Karl Bernhard Seidenstücker (1876-1936) : Leben, Schaffen, Wirken

seiden.gif (42343 Byte)

Kapitel 13: Weitere Werke von Seidenstücker


von Ulrich Steinke

Kontaktadresse: mailto:payer@well.com


Zitierweise / cite as:

Steinke, Ulrich: Karl Bernhard Seidenstücker (1876-1936) : Leben, Schaffen, Wirken. -- KKapitel 13: Weitere Werke von Seidenstücker. -- Fassung vom 28. Juni 1996. -- URL: http://www.payer.de/steinke/steink13.htm. -- [Stichwort].

Letzte Überarbeitung: 28. Juni 1996

Anlaß: Magisterarbeit, Universität Tübingen, 1989

©opyright: Dieser Text steht der Allgemeinheit zur Verfügung. Eine Verwertung in Publikationen, die über übliche Zitate hinausgeht, bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Verfassers.


13.0. Übersicht



13.1. Pâli-Grammatik


Das Handbuch der Pâlisprache besteht aus einer Elementargrammatik, Texten und einem Glossar. Es erschien 1916 bis 1925 und war Seidenstücker's Lehrer E.Windisch gewidmet. Die Grammatik ist in lateinischer Umschrift, traditionell aufgebaut und setzt Sanskrit-Kenntnisse voraus. Sie ist in lateinischer Umschrift. Dadurch, daß im selben Jahr die wissenschaftliche Pâli-Grammatik von W.Geiger erschien, war Seidenstücker's Werk von Anfang an überholt. Die Übungstexte wurden erst 1923 veröffentlicht, bis dahin hatte Kurt Schmidt im Buddhistischen Weltspiegel längst einen didaktisch aufgebauten Pâli-Kurs abgehalten.


13.2. Südbuddhistische Studien ausführlich


Die Südbuddhistischen Studien 1, über "die Buddha-Legende in den Skulpturen des -Ananda-Tempels zu Pagan" richten sich als Museumspublikation an einen weiten Leserkreis. Seidenstücker betrachtet anhand des im Museum vorhandenen Materials die Buddha-Legende vom religionswissenschaftlichen Standpunkt aus, es kommt ihm darauf an zu zeigen, daß die Buddha-Legende einwandfrei dargestellt wird.

In der Einleitung erklärt er, daß Pagan 850 AD gegründet wurde, der Buddhismus als Staatsreligion unter Anoramenzan 997 AD eingeführt wurde und das Reich nach dem dreiundzwanzigsten Herrscher 1284 durch die Mongolen zerstört wurde. Das Besondere an dem Ananda-Tempel ist, daß für in der Fremde erworbenen Reliquien Nachbauten in fremdem Stil unternommen wurden, dadurch finden wir in dem zwischen 1058 und 1067 erbauten Tempel zehn verschiedene Stilarten. Die 60m hohe Mitte des kreuzförmig-symmetrischen, mit 70m Durchmesser, Ânanda-Phaya (=freudenreiches Heiligtum) ist massiv. Gegen die Mitte steht nach jeder Himmelsrichtung einer der vier Buddhas unseres Zeitalters, deren Oberkörper durch geschickte Fensteröffnungen von oben einen strahlenden Kontrast zur Dunkelheit des Tempels bilden. In den Nischen des inneren Korridors befinden sich 80 Skulpturen. über deren Materialbeschaffenheit kann sich Seidenstücker nicht definitiv äußern, da er nur die Fotovorlagen hatte. Als Leitmotiv dient das Avidurenidâna aus der Nidânakathâ, deren Abfassung Seidenstücker ins fünfte Jahrhundert datiert. Er gibt eine Übersetzung und stellt fest, daß die Darstellungen anhand des Avidurenidâna gut erklärbar sind während sich den Inschriften zufolge Unstimmigkeiten ergäben. Zu jeder Figur gibt es zwei Inschriften. Seidenstücker bringt eine getreue Transliteration der Inschriften sowie daneben eine revidierte Form und anschließend die übersetzung. So begründet Seidenstücker die religionswissenschaftliche Studie aus der übersetzung des Quellentextes. Schließlich folgen die Abbildungen mit einer ausführlichen Beschreibung.


13.3. Buddharûpa : Zur Symbolik des Buddha-Bildes


Im Buddhistischen Weltspiegel veröffentlichte Seidenstücker auch eine Abhandlung über das Buddha-Bild (Buddha-rûpa) [Buddhistischer weltspiegel 4 (1922/23). -- S. 68-73,135-141,164-180], die er mit Tafeln von Skulpturen aus dem Leipziger Völkerkundemuseum bebilderte. Sein Schwerpunkt lag auf dem "ikonographischen und religionshistorischen Gesichtspunkt". Nach der dritten Fortsetzung sollte der Rest als Buch erscheinen, was jedoch nicht geschah.

[Vom Leiter der Leipziger Völkerkundenmuseums, Heinz Kucharski, wurde mir 1988 versicher, daß "unsere sehr gründlichen Nachforschungen in Sachen karl Seidenstücker ergebnislos verlaufen [sind]". Bei Nachforschungen im Juni 1990 erfuhr ich von dem Bibliothekare Schwarz, daß Unterlagen von Karl Seidenstücker vorhanden gewesen waren, diese jedoch dem Interessenten erich Baumgarten 1978 verkauft worden waren. -- In der Bibliothek vorhanden sind aus dem nachlaß von Curt Oelzner (1893-1966) verschiedene Bücher, die dieser von Karl Seidenstücker bekommen hatte. -- Baumgarten starb 1984, sein erbe wurde an ein Antiquariat verramscht.]

Buddha-rûpa bildet nach scholastischer Einteilung eine Gruppe des Cetiya (Caitya). Ein Cetiya war ursprünglich eine Stätte frommen religiösen Gedenkens. Im Pâli-Buddhismus in Ceylon wurde ihr das Buddha-rûpa eingegliedert, und zwar unterteilt als sâririka (mit körperlichen Reliquien), als paribhogika (mit vom Buddha berührten Dingen) und als uddesika (dem Bildnis des Meisters). Das Bildnis ist eine Gedächtnisstütze für den Gläubigen, kein Idol. Bevor Seidenstücker dieses näher erläutert, geht er ein auf die "mythisch-dogmatische Ausgestaltung" der Buddha-Idee: Das letzte Erdenleben des Buddha Gotama wird in zwölf Hauptstationen eingeteilt (nach der Nidâna-kathâ), hinzu kommen über 550 vorgeburtliche Existenzen (nach den Jâtakas). Gotama war jedoch nur der vorletzte von acht Buddhas. Dem letzten Buddha, Maitreya, wird als Bodhisattva auch von der südlichen Kirche für die Gegenwart eine gültige, reale Existenz zugeschrieben. Der Mahâyâna-Buddhismus unterscheidet einerseits die Lehre vom dreifachen Körper (Trikâya: Dharmakâya, Sambhogakâya, Nirmâ.nakâya) und andrerseits die japanische Lehre von den drei Offenbarungen als Dhyâni-Buddha, Dhyâni-Boddhisattva und MânusiBuddha. Diese "merkwürdige Fortbildung und Ausgestaltung der Buddha-Idee" [166] bietet Seidenstücker Gelegenheit, die wesentlichen Elemente aller Mystik anzuführen, um danach die drei Offenbarungen den drei Körpern gegenüberzustellen und auf die "außerordentliche Ähnlichkeit" zum christlichen Trinitätsdogma hinzuweisen. Seidenstücker stellt in einer Tabelle dar, welche verschiedenen Attribute und Symbole den fünf Buddhas des jetzigen Kalpas zugeordnet werden. Schließlich kommt er auf die überlieferten Buddha-Darstellungen zu sprechen und behandelt ausführlich den Gandhâra-Typ. Er stellt die wichtigsten Merkmale vor und erläutert sie aus verschiedenen Perspektiven. Damit bricht die Abhandlung ab.


Zu Kapitel 14: Auslegung der Lehre durch Seidenstücker