ist der Ablass?

"Der Ablass ist Erlass einer zeitlichen Strafe vor Gott für Sünden, die hinsichtlich der Schuld schon getilgt sind. Ihn erlangt der Christgläubige, der recht bereitet ist, unter genau bestimmten Bedingungen durch die Hilfe der Kirche, die als Dienerin der Erlösung den Schatz der Genugtuungen Christi und der Heiligen autoritativ austeilt und zuwendet."

"Der Ablass ist Teilablass oder vollkommener Ablass, je nachdem er von der zeitlichen Sündenstrafe teilweise oder ganz freimacht." Ablässe können den Lebenden und den Verstorbenen zugewendet werden (Papst Paul VI., Apostolische Konstitution "Indulgentiarum doctrina" normæ 1-3).

Die Sündenstrafen

1472

Um diese Lehre und Praxis der Kirche zu verstehen, müssen wir wissen, dass die Sünde eine doppelte Folge hat. Die schwere Sünde beraubt uns der Gemeinschaft mit Gott und macht uns dadurch zum ewigen Leben unfähig. Diese Beraubung heißt "die ewige Sündenstrafe". Andererseits zieht jede Sünde, selbst eine geringfügige, eine schädliche Bindung an die Geschöpfe nach sich, was der Läuterung bedarf, sei es hier auf Erden, sei es nach dem Tod im sogenannten Purgatorium [Läuterungszustand]. Diese Läuterung befreit von dem, was man "zeitliche Sündenstrafe" nennt. Diese beiden Strafen dürfen nicht als eine Art Rache verstanden werden, die Gott von außen her ausüben würde, sondern als etwas, das sich aus der Natur der Sünde ergibt. Eine Bekehrung, die aus glühender Liebe hervorgeht, kann zur völligen Läuterung des Sünders führen, so dass keine Sündenstrafe mehr zu verbüßen bleibt [Vgl. Konzil von Trient: DS 1712-1713; 1820] (Vgl. dazu im Katechismus auch 1861, 1031).

1473

Die Sündenvergebung und die Wiederherstellung der Gemeinschaft mit Gott bringen den Erlass der ewigen Sündenstrafen mit sich. Zeitliche Sündenstrafen verbleiben jedoch. Der Christ soll sich bemühen, diese zeitlichen Sündenstrafen als eine Gnade anzunehmen, indem er Leiden und Prüfungen jeder Art geduldig erträgt und, wenn die Stunde da ist, den Tod ergeben auf sich nimmt. Auch soll er bestrebt sein, durch Werke der Barmherzigkeit und der Nächstenliebe sowie durch Gebet und verschiedene Bußübungen den "alten Menschen" gänzlich abzulegen und den "neuen Menschen" anzuziehen [Vgl. Eph 4,24] (Vgl. dazu auch im Katechismus 2447).

In der Gemeinschaft der Heiligen

1474

Der Christ, der sich mit der Gnade Gottes von seiner Sünde zu läutern und sich zu heiligen sucht, steht nicht allein. "Das Leben jedes einzelnen Kindes Gottes ist in Christus und durch Christus mit dem Leben aller anderen christlichen Brüder in der übernatürlichen Einheit des mystischen Leibes Christi wie in einer mystischen Person in wunderbarem Band verbunden" (Papst Paul VI., Apostolische Konstitution "Indulgentiarum doctrina" 5) (Vgl. dazu auch im Katechismus 946 - 959, 795).

1475

In der Gemeinschaft der Heiligen "besteht unter den Gläubigen - seien sie bereits in der himmlischen Heimat oder sühnend im Reinigungsort oder noch auf der irdischen Wanderschaft - in der Tat ein dauerhaftes Band der Liebe und ein überreicher Austausch aller Güter" (ebd.). In diesem wunderbaren Austausch kommt die Heiligkeit des einen den anderen zugute, und zwar mehr, als die Sünde des einen dem anderen schaden kann. So ermöglicht die Inanspruchnahme der Gemeinschaft der Heiligen dem reuigen Sünder, dass er von den Sündenstrafen früher und wirksamer geläutert wird.

1476

Diese geistlichen Güter der Gemeinschaft der Heiligen nennen wir auch den Kirchenschatz. "Er ist nicht so etwas wie eine Summe von Gütern nach Art von materiellen Reichtümern, die im Lauf der Jahrhunderte angesammelt wurden. Vielmehr besteht er in dem unendlichen und unerschöpflichen Wert, den bei Gott die Sühneleistungen und Verdienste Christi, unseres Herrn, haben, die dargebracht wurden, damit die gesamte Menschheit von der Sünde frei werde und zur Gemeinschaft mit dem Vater gelange. Der Kirchenschatz ist Christus, der Erlöser, selbst, insofern in ihm die Genugtuungen und Verdienste seines Erlösungswerkes Bestand und Geltung haben [Vgl. Hebr 7,23-25; 9,11-28]" (ebd.) (Vgl. dazu auch im Katechismus 617).

1477

 "Außerdem gehört zu diesem Schatz auch der wahrhaft unermessliche, unerschöpfliche und stets neue Wert, den vor Gott die Gebete und guten Werke der seligsten Jungfrau Maria und aller Heiligen besitzen. Sie sind den Spuren Christi, des Herrn, mit seiner Gnade gefolgt, haben sich geheiligt und das vom Vater aufgetragene Werk vollendet. So haben sie ihr eigenes Heil gewirkt und dadurch auch zum Heil ihrer Brüder in der Einheit des mystischen Leibes beigetragen" (ebd.) (Vgl. dazu auch im Katechismus 969).

Gott erlässt Sündenstrafen durch die Kirche

1478

Der Ablass wird gewährt durch die Kirche, die kraft der ihr von Jesus Christus gewährten Binde- und Lösegewalt für den betreffenden Christen eintritt und ihm den Schatz der Verdienste Christi und der Heiligen zuwendet, damit er vom Vater der Barmherzigkeit den Erlass der für seine Sünden geschuldeten zeitlichen Strafen erlangt. Auf diese Weise will die Kirche diesem Christen nicht nur zu Hilfe kommen, sondern ihn auch zu Werken der Frömmigkeit, der Buße und der Nächstenliebe anregen [Vgl. Papst Paul VI., Apostolische Konstitution "Indulgentiarum doctrina" 8; Konzil von Trient: DS 1835] (Vgl. dazu auch im Katechismus 981).

1479

Da die verstorbenen Gläubigen, die sich auf dem Läuterungsweg befinden, ebenfalls Glieder dieser Gemeinschaft der Heiligen sind, können wir ihnen unter anderem dadurch zu Hilfe kommen, dass wir für sie Ablässe erlangen. Dadurch werden den Verstorbenen im Purgatorium (= Fegefeuer) für ihre Sünden geschuldete zeitliche Strafen erlassen (Vgl. dazu auch im Katechismus 1032)


2. Grundsätzliche Informationen zur Ablassgewinnung nach aktuellem Recht:


Ablässe als Nachlässe zeitlicher Sündenstrafen können also für sich selbst oder fürbittweise den armen Seelen der Verstorbenen zugewendet werden, um ihnen eine Abkürzung der Fegefeuerzeit zu ermöglichen. Zur Gewinnung nun eines vollkommenen Ablasses müssen generell fünf Bedingungen eingehalten werden:

  1. sakramentale Beichte, also Befreiung von Schuld (dabei genügt eine Beichte zur Gewinnung mehrerer Ablässe, etwa 20 Tage vorher oder nachher, wenn es sich um keine schweren Sünden handelte);

  2. entschlossene Abkehr von jeder Sünde, also der feste Vorsatz, in allen (auch kleineren) Dingen ganz nach dem Willen Gottes leben zu wollen;

  3. würdiger Empfang der heiligen Kommunion, also die sakramentale Vereinigung mit Jesus Christus in der heiligsten Eucharistie als Frucht des Messopfers;

  4. Gebet nach Meinung des Heiligen Vaters, also Gebet für den Stellvertreter Christi auf Erden, der den Nachlass von Sündenstrafen (= Ablass) gewähren kann (nach freier Wahl, z. B. Traditionell ein Vater unser und ein Gegrüßet seist du Maria),

  5. Erfüllung des vorgeschriebenen Werkes (z. B. durch das Beten eines Ablassgebetes oder durch Mitfeier einer heiligen Handlung usw.)

Außerdem gibt es nach kirchlichem Recht (can. 996 CIC 1983; vgl. Enchiridion indulgentiarum 1999, Nr. 17) fünf logische Voraussetzungen zur Erlangung von Ablässen:

  1. Wer einen Ablass gewinnen will, muss getaufter Christ sein,

  2. er darf nicht exkommuniziert sein,

  3. er muss sich wenigstens beim Abschluss der vorgeschriebenen Werkes im Stande der Gnade (also nötigenfalls durch vorherige Beichte) befinden,

  4. er muss die Absicht haben, Ablässe zu gewinnen: dies kann man jeden Morgen neu erwecken, z. B. durch das Gebet: Unbefleckte Jungfrau, Dir, der Mittlerin aller Gnaden, schenke ich alle Gebete, Leiden, Werke, alles, was ich habe und tue, soweit ich selbst darüber verfügen darf, insbesondere alle Ablässe, die ich heute gewinnen kann und will.

  5. er muss die auferlegten Werke in der festgesetzten Zeit und in der gebotenen Weise erfüllen.


3. Ausgewählte vollkommene Ablässe, die in der Zeit bis zum Weißen Sonntag gewonnen werden können:

Die Kirche ist sehr großzügig bei der Gewährung von Ablässen; dies zeigt sich besonders bei den "Gewährungen, die mit Werken verbunden sind, durch die der Gläubige - und zwar jeder für sich allein und an allen Tagen des Jahres - einen vollkommenen Ablass erlangen kann ... Die besagten Werke sind:

  • die Anbetung des Allerheiligsten Altarssakramentes, wenigstens eine halbe Stunde lang;

  • die Kreuzwegandacht;

  • das Rosenkranzgebet oder der Hymnus "Akáthistos" in einer Kirche, in einer öffentlichen Kapelle, in der Familie, in der Ordensgemeinschaft, einer religiösen Gemeinschaft, einer christlichen Vereinigung und überhaupt, wenn mehrere zu irgendeinem ehrenhaften Zweck zusammenkommen;

  • die andächtige Lesung der Heiligen Schrift, wenigstens eine halbe Stunde lang." (Enchiridion indulgentiarum 1999)


1. Januar 2005:

Wird der Hymnus »Komm, Schöpfer Geist« [GL 245] (»Veni, Creator« [GL 240]), um die Kraft Gottes für das kommende Jahr herabzurufen, "am Neujahrstag ... (öffentlich) gemeinsam gebetet, so wird ein vollkommener Ablass gewährt" (vgl. Enchiridion indulgentiarum, Nr. 26).

18. bis 25. Januar 2005  Gebetswoche für die Einheit der Christenheit:

Wer an einigen religiösen Veranstaltungen der Woche für die Einheit der Christen und an der Schlussveranstaltung dieser Woche teilnimmt, dem wird ein vollkommener Ablass gewährt (vgl. Enchiridion indulgentiarum, Nr. 11).

11. Februar 2005 - Welttag der Kranken (U. L. F. von Lourdes):

Gewinnung eines vollkommenen Ablasses anlässlich der frommen Teilnahme an der liturgischen Feier aus pastoraler Sorge um die Leidenden und Kranken (vgl. Enchiridion indulgentiarum, Nr. 5).

22. Februar 2005 - Kathedra Petri

Einen vollkommenen Ablass gewinnt, wer eine liturgische Feier in der Kathedralkirche (z. B. den Dom in Eichstätt!) besucht und dort das Vaterunser und das Credo betet (vgl. Enchiridion indulgentiarum, Nr. 33).

Freitage der Fastenzeit:

Wer das Gebet »Siehe, o guter und lieber Jesus« nach dem Kommunionempfang vor dem Bild des Gekreuzigten andächtig betet, [dem] wird an jedem Freitag der österlichen Bußzeit ein vollkommener Ablass ... gewährt (vgl. Enchiridion indulgentiarum, Nr. 8).

Siehe, o guter und lieber Jesus, vor deinem Angesicht werfe ich mich auf die Knie nieder und bitte dich, aus tiefer Seele flehend: Präge meinem Herzen ein den lebendigen Geist des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, eine wahre Reue über meine Sünden und den festen Willen, mich zu bessern. Mit innigem Mitleid und tiefem Schmerze schaue ich auf deine fünf Wunden und erwäge dabei, was der Prophet David von dir, o guter Jesus, geweissagt hat: "Sie haben meine Hände und meine Füße durchbohrt; sie haben alle meine Gebeine gezählt."

HINWEIS FÜRS GANZE JAHR: Demjenigen, der selbst "die fromme Übung der Kreuzwegandacht verrichtet" oder sich mit der vom Papst vollzogenen und über Fernsehen oder Radio verbreiteten Kreuzwegandacht in frommer Weise vereinigt, dem wird ein vollkommener Ablass gewährt" (vgl. Enchiridion indulgentiarum, Nr. 13).

Gründonnerstag:

Wer die beiden letzten Strophen des Hymnus »Pange lingua« (GL 544,5 u. 6) [Tantum ergo sacraméntum] nach der Abendmahlsmesse am Gründonnerstag bei der Übertragung des Allerheiligsten Altarssakramentes zum Aufbewahrungsort andächtig betet oder singt, dem wird ein vollkommener Ablass gewährt (vgl. Enchiridion indulgentiarum, Nr. 7).

Karfreitag:

Wer "die Liturgie des Karfreitags andächtig mitfeiert und dabei an der feierlichen Kreuzverehrung teilnimmt, [dem] wird ein vollkommener Ablass gewährt" (vgl. Enchiridion indulgentiarum, Nr. 13).

Osternacht

Wer während der Feier der heiligen Ostervigil sein Taufversprechen nach der dafür vorgesehenen Formel erneuert, kann einen vollkommenen Ablass gewinnen (vgl. Enchiridion indulgentiarum, Nr. 28). Dies gilt auch am Jahrestag der eigenen Taufe!

Ostersonntag:

Der Papst erteilt den Segen »Urbi et orbi«: "Ein vollkommener Ablass wird demjenigen Christgläubigen gewährt, der ... den vom Papst gespendeten Segen »Urbi et orbi« ... empfängt; dies gilt auch, wenn der Gläubige über Rundfunk oder Fernsehen in frommer Gesinnung an der Segensspendung teilnimmt" (vgl. Enchiridion indulgentiarum, Nr. 4, S. 53).

Weißer Sonntag: "Zweiter Sonntag nach Ostern oder Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit":

Jenen wird ein vollkommener Ablass gewährt, "die zum ersten Mal zum Tisch des Herrn treten, ebenso denjenigen, die an der Feier der Erstkommunion anderer andächtig teilnehmen" (vgl. Enchiridion indulgentiarum, Nr. 8).

Außerdem kann einen vollkommenen Ablass gewinnen, wer in einer Kirche oder Kapelle vor dem Tabernakel das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser betet und den barmherzigen Heiland anruft, beispielsweise mit der Anrufung: "Barmherziger Jesus, ich vertraue auf dich!" (Gewährung der Apostolischen Pönitentiarie vom 29. Juni 2002)


4. Die vom Heiligen Stuhl per 28. Oktober 2003 auf die Buchenhüller Wallfahrtskirche für immer bezogenen und gewährten Ablässe zum Nachlesen und Gewinnen:

Gewissermaßen als Vorausgeschenk für das Grottenjubeljahr 2004 erhielt nun Buchenhüll mit seiner bekannten Frauendreißigerzeit dank des Antrages des hochwürdigsten Herrn Bischofs, Seiner Exzellenz Dr. Walter Mixa, aus Rom selbst zudem die feierliche Bestätigung und Erweiterung der in alter Zeit gewährten Ablässe für Wallfahrer und Kirchbesucher. Mit 28. Oktober 2003 gewährte die Apostolische Pönitentiarie als Dikasterium des Papstes für alle Gnadenerweise nunmehr eine bleibende Ablassordnung wie für ein Marienheiligtum im streng rechtlichen Sinne. Ausdrücklich sind nunmehr der Patroziniumstag Mariae Himmelfahrt und der Festtag Mariae Geburt für Teilnehmer an Zelebrationen mit dem vollkommenen Ablass versehen. Außerdem kann sich jeder Gläubige einen Tag im Jahr aussuchen, an welchem er durch Teilnahme an Frömmigkeitsübungen zu Ehren der Gottesmutter einen vollkommenen Ablass in Buchenhüll gewinnen möchte. Und schließlich wird jedesmal die Möglichkeit zum vollkommenen Ablass gewährt, wenn große Scharen gewallfahrtet kommen. Offenbar erstmals in der Geschichte werden in einem Dokument des Heiligen Stuhles Buchenhüll und die genau definierte Zeit des Frauendreißigers verbunden. Die Worte Buchenhüll und Frauendreißiger sind dann auch die einzigen deutschen in der lateinischen Gnadenurkunde. In der Zeit des Frauendreißigers gibt es ab jetzt für den frommen Besuch der Kirche immer einen Teilablass, nämlich genau datiert von der ersten Vesper des Hochfestes Mariae Himmelfahrt bis zum Untergang der Sonne des Gedächtnisses der Schmerzhaften Mutter Gottes. Außerdem erinnert die Apostolische Pönitentiarie daran, dass während des ganzen Jahres durch fünf Gesätze des heiligen Rosenkranzes täglich ein vollkommener Ablass gewonnen werden kann (siehe oben!), wobei der innige Zusammenhang zwischen dieser Gnadengewährung, der Bekehrung des eigenen Lebens und der Liebe zur Kirche, versammelt um Papst und Bischof, darzulegen ist.

Hier ein übersetzter Auszug aus der originalen römischen Ablassbestätigung und -gewährung vom 28. Oktober 2003:

"Indem die Apostolische Pönitentiarie die begründeten Bitten (des Bischofs) gerne aufnimmt und im Hinblick auf die ihr vom Höchsten Oberhirten gewährte Autorität gewährt unter den gewöhnlichen Bedingungen (sakramentale Beichte, eucharistische Kommunion, Gebet nach Meinung des Papstes) und im Falle der Geisteshaltung, welche sich einer Anhänglichkeit gegenüber jeglicher Sünde enthält, mit Freude einen vollkommenen Ablass, welchen die Gläubigen gewinnen können, die in vorgenannter Kirche (= Mariae Himmelfahrt in Buchenhüll) jeglicher heiligen Zelebration oder öffentlich vollzogenen frommen geistlichen Übung zu Ehren der allerseligsten Jungfrau Maria beiwohnen:

  1. am Hochfest der in den Himmel aufgenommenen allerseligsten Jungfrau Maria sowie am Fest Mariae Geburt (= also am 15. August und am 8. September);

  2. an einem Tag (in jedem Jahr), der von den einzelnen Christgläubigen frei gewählt werden kann;

  3. jedes Mal, wenn dort (= in dieser unseren Kirche) aus Gründen der Frömmigkeit große Scharen gewallfahrtet kommen.

  4. Ein Teilablass wird ferner während des als Frauendreißiger bezeichneten marianischen Monats, welches von der ersten Vesper des Hochfestes Aufnahme der Heiligsten Maria bis zum Untergang der Sonne des liturgischen Gedenkens der schmerzhaften Jungfrau gefeiert wird, jedes Mal dann den Gläubigen gewährt, wenn sie mit wenigstens reumütigem Herz diese Kirche einzeln oder in Scharen fromm besuchen.

An den anderen Tagen (des Jahres) können die Gläubigen jedoch durch das löbliche öffentlich oder privat rezitierte Gebet des Rosenkranzes der allerseligsten Jungfrau Maria einen vollkommenen Ablass unter den gewöhnlichen Bedingungen kraft desselben Rechtes immer gewinnen. In einer geeigneten Katechese aber, welche die Gläubigen in rechter Weise auf den Besuch Mariens vorbereitet, ist der enge Zusammenhang darzulegen, der zwischen dem vollkommenen Ablass, der Bekehrung im eigenen Leben und der Liebe zur Kirche darzulegen, welche sich um den Römischen Pontifex (dem Papst) in der ganze Welt versammelt und um die eigenen Bischöfe in den einzelnen Diözesen."

[Quelle: http://www.pfarrer.at/gottesdienste.htm#ablass. -- Zugriff am 2005-01-12]


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