Herausgegeben von Alois Payer (payer@payer.de)
Zitierweise / cite as:
Widmann, Josef Victor <1842 - 1911>: Leo Tolstoj's Friedenstraktat. -- 1904. -- Fassung vom 2005-03-03. -- URL: http://www.payer.de/religionskritik/widmann09.htm
Erstmals publiziert: 2005-03-03
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Dieser Text ist Teil der Abteilung Religionskritik von Tüpfli's Global Village Library
Erstmals in:
Der Bund : unabhängige liberale Tageszeitung Verlag. -- Bern : Der Bund. -- 12904. -- Nr. 222/223.
Wieder abgedruckt in:
Widmann, Josef Victor <1842 - 1911>: Josef Viktor Widmann : "ein Journalist aus Temperament" : ausgewählte Feuilletons / hrsg. von Elsbeth Pulver und Rudolf Käser. -- Gümligen : Zytglogge-Verlag Bern, ©1992. -- 304 S. : Ill. ; 21 cm. -- ISBN 3-7296-0426-0. -- S. 129 - 131. [Hier nach dieser Ausgabe wiedergegeben]
Zu Josef Victor Widmann siehe:
Widmann, Josef Victor <1842 - 1911>: "Die Sünden Gottes". -- 1882. -- URL: http://www.payer.de/religionskritik/widmann01.htm
Payer, Alois <1944 - >: Materialien zum Neobuddhismus. -- Kapitel 14: Buddhismus in anderen Ländern. -- 1. Buddhismus in der Schweiz. -- URL: http://www.payer.de/neobuddhismus/neobud141.htm. -- Zugriff am 2005-02-03
Leo Tolstoj's Friedenstraktat.
Abb.: Ilja Jefimowitsch Repin (1844 - 1930): Lew Nikolajewitsch
Tolstoj ruht sich im Walde aus. -- 1891
Mit dem Mute des Greises, der nicht mehr viel zu verlieren hat,
vielleicht aber doch auch mit dem Bewusstsein, gerade durch sein Greisenalter in
Verbindung mit seinem hohen Dichterruhm mehr als alle andern in Russland
lebenden Menschen vor Verfolgung seitens der Regierung geschützt zu sein, hat
sich der Prediger von Jasnaja Poljana1 noch einmal in seiner ganzen
Prophetenwürde hoch aufgerichtet und in einigen zuerst an die „Times"
gerichteten Briefen einen feierlichen Protest gegen den jetzt wütenden
russisch-japanischen Krieg und gegen das Kriegführen überhaupt erlassen. Wie die
andern sozial-ethischen Schriften Tolstojs ist auch diese seine neueste in
deutscher Übersetzung von Rafael Löwenfels bei Eugen Diederichs (Jena) als
Broschüre (von gerade 100 Seiten) und zwar unter dem Titel: „Besinnet Euch!"
erschienen2. Der Titel bedeutet, es sollten sich die Machthaber vor
allem, aber überhaupt alle Menschen besinnen, dass Kriegführen Menschen töten
heißt, Menschen töten aber direkt gegen Gottes heilige Gebote gehe und
insbesondere die furchtbarste Verleugnung des Christentums sei, dessen
Hauptlehre Liebe ist, Sanftmut, Barmherzigkeit und tausendmal eher Unrecht zu
leiden als Unrecht zu tun. In letzterer Beziehung, um das gleich zu sagen, hat
Tolstoj theoretisch jedenfalls recht. Kein noch so verdrehter Bibelpfaffe und
Textdreher wird das Kriegführen aus dem Evangelium heraus rechtfertigen können.
Aber praktisch hat Tolstoj unrecht, weil er übersieht, dass alle sogenannten
christlichen Staaten nur angeblich sich zum Christentum bekennen, während ihnen
und den in ihnen herrschenden Ständen und Klassen nichts fürchterlicher wäre,
als wenn sie mit den Lehren Christi wirklich ernst machen müssten. Denn dann
würde ja diese ganze, auf großen Erwerb, Reichtum, Macht und Prunk gerichtete
Kultur der heutigen Gesellschaft zusammenbrechen. Nietzsche hat dies längst
gezeigt, hat darauf hingewiesen, welchen stärksten Gegensatz zum urchristlichen
Gedanken ein in aller Pracht seiner Orden vor der Front der zum Menschenmord
abgerichteten und ausgerüsteten Truppen entlang galoppierender Kaiser oder König
vorstellt, oder was für Heuchelhöhlen unsere Kirchen sind, wo die satten Reichen
wohl die Worte vernehmen: „Wer zwei Röcke hat, der gebe ihn dem, der keinen
hat,"3 aber nicht von fern daran denken, ihrem Reichtum zu entsagen
und das Gebot der Brüderlichkeit zu erfüllen, sondern sich mit Almosen des
Überflusses aus der Klemme ihrer gelegentlichen Gewissensunruhe zu ziehen
suchen.
Man kann daher nicht umhin, es von einem so alten und welterfahrenen Manne wie
Tolstoj einigermaßen naiv zu finden, dass er hauptsächlich an das Christentum
der Fürsten und Völker appelliert, um sie dahin zu bringen, dem Kriegführen zu
entsagen. Weiß er denn nicht, wie der sich für höchst christlich haltende Kaiser
Wilhelm I. sein „Gott helfe weiter" unter die Schlachtendepeschen des
deutschfranzösischen Krieges4 setzte und sich also geradezu Gott als
Bundesgenossen zu der blutigen Arbeit erbat, oder wie die Engländer sich weder
durch ihr eigenes stets so stark zur Schau getragenes Christen- und Kirchentum
noch durch die puritanische Frömmigkeit ihrer bibelgläubigen Gegner, der tapfern
Buren5, irgendwie abhalten ließen, diese mit ihren Lydditgranaten6
zu überschütten und zu Paaren zu treiben? Es ist rein lächerlich, das
Christentum wie eine Wirklichkeit zu behandeln, da es tatsächlich gar nicht mehr
existiert, sondern durch ein bequemes Surrogat ersetzt worden ist, das den
einzelnen Individuen sowohl wie ganzen Völkern gestattet, den egoistischen
Trieben des natürlichen Menschen zu folgen und darnach die ganze Gesellschaft
und auch die Weltpolitik einzurichten.
Besser wäre gewesen, wenn Tolstoj, statt eine gewissermaßen theologische
Bekämpfung des Kriegführens zu versuchen, die Sache vom Standpunkte des
Naturrechtes des Menschen zu untersuchen unternommen hätte. Seine Broschüre
läuft ja im wesentlichen auf den Vorschlag hinaus, die einzelnen Individuen
sollten, in immer wachsender Zahl, anfangen, die Kriegspflicht ihrem Staate
gegenüber einfach zu verweigern — ein Fall,
den wir auch in der Schweiz schon ein paarmal hatten. Diese Sache müsste einmal
rechtsphilosophisch gründlich dargelegt werden. Dass vor dem Gesetz einstweilen
kein Bürger das Recht hat, dem Vaterlande den Dienst mit Leib und Leben zu
verweigern, bedarf keiner ausdrücklichen Versicherung. Aber wie steht es in
dieser Beziehung mit dem Naturrecht? Mir scheint, es dürfte sich da ergeben,
dass die Bezahlung der Güter, die das Vaterland einem Bürger gewährt, mit dem
Leben eine zu hohe ist, so dass sie nur Sache des freien Willens, aber nicht
gesetzlicher Zwang sein könnte. Sowie in allen Ländern, vorab aber in guten und
freien Ländern, die Bürger den Vaterlandsgedanken als einen ihrer höchsten
hegen, würde die Mehrzahl gewiss auch bei Freiwilligkeit ihre Dienstpflicht
erfüllen, zumal das jedenfalls als Ehrensache gelten und außerdem den männlichen
Mutgefühlen und bei manchem Individuum auch einer gewissen Abenteurerlust und
einem energischen Tatendrang entsprechen dürfte. Aber da schließlich in den Tod
zu gehen, sein Ich definitiv aufzugeben, das Größte und Schwerste ist, was man
von einem Menschen fordern kann, so scheint das Naturrecht, das jedes Wesen an
die atmende Existenz bindet, in der Tat den Zwang zu einem solchen, das ganze
Selbst zerstörenden Opfer auszuschließen. Eine derartige Untersuchung, wie
gesagt, fehlt in Tolstojs Schrift völlig. Dagegen bringt er gegen das
Kriegführen mitunter Gründe vor, die jedenfalls nicht stichhaltig sind. So
behauptet er, dass „alle Kriege Ursachen haben, um die es nicht lohnt, auch nur
ein Menschenleben zu opfern". Hier übersieht Tolstoj zunächst, dass durch die
Einrichtungen der Natur schon von Anfang an alle Menschenleben „geopfert" sind.
Kein Mensch würde auf Erden ewig fortleben, wenn es keine Kriege gäbe; der Krieg
beschleunigt nur das Ende einzelner Menschen, raubt ihnen eine Anzahl
Lebensjahre und niemand weiß wie viele. Die Kriege gleichen in dieser Beziehung
den Epidemien, während welcher das Sterben der Menschheit, das immerfort seinen
Gang geht, in ein beschleunigtes Tempo kommt wie das Wasser in einer
Stromschnelle.
Ferner beachtet Tolstoj nicht, dass selbst eine Menge Friedenswerke
— der Bau von Eisenbahnen mit Tunnels usw.
— nicht ohne Opfer von Menschenleben
zustande kommen. Und endlich scheint ihm jedes Verständnis für die notwendige
Entwicklung eines Volkes in seiner Ganzheit abzugehen, wenn er behauptet, dass
alle Kriege Ursachen haben, um die es sich nicht lohne, auch nur ein
Menschenleben zu opfern. Wie Deutschland und Italien durch Kriege ihre Einheit
und durch dieselbe unvergleichlich bessere Nationalzustände auch in
wirtschaftlicher Beziehung gegen das frühere Elend erlangt haben, wissen wir
alle, die wir noch die deutsche Kleinstaaterei und Armut und in Italien die
entsetzliche Bourbonenwirtschaft erlebt haben. Und nun gar unsere Schweiz
— könnte Tolstoj, der selbst alle Tage die
Missstände eines autokratisch regierten Staates erfahren muss, im Ernst
behaupten, dass die durch die Kämpfe der Vorfahren erlangte Selbstregierung
eines freien Volkes und die auf ihr beruhenden glücklichen Zustände eines
solchen Landes die Opfer nicht wert seien, die von den Ahnen gebracht wurden? Da
darf man sich doch wohl des Schillerschen Wortes erinnern, dass das Leben
keineswegs der Güter höchstes ist7, wenn auch die Erfüllung dieses
Wortes voraussetzt, dass der sittliche Mensch in uns den natürlichen, der um
jeden Preis am Leben hängt, überwunden habe.
[...]
Es ist im allgemeinen nicht wahrscheinlich, dass auch die Stimme des größten
Propheten mitten im Kriegslärm durchzudringen und praktisch irgend etwas zu
ändern vermöge; wenn indessen Russland in diesem Kriege8 wie bisher
fortwährend ein Missgeschick nach dem andern erleben sollte, so wäre doch
möglich, dass Tolstojs Mahn- und Bußpredigt im Lande Eindruck machen und
vielleicht Folgen hervorrufen könnte, die ihr eine geschichtliche Bedeutung
geben würden. Und was das Kriegführen im allgemeinen betrifft, so wird seine
Abschaffung vermutlich erst dann ernstlich in Frage kommen, wenn in allen
Staaten der Welt die Frauen geradeso wie die Männer das aktive Stimmrecht haben.
Erläuterungen:
1 d.h. Tolstoj
2 Tolstoj, Lev N. <1828 - 1910>: Besinnet Euch! (Tut Buße) : Ein Wort zum russ.-japanischen Krieg / Leo Nikolaevic Tolstoi. Übers. von Raphael Löwenfeld. --1. - 4. Tsd. -- Jena : Diederichs, 1904. -- 100 S. ; 8º
"Tolstoj, Lew Nikolajewitsch, Graf, berühmter russ. Schriftsteller, geb. 9. Sept. (28. Aug.) 1828 im Gouv. Tula auf seines Vaters Besitzung Jasnaja Poljana, erhielt daselbst eine gute häusliche Erziehung und bezog 1843 die Universität Kasan, wo er ein Jahr orientalische Sprachen und zwei Jahre die Rechte studierte. 1848 machte er in Petersburg das juristische Kandidatenexamen und begab sich dann wieder nach Jasnaja Poljana in die Einsamkeit und Stille des Dorfs zurück. Bei einer Reise in den Kaukasus (1851) fand er am militärischen Leben Gefallen und trat in das Heer ein. Man nahm ihn als Junker in die 4. Batterie der 20. Artilleriebrigade am Terek auf, wo er bis zum Beginn des türkischen Krieges blieb. Während des Krieges befand er sich bei der Donauarmee des Fürsten Gortschakow, beteiligte sich am Gefecht an der Tschernaja (16. [4.] Aug. 1855) und war beim Sturm auf Sebastopol 8. Sept. (27. Aug.). Nach Beendigung des Krieges nahm er seinen Abschied, hielt sich mehrere Jahre abwechselnd in St. Petersburg und Moskau auf, reiste zweimal ins Ausland und zog sich endlich 1861 wieder auf sein väterliches Gut Jasnaja Poljana zurück, wo er, nachdem er 1862 Sophie Behr, die Tochter eines Moskauer Arztes, geheiratet, in größter Zurückgezogenheit und Einfachheit lebte. Durch seine beiden großartigen Romane: »Krieg und Frieden« (1865-69, 4 Bde.; deutsch von Strenge, 2. Aufl., Berl. 1888; von Roskoschny, das. 1891; ferner von L. A. Hauff, das. 1893, 2. Aufl. 1905, und in Reclams Universal-Bibliothek; franz., Par. 1879) und »Anna Karenin« (1874-76, 3 Bde.; deutsch von Graff, Berl. 1890; von Hauff, das. 1892; von Helene Mordaunt, das. 1896; auch in Reclams Universal-Bibliothek; franz., Par. 1885), von denen der erstere die Zeit der Napoleonischen Kriege behandelt, der andre in der russischen Gegenwart spielt, hat sich Tolstoj einen Ehrenplatz in der modernen russischen Literatur erworben. Er ist ein vortrefflicher Erzähler, der die echte epische Ruhe besitzt und die Sprache meisterhaft handhabt. Schon vor Abfassung des erstern der beiden genannten Romane schrieb er eine Reihe bedeutsamer Erzählungen und Novellen, und zwar: »Kindheit« (1852), mit den Fortsetzungen »Knabenzeit« (1854) und »Jünglingsjahre« (1855-57); ferner 1852: »Der Morgen des Gutsbesitzers«, »Die Kosaken« und »Der Überfall«; sodann während des Krimkriegs die Trilogie »Sewastopol im Dezember 1854, im Mai 1855, im August 1855« und »Der Holzschlag« (1855); 1856: »Aufzeichnungen eines Marqueurs«, »Zwei Husaren«, »Der Schneesturm« und »Die Begegnung im Detachement«; 1857: »Luzern« und »Albert«; 1859: »Drei Todesarten«, »Das Familienglück«; 1860: »Polikuschka«; 1861: »Der Leinwandmesser«. Bis zum Beginn der Abfassung des Romans »Krieg und Frieden« 1864 und dann wiederum nach dessen Vollendung beschäftigte sich Tolstoj vorzugsweise mit Volkspädagogik; er errichtete auf seinem Gut eine »freie Schule«, veröffentlichte in seiner Zeitschrift »Jasnaja Poljana« zahlreiche volkserzieherische Abhandlungen (»Über Volksbildung« etc.), die zum Teil eine lebhafte Polemik hervorriefen, und schrieb unter anderm ein Lesebuch in 4 Teilen (1870), das 1904 bereits die 23. und 26. Auflage erlebte. In die Jahre 1873-76 fällt die Abfassung seines zweiten Hauptwerks: »Anna Karenin«, worauf er, von dichterischen Arbeiten sich mehr abwendend, theologische Studien trieb und sich an die Übersetzung und Auslegung der Evangelien machte (vollständig nur als Manuskript; daraus: »Kurze Auslegung des Evangeliums«, Genf 1890; »Vereinigung und Übersetzung der vier Evangelien«, das. 1892 bis 1894, 3 Tle.; ferner Lond. 1892-94, 2 Tle.). In den 1880er Jahren schrieb er dann außer einer Anzahl für das Volk bestimmter kleinerer, tief humaner, von christlichem Geist getragener Erzählungen (fast sämtlich deutsch von W. Goldschmidt in »Volkserzählungen des Grafen Leo Tolstoj « in Reclams Universal-Bibliothek) verschiedene theologische, moralphilosophische und soziologische Abhandlungen: »Meine Beichte« (in Russland nur als Manuskript zirkulierend; Lond. o. J., Genf 1889); »Worin besteht mein Glaube?« (in Russland nur als Manuskript zirkulierend; Genf [2. Aufl.] 1892; Lond. 1892); »Worin besteht das Glück« (1882), »Was sollen wir also tun?« (1884-1885) etc. sowie die psychologisch meisterhafte Novelle »Der Tod Iwan Iljitschs« (1885) und das auch auf deutschen Bühnen mehrfach ausgeführte dramatische Sittengemälde »Die Macht der Finsternis« (1887). Bedürfnislosigkeit und Nächstenliebe vom Menschen fordernd, betätigt Tolstoj seine Lehren dadurch, dass er, unter Bauern lebend, selber wie ein Bauer arbeitet und jeden nach Kräften mit Rat und Tat unterstützt. Von neuern Werken nennen wir: die Novelle »Die Kreuzersonate« (mit Epilog, 1890 u. ö.), auf die als eine Entgegnung sein Sohn Lew Lwowitsch »Ein Präludium Chopins« veröffentlichte (Stuttg. 1898, Berl. 1899), das satirische Lustspiel »Früchte der Bildung« (letzte Ausg., Berl. 1896), die Erzählung »Herr und Arbeiter« (1895), »Politik und Religion« (Berl. 1894), »Das Himmelreich« (das. 1894, 2 Bde.), »Christentum und Patriotismus« (Genf 1895, Berl. 1896), »Briefe an einen Polen« (das. 1896), »Patriotismus oder Friede« (das. 1896), »Was ist die Kunst?« (1897, und die Fortsetzung »Über die Kunst«) und endlich den Roman »Auferstehung« (1897), der den Heiligen Synod veranlasste, Tolstoj 21. (6.) März 1901 aus der griechisch-orthodoxen Kirche zu exkommunizieren. Von Tolstojs »Antwort an den Synod« wurde die deutsche Übersetzung (Anhang zu Tolstojs Broschüre »Der Sinn des Lebens«) im Oktober 1901 in Leipzig beschlagnahmt. Von seinen neuesten Schriften seien genannt: »Besinnet Euch! (Tut Buße.) Ein Wort zum russisch-japanischen Krieg« (deutsch von Löwenfeld, Jena 1904), »Shakespeare. Eine kritische Studie« (deutsch von M. Enckhausen, Hannov. 1906), worin er die Größe und Bedeutung Shakespeares zu erschüttern sucht, und »Die Bedeutung der russischen Revolution« (deutsch von A. Heß, Oldenb. 1907), in der er seinen Ansichten über die jüngsten Ereignisse in seinem Vaterland Ausdruck verleiht. Von den Gesamtausgaben von Tolstojs Werken ist die vollständigste 1889-1900 in Moskau in 16 Bänden erschienen. Eine neue Ausgabe, die auch die von der russischen Zensur verbotenen Schriften enthält, erscheint seit 1901 in Christchurch (England, bis jetzt Bd. 1-2, 6-10). Übersetzt worden sind die einzelnen Schriften Tolstojs in alle Kultursprachen, außerdem sogar ins Chinesische; seine »Gesammelten Werke« wurden in deutscher Übersetzung herausgegeben von R. Löwenfeld (Berl. 1891, Jena 1907) und von H. Roskoschny (Tolstojs »Gesammelte Schriften«, das. 1891 ff.). Ungemein zahlreich sind die Schriften über Tolstoj und seine Werke, sowohl die von Russen (Strachow, Drushinin, A. Grigorjew, D. Pissarew, Gromeka, Obolenskij, Bulgakow, Skabitschewskij, Mereschkowskij [deutsch, Leipz. 1903], Sergejenko [deutsch, Berl. 1900] etc.) als auch die von Nichtrussen: de Vogüé (»Le roman russe«, Par. 1886), Lion, Badin, Dupuis, Ralston, G. Dumas, Laart de la Faille, Steiner (Lond. 1904); von Deutschen: J. Schmidt, W. Henckel, Löwenfeld (Berl. 1892), Glogau (Kiel 1893), Anna Seuron (Berl. 1895), Ettlinger (das. 1899), E. Zabel (Leipz. 1901), E. H. Schmitt (das. 1901), Esther Axelrod (Stuttg. 1901), J. Hart (Berl. 1904) u. a. Vgl. seine »Biographie und Memoiren«, herausgegeben von P. Birukow, durchgesehen von L. Tolstoj (Bd. 1: Kindheit und frühes Mannesalter, Wien 1906). Sein Bildnis s. Tafel »Klassiker der Weltliteratur IV« (Bd. 12)." [Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]
3 Lukasevangelium 3, 10
4 im Jahre 1870/1871
5 Im Burenkrieg 1899-1902 zwischen Großbritannien und den Burenrepubliken Oranje Freistaat und Transvaal; endete mit der Einverleibung in das British Empire.
6 Lydditgranaten
"Lyddit (nach dem Orte Lydd in Kent, wo die ersten Versuche angestellt wurden), ein aus geschmolzener Pikrinsäure bestehender Explosivstoff, der nach den Ermittelungen von Turpin die Explosivstoffe aus kristallisierter Pikrinsäure und einem Sauerstoffträger übertrifft. Man schmilzt die Pikrinsäure vorsichtig im Ölbade, gießt sie in die Granaten, lässt diese abkühlen und setzt die Schießwollzünder ein. L. ersetzte in Frankreich den Melinit (s. d.), ging aber unter dessen Namen. Später hat man gefunden, dass die Pikrinsäure die Metallwandung der Granaten angreift und mit deren Metall wenig beständige Salze bildet. Man hat deshalb teilweise die geschmolzene Pikrinsäure durch beständige Pikrinsäuresalze ersetzt. Die Lydditgeschosse bilden durch die Gewalt der Explosion und die Giftigkeit der entwickelten Gase die gefährlichste Waffe, die jemals im Kriege angewendet wurde, sie töten auf einen Umkreis von 100 m Radius alles Lebende, während sie gegen Panzer ziemlich wirkungslos sind, da sie beim Anprallen vor dem Eindringen durch die Explosion völlig pulverisiert werden. Sie wurden von den Engländern im Sudân und gegen die Buren angewandt." [Quelle: Meyers großes Konversations-Lexikon. -- DVD-ROM-Ausg. Faksimile und Volltext der 6. Aufl. 1905-1909. -- Berlin : Directmedia Publ. --2003. -- 1 DVD-ROM. -- (Digitale Bibliothek ; 100). -- ISBN 3-89853-200-3. -- s.v.]
7 Friedrich Schiller (1759-1805): Die Braut von Messina (1803), Schlusschor:
CHOR nach einem tiefen Schweigen.
Erschüttert steh ich, weiß nicht, ob ich ihn
Bejammern oder preisen soll sein Los.
Dies eine fühl ich und erkenn es klar,
Das Leben ist der Güter höchstes nicht,
Der Übel größtes aber ist die Schuld.
8 dem russich-japanischen Krieg 1904 - 1905
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