Bibliothekarinnen Boliviens vereinigt euch!

Bibliotecarias de Bolivia ¡Uníos!

Berichte aus dem Fortbildungssemester 2001/02

Teil 2: Chronik Boliviens

25.  Von 1978 bis zur Nueva Política Económica (1985)


von Margarete Payer und Alois Payer

mailto: payer@hdm-stuttgart.de


Zitierweise / cite as:

Payer, Margarete <1942 - > ; Payer, Alois <1944 - >: Bibliothekarinnen Boliviens vereinigt euch! = Bibliotecarias de Bolivia ¡Uníos! : Berichte aus dem Fortbildungssemester 2001/02. -- Teil 2: Chronik Boliviens. -- 25.  Von 1978 bis zur Nueva Política Económica (1985) -- Fassung vom 2002-10-23. -- URL: http://www.payer.de/bolivien2/bolivien0225.htm. -- [Stichwort].

Erstmals publiziert: Anlässlich des Bibliotheksseminars in La Paz vorläufig freigegeben am 2002-09-19

Überarbeitungen:

Anlass: Fortbildungssemester 2001/02

Unterrichtsmaterialien (gemäß § 46 (1) UrhG)

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Dieser Teil ist ein Kapitel von: 

Payer, Margarete <1942 - > ; Payer, Alois <1944 - >: Bibliothekarinnen Boliviens vereinigt euch! = Bibliotecarias de Bolivia ¡Uníos! : Berichte aus dem Fortbildungssemester 2001/02. -- Teil 2: Chronik Boliviens. . -- URL: http://www.payer.de/bolivien2/bolivien02.htm

Dieser Text ist Teil der Abteilung Länder und Kulturen von Tüpfli's Global Village Library


1978


Abb.: Titellogo®

Informationsblatt / Sago vzw, Informationszentrum Bolivien. -- Berlin [u.a.]. -- Nr. 1.1978 - 49.1984

Ab Heft 50:

Bolivia : SAGO Informationsblatt ; Analysen, Berichte / SAGO-Informationszentrum Bolivien e.V. -- Berlin. -- Nr. 50.1984 -

[Webpräsenz: http://www.bolivia-info.de/. -- Zugriff am 2002-09-06]

1978-07-12

Bekanntgabe der vorläufigen "Ergebnisse" der Präsidentschaftswahlen vom 1978-07-09

Luftwaffengeneral Juan Pereda Asbún (1931, La Paz - ) (UNP -- Unión Nacionalista del PueblO) 986.000 50%
Ex-Präsident Hernán Siles Zuazo (1913, La Paz - 1996, Uruguay) (UDP -- Unión Democrática Popular) 484.000 25%
Víctor Paz Estenssoro (1907,  Tarija - 2001, Tarija) (MNR -- Movimento Nacionalista Revolucionario) 214.000 11%

Politische Beobachter berichten von Manipulationen wie Entführung von Wahlurnen und Nötigung von Wählern. Am 1978-07-18 tritt Hernán Siles Zuazo in Hungerstreik, da immer mehr Wahlmanipulationen bekannt werden.

1978-07-19

Protestaktionen erzwingen die Annullierung der Wahlergebnisse.

1978-07-21

Ein Militärputsch zwingt Präsident Banzer zum Rücktritt. Er überträgt die Regierungsgewalt einer Junta der drei Oberbefehlshaber der Teilsatreitkräfte. Diese ernennen sofort Juan Pereda Asbún zum Präsidenten. Über das ganze Land wird der Ausnahmezustand verhängt.


1978-07-21 bis 1978-11-24

Luftwaffengeneral Juan Pereda Asbún (geb. 1931, La Paz) ist verfassungswidrig (de facto) Präsident


Abb.: Juan Pereda Asbún


1978-08-02


Abb.: Zeitungsanzeige zum Silbernen Jubiläum der Landreform von 1953 in den Zeitungen Presencia und El Diario, 1978-08-02

[Bildquelle: Albó, Javier <SJ>: ¿Bodas de plata? o requiem por una reforma agraria. -- 2. ed. -- La Paz : CIPCA, 1983. -- (Cuadernos de investigación ; 17). -- Depósito legal 035/79. -- S. 33]

1978-11-24

Präsident Juan Pereda Asbún wird durch einen Putsch einer Gruppe jüngerer Offiziere im den Oberbefehlshaber des Heeres, General David Padilla Arancibia (1927, Sucre - ) gestürzt. Bildung einer Übergangsregierung bis zur Durchführung verfassungsgemäßer Präsidentschaftswahlen im 1979-07.


1978-11-24 bis 1979-08-08

General David Padilla Arancibia (geb. 1927, Sucre) ist verfassungswidrig (Staatstreich) Präsident


Abb.: David Padilla Aranciba


1978-11-25

UDP (Unión Democrática Popular), MNR, COB und die Studentenkonföderation unterstützen Interimspräsident Padilla.

1978-12-19

ENTEL eröffnet die Erdfunkstation Tiwanaku.


Abb.: Erdfunkstation Tiwanaku

[Quelle der Abb.: Bolivia mágica / ed. Hugo Boero Rojo. -- La Paz : Vertiente. -- Tomo III. -- 1993.  -- Depósito legal  4-1-590-92. -- S. 274]

1979

Poppe, René <1943, La Paz  - >:. El paraje del tío y otros relatos mineros. -- La Paz : Ediciones Piedra Libre, 1979. -- 148 S. -- (Colección Narrativa)

Daraus die Titelerzählung:

"Die Heimstatt des Tío

Diesem aufgegebenen Stollen wurde von keinem Erzsucher irgendeine besondere Bedeutung beigemessen. Man wusste, dass so manch einer dort gescheitert war. Das Erzvorkommen war gering und von niedrigem Metallgehalt. Außerdem lag er weit entfernt von jeder menschlichen Ansiedlung, in einer trockenen Gegend, am Rand von Abgründen. Es war schwierig, dorthin zu gelangen, sehr mühsam. Nur Ramón Troncoso raffte sich auf, ihn aufzusuchen. Seine Soda stachelte ihn immer wieder an: »Geh' nur, Du verlierst nichts bei einem Versuch, schau ihn Dir an.« Er wollte nicht, »ich suche andere Stollen«, sagte er, »oder ich suche mir etwas als Arbeiter, das wird besser sein und sichert uns unser tägliches Brot.« Aber sie bohrte weiter, nachts im Bett, während des Mittagessens, wenn nicht genug für die Kinder da war, immerzu und jeden Tag. Ramón Troncoso wollte schon nachgeben, aber die weite Entfernung ließ seine Hoffnungen wieder schwinden. Es gibt dort kein Wasser, hatte er zu seiner Socia gesagt; zum Arbeiten braucht man aber Wasser. Das brachte sie zum Schweigen, ließ sie einen Moment nachdenken, aber dann fing sie wieder an, ihn zu drängen; »Du musst eben danach suchen, siehst Du nicht, dass dort Pflanzen wachsen? So muss es also auch Wasser geben.« Und Ramón Troncoso raffte sich auf, denn es stimmte ja, was seine Socia sagte, die Entfernung machte ihm nichts aus. Wasser würde er finden können. Haben die Gescheiterten vielleicht kein Wasser gefunden? Sicherlich hatten sie welches! Irgendwoher hatten sie welches!

Er war der erste, der sich in der Absicht aufmachte, dort auch wirklich zu arbeiten.

Eines Tages machte er sich allein auf den Weg und ließ seine Socia im Dorf zurück. Sie würde sich um die Kinder kümmern, würde für die Durchreisenden kochen, die für kurze Zeit dort anhalten, würde sich irgendeine Arbeit suchen. Voller Sorge verabschiedete sich Ramón Troncoso von seiner Socia und den Kindern.

Er würde schon mit guten Nachrichten zurückkommen. Viel zum Essen hatte er nicht dabei, ein paar Chuños, Coca und Kuyunas. Beladen mit seinem Werkzeug wanderte er drei Tage durchs Land, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Nur der Wind, die Sonne, die Nacht und die unendliche Weite der mit Puna-Gras bewachsenen Hochebene. Eines Morgens, als der Tag aufklarte, konnte er in der Ferne einen kleinen Ausschnitt einer Landschaft ausmachen, die anders war als die, die seine Augen Kilometer für Kilometer aufgenommen hatten. Sie war anders. Sie war von Menschenhand verändert worden. Er fühlte, dass er seinem Ziel nahe war und ging entlang der Abgründe dahin. Mittags stieß er plötzlich auf eingestürzte Mauern, von Regen und Wind ausgewaschen und ausgetrocknet. Es wäre ihm schwer gefallen, die Hütte, wie sie einmal war, wieder aufzubauen. Er suchte den aufgegebenen, von niemandem geliebten Stollen. Er würde dort schlafen, seinen Körper ausstrecken und ihn ausruhen lassen, dass er wieder zu Kräften käme, nur das wollte er. Drinnen im verlassenen Stollen, weit weg vom Wind, auf diesem trockenen Boden. Später, am nächsten Tag dann würde er sich den Stollen anschauen, ihn studieren, ihn kennenlernen. Ja, dachte er, jetzt nichts wie ausruhen. Mit dieser Aussicht wurden seine Füße schneller, seine Augen forschender, die nun Stück für Stück die Windungen des Berges abtasteten. Als er den Stolleneingang endlich sah, war er erstaunt. Dort war er, feucht, mit einem breiten Wasserband, das aus seinem Innern kam. Wenn er in den vergangenen Tagen durstig war und nach Wasser Ausschau hielt, dann hatte er das auch so gesehen: tausende von Wasserrinnsalen, wie kleine Schlangen, die aus der Erde hervorkamen und wieder darin verschwanden. Er lief dann los, um sie schnell zu erreichen und zu trinken, aber wenn er sich hinunterbeugte, sah er nur ein trockenes, von der Sonne erhitztes Flimmern. Durstiger als zuvor ging er dann seines Weges. Als er jetzt den Stolleneingang sah, war er verblüfft, dass ihn die gleiche Vision heimsuchte. Er wollte sich nicht wieder irren, nicht wieder noch mehr nach Wasser lechzen.

Er wollte sich auf dem trockenen Boden am Stolleneingang ausruhen. Er war misstrauisch, lief nicht und wollte sich auch nicht auf dieses Rinnsal stürzen. Bedächtig ging er näher heran, die Luft war durchtränkt von Feuchtigkeit, er fühlte, wie sie ihn erfrischte. Er schritt weiter und zog aus der Hosentasche seinen Coca-Beutel. Er knüpfte ihn eilig auf und stopfte sich mit den Händen einige Coca-Blätter in den Mund. Er kaute, und der Stolleneingang war klein und eng für seinen Körper. Er trat in des Rinnsal frischen Wassers, beugte sich hinunter und platschte dorthin, wo die Dunkelheit im Stollen immer dichter wurde.

Am nächsten Tag - er hatte schlecht geschlafen, war noch hungriger, aber recht unbesorgt - weckten ihn die Kälte und die Feuchtigkeit. Das Wasser war kristallklar. Er kaute etwas Coca. Eine ganze Weile ernährte er sich nur von den Coca-Blättern und rauchte Kuyunas. Wie war das zu verstehen, dass das Wasser plötzlich aus dem Stolleneingang floss? Er machte sich fertig, um seine erste Mita zu beginnen. Er war stämmig und gedrungen, wie die Menschen vom Altiplano, seine Gesichtszüge hart, düster sein Blick. Es war auf einem Dorffest, als er seine Socia zum ersten Mal sah, sie hatte Angst vor ihm, wollte nicht in seiner Nähe sein. Aber dann gab sie nach, und in der Unterhaltung erfuhr sie, dass er Minenarbeiter war, genauso wie sein Vater, sein Großvater, alle Männer seiner Familie. Mit Beharrlichkeit und diesem Wunsch, sie zu lieben, eroberte er sie schließlich. Sie taten sich zusammen, und sie hat ihn nie verlassen. Nicht einmal zu Zeiten, wo er überhaupt keine Arbeit hatte, weder als Lorenschieber, noch als einer von denen, die durch die Stollen kriechen und Erzbrocken auflesen. Sie zogen von Dorf zu Dorf, ohne genügend zu essen oder eine Bleibe zu haben, und suchten eine Mine, rochen und fühlten das Erz geradezu. Manchmal war er vollkommen verzweifelt, verfluchte sein Pech. Aber sie zankte ihn aus; wir sind kräftig, sagte sie zu ihm, warte nur, das Blatt wird sich schon wenden. Er glaubte ihr; wurde ein anderer. Am Stolleneingang fasste er Mut, sein Körper war voller Kraft, sein Gesicht strahlte vor Arbeitslust. Aber zuerst kaute er seine Coca, rauchte seine ziemlich zerdrückten und zerkrümelten Kuyunas, wie jetzt auch, obgleich er nur wenig hatte. Er würde sich beeilen müssen.

Herausfinden, woher das Wasser kam. Wo sprudelte es auf so wunderbare Weise aus dem Boden, wenn man doch wusste, dass diese Region trocken war? Er steckte seinen Coca-Beutel weg, um später noch etwas zu haben, wenn er erschöpft sein würde.

Er richtete seine Karbid-Lampe her, zündete sie an und drang ein in die tiefe Dunkelheit des Stollens. Gleich zu Beginn seines Weges, als er die am Felsen klebende Dunkelheit beleuchtete, sah er die aufgeschichteten Felsbrocken. Der Stollen war schmal und die Luft abgestanden; es fiel ihm schwer, zu atmen. Vorsichtig
ging er weiter, immer darauf bedacht, nicht auf die Gase zur treffen, die ihn auslöschen, ihn für immer zwischen den Felsbrocken hinstrecken würden. Er wusste, wenn seine Lampe verlöschen würde, musste er sich umdrehen und vor dem Grubengas fliehen. Aus diesem Grunde hielt er seine Karbid-Lampe am weit vorgestreckten Arm. Seine Augen suchten den Fels nach Anzeichen für Erzadern ab. Die Niedergeschlagenheit lastete schwer auf ihm. Es war eine verlassene Mine, von allen abgeschrieben. Warum bin ich hierhergekommen? Seine Füße bewegten sich langsam vorwärts. Er schaute von einer Seite zur anderen. Er wollte schon stehen bleiben, unschlüssig, ob er weitergehen oder zurückgehen : sollte; das bis zum Ende des Stollens vordringende Licht seiner Lampe ließ etwas aufleuchten. Er dachte, dass dort die Erzader verlief und schritt aufgeregt, ohne sich um die Felsbrocken und die Gase zu kümmern, weiter. Vor dem Glanz stehend, der die ganze Stelle erhellte, sank ihm das Herz in die Hose. Dort saß der Tío und beobachtete ihn mit diesem Ernst, den derjenige an den Tag legt, der auf die Ankunft des Glücklichen wartet.

»Tío«, murmelte Ramón.

Er war ziemlich groß für den wenigen Platz, den es an dieser Stelle gab. Er befand sich dicht an der Felswand, so als ob er direkt aus dem Felsen käme. Er saß da, mit eng um seinen Körper geschlungenen Armen. Seine Augen funkelten in verschiedenen, kräftigen Farben: rot, blau, grün, rot, gelb. Seine wie zum Rauchen geformten Lippen hielten keine Zigarette.

»Tío«, wiederholte Ramón ehrfurchtsvoll.

Der Penis war riesig und dick. Ramón machte eine Zigarette an, steckte sie ihm zwischen die Lippen. Aus seinem Coca-Beutel, den er schwerfällig aufknüpfte, nahm er eine Handvoll Blätter. Während er die Blätter um den Tío herum verstreute, sah er, woher das Wasser kam; direkt aus dem Tío heraus, aus seinen aus dem Fels gehauenen Füssen.

»Tío«, sagte Ramón dankbar.

Der Tío schaute ihn gelassen, aber forschend an. Die Teufelshörner und die spitzen Ohren verliehen ihm etwas Übernatürliches.

»Du Verkommene«, murmelte Ramón, »Du verkommene Hure, Du Kupplerin, Du.«

Er lehnte sich an die so von ihm genannte Felswand und streichelte sie.

»Verkommene, kleine Hure«, murmelte er der Felswand wieder und wieder zu

Er streichelte sie und säuberte sie dabei ganz vorsichtig von der daran haftenden Erde.

»Du Kupplerin, Du«, sagte er wieder und bedauerte, keinen Schnaps, und sei es selbst der hochprozentige, dabei zu haben, um ihr damit die Ehre zu erweisen und ihr seine Dankbarkeit zu zeigen. Aber ein paar Coca-Blätter bot er ihr dar.

Danach begann er, wie er es in allen Minen machte, mit der Mita. Er drehte sich in Richtung Ausgang und räumte im Laufe des Vormittags die Strecke von Felsbrocken frei. Der Stollen war nicht sehr weit. Als schließlich auch die kleinen Felsstücke aus der Mine geschafft waren, begann seine eigentliche Arbeit. Zuerst untersuchte er die aus der Decke und den Wänden herausragenden Felsstücke und löste sie heraus. Mit dem dünnen, langen Gesteinsbohrer klopfte er alles ab, und wenn es hohl klang, suchte er den Riss, führte die Spitze hinein, trat zurück und bewegte sie darin kräftig hin und her, bis der Felsbrocken sich löste. Wenn dieser dann auf dem Boden lag, wurde er begutachtet. Kein Erz, aber das Vertrauen darauf, es zu finden, verdoppelte seine Bemühungen. Jedes Felsstück wog Ramón gekonnt in der Hand ab und prüfte so sein Gewicht. Kein Erz, und weiter gings. Stück für Stück arbeitete er sich vor. Nachmittags dann, als er sich schon in der Nähe des Tío befand, löste sich, nachdem er in einem eher normal großen Riss herumgestochert hatte, ein drei bis vier Tonnen schwerer Felsbrocken. Sein Aufprall war dumpf und zermalmend. Es war so, als ob der ganze Stollen aus dem ewigen, bis dahin unseligen Schlaf aufgerüttelt würde. Schreckensbleich, weil er wieder einmal mit dem Leben davongekommen war, und ohne darauf zu warten, dass der Staub abzog, brachte er seine Karbid-Lampe näher an das gerade entstandene Loch heran und da, breit und schwarz, zog sich die Zinnader lang in nördlicher Richtung dahin.

Die Zinnader sehen, sie überwältigt drücken und abtasten, sie streicheln, langsam mit der Hand an ihr entlangfahren, war eins.

»Danke, Tío«, rief er aus, »danke, Du verkommene Kupplerin.«

Das Licht der Karbid-Lampe projizierte Ramóns riesigen Schatten: waagrecht und über den Boden und die großen Felsbrocken kletternd, senkrecht über die unebenen Wände, gekrümmt über die Decke.
»Danke, Tío«, wiederholte er.

Seine Augen funkelten zufrieden, genauso wie die eines Tío. Sein schweißnasses Gesicht leuchtete.

»Danke, Du verkommene Hure, Kupplerin.«

Sein Herz hüpfte vor Freude: er kommt an die Tür seiner Hütte. Trägt eine schwere Last auf seinem Rücken. Stößt die Tür auf. Seine Socia ist überrascht, ihn zu sehen. Wollte er nicht viele Tage wegbleiben? Die Kinder sehen ihn und klammern sich an die Polleras ihrer Mutter. Er setzt die Last ab. Die ganze Ladung lässt er ungestüm fallen. In normal großen Stücken rollt der Zinn durcheinander. Seine Socia lächelt. Er lächelt. Der Tío schaut ihn immer noch ganz ruhig an.

»Danke, Tío«, sagte er noch einmal.

Es war kein Staub mehr in der Luft. Die Stille ist ein Sirren. Er nimmt seine Hand von der Zinnader, hebt die Karbid-Lampe hoch. Noch einmal beleuchtet er dieses Zinnband, das sich wie eine schwarze Schlange im Fels abzeichnet. Er fasst es nicht noch einmal an. Sehr rein, sagt er zu sich und geht in Richtung Ausgang: Vorschlaghammer, Bohrer, Ausruhen, Kuyunas, Coca. Vorallem Ausruhen. Draußen lässt das scheidende Licht seine Augen schmerzen.

Durch die harte Arbeit fühlt er sich in dieser Nacht wie gerädert, zerschlagen, unendlich müde und will nicht auf dem nackten Boden liegen. Mit letzter Kraft schleppt er sich deshalb noch weiter. Tastend und mit Augen, die von Mal zu Mal wegen der einbrechenden Dunkelheit weniger sehen, sucht er nach trockenen Büschen, Gestrüpp, das es da zu Hauf gibt, und reißt es büschelweise aus, legt alles auf die Seite und macht solange weiter, bis er soviel zusammengetragen hat, dass es ihm für ein weiches Nachtlager reicht, das ihn den harten Boden nicht spüren lässt. Er macht sich dann in Richtung der zerfallenen Mauern auf, die irgendwann einmal wichtige Teile einer Hütte gewesen waren. Aber dort bläst der Wind viel stürmischer: er kommt von den Bergen herunter, streicht über die kleinen Ebenen und prallt wild gegen die Mauern und versucht sie aus ihrer Verankerung zu reißen. Ein Problem, das zu lösen seinem schlaffen Körper noch mehr Kraft abverlangt. Da aber für einen Minenarbeiter weder während der Mita, noch im täglichen Leben etwas unmöglich ist, beginnt er mit ruhiger Umsichtigkeit die Lehmziegel der höchsten Mauer herunterzureißen und errichtet damit eine andere, die verhindern wird, dass der Wind hineinfegt. Er gibt sich nicht zufrieden damit, einen Ziegel auf den anderen zu legen, sondern geht zurück zum Stollen, um Wasser zu holen und damit das bisschen Erde, das er finden kann, zu befeuchten. Er verschließt damit alle Risse, und als ihm die neue Mauer bis an die Knie reicht, bedeckt er den engen Raum auf dem Boden mit den Büschen und dem Gestrüpp. Jetzt pfeift der Wind über seine unbedeckte Lagerstatt hinweg. Ramón Troncoso, Minenarbeiter und Sohn von Minenarbeitern, streckt sich auf seinem Lager aus, und die Erschöpfung, der schwere Arbeitstag, die durchlebten Gefühle und die einsame Nacht senken sich auf seine Augen nieder und entführen ihn in einen Tiefschlaf, in dem nur der Tío ihn erreichen kann: Ramón arbeitet an der so reinen Zinnader. Keuchend trennt er das Erz vom Fels, und der Tío verlässt seinen angestammten Platz und gesellt sich zu ihm, wobei er gleichzeitig sein Äußeres verändert und zu einem Arbeiter mehr, zu einem Khoya Runa, wird. Ramón hat weder das Gefühl - was sehr seltsam ist -, dass es in seinem Traum nicht mit rechten Dingen zugeht, noch versucht er voller Entsetzen daraus zu fliehen. So als ob das ganz alltäglich wäre, sieht er, wie der Tío sich erhebt, und beobachtet aufmerksam seine Verwandlung.

»Tío«, begrüßt er ihn.
»Kumpel«, antwortet ihm der Tío.
»Kumpel«, sagt auch Ramón.

Der Tío greift nach dem Vorschlaghammer. Er stellt sich bei der Arbeit geschickter an, ist geübter darin, die Erzader aus ihrer Umhüllung herauszutrennen. Er arbeitet zügig und flink und überlässt es Ramón, die Abfälle aus der Mine zu schaffen, wo sie als Abtrag liegen werden.

»In Ordnung, Chef«, stimmt Ramón ihm zu.

»Sei vorsichtig mit den Felsbrocken«, trägt er ihm auf, »pass gut auf Dich auf, Kumpel.«

Und wie ein Gehilfe des Vorarbeiters bringt Ramón die Abfälle nach draußen und sieht, wie der Haufen reinen Zinns neben dem emsig weiterarbeitenden Tío immer größer wird.

»Du musst unablässig nach Norden weiterbohren«, trägt ihm der Tío auf. »Die Ader wird manchmal verschwinden, aber bohr Du nur immer weiter.«

Ramón ahnt, dass der Tío seine Mita bald beenden wird, und sieht, dass der dem Stollen entrissene Zinn in großen Brocken hoher Reinheit daliegt.

»In Ordnung, Chef«, ruft er ihm gut gelaunt zu.

Der Tío schaut ihn nur an. Er macht kein unwirsches Gesicht mehr; er lächelt zufrieden. Ramón dankt ihm immer noch überschwänglich, als er seine durch die Kälte erstarrten Arme nicht mehr bewegen kann. Er schreit immer noch »Danke, Chef«, als sein Schrei und die Morgenkälte ihn auffahren lassen. Noch ist es nicht ganz Tag, aber die Dunkelheit ist nicht mehr so intensiv. Der Wind pfeift immer noch über seine behelfsmäßige Hütte hin, aber das Pfeifen ist leiser und streicht dahin, um wenige Meter später zu ersterben. Ramón reibt seine Arme mit beiden Händen, wodurch diese sich langsam entkrampfen. Merkwürdig. Er spürt keine Angst nach diesem Traum. Er weiß, dass der Tío in der Nähe, im Innern der Mine ist. Dass er allein und jeglicher Aberglaube aus seiner Seele verbannt ist. Er möchte annehmen, dass das ein Vorzeichen von Glück ist, aber etwas sagt ihm, dass es Wirklichkeit ist. Er verspürt keine Angst, wartet darauf, dass der Tag anbricht.
Als vom Horizont her der Tag aufklart und das Licht Himmel und Berge erhellt, verlässt Ramón sein Lager mit frischen Kräften, wiederhergestellt, so als ob er nie völlig erschöpft gewesen wäre. Das erste, was er macht, ist, einige Minuten lang Coca-Blätter zu kauen und eine Zigarette zu rauchen; während er nach seinem Beutel mit nur noch wenigen Coca-Blättern greift, geht er in Richtung Stolleneingang davon, um eine alles entscheidende Mita zu beginnen. Wie er so dahingeht, überlegt er, dass er den ganzen Tag wird arbeiten müssen, ohne auszuruhen, überlegt, dass er nur bohren muss, um ein paar Arrobas von gutem Erz zu bekommen. Er denkt: »ein paar gute Arrobas und dann zurück ins Dorf.« Dort heißt es dann, sie zu verkaufen, sich mit Verpflegung und Werkzeugen auszurüsten und zurückzukommen. Während er weitergeht, denkt er an den langen Arbeitstag, der ihn erwartet, und dann betritt er den Stollen. Irgendetwas befremdet ihn, aber er achtet nicht weiter darauf; die Luft scheint nach intensiver Arbeit zu riechen. Er achtet nicht weiter darauf. Er geht zwischen Wänden und Decke des Stollens weiter voran. Als er die Hälfte des Stollens hinter sich gebracht hat, scheint die Luft wirklich von intensiver Arbeit erfüllt. Er geht schneller, frei von Aberglauben, nur begierig, zu erfahren, was da vorgeht. Er gelangt ans Ende, wo der Tío genauso dasitzt wie immer.

»Tío«, grüßt er ihn respektvoll.

Fast hätte er gesagt: »Guten Tag, Chef.« Aber er sagte nur »Tío«, und als er sich vor ihm verneigte, trafen seine Augen auf das, was er in den letzten Momenten seines Traumes gesehen hatte: den Haufen reinen, aus dem Felsen herausgehauenen Zinns. In diesem Moment überfiel ihn der Aberglaube mit voller Wucht, und er stand vor Angst gelähmt da, ohne sich auch nur einen Millimeter rühren zu können und fast in Ohnmacht fallend. Er fühlte nur, wie ein aus der Angst aufsteigendes Kribbeln von ihm Besitz ergriff, und gleichzeitig fühlte er sich als ein anderer, ein auf ewig durch des Tíos Willen Privilegierter und Auserwählter, der nie von ihm im Stich gelassen werden wird. Diese Erkenntnis seines Glücks überwältigte ihn; erlaubte es ihm, weitgehendst, ohne zu schwanken oder zu zweifeln, in seine magische Wirklichkeit einzudringen, und während er den Tío mit tiefer und inniger Dankbarkeit anschaute, sagte er zu ihm: »Danke, Kumpel.«

Wie sie liebkosend, streicht er über die Felswand und sagt: »Danke, Du verkommene Hure. Danke, Du Kupplerin.« Das erste, was ihm in den Sinn kommt, nachdem er dem Tío endlos gedankt hat, ist, ins Dorf zurückzugehen, zu seiner Socia und seinen Kindern, die Nachricht zu überbringen, dass es eine gute Erzader gibt, von dem Glück zu erzählen, das der Tío ihm beschert hat, und dass wir nie mehr Hunger haben werden. Deshalb, ohne seinen Abmarsch weiter hinauszuzögern, ergreift er die besten Zinnbrocken, verstaut sie in seinem Werkzeugsack und macht sich mit den vier Arrobas auf seinen Schultern eilig auf den dreitägigen Rückmarsch. Am ersten Tag eilt er durch die Hügelkette, geht den Abhängen entlang, sucht nicht auszumachende Wege, die seinen Marsch abkürzen könnten. Er fühlt keine Erschöpfung. Es scheint, dass Durst und Hunger ihm nichts anhaben können. Er spürt in seinem Körper die intensive Genugtuung über das Wissen, dass jeder Schritt ihn seinem Dorf näherbringt. Der Wunsch, seiner Socia von seinem Glück zu erzählen, lässt es nicht zu, die in der Ferne auftauchenden Vicuñaherden zu betrachten, die ihn manchmal bemerken und dann weglaufen. Erst bei Anbruch des zweiten Tagen spürt er das Gewicht der vier Arrobas, und am Nachmittag dann, nachdem er die Hälfte des Weges hinter sich gebracht hat, verlassen ihn die Kräfte, und er fühlt sich vollkommen zerschlagen, die Augen drohen, ihm vor Müdigkeit zuzufallen. Aber Ramón gönnt sich keinen Schlaf und setzt seinen Weg fort. Am dritten Tag quälen ihn auch Hunger und Durst und Schmerzen im Rücken und in den Füssen. Er muss ausruhen, aber es ist ihm wichtiger, das Dorf zu erreichen. Er fordert seinem Körper das letzte ab, und als ihn noch etliche Kilometer von seinem Ziel trennen, geben ihm die Knie nach, und die Arrobas, die Tonnen wiegen, fallen zu Boden. Er beschließt, sich von dem Gewicht zu befreien, und lässt einen Grossteil der Last zurück. Zwischen Steinen getarnt lässt er das Erz dort liegen. Er wird in ein paar Stunden zurückkommen, wenn er wieder ganz zu Kräften gekommen ist. Sein starker Wille bringt ihn bis zum Dorf. Die, die ihn kommen sehen, überhäufen ihn mit Fragen. Er lächelt und will nur, dass seine Socia es als erste erfahren soll. Er betritt den Raum, aber seine Familie ist nicht da. »Schon vor einiger Zeit ist sie weggegangen, um Essen zu verkaufen«, sagen ihm die Nachbarinnen. Er hat keine Kraft mehr, um sie zu suchen. Er streckt sich auf dem Bett aus; etwas ist in ihm zerbrochen, als er seine Socia nicht angetroffen hat. Er ruht aus auf den Decken und Schaffellen. Er wartet darauf, dass sie zurückkommen, und als er erwacht, sagt ihm seine Socia, dass er die ganze Nacht und den Vormittag dieses nächsten Tages durchgeschlafen hat. Ramón schaut sie an. Er hat Hunger, und während sie das Essen bereitet, erzählt Ramón alles so, als wäre es ein wohlmeinender Traum. Er sagt nichts vom Tío, um seine Socia nicht zu beunruhigen. Nicht, dass sie ihm noch verbietet, zur Mine zurückzukehren, dass sie glaubt, er hätte einen Pakt mit dem Teufel, dass es alle erfahren und sie aus dem Dorf jagen oder, schlimmer noch, sie unter dem Vorwand steinigen, sie seien mit den bösen Geistern im Bunde. Er erzählt ihr von dem Wasser, der Zinnader, und sie - fröhlich und zufrieden - sagt, dass sie das Mineral verkaufen werden, dass sie, während er geschlafen hat, schon Käufer gesucht hat; »Wir werden genug haben, damit du dich ausrüstest und zurückgehst; wir werden auf Kredit ein Maultier kaufen, das dir helfen kann, das Erz zu transportieren, ich habe schon mit dem Bürgermeister gesprochen, er wird uns den Kredit geben, er ist überrascht von deinem Glück, wo doch niemand in diesen verlassenen Stollen etwas hatte finden können.«

Tage später, nachdem er die zurückgelassenen Stücke geholt hat, macht sich Ramón, gut ausgerüstet und mit dem auf Raten gekauften Maultier, wieder auf den Weg zu der Mine, in der der Tío beheimatet ist. Diese Reise ist anders als die erste, denn er hat alles Nötige dabei. Nicht nur die Händler, sondern auch der Bürgermeister haben ihm gerne grenzenlosen Kredit eingeräumt für all das, was seine Socia für den Abbau der Zinnader für angebracht hielt. Nur Ramón, bis an den Dorfausgang begleitet von seiner Socia und ein paar Nachbarn, macht sich auf den Weg. Sie verabschieden ihn tanzend, essend, singend, ihm Glück wünschend. Ramón fühlt sich wirklich wie ein Glückspilz und lässt alles gemächlich angehen. Als er bei der Mine ankommt, besucht er den Tío, bringt ihm eine Menge Coca-Blätter, legt ihm kleine Flaschen mit Schnaps zu Füssen, steckt ihm Kuyunas an, und bevor er seine Mita beginnt, deckt er die Hütte mit Stroh ab, breitet Schafsfelle auf dem Boden aus, installiert eine provisorische Kochstelle und sorgt für einen Vorrat an Brennmaterial. Erst dann fängt er an zu arbeiten. Während der ersten Mitas häuft er neben dem Stolleneingang die herausgehauenen Felsbrocken auf. Er arbeitet, ohne sich zu übernehmen, mit der gewohnten Normalität seines Minenarbeiter-Daseins. Die Tage vergehen; dann kommt ein Vormittag, an dem er nicht alleine ist, denn aus dieser sich vor ihm ausbreitenden Einöde tauchen der Bürgermeister und ein anderer Dorfbewohner auf. Sie kommen zu Besuch und bringen Mengen von Schnaps und falscher Freundschaft mit und sind begierig darauf, die Breite der Zinnader zu sehen. Ramón ist nicht erstaunt über ihr Kommen. Er lädt sie ein, bis zur Heimstatt des Tío mitzukommen. Der Bürgermeister und der andere, überrascht und gierig, sehen, dass Ramón schon einige annehmbare Stücke guten Erzes ausgehauen hat. Sie geben vor, sich über sein Glück zu freuen. Sie wollen feiern und holen aus ihren Packsäcken jede Menge Flaschen mit Schnaps, stoßen an und zwingen Ramón, die Arbeit zu unterbrechen. Sie flössen ihm den Schnaps becherweise ein, trinken selbst aber schlauerweise nur Wasser. Sie schmeicheln ihm, tun ihm schön, machen Freundschaftsbeteuerungen, und als Ramón betrunken ist, fallen sie über ihn her und schlagen ihn zusammen. Sie greifen nach herumliegenden Gesteinsbrocken und schlagen auf ihn ein, bis er bewusstlos ist. Dann binden sie ihm die Füße und die Hände zusammen und schleifen ihn so bis zu der kleinen Hütte. Sie beeilen sich, ihn loszuwerden, einen Haufen Erz zusammenzuraffen und sich auf den Rückweg zu machen. Sie schleifen ihn also bis zur Hütte, werfen ihn beim Eingang hin und gehen die paar Meter zum Stolleneingang zurück. Sie keuchen noch von der anstrengenden Schlägerei, und als sie den Stollen betreten, um die Becher und Schnapsflaschen wegzuräumen, damit keine Spuren ihrer Anwesenheit zurückbleiben, da hören sie, wie jemand auf den Stossbohrer haut und versucht, den Felsen zu perforieren. Sie bleiben wie angewurzelt stehen und schauen sich an. Am Ende des Ganges, dort wo der Tío sitzt, ist ein Licht. Schreiend fragen sie, wer dort ist, das Licht kommt langsam auf sie zu. Der Bürgermeister und sein Begleiter zittern vor Angst und gehen unbeholfen rückwärts. Das Licht kommt weiter auf sie zu, und sie sehen, dass Ramón sich ihnen lächelnd nähert und überrascht ist, sie hier zu sehen; seine Augen leuchten vor Freude über ihren Besuch. Als der Bürgermeister und sein Begleiter erkennen, dass es wirklich Ramón ist, stürzen sie zu Tode erschrocken Hals über Kopf aus dem Stollen, rennen die paar Meter bis zu der kleinen Hütte, und dort neben der Tür auf dem Boden liegend, stumm und zusammengeschlagen, sehen sie den Tío, der seinen strengen Blick auf sie gerichtet hat. Bei diesem Anblick erfasst sie panische Angst, und wie gejagt klettern sie auf allen Vieren den Berg hinauf. Seitdem sind sie zwei vom Entsetzen gepackte und zur Strafe und durch den erhabenen Willen des Tío für immer zu Stein gewordene Figuren, die versuchen, ihrem Schicksal zu entgehen."

[Übersetzung: Die Heimstatt des Tío : Erzählungen aus Bolivien / Manuel Vargas (Hrsg.). -- Zürich : Rotpunktverlag, ©1995. -- ISBN 3-85896-121-6. -- S. 171 - 182]

1979

Sáenz Guzmán, Jaime <1921, La Paz - 1986, La Paz>: Felipe Delgado. -- La Paz : Difusión, 1979. -- 705 S.

"Saenz, Jaime
*8.10.1921 in La Paz.

Saenz der in Deutschland studierte, ist als Zeichner und zunächst als Lyriker bekannt geworden, von dessen Werk eine Gesamtausgabe, Obra poetica (1975), vorliegt. Sein erstes Buch El escalpelo (1955) enthält lyrische Kurzprosa, deren Assoziationssprünge an den Surrealismus erinnern. Danach entfernt sich die Diktion seiner Lyrik von den narrativen Elementen, die das Erstlingswerk aufweist, um zu einer konzentrierten, schwer zugänglichen, manchmal auch epigrammatischen Dichtung hinzuführen. Der thematische Nenner, der dieser Lyrik zugrunde liegt, ist eine von Zweifeln und Ängsten getragene Sinnsuche für das menschliche Dasein. Ausgangspunkte oder auch durchgängige Motive sind das »Anderssein« bzw. ein symbolisches »Du« und der Tod. In Recorrer esta distancia (1973) wird am Ende der philosophisch-metaphysischen Suche nach Einheit dem lyrischen Subjekt die unaufhebbare Distanz zwischen Sein und Wesen bewusst. In Bruckner (1978) und Las Tinieblas (1978) behandelt Saenz Probleme des Kunstwerks, das ihm als Versuch erscheint, eine mythische Ordnung der Dinge herzustellen. Zugleich verlange das Sichtbarmachen der abgründigen Seiten des Seins vom Künstler, sich den »Finsternissen« des Lebens zu stellen. Saenz' erster Roman Felipe Delgado (1979) stellt die Identitätskrise eines jungen Mannes nach dem Tode des Vaters und die anschließende Suche nach dem Sinn des Lebens dar. Diese Suche wird als Reise in die magischen Tiefen der Stadt La Paz geschildert und endet 1931, kurz vor Ausbruch des Chaco-Krieges, mit dem rätselhaften Verschwinden des Protagonisten. Werden hier vor allem die finsteren Aspekte menschlicher Existenz  -- Wahnsinn, Sucht und Tod  -- angesprochen, ist demgegenüber S.' zweiter - kurzer - Roman, Los cuartos (1985), in dessen Mittelpunkt eine Frau steht, von einem feinen Humor durchdrungen, herrscht eine Stimmung von zwischenmenschlicher Freundlichkeit und Lebensmut vor.

Weitere Werke: Lyrik: Muerte por el tacto (1957), Aniversario de una visión (1960), Visitante profundo (1964), El frío (1967), Al pasar un cometa (1982), La noche (1984); Opernlibretto: Perdido viajero (1974)."

[Wolfgang Schupp. -- In: Autorenlexikon Lateinamerika / hrsgg. von Dieter Reichardt. -- Frankfurt

: Suhrkamp, ©1992. -- ISBN 3518404857. -- S. 147. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}]

1979

Libera Cortez, Victor Hugo: Pasto amargo : novela. -- La Paz : Ultima Hora, 1979. -- 311 S. : Ill. -- Depósito legal L.P. 270-79


Abb.: Umschlagtitel

"MOXOS. .... Tierra verde. Llanura con horizonte de sol que alcanza el azul del cielo. Pampa infinita donde la tierra sin límites ha creado una sinfonía de colores y vida, que la hacen una creación maravillosa. Tierra CAMBA madurada por sus soles calcinantes, generosa y fecunda es la tierra de los hombres del Beni.

Es el escenario donde vive el camba mojeño, es la tierra ganadera. Allí el drama humano -como en todas partes- tiene su historia de conquistas violentas, de coraje, de dolor, esperanza y muerte; historia también, con ansias de porvenir que han madurado al hombre y que lo hacen vivir con la fe puesta en un destino mejor, que se levanta ya, vigoroso como el sol de su inmensa pampa.

Esta novela es un pedazo de esa historia triste, es el relato' de cómo en la noche oscura, sin ninguna luz de esperanza, la tierra cambia de dueño y ella se transforma en campo de miseria y explotación. Es el eco del grito de angustia convertido en esperanza cierta. Es también, el inicio de una época en que el camba puesto de pie, monta su caballo y comienza a andar por los caminos de la lucha, que hoy los recorre con el corazón henchido de fe, en busca de días plenos de luz y libertad.

V.H.L.C." [Vorwort, a.a.O., S. 11]

1979

Querejazu Calvo, Roberto <1913 - >: Guano, salitre, sangre : historia de la Guerra del Pacífico. -- Cochabamba [u.a.] : Los Amigos del Libro, 1979. -- 825 S. : Ill. -- [Über den Pazifikkrieg 1879 - 1884]

1979

In Cochabamba nimmt die Dosenfabrik Fabrica Boliviana de Envases (FABE) ihren Betrieb auf. Zunächst produziert sie Bierdosen, später weitet sie ihren Produktionsbereich auf jede Art von Blechbüchsen auf.

1979

Gründung des Orquesta Experimental de Instrumentos Nativos (OEIN).

Abb.: OEIN [Bildquelle:  http://www.utopos.org/OEIN/CergioFranc.htm. -- Zugriff am 2002-02-06]

Webpräsenz:  http://www.utopos.org/OEIN/CergioFranc.htm. -- Zugriff am 2002-02-06. -- Dort auch Hörprobe.

1979


Abb.: Grupo Aruma de Bolivia [Bildquelle: http://www.aruma-de-bolivia.ch/fotoalbum.htm. -- Zugriff am 2002-09-03]

In der Schweiz wird die Musikgruppe Grupo Aruma de Bolivia gegründet. [Webpräsenz: http://www.aruma-de-bolivia.ch/. -- Zugriff am 2002-09-03]

Gründer:

1979


Abb.: Flagge von LINABOL

Die bolivianische Reederei Linabol (Lineas Navieras Bolivianas), La Paz, tritt EUROSAL (Europe/South-America Lines) bei. EUROSAL ist ein Zusammenschluss von in der Südamerika-Westküstenfahrt operierenden Linienreedereien, die ab 1984 in einen Pool von modernen Container-Mehrzweckschiffen operieren (siehe 1984).

1979-01-14

Die Mormonen (The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints) gründen ihren ersten bolivianischen Stake in Santa Cruz.


Abb.: Stakes der Mormonen in Bolivien, 2001 [Bildquelle: http://www.gatheringofisrael.com/atlas/latin_america/south_america/stkbolivia.gif. -- Zugriff am 2001-12-06] 

1979-01-26

Bolivien bricht die diplomatischen Beziehungen zu Chile ab, da Chile das 1978-11 gegebene Versprechen, zur Lösung des Problemd des Meerzugangs Boliviens beizutragen, nicht hält.

1979-02-14

Hundert Jahre seit der chilenischen Invasion in Antofagasta (Litoral). Im ganzen Land fünf Gedenkminuten mit Glockengeläute und Sirenengeheul.

1979-03-17

Der Jesuit Lluis Espinal i Camps (1932, Spanien - 1980, La Paz) bringt die erste Nummer der Wochenzeitung  Aquí heraus. Die Zeitung erscheint 1979 - 1980 und 1983 - 1993.

P. Espinal SJ beschreibt die Tendenz in der ersten Nummer so:

"Aquí "Colocará las noticias en su contexto para darles su cabal sentido, y ix solamente presentarlas como curiosidades. Y en especial AQUÍ se esforzará er dar información sobre países, zonas y sectores sociales sobre los que exis:r desinformación./ AQUÍ no representa las ideas de ningún partido o frerr.-político, no apoya candidato electoral. No es ésta su misión. Por esto e semanario dará una información veraz, apartidista, honrada y valiente./ Es:c apartídismo no supone un desprecio hacia los partidos políticos. Más bie-AQUI desea ofrecerles una tribuna libre para que puedan exponer sus puntos cr vista y sus programas, en paralelo. Por otra parte, nuestro semanario quienr superar la fragmentación partidaria, y más bien fomentar lo que une y pueda aglutinar al pensamiento de izquierda y a los intereses populares./ E semanario AQUÍ será una garantía para la libertad de expresión del público :¿ nivel de Información, comentario y avísale). Pero va a dar la palabra especialmente a los grupos usualmente marginados. Por esto, el semanario se ofrece en particular para ser la voz del sindicalismo y de los grupos obreros campesinos de todo el país ."

[Zitiert in: De la Quintana Condarco, Raúl <1946 - >; Duchén Condarco, Ramiro <1960 - >: Pasión por la palabra : el periodismo boliviano a través de sus protagonistas. -- La Paz, 1992. -- Depósito legal 4-1-759-92. -- S. 704]

«Aquí». no. 1 - 615 (LP, 1979-1980; 1983-1993)

Publicación periódica, de información general, semanal, de entre 8 y 16 pp.; salida de varias imprentas, pero la más estable fue 'Ediciones Gráficas'. Durante cierto tiempo llevó por subtítulo «La voz de los sin voz». Entre 1983 y 1993 contó con un suplemento semanal, que alternaba cada semana: "Pegatina" (espacio literario), "Solidaridad" (a cargo de la Coordinadora de los Pueblos Indígenas), "Inkarry" (historia) y "Lawray" (femenino); en 1983 tuvo un efímero suplemento literario "Margen"; en la fiesta de Alasitas sacaba un suplemento en miniatura y con el último número del año, un almanaque. Fundado en 1979 por un grupo de procedencia heterogénea, pero con la voluntad de hacer una publicación identificada con las aspiraciones sociopolíticas del 'pueblo'. A consecuencia del golpe de estado de 17-VII-1980 suspendió su publicación oficial, pero en varias ciudades del país salieron durante cierto tiempo policopiados con su logotipo, de circulación irregular y formato variable, compartiendo la lucha contra la dictadura de García Mesa; en 1983 reapareció, sin otra interrupción que cierta irregularidad durante los meses que siguieron a la muerte de su director R. Bascopé. Su primer director fue L. *Espinal SJ; le sucedieron R. Bascopé A. (1980) y A. Peredo L. (1983). Tuvo un numeroso grupo de colaboradores, fluctuante según los momentos y las posibilidades económicas de cada uno (el trabajo era esencialmente voluntario); entre ellos cabe mencionar: R. Cárdenas (que capitaneó la publicación los cuatro últimos años), A. Gumucio D., B. Palacios, J. C. Torres, D. Ace-
bey, J. Mancilla y muchos otros; entre éstos, numerosos estudiantes de las Carreras de Comunicación de la *Universidad de S. Andrés y de la Universidad Católica, sin los que no se hubiera podido sacar adelante la publicación. Su espacio estuvo repartido en las secciones siguientes: Opinión; Tribuna; La Política; Laborales; Pueblo y Cultura; Internacionales; esta secuencia varió en el curso de los años o no fue siempre tan definida. Dejó de aparecer tanto por el cambio del ambiente sociopolítico como por dificultades financieras."

[E. de Wasseige. -- In: Diccionario histórico de Bolivia / redactado bajo la dirección de Josep M. Barnadas con la colaboración de Guillermo Calvo y Juan Ticlla. -- Sucre : Grupo de Estudios Históricos, ©2002. -- 2 Bde : 1152, 1217 S : 23 Karten. -- ISBN 84-8370-277-0. -- Bd. 1, S. 144]

1979-03-24

Gründung der Acción Democratica Nacionalista (A.D.N.).

Wichtige Gründungsmitglieder:

ADN ist die Parteigrundlage für Hugo Banzer Suárez (1926, Concepción - 2002, Santa Cruz).

1979-03-31

"EL COMUNISTA

¡No, mamá, no lo llames, no llames al comunista!, gritaba la niña llena de terror ante la amenaza de su progenitora.
Mientras tanto, un grupo de soldados que recibía instrucción militar de un joven oficial escuchaba de él la clara advertencia de que si no se lleva la maniobra individual como él estaba enseñando, un comunista podría desarmarlos y matarlos.

Un político, en la parte central de su discurso, había manifestado también que no se permitirá que la influencia maléfica del comunista vaya a turbar la paz y la felicidad del pueblo.

Yo nunca había visto ni oído hablar antes de un comunista y comencé también a temerle y a detestarle, y quizá a odiarle.

Me lo imaginaba un ser monstruoso, tal vez con forma similar a la humana, pero en todo caso con largas garras y con cuerpo cubierto de una extraña piel parecida al del hombre lobo.

O tal vez se trataría de un degenerado. Violador de niños quizá. O antropófago, pero además cruel con quien le serviría de alimento.

Le temía, pero me costaba imaginármelo. Después se me facilitaron las cosas: la televisión había mostrado unas interesantes películas de espionaje en las que ya era fácil identificar al comunista.

En aquellas interesantes series vi a unos defensores de la libertad y de la familia de occidente luchar heroicamente contra unos comunistas... personajes físicamente humanos, pero con rostros que reflejaban a las claras sus maléficas inclinaciones.

Su hablar era hipócrita, sus planes destructivos y parecía poder verse en sus ojos que por sus mentes no corría otro deseo que el causar mal al mundo. Un mundo que, por lo demás, era libre y feliz. Pero este peligro que se cernía sobre el mundo era contraatacado por un grupo de valientes, inteligentes y apuestos hombres (en sus rostros se veía que eran hombres de bien), gracias a quienes el mundo en el que vivimos estaba salvado.
No temeré más al comunista, me dije entonces, y no debería temerle tampoco la niña, ni el conscripto, ni el pueblo, porque tenemos hombres de bien y países buenos que día y noche nos protegen de él.

Lo que no vi claro, y en la TV no se dijo aún, es quiénes, libres ya del comunismo y de toda ideología similar, nos librarán del hambre, la dependencia, la silicosis o la mortalidad devastadora.

Quizá un hada madrina, o también los valientes personajes de las series televisivas -pensé yo."

[Suárez Guzmán, Luis: El Comunista. -- In: Aqui. -- 1979-03-31. -- Abgedruckt in: Correveydile : revista boliviana de cuento. -- Numero especial 1: Cuentos de la represión. -- 1997-05. -- S. 20f.]

Luis Suàrez Guzman war ein Führer des MIR und wurde 1981-01-15 ermordet.

1979-04-19

Gründung der Wertpapierbörse Bolsa Boliviana de Valores SA in La Paz:   

"1976 y 1977 fueron los años en que se iniciaron las primeras acciones para la fundación de una Bolsa de Valores. En 1979 se designó una comisión encargada de efectuar las gestiones para lograr este cometido, en reunión realizada en la Confederación de Empresarios Privados (CEPB).

El 19 de abril de ese mismo año, en el local de la CEPB, se suscribió el Acta de Fundación de la Bolsa Boliviana de Valores y se efectuó la primera Junta de Accionistas.

Durante el período 1982-1985 se realizaron algunos intentos por activar el funcionamiento a la Bolsa; sin embargo estos fueron vanos, pues la hiperinflación, gran enemiga de la actividad bursátil, estuvo presente con la secuela de consecuencias negativas que ocasionó sobre la economía del país.

En el año 1989, después del éxito alcanzado con el programa de estabilización iniciado en 1985 --que devolvió al país el equilibrio económico-- se inició con USAID un programa de apoyo al mercado de valores que abarcó tanto a la Comisión Nacional de Valores como a las Agencias de Bolsa y a la Bolsa Boliviana de Valores, el mismo que permitió la capacitación de los intermediarios, la confección de sus reglamentos y la preparación de todo el sector para iniciar operaciones.

El 20 de octubre de 1989, la Bolsa Boliviana de Valores inició sus actividades en forma oficial, aunque recién el 16 de noviembre del mismo año se efectuaron las primeras transacciones en la Rueda de la Bolsa. Éstas consistieron en operaciones de compraventa de Certificados de Depósito Negociables del Banco Central de Bolivia (CDS). Todos esos valores fueron vendidos por el Banco Central de Bolivia, entidad que realizaba la emisión en el mercado primario y cuya negociación se realizaba en el mercado secundario, es decir en el ruedo de la BBV.

En junio de 1990 se produjo la aparición en el mercado de un nuevo instrumento, como son los Certificados de Notas de Crédito Negociables (CENOCREN), que no llegaron a tener un verdadero peso en las negociaciones en Bolsa, aunque sí fueron bastante transados en forma extrabursátil.

En la gestión 1991 el sector privado trajo nuevos instrumentos al mercado, pues en enero aparecieron los Bonos Bancarios Obligatoriamente Convertibles en Acciones (BBC) y en diciembre se transaron por primera vez los Bonos de Corto Plazo (BCP).

Posteriormente, durante 1992 surgirían los Bonos Bancarios Bursátiles (BBB), convirtiéndose en importantes participantes del mercado.

El año 1993 marcó la inclusión de uno de los más importantes documentos que se negocian en Bolsa, los Depósitos a Plazo Fijo (DPF) de la banca privada. Actualmente son los instrumentos con mayor participación en las operaciones bursátiles.

En 1994 una vez más se produjo la aparición de nuevos instrumentos de renta fija y la realización de las primeras emisiones de capital a través de la inscripción de acciones (ACC), así como las primeras y modestas transacciones con tales instrumentos.

Es así que a fines del mes de julio, la Bolsa autorizó la transacción en la Rueda de las Letras del Tesoro General de la Nación (LTS); en septiembre se efectuó la primera transacción de acciones y en octubre se transaron por vez primera Bonos del Tesoro General de la Nación (BTS).

Posteriormente, al finalizar noviembre se produjo la primera operación con Bonos Municipales (BMS) de la Honorable Alcaldía de La Paz.

Para culminar el año, y como resultado de la liquidación de los Bancos Cochabamba y Sur, el Banco Central emitió los Certificados de Devolución de Depósitos (CDD) a fin de restituir al público sus depósitos en tales entidades, los mismos que se transaron por primera vez en el Ruedo a fines de diciembre."

[Quelle: http://www.solobolivia.com/economia/valores/bbv.shtml. -- Zugriff am 2002-10-09]

1979-05-20

Gründung des Partido Indio (PI) auf dem Primer Congresso de la Juventud India del Kollasuyo (JIK) in La Paz.

1979-06-25 bis 26

Congresso de Unidad Campesina, vom COB einberufen. Dabei wird die Confederación Sindical Unica de Trabajadores Campesinos de Bolivia (CSUTCB) gegründet. Damit ist der 1964 gebildete Pacto Militar Campesino aufgelöst.


Abb.: Organigramm des CSUTCB, 2001

[Quelle der Abb.: Directorio rural 2001/2002. -- La Paz, 2001. -- ISB 99905-64-17-5. --  S. 89]

1979-07-01

Präsidentenwahlen. Ergebnis:

Hernán Siles Zuazo (1913, La Paz - 1996, Uruguay) (UDP -- Unidad Democratica Popular) 529.000 31,22%
Víctor Paz Estenssoro (1907, Tarija - 2001, Tarija) (MNR -- Movimento Nacionalista Revolucionario) 527.000 31,13%
Hugo Banzer Suárez (1926, Concepción - 2002, Santa Cruz). (ADN -- Actión Democratica Nacionalista) 219.000  
Marcelo Quiroga Santa Cruz (1931, Cochabamba - 1980, La Paz) (PS-1 -- Partido Socialista 1)

71.000

 

1979-08-07

Da keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit hat, muss der Congreso entscheiden. Bei den Abstimmungen im Parlament erhält keiner der Kandidaten die für den Präsidenten notwendige Mehrheit. Auf Vorschlag des Senatspräsidenten wird Walter Guevara Arze (1912, Cochabamba - 1996, La Paz) für die Dauer eines Jahres zum Interimspräsidenten bestimmt. Im Mai 1980 sollen Neuwahlen stattfinden.


1979-08-08 bis 1979-11-01

Rechtsanwalt Walter Guevara Arze (1912, Cochabamba - 1996, La Paz) ist verfassungsgemäß Interimspräsident


Abb.: Walter Guevara Arze


1979-08-08

Walter Guevara Arze (1912, Cochabamba - 1996, La Paz) bildet eine Regierung aus allen Parteien, die an den Wahlen teilgenommen haben.

1979-09-03 bis 09

VI: Gipfelkonferenz der Bewegung der Nichtpaktgebundenen Staaten in Havanna. Bolivien wird als Vollmitglied aufgenommen.

1979-10-11

Niederschlagung einer Revolte der 6. Armeedivision in Trinidad.

1979-10-24 bis 31

Konferenz der Organisation Amerikanischer Staaten  in La Paz. [Webpräsenz: http://www.oas.org/ .-- Zugriff am 2003-03-18]. Präsident Walter Guevara Arze (1912, Cochabamba - 1996, La Paz) wendet sich gegen das Vorhaben der USA, 35.000  Tonnen Zinn aus ihrer strategischen Reserve zu verkaufen. Der daraus resultierende Fall des Weltmarktpreises würde der bolivianischen Wirtschaft einen Schaden von 60 bis 100 Millionen US$ zufügen.


1979-11-01 bis 1979-11-16

Coronel Alberto Natusch Busch (1927; Riberalta - 1994) ist verfassungswidrig (Staatsstreich) Präsident


Abb.: Alberto Natush Busch


Abb.: Staatstreich von Alberto Natush Busch: Panzer auf der Plaza Murillo, La Paz

[Bildquelle: La Paz 450 años (1548 -1998). -- La Paz : Alcaldía Municipal. -- Tomo I. -- 1998. -- ISBN 99905-47-00-9. -- S. 52]

Natusch verhängt sofort das Kriegsrecht und löst das Parlament auf. (Natusch erhielt seine militärische Ausbildung u.a. bei den Gebirgsjägern der Bundesrepublik!).

Bilanz der 16 Tage Präsidentschaft von Natusch:

  • 204 Verletzte

  • 16 Verschwundene

  • 76 Tote

[Angaben nach: Imágenes para no olvidar. -- La Paz  : Muela del Diablo, ©2001. -- ISBN 99905-40-21-7. -- S. 27]

"Es hat viele Versuche gegeben, die wichtigsten Ursachen des von Alberto Natusch Busch angeführten Armeeputsches im Morgengrauen des 1. November 1979 zu erklären. Dieser Putsch fand einen Tag nach dem Abschluss eines Treffens der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in La Paz statt, an dem der Interimspräsident Walter Guevara Arze seine diplomatische Gewandtheit unter Beweis stellte und in diplomatischen Verhandlungen über den bolivianischen Zugang zum Meer, ein gerade 100 Jahre alt gewordenes Anliegen, die chilenische Regierung übertrumpfte. Keine von diesen Erklärungsversuchen zog jedoch die Tatsache in Betracht, dass die Gründe für die Haltung Natusch Buschs und der Streitkräfte, die offenbar von einigen Parteiführern der beiden Fraktionen des MNR beraten worden waren, in ersten Meinungsverschiedenheiten zwischen den Sektoren der Kokain-Organisation bestanden.

Die klarsten Analysen zu diesem Staatsstreich, bekannt geworden als das «Massaker von Allerheiligen», konnten einige Ungereimtheiten nicht aufklären. Zum Beispiel die «bedingungslose» und umfassende* Unterstützung des Putsches durch die Streitkräfte und auf der ändern Seite die Zweideutigkeit der Partei Banzers, die doch offensichtlich einen Einfluss auf die militärische Institution hatte. Andererseits hatte sich auch Edil Sandóval Morón am Putsch beteiligt, der Vizepräsidentschaftskandidat der von Hernán Siles Zuazo angeführten Gruppierung, die in den Wahlen von 1978 über den Kokain-Exponenten General Juan Pereda Asbún triumphierte.

Tatsächlich wusste man zu dieser Zeit noch nicht, dass das großangelegte Kokain-Fabrikationsprojekt in vollem Gange war, und dass in den Jahren 1977 bis 1979, während sich die Achse im Beni festigte, unbemerkt ein drittes Drogenfabrikationszentrum gegründet worden war, unter der Vorherrschaft von Großgrundbesitzern und berühmten Vertretern des Bürgertums. Es handelte sich dabei um die Achse Moromoro-Vallegrande-Comarapa im Süden der Departemente Santa Cruz und Cochabamba. Einer der Großgrundbesitzer dieser Region ist der eben erwähnte Edil Sandoval Morón, der für das Massaker von Allerheiligen entscheidend mitverantwortlich war.

Was in Wirklichkeit zur Entscheidung, einen Putsch durchzuführen geführt, zugleich aber auch seinen Fehlschlag verursacht hatte, waren die Meinungsverschiedenheiten Natuschs und Banzers über die zu ergreifenden Maßnahmen zur Rückgewinnung der absoluten Kontrolle über die Regierung. Ersterem machte die Wahlschlappe des Generals Juan Pereda klar, dass er bei einem solchen Vorgehen keine Chancen haben würde, die Macht zu ergreifen, und so schlug er folgerichtig einen Putsch als Mittel zum Zweck vor, natürlich unter seiner Führung. Banzer hingegen glaubte noch immer, die Wahlen gewinnen zu können, obwohl sein Ansehen durch den Rechenschaftsprozess, den Marcelo Quiroga Santa Cruz im Namen seiner Partei im Parlament gegen ihn anstrengte, stark angeschlagen war.

Die Entwicklung der Dinge nach dem l. November festigte jedoch die Stellung Natuschs gegenüber den Streitkräften. Banzer seinerseits war zwar am direktesten betroffen durch die Enthüllungen des sozialistischen Abgeordneten Quiroga Santa Cruz, hatte sich aber am Massaker von Allerheiligen nur am Rande beteiligt und nur dort, wo ihm diese Beteiligung am ehesten nützte.

Von Anfang an waren die Namen der an diesem politischen Abenteuer Beteiligten, das das bolivianische Volk mehr als 500 Tote kostete, bekannt. In erster Linie spielten natürlich fast alle Militärs eine Rolle. Einige von ihnen taten sich aber durch besonders barbarische Aktionen gegen die wehrlose Bevölkerung hervor, oder hatten besonders wichtige Schlüsselpositionen der staatlichen Kontrolle inne. Das sind, unter anderem:

  • Oberst Carlos Mena Burgos, der das Innenministerium übernahm;
  • General Edén Castillo, von Natusch zum Oberkommandierenden der Streitkräfte ernannt [ Edén Castillo Galarza übersandte 1981 als einer der Hauptkollaborateure des Regimes von Luis García Meza eine offizielle Note des Generalstabs der Armee, in der er um die Freilassung einer Gruppe Drogenhändler bat, die auf brasilianischem Territorium überrascht worden waren. Die Gruppe wurde von der Presse als «Los novios de la muerte» (Die Todesbräute) bezeichnet.];
  • Oberst Mario Oxa Bustos, Planer und Stratege des Massakers;
  • General Luis Garcia Meza, zum Oberbefehlshaber der Armee ernannt;
  • General Waldo Bernal, Chef des Luftwaffenstabs;
  • Oberst Arturo Doria Medina, «Marschall des Todes» genannt, und
  • Oberst Mario Vargas Salinas [Obwohl er zu den am meisten zu Putschen neigenden Militärs gerechnet wurde, nahm man ihn nach der Regierungsübernahme von Hernán Siles im Oktober 1982 ins Kommando der Streitkräfte auf.].

Ein Jahr später stimmten die Organisationen des Kampfes gegen den Drogenhandel in den USA und die internationale Presse darin überein, dass die genannten Militärs Mitglieder der «bolivianischen militärischen Verbindung» zur Droge sind.

Der andere am Putsch vom November 1979 beteiligte Sektor war in seiner Mehrheit aus Zivilisten zusammengesetzt, die traditionsgemäß weder mit den Militärs noch mit Hugo Banger in Verbindung standen; ihre letzte politische Betätigung steht ganz in Verbindung zu den gegen den Ex-Diktator eingestellten Sektoren. Die meisten von ihnen waren hohe Parteifunktionäre der großen Fraktionen des Movimiento Nacionalista Revolucionario (MNR), die von Hernán Siles Zuazo und Víctor Paz Estenssoro abwechslungsweise angeführt wurden. Aus dieser Gruppe ragten

  • die Brüder Edil und Willy Sandóval Morón,
  • Abel Ayoroa (Leiter des MNRI von Siles),
  • Guillermo Bedregal Gutiérrez (Leiter des MNRH von Paz Estenssoro),
  • José Fellman Velarde und
  • Feliciano Agapito Monzón

hervor.

Der Volkszorn fand für diese Gruppe von Zivilisten, die als «Intellektuelle des Putsches» amtierten, zahlreiche sprechende Adjektive. Aber es war schwierig die Beweggründe zu verstehen, die sie dazu gebracht hatten, eine solche Haltung ein
zunehmen, bekleideten sie doch alle respektable Positionen innerhalb ihrer politischen Organisationen. Erst als bekannt wurde, dass sie zu diesem Zeitpunkt schon alle in die militärisch-bürgerliche Allianz eingebunden waren und dass es ihnen auch schon gelungen war, ihre eigene Produktionsachse für Kokain-Paste zu strukturieren, verstand man ihre Komplizenschaft beim Massaker von Allerheiligen."

[Bascopé Aspiazu, René <1951, La Paz - 1984, La Paz>: Die weisse Ader : Coca und Kokain in Bolivien / Mit. einem Anhang von Joaquín Hinojosa.  -- Zürich : Rotpunktverlag, ©1989. -- 136 S. : Ill. --  (Fracción mágica ; 15). -- ISBN 3-85869-047-3. -- Originaltitel: La veta blanca (1982). -- S. 100 - 103]

1979-11-05/06

Die COB ruft den Generalstreik gegen Natusch aus. Bei blutigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften werden über 80 Personen getötet und 200 verletzt. Oberst Natusch wird zur Zurücknahme der Parlamentsauflösung gezwungen.

1979-11-07

Die Putschisten sind zu Verhandlungen mit dem Parlament und der COB gezwungen. Aufhebung des Kriegsrechts und der Pressezensur.

1979-11-16

Das Parlament wählt Lydia Gueiler Tejada (1921, Cochabamba - ) zur interimistischen Staatspräsidentin und legt die nächsten Präsidentschaftswahlen für den 1980-05-04 fest. Die Armeeführung billigt die Wahl. Daraufhin tritt Natusch Busch zurück.


1979-11-16 bis 1980-07-17

Wirtschaftsprüferin Lydia Gueiler Tejada (1921, Cochabamba - ) ist aufgrund der Wahl durch den Congreso verfassungsgemäß interimistisch Präsidentin


Abb.: Lydia Gueiler Tejada


1979-11-19

Regierungsbildung: von den 19 Mitgliedern gehören 8 dem MNR an. Das Parlament schließt 8 Abgeordnete wegen Kollaboration mit Natusch Busch aus und fordert die Entlassung des militärischen Oberkommandos.

1979-11-22

Einsetzung eines neuen Oberkommandos des Militärs.

1979-11-24/25

Eine Militärrevolte erzwingt die Wiedereinsetzung der am Putsch von Ex-Präsident Coronel Alberto Natush Busch (1927, Riberalta - 1994) beteiligten hohen Offiziere.

1979-12-05

Streiks und Demonstrationen gegen das Sparprogramm der Regierung. Dieses sieht eine Abwertung des Peso um 25% und Preiserhöhungen für Benzin, Brennstoffe und Schmierstoffe vor.

1979-12-22

Eine Delegation des Partido Comunista Boliviano unter Leitung von Zentralsekretär Jorge Kolle Cueto wird in Ostberlin vom Sekretär des Zentralkomitees der SED, Hermann Axen (1916 - 1992) zu einer "kameradschaftlichen Aussprache" empfangen.

1980er-Jahre (?)


Abb.: Alvarez Daza, Carmen <1936 - >: Fiesta popular

[Bildquelle: Soriano Badani, Armando <1923 - >: Pintores bolivianos contemporaneos. -- 2. ed. -- Cochabamba [u.a.] : Los Amigos del Libro, 2000. -- (Descubra Bolivia). -- ISBN 84-8370-202-9. -- S. 19]

1980er-Jahre


Abb.: Chola, Tarija, 1980er-Jahre

[Bildquelle: Paredes Candia, Antonio: La chola boliviana. -- La Paz : ISLA, 1992. -- Depósito legal 4-1-59-90. -- Nach S. 550]

1980er-Jahre


Abb.: Los Grillos

Gründung der Volksmusikgruppe Los Grillos.

1980er-Jahre

Das Apostolische Vikariat Ñuflo de Chavez (Santa Cruz) beginnt mit der Entwicklung von Modellhäusern für die Chiquitania.

Abb.: Verschieden Größen des Modellhauses Abb.: Eines der ersten Modellhäuser

[Bildquelle: Bösl, Antonio Eduardo <1925, Hirschau - 2000, Concepción>: Tesoros de la iglesia chiquitana. -- Concepción, 1997. -- Depósito legal 8-1-1445-97. -- Originaltitel: Bolivien-Report IV, VI, VII. -- S. 205, 207]

1980

1980

Beim Amt für Zivilluftfahrt sind im Departamento Beni 2000 Landeplätze für Kleinflugzeuge registriert -- eine gute Infrastruktur für den Kokainhandel.

1980

Francovich, Guillermo <1901, Sucre - 1990, Brasilien>: Los mitos profundos de Bolivia. -- La Paz [u.a.] : Los Amigos del Libro, 1980. -- 211 S. -- (Enciclopedia boliviana)

"Francovich, Guillermo
* 25.1.1901 in Sucre, lebt in Brasilien [†1990]. Sein Werk kann in sechs große Gruppen eingeteilt werden: Philosophische Dialoge, Essays, Ideengeschichte, politische Philosophie, Theaterstücke und Literaturkritik. In dem Dialog Supay (1939) leistet er eine Neuinterpretation des indianischen Teufelsmythos, der für ihn einen aus den Leiden der Kolonialisierung heraus geborenen Schutzmechanismus der Indios darstellt. Los mitos profundos de Bolivia (1980) ist eine Ideengeschichte der Mythen des Landes, die die mythischen Elemente aus der Zeit der Inkaherrschaft wiederbelebt. Es philosophisches Werk besteht außer Schriften zu Bacon, Toynbee, Heidegger u.a. aus Studien zum Einfluss der westlichen Philosophie auf das bolivianische Denken. Seine Theaterstücke behandeln psychologische und philosophische Fragen.

Weitere Werke: Pachamama (1942), Los ídolos de Bacon (1942), Todo ángel es terrible (1959).
Ausgabe: Teatro completo. La Paz 1975."

[Wolfgang Schupp. -- In: Autorenlexikon Lateinamerika / hrsgg. von Dieter Reichardt. -- Frankfurt

: Suhrkamp, ©1992. -- ISBN 3518404857. -- S. 141. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}]

1980

In der Zeitschrift:

Cristianismo y sociedad. -- Buenods Aires. -- XVIII, Nr. 65-66 (1980). -- S. 32 - 35

erscheint folgender Artikel:

"BOLIVIEN: Eine Kirche der Armen (Bericht indianischer Methodisten)

In unserem Land, in Bolivien, vollzog sich in den letzten Jahren ein Prozeß des Aufbaus einer Kirche der Armen. Die Mehrheit der Bevölkerung Boliviens sind Bauern (etwa 70 %) mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 75 Dollar pro Kopf, während 5 % der Bevölkerung, die zur reichen Klasse zählen, ein Jahreseinkommen von 7 000 Dollar pro Kopf haben. In beiden Fällen zeigt sich eine sozialökonomische Ungerechtigkeit. Die Bauern gehören den indianischen Völkern der Aymara und Quechua an. Unter ihnen beginnt sich eine Kirche der Armen zu entwickeln. Es ist eine mächtige Kirche, die die Gerechtigkeit Gottes inmitten vieler Leiden - Schmerzen, Hunger, Elend, Unterdrückung und Tyrannei jeder Art - sucht.

Historischer Hintergrund

Seit die nordamerikanischen Missionare vor fünfzig Jahren nach Bolivien kamen, um vor allem die indianischen Völker der Aymara und Quechua für die methodistische Kirche zu evangelisieren, gelang es ihnen nur, 3 000 Mitglieder zu gewinnen. Doch in den letzten sieben Jahren hat sich die Zahl der Mitglieder dieser Kirche auf 6 000 verdoppelt, und die Mehrheit von ihnen sind Bauern. Das Wachstum der Kirche gründet sich vor allem auf den Zustrom der ärmsten Bauern.

In dieser Zeit haben die Aymara und Quechua tiefgreifende Veränderungen angestrebt, insbesondere im Hinblick auf jede Art der Beherrschung: sie versuchten sogar, sich von der Herrschaft der nordamerikanischen Missionare zu befreien. Die Indios selbst streben nach Autonomie und Befreiung von der Kirche. Und der gleiche Prozeß vollzieht sich im Inneren der methodistischen Kirche in Bolivien. Im Jahre 1975 entstand unter der Führung von Pastoren, die dem Volk der Aymara angehören, eine indigenistische Bewegung innerhalb der Kirche. Anfangs versammelten sich zehn Aymara-Pastoren, um das Problem der theologischen Beherrschung in der Kirche durch die Ausländer zu analysieren. Dabei stellten wir fest, dass die theologische Ausbildung, die wir erhalten hatten, unserem Volk vollkommen entfremdet war. Es handelte sich in erster Linie um eine Theologie des Verzichtes, die nur auf ein Paradies im Himmel orientierte, in dem man das Glück genießen wurde, und sich nicht im geringsten um die Menschen um die Indios die Hunger, Elend und Unterdrückung erleiden, kümmerte Man predigte uns auch eine individuelle Erlösung. Wichtig war nur die Person; wer zur Kirche gehorte, war erlöst. Und es spielte keine Rolle, dass andere in Leid und Schmerz lebten Gleichzeitig hatten die Aymara, obwohl sie die Mehrheit in der Kirche bildeten, keine Stimme, durften auf den Vollversammlungen weder sprechen noch eine Meinung äußern, durften ihre Sache nicht vorbringen. Nur die Itellektuellen, die Mittelschichten, die nordamenkanischen Missionare hatten das Recht zu sprechen, zu wählen, sie nahmen die wichtigsten Amter m der Kirche ein Aber auch sie predigten die Erlösung die Rettung die Befreiung der Armen. Währenddessen dauerte die Unterdrückung m nerhalb der Struktur der Kirche an.

Diese Probleme wurden von den Aymara-Pastoren analysiert. Wir beschlossen, alle Laien, die die lokalen Kirchen leiteten, zu versammeln. Wir luden ungefähr 70 Fuhrer der lokalen Kirchen ein und konstituierten uns unter dem Namen „Erweitertes Seminar" (Seminario de Extensión). In unseren Vorlesungen behandelten wir vor allem die punkte für die Veränderungen innerhalb der Kirche. Wir analysierten die Vorschriften und Statuten, die soziale Zusammensetzung und die ökonomische Lage der Kirche. Dabei erkannten und analysierte» wir, dass durch da ganze strukturelle System das Volk, die Bauern und Arbeiter der nationalen Kirche unterdrückt werden Wir wandelten das Erweiterte Seminar in ein großes Methodistisches Konzil der Aymara um. Auf diesem Konzil wurde beschlossen, die Vorschriften, Statuten und die höchsten Autoritäten der Kirche nicht mehr anzuerkennen. Dann beriefen wir das zweite Methodistische Konzil der Aymara für die Dauer einer Woche ein. Noch einmal behandelten wir die wichtigsten Aspekte unserer Lage und analysierten die sozialökonomischen, sozialpolitischen und sozialkulturellen Probleme unseres Landes. Wir erkannten, dass auch im ganzen Land eine minoritäre privilegierte Gruppe die ökonomische und politische Macht innehatte. Und in dieser ganzen Zeit lebten wir in großer Armut. Wenn man bei den Behörden, im öffentlichen Leben, im Regierungssystem (alle Regierungen treten ihr Amt an, ohne sich für das Wohl der Klasse der Bauern und Arbeiter einzusetzen), in den Kirchen diskriminiert wird, lebt man in großer Armut.

Die Kirche wandelt sich

Aufgrund der Analyse dieser grundsätzlichen Probleme erkannte das Methodistische Konzil der Aymara die Notwendigkeit, innerhalb der Kirche einen tiefgreifenden Wandel herbeizuführen, um mit dem Evangelium, mit dem Wort Gottes eine Veränderung der Situation zugunsten der Armen in Bolivien und in ganz Lateinamerika zu erreichen. Von diesem Augenblick an kam es zu einer Krise innerhalb der Kirche, und im Jahr 1975 wurde eine große Kommission einberufen. Diese von der Vollversammlung der Nationalen Kirche einberufene Kommission setzte sich aus Mitgliedern der beiden Volksklassen und der Mittelschichten zusammen. Die Kommissionsmitglieder besuchten alle Kirchenbezirke, um die Probleme und Forderungen des Konzils zu untersuchen. Und im Ergebnis dessen informierte die Kommission die Vollversammlung darüber, dass die Existenz der Aymara-Bewegung eine Realität darstellt und diese Bewegung im Streben nach einem Reich der Gerechtigkeit die Gerechtigkeit Gottes, den Frieden und die Macht des Heiligen Geistes zugunsten der Armen fordert.

Angesichts dieser Situation erkannte man die Notwendigkeit, die Strukturen der methodistischen Kirche zu verändern. Auf einer großen Vollversammlung im Jahre 1976 wurden die gewaltigen Veränderungen für die Kirche deutlich: der Bischof und alle nationalen Autoritäten traten von ihren Ämtern zurück. Gleichzeitig begannen hier für eine Übergangszeit von zwei Jahren nicht offiziell anerkannte Führer mit der Organisation ihrer Arbeit. Der Wandel innerhalb der Kirche wurde ausdrücklich vollzogen, um den Armen zu dienen, um den Bedürfnissen des Landes, d. h. der Ärmsten des Landes, entsprechen zu können. Dieser Wandel manifestierte sich auch auf der Vollversammlung selbst; erstmals waren 80 % der Anwesenden Indios. Sie erzwangen mit aller Kraft Veränderungen: vor allem in den Bildungseinrichtungen und Krankenhäusern, die im Dienste der Mittelschichten standen, aber auch Veränderung aller Strukturen und Veränderung der Löhne und Gehälter der nordamerikanischen Missionare und der Leute an der Basis. Sie strebten nach Gerechtigkeit innerhalb der Kirche. Die Verpflichtung gegenüber den Armen innerhalb der Kirche zeigte sich in der Einheit mit den Armen selbst, die zum ersten Male ihre Stimme erhoben, zum ersten Mal sprachen und sich nicht mehr von der Mittelschicht dirigieren ließen. Nunmehr setzte sich die Vollversammlung der Kirche aus Aymaras, Quechuas und der Arbeiterklasse zusammen. Diese Vollversammlung bestand weitere zwei Jahre. Es wurde innerhalb der Kirche eine Untersuchung durchgeführt, um zu analysieren, worin die Verpflichtung der Kirche besteht. Wir kamen zu dem Schluß, dass die Kirche ihre Verpflichtung gegenüber den Armen vertiefen sollte und Kaderschulungen, die sich mit der Situation der Armen beschäftigen, auf allen Ebenen der Kirche durchführen muss. Das Wort Gottes muss entsprechend der bolivianischen Realität interpretiert werden. Ausgehend von dem anhand der Untersuchung erarbeiteten Dokument wurden umfassende Kurse, Seminare, Versammlungen, Bibelstudien, Studien zu sozialen und ökonomischen Problemen Boliviens sowie zu technischen Angelegenheiten und der Frage der Musik in der Kirche einberufen. Mit diesen insgesamt 25 zweiwöchigen Kursen wurde die gesamte Kirche mobilisiert.

In dieser Zeit vollzogen sich tiefgreifende Veränderungen; die lokale Kirche begann, sich am Gemeindeleben zu beteiligen. Die Führer der Kirche änderten das System der Predigten. Sie begannen, gemeinsam mit dem Volk, auch die sozialökonomischen Probleme Boliviens einzubeziehen. Nach dem letzten Militärputsch berief die Kirche sofort eine Versammlung mit den Leitern der Gemeinden ein, auf der die Ereignisse analysiert wurden. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass der Putsch sich gegen die Armen richtete. Man verabschiedete Dokumente und Manifeste, in denen festgestellt wurde, dass die Kirche gegen jede Art der Unterdrükkung ist und ihre prophetische Stimme erheben muss, trotz aller Gefahren, die das mit sich bringt. In der zweiten Etappe wurden auch konkrete Aktionen durchgeführt: die Kirche Quechua-Aymara nahm an einer siebentägigen Blokkade teil, war in Streikkomitees vertreten und organisierte die Leute an der Basis, übernahm Botengänge, motivierte die Blockadeteilnehmer und gab Dokumente heraus. Auf der Suche nach der Gerechtigkeit Gottes beginnt die Kirche, am politischen Leben teilzunehmen. In den letzten vier Jahren konnte man wichtige Veränderungen innerhalb der Kirche feststellen. In der früheren Kirche war nur die Mittelschicht an der Leitung beteiligt, sie entschied die politischen Fragen, verabschiedete Dokumente und hatte die ganze Macht. Im Gegensatz dazu nehmen heute die Armen aktiv am kirchlichen Leben teil und verfügen über das Recht der Entscheidung. Früher erhielten die Pastoren, die Missionare, die Arbeiter und das Personal der Institutionen Gehälter von der Kirche. Die Vollversammlung setzte sich zur Hälfte aus eben diesem Personenkreis zusammen, die andere Hälfte repräsentierte die Basiskirche. Und in der ganzen Zeit gab es keine Veränderung. Heute nehmen an der Vollversammlung, dem höchsten Organ der Kirche, zu 95 % Bauern teil. Und sie entscheiden über die Veränderung und das Leben in der Kirche. Auch in anderen, der Vollversammlung untergeordneten kleineren Versammlungen ist die arme Klasse, sind die Arbeiter und Bauern in der Mehrheit und fällen die Entscheidungen.

Die Strukturen, der Gottesdienst und der Gebrauch der Bibel sind jetzt anders

Früher hatte die Kirche eine vertikale Struktur. Der Bischof war die höchste Autorität, seine Entscheidungen erfolgten von oben nach unten. Der Bischof entschied die ökonomisehen, religiösen und auch die politischen und sozialen Fragen. Aber seit der Zeit der Veränderungen gibt es keine vertikale Autorität mehr - die Entscheidungen werden von der Basis der Kirche getroffen. Die Basis entscheidet die ökonomischen und politischen Angelegenheiten innerhalb der Kirche. Das hat für die Zukunft eine große Perspektive. Erstmals liegt die Entscheidung - einschließlich über die ökonomischen Fragen, über die Gelder der Kirche - in den Händen der beiden Sektoren des Volkes, der Armen. Auch der Gottesdienst, die Liturgie, wurde durch die Mittelschicht beherrscht. Das hängt mit der CALA - Kommission für Alphabetisierung und Aymaraliteratur - zusammen, die von vier Missionaren über das von konservativen USA-Kirchen finanzierte Linguistische Sommerinstitut geleitet wird. Sie erarbeiteten die Kirchenlieder und kontrollierten sie mit aller Schärfe. Diese Lieder waren den Grundbedürfnissen der Aymara entgegengesetzt und verwiesen sie auf einen falschen Himmel. Aber die von uns heute durchgeführten Veränderungen in der Kirche schließen auch den Text der Lieder ein, die nun Melodien der Musik der Aymara selbst haben. Es gibt eine neue Form des Gottesdienstes, die in den Traditionen der Indiokultur steht und eine breite Beteiligung der Laien zur Grundlage hat. Die Entscheidungsvollmacht der Laien, d. h. der Arbeiter und Bauern, ist heute in den Kirchen, in den Bezirken und auf der Vollversammlung sehr groß. Jetzt wird auch die Bibel mehr gelesen. Wir haben entdeckt, dass Gott für den Armen ist. In den Bibelausschnitten, in der Interpretation des Wortes Gottes erkennen wir, dass seine größte Sorge den Armen gilt, und das erhöht unsere Kraft. Heute hat die Bibel einen größeren Wert, denn sie erzählt ganz direkt über unsere konkrete Situation. Mit der neuen Interpretation des Wortes Gottes erhöhte sich die Mitgliederzahl der Kirche beträchtlich.

Botschaft an die anderen Kirchen

Wir senden allen Bruderkirchen in der Welt unsere Grüße. Wir bitten sie, für die Armen in den Kirchen Lateinamerikas und besonders für die Indios zu beten. Wir fordern alle Kirchen der Welt auf, ihre ökonomischen und alle anderen Strukturen zu überprüfen und nach neuen Wegen zu suchen, um den Armen besser zu dienen. Der Beitrag der Kirchen zum Wohl der Armen sollte nicht einfach ein philanthropisches Geschenk sein, sondern die bewußte Erkenntnis der eigenen Realität und der Welt, in der wir leben, beinhalten. Wir beten dafür, dass sich die Systeme verändern und mehr im Dienste der Armen stehen, und wir beten für eine größere Mitbestimmung der armen Klasse. Wenn Gerechtigkeit herrscht, wenn Friede und Liebe herrscht, dann wird das Reich Gottes unter uns sein. Das bestätigt uns das Kapitel 14 des Briefes an die Römer, Vers 17 und 18: „Denn wo Gott seine Herrschaft aufrichtet, geht es nicht um Essen und Trinken, sondern darum, dass man von Gott angenommen ist, um den Frieden und um die Freude, die der Heilige Geist schenkt. " Es kann keine Kirche geben, wenn es nicht Gerechtigkeit gibt, wenn nicht Friede herrscht. Wenn es keinen Frieden gibt, gibt es keine Liebe. Ohne Liebe, Frieden und Gerechtigkeit gibt es kein Reich Gottes. Die Kirchen müssen sich dem Streben nach Gerechtigkeit, Liebe und Frieden in aller Welt verpflichten. Amen."

[Übersetzt in: Option für die Armen : Theologie der Befreiung und kirchliche Basisgemeinden in Lateinamerika / hrsgg. von Thomas Buhl. -- Leipzig : Reclam, ©1990. -- (Reclam-Bibliothek ; 1350). --ISBN 3379-00536-3. -- S. 70 -76]

1980

Noviembre negro : Massaker und Widerstand in Bolivien / Text: Reiner Kornberger; Zeichnungen: Gonzalo Torrico Prada. -- Bremen : roter funke, ©1980. -- 80 S. : Ill. -- ISBN 88516-007-2. -- Sonderband der Zeitschrift Himmel & Erde.


Abb.: Grafik von Gonzalo Torrico Prada [a.a.O., S. 75]

"ES IST NICHT VERGEBENS
Zwei
waren es
zwei Novemberwochen
eine in Blut getränkt
und noch eine voller Angst

Vier
waren es
vier Verräter im Gehrock
zwei auf der Suche nach Geld
und zwei hungernd nach Ruhm

Zehn
waren es
zehn eiserne Uniformen
fünf dürstend nach Blut
und fünf gierig nach Feuer

Einer
war es
einer der schreckliche Höllenhund
halb Zunge aus Gift
halb Zahn aus zermalmendem Stahl

Fünfhundert
waren es
fünfhundert Gefallene auf den Wegen
die einen sahen den Sieg
die anderen siegten im Sterben

Millionen
waren es
Millionen Fäuste die entbrannten
Millionen Herzen
gegen den Gehrock
die Kugeln und den Höllenhund
Millionen 
die eines Tages
ein einziger und neuer Mensch sein werden

Pablo Zarzal"

[a.a.O., S. 74]

1980-01

Jürgen Riester (1941 - ) und andere gründen in Santa Cruz Apoyo para el Campesino del Oriente Boliviano (APCOB).

1980-01

Grundung der Federación Nacional de Mujeres Campesinas de Bolivia 'Bartolina Sisa' als weiblicher Zweig der Confederación Sindical Unica de Trabajadores Campesinos de Bolivia (CSUTCB)

Abb.: Umschlagtitel des offiziellen Geschichtswerks: Las hijas de Bartolina Sisa / Lucila Mejia ... -- La Paz : Hisbol, 1984. -- 105 S. : Ill. -- Depósito legal 4-1-231-84

1980-01-10

Der ständige Vertreter Boliviens bei der Organization of American States (OAS) [Webpräsenz: http://www.oas.org/. -- Zugriff am 2002-04-09] verurteilt die Entscheidung der USA über den Verkauf von 35.000 t Zinn aus der strategischen Reserve als ökonomische Aggression gegen Bolivien-

1980-01-17

Ex-Präsident General Hugo Banzer (1926, Concepción - 2002, Santa Cruz) wird rehabilitiert.

1980-02-27 bis 02-02

In Cuzco (Peru) findet der erste Kongress der indianischen Bewegungen Amerikas statt.

1980-03-22

Der als linksgerichtet geltende Jesuit Lluis Espinal i Camps (1932, Spanien - 1980, La Paz) ), Direktor der Wochenzeitung Aquí wird ermordet. An seinem Begräbnis nehmen über 120.000 Personen teil, die in Sprechchören den Innenminister Oberst Luis Arce Gómez des Mordes beschuldigen.


Abb.: Der ermordete Lluis Espinal i Camps SJ

[Bildquelle: Imágenes para no olvidar : 30 años entre el espanto y la ternura. -- La Paz : Muela del Diablo, 2001. -- ISBN 99905-40-21-7. -- S. 46]

Ein Gebet Espinals:

"Es gibt stumme Christen, die, solange sie selbst nicht davon betroffen sind,
alles tatenlos hinnehmen, selbst wenn sich die Welt selbst zerstört.
Sie treten nicht auf gegen die Ungerechtigkeiten,
weil sie dem Staat sklavisch untergeordnet bleiben
aufgrund von Verfolgung oder eines Kompromisses,
gekauft durch Angst oder Opportunismus.

Andere protestieren nicht, weil sie vielleicht nichts zu sagen haben.
Für sie ist der Glaube eine Angelegenheit im luftleeren Raum,
ein Glaube, der nichts zu tun hat mit dem Leben
und nur hinter den Wolken eine Bedeutung hat....

Du weißt, was für deine Kirche am besten ist,
ob es der Eifer in den Katakomben
oder die Routine unter dem Schutz des Staates sein soll.
Schenke ihr, was ihr wohl tut, selbst wenn es Kerker und Armut sind.
Befreie uns vorn Schweigen der Verstockung
und vom Schweigen angesichts der sozialen Ungerechtigkeit,
befreie uns vom Schweigen der Besonnenheit,
indem wir uns nie engagieren wollen.

Wir haben sogar dein Evangelium entschärft.
Jetzt ist es nicht mehr kantig und macht auch niemanden bestürzt.
Wir wollten ja der Überzeugung bleiben,
dass man sowohl dir als auch dem Geld dienen kann.

Herr, befreie deine Kirche von allen Gepflogenheiten dieser Welt.
Sie soll nicht der Gesellschaft gleichen mit ihren Machthabern,
ihren Aktionären, ihren Privilegien, ihren Funktionären und ihrer Bürokratie.

Nie soll deine Kirche eine Kirche des Schweigens sein,
sondern die Trägerin deines Wortes,
die in aller Freiheit, ohne Zurückhaltung und Feigheit
dieses Wort verkünden soll.

Nie soll sie schweigen,
weder vor den weißen Handschuhen noch vor dem Stacheldraht."

[Übersetzung: Hofmann, Manfred: Bolivien und Nicaragua - Modelle einer Kirche im Aufbruch. -- Münster : edition liberación, ©1987. -- ISBN 3-923792-22-0. -- S. 78f. -- Dort Quellennachweis]

"ESPINAL: NO A LA MANIPULACIÓN

 

El 21 de marzo de 1980 paramilitares enviados, quién sabe si por el Ministerio del Interior o por el G-2 del Ministerio de Defensa del Gobierno de doña Lidia Gueiler apresaron, torturaron y asesinaron al jesuíta catalán LJuís Espinal i Camps. Baste el dato para entender cuan poco 'gobernaba' la Presidenta; averiguar por qué era así nos llevaría lejos: a los dos sucesivos empantamientos electorales de 1978 y 1979; y al golpe descabellado, pero sangriento de Natusch con el MNR. Y más, allá, a la difícil salida de la dictadura banzerista. Y siguiendo atrás, tampoco podríamos dejar de preguntarnos por las causas que en 1971 encaramaron a la presidencia al Coronel Bánzer y a sus aliados civiles (Falange Socialista Boliviana y Movimiento Nacionalista Revolucionario).
¿Seguimos la cuenta regresiva de la Historia? Nos toparíamos con la vociferante Asamblea del Pueblo (con Óscar Eid y Antonio Araníbar en la presidencia, cantando la 'Internacional' puño en alto); con el anuncio de la creación de Tribunales Populares; con los asesinatos políticos de Alexander y de Otero Calderón; o el ajuste de cuentas del ELN con el Gral. Quintanilla en Hamburgo. Y por esta vía llegaríamos a Teoponte; y de allí, a Nancahuazú.

Alguna vez he preguntado cuándo ha de empezar la película de la Historia. Resulta cómodo cortarla y montarla a nuestro gusto, seleccionando las secuencias que hacen de nuestros amigos las víctimas y a nuestros enemigos los ogros. Ya sabemos que todos tendemos a solidarizarnos con ellas, aun sin preguntarnos por qué lo son o cómo se han hecho tales.

* * *

Uno de los espectáculos más grotescos que nos ofrece el mundo de hoy es que la izquierda haya alcanzado a monopolizar la defensa y garantía de los derechos humanos; naturalmente, de 'sus' derechos; y de 'su' forma de entenderlos (y de aplicarlos!). Pero nunca explica por qué la víctima de hoy es el matón de ayer. Lo que encontramos es una paranoica cultura antiautoritaria (¿estaremos ante un 'mayo francés del 68' redivido?). Porque hace falta caradura para apropiarse la causa de los víctimas de hoy cuando ayer eran los verdugos (políticos unos; ideológicos, todos), ya fuera por los proyectos revolucionarios que empujaban o por su identificación (explícita a veces; tácita siempre) con los regímenes más sanguinarios que ha sufrido el siglo XX.

* * *

La amnesia todo lo aguanta; peor aún, lo tergiversa. Y hace aparecer blanco lo que había sido rojo. La versión latinoamericana de esa jugada mundial ha consistido, por un lado en hacerse pasar por defensores de los pobres y del pueblo explotado, por aguerridos opositores al neoliberalismo (y, por consiguiente, vanguardia de la dignidad, la soberanía y la independencia de los estados constituidos); por otro, por bastión de los derechos ciudadanos frente al sarampión de dictaduras que se abatió sobre el continente a partir de 1964. Su prédica culminaba, entonces, en el sueño del 'paraíso socialista', definido como la cancelación de todos los males presentes y cercanos, como si la Historia no supiera que aquellos 'paraísos' no eran sino riadas de sangre, de escarnio de las libertades ciudadanas. Trágico y colosal malentendido que hasta ahora se trata de seguir lavando... manteniendo la mentira y el fraude. Todo menos reconocer su culpa en el advenimiento de aquellas dictaduras.

* * *

He vivido más de dos años en la misma casa con Espinal. Eran los años de la dictadura banzero/falangista/emenerrista. Por entonces su única 'popularidad' era la que le daban sus editoriales en Radio Fides. Todo el que plantaba cara a la dictadura se creía salvador de los valores; la voz de los sin voz. Un héroe, vaya. Y en cada activista de los partidos proscritos y perseguidos veía 'el mañana mejor'. A partir de 1978 y su huelga de hambre Espinal emprendió una escalada sabiendo que podía acabar costándole la vida. Los hechos le dieron la razón.

También él es objeto de manipulación; de monopolización; de secuestro por parte de sus compañeros de viaje de ayer y de muchos otros que suelen usufructuar a los caídos 'intachables', con quienes cubren sus propias suciedades. Una forma de cinismo bastante repugnante.

* * *

Todo ello viene impidiendo discrepar. Mucho más desde que la propia Compañía de Jesús boliviana ha asumido oficialmente el inicio de la causa o proceso que lleve a su canonización. Y cuando has convivido con el supuesto 'santo' (en este caso, 'mártir'), no puedes dejar se preguntarte: ¿qué es un mártir para la Iglesia? Y encuentras que un 'mártir', aun verdadero, también puede haber muerto equivocándose. Pero sobre todo, un 'mártir' puede haber arriesgado y perdido el pellejo en defensa de una causa equivocada; sobre todo cuando se le adjudican causas después de morir. No hay por qué entrar en los complejísimos vericuetos de la formación de la conciencia; tampoco hace falta poner en duda la rectitud de sus intenciones. Nada de ello vuelve acertada una causa errada.

Por ejemplo, cuando el presunto 'mártir' ha sufrido un largo proceso de izquierdización mental que le lleva a aquel fatal espejismo que consiste en imaginar concentrada en el 'pueblo' la única reserva de inocencia que le queda a la Humanidad. O cuando la autoevaluación mesiánica le ha incapacitado para aquella tan sana dosis de sentido del humor que permite ver las propias fallas, las de la causa que ha abrazado y las razones del adversario.

Veo el Espinal de carne y hueso: contradictorio, con graves carencias afectivas, muchas veces inmaduro, impaciente y finalmente sobredimensionado; que nos puede enseñar la seriedad de ciertos valores. Otra cosa muy distinta es que lo acaparen banderas indignas de su sacrificio. Su intransigente y obsesiva voluntad de descubrir trapacerías castrenses seguirá siendo un mal camino para 'curar' las heridas de nuestra historia: tumbar a un dictador y recluir a los militares en los cuarteles (y a un ex-Presidente en la cárcel) había sido mucho más fácil que reformar un país.

Ésta es, a fin de cuentas, la cruel ironía de la Historia sobre el sacrificio de una vida. En la antigüedad decían que la 'sangre de mártires es semilla de cristianos'. Con la sangre de los 'mártires' de hoy hay quienes alimentan su nostalgia de la revolución marxista, entendida como paradigma de 'redención'; la experiencia nos enseña que llegar a 'mártir cristiano' se sitúa en un peldaño muy superior, para el que no basta la rabia ni la desesperación: había hecho falta aprender a perdonar -en la vida, y no en la muerte- a quienes no entienden ni la fe cristiana ni la liberación histórica del hombre de la misma forma que los 'profetas'. ¿Perdonar? ¿O de repente serán esos 'profetas' quienes necesitan del perdón de quienes quisieron liberar?"

[Josep M. Barnadas. -- In: Extra. -- Sonntagsbeilage zu El Deber. -- Santa Cruz. --  2000-03-19. -- Wieder abgedruckt in: Barnadas, Josep M.: Los árboles y los bosques : testimonio de una disidencia. -- Sucre : Universidad Andina 'Simón Bolivar', 2001. -- Depósito lagal 3-1-847-01. -- S. 272 -274]

1980-04-14

Präsidentin Lydia Gueiler Tejada (1921, Cochabamba - ) ernennt unter dem Druck des Militärs General Luis García Meza Tejada (1929, La Paz - ) zum Oberkommandierenden der Streitkräfte

1980-05-08

Die Bundesrepublik schließt mit Bolivien ein Kapitalhilfeabkommen über 30 Mill. DM im Rahmen der finanziellen Zusammenarbeit für Projekte im Bergwerksbereich und 16 Mill. DM für technische Zusammenarbeit bei der ländlichen Entwicklung.

1980-06

José Roberto Gasser. Mitglied der Eigentümerfamilie der größten Zuckerraffinerie Boliviens - «La Bélgica» - und eines der größten Großgrundbesitze des Landes. Im Juni 1980 in den USA von der Polizei und der DEA [Drug Enforcement Administration] verhaftet, als sie mehrere Dutzend Kilogramm kristallisiertes Kokain bei ihm fanden. Nachdem er eine Kaution von l Million. Dollar bezahlt hatte, und der bolivianische General Hugo Echeverría Tardío und Oberst Ariel Coca, Erziehungsminister in der 1. Periode der Regierung von Luis García Meza, eine Garantie unterschrieben hatten, dass er die Vereinigten Staaten nicht verlassen würde, wurde er bedingt freigelassen. laut Anzeige der nordamerikanischen Behörden verschwand er jedoch bald außer Landes."

[Bascopé Aspiazu, René <1951, La Paz - 1984, La Paz>: Die weisse Ader : Coca und Kokain in Bolivien / Mit.einem Anhang von Joaquín Hinojosa.  -- Zürich : Rotpunktverlag, ©1989. -- 136 S. : Ill. --  (Fracción mágica ; 15). -- ISBN 3-85869-047-3. -- Originaltitel: La veta blanca (1982). -- S. 81f.]

1980-06-02

Attentat auf ein Flugzeug, in dem Prominente von UDP und MIR saßen. Nur Jaime Paz Zamora kann dem Tod entkommen. Das Flugzeug gehörte Norberto Salomón, einem der größten Drogenhändler Boliviens.

1980-06-29

Präsidentschaftswahlen. Ergebnis:

Hernán Siles Zuazo (1913, La Paz - 1996, Uruguay) (UDP -- Unidad Democratica Popular) 507.000 39%
Victor Paz Estenssoro (1907, Tarija - 2001, Tarija) (MNR -- Movimento Nacionalista Revolucionario) 264.000 20%
Hugo Banzer Suárez (1926, Concepción - 2002, Santa Cruz) (ADN -- Acción Democratica Nacionalista) 220.000 17%
Marcelo Quiroga Santa Cruz (1931, Cochabamba - 1980, La Paz) (PS-1 Partido Socialista 1) 114.000

9%

Da kein Kandidat die absolute Mehrheit hat, muss das Parlament in seiner ersten Sitzung den Staatspräsidenten bestimmen.

1980-07-17

Aufstand der Armee in Trinidad und Staatstreich. Die Präsidentin Lydia Gueiler Tejada (1921, Cochabamba - ) sowie COB-Generalsekretär Juán Lechín Oquendo (1912, Quru-quru - 2001, La Paz) und Simón Reyes werden verhaftet. Marcelo Quiroga Santa Cruz (1931, Cochabamba - 1980, La Paz), der Vorsitzende des Partido Socialista 1 (PS-1) wird ermordet.


Abb.: Marcelo Quiroga Santa Cruz

[Bildquelle: Imágenes para no olvidar. -- La Paz  : Muela del Diablo, ©2001. -- ISBN 99905-40-21-7. -- S. 61]


1980-07-17 bis 1981-08-04

General Luis García Meza Tejada (1929, La Paz - ) ist verfassungswidrig (Staatstreich) Präsident.


Abb.: Luis García Meza Tejada

Der Staatstreich wird als Cocaine Coup bezeichnet:

"Bolivia’s role in the Latin American drug trade increased greatly in the 1980’s, especially after the infamous “cocaine coup” of July 17, 1980. Bolivia’s drug baron in the 1980’s was Roberto Suarez Gomez [gest. 2000], who was described as “head of traditional latifundista family and owner of extensive lands around Santa Ana de Yacuma, far to the north of Beni.” Once a cattle farmer, in the 1980’s he expanded into coca production, purchased a small fleet of aircraft, and hired a fugitive Nazi, Klaus Barbie, as his security adviser. Klaus Barbie organized and headed the “Fiances of Death,” Suarez’s combinations bodyguards/death squads. Suarez called a meeting of Bolivia’s major drug dealers at Club Bavaria in Santa Cruz in the early 1980’s. These meeting include Irwin Gasser, Jorge Naller, and Klaus Barbie. With contacts in the armed forces, such as Colonel Luis Arce Gomez (a relative of Suarez’s), the barons were able to contact the army commander in Santa Cruz, General Hugo Echeverria. An additional part of the pact was that Arce Gomez, already involved in drug trading with Colonel Roberto Solomon, was to be given the position of Minister of Interior which handled antinarcotics affairs.

The Carter administration was infuriated by the coup. The brutal rise of the cocaine generals collided with both the United States president’s human rights and antinarcotics policies. In response, foreign aid of around $127,000,000 was suspended and a United States Ambassador Marvin Weisman was withdrawn.

Later on, the growing irritation of the drug barons, the lack of management of the economy, and the poor international reputation of the Garcia Meza regime set the stage for the government’s collapse. Despite the United States intervention, the effect in the cocaine trade in Bolivia was tempory."

[Quelle: http://www.geocities.com/checho11/newdrugpage.htm. -- Zugriff am 2002.02.06] 


Abb.: Stefano Delle Chiaie
[Bildquelle: http://www.informagiovani.it/Terrorismo/terneri.htm. -- Zugriff am 2002-04-05]

"Während einer Rundreise durch Lateinamerika und im September 1982 in Miami wurde Abdullah Catli in Begleitung eines Stefano Delle Chiaie gesichtet. Er ist insofern von Interesse, weil dieser in seiner italienischen Heimat wegen zahlreicher Bombenanschläge, politischem Mord und Schändung jüdischer Friedhöfe gesucht wurde. 1979 setzte er sich zuerst nach Argentinien und dann nach Bolivien ab. Dort beteiligte er sich mit anderen europäischen Extremisten an einem Putsch. »Am 17. Juni 1980, vier Wochen vor dem Putsch, trafen sich die sechs wichtigsten Drogenhändler Boliviens mit den Putschisten, um die Gegenleistung für eine langfristige Absicherung ihres Drogengeschäfts auszuhandeln. Die Ergebnisse blieben nicht geheim. In einer Zeitungsnotiz hieß es, ein führender bolivianischer Geschäftsmann habe vorgeschlagen, den sich abzeichnenden Coup als 'Kokainputsch' zu bezeichnen.« Am 17. Juni 1980 kam es tatsächlich zu einer blutigen Revolte. Wenig später lernte er Abdullah Catli kennen."

[Roth, Jürgen <1945 - >: Schmutzige Hände : wie die westlichen Staaten mit der Drogenmafia kooperieren. -- München : Bertelsmann, ©2000. -- ISBN 3570001164. -- S. 323. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}]

"Die Präsidentin Lidia Gueiler «führte» die Wahlprozedur durch, bei der sich die Koalition Unidad Democrática y Popular (UDP) mit Hernán Siles Zuazo, die Koalition MNRH mit Víctor Paz Estenssoro, die Koalition Acción Democrática Nacionalista (ADN) mit General Hugo Banzer Suárez und der Partido Socialista-Uno mit Marcelo Quiroga Santa Cruz an der Spitze gegenüberstanden. Diese wichtigsten politischen Kräfte auf nationaler Ebene teilten sich am 1. Juli 1980 die Stimmen der Bolivianer; die Wahlbeteiligung war bei diesem Urnengang sehr hoch. Es konnten mehrere Fälle von Wahlbetrug zugunsten des Kandidaten Banzer aufgedeckt werden; dieser erreichte aber trotzdem nur den dritten Rang. Hernán Siles Zuazo erhielt den ersten Platz, ohne jedoch den von der Verfassung zur Übernahme der Präsidentschaft vorgeschriebenen Prozentsatz zu erreichen. Da die Angelegenheit im Parlament geschlichtet werden sollte, erklärten die Anhänger Paz Estenssoros öffentlich, dass sie zugunsten von Siles Zuazo stimmen würden, um ein neues «Festfahren» zu verhindern, das nur der Armee als Vorwand dienen würde, ihre verdeckten Putschdrohungen wahrzumachen. Marcelo Quiroga Santa Cruz bestätigte ebenfalls, dass seine Partei für Siles Zuazo stimmen würde, sollte dies notwendig werden. Damit war das Problem gelöst, und eine gewählte Regierung konnte eingesetzt werden. Aber weniger als 20 Tage später waren die Strassen von La Paz und daraufhin auch die der wichtigsten Städte des Landes wiederum von den Streitkräften und paramilitärischen Kommandos besetzt.

Der von General Luis García Meza angeführte Putsch war dieses Mal erfolgreich. Alle Sektoren der militärisch-bürgerlichen Allianz waren aktiv daran beteiligt. Der Volkswiderstand wurde drastisch geschwächt, als die wichtigsten Gewerkschaftsführer der COB in eine Falle gerieten und der von der Allianz am meisten gefürchtete Marcelo Quiroga Santa Cruz ermordet wurde.

Der Putsch war minutiös vorbereitet — nicht zuletzt durch die Unterstützung der argentinischen Armeeberater —, und lief planmäßig ab. Aber trotzdem war er nichts anderes als ein letztes verzweifeltes Mittel der militärisch-bürgerlichen Allianz, die sich einen nur halb oder überhaupt nicht kontrollierten Staatsapparat nicht leisten konnte. Hier zählten keine Argumente mehr. Hier handelte es sich nur noch darum, den riesigen Apparat des Drogenhandels zu retten. Zu diesem Zweck suchte man sich, nicht ohne vorher viele Skrupel auszuräumen, General Luis García Meza aus. Dieser hatte zwar bewiesen, dass er als Oberkommandierender der Streitkräfte verwegen und zynisch genug war, aber er war von den Chefs der Drogenorganisation immer als Eindringling empfunden worden. ...

Seit seiner Regierungszeit empfand Banzer gegen García Meza Abscheu, sowohl wegen seines sprichwörtlichen Stumpfsinnes als auch wegen seiner Herkunft als Mestize. Aus diesem Grunde hielt er ihn immer an kurzer Leine. Es waren wirklich nur die Umstände, die ihn dazu brachten, García Meza als Führer des Umsturzes von 1980 zu akzeptieren. Er bereute es aber schon bald und beschimpfte ihn bei der ersten Gelegenheit - im Mai 1981 - öffentlich. Tatsächlich brachte es Garcia Meza mit der ganzen Ungeschicklichkeit, der er fähig ist, in weniger als zwei Monaten fertig, die Kokain-Organisation vor den Augen der ganzen Welt bloßzustellen."

[Bascopé Aspiazu, René <1951, La Paz - 1984, La Paz>: Die weisse Ader : Coca und Kokain in Bolivien / Mit.einem Anhang von Joaquín Hinojosa.  -- Zürich : Rotpunktverlag, ©1989. -- 136 S. : Ill. --  (Fracción mágica ; 15). -- ISBN 3-85869-047-3. -- Originaltitel: La veta blanca (1982). -- S. 107f.]


1980-07-18

Generalstreik gegen den Militärputsch. In den Bergbaugebieten bewaffneter Widerstand der Mineros.

1980-07-21

Der Frente Universitario Católico (FUC) verbreitet in Fernsehen und Rundfunk ein Kommuniqué:

"Die internationalen katholischen Organisationen und das Volk von Bolivien klagen beim Vatikan an: die häufigen Wutausbrüche des Erzbischofs von La Paz, Mons. Manrique, seine unkontrollierten Reaktionen sowie seine geistige Unfähigkeit, die katholischen Gläubigen der Erzdiözese zu führen. Dies gilt insbesondere für seine schlecht abgefassten Erklärungen, die veröffentlicht werden und die den Extremismus und den Terrorismus unterstützen. ... In unserem Land widmen sich der Erzbischof und verschiedene ausländische Ordensleute ausschließlich der Politik und spalten das Volk Gottes in Rassen und Klassen. ... Die Tageszeitung Presencia wurde durch die linken Bischöfe in ein Pamphlet verkehrt, das jeden Tag den Wunsch nach Gewalt und feindseligen Zusammenstößen zwischen bolivianischen Brüdern provoziert. ...

Wir alle kennen die militante und politische Richtung unseres Erzbischofs und seine Verbindungen zur Central Obrera von Lechín und zu den Guerilleros von Teoponte, welchen er befahl, sich in die Berge zurückzuziehen, wo sie völlig unnütz starben. ...

Schließlich meinen wir, dass viele ausländische Mitglieder des Klerus keine wirklich theologische Ausbildung haben. Die Laien und das Volk von Bolivien wünschen, dass sie das Land verlassen, da es genügend bolivianische Priester ohne Pfarreien gibt. Sie werden zu einem Dasein als Handlanger, Diener und Bettler verurteilt, weil die Ausländer diesen armen Bolivianern Brot und Unterhalt weggenommen haben. ...

Unter allen Umständen, und wenn nötig mit Waffengewalt, werden wir unsere Kirche und unser Vaterland verteidigen. Die Katholiken Boliviens sind kampfbereit, mit Kreuz und Schwert. Die Feinde werden nicht siegen."

[Übersetzung: Hofmann, Manfred: Bolivien und Nicaragua - Modelle einer Kirche im Aufbruch. -- Münster : edition liberación, ©1987. -- ISBN 3-923792-22-0. -- S. 108. -- Dort Quellennachweis]

1980-07-22

Tausende politischer Häftlinge werden in Fußballstadien interniert, sämtliche Zeitungen werden verboten. Die Botschafter Boliviens in den USA, in Uruguay, Ecuador, Belgien und bei der Organization of American States treten zurück. Internationale Proteste gegen die Militärjunta.

1980

Die Bundesrepublik Deutschland reagiert auf den Putsch von García Mesa mit einem Stopp von Neuzusagen in der Entwicklungszusammenarbeit.

1980-08-04

Das Militär richtet im Bergarbeiterdorf Caracoles ein Blutbad an, dem 700 Mineros zum Opfer fallen.

1980-08-05

Bildung einer illegalen Regierung der Nationalen Einheit mit Hernán Siles Zuazo (1913, La Paz - 1996, Uruguay) als Präsident und Jaime Paz Zamora (1939, Cochabamba - ) als Vizepräsident.

1980-08-07

Die Weltbank gewährt der Junta einen Kredit von US$ 50 Millionen.

1980-08-12

Mit dem Vertrag von Montevideo wird ALADI (Asociación Latinoamericana de Integración) gegründet. Gründungsmitglieder sind: Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Kolumbien, Ecuador, Mexiko, Paraguay, Perú, Uruguay und Venezuela (1998 kommt Kuba hinzu).[Webpräsenz: http://www.aladi.org. -- Zugriff am 2002-02-01] 

"ALADI: Lateinamerikanische Integrationsorganisation (Asociación Latinoamericana de Integración), am 12. August 1980 durch den Vertrag von Montevideo (Uruguay) gegründet. Die ALADI ist rechtliche Nachfolgerin der seit 1960 existierenden-ALALC (Asociación Latinoamericana de Libre Comercio, Lateinamerikanische Freihandelszone). Die ALADI (Sitz: Montevideo) trat am 18. März 1981 in Kraft. Wie die ALALC sollte auch die Arbeit der ALADI ursprünglich dem Abbau bzw. der Liberalisierung von Handels- und Zollbeschränkungen unter den Mitgliedstaaten dienen. Ziel war es zunächst, einen gemeinsamen Markt sowie eine Freihandelszone zu schaffen, ähnlich der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Dieses Ziel wurde zugunsten regional definierter Zoll- und Teilabkommen aufgegeben. Der ALADI gehören elf Staaten an. Sie sind ihrem Entwicklungsgrad entsprechend in drei Gruppen unterteilt:
  • Industrialisierte Staaten mit relativ hohem Bruttosozialprodukt und hohen Produktionsziffern (Argentinien, Brasilien, Mexiko);
  • Staaten mittleren Einkommens (Chile, Kolumbien, Peru, Uruguay, Venezuela) sowie
  • wenig entwickelte oder unterentwickelte Staaten (Bolivien, Ecuador, Paraguay).

Beobachterstatus haben Costa Rica, Dominikanische Republik, El Salvador, Guatemala, Honduras, Kuba, Nicaragua, Panama sowie Italien, Portugal und Spanien. Um die Arbeit zu koordinieren und abzugleichen, sind für die ALADI folgende Organe geschaffen worden:

  • der Rat der Außenminister,
  • eine jährlich tagende Konferenz zur Beurteilung und Angleichung beschlossener Zoll- und Handelspräferenzen (mit Steuerungs- und Überwachungskompetenzen),
  • ein Komitee der Ständigen Vertreter aller Teilnehmerstaaten,
  • sog. beigeschlossene Räte, die in den Bereichen Finanzen, Währung, Transport, Handel und Exportfinanzierung tätig werden können, und
  • ein Generalsekretariat mit 150 Angestellten in Montevideo (Arbeitssprachen: Portugiesisch, Spanisch).

Die international tätigen Funktionäre der ALADI genießen diplomatische Immunität. Als regionaler Zusammenschluß basiert die ALADI auf einer Zollunion und wirtschaftlicher Zusammenarbeit. Anders als ihre Vorläuferin, die ALALC, legt die ALADI mehr Gewicht auf die Möglichkeiten von Verträgen unter einzelnen Mitgliedstaaten, an denen nicht prinzipiell alle Mitgliedstaaten beteiligt sein müssen. Nach einer Resolution des Komitees der Ständigen Vertreter wurde eine Regionale Verhandlungsrunde gegründet. Ihre Ziele wurden im April 1986 durch die Charta von Buenos Aires festgelegt und durch weitere Konferenzen (Acapulco, Mexiko, Juli 1986, Montevideo, März 1987) präzisiert. Dabei ging und geht es wesentlich um die Höhe der Handels- und Zollbegünstigungen, die sich die Mitgliedstaaten untereinander einräumen. Besondere Probleme bereiten bei diesen Festlegungen immer wieder die unterschiedlichen Entwicklungsstandards der Mitgliedstaaten. Insgesamt ist die Arbeit der ALADI bisher wenig erfolgreich. Weder ist der Handel der Staaten untereinander wesentlich li-beralisiert noch deren wechselseitige Exportrate stark gestiegen."

[Steilberg, Hays A. ; Flemming, Thomas: Chronik Handbuch Amerika. -- Gütersloh [u.a.] : Chronik, ©1998. -- ISBN 3577145234. -- S. 424. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}]

"Bei diesem Putsch [Juli 1980], mit dem sich der Narcogeneral Luis García Meza auf den Präsidentensessel hievte, halfen aktiv mehrere Nazis und faschistische Verbrecher, Freunde und Kumpane von Klaus Barbie mit, der damals auf dem Höhepunkt seines Einflusses in Bolivien angelangt war. Ich hatte zufällig die Bekanntschaft mit der Gruppe dieser Neonazis gemacht, die unter der Führung eines gewissen Fiebelkorn ihr Hauptquartier in der Bar Bavaria in Santa Cruz hatten. Als Kellner der Bar getarnt, versammelten sie sich zu gewissen Gelegenheiten in SS-Uniformen und mit Hakenkreuzfahnen, begleitet von einigen lokalen Dummköpfen und Ignoranten. Ich hielt sie für harmlose und alberne Angeber, aber die Wirklichkeit war anders.

Jahre später erfuhr ich mehr über ihre wirklichen Beschäftigungen und Identitäten. Alle hatten eine vielfache Vorgeschichte von Verbrechen und Morden und besaßen ein komplettes Arsenal modernster Waffen. Barbie, der von der Regierung zum Oberstleutnant im Geheimdienst aufgerückt war, organisierte Konzentrationslager und lehrte Foltermethoden. Außerdem machte er auch gute Geschäfte mit dem Verkauf von Waffen und hatte diese Verbrecherbande unterstützt, von denen einige zeitweise auch als Leibwächter von Narco-Capos fungierten. Im Jahre 1979 schlössen sich dieser Bande zwei der meistgesuchten internationalen Terroristen an, die Italiener Stefano Delle Chiaie und Pier Luigi Pagliai, die sich bei den Verbrechen der argentinischen Militärdiktatur während des dortigen »schmutzigen Krieges« ausgezeichnet hatten. Stefano Delle Chiaie war auch bei der chilenischen DINA tätig, dem Geheimdienst von Pinochet, und wurde sogar Berater von dessen Chef, General Manuel Contreras, der die Ermordung von Orlando Letelier, des früheren Botschafters von Allende in Washington, organisierte. Außerdem hatte er seine Hände bei dem Attentat von Bologna im Spiel gehabt, das achtzig Personen das Leben kostete.

Dank seiner guten Beziehungen zu den argentinischen Militärs, die unter anderem, »um die christliche Zivilisation zu retten«, Hunderte von ihren eigenen Landsleuten lebendig aus ihren Flugzeugen ins Meer geworfen hatten, brachte Delle Chiaie seine eigene Terrorbande von argentinischen und italienischen Mördern nach Bolivien, um den Putsch von García Meza vorzubereiten. Die argentinische Regierung, die wegen einer möglichen Entwicklung nach links im Nachbarland Bolivien besorgt war, half mit Experten, Waffen und logistischer Assistenz.

Eine wichtige Rolle bei dem Putsch spielte der damalige Armeechef, Oberstleutnant Luis Arce Gómez. Er war es auch, der Stefano Delle Chiaie in der zweiten Abteilung des militärischen Geheimdienstes in Cochabamba untergebracht hatte. Die Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. Im Februar 1980 wurden die Räumlichkeiten der linken Zeitschrift »Aquí«, welche die Verwicklungen von Arce Gómez in den Kokainhandel aufgedeckt hatte, von einer Bombe zerstört; die Leiche des Direktors dieser Zeitschrift, des mutigen Jesuitenpaters und guten Freundes und Mitarbeiters von »Debate«, wurde entsetzlich gefoltert in einer dunkeln Gasse von La Paz aufgefunden.

Im Juli 1980 erfolgte der Putsch entsprechend einem von Barbie und Delle Chiaie ausgearbeiteten Plan. Ersterer agierte wie gewöhnlich gut getarnt, aber der blutgierige Italiener beteiligte sich persönlich an dem Massaker an den Gewerkschaftsführern und Vertretern der Menschenrechte in der Straße Harrington von La Paz, wo auch der brillante Führer der Sozialistischen Partei, Marcelo Quiroga Santa Cruz, ermordet wurde. Es wird geschätzt, dass bei dem Putsch mehr als fünfhundert Personen ermordet und etwa zweitausend schwer verletzt wurden. García Meza wurde als Präsident von Bolivien vereidigt, und Arce Gómez übernahm das Innenministerium.

Nachdem Bolivien 1982 wieder eine demokratische Regierung bekommen hatte, wurde Barbie ein Jahr später endlich den französischen Behörden ausgeliefert, wo er sich wegen seiner früheren Verbrechen als Gestapochef von Lyon zu verantworten hatte. Sein Prozess endete 1987 mit seiner Verurteilung zu lebenslänglicher Haft; er starb am 25. September 1991 in seiner Zelle."

[Holzmann, Gunter <1912, Breslau - >: Und es beginnt ein neuer Tag : ein Leben zwischen Europa und Lateinamerika. -- Zürich : Rotpunktverlag, ©2001. -- ISBN 3858692158. -- S. 324f. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}]

1980-08-19

Verbot unabhängiger Gewerkschaften. Schließung der Universitäten

1980-09-08

Carta pastoral colectiva (Hirtenbrief der Bischöfe) zu Dignitad y libertad (Würde und Freiheit):

"In den letzten Wochen haben wir mit tiefem Schmerz Kenntnis erhalten vom gewaltsamen Tod zahlreicher Mitbürger, von Verhaftungen, psychischer und physischer Folter, Hausdurchsuchungen und Einbrüchen, der Zerstörung einiger Rundfunkeinrichtungen und anderer Güter, der Verfolgung und Bedrohung Unschuldiger, Massenentlassungen von Arbeitern und Angestellten, Verweigerungen freien Geleits für Asylsuchende bei diplomatischen Vertretungen anderer Länder, von Zwangsaufenthalten, Verbannungen und anderen Missbräuchen. Zahlreiche Priester und Ordensleute wurden verhaftet, einige sogar gefoltert. Wenn sie später auch freigelassen wurden, so hatten sie doch häufig eine demütigende Behandlung zu ertragen. Etwa dreißig Ordenshäuser wurden durchsucht, einige ausgeplündert. Wegen der erhaltenen Drohungen mussten sich viele Priester und Ordensfrauen verbergen."
"Wir verkünden das Recht auf Leben.
Wir verkünden das Recht auf physische Unversehrtheit.
Wir verkünden das Recht auf Unbescholtenheit.
Wir verkünden das Recht auf Freiheit und Sicherheit der Person,
der Familie und der Wohnung.
Wir verkünden das Recht auf Bewegungsfreiheit und freie Wohnungsnahme.
Wir verkünden das Recht auf rechtlichen Schutz.
Wir verkünden das Recht auf Religionsfreiheit,
auf Freiheit des Denkens und des Gewissens.
Wir verkünden das Recht auf Freiheit in Erziehung und Bildung.
Wir verkünden das Recht auf Versammlungsfreiheit und auf freie Gruppenbildung.
Wir verkünden das Recht auf Arbeit, auf Sicherheit des Arbeitsplatzes
und auf freie Gewerkschaften.
Wir verkünden das Recht auf ein normales Familienleben.
Wir verkünden das Recht auf freie Meinungsäußerung und auf objektive Information.
Wir verkünden das Recht auf politische Mitbestimmung
und auf freie Wahl des politischen Systems."
[Übersetzung: Hofmann, Manfred: Bolivien und Nicaragua - Modelle einer Kirche im Aufbruch. -- Münster : edition liberación, ©1987. -- ISBN 3-923792-22-0. -- S. 98, 113. -- Dort Quellennachweis]

1980-09-24

Nach Angaben der COB wurden bisher mehr als 5000 Gewerkschafter verhaftet.

1980-08

Padre Juan Enviz Aviles, der Nationalkoordinator von Fe y Alegría, verfasst nach seiner Freilassung aus zwei Wochen Haft ein Testimonio:

"Alle wurden gefangengenommen, ohne irgendeinen politischen Grund, obwohl die Militärs das christliche Engagement mit den Ärmsten als Politik bezeichnen und damit verwechseln und deswegen die Exilierung der gefangengehaltenen Ausländer fordern.

Zweifellos, die Militärs versuchen, diese Vertreibungen durchzuführen, ohne die religiösen Gefühle des Volkes zu provozieren oder zu verletzen. Dazu benutzen sie Lügen und unglaublichste Anschuldigungen, ohne jemals irgend etwas zu beweisen.

Sie haben uns beizubringen versucht, welches die spezifische Aufgabe der Kirche zu sein habe in ihrer Funktion, der Gesellschaft zu dienen. Dabei haben sie Sätze gesagt wie:

»Ich bin ebenso Christ wie ihr. Wenn Christus gelitten hat, braucht auch ihr euch nicht über das Leiden zu beklagen.«

»Wir haben die lateinamerikanische Bibelausgabe untersucht, zusammen mit 200 Soziologen, und diese enthält durch und durch eine kommunistische Ideologie.«

»Ihr sollt nicht den Lehren von Medellín, Puebla und einigen Enzykliken der Päpste folgen, denn sie enthalten marxistische Ideen.«
»Beim Beten sollt ihr euch darauf beschränken, das Vaterunser, Ave Maria, Salve und Credo zu beten.«

»Bei der Predigt in den Messen dürft ihr nur von den Dingen des Himmels sprechen, nicht von den Dingen der Erde.«

»Bei der Beichte sollt ihr nicht gegen das Leiden und auch nicht gegen die Reichen sprechen, denn Gott hat ihnen den Reichtum als Gabe gegeben, und das Leiden formt die Persönlichkeit.«"

[Übersetzung: Hofmann, Manfred: Bolivien und Nicaragua - Modelle einer Kirche im Aufbruch. -- Münster : edition liberación, ©1987. -- ISBN 3-923792-22-0. -- S. 103. -- Dort Quellennachweis]

1980-08-30

Nach vierjähriger Bauzeit wird der Neubau des Banco Central in La Paz eröffnet


Abb.: Banco Central de Bolivia


Abb.: Salón del Directorio


Abb.: Sala de conferencias


Abb.: Abteilung der Biblioteca Casto Rojas im 20. Sockwerk des Gebäudes

Quelle der Abb.: http://www.bcb.gov.bo/. -- Zugriff am 2001-12-06 

1980-09

Über die Bedeutung der vielen gewerkschaftseigenen Radiostationen der Mineros:

A History of Bolivian Radio / By Michiel Schaay

[This article was originally published in the September 1980 issue of the Benelux DX Club and later republished in the December 1980 issue of Review of International Broadcasting.] 

"Radio stations have played, and still are playing, an important role in Bolivia's modern history. This summer brought another violent coup d'etat and European newspapers almost daily told us that the local radio stations of this or that Bolivian city calling upon the people to resist the military forces. Press reports however, never tell you much about frequencies, station names and background. So I did some research on the subject and you are now about to read the resulting exclusive background article.

One of the most important groups of the Bolivian resistance are the miners. Digging for tin (Bolivia's most important source of income) in very dangerous circumstances, and most of them dying of silicose (dust lungs) before they reach the age of fourty, it is not a very pleasant life you can imagine. The region we are talking about is called the "Altiplano" and is situated at + 4000 in. above sea level. The South American Handbook writes about this area: "The Altiplano is a harsh, strange land, a grey solitude except for the bursts of green after rain. But rain comes seldom". Cold winds and duststorms dominate the scenery. So much for the "couleur locale". There are 4 radio stations operated by the miners. (Webmaster's note: Actually there were many more at the time this article was written.) In fact the funds for purchasing the transmitting equipment were raised between themselves. The stations are:

  • LA VOZ DEL MINERO in Siglo Veinte frequency unknown
  • RADIO 21 DE DICIEMBRE in Catavi operating on 6082 kHz in the 49 m.band
  • RADIO LLALLAGUA in Llallagua on mediumwave 1580 kHz
  • RADIO HUANUNI in Huanuni frequency unknown

A fifth involved station is RADIO PIO DOCE in Siglo Veinte, operated by the Roman Catholic fathers ... and transmitting on 1550 kHz mediumwave and 5955 kHz shortwave. This station is named after Pope Pius XII who called upon the priests to "fight communism" and gave the station a special task in this respect. Obviously its programmes were hostile to the before mentioned miners stations. But since the mid-seventies Radio Pio Doce has developed more into the direction of the miners.

The role of the miners stations is a very active one. Let's pick up history in 1963 when many trade union leaders were imprisoned and miners, in an utmost effort to accomplish the release of their compancros, took 4 foreigners hostage who were attending a meeting of the board of directors of COMIBOL, the mining company. Via Radio LA VOZ DEL MINERO women were asked to help guard the hostages. Later the station played an important role in the (peaceful) ending of this dramatic event. It also happens that the stations have mutual contact over the air (a kind of split frequency p-t-p operation), like LA VOZ DEL MINERO and RADIO HUANUNI during the bloody clashes between miners and army in the pampas of Sora-Sora in 1964, during the last weeks of the government of president Paz Estenssoro.

The existence of employees of the miners radio stations is often very insecure. In November 1964 press people of LA VOZ DEL MINERO were expelled to an exile in Argentina, just after general Barrientos had taken over power.

In 1967 the miners radio stations broadcasted a manifest of Che Guevara's guerillas, through which the miners first learned about the existence of a guerilla in the mountains. On the 24th of June 1967, St. John's night, during the yearly local festival, soldiers attacked the miners. LA VOZ DEL MINERO asked the miners over the air to help defending the station, while it was surrounded by the military. A trade union leader was shot dead, protecting a radio announcer of LA VOZ DEL MINERO.

One of the first things general Hugo Banzer did when he took over power from general Torres in August 1971, was to order the close down of the miners radio stations. But the measure wasn't a lasting success. Some months later, during a dispute over the food package for the miners, their wives had a discussion over the air via RADIO 21 DE DICIEMBRE with the president of the COMIBOL, who spoke over a company transmitter.

On a Saturday morning in January 1975, the army unexpectedly invaded the mining centre, occupied the radio stations and stole valuable folk records, radio receivers, historical tape recordings, etc. Also the transmitting equipment was dismantled. The miners went on strike, demanding their radio stations back. The miners' villages were surrounded by the military, but the strike threatened to spread over other parts of Bolivia. The government sent a commission to negotiate and finally the result was that the stations were returned to the miners on the 1st of May 1975, except for RADIO PIO DOCE, which stayed closed for several months. In 1976, during a congress in Corocuro, the miners demanded higher wages and better working conditions. In answer, on June the 4th, the government's armed forces attacked the miner villages by surprise, occupied the stations and destroyed the transmitters. Only the transmitter of LA VOZ DEL MINERO was not damaged, and the station was transformed into LA VOZ DE LOS MILITARES (no translation needed ... ).

However, over the years the miners have always succeeded to retake their radio stations. This July another military coup d'etat was committed. Miners radio stations called for resistance against the new authorities and not in vain. Some other (private) stations didn't condemn the coup.

The l8th of July (one day after the coup) I received RADIO ABAROA (4719 kHz) from Riberalta in the northern Beni Department, with "informes de la junta", apparently not hostile to the new dictator. No special programme was received from RADIO MOVINIA (4467 khz) in Santa Ana de Yacuma. RADIO COMARAPA (4095 kHz) in the Santa Cruz Department also had a quite entertaining programme, not the type of broadcasting you expect on crucial moments. For these last two stations you could apply the saying: if you don't act against, you apparently are in favour (of the coup, in this case). RADIO EM. ALFONSO PADILLA (3480 kHz) in the southern Chuquisaca Department transmitted non-stop popular Bolivian folk music (could indicate a 'let's-wait-and-see-who's-gonna-win" attitude).

Some days later a Dutch broadcasting organisation (IKON) reported on television that all stations had been closed down, except one national station, which logically spoken would be RADIO NACIONAL DE BOLIVIA in La Paz (1390 and 4817 kHz.). Indeed I have not received any Bolivian stations since, so I believe the report to be correct. (Webmaster's Note: Actually, Radio Nacional de Bolivia is a privately owned station. The government broadcaster, which was not closed down, is Radio Illimani.)"

[Quelle: http://donmoore.tripod.com/south/bolivia/cp_bdxc.htm. -- Zugriff am 2001-02-10] 

1980-10-21

Die Militärjunta ernennt (!) 600 Gewerkschaftsfunktionäre.

1980-11-04

Es wird bekannt, dass die Militärjunta im Dschungel vier Konzentrationslager errichtet hat.

1980-11-09

Dekret über die Ausweisung bzw. Verbannung inhaftierter Politiker und Gewerkschaftsführer

1980-11-16

Aufgrund internationalen Protestes wird COB-Generalsekretär Juán Lechín Oquendo (1912, Quru-quru - 2001, La Paz) freigelassen und geht ins Asyl nach Peru.

1980-11-19

Die bolivianische Bischofskonferenz verurteilt die von der Junta erlassenen Sicherheitsgesetze.

1980-11-23

Simón Reyes geht ins Exil nach Paris.

1980-12-18

Die Militärregierung erklärt den Austritt Boliviens aus dem Andenpakt, da die anderen Andenpakt-Mitglieder der Junta die Anerkennung verweigern.

1980-12-28

Die Redaktion der katholischen Tageszeitung Presencia wird von paramilitärischen Truppen und Sicherheitskräften besetzt. Die Regierung verfügt die Schließung der Redaktion.

1980-12-31

Anzahl der eingetragenen Genossenschaften

Genossenschaften Anzahl Anteil in Prozent
Produktion 1118   58%  
Landwirtschaft   848   44%
Handwerk   82   4%
Mehrzweck   7    
Bergbau   152   8%
Sonstige   29   2%
Dienstleistungen 813   42%  
´Transport   65   3%
Wohnungsbau   113   6%
Elektrifizierung   75   4%
Konsum   69   4%
Spar- und Kredit   300   16%
Sonstige   191   10%
Summe 1931      

1981

1981


Abb.: Briefmarken, 1981 [Bildquelle: http://www.birdtheme.org/country/bolivia.html. -- Zugriff am 2002-10-23]

1981

Der schon 1932 geplante Hochwasserschutz für Trindad (Beni) wird nach zweijähriger Bauzeit vollendet. Seither muss Trinidad nicht mehr wie bisher unter Hochwasserkatastrophen leiden.


Abb.: Hochwasserschutz für Trinidad

[Quelle der Abb.: Pinto Parada, Rodolfo <1940 - >: Narasaquije : 20 lecciones de historia del Beni. -- Trinidad, 2000. -- Depósito legal 8-1-314-00. -- S. 89]

1981

Gründung der Firma Dulces de Almendra Tila zur Herstellung con Süßigkeiten aus Paranuss. 


Abb.: Süßigkeiten dieser Firma

[Quelle der Abb.: Bolivia mágica / ed. Hugo Boero Rojo. -- La Paz : Vertiente. -- Tomo III. -- 1993.  -- Depósito legal  4-1-590-92. -- S. 226]

1981-01-15

Angehörige des MIR ((Movimento de la Izquierda Revolucionaria) treffen sich geheim in der Calle Harrington´in La Paz. Sie werden verraten und auf Anordnung des Innenministers Luis Arce Gomez massakriert. Es werden folgende MIR-Mitglieder getötet:

Gloria Ardaya wird gefoltert und geht dann ins Exil.

1981-03-01

"Am l. März 1981 erschütterte eine CBS-Sendung des Journalisten Mike Wallance mit dem Titel «Der Kokain-Minister» das nordamerikanische Fernsehpublikum.

Die Sendung, in der Mitglieder der Drug Enforcement Administration, der Senator Dennis DeConcini, der Staatsanwalt des Gerichts von Miami und andere hohe juristische Beamte der Vereinigten Staaten auftraten, befasste sich mit dem bolivianischen Kokain und war speziell Oberst Luis Arce Gómez gewidmet, der zu dieser Zeit Innenminister der Regierung von General Luis García Meza war.

In dieser Sendung sagte Senator DeConcini wörtlich:

«Ich denke, dass Arce Gómez in großen Schwierigkeiten ist. Er gehört der wichtigsten Drogenschieberkette der Welt und der Vereinigten Staaten an. Wir haben Informationen, dass er von anderen Drogenschiebern bei zahlreichen Gelegenheiten Geld für Transaktionen erhalten hat, und dies ist glaubwürdig bewiesen».

Es folgte eine Zusammenfassung der Tätigkeiten der bolivianischen Armee und der hervorragendsten Persönlichkeiten des bolivianischen Bürgertums rund um den Drogenschmuggel, und sowohl DeConcini als auch der Chef der DEA, der Staatsanwalt von Florida, Scott Miller, und Mike Wallace selbst kamen zum Schluss, dass die aktive Beteiligung von Oberst Luis Arce Gómez an den illegalen Tätigkeiten offensichtlich war. Gleichzeitig wurde bewiesen, dass auch die Offiziere Ariel Coca, Norberte Salomón, Hugo Echeverría und der damalige Präsident Luis García Meza Teil der bolivianischen «Kokain-Mafia» waren, und dass sie alle in den Archiven der verschiedenen Instanzen, die dem Drogenhandel in den USA den Kampf angesagt hatten, registriert waren."

[Bascopé Aspiazu, René <1951, La Paz - 1984, La Paz>: Die weisse Ader : Coca und Kokain in Bolivien / Mit.einem Anhang von Joaquín Hinojosa.  -- Zürich : Rotpunktverlag, ©1989. -- 136 S. : Ill. --  (Fracción mágica ; 15). -- ISBN 3-85869-047-3. -- Originaltitel: La veta blanca (1982). -- S. 90]

1981-03-11

Die Militärjunta bekräftigt das Verbot jeglicher politischer Aktivitäten auf unbestimmte Zeit.

1981-04-11

Verhaftung des Generalsekretärs des Partido Comunista, Jorge Kolle Cueto. Am 1981-04-05 wird er des Landes verwiesen.

1981-04-14

General Hugo Banzer Suárez (1926, Concepción - 2002, La Paz), der Chef der ADN (Acción Democrática Nacionalista) zieht die Unterstützung der Militärjunta zurück.

1981-05-12

Putschversuch des Ausbildungszentrums für Spezialeinheiten der bolivianischen Armee in Cochabamba. Der Putsch wird niedergeschlagen und der Anführer, Oberst Ernesto Lanza Sotomayor, verhaftet.

1981-05-25/26

Oberst Ernesto Lanza Sotomayor flieht aus der Haft und macht einen zweiten Putschversuch. Dieser wird vereitelt.

1981-05-31

Bildung einer Junta der Oberbefehlshaber der drei Teilstreitkräfte, Cayoja Riart, Morales Mosquera, Pammo Rodríguez. Präsident General Luis García Meza Tejada 1929, La Paz - ) kündigt seine  Rücktritt zum 1981-08-06 an.

1981-06-27

Gescheiterter Putschversuch der Generäle Cayoja Riart und Añez Ribero.

1981-06-28

Verbannung des Generals Cayoja Riart nach Argentinien.

1981-07-03

Präsident General Luis García Meza Tejada 1929, La Paz - ) widerruft seinen zum 1981-08-06 angekündigten Rücktritt.

1981-08-03

Militärputsch in Santa Cruz durch die Ex-Präsident Coronel Alberto Natush Busch (1927, Riberalta - 1994) und Añez Ribero. Die COB ruft zum Generalstreik auf.

1981-08-04

Rücktritt von Präsident General Luis García Meza Tejada 1929, La Paz - ). Die Kommandeursjunta übernimmt die Macht.

1981-08-07

Aufgrund von Verhandlungen mit der Kommandeursjunta erklärt Ex-Präsident Coronel Alberto Natush Busch (1927, Riberalta - 1994) den Putsch von Santa Cruz für beendet.

1981-08-07 bis 1981--12-12

Ausstellung Rausch und Realität : Drogen im Kulturvergleich im Rautenstrauch-Joest Museum für Völkerkunde der Stadt Köln.


Abb.: Einbandtitel

Dazu erscheinen die vorzüglichen Materialbände:

Rausch und Realität : Drogen im Kulturvergleich ; [Materialband zu einer Ausstellung des Rautenstrauch-Joest-Museums für Völkerkunde der Stadt Köln, 7. August - 11. Oktober 1981 in Köln ; 12. Dezember 1981 - 30. Juni 1982 im Museum voor Land- en Volkenkunde in Rotterdam] / hrsg. von Gisela Völger u. Karin von Welck.  -- Reinbek bei Hamburg : Rowohlt, 1982. -- 3 Bde : 1581 S. : Ill. -- (rororo ; 34006 : rororo-Katalog). -- Auch erschienen als: (Ethnologica ; N.F., Bd. 9). -- ISBN 3-499-34006-2

"Forschungsergebnisse zum Kokaingebrauch

JAMES V. SPOTTS UND FRANKLIN SHONTZ

Geschichte der Anwendung

Frühe Anwendung

Cocablätter werden in Südamerika seit mindestens 1200 Jahren verwendet. Die Angewohnheit, Cocablätter zu kauen, war weit verbreitet, bis die Inka die Pflanze für heilig erklärten und sie für den Adel und die Priesterschaft reservierten (Martin 1970; Mortimer 1901/1974). Nach dem Einmarsch von Pizarro und der Zerstörung des Inkareiches im 16. Jahrhundert beschränkte die Kirche den Gebrauch der Cocablätter. Als die Spanier jedoch feststellten, dass die Inka schwere Arbeit nicht ausführen konnten, wenn Coca verboten war, wurde das Verbot fallengelassen. Minenarbeiter und Sklaven wurden später sogar mit Cocablättern bezahlt, um ihre Produktivität zu steigern. Die Cocablätter werden noch heute von den Indios in den Anden gekaut: als Bestandteil von gesellschaftlichen Gebräuchen, zu medizinischen Zwecken und als Stimulans (Carroll 1977; Eiswirth, Smith und Wesson 1972).

Cocablätter kamen 1569 nach Spanien und etwas später nach England. 1860 isolierte Alfred Niemann, ein Wiener Biochemiker, das Alkaloid Kokain (Byck 1974). In den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts experimentierte Sigmund Freud mit mäßigen Dosen von Kokain und vertrat dessen Anwendung als euphorisierendes Mittel; er schrieb eine Reihe von Aufsätzen, in denen er die Droge anpries (Bernfield 1953). Seine offene Stellungnahme für das Kokain brachte ihm strenge Kritik von Seiten der Ärzteschaft ein und veranlasste ihn schließlich, von dessen Verwendung und der wissenschaftlichen Arbeit damit Abstand zu nehmen (Jones 1953; Lewis 1968). Ein Bekannter und Kollege von Freud, Dr. Carl Koller, wurde als Entdecker der Lokalanästhesie durch seine Untersuchungen von Kokain berühmt und erntete so den Ruhm, den Freud in seinen Studien mit der Droge gesät hatte (Koller 1928; Becker 1963).

Verbreitung in den USA und in Europa

Zwischen 1890 und 1914 wurde Kokain in Europa und in Amerika in einer Vielzahl von Zubereitungsformen verwendet, so in Zigaretten, Zigarren, Weinen, likörartigen Herzmitteln, Tabletten, Injektionen, Salben und Sirupen, aber auch in einer Menge von patentierten Arzneimitteln, Hausmitteln und Getränken (Gay et al. 1973).
Im selben Zeitraum wurden überall auf der Welt Fälle von Kokainabhängigkeit bekannt. Lewis Lewin (1924/1974) stellte fest, dass bereits 1901 Mitglieder aller Berufsstände, von Ärzten, Politikern und Schriftstellern bis hin zu Prostituierten und Zuhältern, in starkem Maße Kokain nahmen. Die Beliebtheit des Kokains nahm in Europa bis zum Ersten Weltkrieg noch zu, als das Schnupfen in Frankreich, der russischen Armee und in Deutschland gebräuchlich wurde. Während der zwanziger und dreißiger Jahre des Jahrhunderts geriet das Kokain in den USA dank einer strengen Gesetzgebung, die seine Verwendung regulierte, weitgehend in Vergessenheit. Es wurden jedoch Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Missbrauch von Kokain in Österreich, Ägypten, Indien und anderen Teilen von Europa und Asien berichtet (Spotts/Shontz 1980: 11 f.). Mit einer strengeren Gesetzgebung nahm auch der starke Kokainkonsum während der dreißiger Jahre in Europa ab, und eine Zeitlang schien die Droge kein bedeutendes soziales Problem darzustellen.

Während der frühen sechziger Jahre wurde das Kokain in England «wiederentdeckt», und die rapide Zunahme seiner illegalen Verwendung wurde dort eine Angelegenheit beträchtlichen nationalen Interesses (Bewley 1965; Connell 1969; Wilson 1968). Der unerlaubte Gebrauch von Kokain verbreitete sich schnell in Europa und nach Amerika. In der Mitte der siebziger Jahre wurde das Kokain in den USA eine der beliebtesten verbotenen Stimulanzien (Olden 1973; Plate 1973; Sabbag 1976). Neuere nationale Umfragen zeigen, dass sich zwischen 1972 und 1979 die Zahl der Erwachsenen in Amerika, die Kokain probiert haben, verdoppelt hat, und dass sich unter den jungen Erwachsenen der Prozentsatz derer, die es verwendet haben, verdreifacht hat.

Chemische und pharmakologische Eigenschaften

Kokain hat zwei verschiedene pharmakologische Wirkungen: Es ist ein Lokalanästhetikum von hoher Wirksamkeit und hoher Toxizität, und zudem ist es eines der stärksten Stimulanzien des Zentralnervensystems (ZNS), die bekannt sind (Eiswirth et al. 1972). Kokain wird im Körper zu Benzoylekgonin hydrolysiert und wird in dieser Form 24 bis 36 Stunden nach seiner Anwendung durch die Niere ausgeschieden. Bei örtlicher Anwendung ist es vasokonstriktiv und verhindert die Bildung und Übertragung von Nervenimpulsen. Innerhalb von 20 bis 40 Minuten verschwindet die lokalanästhetische Wirkung wieder, und die Nervenzellen nehmen ihre normale Tätigkeit wieder auf. Wegen seiner kurzen Wirkungsdauer werden heute länger wirksame synthetische Ersatzsubstanzen - wie Novokain und Xylokain - in der berufsmäßigen Anästhesie verwendet (Barash 1977). Die einzige medizinische Anwendung von Kokain heutzutage besteht in der Betäubung der Schleimhäute bei manchen chirurgischen Eingriffen im Mund- und Rachenraum.

Kokain bewirkt keine physische, aber eine starke psychische Abhängigkeit bei häufiger Anwendung (Eddy et al. 1965; Isbell/White 1953). Da keine physische Abhängigkeit von Kokain existiert, gibt es auch kein charakteristisches Entzugs- oder Abstinenzsyndrom. Die meisten starken Verbraucher berichten von der raschen Entwicklung einer vorübergehenden Toleranz gegenüber Kokain, und chronische Verbraucher können Dosen weit über die normalerweise tödlichen Grenzen hinaus ohne tödlichen Ausgang zu sich nehmen. Tierversuche lassen vermuten, dass auch Kreuztoleranz eintreten kann (Downs et al. 1932; Post et al. 1975; Stripling et al. 1977), aber kein beschriebener Fall beweist Kreuztoleranz beim Menschen.

Kokainstimulation beginnt in den Zellen des Kortex und strahlt abwärts aus. Als Ergebnis davon können bei starkem Konsum verschiedene Zentren des Gehirns in ihrem aufeinander abgestimmten Rhythmus gestört werden, indem der Kortex z. B. in eine depressive Phase tritt, während tiefere Zentren der zerebrospinalen Achse sich noch in der Erregungsphase befinden. Überstimulierung von tieferen Hirnzentren kann Zittern, Krämpfe sowie den Zusammenbruch des kardiovaskulären oder des respiratorischen Systems bewirken. Der Tod durch Kokain wird einem Herzstillstand, der Depression des respiratorischen und des kardiovaskulären Zentrums, einer Hyperthermie oder Krämpfen zugeschrieben (van Dyke et al. 1977). Neuere Studien (Finkle et al. 1977) nehmen an, dass die Symptome des Endstadiums ausschließlich durch das ZNS vermittelt werden, nämlich gewöhnlich ein plötzlicher Anfall, dem Atemstillstand, Koma und Tod folgen.

Kokain wird an allen möglichen Anwendungsstellen absorbiert. Bei seiner Anwendung auf Schleimhäuten (Adriani et al. 1956) kann es nach drei Minuten im Blut gemessen werden, es erreicht den höchsten Wert der Plasmakonzentration in 15-60 Minuten und kann noch innerhalb von sechs Stunden nach der Anwendung festgestellt werden (Byck et al. 1977). Bei nichtmedizinischer Anwendung kann die Absorption leicht die Detoxifikationsrate überschreiten und toxische Reaktionen bewirken. Die Droge wird durch die Leber abgebaut, die ungefähr eine tödliche Dosis pro Stunde abbauen kann. So hat die Leber bei steigenden intravenösen Dosierungen die Fähigkeit, zehn Gramm Kokain pro Tag abzubauen (Gay et al. 1973).
Die tödliche Dosis von Kokain ist schwer zu bestimmen, da seine Wirkung hochspezifisch ist. Einige Forscher (Ritchie et al. 1970; Ritchie/ Cohen 1975) nahmen eine tödliche Dosis (definiert als die Dosis, die in 100 Prozent aller Fälle den Tod verursacht) von 1,2 g (1200 mg) nach oraler Einnahme an. Diejenige tödliche Dosis, die in 50 Prozent aller Fälle den Tod verursacht, wird bei etwa 500 mg für einen 75 kg schweren Menschen vermutet. Bei Anwendung auf Schleimhäuten können schon Dosierungen von 20-30 mg tödlich sein (Ritchie et al. 1970).

Physiologische Wirkungen

Kokain bewirkt eine sympathomimetische Stimulation des kardiovaskulären Systems und bewirkt einen beschleunigten Herzschlag, eine beschleunigte Atemfrequenz sowie einen Anstieg des Blutdrucks. Die Meinungen darüber, ob die Droge kardiale Anomalien verursacht, sind gemischt: Einige Forscher berichten von kardialen Arrhythmien und Angina pectoris, andere fanden solche Wirkungen nicht (Orr/ Jones 1968; Post et al. 1974; Resnick et al. 1977; Young et al. 1947).

Kokain bewirkt eine Reihe sensomotorischer Effekte einschließlich Unruhe und gesteigerten lokomotorischen Reaktionen bei Mäusen, Ratten und Rhesusaffen (Fog 1969; Johanson et al. 1976). Beim Menschen führt die Anwendung einer starken intravenösen Dosis zu gesteigerter Energie und Wachsamkeit sowie zu einem Gefühl von Macht und persönlicher Kraft (Spotts/Shontz 1980), aber charakteristischerweise können diese Fähigkeiten nicht konstruktiv verwendet werden. Andere sensomotorische Wirkungen sind Schüttelfrost, Gänsehaut und Haarsträuben, Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen, Ohrensausen, allgemeine Schwindelgefühle, Zittern und Krämpfe (insbesondere bei Überdosierung); ferner Taubheitsgefühle am Ort der Anwendung (Barash 1977; Clopra et al. 1930/1931; Post 1977; Woods 1977). Bei chronischer intravenöser Anwendung wurde auch über ein Gefühl von Lähmung des ganzen Körpers berichtet (Spotts/Shontz 1980).

Kokain produziert eine Vielzahl von Sehstörungen einschließlich Mydriasis und Pupillendilatation, Lichtempfindlichkeit, verschwommenen oder getrübten Bildern, Schwierigkeiten beim Binokularsehen, Lichtflecken oder -blitzen (der sogenannte «Schnee-Effekt», der bei starken intravenösen Dosen berichtet wird), Eindrücken von Bewegung und geometrischen Mustern im peripheren Gesichtsfeld - etwa Linien, Punkten, Streifen, Gräten oder Gittern. Einige Forscher berichten noch andere Sehstörungen, bei denen die Gegenstände kleiner oder größer erscheinen, als sie in Wirklichkeit sind, oder die Umrisse der Gegenstände verzerrt wahrgenommen werden (Byck'et al. 1977; Shultz 1898; Siegel 1977; Spotts/Shontz 1980: 452 f.).
Starker Kokainkonsum führt zu Anorexie oder Appetitverlust; zu Schlaflosigkeit und anderen Schlafstörungen wie Reduzierung des REM-Schlafes und des gesamten Schlafes; zur Minderung des Müdigkeitsgefühls, zu Gewichtsverlust, Schwitzen und Hyperthermie bzw. zu einer Erhöhung der Körpertemperatur; zu Trockenheitsgefühl in Mund und Rachen; zu Übelkeit und Erbrechen sowie zu paradoxen Wirkungen auf die Verdauung, nämlich einer laxativen Wirkung, der sofortige Obstipation folgt (Spotts/Shontz 1980: 454 f.). Es kann gut sein, dass dieser laxative - obstipative Effekt Teil einer generellen Mobilisierungsreaktion des ZNS (der «Kampf- oder Fluchtreaktion» in Notfällen) ist, die durch dieses starke ZNS-Stimulans hervorgerufen wird.

Ein eindrucksvoller Befund war sowohl bei Tieren als auch beim Menschen die durch starken Amphetaminkonsum hervorgerufene Stereotypie, ein Zwang, bestimmte Handlungen zu wiederholen (Ellinwood 1972). Einige Beispiele von kokaininduzierter Stereotypie wurden bei Tierstudien berichtet, aber es herrscht keine Klarheit darüber, ob Kokain auch beim Menschen Stereotypie hervorruft (Post 1977; Spotts/Shontz 1980: 453 f.; Wallace et al. 1971).

Psychologische Effekte

Kokain führt zu Euphorie, Wohlgefühl und in einigen Fällen zu gesteigertem Selbstvertrauen. Bei kleinen Dosen steigert es die Gesprächigkeit und fördert die Geselligkeit; Konsumenten kleinerer Dosen neigen dazu, Kokain in Gruppen von vier, sechs oder mehr Personen zu nehmen. Bei hohen Dosen hat die Droge umgekehrte Wirkungen (Grinspoon et al. 1976; Resnick et al. 1977; Waldorf et al. 1977; Spotts/Shontz 1980: 464 f.). Dann halten es die Konsumenten auf Grund ihrer starken paranoiden Erfahrungen oft für notwendig, soziale Kontakte einzuschränken.

Obwohl Konsumenten von hohen Kokaindosen in überdurchschnittlichem Maße an Gewalt und Verbrechen beteiligt sind, gibt es wenig Beweise dafür, dass Kokain gewalttätig macht. Es könnte als Enthemmungsmittel wirken, besonders bei Personen, die generell zu Gewalt neigen, und bei Fällen, wo paranoide Symptome zusammen mit Seh- und Hörstörungen Gefühle von Gefahr und Überempfindlichkeit hervorrufen (Cohen 1975; Siegel 1977; Wesson/Smith 1977).

Im Gegensatz zu früheren Ansichten (Williams 1914) hat die Droge keine nachweisbaren Wirkungen auf den Charakter; sie verwandelt die Menschen nicht in asoziale «Halunken». Kokain wird oft in größerem Umfang von Leuten verwendet, die in einem schlechten Ruf stehen, aber das kommt daher, dass die Verwendung der Droge selbst schon illegal ist, und andere Leute würden all das nicht tun, was notwendig ist, um den ständigen Nachschub von großen Mengen der Substanz aufrechtzuerhalten. Der Konsum von niedrigen Dosen ist mit hohem sozialen Status verbunden (Sabbag 1976), aber stärkerer Konsum wird auch für denjenigen attraktiv, der gewillt ist, sich der Kriminalität und den Gefahren, die das Dealen bedeuten, auszusetzen (Spotts/Shontz 1980: 466 f.).

Bei niedrigen Dosen verlängert Kokain die sexuelle Aktivität, indem es den Orgasmus hinauszögert und möglicherweise auch verstärkt (Ashley 1975;Gay et al. 1973; Waldorfetal. 1977; Wessen et al. 1977). Manche Konsumenten finden diese Wirkungen besonders wünschenswert. Bei Dosierungen von mehr als zwei Gramm pro Tag nimmt das Interesse am Geschlechtsverkehr ab, und die Erfahrungen auf Grund des Kokains können zu einem Ersatz dafür werden (Spotts/Shontz 1980: 468). Kokainkonsum führt nicht zu Homosexualität (Spotts/ Shontz 1980: 468 f.).

Die meisten Autoren stimmen darin überein, dass starker Kokainkonsum verbunden ist mit Nervosität, Anspannung, Irritierbarkeit, Müdigkeit und Angst (Siegel 1980; Wessen et al. 1977). Neuere Befunde (Spotts/Shontz 1980: 470 ff.) zeigen, dass das Angstgefühl dosisabhängig ist. Bei chronischen Konsumenten führt weniger als ein Gramm pro Tag zu nur milder Euphorie. Höhere Dosen rufen sowohl Euphorie als auch Angst hervor. Diese beiden Gefühle sind typisch für die Droge selbst, während Depressivität und Dysphorie typisch sind für Entzug oder Abstinenz.

Auf kognitiver Ebene berichten die Konsumenten von einer gesteigerten Klarheit und von Beschleunigung der Gedanken, manchmal bis zu dem Punkt, dass es schwierig wird, die Aufmerksamkeit zu behalten (Siegel 1977; Waldorfetal. 1977).

Dem Kokain wird nachgesagt, dass es zu physischer Auszehrung, zu Schwäche und Verblödung, zum Verlust intellektueller Fähigkeiten, zu geistigem und moralischem Verfall, zum Verlust der Willenskraft und zum Wahnsinn führt (Bleyer-Prieto 1965; Chopra/Chopra 1930/ 1931; Dale 1905; Gordon 1908; Mills 1905; Wiley et al. 1914). Genaue Untersuchungen von Personen, die die Substanz in hohen Dosen über längere Zeiträume verwendet haben, stützen solche Behauptungen nicht (Spotts/Shontz 1980: 473 f.).

Obwohl einige frühe Forscher dem Kokain die Eigenschaft zuschrieben, taktile Halluzinationen hervorzurufen (Magnan et al. 1898; Maier 1926), sind diese nicht so häufig, wie man angenommen hat. Wahnvorstellungen oder Täuschungen im Bereich des Gesichts- oder Hörsinns sind bei starken Konsumenten am häufigsten (Spotts/ Shontz 1980: 477). Ein ernsthafter psychologischer Effekt bei starkem Konsum ist eine vorübergehende Psychose, beinahe immer mit ausgeprägt paranoiden Zügen (Isbell/White 1953; Kolb 1925). Allerdings sind die Wahnvorstellungen, die damit einhergehen, nicht so systematisiert und so blumig wie bei ähnlichen Zuständen, die durch Amphetamine hervorgerufen werden (Spotts/Shontz 1980: 476).

Die psychologischen Reaktionen auf das Kokain stehen wahrscheinlich nicht in einer linearen Beziehung zur Höhe der Dosis. Manche Wirkungen tauchen beinahe nie bei kleinen Dosen auf, aber erscheinen plötzlich bei mittleren oder hohen Dosierungen. Der Schwelleneffekt ist besonders deutlich bei negativ getönten Erfahrungen, wie z. B. Panik, Entsetzen, Wahnvorstellungen oder Halluzinationen. Die natürliche Reaktion des Menschen scheint zu sein, diese Reaktionen so lange zu verleugnen, bis sie so stark werden, dass sie nicht mehr abgewehrt werden können (Spotts/Shontz 1980: 443).

Heutige Gebrauchsmuster

Im Augenblick sind die beiden häufigsten Methoden, Kokain einzunehmen, das «Schnupfen» und die intravenöse Injektion. Beim Schnupfen wird der Puder in feinen «Streifen» von etwa 2 cm Länge (mit etwa 20-25 mg) vorbereitet und ruckartig durch ein Nasenloch eingeatmet, während das andere geschlossen gehalten wird. Bei der intravenösen Injektion wird üblicherweise eine höhere Dosis verwandt, was zu einer sofortigen Reaktion führt, die flash oder rush genannt wird. Manchmal wird Kokain auch mit Heroin gemischt (speedball), um die euphorischen Wirkungen zu verlängern und die negativen Reaktionen zu verringern. Die Folgen einer Injektion sind so stark und so unterschiedlich, dass gesagt wird, es sei, als ob man eine völlig andere Droge nähme. Auch ist ihre Wirkung so schnell vorübergehend, dass die Injektion häufig wiederholt werden muss, wenn der Zustand aufrechterhalten bleiben soll. Infolgedessen unternehmen die Konsumenten oft trips, die mehrere Tage dauern. Während dieser trips wird die Substanz so oft als möglich injiziert, oft in steigenden Dosierungen. Am Ende eines langen trips sind Einzeldosen von 250-500 mg nicht selten. Schließlich geht der Nachschub aus, Müdigkeit setzt ein, und dann kommt der Zusammenbruch, meistens gefolgt von einer tiefen Depression und Gefühlen von Unwohlsein, bis durch Schlaf das Gleichgewicht wieder hergestellt ist. Viele Konsumenten nehmen Heroin, um die unangenehmen Folgen zu mildern, und so werden manche «aus Versehen» auch davon abhängig (Spotts/Shontz 1980: 18 f., 461).

Ende der siebziger Jahre wurde das Rauchen von Kokain wieder modern. In Dosen von 50-100 mg bewirkt das gewöhnliche Kokain (das Hydrochlorid) nur kleine Stimmungsaufhellungen. Durch einen chemischen Prozess allerdings, der zwar etwas gefährlich ist, wofür das Zubehör aber in Fachgeschäften erhältlich ist, lässt sich das gewöhnliche Kokain in das Alkaloid oder die freie Base umwandeln, auch bekannt als white tornado, baseball und snow toke. Diese Substanz wird in Mengen von annähernd 300 mg in Zigaretten oder Wasserpfeifen geraucht. Die freie Base ist weniger hitzeempfindlich, wird von den Lungen schnell absorbiert und bewirkt einen rush, der anscheinend dem bei intravenöser Injektion ähnlich ist. Die Konsumenten gehen meist auf trips, die 24-96 Stunden dauern, und toxische Reaktionen sind häufig die Folge. Das sogenannte free basing kam zunächst an der Westküste der USA in Mode, aber es wird befürchtet, dass diese Praxis sich weiter verbreitet und zu einem ernsten Problem in den Vereinigten Staaten wird (Siegel 1979, 1980).

Gründe für den Konsum

Die Konsumenten von kleinen Dosen neigen dazu, Kokain hauptsächlich zur Steigerung ihres Wohlbefindens zu nehmen, um Sinneseindrücke zu verstärken und die Geselligkeit zu fördern oder um angenehme und wünschenswerte Phantasien zu wecken. Bei größeren Mengen wird der Kokainkonsum zu einem zentralen Problem des Betroffenen. Er hilft ihm, sein Selbstverständnis als wichtiger und erfolgreicher Mensch aufrechtzuerhalten, der energiegeladen und fähig ist, das Beste zu würdigen und sich zu leisten. Obwohl die Konsumenten von niedrigen Dosen Kokain nehmen, um in eine Welt von angenehmen Phantasien zu fliehen, sind auch die Konsumenten von großen Dosen sehr emotionale, leicht verletzbare Menschen, die die Droge nehmen, um aus einem Leben zu entkommen, das sie sehr ernst nehmen und das ihnen anders unerträglich wäre."

[a.a.O., Bd. 3, S. 1402 - 1409]

1981-09-04

Die Kommandeursjunta erklärt General Celso Torrellio Villa (1933, Padilla - 1999, La Paz) zum Präsidenten.


1981-09-04 bis 1982-07-19

General Celso Torrellio Villa (1933, Padilla - 1999, La Paz) ist verfassungswidrig (de facto) als Mitglied eines Militärtriumvirats (Celso Torrellio Villa, Waldo Bernal, Oscar Pammo) Präsident


Abb.: Celso Torrellio Villa


1981-11-11

In der Zinnmine Huanuni beginnen 2000 Mineros einen Streik für die Verbesserung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen. Am 1981-11-18 besetzen Polizei und Militär die Mine. Festnahme vieler Gewerkschaftsfunktionäre. Am 1981-11-19 treten die Mineros von Catavi, Siglo XX und San José in Solidaritätsstreik.

1981-11-25

Ley de Control y Lucha contra Sustancias Peligrosas. In Art. 28 erhält der Staat faktisch ein Koka-Vermarktungsmonopol.

1981-12-14

Zehn Gewerkschaftsführer treten in Hungerstreik für die Wiederherstellung der Rechte der Gewerkschaften. Am 1981-12-18 schließen sich 800 Arbeiter in einer Schuhfabrik in Cochabamba an. Der Hungerstreik dehnt sich in den Großstädten aus.

1982/83

Die Schäden durch El Niño werden auf US$ 800 Millionen geschätzt.

1982/83

Die Dürre während der Landwirtschaftsperiode 1982/83 (El Niño!) führt dazu, dass im Altiplano bei Kleinbauern verstärkt Gewächshäuser eingeführt und erprobt werden.


Abb.: Typen von Gewächshäusern für den Altiplano

[Quelle der Abb.: Blanco, Teresa ; Gonzales, Javier ; Augstburger, Franz: Invernadores campesinos en Bolivia : sistematización de experiencies. -- La Paz : NOGUB, 1999. -- DEpósito legal 4-1-480-99. -- S. 67]

1982

1982

Es werden folgende Verbindungen zwischen Politik und Kokainhandel bekannt:

  • "El abogado Mario Rolón Anaya, canciller de García Meza, presidente de la Comisión Mixta de Policía Judicial del Congreso Nacional, Embajador de Jaime Paz y de Hugo Banzer ante la OEA. 

  • Juan Carlos Duran Saucedo, asesor político de la Fuerza Aérea en el régimen de García Meza, asesor del Ministerio del Interior y ministro secretario en el régimen de Celso Torrelio, ministro del Interior, Migración y Justicia de Víctor Paz, jefe de campaña electoral de Gonzalo Sánchez de Lozada, presidente del Senado con el MNR y sub jefe de este partido. 

  • El coronel Faustino Rico Toro, jefe de la Sección Segunda de Inteligencia Militar con García Meza, comandante del Colegio Militar, presidente de CORDECO, Jefe de la Fuerza Especial de Lucha contra el Narcotráfico nombrado por Paz Zamora, acusado de narcotráfico y extradi-tado a Estados Unidos. 

  • Guillermo Fortún Suárez, antiguo movimientista, asesor del gobierno de la cocaína, presidente de la Cámara de Senadores, ministro sin cartera de Jaime Paz y subjefe de ADN, partido de Banzer. 

  • Alberto Sainz Klinski, comandante de la Fuerza Naval Boliviana, ministro de Defensa con García Meza y después con Jaime Paz, acusado después por tráfico de armas. 

  • Germán Quiroga Gómez, pariente e íntimo colaborador de Arce Gómez, recaudador del gravamen al transporte de coca (mil pesos por tambor) que estaba destinado a las arcas de la mafia gobernante, hombre de confianza de Gonzalo Sánchez de Lozada, ministro del Interior y secretario ejecutivo del MNR. 

  • Carlos Sánchez Berzaín, abogado conocido por su intervención en las quiebras fraudulentas de las inmobiliarias y su defensa a conocidos narcotraficantes, ministro de la Presidencia y luego del Interior de Gonzalo Sánchez de Lozada. 

  • Jorge Valdez Añez, experto en el blanqueo de dinero al servicio de regímenes militares, embajador de Sánchez de Lozada en la Argentina. Guido Meruvia, coordinador de acciones represivas y de f encubrimiento al narcotráfico durante García Meza, hoy notable movimien-rtista y secretario general de Deportes del régimen actual."

[Quelle: Peña Cazas, Waldo: Teoria y practica de la corrupción en Bolivia y en el mundo. -- Cochabamba : Serrano, 1997. -- S. 122f. -- Dort Quellenhinweis]

1982

Reinaga, Fausto <1906, Macha  - 1994, La Paz>: La podredumbre criminal del pensiamento europeo. -- La Paz : Ed. Comunidad Amautica Mundial (C.A.M.), 1982. -- 140 S. -- Depósito legal 4-1-199-82

"TRINIDAD

La Trinidad, constituida por Reagan, Breznev y el Papa Juan Pablo II, es el Poder absoluto que dispone de la vida y la muerte de la humanidad. El destino de la humanidad está en el puño de Estados Unidos, la URSS y la Iglesia.

2.500 años de pensamiento greco-cristiano-europeo se halla en el cerebro de Reagan, Breznev y Juan Pablo II; dentro las neuronas de Reagan, Breznev y Juan Pablo II, están 25 siglos de pensamiento europeo.

Las legiones de asesores de la Casa Blanca de Washington, del Kremlin de Moscú y del Vaticano, son el pensamiento vivo de Atenas, Roma y Europa.

Los asesores de Reagan, Breznev y Juan Pablo II, destilan e instilan pensamiento en cada neurona de los cien billones de neuronas que contiene la masa encefálica de cada uno de los miembros de la Trinidad...

Simplificando el concepto hecho hecho, decimos que el pensamiento y la conciencia del presidente Reagan, del Premier Breznev y del Papa Juan Pablo II, es el pensamiento y la conciencia de! Poder Supremo y Absoluto, es decir, es el pensamiento y la conciencia de Dios.

El arsenal atómico de Estados Unidos, la URSS y el Vaticano, se halla dentro del puño y la voluntad de la Trinidad. A una sola palabra suya: Guerra o Paz, la humanidad será ceniza radiactiva o Comunidad Cósmica Amáutica.

¿Qué es Reagan, qué es Breznev, qué es el Papa Juan Pablo II?
¿Qué hay en el cerebro y la conciencia de Reagan, Breznev y Juan Pablo II?

En primer lugar en el cerebro y la conciencia de estos personajes hay Poder. Son Poder. Y ellos tienen conciencia plena de que son el Poder.
El Poder han recibido de la Providencia, el Poder les ha dado Dios.

Descartes, Kant, Hegel, gritan al unísono:
"Dios da el derecho a quien da la fuerza"
Descartes 
"Toda autoridad procede de Dios".
Kant
"El Estado es Dios sobre la Tierra. Lo moral y lo justo son también lo divino y el mandamiento de Dios, y nada hay superior ni más sagrado".
Hegel

Reagan, Breznev, Juan Pablo II, repitiendo a Descartes, Kant, Hegel, dicen:
"La Bomba Atómica es la voluntad de Dios" .

¿Para qué tienen el Poder? ¿Cuál el destino del Poder?

Todo el peso, todo el volumen, toda la fuerza del pensamiento greco-cristiano-europeo, que llena el cerebro y la conciencia de cada uno de ellos; les induce, les manda y les empuja a dominar y a destruir al hombre y a la vida.

El Poder es: egoísmo, propiedad y oro. El Poder es nacionalismo. El Poder es Guerra. En suma, el Poder es esclavitud y asesinato...

Reagan, Breznev y Juan Pablo II no son la Verdad, la Libertad y la Vida. Son todo lo contrario. Son la mentira, esclavitud y asesinato.

Si la Trinidad da la espalda y sepulta al pensamiento greco-cristiano-europeo; si la Trinidad deja de rendir culto a la mentira, la esclavitud y el asesinato; si la Trinidad condena el crimen de lesa-humanidad en que el hombre vive; si la Trinidad aplasta 2.500 años de mentira, esclavitud y asesinato; y en un sublime acto se abraza a la Verdad, a la Libertad y a la Vida; si la Trinidad reemplaza a esta trilogía criminal: mentira, esclavitud y asesinato; reemplaza con la Verdad, la Libertad y la Vida; entonces, entonces, la Trinidad no será una Trinidad Asesina, sino será una Trinidad de Salvación del hombre y de la vida en el planeta Tierra.

Europa, después de las dos Guerras Mundiales no ha producido ni un átomo de pensamiento. Europa, después de Hiroshima, no ha dado ni una chispa de pensamiento. Europa sólo ha producido armas para asesinar a la humanidad y para matar a la vida del planeta Tierra.

Juan Pablo II, Ronald Reagan y Leonid Breznev; el Papa, EE. UU. y la URSS, que tienen en el puño el Poder del mundo, están a punto de cometer el mayor crimen del Cosmos.

Los tres, el Papa Juan Pablo II, Leonid Breznev y Ronald Reagan, tienen en su puño el destino del hombre y de la vida. Pueden quemar o pueden salvar al hombre y a la vida del planeta Tierra.

Tal como en el mundo están las cosas en la hora actual, el Papá Juan Pablo II, Leonid Breznev y Ronald Reagan, aparecen como los más grandes criminales de la humanidad.

Qué hay en el cerebro del Papa, de Breznev y de Reagan? En el cerebro de cada uno de ellos está en primer lugar Sócrates, está Kant, y está Hegel.
Y ¿qué es Sócrates? ¿Qué es Kant? ¿Qué es Hegel? Sócrates, Kant, Hegel son pensamiento.

El pensamiento, el mayor milagro del Cosmos, ha sido convertido por Europa en el mayor crimen de la humanidad.

¿Que no? Ahí está la humanidad de 1982, sollozando aterrorizada ante la Bomba de Neutrón que amenaza extinguir la vida en el planeta Tierra.
El pensamiento europeo es mierda petrificada. Y su acto, sus hechos, como cosa real y concreta, es mierda; mierda petrificada.

Sócrates es siervo dé Dios. Dios es el amo de Sócrates, Platón, Aristóteles, Descartes, Kant, Hegel. Dios hace al hombre. Aristóteles dice: "Dios es el pensamiento del pensamiento". El pensamiento del hombre es el pensamiento de Dios.

El Papa es el guardián, el perro policía del pensamiento y de la voluntad de Dios. El Papa bendice y condena en el nombre de Dios.

Nada acontece en la humanidad sin la venia del Papa. La Bomba Atómica sale de Dios, es la manifestación de la voluntad y del Poder de Dios.
Diopeites, el Sumo Sacerdote de Delfos, consagra a Sócrates: "El hombre más sabio del mundo". Y Sócrates es el siervo de Dios. Piensa y hace lo que Dios manda. De Sócrates a Hegel es el Pontífice de la Iglesia quien bendice y consagra a la fauna filosófica de estos 2.500 años.

Los filósofos, de Sócrates a Hegel, son siervos de Dios.

Cristo, como sabiduría y voluntad de Dios es guerra. Cristo ruge: "Yo soy la espada, yo soy la guerra". "Yo no traigo la paz, traigo el fuego del odio". Y la Iglesia, esa desalmada prostituta "que se; ha apropiado del cerebro y de la bolsa de los hombres", para conservar la intangibilidad de la sífilis dentro del pensamiento europeo, exclama por boca de su Sumo Pontífice: "Cristo es el Cosmos" .

El Vaticano de Atenas y el Vaticano de Roma en estos 25 siglos del pensamiento greco-cristiano, ordenan, mandan; mejor, piensan y hacen; piensan y hacen a los poderosos de la Tierra. Llámense Pericles, Alejandro, César, Napoleón, Stalin, Hitler, Reagan o Breznev.

¿Qué es lo que hay, qué es lo que contiene el cerebro de Alejandro y César, de Napoleón y Hitler?... Lo que hay es Dios. Lo que contiene es Dios. Y los cuatro han fracasado. No hay unidad humana en la Tierra. Insistir, persistir en lo mismo es estupidez y crimen. El pensamiento socrático es Dios y muerte. Entonces hay que mirar, mejor hay que dar todo el cerebro al pensamiento amáutico. A la ciencia.

Breznev, dice:
"... Crear un Comité Internacional de eminentes hombres de ciencia, para prevenir a la humanidad sobre la suprema necesidad de evitar una hecatombe nuclear. El desvelo concreto para el hombre concreto, es buscar la clave que evite la Guerra Nuclear" 

Y Reagan le dice a Breznev:
"Al final de la Segunda Guerra Mundial, Estados Unidos era la única potencia intacta en el mundo... Nuestro poderío militar había llegado a su máxima altura, y sólo nosotros poseíamos el arma suprema, el nuclear, con la indiscutible capacidad para lanzarla en cualquier lugar del mundo...

La Unión Soviética transformó su marina de guerra, convirtiéndola de una fuerza de defensa costera a flota oceánica abierta. Estados Unidos, la OTAN no emplazó nuevos misiles nucleares... La Unión Soviética emplazó más de 750 cargas nucleares en sus nuevos misiles SS-20....

...Estados Unidos está listo para cancelar su despliegue de los misiles Pershing II y los misiles "Cruise" de lanzamiento terrestre, si los soviéticos desmantelan sus misiles SS-20... Con el acuerdo soviético, podríamos juntos reducir considerablemente la amenaza de una guerra nuclear... Esto, al igual que la primera huella del hombre sobre la Luna, sería un paso gigantesco para la humanidad. No hay razón para que la población de ninguna parte del mundo tenga que vivir con miedo permanente a la guerra o el espectro de esta. Creo que ha llegado la hora de que todas las naciones actúen de forma razonable sin amenazar a otros estados. Creo que ha llegado el momento de seguir adelante con el control de las armas y la resolución de las disputas regionales críticas en la mesa de conferencias. Nada tendrá una prioridad más alta para mí y para el pueblo estadounidense en los meses y años venideros".

Napoleón pronuncia estas palabras:
"Un hombre como yo se ríe de la vida de un millón de hombres".
Napoleón, "el brazo armado", dice de su "cerebro armado":
"Rousseau es un loco que nos ha conducido a esta situación; habría sido mejor para el mundo que ni Rousseau ni yo hubiésemos existido".

Reagan, Breznev y el Papa Juan Pablo II, que son el brazo y el cerebro armados. Brazo armado con armas nucleares y cerebro armado con 25 siglos de pensamiento greco-cristiano, pueden primero hacer, después decir:
Hemos destruido las armas nucleares.
Hemos sepultado 25 siglos de pensamiento greco-cristiano.
Nos hemos convertido en pensamiento amáutico.
Somos la conciencia del Cosmos.
Y como conciencia del Cosmos, edificaremos en la Tierra y en la Galaxia Solar: el reino de la Verdad y la Libertad...
¿Salvará la Trinidad a la Humanidad?" [a.a.O., S. 103 - 109]

1982

Es gibt inzwischen folgende Cooperativas Mineras


Abb.: Lage der Cooperativas Mineras, 1982

[Quelle der Karte: Möller Pacieri, Edwin <1924 - 1986>: El cooperativismo como processo de cambio. -- La Paz [u.a.] : Los Amigos del Libro. -- Tomo III: Las cooperativas y empresas sociales productivas en Bolivia (agrarias, artesenales y mineras). -- 1987. -- Depósito legal 2-1-23-86. -- Anexo 14-12]

1982

Aguilo, Federico: Enfermedad y salud, segun la concepcion aymaro-quechua. -- [Sucre, 1985]. -- 232 S.

"Construir un hospital en zona rural, puede 'provocar' asi dicho fenómeno de secularización agraria en medicina: Los médicos, enfermeras, etc., suelen quejarse de que los campesinos son unos ingratos, no aceptan el servicio sacrificado de tales hospitales, donde la limpieza e higiene alternan con métodos modernos de curación totalmente gratuitos (no siempre). Y se preguntan: Por qué? La reacción frecuente es decir, simplemente, "Son unos brutos!" Los campesinos ven alzarse muros blancos impecables, muchas veces antes de saber qué será y para qué servirá el edificio. Ellos no suelen ser incorporados en proyectos de esta envergadura. En cambio lo suelen ver como una intrusión en zona que siempre habían considerado culturalmente propia. Lo ven simplemente una agresión. Y en este sentido empieza el mundo simbólico a generar "antitoxinas" defensivas. La más frecuente y generalizada es precisamente el "karisiri" o el "llik'isiri", que no es sino el hombre blanco, el "q'ara" que de noche se aparece y chupa la sangre o saca la grasa a las personas. De esta forma la excesiva distancia cultural que se ha pretendido saltar de golpe se convierte en un cortocircuito simbólico de rechazo subconsciente, totalmente insertado en el esquema mágico-mítico aymaro-quechua frente a lo extraño."

[Zitiert in: Rodriguez Rivas, Julio <1908, Cochabamba - 1992, Cochabamba>: Medicos y brujos en el Alto Perú. -- La Paz [u.a.] : Los Amigos del Libro, 1989. -- (Enciclopedia boliviana). -- ISBN 84-8370-169-3. -- S. 334]

1982

Bascopé Aspiazu, René <1951, La Paz - 1984, La Paz>: La veta blanca : coca y cocaína en Bolivia. -- [La Paz? Bolivia] : Ediciones Aquí, 1982. -- 122 S.

Deutsche Übersetzung:

Bascopé Aspiazu, René <1951, La Paz - 1984, La Paz>: Die weiße Ader : Coca und Kokain in Bolivien / Mit.einem Anhang von Joaquín Hinojosa.  -- Zürich : Rotpunktverlag, ©1989. -- 136 S. : Ill. --  (Fracción mágica ; 15). -- ISBN 3-85869-047-3

"Es darf nicht vergessen werden, dass vor 1976 nur die Kokainraffinerien in Kolumbien und Venezuela kommerzielle Beziehungen zu den Herstellern der Paste in Bolivien hatten. Seither beteiligen sich jedoch die bolivianischen «Industriellen» an der Organisation der Herstellungsstrukturen im großen Stil und am internationalen Handel, hauptsächlich in Kolumbien, und damit auch an den Gewinnen aus der Umwandlung der Paste in kristallisiertes Kokain.

Die Beteiligung am Raffinierungsprozess ist wirtschaftlich wichtig, weil sich in dieser Phase das investierte Geld auf erstaunliche Weise vervielfacht. Zur Veranschaulichung sollen folgende Zahlen dienen:

  1. Um ein Kilo Paste zu erhalten, werden 8 «Trommeln» [1 Trommel = 28,7 kg] Coca aus dem Chapare oder 10 «Trommeln» Coca aus den Yungas von La Paz benötigt, d.h. ungefähr 230 kg Blätter.
  2. Die 230 kg Blätter kosten 350 US-Dollar frei «Fabrik».
  3. Für die Herstellung eines Kilos Paste werden außerdem noch Kerosén, Azeton, Ammoniak, Äther und Schwefelsäure im Wert von 100 US-Dollar benötigt.
  4. Für die Löhne der «Kelterer» für die «Mazertation» und des «Chemikers» für die Destillation müssen noch 500 US-Dollar pro kg Paste veranschlagt werden.
  5. Der Durchschnittslohn des «recogedor» [Die «recogedores» holen die Paste — nie weniger als 10 kg — bei den Fabriken ab und schmuggeln sie in die Stadt.], des Transporteurs des Materials, liegt bei 200 US-Dollar.
  6. Die gesamthaften Produktionskosten eines Kilos Kokainsulfats belaufen sich auf 1150 US-Dollar.

Ein Kilo Paste kostet jedoch den Drogenhändler, der die Ware nach Kolumbien oder Venezuela bringen wird, in Bolivien 5000 US-Dollar. In dem einen oder dem anderen Land verwandelt sich dieses Kilo Paste nach dem Raffinierungsprozess in 800 g Kokain-Chlorhydrat mit 90 Prozent Reinheit.

Die 800 g haben in Kolumbien einen Wert von 18.000 US-Dollar. Käufer sind meist in Miami niedergelassene Exil-Kubaner und nordamerikanische Händler.

Einer der «Erfolge» der militärisch-bürgerlichen Allianz von Bolivien war es, sich auf dieser Ebene in den Drogenhandel eingeschaltet zu haben. Die kleinen, traditionellen Hersteller, die von der Allianz verdrängt worden waren, hatten dies nie angestrebt und hätten es auch gar nicht vermocht. Logischerweise wurden dadurch ihre Gewinne unverhältnismäßig geschmälert.

In den Städten der USA kosten die 800 g Kokain 54.000 US-Dollar und werden von einer der mächtigen Gruppen gekauft, die auch an Ketten von Bordellen, Bars und Spielhöllen beteiligt sind.

Zuletzt werden die erwähnten 800 g raffinierten Kokains mit verschiedenen Substanzen wie Lactose, Anfetaminen und Prokain vermischt und in kleinen Paketen mit jeweils nur 12 Prozent Kokainanteil an die Konsumenten verkauft. So kommt schließlich ein Wert von 450.000 US-Dollar zustande."

[a.a.O., S. 45f.]

1982

Sierra de Mendez, Lola <1914 - >: Canciones para voz y piano sobre versos de célebres poetas bolivianos. -- Barcelona : Túbal, 1982 -- (Compositores bolvianos ; IV)


Abb.: Titelblatt

1982

Dank der Hilfestellung des 1980 gegründeten Apoyo para el Campesino del Oriente Boliviano (APCOB) wird die Confederación de Indígenas del Oriente Boliviano (CIDOP) gegründet, die zur wichtigsten übergreifenden Organisation der Indígenas des Ostens wird.

1982

Film Mi Socio von Paolo Agazzi:


Abb.: Filmszene

"El viaje de un camionero originario de la zona occidental y su ayudante nacido en el Oriente, es utilizado para ir construyendo un cuadro geográfico y costumbrista del país desde Santa Cruz a La Paz. De claro mensaje integrador, la película ofrece momentos excelentes, junto a otros instantes vacilantes, pero su importancia reside  en el hecho de ser el primer largometraje de ficción que abandona la zona aymará quechua para mirar hacia otras regiones de la realidad nacional. " [Quelle: http://www.bolivian.com/cine/1980.html. -- Zugriff am 2002-02-06] 

1982-02-08

Aufruf der COB zum Streik gegen wirtschaftliche Maßnahmen, die unter dem Druck des Internationalen Währungsfonds getroffen wurde. Als erste streiken die Mineros von Siglo XX und Catavi.

1982-02-20

"Am 20. Februar 1982 gab die Flughafenpolizei von Opa-Lokka, in der Nähe von Miami bekannt, dass sie reines Kokain im Werte von 20 Millionen Dollar entdeckt hatte. Dieses war von den beiden Piloten Claude Terry Orme und Edward Antony Eilers in einem Flugzeug des Typs Cessna 340 direkt aus Kolumbien eingeflogen worden. Wenig später erklärten die Experten vor Ort, dass der größte Teil der Ware aus Bolivien stamme.

Am 12. März 1982 machten die Zollbeamten von Miami eine andere Entdeckung - den bis dato größten Kokain-Fund der Geschichte! Es handelte sieh um 2.000 Kilogramm in Kolumbien aufbereitetes Kokain aus Bolivien. Die nordamerikanischen Behörden schätzten den Wert auf rund 1.000 Millionen Dollar. Der Sprecher der Zollbehörde, Jim Dingfelder, sagte, als er sieh zu den Auswirkungen eines solchen Fangs für die internationale Drogenmafia äußerte: «Dies ist ein großer Schlag für die Leute in Bolivien, Peru und Kolumbien»."

[Bascopé Aspiazu, René <1951, La Paz - 1984, La Paz>: Die weisse Ader : Coca und Kokain in Bolivien / Mit.einem Anhang von Joaquín Hinojosa.  -- Zürich : Rotpunktverlag, ©1989. -- 136 S. : Ill. --  (Fracción mágica ; 15). -- ISBN 3-85869-047-3. -- Originaltitel: La veta blanca (1982). -- S. 109]

1982-03-26

Bei Zusammenstößen zwischen dem Militär und über 10.000 Demonstranten in Cochabamba werden sechs Demonstranten getötet.

1982-03-29

Generalstreik der COB legt öffentliches Leben weitgehend lahm. US-Botschafter Edwin Corr sichert auf Pressekonferenz dem Militärregime weitere Unterstützung zu.

1982-04


Abb.: Lage von Villa Yapacaní (©MS Encarta)

Die Regierung autorisiert einen von den USA geforderten Herbizideinsatz (Herbizid 2,4-D) gegen Kokapflanzungen in Yapacaní. Nach Protesten der campesinos wurde der Herbizideinsatz eingestellt.

[zu 2,4-D vgl. http://infoventures.com/e-hlth/pestcide/24d.html. -- Zugriff am 2002-09-24]

1982-04-06

Kabinettsneubildung. Der Regierung gehören erstmals seit 1980 überwiegend Zivilisten an.

1982-07-19

Eine Militärjunta aus den Oberbefehlshabern der drei Teilstreitkräfte übernimmt die Macht. Der Chef des Generalstabes des Heeres, General Guido Vildoso Calderón (1937, Cochabamba - ), wird zum Präsidenten ernannt.


1982-07-22 bis 1982-10-10

General Guido Vildoso Calderón (1937, Cochabamba - ) ist verfassungswidrig (de facto) Präsident


Abb.: Guido Vildoso Calderón


1982-09-15

Unbefristeter Generalstreik für eine demokratische Regierung. Schwere Zusammenstöße in Sucre. zehn Tote.

1982-09-19

Präsident General Guido Vildoso Calderón (1937, Cochabamba - ) sichert die Wiedereinsetzung des Parlaments zu. Der neue Präsident soll aus den drei erstplazierten Kandidaten der Wahlen vom 1980-07 (Hernán Siles, Zuazo (1913, La Paz - 1996, Uruguay), Victor Paz Estenssoro (1907, Tarija - 2001, Tarija), Hugo Banzer (1926, Concepción - 2002, Santa Cruz)), gewählt werden. Aufgrund dieser Zusagen wird der Generalstreik abgebrochen.

1982-10

Tapia Aruni, Eusebio: Guía de organizaciones sindicales. -- 1982

"¡Quien siembra violencia, cosecha violencia!

¿Quiénes inducen a la violencia y división en el sindicalismo?

Los partidos políticos, profesionales, (sociólogos) ONGs. (Organizaciones no gubernamentales) iglesias, aquellas instituciones que apoyan a los dirigentes con viáticos, pasajes y estipendios condicionado a seguir o responder a la ideología política de los consorcios.

¿Quiénes financian a las ONGs?

Los multimillonarios, los consorcios internacionales. Las ONGs se lucran a nombre del campesinado, obrero o gremiales y de eso viven.

Es así, la llamada "Alianza para el progreso, EE.UU. - Bolivia un solo esfuerzo" aparece después de 1956 con alimentos donados, nos ha malacostumbrado al paternalismo (flojos e interesados.)

"Si hay alimento, voy a reunión, al trabajo o al cursillo" ¡Si no hay no!

Sin imaginarse que ese alimento estaba con 3 elementos dañinos!

  1. Anticonceptivo, para matarnos (indio) desde la vientre de nuestra madre.

  2. Para embrutecerse la mente para que nos peleemos entre nosotros de todo y de nada.

  3. Para que no tengamos la inteligencia, para que seamos tontos útiles, para ser pongos o sirvientes de la Burguesía, sirviente del imperialismo.

Posteriormente administrado los dichos alimentos donados por Caritas Boliviana, EL Care y ahora por PMA-(Programa Mundial de Alimentos)."

[Zitiert nach der 4. Aufl.: Tapia Aruni, Eusebio: Guía del sindicalismo. -- [La Paz] : Qhananchawi, 2001. -- S. 77f.]

1982-10-05

Das Parlament (vor allem die Abgeordneten der UDP und des MNR) wählt mit 113 von 146 Stimmen Rechtsanwalt Hernán Siles Zuazo (1913, La Paz - 1996, Uruguay), den Kandidaten der Unión Democrática Popular (UDP), zum Präsidenten. Dieser kehrt am 1982-10-08 aus dem Exil zurück. Vizepräsident wird mit 118 Stimmen Jaime Paz Zamora (1939, Cochabamba - ) (MIR -- Movimento de la Izquierda Revolucionaria).


1982-10-10 bis 1985-08-06

Rechtsanwalt Hernán Siles Zuazo (1913, La Paz - 1996, Uruguay) ist verfassungsgemäß Präsident


Abb.: Hernán Siles Zuazo

Vizepräsident ist 1982 bis 1984 Jaime Paz Zamora (1939, Cochabamba - )


Abb.: Jaime Paz Zamora

In seiner Absichtserklärung kündigt Siles Zuazo die Förderung des staatlichen Sektors, ein größeres Mitspracherecht der Werktätigen und Bekämpfung von Korruption und Spekulation an.
"Mit der linken UDP-Regierung ins Chaos 1982-85

Neuwahlen hätten durch die starke Mobilisierung der Bevölkerung nach dem Ende der Diktatur 1982 den linken Kräften sicherlich ein noch besseres Abschneiden ermöglicht als bei den Wahlen von 1980. Dies wussten die rechten Kräfte jedoch zu verhindern. So konstituierte sich das Parlament im Oktober 1982 auf der Basis der Wahlergebnisse von 1980. Hernán Siles Zuazo wurde zum Präsidenten gewählt, konnte sich jedoch auf keine Mehrheit im Parlament stützen. Und auch sein UDP-Bündnis erwies sich als höchst zerstritten. Schon beim Amtsantritt war die wirtschaftliche Lage katastrophal. Die räuberischen Militärdiktaturen, die zahlreichen Streiks und eine sich immer schneller drehende Inflationsspirale hatten das Land in seine schwerste politische und ökonomische Krise taumeln lassen (Gamarra/Malloy, 1995: 409). Der Staatsapparat war auf eine vorher nicht gekannte Größe angewachsen, die Auslandsschulden hatten fast 4 Milliarden Dollar erreicht und die Produktion sank zunehmend. Hinzu kam die weltwirtschaftliche Krise der 80er Jahre, die sich auf Bolivien besonders durch den Verfall der Rohstoffpreise auswirkte. Der einzige Sektor, der florierte, war die Drogenproduktion. Nach Schätzungen waren die Einnahmen aus dem Kokaingeschäft drei bis fünfmal so hoch wie der gesamte legale Export (Krempin, 1989: 459).

Mit dem Verbot aller Dollargeschäfte und der Einführung eines festen Wechselkurses versuchte die Regierung Siles den wirtschaftlichen Niedergang aufzuhalten. In der Folge entwickelte sich jedoch ein blühender Schwarzmarkt, der die Inflation weiter anheizte und die Löhne entwertete. Damit verlor die Regierung Siles die Unterstützung der Gewerkschaften, obwohl die UDP von Kommunisten über Sozialisten und Marxisten bis zu Trotzkisten die grundsätzliche ideologisch linke Ausrichtung mit der Central Obrera Boliviana teilte. Der Gewerkschaftsdachverband wurde vor allem nach der Vereinigung mit der Bauerneinheitsgewerkschaft (CSUTCB) immer mächtiger, was die Zweiteilung der Macht im Land (poder dual) weiter manifestierte. Die Forderung der COB nach einer Arbeiterverwaltung der Staatsbetriebe und einer direkten Teilhabe (Cogobierno) mit 51% an der Regierung ging der UDP jedoch zu weit, diese Frage spaltete aber auch noch die einzelnen linken Parteien des UDP-Bündnisses.

Konnte sich der Präsident vom Beginn seiner Regierungszeit an schon nicht auf eine Mehrheit im Parlament stützen, schlossen sich jetzt auch noch Abgeordnete der UDP der Opposition an. Als wichtigster Bündnispartner stieg der Movimiento de la Izquierda Revolucionario (MIR) aus der Koalition aus, während ihr Parteiführer Jaime Paz Zamora jedoch gleichzeitig Vizepräsident blieb. Die Opposition versuchte mit Unterstützung des MIR einen sogenannten parlamentarischen Putsch, durch den Präsident Siles seines Amtes enthoben und Paz Zamora sein Nachfolger werden sollte. Hier zeigt sich ein Grundproblem des präsidentialistischen Systems in Bolivien, das seit 1978 immer wieder zu einer gegenseitigen Blockade von Exekutive und Legislative führte: Das Parlament versuchte, die Handlungsmöglichkeiten der Regierung soweit wie möglich einzuschränken und sie über parlamentarische Untersuchungen zu behindern und zu erpressen, während der Präsident in autoritärer Manier per Dekret weiter zu regieren versuchte. Die Kontrolle über den riesigen Regierungsapparat war ihm dabei schon längst entglitten. Keine demokratische Kraft hatte also mehr genügend Macht, die Blockade im Land zu lösen und Reformen und Kursänderungen durchzusetzen. Nach dem wirtschaftlichen Chaos führte jetzt das politische Chaos zur endgültigen Demontage der Regierungsautorität.

Bis zur Jahresmitte 1985 erlebte Bolivien fast 500 Streiks; die COB unternahm den Versuch, durch einen Marsch mit 15.000 Bergleuten auf die Hauptstadt die Regierung zu stürzen. Gleichzeitig verschärften sich die sozialen Spannungen. Es gab keine Waren mehr zu kaufen, im August erreichte die Inflation den Spitzenwert von 23.000%. Das Militär hatte die Idee eines autoritären Rettungsversuches nach den Erfahrungen der Transitionszeit aufgegeben. Alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte waren sich einig darüber, dass nur Neuwahlen einen Ausweg aus der Krise bringen konnten. Sie zwangen daher Präsident Siles Zuazo zum Rücktritt.

Die Entwicklung von 1978 bis 1985 war im Hinblick auf die Demokratisierung für die politische Elite eine richtungsweisende Lehrzeit. Sie hatte gezeigt, dass die demokratische Ordnung nur mit einer starken Regierung funktionieren kann, die sich auf eine Mehrheit im Parlament stützt und so die gegenseitige Blockade von Exekutive und Legislative verhindert. Gleichzeitig war deutlich geworden, dass der staatskapitalistische Entwicklungsweg verbunden mit einer stark ideologisierten Auseinandersetzung mit den Gewerkschaften die soziale und wirtschaftliche Krise nur weiter verschärft. Und drittens hatten viele Politiker erkannt, wie sehr die Kultur des politischen Kampfes jegliche Entwicklungsfortschritte verhinderte. Doch wie der Ausweg aus der verfahrenen Situation aussehen sollte, darauf konnte kaum jemand eine Antwort geben."

[Bukes, Georg <1968 - >: Der Zusammenhang von wirtschaftlicher Entwicklung und Demokratisierung : das Beispiel Bolivien. -- Hamburg : Institut für Iberoamerika-Kunde, 2000. -- (Beiträge zur Lateinamerikaforschung ; 3). -- ISBN 3-926446-24-2. -- S. 76 - 78]


1982-10-25

Es wird bekannt, dass die USA die Regierung unter Druck zu setzen versuchen, die beiden Minister aus dem Partido Comunista (Arbeitsminister und Minister für Bergbau/Metallurgie) aus der Regierung auszuschließen.

1982-11-30

Präsident Hernán Siles Zuazo (1913, La Paz - 1996, Uruguay) legt vor der 37. UNO-Vollversammlung die Grundzüge seiner Außenpolitik dar:

1983

1983

Boliviens Kokakönig ("El Rey") Roberto Suárez Gómez (gest. 2000) bietet an, die Staatsschulden (US$ 3 Milliarden) aus seinen Gewinnen im Kokageschäft zu begleichen.

1983

Muchacha : die unsichtbaren Dienerinnen Lateinamerikas / Reinhardt Jung (Hg.). -- Bornheim-Merten : Lamuv, ©1983. -- 118 S. : Ill. -- (lamuv Taschenbuch ; 28). -- ISBN 3-921521-83-1


Abb.: Einbandtitel

"Muchacha

ich bin die Hure,
die der Señor nicht bezahlt,
auf Geheiß der Señora
wider Willen
zu Willen den Söhnen;


ich bin die Waschmaschine,
die der Señor nicht kauft,
solange ich billiger wasche
und der Señora
Zeit erspare
und ihren Händen
die raue Haut;

ich bin der Staubsauger,
den die Señora nicht braucht,
bin Autowaschanlage,
bin Kindergarten,
bin Wäscherei,
bin Pflegestation,
bin Einkaufswagen;

ich bin die Emanzipation
der Señora,
bin der Knopf,
der alle Wünsche per Druck
erfüllt

ich bin die Hure,
die der Señor nicht bezahlt,
auf Geheiß der Señora
wider Willen
zu Willen den Söhnen;

ich bin das Weib
des Vaters meiner Kinder,
von seiner Frau
und seiner Mutter
verschwiegen weggeschlossen;

ich bin billiger
und doch:
ich bin und werde sein,
ich werde ich sein!"

[a.a.O., S. 7f.]

"Dionisia, 38 Jahre, Chasqui Pampa (Bolivien)

Womit soll ich anfangen? Mit meiner Kindheit? Gut, das erste, woran ich mich erinnere, war, dass sich meine Eltern meistens stritten und zankten, wie meine Mutter Arbeit suchte, dass wir keine Kleider hatten und dass unsere Mutter oft loszog, um uns etwas zu stehlen, damit wir zu essen hatten.

Und dann erinnere ich mich auch, das war, als wir nichts zu essen hatten und hungerten, damals war mein jüngster Bruder noch ganz klein, wir schliefen alle zusammen in einem Bett, meine Mutter und wir drei Geschwister, vier eigentlich mit dem Säugling, also, mein kleiner Bruder stand auf und bat um etwas zu essen, er hatte Hunger. Er fragte meine Mutter, und ich sah zum ersten Mal die Verzweiflung meiner Mutter, die nicht mehr wusste, wo sie etwas zum Essen hernehmen sollte. Das einzige, was sie tat, war in Tränen auszubrechen, zu weinen, und dann umarmte sie meinen kleinen Bruder und sagte: »Ich gehe jetzt und werde etwas zu essen besorgen. « Meine Mutter ging und ließ uns zu Hause alleine. Sie verkaufte ein Stück ihrer Kleidung, da bin ich heute ganz sicher, denn wir hatten schon gemerkt, dass sie immer weniger Sachen anzuziehen hatte; das war in Sucre.

Wir stammen aus Sucre. Währenddessen betrank sich mein Vater. Er trank in einem fort und kam erst morgens nach Hause; dann schlug er meine Mutter, und wir Kinder sind auf die Straße gerannt, um die Nachbarn zu Hilfe zu holen, dass sie unserer Mutter beistehen sollten.
Da beschloss meine Mutter, sich von meinem Vater zu trennen. Sie sagte: »So kann ich nicht weiterleben mit meinen Kindern, ohne Essen.« Und sie nahm uns, und wir liefen weg -- eines Morgens flohen wir.

Wir zogen damals zu einer Frau, die hatte selbst nicht viel, und die brachte uns in ihrer Hütte unter. Dieses Häuschen war so klein, dass wir nicht alle darin Platz hatten. Deshalb haben wir Kinder vor dem Haus geschlafen, mit Säcken zugedeckt. Wir hatten sonst nichts, um uns zuzudecken, denn meine Mutter hatte nichts aus unserem Haus mitnehmen können. Wir schliefen unter Säcken. Das war, als ich fünfeinhalb Jahre alt war. Morgens schloss meine Mutter uns in dem Häuschen ein, gab uns die Schlüssel und ging zur Arbeit zusammen mit der anderen Frau. Sie kam erst spätabends wieder nach Hause zurück. Nachts mussten wir dann wieder die Stube räumen und nach draußen gehen, wenn sie von der Arbeit kamen. Aber unsere Mutter hat uns immer Essen hingestellt, solange wir tagsüber in dem Häuschen bleiben mussten.

So haben wir eine ganze Zeit gelebt, bis meine Mutter einen Nachbarn kennenlernte, der ihre Lage auch auszunutzen wusste und sich an sie herangemacht hatte und versuchte, sie für sich gefügig zu machen. Meine Mutter gab nach, denn dieser Mann ließ ihr etwas Geld für uns zukommen. So lebten wir in einem Raum, und der Mann kam immer, und davon lebten wir und wurden wir satt.

Unsere Mutter gab uns regelmäßig Rizinusöl, um unsere Gedärme zu reinigen, jeden Monat einmal, und ich hatte so einen Ekel vor diesem Öl, dass ich weglief, nur damit ich es nicht schlucken musste! Einmal erinnerte ich mich daran, dass mir mein Vater mal gesagt hatte, wenn ich wollte, könnte ich mit ihm gehen, und dass er auf mich warten würde. Ich war seine Lieblingstochter. Also habe ich mich nach seiner Adresse durchgefragt, ich war damals sieben Jahre alt, und wollte nach Tarabuco. Ich wusste aber nicht, wo ich ihn dort finden sollte und wie es ihm ging. Ich erinnerte mich aber, dass es einen Zug nach Tarabuco gab, und so bin ich den Geleisen nachgelaufen. Gegen Mittag überfiel mich großer Hunger und Durst. Ich bin zur Straße gegangen, auf der ein Lastwagen herankam, und der hat mich mitgenommen. Der Fahrer wollte wissen, wo ich herkomme, und ich habe geantwortet: »Ich komme aus Sucre und will zu meinem Vater nach Tarabuco, der lebt dort. «

Aber anstatt mich zu meinem Vater zu bringen, wie ich es gewollt hatte, brachte mich der Lastwagenfahrer zur Polizei. Die Polizei versuchte, meinen Vater ausfindig zu machen, und währenddessen hatte sich meine Mutter in Sucre, schon bei der Polizei gemeldet. Also wurde ich festgehalten, und meine Mutter wollte mich zuerst zurückbringen lassen, aber dann kam sie selbst, um sich mit meinem Vater zu treffen. Aber mein Vater wollte mich auch gerne zu sich nehmen, genauso wie meine Mutter; die war dagegen, dass ich bei meinem Vater blieb: »Das ist ein Säufer! Was wird der alles mit dir anstellen?«

Um nun diesem Streit zwischen Vater und Mutter aus dem Weg zu gehen, haben sie mich in ein Internat geschickt, eine Klosterschule, einen Konvent, wo Frauen untergebracht waren, denen man einen schlechten Lebenswandel vorwarf, ein Heim für gefallene Mädchen. Mitten unter diesen Frauen war ich das einzige Kind. Damals war ich acht Jahre alt. Dort blieb ich also und litt sehr unter der Trennung von meiner Familie. Dort gab es noch ein junges Mädchen, das sich sehr um mich gekümmert hat, weil ich die Kleinste war, und sie wusch meine Sachen und alles. Dort blieb ich, bis ich 14 Jahre alt war.

In diesem Heim habe ich während der ganzen sechs Jahre erlebt, wie sich Nonnen und Priester verhalten, denn mich als die Kleinste schickten sie immer zu Hinz und Kunz, und die Nonnen unterhielten sich dabei. Und immer diese Täuschungen und Lügen, diese Scheinheiligkeiten und alles. Was sie uns sagten, war, dass alles Sünde sei! Man durfte keinen Mann ansehen, auch nicht in einer Zeitschrift, das war eine Sünde. Und sie haben mir das so sehr in den Schädel gehämmert, dass ich vor alledem große Angst bekam. Alles war für mich Sünde, und immer kniete ich in der Kirche und bat um Vergebung und weinte vor den Altären und Madonnen, um Vergebung für meine Sünden zu erlangen.

Ich hatte eine große Zuneigung zu einer Nonne, die eine sehr warmherzige Frau war, die mir oft ihren Nachtisch schenkte und sehr freundlich zu mir war. Also haben die anderen Nonnen getuschelt, ich sei in diese Señora verliebt, dass ich den Teufel im Leib hätte, ich sei dem Satan verfallen, weil ich hinter dieser Nonne her sei... So haben sie mir das Leben unerträglich gemacht.

Wegen meiner Zuneigung zu dieser Nonne wurde ich bestraft. Sie ließen mich in der Mitte des Innenhofes auf Pfirsichkernen niederknien, weil sie glaubten, ich würde das nicht aushalten. Auch weil ich einmal aus Jux die bolivianische Nationalhymne verkehrt herum gesungen hatte, bestraften sie mich. Sie sagten, ich sei ein verrücktes Mädchen, das Strafe brauche und Strenge, damit ich gerettet und das Böse aus mir ausgetrieben würde.

So wurde ich dann mitten auf dem Innenhof bestraft, damit alle Mädchen das sehen sollten als warnendes Exempel. Ich ergab mich resigniert in diese Strafe und sah, wie die anderen Mädchen weinten und traurig zusahen. Ich war so fertig, ich spürte meine Knie nicht mehr. Ich musste bewegungslos auf den Pfirsichkernen knien und war so verzweifelt, dass ich eine große Nadel, die ich in meiner Jacke trug, herauszog und anfing, mir damit die Adern zu öffnen. Ich hatte eine großes Muttermal über der Armvene, und mit der Nadel habe ich mir die Vene herausgerissen. Dabei war ich völlig teilnahmslos und nahm auch nicht die Blutlache wahr, die auf dem Boden auseinander floss.

Das war meine Rettung. Ich verlor das Bewusstsein, und eines der Mädchen entdeckte plötzlich die Blutlache, und da stürzten die Nonnen herbei und schafften mich zur Krankenschwester, die mich verband, und dann, dann folgten die schönsten Tage meines Lebens, denn ich wurde umsorgt, bekam Essen und alles. Meine Freundinnen besuchten mich, und ich war glücklich. Und die Nonne, die ich ins Herz geschlossen hatte, brachte mir Bonbons. Sie mochte mich und ich sie auch.

Nachdem das geschehen war, wollten die Nonnen, dass ich auch Nonne werde; klar, ich ging viel in die Kirche und betete oft. Als ich aber heranwuchs, geschah in mir eine Wandlung: Ich war nicht mehr die Kleine mit ihrem unschuldigen Gottvertrauen - es hatte sich sehr viel in mir geändert. Ich hasste die Nonnen, die Priester, die Heiligen, alle hasste ich. Ich wollte mit alledem nichts mehr zu tun haben und habe über alles nur noch gelacht. Das einzige, was ich in der Kirche machte, war, die Kleinen in den Bänken zum Kichern zu bringen. Wegen all diesen Dingen haben sie mir nahegelegt, den Konvent zu verlassen, aber ich wusste nicht, wohin.

Da kam eines Tages mein Vater zu Besuch. Eigentlich war das verboten, nur meine Mutter durfte mich besuchen. Ich hatte so en Wunsch, dass mein Vater mich von hier mitnehmen sollte. Ich wollte niemals mehr freiwillig hinter diese Mauern zurückkehren. Ich machte ein solches Geschrei, dass sie mich schließlich mit meinem Vater gehen ließen, denn sie waren auch froh, dass sie mich loswerden konnten. Ich hatte ja den Teufel im Leib und war ein Werkzeug des Satans, und was sie nicht noch alles gesagt haben.

Also ging ich so um drei Uhr nachmittags mit meinem Vater los. Es mag fünf Uhr geworden sein, da begegneten wir meiner Mutter und diesem Mann, mit dem sie zusammenlebte. Meine Mutter kam herbei und fragte: »Was machst du denn hier?« Und ich habe ihr erklärt, dass ich meinen Vater gebeten hatte, mich dort herauszuholen aus dem Heim, denn sie hatte mich ja nicht besucht. Da antwortete sie: »Ich hatte niemals das Geld, um dich zu besuchen, und ich wollte auch nicht mit leeren Händen zu dir kommen. « Und sie nahm mich an der Hand und zog mich mit sich fort. »Sie ist zu jung, sie kann noch nicht mit einem Mann zusammen wohnen, sie braucht meine Hilfe!« rief sie meinem Vater zu. So gelangten wir zu ihrem Haus.

Ich habe meine Mutter nie nackt gesehen, und in dem Heim, dem Konvent, durften wir uns noch weniger nackt zeigen und uns ausziehen, und es gab Dinge, über die ich zwar nachgedacht, aber noch niemals mit einem anderen Menschen gesprochen hatte.

Ich glaubte, ich sei eine Frau und all diese Dinge seien Gottesstrafen, zum Beispiel meine Menstruation, meine Brüste, und ich wollte nicht, dass mich irgend jemand so sehen sollte, als Gezeichnete, denn ich war sicher, dass all die anderen das nicht hatten, dass nur ich so gezeichnet sei.

Als wir zu Hause angekommen waren, wollte ich mich nicht ausziehen, und meine Mutter fragte: »Warum legst du deine Kleider nicht ab? Leg dich hierher zu mir!« Und das war in einem Raum, in dem alle schliefen, und ich saß auf einem Schemel und wollte mich nicht ausziehen.

»Was ist los mit dir? Was ist passiert?« fragte meine Mutter. »Willst du nicht mehr bei mir leben, möchtest du lieber zu deinem Vater? Wenn du zu ihm gehst, dann musst du dir klar sein darüber, wie er ist. Eine Zeitlang wird er dich gut behandeln, aber dann wirst du ein anderes Leben zu spüren bekommen. Deshalb habe ich gesagt, dass du zu mir kommen sollst, damit wir überlegen können, wie es weitergehen kann. «

Da habe ich ihr geantwortet, dass ich schon bei ihr bleiben und schlafen wolle, aber sie solle das Licht ausmachen vorher.

»Du legst dich schlafen?«

»Ja, ich will bei dir schlafen. « Und dann habe ich mich mit meinen Kleidern angezogen neben sie auf das Bett gelegt und geschlafen.

Der Mann, mein Stiefvater, wohnte in einem anderen Haus, nicht bei uns. Einmal, nach ein oder zwei Wochen, kam er, der Mann, mit dem meine Mutter zusammenlebte, also er kam herein, löschte die Kerosinlampe und befahl mir: »Komm mal hierher!« und ich kam, und er begann mich abzuküssen und zu betasten, und ich wies ihn ab.

Es war mir sehr lästig, dass dieser Mann immer hinter mir her war. Einmal, unter falschen Vorwänden, brachte er mich in sein Haus. Er hatte gesagt, mein Bruder liege nach einem Unfall verletzt dort, aber er war alleine im Haus und wollte mich verführen. Also unter diesen Umständen wollte ich nicht mehr zu Hause bleiben. So konnte das nicht weitergehen. Ich hatte kein Vertrauen mehr in meine Mutter. Ich sagte ihr, dass ich gerne arbeiten würde.
Also fing ich mit 15 Jahren bei einer deutschstämmigen Jüdin an zu arbeiten. Und meine Mutter machte der Señora zur Bedingung, dass sie mich ja nicht aus dem Haus lassen solle ohne ihre Erlaubnis und dass sie mich auch nicht kündigen solle, ohne ihr davon zu erzählen. Ich arbeitete gut und wurde auch leidlich behandelt. Aber ich wollte Freiheit, ich wollte auf die Plaza gehen, ins Kino und durfte nicht. Deshalb begann ich zu lügen, dass ich nach Hause ginge, aber dann ging ich ins Kino. Da kam meine Mutter zu meiner Señora und sagte, dass ich gar nicht zu Hause gewesen wäre und so.

Auf jeden Fall blieb ich eine Weile dort, bis ich beschloss, wieder aufzuhören mit der Arbeit. Ich konnte so nicht weiterarbeiten, weil mir keinerlei Freiheiten gegönnt wurden. Also sagte ich: »Ich gehe zurück zu meiner Mutter. Die lässt mich vielleicht raus, ich möchte doch auch einmal Spazierengehen dürfen. «

Ich hatte neue Freundinnen kennengelernt, aber sie, die Erwachsenen, wollten nicht glauben, dass ich mit denen spazierenging, sie unterstellten mir immer, dass ich mit Männern zusammen sei, mit leichtlebigen Männern. Also sagte meine Mutter: »So geht das nicht weiter, du musst arbeiten, die vielen Freiheiten steigen dir sonst in den Kopf!« Aus diesem Grund ging ich in den Dienst der gleichen Señora zurück, bei der ich angefangen hatte. Die war auch dahinter her, dass ich zu ihr zurückkommen sollte.

Nach einiger Zeit fand ich andere Freundinnen in der Nachbarschaft, aber mit ihren Ehemännern durfte ich niemals ein Wort wechseln. Einmal kam mir einer dieser Männer von einer dieser Nachbarinnen entgegen, sprach mich an und erkundigte sich, was ich einkaufen wollte und so. Natürlich wurde das gleich meiner Mutter hinterbracht. Ich ging sonntags darauf nach Hause, ganz ahnungslos. Und als ich noch schlief, das war am Sonntag zwischen sieben und acht Uhr, hörte ich Schluchzer und wurde wach und stand erschrocken auf, um zu sehen, was passiert war. Es war meine Mutter, die weinte und mir vorwarf, ich wäre auf die schiefe Bahn geraten, weil ich den verheirateten Männern nachstellen würde, und sie bat mich, das doch nicht weiter zu treiben. Also dachte ich: »Gut, aber was tun? Mir einen jungen Mann suchen, einen Junggesellen?« Ich selbst war damals 19 Jahre alt; aber die wollten sich nur mit einer Frau amüsieren, sonst nichts. Und das wollte ich nicht.

Ich war verliebt in einen anderen Jungen, der studierte noch, aber seine Eltern wollten nicht, dass er mit mir ging, weil ich ein Dienstmädchen war: »Die ist Dienstmädchen, und mit so einer gibst du dich nicht ab!« Und sie haben ihn vor die Wahl gestellt: wenn er weiter immer nur von mir redet, bekommt er sein Studium nicht bezahlt, weil er ja doch nicht studieren und seine Karriere wegen mir vernachlässigen würde. Und der Junge, um seine Karriere nicht aufs Spiel zu setzen, machte Schluss mit mir. Ich war sehr verzweifelt, als ich ihn verloren hatte.

Dann lernte ich einen Mann kennen, der schon lange in mich verliebt war. »Gut«, habe ich mir gesagt, »dieser Mann, der läuft dir schon so lange so hartnäckig hinterher, das ist schon etwas Besonderes. Der denkt sich mehr dabei. « Wie auch immer, ich habe zugelassen, dass er mit mir machte, wozu er Lust hatte. Er sagte mir, dass er keine schlechten Absichten habe, er könnte mir helfen, und er war sehr nett zu mir, und ich dachte, was soll's, er benimmt sich gut, aber dann war es doch wie immer: Ich ging mit meiner Tochter schwanger, und ich fuhr deshalb nach Cochabamba, um meinen Eltern keine Schande zu machen, denn wenn ein Mädchen schwanger ist, dann hatte sie den Vater ihres Kindes auch zu heiraten. Und da er mich nicht aus freien Stücken heiraten wollte, sah ich auch keinen Sinn darin, die Ehe zu erzwingen.

Um meiner Mutter keine Schande zu machen, floh ich und ging nach Cochabamba, wo ich niemanden kannte. Ich kam wegen Buspannen erst um neun Uhr abends an, und im Bus selbst hatten die mitreisenden Männer schon herausgefunden, dass ich alleine unterwegs war, und in Cochabamba dann stiegen mir zwei dieser Männer hinterher. Sie verfolgten mich, und ich wusste nicht, wohin, bis ich mich erinnerte, dass meine Nonne von einer Freundin in Cochabamba erzählt hatte, eine Schwester irgendeines Ordens, die in der Calle Bolivar wohnen sollte. Ich gelangte also in die Calle Bolivar, und ich klopfte an eine Haustür und fragte nach zwei alleinstehenden Schwestern, wo die wohnten, und man sagte mir: »Hier nicht, die wohnen ein Stück weiter oben. «

Als sich diese Tür vor mir geschlossen hatte, verfolgten mich wieder diese beiden Männer. Sie hatten an der Ecke auf mich gewartet. Ich gelangte bis vor das richtige Haus, klopfte an und fragte, ob hier die beiden Schwestern wohnten. »Ja«, sagten sie, und ich bat sie, mich diese Nacht in ihr Haus aufzunehmen, dann wollte ich mir Arbeit suchen. Aber sie wiesen mich ab: »Wir haben keinen Platz. Suche dir etwas anderes für diese Nacht. «
»Aber ich kenne sonst niemand! Und wenn ich in ein Hotel gehe, dort, da stehen zwei Männer, die verfolgen mich schon die ganze Zeit! Ich kann mir nicht ein Hotel suchen für diese Nacht. Wo soll ich denn hin?«

Da kamen die Schwestern heraus und sahen die beiden Männer warten und gestatteten mir, für diese eine Nacht bei ihnen zu bleiben. Sie wiesen mir einen Platz in der Küche, wo ich auf einer Decke schlief. Dort verbrachte ich meine erste Nacht in Cochabamba.

Am anderen Morgen sagten sie mir: »So, es wird Zeit für dich zu gehen, wir haben hier keinen Platz!«

Als ich dann durch dieselbe Straße ging, traf ich dort eine alte Frau, die führte einen Laden. Ich sprach sie an: »Sie, Sie haben doch einen Laden, und vielleicht wissen Sie auch, wo man gerade ein Dienstmädchen sucht, ich bin gestern angekommen und suche dringend eine Stelle!« Ich glaube, sie hat mich vom ersten Augenblick an gemocht, denn sie antwortete: »Du scheinst ein anständiges Mädchen zu sein. Ich werde dir helfen. Aber du musst die Anzeigen in der Zeitung durchgehen, hier hast du die Zeitung, während ich versuchen will, mich umzuhören. «

Ich habe mich also bei den ausgeschriebenen Häusern vorgestellt, und bei den ersten, die mich nehmen wollten, habe ich gleich für den nächsten Tag zugesagt. »Nein«, meinten die, »du fängst gleich heute Abend bei uns an. Wo hast du deine Sachen? Ich lasse sie von einem Taxi holen. « So holten sie meine Sachen von der Busstelle ab, und ich begann bei dieser Familie.

Sie sagten mir: »Hier bist du für alles zuständig, aber wir haben wenig Platz, du musst in der Küche schlafen. « Gut, dann schlief ich eben in der Küche. Ich legte mich dort nieder, aber sie kamen laufend herein, machten sich etwas zu essen oder trinken zurecht, Licht an, Licht aus, und dann kam der Mann, wieder der Mann! Er sah nach, ob ich schlief, und ging wieder. In der zweiten Nacht das gleiche Manöver, und als er mit seiner Hand kam und mir über das Gesicht streichelte, um zu sehen, ob ich schon schlief, da blieb ich stumm und stocksteif liegen, denn ich hatte Angst, dass sie mich sonst wieder rausschmeißen könnten, wenn ich irgend etwas sage. Aus Angst tat ich nachts kein Auge mehr zu.

Dann aber rief mich die Alte aus dem Laden an und teilte mir mit, ich solle zu ihr kommen, es sei dringend, sie habe ein Telegramm meiner Mutter aus Sucre für mich. Da meinte der Herr: »Ich bringe dich dort vorbei ins Zentrum, und unterwegs können wir etwas miteinander sprechen. « Wahrend der Fahrt legte er seinen Arm um mich, aber er hatte schon gemerkt, dass ich andere Gedanken hatte.

Ich ging also zu der Alten, und die empfing mich mit den Worten: »Du, ich habe eine sehr gute Arbeit für dich! Hier gegenüber von meinem Laden, geh hin und schau dir's mal an!« Es war bei einer Frau, die stammte aus Sucre und war gerade mit ihren drei Töchtern aus Argentinien zurückgekommen. Sie suchte für sich und ihre Töchter ein zuverlässiges Dienstmädchen. Und die Alte hatte mich empfohlen und sagte zu mir: »Bitte, mach mir keine Schande, ich habe dich empfohlen, obwohl ich dich kaum kenne. « Also habe ich mit der Señora gesprochen, dass ich auch aus Sucre kommen, und dass ich bei ihr arbeiten wollte zu dem Lohn, den sie bestimmt hatte - das waren 100 Pesos im Monat. Es klappte, und mit denen kam ich gut zurecht, aber es verging einige Zeit, und ich wusste, sie würden mir bald ansehen, dass ich ein Kind erwartete, und ich hatte Angst, sie würden mich dann
hinauswerfen.

Als der Mann aus Argentinien kam, meinte er einmal: »Mir scheint, meine Frau, dass unser Mädchen schwanger ist. «

»Nein«, antwortete die Señora, »wie soll das nur möglich sein?«

Sie rief mich, und sie wollte die Wahrheit wissen: »Sag mir die Wahrheit, du wirst davon keinen Nachteil haben«, bat sie. Also habe ich angstvoll zugegeben, dass ich schwanger war und dass ich mir eine andere Stelle suchen würde, wenn sie mich nun nicht mehr behalten wolle. Aber sie beruhigte mich: »Nein, nein, du bleibst hier bei uns mit deinem Kind, wir werden dir helfen, denn du bist ein gutes Dienstmädchen, und wir sind zufrieden mit dir. « Aber ich schämte mich, auf die Straße zu gehen. Sie jedoch meinte dazu nur: »Ein Kind zu bekommen, auch wenn man nicht verheiratet ist, das ist doch kein Verbrechen! Und nun mit deinem dicken Bauch brauchst du dir nur ins Gedächtnis zu rufen, dass das keine Schande ist. Es gibt so viele andere Frauen, die ein Kind bekommen und doch viel weniger zur Mutter geeignet sind als du!« Dank dieser Leute behielt ich meinen Kopf oben und brachte meine Tochter zur Welt.

So ging es mir recht gut bis zu dem Augenblick, wo der Mann mich ausnutzen wollte, und zum Schluss bekam ich keinen Lohn mehr denn sie sagten: »Wir sind eine Familie. Wir leben zusammen. Du hast alles, was du willst, hier im Haus!« Aber ich konnte nicht sagen: »Dies oder das möchte ich mir gerne kaufen«, denn ich hatte kein Geld für mich, und sie redeten mir immer zu: »Du sparst Geld. « Sie hatten mich nämlich ins Ausland mitgenommen und sagten: »Wir sparen deinen Lohn auf, und wenn wir erst wieder nach Bolivien kommen, geben wir dir das, was wir für dich gespart haben. « Aber dann kamen wir wieder nach Bolivien zurück, und ich bekam nichts, gar nichts.

Ich musste mich dann von ihnen trennen, weil der Mann meine Tochter schlecht behandelte und mit ihr nicht einverstanden war, weil ich ihm nicht nachgegeben hatte; das ließ er jetzt an dem Kind aus.

Mit seiner Frau war ich wie mit einer Freundin oder Schwester verbunden. Ich wusste alles von den beiden und wie sehr sie ihn liebte, und deshalb ließ ich nicht zu, dass er mich auch nur anfasste. Und deswegen setzte er mich unter Druck, aber ich habe ihn nicht an mich herankommen lassen. Deshalb musste ich gehen und von vorne anfangen; meine Tochter war damals sechs Jahre alt.

Nach dieser Stelle arbeiteten wir in einem Restaurant, wo ich versucht habe, dazuzulernen; ich war die Älteste unter den Mädchen dort. Da sagte mir einmal die Besitzerin: »Ich sehe, du verstehst deine Sache besser als die anderen. Ich vertraue dir, ich werde dich zur Leiterin eines Clubs machen. Dafür wirst du gut verdienen. « Sie zahlte mir 450 Pesos. Das war ein guter Lohn, und ich habe angenommen, eine gute Stelle! Meine Tochter hatte alles, was sie brauchte, und ich fühlte mich sehr wohl. Aber das Problem lieferten wie immer die Männer!

Der Hausherr - es gingen ja noch eine ganze Menge anderer Männer in dem Club ein und aus, die anfingen, mich zu belästigen, und dieser Mann eben auch. Er soff, und eines Tages kam seine Frau, die Besitzerin, dazu und warf mir vor: »Warum lässt du das zu, dass er sich betrinkt? Wahrscheinlich willst du etwas von ihm, sonst würdest du ihm nicht einschenken!« Ich hätte ein Auge auf ihren Mann geworfen.

Ich hatte das so satt bis oben hin, dass immer die Männer es waren, die mir Probleme brachten, dass ich beschloss, zu kündigen. Und so sind wir nach Sucre zurückgekommen.

In Sucre ging es uns eine Weile gut. Ich fand wieder Arbeit bei jener jüdischen Frau, wo ich ganz zu Anfang schon gedient hatte und die mich gerne nahm, weil sie mit ihren Dienstmädchen zwischendurch nicht zurechtgekommen war. Sie behandelte mich viel besser als früher, wo ich nur die Reste essen durfte und sie den Zucker mit einem Löffel abzählte. Mein Kind durfte im ganzen Haus spielen - vorher durfte ich als Dienstmädchen ihre Zimmer nur zum Putzen betreten, musste in der Küche essen - und nun saßen wir alle an einem Tisch, außer, wenn sie Besuch hatten, da aßen wir dann in der Küche, weil sonst im Esszimmer der Platz nicht gereicht hätte.

Mein Kind durfte nun mit ihrem Kind spielen, und sie hat uns manchmal sogar in ein Restaurant eingeladen. Ich war sehr zufrieden und fühlte mich wohl bei ihr. Und wie immer habe ich auch Spaß an der Gartenarbeit gehabt, und dafür haben sie mir noch extra etwas gezahlt. Anderthalb Jahre ging es mir dort sehr gut.

Dann aber - wie schon so oft, und ich mag es auch schon gar nicht mehr erzählen - fing ihr Mann an, mir nachzustellen. Er lief mir hinterher und einmal, ich war beim Bügeln in einem Zimmer, das neben seinem Zimmer lag, und er dachte wohl, es sei niemand im Hause außer uns beiden, da kam er aus seinem Zimmer heraus, er hatte ein ganz verpenntes Gesicht, und ich musste lachen, als ich ihn so sah, da wollte er wissen, warum ich ihn auslachen würde. Ich habe nichts gesagt, aber ich merkte schon, dass er mich mit seinen Blicken auszog.

Immer, wenn er von einem Fest kam und noch Durst hatte, dann musste ich ihm Bier bringen und das Glas reichen, und dann berührte er stets meine Hände. Das hatte seine Frau auch schon spitzgekriegt. Sie sagte mir: »Ich merke schon die ganze Zeit über, wie er versucht, sich an dich heranzumachen: Du musst ihm eine herunterhauen!« Und ich antwortete: »Ich habe nicht vor, ihm nachzugeben, aber genausowenig habe ich vor, ihn zu ohrfeigen. Ich habe keinen Grund dazu, solange er mich lediglich mit Kosenamen bedenkt. « Sie blieb mir aber immer auf den Fersen und erinnerte mich daran, was sie mir geraten hatte. Auch wollte sie sehen, ob ich ihm etwa einen Anlass biete, aber ich blieb ganz ruhig dabei, sie aber nicht. Unser gutes Verhältnis ging darüber in die Brüche.

Eines Morgens ging sie weg, da kam er ins Haus zurück, ließ sich von mir einen Kaffee servieren und bat mich, mich zu ihm zu setzen. Ich wollte aber nicht, denn ich hatte noch zu tun. Da hielt er mich zum ersten Mal am Arm fest und drückte mich in den Sessel: »Las uns miteinander reden! Las uns einen Kaffee trinken!« Ich weiß nun nicht, was genau daran schlimm gewesen sein soll, auf jeden Fall scheint uns die Señora beobachtet zu haben, und als sie zur Tür hereinkam, bin ich aus meinem Sessel aufgesprungen, vielleicht ein wenig zu hastig, und sie nahm wohl an, dass ich einen besonderen Grund gehabt hätte für meine Eile.

»Warum bist du denn so überstürzt aufgesprungen und rausgerannt?« wollte sie wissen. »Was hast du mit ihm gehabt? Du hast doch was mit ihm gehabt!«

»Nein«, verteidigte ich mich, »da war nichts!« Und ich erzählte ihr alles, wie es gewesen war, dass ich nur rausgerannt sei, damit sie nichts Schlechtes von mir denkt. Sie fragte ihn genauso wie mich, und er hat ihr wohl nichts anderes erzählen können als ich!

»Du musst ihn ohrfeigen!« Immer heftiger bedrängte sie mich damit. »Aber warum? Ich ohrfeige ihn nicht, genausowenig wie ich ihm nachgebe. « Sie aber blieb dabei.

An einem anderen Morgen, er hatte lange ausgeschlafen, und ich sollte das Zimmer saubermachen, dachte aber, er sei schon aufgestanden, und ging in das Zimmer hinein zum Putzen. Da stand er plötzlich hinter mir. Ich bekam einen Schreck und rannte aus seinem Schlafzimmer. Da kam auch schon die Señora herbei und bedrängte mich: »Was hat er von dir gewollt? Hat er dich angefasst? Hat er wirklich nichts von dir gewollt?«

»Nichts, nichts, nein, es war nichts! Und warum spionieren Sie dauernd hinter mir her? Es ist doch gar nichts vorgefallen!«

»Das kann nicht sein, ihr wart beide allein im Schlafzimmer, da muss was gewesen sein!«

Ich habe mich auf das Klo vor ihr geflüchtet, aber sie ließ nicht ab von mir: »Was hat er von dir gewollt?«

»Nichts, gar nichts, ich bin zum Saubermachen in sein Zimmer gegangen, und er lag noch im Bett, also bin ich schleunigst wieder raus!«

»Nein, da muss mehr gewesen sein!« Da bekam ich eine Wut und schrie: »Jetzt bin ich's aber leid, immer diese Verdächtigungen. Sie und Ihre Unterstellungen stehen mir bis hier oben! Ich kündige, und zwar auf der Stelle! Machen Sie meine Sachen fertig, ich gehe!« »Du gehst nicht, du bleibst!«

»Wer sind Sie denn, dass Sie mir befehlen wollen zu bleiben, wenn ich gehen will?«

Mittags bin ich gegangen. Ich lief zu meiner Mutter und bat sie, meine Sachen aus dem Haus dieser Señora zu holen. Ich hatte selbst nicht mehr die Kraft dazu. Meine Mutter holte meine Sachen ab, und die Señora verlor kein Wort darüber, warum und weshalb ich gekündigt hatte. Nach allem, was passiert war, hielt sie den Mund.

Nun stand ich da ohne Arbeit, und zurück in dieses Haus wollte ich auch nicht mehr. Der Señor war sich schon darüber klar, dass ich meine Stelle wegen ihm verlassen hatte, und er bot mir Hilfe an und versprach: »Du brauchst jetzt Arbeit, und ich könnte dir ein Zimmer mieten und dir monatlich etwas Geld gegen, dass du mit deinem Kind durchkommst. Und also... «

Ich habe mich dann nach einer anderen Stelle umgesehen bei einer deutschen Familie. Die kannten auch die Señora, von der ich gerade weggegangen war, aber die Señora hatte ihnen nicht die wahren Gründe meiner Kündigung erzählt, gerade das Gegenteil! Sie hatte behauptet, ich sei frech geworden, hätte wenig gearbeitet und mich aufgeführt, wie die Herrin des Hauses. Alles Lügen, die sie denen erzählte, und dass ich den Señor belästigt hätte. Sucre ist wie ein Dorf, die Gerüchte laufen schnell.

Ich habe das dann aus meiner Sicht bei der neuen Señora richtiggestellt und alles erzählt, mochten sie mir nun glauben oder nicht. Die Señora wusste nicht so recht, wem sie mehr Glauben schenken sollte, aber meistens glauben sie ohnehin einer Señora mehr als einem Dienstmädchen. Sie war also hin- und hergerissen und konnte sich nicht entschließen, mich einzustellen.

Ich habe dann eine Stelle bei einem Lehrer der deutschen Schule angenommen. Der lebte allein mit seinen drei Kindern, seine Frau sollte noch nachkommen. Drei Monate lief alles gut und zu unserer gemeinsamen Zufriedenheit. Doch dann kam seine Frau dazu, und plötzlich machte ich alles verkehrt. Sicher hatte sie mit dieser Señora gesprochen, von der ich weggegangen war, und ihren Lügen Glauben geschenkt. Auf jeden Fall, was ich auch gemacht habe, ich konnte es ihr nicht recht machen, nicht schnell genug, habe nicht gut eingekauft, alles habe ich falsch gemacht. Wir durften weder an ihrem Tisch mitessen noch von ihrem Geschirr, sie schloss es vor uns weg! Was soll man davon halten?

So ging das, und alles wiederholt sich bis auf den heutigen Tag. Sie fangen heute noch mit acht, neun Jahren an zu arbeiten. Nichts hat sich geändert, nichts. Ich habe schon so oft mein Unglück verflucht, dass ich überhaupt geboren bin. Ich bin doch keine Sklavin - oder?"

[a.a.O., 39 - 53]

1983

Herrero, Joaquin ; Sánchez de Lozada, Federico: Diccionario quechua : estructura semantica del quechua cochabambino contemporaneo. -- Cochabamba : C.E.F., 1983. -- 581 S.  -- [Das Wörterbuch enthält über 9000 Wörter, davon sind über 600 spanischen Ursprungs]

1983

Baptista Gumucio, Mariano <1931, Cochabamba - >: Otra historia de Bolivia. -- La Paz [u.a.] : Los Amigos del Libro, 1983. -- 405 S. : Ill.

1983

In Deutschlang Gründung der peruanisch-bolivianischen Vokal-  und Instrumentalgruppe Conjunto Qhanaski. Die Mitglieder der Gruppe sind keine professionellen Musiker, sondern Fachärzte, Angestellte usw.

1983

Bau-Bilanz 1973 - 1983 des Apostolischen Vikarats Ñuflo Chavez unter dem deutschen Bischof Antonio Eduardo Bösl OFM (1925, Hirschau - 2000, Concepción) und dem Schweizer Diözesanarchitekten Hans Roth (1934, Zürich - 1999, Rankweil) . Die Bauprojekte wurden mit deutschen Geldern finanziert.

  1. Bau von Kirchen und Kapellen
    • Marienkathedrale in Concepción (Restaurierung)
    • Pfarrkirchen
      1. San Pablo de Guarayos
      2. El Puente
      3. San Antonio de Lomerio
      4. Urubichá
    • Kapellen
      1. La Senda
      2. Candelaria
      3. Coloradillo
      4. Montero
      5. Nueva Frontera
      6. Guadalupe
  2. Bauten für die Seelsorge
    • Kolonialkloster Concepción (Restaurierung)
    • Pfarrhäuser
      1. Yaguarú
      2. Ascensión
      3. El Puente
    • Konvent Concepción (Erweiterung)
    • Schwesternhäuser
      1. Yaguarú

      2. Urubichá

      3. Ascensión

      4. El Fortin

      5. San Ramón

      6. Nueva Frontera

      7. El Puente

    • Seelsorgezentrum Nueva Frontera
    • Pfarrzentren
      1. San Javier
      2. San Ramón
      3. Concepción
      4. Ascensión
      5. San Antonio de Lomerío
    • Mesnerhaus San Antonio de Lomerío
  3. Häuser für den Krankendienst


    Abb.: Der Pfarrer assistiert dem Arzt bei der Operation

    • Krankenhaus Acensión


      Abb.: Plan Krankenhaus Ascensión (Architekt: Hans Roth)

    • Sanitätsstationen
      1. El Fortín
      2. San Ramón
      3. Ureubichá
      4. Yaguarú
      5. Palmarito de la Frontera
      6. Nueva Frontera
    • Arztwohnungen
      1. Ascensión
      2. San Ramón
      3. San Antonio de Lomerío
    • Ärztliches Labor Ascensión
  4. Schulbauten

    • Schulen "Fe y Alegría"
      1. San Javier (16 Unterrichtsräume)
      2. Ascensión (16 Unterrichtsräume)
      3. Concepción (Erweiterung um 4 Unterrichtsräume)
    • Dorfschulen
      1. Urubichá (8 Unterrichtsräume)
      2. El Fortín (6 Unterrichtsräume)
      3. San Ramón (6 Unterrichtsräume))
      4. San Antonio de Lomerío (6 Unterrichtsräume)
      5. San Pablo de Guarayos (5 Unterrichtsräume)
      6. Salvatierra (2 Unterrichtsräume)
      7. Palmarito de la Frontera (3 Unterrichtsräume)
      8. Salinas (3 Unterrichtsräume)
      9. Fátima de Lomerío (3 Unterrichtsräume)
      10. Puquio (3 Unterrichtsräume)
      11. Palmira (3 Unterrichtsräume)
      12. Los Angeles (4 Unterrichtsräume)
      13. Candelaria (4 Unterrichtsräume)
      14. Santa Rita (3 Unterrichtsräume)
      15. San Juan de la Roca (3 Unterrichtsräume)
      16. Santa Rosa de la Mina (3 Unterrichtsräume)
      17. Montero (2 Unterrichtsräume)
      18. Coloradillo (2 Unterrichtsräume)
      19. San Lorenzo (2 Unterrichtsräume)
      20. La Asunta (2 Unterrichtsräume)
      21. San José Obrero (2 Unterrichtsräume)
      22. San Miguelito (2 Unterrichtsräume)
      23. Monteverde (2 Unterrichtsräume)


        Abb.: Plan Schule und Kooperative Monteverde (Architekt: Hans Roth)

      24. Potrerito (2 Unterrichtsräume)
  5. Sozialbauten
    • Sozialhaus San Pablo de Guarayos
    • Kazikensaal Urubichá
    • Lehrerwohnheime
      1. Concepción
      2. Acensión
    • Lehrerwohnungen
      1. Urubichá
      2. San Antonio de Lomerío
      3. Salinas
    • Wohnheim für Schüler San Antonnio de Lomerío
    • Lehrlingswohnheim Concepción
    • Versorgungszentren
      1. San Antonio de Lomerío
      2. Puquio
      3. Monteverde
      4. Nueva Frontera
  6. Weitere Sozialprojekte
    • Lehrwerkstätte für Schreiner Concepción
    • Lehrwerkstätte für Mechaniker Concepción


      Abb.: Werkzeug, in der lehrwerkstatt vorwiegend aus Schrott hergestellt

    • Zapocó Brücke (76 Meter) Coloradillo
    • Weitere 19 Brücken (180 Meter)


      Abb.: Brückenbau

    • Verbindungsweg Concepción -- Monteverde (110 km)


      Abb.: Straßenbau

    • Sportplätze
    • Stauweiher für Dorfgemeinden

Dazu noch:

  • Gründung von Genossenschaften für Campesinos
  • Durchführung und Finanzierung von 70 Gerichtsprozessen um Land für Campesionos

[Quelle: Bösl, Antonio Eduardo <1925, Hirschau - 2000, Concepción>: Bolivien-Report IV : Berichte über die kirchlich-soziale Arbeit der Franziskaner in Boliviens Urwald. -- München : Glas, 1988. -- ISBN 3-89004-034-9. -- S. 277, Abbildungen aus verschiedenen Bolivien-Report-Bänden]

1983


Abb.: Sigrid Fronius, Coroico, 1999-09

Sigrid Fronius (geb. 1942), ehemals Mitglied des SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund) und 1968 [!] Asta-Vorsitzende an der Freien Universität Berlin, zieht nach Coroico.

"Nach diesem kreativen Jahr bekam ich - mit 37 Jahren und ohne jede Anstrengung - meinen ersten gut bezahlten Job als Pädagogische Leiterin beim DED. Während dieser Zeit von 1979 bis 1982 lebte ich drei Identitäten gleichzeitig: Ich war die Linke im Dritte-Welt-orientierten DED, ich war die Frauenaktivistin, und ich wurde zunehmend eine Spirituelle. Ebenso geheim wie meine Meditationskurse hielt ich die Tatsache, dass ich einer Auswanderer-Gruppe angehörte, bestehend aus Frauen, die eine Landkommune gründen wollten.

Der Zufall wollte es, dass mich, einen Tag nachdem unsere Gruppe auseinander fiel, die Einladung erreichte, ein Grundstück in Bolivien zu kaufen. Das war das Zeichen. Ich sah ein Dia, auf die Wand eines Berliner Zimmers geworfen, ein Landhaus inmitten von Palmen, mit Veranda und Hängematte sowie einem Garten voller Blumen. Ich verliebte mich in ein Grundstück und in eine Landschaft und wollte nichts wie hin.
Im Herbst 1983 bin ich mit Sack und Pack hierher nach Bolivien gezogen, vor allem mit Büchern über alternative Heilmethoden und Landwirtschaft. Erst lebte ich von meinen Ersparnissen, dann fanden sich Gäste ein, und ich begann mit dem Vermieten, erst ein Häuschen, dann mehrere. Heute betreibe ich ein kleines Hotel, fernab vom Stadtgetriebe. Jeden Tag höre ich meine Gäste voll Begeisterung ausrufen: «Du lebst ja im Paradies!»

Die Häuschen befinden sich in einem großen Garten mit Schwimmbad, eigenen Quellen und hohen, alten Bäumen. Die Landschaft ist paradiesisch, die Gesellschaftsstrukturen leider nicht. Doch ich hatte Glück: der letzte faschistische Diktator war gerade abgesetzt, als ich nach Bolivien kam, und seither herrschen hier demokratisch gewählte Regierungen. Viele meiner politischen Freundinnen und Freunde dachten, die Sigrid geht wegen Che Guevara nach Bolivien und um die arme Bevölkerung zu revolutionieren. Doch das stimmte nicht. Mich zog die Sehnsucht nach Stille dorthin, nach eigenem Rhythmus, nach körperlicher Betätigung und Natur. Diese Sehnsucht kann ich nun täglich stillen.

Mein Verständnis von Politisch-Sein hat sich gewandelt. Zwar bin ich immer noch gegen den Kapitalismus und für eine gerechte und humane Gesellschaft, in der die Menschen nicht entfremdet arbeiten, sondern kreativ sein können. Doch mein Beitrag und mein Weg dahin sind anders. Ich probiere das einfache und langsame Leben selber aus. Ich wirke - politisch - im Kleinen, auf 10 Hektar Land und mit Menschen, deren Nachbarin, Chefin, Kollegin, Gastgeberin und Freundin ich bin. Ständig stehe ich vor neuen Herausforderungen. Kein Tag ist wie der andere.

Nach den ersten Jahren, da ich mit Einrichten, Gärtnern, Hund und Hühnern, Meditation und Lektüren, Backofen und Heilpflanzen, Bauen und Reparaturen beschäftigt war sowie mit zahlreichen Besucherinnen und Gästen, traf mich wie der Blitz aus heiterem Himmel die heftige Liebe zu einem 20 Jahre jüngeren Mann. Diese Liebe hielt gute zwei Jahre an.. Drei weitere Jahre schrieb ich an einem Buch, in dem ich meine romantischen Erfahrungen und meine persönliche Entwicklung schildere, die ich dieser Beziehung verdanke. Das Buch, mein zweites, trägt den Titel «Im Überfluss» und wartet auf seine Veröffentlichung.

Meine nächste Herausforderung hieß Carlos, ein fast völlig gelähmter junger Mann, dem ich in zweijähriger therapeutischer Arbeit zu einem neuen Leben verhalf. Heute ist Carlos selber ein Helfer. Die nächste Herausforderung war die schwerste: ein deutscher Nachbar, der sich in den Kopf gesetzt hatte, für seinen Mitsubishi eine Straße durch meinen paradiesischen Garten zu bauen. Dieser Kampf gegen Korruption, Lüge und Gewalt dauerte vier Jahre und kostete all meine Energie. Doch ich habe gewonnen. Mein Garten war gerettet.

Im Sommer 2000 nahm ich auf Einladung von Elisabeth Meyer-Renschhausen an einer von ihr organisierten Konferenz «Kleinstlandwirtschaft und Gärten» in Berlin teil. Dort konnte ich vor ökologisch
engagierten Leuten meinen Garten vorstellen, jedoch vor allem von ihnen lernen. Ich bin mit der Phantasie zurückgekehrt, meinen ursprünglichen Traum von der Landkommune mit meinen indianischen Angestellten und Nachbarn zu realisieren. Meine und die Energien meiner Arbeiter flössen in den Bau eines Gewächshauses, Hühnerstalls und einer Gemeinschaftsküche. Wir legten wieder einen Gemüsegarten an und pflanzten Mais, Kartoffeln und Yucca. Nun sind wir mit dem Bau eines Tagungs- und Workshopraumes beschäftigt. Doch die größte Herausforderung wird darin bestehen, all dies gemeinsam zu bewirtschaften.

Ich würde mich als eine ganz typische, ganz euphorische und begeisterte 68erin bezeichnen. Ich fühle mich nach wie vor revolutionär. Damals hatten wir es eilig, denn wir dachten, die Revolution stehe kurz bevor. Heute, im Jahr 2001, kann das niemand mehr behaupten. Es mag auch mit meinen 60 Jahren zusammenhängen, dass ich meine, sich Zeit zu nehmen sei eine der wichtigsten Voraussetzungen für Veränderung. Damals wollten wir «kaputtmachen, was uns kaputtmacht», doch die Herrschenden sind im Kaputtmachen einfach besser. Wir werden es ihnen nie gleichtun.

Ich konzentriere mich auf das Kreativ-Sein und versuche, meine Visionen zu leben. Die Subkultur, die Frauenbewegung, die Landkommunen, die alternative Technologie und Medizin sowie die Experimente spiritueller Gruppen haben schon viele Lebensräume erschaffen, an denen unsere Visionen sichtbar sind.
Wir haben 1968 einen Sprung gemacht, das Lebensfeindliche am Kapitalismus entdeckt und eine Reihe von Ketten gesprengt. Die Frauenbewegung mobilisierte gegen das Patriarchat und schuf weitere Freiheitsräume. Die spirituelle Bewegung reicht noch tiefer. Sie hilft Schätze heben und gibt Klarheit und Kraft, um sich zu wehren und das Leben kreativ zu gestalten. Wir können andere nur mit dem gewinnen, was wir selber leben."

[Die 68erinnen : Porträt einer rebellischen Frauengeneration / Ute Kätzel. -- Berlin : Rowohlt, ©2002. -- ISBN 3871344478. -- S. 37 - 39. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}]

1983-01

Klaus Barbie (1913, Bad Godesberg -1991, Lyon), der unter dem Namen Klaus Altmann seit 1951 in Bolivien untergetaucht ist, wird verhaftet und am 1983-01-04 an Frankreich ausgeliefert.


Abb.: Plakat: Aufruf zur Auslieferung und Verurteilung Klaus Barbies, nach 1951

[Bildquelle: http://www.dhm.de/lemo/objekte/pict/pl004082/. -- Zugriff am 2002-03-07]

Daten zu Klaus Barbie

1942-11: Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in die von der Vichy-Regierung verwaltete unbesetzte Südzone übernimmt er als Chef der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) in Lyon die Leitung der IV. Sektion der Sipo und des SD.

1942-1944: In dieser Funktion ist er für die Folterung und Ermordung von Mitgliedern der Résistance - unter ihnen Jean Moulin - sowie für die Deportation von Juden verantwortlich. Seine Tätigkeit bringt Barbie den Beinamen "Der Schlächter von Lyon" ein.

1944-08: Rechtzeitig zum Zeitpunkt der Befreiung Frankreichs durch die Alliierten verlässt Barbie Lyon und kehrt nach Deutschland zurück, wo er erneut beim SD-Abschnitt Dortmund eingesetzt wird.

1944-11-09: Am sechsten Jahrestag der "Reichskristallnacht" wird er zum SS-Hauptsturmführer befördert.

ab 1945-05: Nach der deutschen Kapitulation wird der untergetauchte Barbie von französischen Behörden gesucht.

1947-05-16: Er wird in Abwesenheit von einem Gericht in Lyon zum Tode verurteilt.

1947-1951:Barbie ist als Agent für den amerikanischen Geheimdienst Counter Intelligence Corps (CIC) in Deutschland tätig.

1951: Mit Hilfe des CIC [und des Filmers Hans Ertl (1908 - 2000)] emigriert er nach Bolivien und lässt sich in der Hauptstadt La Paz nieder.

1952: Bei der "Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen" in Ludwigsburg laufen Ermittlungen gegen Barbie an.

1952-11-28: In Lyon wird ihm wegen Gräueltaten gegen die Zivilbevölkerung und den französischen Widerstand in der Juraregion erneut der Prozess gemacht. Barbie wird zum Tode verurteilt.

1954-11-25: Ein dritter Prozess, vor dem Militärgericht in Lyon, in dem Barbie für ein Massaker in St. Genis-Laval sowie für zahlreiche Erschießungen im Gefängnis Montluc in Lyon angeklagt wird, endet ebenfalls mit dem Todesurteil für den Angeklagten.

1957-10-07: Unter dem Pseudonym Klaus Altmann nimmt Barbie die bolivianische Staatsbürgerschaft an.

ab 1964: Er ist als Berater der bolivianischen Militärregierung tätig.

1972-01: Die Beauftragte der "Internationalen Liga gegen Antisemitismus und Rassismus", Beate Klarsfeld (geb. 1939), spürt Barbie während ihrer Ermittlungen gegen NS-Verbrecher in La Paz auf.

ab 1972: Die deutsche Justiz und die französische Regierung fordern wiederholt Barbies Auslieferung. Frankreichs Staatspräsident Georges Pompidou (1911-1974) verlangt offiziell seine Auslieferung, wofür der oberste bolivianische Gerichtshof 5.000 Dollar verlangt, was von Pompidou jedoch abgelehnt wird.

1974: Barbie erklärt in einem Interview in La Paz, er sei stolz auf seine Tätigkeit während des Krieges, die dazu beigetragen habe, dass Frankreich heute keine sozialistische Republik sei.

1980: Barbie hilft General Luis García Meza (geb. 1933) bei seinem Staatsstreich in Bolivien.

1983-01: Nach der Einsetzung der demokratisch gewählten Regierung unter Hernán Siles Zuazo  (1913, La Paz - 1996, Uruguay)  in Bolivien wird Barbie festgenommen und nach Frankreich ausgewiesen.

1987-05-11 bis 1987-07-04: Nach einem Auftritt zu Prozeßbeginn lehnt Barbie im folgenden seine Teilnahme für einen Großteil des Gerichtsverfahrens in Lyon ab. Wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit in 177 Fällen verurteilt ihn das Gericht zur Höchststrafe von lebenslanger Haft. Insgesamt legt man ihm die Deportation von mindestens 843 Menschen - Juden und französischen Widerstandskämpfern - aus Lyon und der Umgebung der Stadt zur Last.

1991-09-25: Klaus Barbie stirbt während der Haft in Lyon an Krebs. "

[Quelle: http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/BarbieKlaus/. -- Zugriff am 2002-03-07]

"Am 5. Februar wurde der ehemalige deutsche SS-Offizier Klaus Barbie laut Le Monde in Cayenne (Guyana) den französischen Behörden übergeben, die seine Auslieferung beantragt hatten.

Am Vortag war Barbie, der seit 1951 unter dem Namen Klaus Altmann in Bolivien gelebt hatte, nach 11-tägiger Haft wegen eines Betrugsdeliktes aus Bolivien ausgewiesen und mit einem Militärflugzeug nach Cayenne gebracht worden. Innenminister Mario Roncal begründete dies mit der Verletzung bolivianischer Einwanderungsgesetze durch Barbie, d. h. Der Einreise unter falschem Namen. Die Übergabe an Frankreich sei erfolgt, weil nur dieses den ehemaligen Gestapo-Chef von Lyon aufnehmen wollte; die Bundesrepublik Deutschland habe demgegenüber auf einer Auslieferung bestanden. Ein Auslieferungsabkommen existiere aber nicht. Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs, Antonio Paputsachis, erklärte, die Justizbehörden seien vor der Abschiebung Barbies Es nicht konsultiert worden. »Wir können nichts darüber sagen, was die Regierung getan hat«. Ein Anwalt Barbies bezeichnete die Ausweisung seines Mandanten als Verletzung der Gesetze und der Verfassung Boliviens, die einen ernsten Konflikt über die Machtbefugnisse der Regierung heraufbeschwöre. Die rechtsgerichtete Zeitung El Dario schrieb: »In Wirklichkeit war dies eine Kapitulation vor der französischen Regierung«. Der bolivianische Generalkonsul in Bonn, Juan Emilio Sanchez, beschuldigte Barbie, als Berater bolivianischer Militärregierungen für die Ermordung, die Folterung und die Flucht vieler Bolivianer verantwortlich zu sein.

Von Cayenne aus wurde Barbie in einem Spezialflugzeug der Regierung nach Orange geflogen und von dort aus in das Militärgefängnis Montlue in Lyon überführt. Dort soll er 1942 - 44 als Chef der IV. Abteilung des Sicherheitsdienstes für die Ermordung von 4342 Personen, die Deportation von 7.591 Juden und die Verhaftung von 14.311 Widerstandskämpfern verantwortlich gewesen sein, zu denen Resistance- Führer Jean Moulin gehörte, der im Sommer 1943 zu Tode gefoltert wurde. Barbie war vom Militärgericht Lyon 1952 und 1954 in Abwesenheit wegen Kriegsverbrechen zum Tode verurteilt worden, doch gelten diese Urteile heute als verjährt. Die Anklage gegen ihn lautet: »Verbrechen gegen die Menschheit, Mord, Folter, Festnahmen, Inhaftierungen und Freiheitsberaubung«; solche Verbrechen unterliegen nach einem Entscheid der Nationalversammlung von 1964 nicht der Verjährung. Ministerpräsident Pierre Mauroy versicherte laut IHT, seine Regierung werde nicht von Rachegelüsten motiviert; es gehe ihr nur um 2 Dinge: »1. Der Gerechtigkeit ihren Lauf zu lassen und 2. den Stunden der Trauer und des Kampfes treu zu sein, in denen Frankreich seine Ehre rettete.«

Ein Sprecher des Justizministeriums in Bonn sagte laut dpa, nach deutscher Rechtsauffassung besitze Barbie die deutsche Staatsbürgerschaft; man werde zu gegebener Zeit prüfen, ob man seine Auslieferung an die Bundesrepublik beantragen werde. Im Auswärtigen Amt hieß es, Barbie könne konsularische Betreuung in Anspruch nehmen, wie sie sämtlichen Deutschen im Ausland zustehe. Der israelische Außenminister Yitzhak Shamir betonte in Bonn: »Es ist eine große Genugtuung für uns, dass ein notorischer Kriegsverbrecher in Frankreich vor Gericht gestellt wird und dass Recht gesprochen wird über die Verbrechen, die er begangen hat. Wir hoffen, dass dies andere ermutigen wird, Nazi-Kriegsverbrecher vor Gericht zu bringen, die immer noch frei herumlaufen.« Nach Angabe des Leiters der jüdischen Informations- und Dokumentationszentrale in Wien, Simon Wiesenthal leben noch einige mutmaßliche NS-Verbrecher in Chile und Argentinien; auch wisse er von »Leuten, die zwischen Brasilien, Paraguay und Uruguay herumreisen und Angst haben, dass sie von der Gerechtigkeit eingeholt werden«.

Das Ehepaar Klarsfeld, das 1971 Barbie in Bolivien entdeckte, versicherte gegenüber Le Monde, der ehemalige Lyoner Gestapo-Chef sei bei Kriegsende in Dortmund stationiert gewesen und von den Amerikanern in Oberursel interniert worden, die ihn später als antisowjetischen Agenten benutzt hätten. »Er konnte gefährliche Missionen in der Sowjetunion ausführen und lebte unter verschiedenen Namen in Deutschland.« Dieses Doppelleben sei gefährdet worden, als er 1946 einen Schmuckdiebstahl in Kassel begangen habe bzw. 1947 im Prozess gegen die Verräter Moulins belastet worden sei. Ein französischer Untersuchungsrichter habe Barbie damals 3mal in einem US-Camp befragt. Danach habe Frankreich die Auslieferung Barbies verlangt, aber vergeblich; das State Department habe 1950 erklärt, es wisse nicht, wo Barbie sich aufhalte. Inzwischen sei dieser nämlich aus Deutschland abgereist, wo ein Haftbefehl gegen ihn vorgelegen habe, und über Argentinien nach Bolivien gelangt. Dort habe er ein Sägewerk erworben und sich für das MNR nützlich gemacht, das 1952 die Macht im Lande übernahm. Dass er ausgewiesen werden könne, habe er nicht für möglich gehalten: »Er glaubte sich durch seine bolivianische Umgebung geschützt; er verlor das Gefühl für die Gefahr; er wollte bleiben; seine Frau und sein Sohn sind dort gestorben; er hing sehr an seiner Familie; er hat nie an seine Opfer gedacht, setzte sich aber sehr stark für die Seinen ein.«"

[Archiv der Gegenwart : Deutschland 1949 bis 1999. -- CD-Rom-Ausgabe. -- Berlin : Direktmedia, 2002. -- (Digitale Bibliothek ; Band 78). -- ISBN 3-89853-178-3. -- AdG Bd. 8, S. 7752]

1983-01-22

Nach Rücktritt der sechs MIR-Minister wird eine Regierungsneubildung nötig. Die neue Regierung besteht aus:

1983-01-22


Abb.: "Klar, es war falsch, politische Gefangene zu foltern und zu ermorden; aber irren ist menschlich, oder?!" (Karrikatur in Aqui. -- 1983-01-22)

[Bildquelle: Schlumberger, Hella <1943 - >: Bolivien, schwankende Wiege der Freiheit : Land zwischen Kokainmiltärs und Demokraten. -- Köln : Bund, ©1985. -- ISBN 3-7663-0805-X. -- S. 109]

1983-02-11

Durch Gerichtsbeschluss wird das Vermögen des Ex-Diktators General Luis Garcia Mesa Tejada (1929, La Paz - ) und seine Innenministers Oberst Luis Arce Gómez beschlagnahmt.

1983-04-19

Als Antwort auf einen Streik der Techniker und Angestellten übernimmt die Bergarbeitergewerkschaft die Leitung des COMIBOL. Präsident Siles Zuazo (1913, La Paz - 1996, Uruguay) kritisiert diese Maßnahme als voreilig.

1983-05-21


Abb.: Schlagzeile: "Arce Gómez: vom kleinen "Wüstling" zum internationalen Verbrecher"

[Bildquelle: Schlumberger, Hella <1943 - >: Bolivien, schwankende Wiege der Freiheit : Land zwischen Kokainmiltärs und Demokraten. -- Köln : Bund, ©1985. -- ISBN 3-7663-0805-X. -- S. 227]

1983-06

Segundo Congreso de la CSUTCB (Confederación Sindical Unica de Trabajadores Campesinos de Bolivia) in La Paz:

"Desarrollar una lucha unitaria de todos los oprimidos del campo, pero respetando la diversidad de nuestras lenguas, culturas, tradiciones históricas y formas de organización y de trabajo. Debemos decir basta a una falsa integración y homogeneización que pretende despersonalizarnos a través de la castellanización forzosa... No queremos parches ni reformas parciales, queremos una liberación definitiva y la construcción de una sociedad plurimultinacional que, manteniendo la unidad de un Estado, combine y desarrolle la diversidad de las naciones aymara, quechua, tupí-guaraní, ayoroede y todas las que la integran. No puede haber una verdadera liberación si no se respeta la diversidad plurinacional de nuestro país y las diversas formas de autogobierno de nuestros pueblos".

[Tesis Política redactada por los Kataristas y aprobada en el segundo congreso de CSUTCB, 1983. -- Zitiert in: Patzi Paco, Felix: Insurgencia y sumisión : movimentos indígeno-campesinos 1983 - 1998. -- La Paz : Muela del Diablo, 1999. -- (Colección comuna ; 4). -- ISBN 99905-40-17-9. -- S. 68]

1983-06-22

Bildung eines paritätischen Verwaltungsrats der COMIBOL. Ihm gehören 2 Vertreter der Bergarbeitergewerkschaft an.

1983-07-14

Die Prälatur Coroico wird zur Diözese erhoben. 


Abb.: Gedenkplakette zur Erhebung zur Diözese an der Kathedrale von Coroico (Bild: Payer, 2001)

1983-08-09

 
Abb.: Isabel

"Isabel ist eine Aymara-Frau aus La Paz. Sie ist nicht vom Lande zugezogen, sondern bereits in der Stadt geboren. Mit ihrem Mann — ebenfalls einem Paceñer — und ihren acht Kindern wohnt sie in dem weiter oben beschriebenen Armutsviertel am Steilhang unterhalb der ,ceja'. Für den Weg hinunter in die Innenstadt braucht sie gut zwei Stunden, aufwärts von dort bis zu ihrem Haus geht sie beinahe drei Stunden zu Fuß.

Am 9. 8. 1983 fragten wir Isabel nach einigen Dingen aus ihrem alltäglichen Leben:

„Isabel, welchen Beruf hat Ihr Mann?"
„Maurer."

„Hat er eine feste Arbeit?"
„Gelegentlich. Mal hat er eine, mal keine!"

„Und augenblicklich? Hat er da Arbeit?"
„Er hat keine."

„Und Sie, Señora, was machen Sie, um Geld für Nahrungsmittel aufzubringen? Wie bringen Sie es zustande, Ihre Familie zu ernähren?"
„Wir müssen uns da etwas zusammensuchen und es auf den Märkten verkaufen."

„Und was?"
„Das kommt darauf an, Señoras, verschiedene Dinge! Käse, chuñu, Früchte. — Es gibt aber auch Wäscherinnen. Und einige von uns, die — sagen wir mal — stellen auch etwas her, um es auf den Märkten zu verkaufen."

„Und Sie selbst, was ist es, das Sie auf den Märkten verkaufen?"
„Ich verkaufe dort Käse."

 „Hausgemachten ?"
 „Ja."

„Und die Leute kaufen? Und das bringt dann ein wenig Geld?"
 „Ja, aber es reicht nicht aus; es hilft uns nur ein wenig."
„Woraus machen Sie den Käse?"
„Ah, ich hole ihn vom Lande."

„Ach so. Sie holen ihn vom Lande. Die Leute dort verkaufen ihn demnach billiger, und Sie verkaufen ihn dann hier teurer?"
 „Ja, so machen wir es."

Wir haben den außerordentlich schmackhaften Käse, wie Isabel ihn verkauft, oft gegessen. Manchmal kauften wir uns welchen, mehrmals wurde er uns auch auf dem Lande zum Mittagessen angeboten. Auf dem Speisezettel von Isabels Familie steht diese Art Käse auch hin und wieder. Im übrigen sehen bei ihr die Mahlzeiten so aus:

„Morgens gibt es Frühstück."

„Und was essen Sie zum Frühstück?"
„Manchmal einen kleinen Kaffee. Und den Kindern gebe ich manchmal auch gerösteten Mais. Schon am Morgen."

„Das ist wenig, nicht wahr?"
„Ja, sehr wenig. Später, so um 12 Uhr, gibt es manchmal ein kleines warmes Mittagessen. Wenn ich zu Hause bin, koche ich es, wenn ich nicht da bin, dann kochen meine Töchter."

„Und das können sie?"
„Ja, sie können es. Meine Töchter helfen mir immer ... Sie passen auch auf die kleineren Geschwister auf. Und sie helfen mir auch im Hause. Dafür, dass sie noch jung sind, helfen sie mir wirklich viel. Sie machen alles."

 „Und gibt es auch ein Abendessen?"
„Abends ... manchmal ja. Wenn das Geld dazu reicht. Wenn nicht, dann gibt es nichts."

„Und zum Mittag, was essen Sie überhaupt zu Mittag?"
„Nudeln."

„Ach ¡a, zur Zeit gibt es in La Paz ja welche. Kartoffeln sind wohl sehr teuer, nicht wahr?"
 „Ja, Kartoffeln sind sehr teuer. Man kennt sie kaum noch ... — Durch die Trockenheit gibt es keine."

„Kaufen Sie auch Milch für die Kinder? Oder ist die auch zu teuer?"
„Wenig. Ja, mal gibt es welche. Meine Töchter bitten mich von selbst darum. Sie sagen: Mama, wie ist es, kaufst du uns Milch?"

„Und wie oft kaufen Sie welche?"
„Monatlich so ... einige vier Male. Ja, ein einziges Mal in der Woche kaufe ich welche."

„Und Fleisch? Können Sie Fleisch kaufen?"
„Huhn, Señoras, manchmal ... Manchmal kaufe ich auch Rindfleisch ... Vielleicht dreimal die Woche."

„Was ist, wenn einer von Ihnen krank ist? Wer hilft Ihnen?"
„Keiner, kein Mensch. Der Doktor ist teuer mit seinen Medizinen, so dass man nicht zu ihm gehen kann ... Wir arbeiten lediglich für unser Essen, nicht für mehr."

Isabel wohnt in einem kleinen Haus mit zwei Räumen; fünf Betten für die zehnköpfige Familie stehen darin; Wolldecken zum Zudecken sind knapp. Das Haus hat keinen Ofen, so dass es abends und nachts bitterkalt darin wird.

Isabel: „Wir sind es so gewöhnt, Señoras. Wir haben keinen Ofen, haben gar nichts. Señoras, ein Mensch kann manchmal sehr viel aushalten."

[Was geht uns ihre Armut an? : Indianerschicksale im Hochland von Bolivien ; Begleitheft für eine Ausstellung im Hamburg. Museum für Völkerkunde vom 14.11.1984 - 31.3.1985 und der Völkerkunde-Sammlung d. Hansestadt Lübeck im Museum am Dom vom 15.9.1985 - 27.10.1985 / Antje Kelm ; Helga Rammow. Hrsg. vom Museumspädagogischen Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg. -- Hamburg : MPD, ©1985. -- S. 102f.]

1983-08-11

Die USA und Bolivien unterzeichnen vier bilaterale Abkommen zur Antidrogen-Politik. Aus einem Bericht des US-Repräsentantenhauses darüber:

"Die Vereinigten Staaten boten der neuen Regierung etwa US$ 130 Mio. in Form von Entwicklungshilfe an. die in drei Segmenten gewährt würde. Der dritte und größte Teil war an die Unterzeichnung einer Reihe von Abkommen zur Koka-Eradikation durch Bolivien gebunden. Im August 1983 unterschrieb Bolivien vier Abkommen mit den Vereinigten Staaten, die US$ 30 Mio. Drogenkontroll-Hilfe und US$ 58 Mio. Entwicklungshilfe an bedeutsame Maßnahmen zur Drogenkontrolle durch die bolivianische Regierung zur graduellen Reduzierung der Kokaproduktion im Chapare auf den für legitime Zwecke benötigten Bedarf und zur Eradikation allen anderen Anbaus banden. Unter anderem verlangten diese Abkommen von der bolivianischen Regierung insbesondere die Einrichtung effektiver Polizeipräsenz in den Koka-Anbauregionen, um bis 1985 4.000 Hektar Koka zu vernichten. Die in den 1983er Abkommen umrissenen Ziele wurden weitgehend nicht erreicht, und daher wurde die US-Hilfe an Bolivien reduziert. Im Einklang mit Kongreßsanktionen wurde beispielsweise die Wirtschafts- und Militärhilfe für die folgenden zwei Fiskaljahre um die Hälfte gekürzt, nachdem Bolivien die in dem Projektabkommen von 1983 umrissenen Kontrollziele nicht erreicht hatte" (U.S. Congress House Committee on Government Operations - Snowcap-Report. 1990. 46).

[Zitat in: Lessmann, Robert: Drogenökonomie und internationale Politik : die Auswirkungen der Antidrogen-Politik der USA auf Bolivien und Kolumbien. -- Frankfurt am Main : Vervuert, ©1996. -- 305 S.  -- (Schriftenreihe des Instituts für Iberoamerika-Kunde, Hamburg ; Bd. 41). -- Zugl.: Wien, Univ., Diss., 1994. -- ISBN 3-89354-241-8. -- S. 109]


Abb.: UMOPAR-Milizionär [Bildquelle: http://www.base25.co.uk/25edu/locationa.html. -- Zugriff am 2002-09-24]

In einem der Abkommen wird die Schaffung einer starken paramilitärischen Polizeitruppe für den Kampf gegen den Drogenhandel vereinbart:, der UMOPAR -- Unidad Móvil para el Patrullaje Rural (auch leopardos genannt). Die UMOPA ist ab 1986 Bestandteil der FELCN -- Fuerzas Especiales para la Lucha Contra el Narcotráfico, die praktisch vollständig von den USA finanziert werden.

"Die Unidad Movil de Patrullaje Rural (UMOPAR)

Die Hauptlast der Interdiktion liegt auf der im Rahmen eines der vier bilateralen Abkommen vom August 1983 geschaffenen Unidad Movil de Patrullaje Rural (UMOPAR), einer paramilitärischen Spezialpolizei gegen den Drogenhandel. Das Personal der UMOPAR (auch: leopardos) rekrutiert sich aus Polizei und Militär; die Sollstärke von ursprünglich 300 Mann wurde später auf 600 und im August 1990 auf 860 erweitert, die tatsächliche Stärke liegt wegen allfälliger Rekrutierungsprobleme meist etwas darunter. In die 1986 geschaffene FELCN integriert, untersteht sie traditionell einem Armeegeneral im Ruhestand. Ausrüstung und Ausbildung der UMOPAR sind praktisch gänzlich nordamerikanischen Ursprungs:

"Logistische Unterstützung durch die USA umfaßte die Bereitstellung von allem, was eine Interdiktions- und Vollzugseinheit braucht, bis auf die menschliche Arbeitskraft. Das schloß solche Dinge ein wie Nahrung, Uniformen, Unterkunft, Fahrzeuge, Waffen, Fluggerät, Stiefel, Boote, Funkgeräte und Lohnzuschüsse (U.S. Congress House Committee on Government Operalions -Snowcap-Report, 1990, 50).

Der UMOPAR wird gemeinhin mangelnde Motivation und Korruption attestiert, was bei durchschnittlichen Monatslöhnen von weniger als US$ 100 (die von Zulagen der US-Botschaft von US$ 50 für einfache Soldaten bis US$ 100 für Offiziere ergänzt werden) und weithin miserabler Ausrüstung auch nicht weiter verwundert. Zusammen mit dem in aller Regel heimatfernen Einsatzort und dem Image der UMOPAR als "Gringo-Truppe" sind dies auch die wesentlichen Gründe für die oben angesprochenen Rekrutierungsprobleme. Sie sind in ihrer Tragweite vor dem Hintergrund einer Aufgabenstellung zu sehen, die ein Standortkommandant der leopardos in Villa Tunari in den Worten resümierte:

"Unser Kampf ist titanisch".

In der Tat ist etwa die in Trinidad stationierte 160 Mann starke UMOPAR-Einheit für die gesamte östliche Landeshälfte zuständig, d.h. für 460.000 qkm dünn besiedelten Graslandes mit vereinzelten Viehfarmen bzw. amazonischem Waldgebiet: Dies ist mehr als die fünffache Fläche Österreichs; eine um ca. 25% größere Fläche als die des wiedervereinigten Deutschlands. Die UH-1H-Helikopter, die ihnen dafür zur Verfügung stehen, haben eine operative Reichweite von 100 Meilen."

[Lessmann, Robert: Drogenökonomie und internationale Politik : die Auswirkungen der Antidrogen-Politik der USA auf Bolivien und Kolumbien. -- Frankfurt am Main : Vervuert, ©1996. -- 305 S.  -- (Schriftenreihe des Instituts für Iberoamerika-Kunde, Hamburg ; Bd. 41). -- Zugl.: Wien, Univ., Diss., 1994. -- ISBN 3-89354-241-8. -- S. 143f.]

1983-08-15


Abb.: Gabi

"Gabi ist eine junge Frau von 23 Jahren, die wir am 15. 8. 1983 in La Paz ¡m Haus ihrer Mutter ¡n der Straße Jaimes Freyres treffen. Eigentlich hatten wir uns mit einer anderen Frau verabredet, die ebenfalls ein Haus ¡n demselben, von der Straße aus nicht einzusehenden Hof bewohnt. Da sie nicht da ist, kommen Gabi und ihre Mutter mit uns ins Gespräch, laden uns ein, das kleine, einräumige Haus zu betreten. Selten sind die Häuser der Armen für den Vorübergehenden sichtbar. Winzig, aus Lehmziegeln erbaut und mit Wellblech gedeckt, schmiegen sie sich an die mehrere Meter hohen Einfriedungsmauern der kargen, steinigen Höfe. In ihnen wächst nichts, es gibt kein Wasser, keine Toilette. In einer Hofecke verrichten die Menschen ihre Notdurft. Auch Gabi und ihre Mutter haben wir früher schon kennengelernt. So entwickelt sich bald ein vertrautes Gespräch, und wir fragen nach den übrigen Familienangehörigen, nach dem Mann, nach den Kindern. Dabei müssen wir feststellen, dass für Gabi die hohe Säuglingssterblichkeit ¡n Bolivien keine Prozentzahl auf dem Papier darstellt. Sie ist selbst aufs härteste davon betroffen.

„Gabi, Sie haben zwei Kinder, nicht wahr?"
„Ja. Ich habe vier [Kinder geboren], zwei sind gestorben, zwei leben."

„Und in welchem Alter sind Ihre beiden Kinder gestorben?"
„Kurz nach der Geburt ist meine Tochter gestorben. Mein Sohn war ungefähr zwei Wochen alt."

„Wissen Sie, woran er gestorben ist?"
„Nein. Er wurde nicht zum Arzt gebracht. In dem Haus, in dem ich wohne, in meinem Zimmer, da ist das Kind gestorben."

„Ist es morgens gestorben?"
„Ja, morgens. An einem Montag, am Nachmittag ging ich in mein Zimmer, und am Dienstag morgen war er tot."

„Und Sie haben keine Ahnung, woran er gestorben sein könnte?"
„Nein, ich habe keine Ahnung."

„Der Junge ist also zwei Wochen alt geworden?"
„Ja, das heißt, nein. Genau 18 Tage. 18 Tage hat er mich begleitet, und dann ist er gestorben."

„Sie haben ihn zu Hause auf die Welt gebracht, nicht wahr?"
„Ja, hier im Zimmer meiner Mutter."

„Dann hat Ihre Mutter Ihnen bei der Geburt geholfen?"
„Ja, meine Mutter hat mir geholfen."

„Und hat ein Arzt das Kind gesehen oder nicht?"
„Nein. Ich wollte ihn am Mittwoch morgen zum Arzt bringen. Aber am Dienstag war er schon tot."

„Und hat auch keine Krankenschwester nach Ihrem Kind gesehen ?"
„Nein, niemand hat nach ihm gesehen."

„Sie haben noch ein Kind geboren, das auch gestorben ist?"
„Ja, das ist noch jünger gestorben."

„In welchem Alter ist das Kind gestorben?"
„Es ist zwei Tage alt geworden ... Es hatte eine Lähmung, es hat nur den Kopf bewegt. Alles war hart, das Kind war wie Stein. In dem Augenblick, als die Hebamme, die mir im Zimmer meiner Mutter geholfen hat, es badet, sieht sie seine Lungen atmen. Er war auch an den Lungen krank ... Als es tot war, hat man es in ein Kinderhospital gebracht. Es hatte lauter Blut im Mund."

„Wo sind denn Ihre Kinder begraben?"
„Auf dem Friedhof, auf dem Hauptfriedhof."

„Mussten Sie für die Beerdigung Geld bezahlen?"
„Für meinen Sohn, der gestorben ist, hat seine Patin bezahlt. Und die Kiste und das ganze Totentuch hat sein Pate bezahlt."

„Aha."
„Und für das Kind, das ich jetzt vor kurzem geboren habe, hat mein Vater bezahlt."

„Wissen Sie, wieviel so eine Beerdigung kostet?"
„Meine Tochter haben sie einfach so ¡n der Erde begraben. Er musste 250,- $b dafür bezahlen [ca. 3,30 DM]."

„Das ist teuer, nicht wahr?"
 „Ja, aber nur für ein Jahr. Sie werden sie später wieder ausgraben."

„Und dann bestatten sie die Knochen an einem anderen Ort?"
„Nein. Sie werden sie dann irgendwo verbrennen."

„Nun haben Sie noch zwei Kinder, die noch leben. Sie scheinen recht gesund zu sein."
„Nein, dieses Kind hier ist krank."

„Das hier, das fünf Jahre alt ist?"
 „Ja, es ist lungenkrank. Aber es wird behandelt."

„Bei einem Arzt?"
„Ja, es ist ein besonderer Arzt, in einem Hilfsprogramm. Das hilft, da geht mein Sohn hin. Und sie helfen ihm auch im Methodistenkrankenhaus."

„Und dort können sie ihn heilen?"
„Ja, dort machen sie ihn gesund. Man merkt, dass es ihm in diesen letzten Monaten schon viel besser geht. Man muss ihn nur warm anziehen, und er darf nicht gebadet werden."
„Natürlich, bei der Kälte hier."

Später erkundigen wir uns noch nach Gabis Mann. Sie ist noch nicht verheiratet, lebt aber mit dem Vater ihrer Kinder seit Jahren zusammen. Sie will ihn in einigen Monaten heiraten.

„Was hat er denn für einen Beruf?"
„Er ist Maurer."

„Hat er Arbeit?"
„Manchmal ja, manchmal nein. im Augenblick ist er nicht hier, sein Kind hat er nicht kennengelernt. Vor sieben Monaten ist er weggegangen, nach Santa Cruz. Er hat dort Arbeit. Als mein Kind gestorben war, hatte er es vorher nie gesehen."

„Und was hat er für Arbeit in Santa Cruz?"
„Auch Maurer."

„Was verdient ihr Mann denn so ungefähr?"
„In der Woche bringt er dreitausend nach Hause." [Damals nach offiziellem Kurs 15,— US-$ bzw. etwa 39,- DM].

Von diesem Geld muss Gabi im Monat 2000,- $b [etwa 26,- DM] Miete für das Zimmer bezahlen, in dem sie mit ihren Kindern wohnt. Es liegt weiter oberhalb am Berghang und ist noch kleiner als das Zimmer ihrer Mutter, das etwa 8 qm misst. Aber es gibt dort fließendes Wasser in der Nähe, wenn auch keine Toilette. Wir haben Gabi auch gefragt, ob sie nicht mit ihrem Mann nach Santa Cruz ziehen möchte. Aber das Leben dort sei sehr viel teurer als in La Paz, sagt sie, und deshalb bleibt sie."

[Was geht uns ihre Armut an? : Indianerschicksale im Hochland von Bolivien ; Begleitheft für eine Ausstellung im Hamburg. Museum für Völkerkunde vom 14.11.1984 - 31.3.1985 und der Völkerkunde-Sammlung d. Hansestadt Lübeck im Museum am Dom vom 15.9.1985 - 27.10.1985 / Antje Kelm ; Helga Rammow. Hrsg. vom Museumspädagogischen Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg. -- Hamburg : MPD, ©1985. -- S. 106f.]

1983-08-26

Regierungskrise und Kabinettsneubildung:

1983-11-05 bis 14

Briefmarkenausstellung EXFIVIA, La Paz


Abb.: Gedenkbriefmarke

1983-11-16 bis 18

Abb.: Plakat des 2. Kongresses der Federación Nacional de Mujeres Campesinas de Bolivia 'Bartolina Sisa', des weiblichen Zweigs der Confederación Sindical Unica de Trabajadores Campesinos de Bolivia (CSUTCB)

1983-11-22

Telesistema Boliviano wird als erste private Fernsehgesellschaft in Bolivien gegründet.

1983-11-17

Abwertung des Peso um 150 Prozent. Preiserhöhungen für Treibstoff und Grundnahrungsmittel.

1983-11-24

Bombenanschlag auf das Parlamentsgebäude. Großer Sachschaden.

1984


Abb.: 10.000 Peso Banknote, 1984

1984


Abb.: Anstehen um Lebensmittel, La Paz, 1984

[Bildquelle: Bolivia en el siglo XX : la formación de la Bolivia contemporánea / Fernando Campero Prudencio (dirección). -- La Paz : Harvard Club de Boivia, ©1999. -- ISBN 99905-0-018-5. -- Nach S. 304]

1984


Abb.: Entwicklung der Essgewohnheiten in La Paz 1960 bis 1984

[Quelle der Abb.: Kietz, Renate: Compendio del amaranto : rescate y revitalización en Bolivia. -- La Paz : ILDIS, 1992. -- Depósito legal 4-1-648-92. -- S. 76. -- Dort Quellenangabe]

1984

Im Rahmen eines geologischen Projektes erkennt man folgende potentielle Bodenschätze im präkambrischen brasilianischen Schild Boliviens:


Abb.: Bodenschätze im präkambrischen Schild

[Bildquelle: Pozzo I., Luis: Precambrico boliviano : potencialidad mineralógica. -- La Paz : CEPROMIN, 1993. -- (Recursos naturales ; 5). -- Depósito legal 4-1-251-91. -- S. 32. -- Dort Quellenangabe]

1984

Stolz, Martin: Der genossenschaftliche Bergbau in Bolivien : Analyse seiner Funktionsweise und seines Entwicklungsbeitrages  -- Münster : Regensberg; Münster : Institut für Genossenschaftswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität, ©1984. -- 435 S. -- (Kooperations- und genossenschaftswissenschaftliche Beiträge ; Bd. 10). -- Zugl.: Münster (Westfalen), Univ., Dissertation, 1984. -- ISBN 3-7923-0508-9

"Die subsektorale Gliederung des bolivianischen Bergbaus

Der bolivianische Gesetzgeber legt durch den Art. 21 des Bergbaugesetzes von 1965 die Aufteilung des Sektors Bergbau in einen staatlichen und privaten Bereich fest . Letzterer umfasst nach Art. 27 desselben Gesetzes die Unternehmen des "Mittleren Bergbaus" und des "Kleinen Bergbaus". Obwohl die Bergbaugenossenschaften ebenfalls zum Bereich des privaten Bergbaus zu zählen sind, werden sie in diesem Artikel nicht genannt, sondern vielmehr getrennt in den Art. 195-197 aufgeführt. Die Position des privaten Bergbaus innerhalb des gesamten Bergbaus wird durch den Wortlaut des Art. 28 des Bergbaugesetzes verdeutlicht:

"Die private Bergbauindustrie genießt hinsichtlich ihrer bergbaulichen Aktivitäten die Garantien, die dem Charakter des von ihnen bewerkstelligten öffentlichen Nutzens entsprechen. Ihre Aktivitäten und das in ihnen eingebrachte Kapital stehen unter dem Schutz des Staates, sofern der Gebrauch, der davon gemacht wird, nicht im Widerspruch zum nationalen Interesse steht."

Im folgenden werden nun die einzelnen Subsektoren des Bergbausektors einschließlich des sog. "subsidiären Sektors" als Sonderfall vorgestellt. Dabei wird nach der in Bolivien üblichen Praxis der gesamte staatliche Bereich als ein Subsektor angesehen, wohingegen der private Bereich in die Subsektoren "Mittlerer Bergbau", "Kleiner Bergbau" und "Bergbaugenossenschaften" unterteilt wird.

(1) Der staatliche Bergbau

Um die Übersicht über diesen Subsektor zu erleichtern, kann man ihn in produzierende sowie weiterverarbeitende Unternehmen einerseits und Institutionen zur Förderung des Bergbaus andererseits unterteilen.

  • Die bedeutsamste Rolle im ersten Teilbereich kommt ohne Zweifel der staatlichen Bergbaugesellschaft - Corporación Minera de Bolivia (COMIBOL) - zu. Sie wurde im Jahre 1952 gegründet und als "autarke Körperschaft des Staates" mit der Verwaltung und Ausbeutung der Gruben der verstaatlichten Bergbauunternehmen Patiño, Hochschild und Aramayo beauftragt ' . Die besondere Stellung dieses Staatsunternehmens innerhalb des bolivianischen Bergbaus zeigt sich an Art. 23 des Bergbaugesetzes, der besagt, dass der im Rahmen der Verstaatlichung übertragene bergbauliche Besitz nicht wie die Konzessionen des privaten Bergbaus verfallen kann und zur Übertragung eines ausdrücklichen Gesetzeserlasses bedarf .

    Wie alle Unternehmen des bolivianischen Bergbaus kann COMIBOL jederzeit neue Konzessionen erwerben, und zwar in der gleichen Form, wie dies für natürliche oder juristische Personen vorgeschrieben ist . Schließlich erlaubt Art. 24 des Bergbaugesetzes, dass einige ihrer erworbenen Konzessionen und ein Teil ihres Besitzes verpachtet oder von halbstaatlichen Gesellschaften nach vorheriger Ermächtigung durch den Staat ausgebeutet werden.

    Insgesamt besitzt COMIBOL 12 Gruben einschließlich der dazugehörigen Aufbereitungs- und Ausbesserungsanlagen. Ferner zählt sie noch die Hütte von Oruro , die Verflüchtigungsanlage von La Palca, die Eisenbahnlinie Machacamarca-Uncía, die Fabrik für bergbauliche Werkzeuge und Ausrüstung von Pulacayo sowie das Elektrizitätswerks von Rio Yura zu ihrem Eigentum 

  • Die Aufgaben des staatlichen Unternehmens zur Verhüttung von NE-Konzentraten - Empresa Nacional de Fundiciones (E.N.A.F.) - umfassen heutzutage nach Angaben des Ministeriums für Bergbau und Metallurgie das Schmelzen und Raffinieren von NE-Konzentraten, die Zentralisierung von Schmelz- und Raffinierungsprojekten zur Faktibilitätsprüfung, die Entwicklung und Diversifizierung der Verhüttungsindustrie Boliviens sowie die Vermarktung von Metallen und anderer Produkte ihrer Hütten.
  • Das staatliche Unternehmen zur Verhüttung von Eisenerzen - Empresa Siderúrgica Boliviana S.A. (SIDERSA) - hat neben der integrierten Planung und Ausführung des nationalen Verhüttungsplans vor allem die Aufgabe, die Eisenerz- und Manganvorkommen auszubeuten sowie Eisen- und Stahlerzeugnisse herzustellen .
  • Die staatliche Gesellschaft des Verhüttungskomplexes von Karachipampa - Sociedad Complejo Metalúrgico de Karachipampa (S.C.M.K.) - ist verantwortlich für das Schmelzen und Raffinieren von komplexen Blei-Silber-Konzentraten sowie für die Verwertung der dabei anfallenden Nebenprodukte .

Beim zweiten Teilbereich des staatlichen Bergbaus, den Institutionen zur Förderung des Bergbaus,

  • ist an erster Stelle die Bergbaubank von Bolivien - Banco Minero de Bolivia (BAMIN) - zu nennen; sie wurde 1936 gegründet und schon 1939 verstaatlicht. Ihre wichtigsten Aufgaben bestehen in der finanziellen und technischen Förderung des Bergbaus unter besonderer Berücksichtigung des "Kleinen Bergbaus" und der Bergbaugenossenschaften, in der Errichtung von Lagern zur Versorgung des Bergbaus mit Werkzeugen, Material und Ausrüstung sowie  in der Vermarktung von Teilen der bolivianischen Bergbauproduktion im In- und Ausland .
  • Der geologische Dienst von Bolivien - Servicio Geológico de Bolivia (GEOBOL) - wurde im Jahre 1965 als teilautonome Körperschaft gegründet, um -geologische, geochemische und geophysikalische Untersuchungen auf nationaler und regionaler Ebene durchzuführen. Ziel dieser Aktivitäten sind die Ortung und Exploration von Erzen, von sonstigen industriell verwertbaren Gesteinen, von Wasserreserven und von Kohlenwasserstoffen. Daneben werden dem staatlichen und privaten Bergbau geologische und technische Beratungsleistungen angeboten .
  • Der nationale Fond zur bergbaulichen Exploration - Fondo Nacional de Exploración Minera (F.N.E.M.) -wurde 1977 als Ausdruck der besonderen Förderung der bergbaulichen Exploration im Rahmen des Fünfjahresplanes 1976-19801 errichtet. Diese Institution hat vor allem die Aufgabe, abgegrenzte Areale auf Lagerstätten hin zu untersuchen, wobei als Entgelt für diese Dienstleistung später ein bestimmter Prozentsatz vom Wert jener Produktion abzuführen ist, die auf der Basis dieser Untersuchungen erzielt worden ist. Man hofft, dass diese Einrichtung sich auf diese Weise in einigen Jahren zu einem selbsttragenden Fonds entwickeln wird .
  • Seit November 1965 besteht das Institut für Bergbau- und Metallurgieforschung - Instituto de Investigaciones Minero-Metalúrgicas (I.I.M.M.) -, das sich vor allem mit Problemen der Wiedergewinnung von erzhaltigem Material bei der Aufbereitung und mit allgemeinen Verhüttungsproblemen befasst .
  • Als letzte dieser staatlichen Institutionen ist noch die Bolivianische Kommission für Kernenergie - Comisión Boliviana de Energía Nuclear (COBOEN) - zu erwähnen, welche die Möglichkeiten der friedlichen Verwendung der Kernenergie für Bolivien erforschen sowie das Potential dieses Landes an radioaktiven Vorkommen feststellen soll.

Alle diese Unternehmen und Institutionen zur Förderung des Bergbaus unterstehen dem Ministerium für Bergbau und Metallurgie, an dessen politischen Zielen sie die Planung und Durchführung ihrer sämtlichen Aktivitäten auszurichten haben.

(2) Der "Mittlere Bergbau"

Gemäß dem zur Erfüllung des Art. 27 Bergbaugesetz erlassenen Verordnung Nr. 05674 v. 30.12.1960 werden dem "Mittleren Bergbau" automatisch all jene Unternehmen des privaten Bergbaus mit Ausnahme der Bergbaugenossenschaften zugerechnet, welche die folgenden Normen erfüllen ' :

  • Eine monatliche Mindestproduktion des hauptsächlich ausgebeuteten Erzes (Zinn oder Wolfram: 5,5 Fein-Tonnen, Antimon oder Zink: 20 Fein-Tonnen, Kupfer oder Blei: 15 Fein-Tonnen; bei anderen Erzen eine monatliche Produktion im Gegenwert von US $ 10.000);
  • ein eingezahltes Kapital von mindestens US $ 100.000, wobei der Wert der Lagerstätte unberücksichtigt bleibt;
  • eine adäquate technisch-unternehmerische Organisation auf der Basis der hauptamtlichen Dauerbeschäftigung mindestens eines Bergingenieurs und eines Buchhalters;
  • in der Regel Konzessionstitel von den ausgebeuteten Lagerstätten;
  • Mitgliedschaft im "Nationalen Verband des Mittleren Bergbaus".

Im Jahre 1979 umfasste der Subsektor "Mittlerer Bergbau" 24 Unternehmen, von denen lediglich vier ausländische Kapitalbeteiligungen aufwiesen . Die Unternehmen dieses Subsektors, die sich durch Anwendung fortschrittlicher Technologie, wie Schürfbagger, leistungsfähiger Aufbereitungsanlagen, Drehöfen, hydraulischer Abbau- und Förderanlagen, etc. auszeichnen, produzieren hauptsächlich Zinn, Antimon, Zink, Wolfram und Blei, wobei sie bei Antimon die führende Position innehaben . Die Interessenvertretung dieses Subsektors bzw. seiner Unternehmen gegenüber dem Staat, den anderen Subsektoren des Bergbaus und der übrigen Wirtschaft liegt in Händen der 1939 gegründeten "Nationalen Vereinigung des Mittleren Bergbaus" .

(3) Der "Kleine Bergbau"

Dieser Subsektor des bolivianischen Bergbaus wird vom Gesetz - Art. 6 der Verordnung Nr. 05674 v. 30.12.1960 dahingehend definiert, dass ihm außer den Bergbaugenossenschaften all jene Unternehmen des privaten Bergbaus zuzurechnen sind, welche die Erfordernisse für eine Zugehörigkeit zum "Mittleren Bergbau" nicht zu erfüllen vermögen

Im Jahre 1977 umfasste der "Kleine Bergbau" mehr als 2.000 Produktionseinheiten mit etwa 4.000 Ausbeutungsstellen; die überwiegende Mehrzahl dieser Bergbaubetriebe zeichnet sich durch eine äußerst niedrige Produktivität aus. Der Wirtschaftsplan 1975 ("Plan Operativo." 1975) stellte fest, dass der "Kleine Bergbau" weder über das Kapital noch über die technischen Kenntnisse verfügt, um Explorations- und Modernisierungsprogramme aus eigener Kraft einzuleiten - eine Aussage, die auch heute
noch unverminderte Gültigkeit besitzt.

Die Interessen des "Kleinen Bergbaus" gegenüber dem Staat, den anderen Subsektoren des Bergbaus und der übrigen Wirtschaft vertritt die 1953 gegründete "Nationale Kammer des Bergbaus" .

(4) Der "subsidiäre Sektor"

Dieser Bereich des bolivianischen Bergbaus stellt keinen selbständigen Subsektor dar; er wird vielmehr dem "Kleinen Bergbau" zugerechnet , innerhalb dessen er einen in sich abgeschlossenen Teilbereich darstellt.
Einerseits wird der "subsidiäre Sektor" von Einzelpersonen und sich spontan formierenden Kleinstgruppen gebildet, die unregelmäßig, meist ohne bergrechtliche Erlaubnis irgendwelche Rest- oder Marginalvorkommen ausbeuten; es handelt sich hierbei fast ausschließlich um Angehörige des landwirtschaftlichen Sektors, die diese bergmännische Tätigkeit als sporadischen Nebenerwerb betreiben.

Andererseits zählen zum "subsidiären Sektor" die Produktionsgemeinschaften, die auf der Grundlage von erteilten Ausbeutungsrechten permanent arbeiten. Diese Produktionsgemeinschaften stellen nun neben den Bergbaugenossenschaften eine weitere Form der Kooperation von Bergleuten im bolivianischen Bergbau dar. Allerdings kann man hierbei nicht von einer genossenschaftlichen Zusammenarbeit sprechen, da die Bedingung der gemeinsamen Übernahme der Trägerschaft einer Unternehmung zum Zwecke der Inanspruchnahme ihrer Leistungen nicht erfüllt ist. Mit anderen Worten: Den Produktionsgemeinschaften fehlt als Selbsthilfeorganisationen die operative Einheit, welche diesen formalen Zusammenschluss von Bergleuten als genossenschaftliche Kooperation qualifizieren würde .

Sie sind lediglich Personenvereinigungen ehemals arbeitsloser Bergleute, die als klassische "pirquineros" auf der Basis von auf 1 Jahr befristeten, aber grundsätzlich immer wieder erneuerten Pachtverträgen ebenfalls Rest- oder Marginalvorkommen ausbeuten. Gruppengröße, Ein- und Austritt der Gruppenmitglieder, Ausbeutung und Ablieferung der Produktion sowie auch in mehr oder weniger großem Umfang die Arbeitsorganisation werden vom Verpächter geregelt und überwacht.

Drei grundsätzliche Ausbeutungsmöglichkeiten sind bei diesen Produktionsgemeinschaften nun zu unterscheiden:
Untertage in ehemaligen Stollen des Verpächterbetriebs arbeiten die "locatorios" , übertage auf natürlichen Seifenvorkommen und Halden dieser Betriebe die "veneristas" und in der Wiederaufbereitung erzhaltiger schlammiger Abgänge aus der Vorkonzentration der Sink-and-Float-Anlage des Verpächterbetriebs die "canaleta-lamas" .

Als Verpächter der genannten Ausbeutungsmöglichkeiten tritt fast ausschließlich die staatliche Bergwerksgesellschaft COMIBOL auf, die diese den ansonsten arbeitslosen Bergleuten hauptsächlich aus politischen Motiven überlässt: Als Maßnahme zur Verminderung von Konfliktpotential oder Eindämmung bereits bestehender Konflikte zwischen dem Staat und diesen Bergleuten und gleichzeitig als ein Schritt zur Bewältigung des Problems der Arbeitslosigkeit im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe.

(5) Die Bergbaugenossenschaften

Den vierten und letzten Subsektor des bolivianischen Bergbaus bilden nun die Bergbaugenossenschaften, obwohl sie manchmal irrtümlicherweise zum "Kleinen Bergbau" gerechnet werden.

Nach Art. 196 des Bergbaugesetzes sind die Bergbaugenossenschaften grundsätzlich allen Unternehmen des privaten Bergbaus gleichgestellt, erfahren also von Seiten des bolivianischen Bergrechts weder irgendwelche Bevorzugungen noch Nachteile . Damit genossenschaftliche Unternehmen legal im Sektor Bergbau tätig werden können, müssen sie - so Art. 195 des Bergbaugesetzes - ihre Gründung gemäß den Vorschriften eines gesonderten Gesetzes vollziehen und sich vorbehaltlich ihrer Eintragung in das nationale Genossenschaftsregister in das Bergbauregister ihres Distriktes eintragen. Schon in diesen Punkten unterscheiden sie sich von den Produktionsgemeinschaften des "subsidiären Sektors", für welche diese Verpflichtungen nicht gelten und denen infolgedessen im Gegensatz zu den Bergbaugenossenschaften die juristische Persönlichkeit fehlt. Untereinander weisen die einzelnen Bergbaugenossenschaften nun extreme Unterschiede sowohl hinsichtlich der Mitgliederzahl als auch des wirtschaftlichen Erfolgs auf, so dass es nicht verwundert, dass von den 152 Genossenschaften im Bergbau, die zwischen 1959 und 1979 gegründet worden sind, zu Ende des Jahres 1979 lediglich noch 84 in Betrieb waren .

Die Interessenvertretung des genossenschaftlichen Bergbaus gegenüber dem Staat, den anderen Subsektoren des Bergbaus und der übrigen Wirtschaft wird von den regionalen Verbänden und dem nationalen Verband der Bergbaugenossenschaften wahrgenommen."

[a.a.O., S. 64 - 76]

"Bolivien als Hochkosten-Produzentenland

Im Vergleich zu anderen Ländern des Bergbaus, vor allem aus der Gruppe der Entwicklungsländer, wird Bolivien als sog. Hochkosten-Produzentenland eingestuft.

  1. Als erstes sind hier die Kosten der menschlichen Arbeitskraft anzuführen, deren Bedeutung darauf beruht, dass der bolivianische Bergbau sehr arbeitsintensiv produziert. Die relativ hohen Kostenbelastungen beruhen nun allerdings nur zum geringen Teil auf einer überdurchschnittlichen Höhe der Grundentlohnung des einzelnen Beschäftigten in diesem Sektor; der bolivianische Bergmann verdient nach allgemeiner Überzeugung auf vergleichbaren Positionen etwa genausoviel wie seine Kollegen in anderen Entwicklungsländern, wie beispielsweise Malaysia, Indonesien oder Peru. Vielmehr sind die hohen Kosten menschlicher Arbeitskraft zurückzuführen auf die durch Überbesetzung im Bergbausektor hohe Gesamtsumme der Grundlöhne, die zusätzlichen Zahlungen an Weihnachten und in der Jahresmitte sowie die von der Regierung von Zeit zu Zeit verordneten Inflations-Ausgleichszahlungen , die hohen Lohnnebenkosten und die häufigen, nicht kalkulierbaren finanziellen Belastungen aufgrund mangelnder Arbeitsdisziplin .
  2. Als zweites sind die Kosten der Kapitalbeschaffung anzuführen; sie sind deshalb so hoch, weil im Inland äußerst wenig Mittel zur Verfügung stehen und die ausländischen Kreditgeber aufgrund der extremen wirtschaftlichen und politischen Risiken in diesem Lande eine entsprechende Verzinsung fordern.
  3. Weitere Kostenbelastungen ergeben sich aus dem Umstand, dass praktisch alle Werkzeuge, die gesamten Maschinen inklusive der Ersatzteile und fast das ganze Arbeitsmaterial aus Industrieländern importiert werden muss.
  4. Im Zusammenhang mit der Beschaffung sind ebenfalls die hohen Transportkosten zu nennen, die selbstverständlich auch für die Vermarktung der Produktion gelten. Bolivien ist ein Binnenland, das seine Küste am Pazifik im Salpeterkrieg von 1879 verlor und völlig unzureichende Straßen- und Eisenbahnverbindungen zu den chilenischen Häfen Arica und Antofagasta sowie zum peruanischen Hafen Matarani aufweist. Die Verkehrsverbindungen im Inland sind mit Ausnahme des Luftverkehrs ebenfalls als äußerst unterentwickelt zu bezeichnen.
  5. Schließlich ergeben sich bei der direkten Produktion die vergleichsweise hohen Kosten
    1. erstens durch die oben schon erwähnten geologischen Gegebenheiten und
    2. zweitens durch die Ineffizienzen bei Abbau, Förderung und Aufbereitung, welche nicht nur durch mangelhafte Ausrüstung, sondern auch durch Mängel bei der Produktionsplanung und der Arbeitsorganisation verursacht werden.

All diese Faktoren sind dafür verantwortlich, dass beispielsweise beim Bergbau auf Zinn die Kosten auf das
fast zehnfache Niveau gegenüber Malaysia, dem weltgrößten Zinnproduzenten, geschätzt werden .

Das Produktivitätsniveau

Der bolivianische Bergbau zeichnet sich neben seiner Kostenintensität weiterhin durch ein recht bescheidenes Produktivitätsniveau aus. Das Planungsministerium gibt für 1978 die folgenden Werte an:

Das Produktivitätsniveau des bolivianischen Bergmanns im Jahre 1978
Subsektor Produktion von Metallinhalt
in Konzentraten
(in Fein-Kilo/Mann/Jahr)
COMIBOL 2.785
"Mittlerer Bergbau" 4.281
"Kleiner Bergbau" 626
Bergbaugenossenschaften 1.271


Quelle: Ministerio de Planeamiento y Coordinación, Plan Anual Operativo 1979, Tomo II, La Paz/ Bolivien, S. 47.

Vier Ursachen sind für diesen Missstand verantwortlich:

  1. An erster Stelle sind die teilweise völlig veralteten und ineffizienten Methoden der Ausbeutung, die häufig fehlende oder nur mangelhafte Arbeitsorganisation sowie der Mangel an bergbautechnischer Beratung zu nennen.
  2. Zweitens ist die Knappheit an Fachpersonal anzuführen. Zwar ist der Faktor Arbeit in Bolivien und insbesondere auf dem Altiplano reichlich vorhanden, jedoch handelt es sich in den meisten Fällen um ungelernte Arbeitskräfte.
  3. Die dritte Ursache bildet das Entlohnungsniveau im bolivianischen Bergbau. Ohne hier auf Einzelheiten eingehen zu wollen, ist als grundlegende Tatsache festzustellen, dass das qualifizierte Personal vor allem in den staatlichen Unternehmen im Verhältnis zu den kaum und nicht qualifizierten Beschäftigten unterbezahlt ist. Dies hält die wenigen qualifizierten Arbeitskräfte davon ab, im bolivianischen Bergbausektor tätig zu werden.
  4. Als letzte Ursache gilt es schließlich die Überbesetzung mancher Arbeitsplätze zu erwähnen - eine Tatsache, die wiederum vor allem für den staatlichen Bergbau symptomatisch ist."

[a.a.O., S. 88 - 91]

1984-04-11

Regierungsneubildung:

1984-05-09

Mit Decreto Supremo N° 20227 wird das Alfabeto normalizado del Aimara zur Norm für die Schreibung von Aymara. Das Alphabet umfasst folgende Phoneme:

a ch chh ch' i j k kh k' l ll m n ñ p ph p' q qh q' r st th t' u w x y sowie die Diéresis für Vokale ( ¨ ) (z.B. ä)

1984-05-12

EUROSAL (Europe/South-America Lines), der Zusammenschluss von in der Südamerika-Westküstenfahrt operierenden Linienreedereien, beginnt in einen Pool von modernen Container-Mehrzweckschiffen zu operieren. Sämtliche Häfen werden im 12-Tage-Rhytmus angelaufen. Die Rundlaufzeit beträgt 60 Tage. Außerdem gibt es Back-up-Schiffe, die bei Engpässen einspringen können und die bei Bedarf Häfen anlaufen, die nicht im Liniennetz sind. EUROSAL ist der erste Reedereiverbund, in dem Reedereinen aus Entwicklungsländern vollwertige Partner sind.

EUROSAL gehören an:

Die modernen Schiffe (wie Andes und Humboldt Express) sind so konstruiert, dass sie sowohl unverpackte Stückgüter (z.B. Kuper in Barren) als auch Container laden können. Die Besatzung beträgt nur 18 bis 20 Personen.


Abb.: Liniennetz von EUROSAL, 2002


Abb.: CMS Andes (PSNC), die den Liniendienst von EUROSAL eröffnete, im Hafen von Liverpool

[Bildquelle: http://www.hlcl.de/pages/dienste_main_hlclserv26_d.html. -- Zugriff am 2002-03-29] [Bildquelle: Seiler, Otto J.: Südamerikafahrt : deutsche Linienschiffe nach den Ländern Lateinamerikas, der Karibik und der Westküste Nordamerikas im Wandel der Zeiten. -- 2. Aufl. -- Herford : Mittler, ©1993. -- ISBN 3-8132-0415-4. -- S. 221]

1984-05-19

Abwertung des bolivianischen Peso um 300%

1984-06-30/07-01

Zeitweilige (10 Stunden dauernde)  Entführung von Präsident Siles Zuazo  (1913, La Paz - 1996, Uruguay) durch eine Splittergruppe des Militärs. Die Mehrheit des Militärs und die Polizei schließen sich dem Putschversuch nicht an.

1984-07-16

Ernesto Cavour Aramayo (1940, La Paz - ) eröffnet -- auf der Grundlage von Vorgängerinstitutionen  seit 1962 -- in La Paz das Museo de Instrumentos Musicales de Bolivia [Webpräsenz: http://www.solobolivia.com/turismo/lapaz/museo_instr.shtml. -- Zugriff am 2001-11-27]


Abb.: Charangas [Bildquelle: www.puebloindio.org/instrum.htm. --  Zugriff am 2001-11-27]  

1984-08-11

Eine Fuerza Tarea Conjunta von 310 Polizisten und 1200 Soldaten besetzte den Chapare, der am 1984-07-31 zur Militärzone deklariert worden war. Nach einem Protestmarsch von 5000 campesinos nach Cochabamba mit anschließendem Hungerstreik werden die Transportbeschränkungen für Koka aufgehoben.

1984-08-20


Abb.: Carmelo Siñani Ticona mit Frau Anselma und Kind

"Am 20. August 1984 treffen wir Carmelo Siñani Ticona und seine Frau Anselma mit ihrem einzigen Kind im Vorhof ihres Hauses. Sie wohnen ¡m Ortsteil Río Seco des über 4000 m ü. M. gelegenen Armutsviertels El Alto im Westen von La Paz. Die beiden gehören zur großen Gruppe der residentes, also zu denjenigen Aymara, die — zwar auf dem Lande geboren — ihren festen Wohnsitz in der Stadt genommen haben.

Wir besuchen sie in Begleitung eines Pfarrers der Iglesia Evangélica Lutherana de Bolivia und werden mit den Worten: 'Willkommen, Schwestern!' überaus freundlich empfangen. Eine Weile danach im Wohnschlafzimmer der Familie sind wir schon mitten drin in einem guten Gespräch, das ¡n Form und Inhalt von großer wechselseitiger Sympathie bestimmt ist. Erst viel später bitten wir darum, etliche Punkte wiederholen und aufzeichnen zu dürfen. Hier einige Auszüge daraus:

„Carmelo, du hast mir vorhin erzählt, dass du zur Zeit keine Arbeit hast, nicht wahr?"
„Ja, Schwester, wie es so ist, habe ich im Moment keinerlei Arbeit. Wie ich dir erzählt habe, ¡st es so, dass ich gerade frei bin und mich nun Handarbeiten zuwende. Ich stricke Pullover."

„Du kannst auch Wolle spinnen, wie ich gehört und auch schon gesehen habe, nicht wahr?"
„Ja, ich kann auch spinnen, aber hauptsächlich tut das meine Frau."

„Aber stricken tut ihr beide, nicht wahr?"
„Ja, ja. Das machen wir beide. Manchmal helfe ich ihr, und manchmal hilft sie mir. Wir helfen uns gegenseitig. Und so machen wir ein paar solcher Arbeiten, so Strickereien. Wir verkaufen sie, und von daher haben wir ein bisschen Geld."

Carmelo erklärt dann genau, wie teuer die Lama- oder Alpakawolle im Einkauf ist, wieviel davon ¡n einem Pullover verarbeitet wird und für wieviel Geld sie ihre Waren dann verkaufen. Uns interessierte der Verdienst:
„Man verdient nicht viel, Schwester, so ungefähr 200 bis 300 Pesos [das waren im Aug. 1983 umgerechnet 2,60 DM] an einem Pullover."

„Und wieviel Zeit braucht man, ihn zu stricken ?"
„Wir stricken ihn an einem Tag ... Einen Tag brauchen wir zu zweit für einen Pullover ... Sie [Anselma] macht die Ärmel, und ich mache das übrige."

„Bringt ihr eure Pullover auch manchmal zu euren Verwandten aufs Land?"
„Nein, nein! Nein [großes Gelächter], sie machen dort ihre Pullover selbst ...! Wir bringen die Pullover, die wir machen, in die Sagárnaga oder die Sta. Cruz [Straßen im Kleinhandelsviertel von Chukiyawu] oder so. Wir verkaufen sie an die Inhaber dieser Verkaufsstände da."

Stricken ist also die derzeitige Haupterwerbsquelle, von der die Familie des jetzt 27jährigen Carmelo ihre Unkosten bestreiten muss. Diese Arbeit hat freilich nichts mit dem zu tun, was Carmelo einmal gelernt hat:

„Du hast mir erzählt, Bruder, dass du hier in La Paz sogar studiert hast. Kannst du mir noch einmal etwas darüber berichten?"
„Also gut, Schwester. Anfangs bin ich auf dem Lande zur Schule gegangen ... dann ging ich hierher nach La Paz ... Mein Vater hat mich hierher gebracht, damit man sich weiterbildet ... Ich ging als Abiturient [bachiller] ab. Einmal als Abiturient abgegangen, kam ich in die Kaserne ... Ich war ein Jahr in der Kaserne. Vom Militär entlassen, dann habe ich angefangen als Lehrer auf dem Lande und habe ungefähr vier Jahre auf dem Lande gearbeitet ... in der Dorfschule von Calasaya ... dort habe ich mir meine Frau genommen."

Calasaya ist die heimatliche Landgemeinde, in der Carmelos übrige Familie lebt. Er unterrichtete dort damals eine Klasse von 32 Kindern, in der ganzen Schule waren 750 Schüler, die von acht Lehrern unterrichtet wurden. Ohne richtige Ausbildung konnte er dort nicht ewig bleiben, und so beschloss er, nach La Paz zu gehen, um zu versuchen, ob er beim Lehrerseminar angenommen würde. Er bekam keinen Studienplatz, obwohl er schon auf der Auswahlliste stand. Von 10000 Bewerbern wurden nur 1500 angenommen. Da sein Posten in Calasaya schon längst durch einen anderen ausgefüllt wird, bewirbt sich Carmelo laufend um irgendwelche Stellen, hat aber bisher nie Glück gehabt. Er möchte auf jeden Fall noch weiterstudieren, möchte eigentlich noch ganz viel lernen, aber er ist sich auch im klaren darüber, dass das für ihn, der er eine Familie gegründet hat und Frau und Kind ernähren muss, schwer halten wird, diesen Wunsch zu verwirklichen.

„Und wie ist es mit der Lage der Frauen? Können oder möchten sie auch studieren?"
„Klar! Sie auch. Ich würde wünschen, dass sie etwas lernten."

„Und Anselma?"
„Sie möchte es auch. Für sie planen wir auch, dass sie ebenfalls geht, also dass sie auf eine Akademie geht oder irgendein Institut, um zu lernen ... Sie könnte auch zum Beispiel, wie gesagt, Röcke [polleras] herstellen. Sie versteht schon etwas davon ... Allerdings ist das, was uns fehlt, die Maschine, sind Geldmittel, Kapital. Also aus diesem Grunde können wir nichts machen."

„Ist es denn trotzdem besser, hier in La Paz zu leben oder auf dem Lande, was meint ihr beide?"
 „Für uns: hier. Aber es ist gut, auf dem Lande zu leben ..., weil man hier sehr viel Geld ausgibt, aber auf dem Lande gibt man fast gar nichts aus. Es wäre auch gut für uns, wenigstens dort existieren zu können ... Ein Stückchen Land, um es zu bearbeiten, ein paar Tiere zu halten, unsere Kartoffeln zu pflanzen, all so etwas. Aber da wir das nicht haben, müssen wir in der Stadt bleiben."

„Und auf dem Lande, gab es dort überhaupt keine Felder mehr für euch?"
„Es gab keine ... weil der frühere Gutsherr sie an die Leute verkauft hatte. Mein Vater, mein Großvater, mein Onkel haben sie sich gekauft, aber wir für unsereins, für uns selber, wenigstens für mich, also für die Gruppe meiner Gleichaltrigen ... wir haben kein Land. Und nun haben wir eben nichts, wo wir wenigstens, sagen wir, einiges Vieh halten können. Keine Hühner und gar nichts. Also sind wir gezwungen, ¡n die Stadt zu gehen, um wenigstens ein klein wenig zu erreichen."

Carmelo hat also die Folgen der Bodenverknappung am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Bei einem Interview mit seinem Vater und seinem Großvater ¡n Calasaya hatten wir schon erfahren, dass letzterer durch die Agrarreform vom patrón zwei Hektar Land bekommen hatte, die er sogleich unter sich und seine zwei erwachsenen Söhne aufteilen musste. Carmelo war damals drei Jahre alt; seinem Vater gehören knapp 7000 qm Land. Mit Bodenbau und etwas Viehzucht kann er damit noch einigermaßen seine Familie ernähren. Nach der auf dem Altiplano praktizierten Erbteilung müsste er jetzt, da seine Kinder erwachsen sind, das Land weiter unter sie aufteilen. Da die so entstehenden Miniparzellen keine Familie ernähren können — und Carmelo hat ¡a bereits eine gegründet — musste er sein Glück in der Stadt versuchen.

„Müsst ihr hier für das Haus Miete zahlen?"
 „Nein, nein."

„Ist es Eigentum?"
„Ah, ja. Von meinem Vater."

„Und hat das Haus Wasseranschluss, oder gibt es Wasser an der Straße oder woher holt ihr euer Wasser?"
„Im Moment haben wir hier ¡n unserem Haus noch kein Wasser. Wir holen es. Es gibt eine Brunnenstelle ¡m Fluss, von dort holen wir das Wasser."

 „Wer von euch holt das Wasser?"
 „Ich [Carmelo] gehe nach Wasser. Ich hole es ¡n Alkoholkanistern vom Fluss ... Dort steht man Schlange."

„Ist das Wasser sauber?"
„Es ¡st sauber, ja."

„Aber nicht zum Trinken?"
„Auch zum Trinken. Wir holen es hauptsächlich zum Trinken. Es ist kein Flusswasser ... es kommt direkt aus dem Boden. Also von dort holen wir uns zu trinken. Und um zu waschen, gehen wir an den Fluss an dieses fließende Wasser da, und dort waschen wir."

„Gibt es elektrischen Strom hier?"
„Also, wir haben noch kein Licht ... Wir haben hier noch kein elektrisches Licht, weil dieses Stadtrandviertel sehr groß ist... Weiter nach dort, zur ceja hin, ist es noch nicht besiedelt. Weiter nach dort oben ist es noch nicht bewohnt, und aus diesem Grunde geben sie uns bisher weder Licht noch Wasser."

Ganz zum Schluss unseres Gespräches wende ich mich noch einmal an Anselma und frage sie, wo sie eigentlich ihr Kindchen zur Welt gebracht hat. Sie erzählt, dass sie zur Niederkunft in ihre Heimat Calasaya gegangen sei. Ihr Schwiegervater habe ihr bei der Geburt geholfen.

„Er kann das ..., auch diese Art Sachen. Er ist jemand, der auf dem Lande. Kranke behandelt. Er ist ein Mensch, der auf dem Lande mit so Pflanzen heilt ... mit so Kräutern ... Er kennt sie, diese Mittel. So ist es, Schwester, so ist es."

Als wir an Aufbruch denken, geht Anselma hinaus und kommt nach einer Weile mit warmem Fruchttee — für jeden einen Becher — wieder herein. Dazu reicht sie uns für jeden ein trockenes Brötchen — eine Kostbarkeit im August 1983 in Río Seco auf El Alto von La Paz. Während wir, die Gäste, essen und trinken, haben Carmelo und Anselma den Raum verlassen. Die gute Sitte will es hier so."

[Was geht uns ihre Armut an? : Indianerschicksale im Hochland von Bolivien ; Begleitheft für eine Ausstellung im Hamburg. Museum für Völkerkunde vom 14.11.1984 - 31.3.1985 und der Völkerkunde-Sammlung d. Hansestadt Lübeck im Museum am Dom vom 15.9.1985 - 27.10.1985 / Antje Kelm ; Helga Rammow. Hrsg. vom Museumspädagogischen Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg. -- Hamburg : MPD, ©1985. -- S. 103 - 105]

1984-11-14

Eröffnung der Ausstellung "Was geht uns ihre Armut an? : Indianerschicksale im Hochland von Bolivien" im Hamburgischen Museum für Völkerkunde. Die Ausstellung dauert bis 1985-03-13, dann wird sie vom 1985-09-15 bis 1985-10-27 im Völkerkundemuseum der Hansestadt Lübeck im Museum am Dom gezeigt.


Abb.: Einbandtitel der Begleitpublikation

Begleitpublikation:

Was geht uns ihre Armut an? : Indianerschicksale im Hochland von Bolivien ; Begleitheft für eine Ausstellung im Hamburg. Museum für Völkerkunde vom 14.11.1984 - 31.3.1985 und der Völkerkunde-Sammlung d. Hansestadt Lübeck im Museum am Dom vom 15.9.1985 - 27.10.1985 / Antje Kelm ; Helga Rammow. Hrsg. vom Museumspädagogischen Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg. -- Hamburg : MPD, ©1985. -- 118 S. : zahlr. Ill.

 
Abb.: Pedro Siñani

"Einer, der damals [bei der Landreform 1953] Teile des Landes, das er für einen hacendado bearbeitet hatte, übereignet bekam, ist Pedro Siñani aus Calasaya. Auf die Frage, ob das Leben vor oder nach der Agrarreform für ihn besser geworden sei, gibt er in Aymara seine Antwort, die von einem Dolmetscher frei wie folgt wiedergegeben wird:

„Vor der Agrarreform, da hatten sie genug zu essen, sagt er, aber zum Verkaufen hatten sie nichts ... Nur zu essen. Aber jetzt, nach der Agrarreform, da können sie Produkte zum Markt tragen; sie können sie selbst verkaufen. Früher, da widmete er seine Arbeit allein dem patrón. Jetzt arbeitet er so. Außerdem wurden sie stark kontrolliert; am Morgen, zu früher Stunde mussten sie arbeiten, und sie hatten einen Aufseher, der sie kontrollierte ... Jetzt können sie in aller Ruhe arbeiten ... Früher waren sie unterdrückt; sie hatten keine Freiheit."

Und auf die Frage, ob sein Land denn groß genug für ihn sei, wird wie folgt geantwortet:

„Nein ... Als er es erhielt, da war es mehr oder weniger gut. Aber später, jetzt, wo die Söhne schon etwas davon haben, wo er es schon in drei Teile geteilt hat, ¡st es nicht mehr genug für ihn. Nicht einmal für ihn selbst ist es genug. Und jetzt sind noch mehr Kinder da, nun ist es schlimmer.""

[a.a.O., S. 33f.]

"Lassen wir Pedro Siñani, stellvertretend für viele seiner Landsleute auf dem Altiplano, zu Wort kommen. Wir haben ihn gefragt, was in seinem Hause jeden Tag gegessen wird.

„Wir pflegen dreimal am Tag zu essen. Am Morgen, am Morgen essen wir, mittags essen wir, und abends essen wir auch"

„Und was essen Sie, zum Beispiel, morgens zum Frühstück?"

„Früher konnten wir (richtiges) Frühstück essen, weil wir uns nämlich ein wenig Zucker kaufen konnten. Jetzt essen wir kein (richtiges) Frühstück mehr, weil es keinen Zucker mehr gibt. Also machen wir uns jetzt, anstatt Kaffee oder Tee zu trinken, ein bisschen Brühe aus Quinua oder so etwas Ähnliches. Also das essen wir zum Frühstück"

 „Und Mittagessen ?"

„Mittagessen, ja. Zum Mittag essen wir jetzt kein Menü z. B. mit einer Suppe, sondern wir essen chuñu. Ein bisschen chuñu. Trockenes Zeug essen wir wenig."

 „Jetzt — was essen Sie zum Abendbrot oder am Nachmittag?"

„Am Abend machen wir dasselbe. Wir bereiten uns eine kleine Suppe, so aus Quinua, aus Gerste oder anderen Sachen. Manchmal vielleicht eine Nudelsuppe, irgendsowas. Immer dasselbe, so sind die Bedingungen."

 „Und Fleisch? Wieviel Mal in der Woche können Sie Fleisch essen? Oder gibt es keins?"

 „Selten können wir Fleisch essen. Denn wenn wir sie aufessen, dann haben wir ja bald keine Tiere mehr. Aber meistens, wenn wir schlachten, verkaufen wir das Fleisch in Batallas oder irgendwoanders. Wir verkaufen es. Das tun wir z. B., wenn wir Schulsachen für die Kinder kaufen müssen."

 „Und was kaufen Sie noch?"

 „Früher haben wir noch Nudeln gekauft, Nudeln oder Reis. Jetzt kaufen wir das nicht mehr. Wir haben kein Geld mehr, um sowas zu kaufen."

„Und die Milch (von Ihren vier Kühen)? Brauchen Sie die selbst auch? Oder verkaufen Sie die alle?"

„Von Zeit zu Zeit machen wir Käse. Die meiste Milch verkaufen wir. Denn das ist eine der Einkunftsquellen, die wir haben. Für uns ist das ein Einkommen. Deshalb verkaufen wir die Milch."

„Und Eier, verwenden Sie die selbst?"

„Wir haben kein Geld. Deshalb verkaufen wir die auch."

Aus den Antworten Pedro Siñanis, die, wie aufgrund unserer Beobachtungen bestätigt werden kann, als durchaus repräsentativ für den größten Teil der Aymara auf dem Lande gelten können, wird deutlich, dass zu dem Selbstproduzierten kaum etwas an Nahrungsmitteln dazugekauft wird. Das liegt z. T. daran, dass die Lebensmittelpreise für die campesinos zu hoch sind, z. T. hat es aber auch mit dem absoluten Versorgungsmangel auf dem bolivianischen Inlandsmarkt zu tun. Im August 1983, als das Interview aufgenommen wurde, gab es auf dem bolivianischen Hochland keinen Zucker zu kaufen, weder in La Paz noch auf dem Lande, und das, obwohl auf Plantagen ¡m bolivianischen Tiefland Zucker produziert wird. Brot, schon
in La Paz selten und dann teuer zu haben, ist auf dem Land ein Luxusartikel."

[a.a.O., S. 45f.]

1984-12-14

Die Regierung tritt geschlossen zurück, um dem Präsidenten Regierungsneubildung zu ermöglichen.

1984-12-25

In seiner Weihnachtsbotschaft warnt Präsident Siles Zuazo  (1913, La Paz - 1996, Uruguay) davor, dass die ständigen Streitereien der progressiven Kräfte Anlass zu einem weiteren Staatsstreich bieten könnten.

1984-12-29

Absetzung von General Arias Chávez als Oberkommandierender der Streitkräfte wegen Planung eines Putsches. Nachfolger wird General López Reyes.

1985


Abb.: 5.000.000 Peso Banknote, 1985 [Bildquelle: http://www.banknotes.com/bo.htm. -- Zugriff am 2002-10-20]

1985

Schlumberger, Hella <1943 - >: Bolivien, schwankende Wiege der Freiheit : Land zwischen Kokainmiltärs und Demokraten. -- Köln : Bund, ©1985. -- 414 S. : Ill. -- ISBN 3-7663-0805-X


Abb.: T-Shirt: Trink Cocaine [a.a.O., S. 201]

"Radio-Promotoren

Der lange Saal zwischen den beiden Büros von Ernesto und Padre Roberto ist der Treffpunkt der Arbeitsgruppen von Radio-Promotoren. Von Leitern der vom Radio organisierten Kurse. Ohne Ofen, in Mänteln, Lederjacken oder der bolivianischen Variante der Parker-Anoraks, sitzen sie da, diskutieren, schlingen den Schal fester um den Hals, reiben sich die Hände.

Narciso, mit dem dunklen Gesicht der Hochlandindianer, arbeitet mit zehn anderen Kollegen in der »Promoción Rural«. Sie waren die einzigen, die während der vergangenen zwei Jahre Diktatur ihre Kurse in den Dörfern weiter gegeben hatten. Darauf sind sie stolz.

Narciso ist 21, spricht Aymara, Quetchua und natürlich Castellano. Er ist verantwortlich für Tierkrankheiten und Kultur innerhalb des Programms von Ackerbau und Viehzucht. Eine gute Kombination. 17 Kurse geben die Promotores im Jahr, jeder ungefähr eine Woche lang. Seit 1977 arbeitet er für Pio XII. Am Sonntag fahren sie zu dritt oder viert mit dem Jeep auf die vier Stunden weit entfernten Dörfer, wo sie bis Samstag bleiben. Sie halten ihre Kurse in Kirchen oder Schulen ab. 14 Kooperativen sind als Ergebnis ihrer Arbeit bereits entstanden. »Jede besteht aus 30 bis 60 Socios, Kooperativisten, die beim Eintritt 1500 Pesos zahlen. Mit diesen Kooperativen wollen wir eben das zum Teil bereits verschüttete Bewusstsein von gemeinsamem Anbau, Ernte, Verkauf wiedererwecken und die Zwischenhändler ausschalten.«

In der Praxis ginge das so: Sie bauten in den Dörfern Verstärker auf, so dass jeder Pio XX hören könne. Dann schalten sie Programme in Quechua oder Aymara ein, die es mehrmals täglich gibt. Kaum sei dann die Sendung vorbei, gingen schon die Diskussionen oder die Kritik los. »Die Campesinos halten sich nämlich denen im Radio für überlegen«, sagt Narciso. Und darauf bauten sie. Zum Beispiel mit dem Theaterstück »Der dickköpfige Bauer«: Wo einer meint, er könne alles ganz allein und brauchte die anderen nicht. Der wird dann von den Zuhörern kritisiert und Gegenvorschläge werden gemacht.

Das mache ihnen Spaß, und so, hintenherum, könne man ihnen auch Lesen und Schreiben beibringen.
Nichts von der Arroganz eines Lehrers spricht aus Narciso, ganz einfach Freude über ihre zäh erarbeiteten Erfolge. Eine ähnliche Stimmung wie nach der Alphabetisierungskampagne in Nicaragua. Ob ich mir vorstellen könne, wie der normale Tag eines Campesino aussieht?

Um fünf oder sechs Uhr morgens beginnt er mit der Faena, so nennen sie die Vorbereitung der Hauptarbeit des Tages. Dazu kaut er eine Handvoll Coca mit Lejía. Gegen sieben geht er nach Hause und isst, was sie >Almuerzo<, Mittagessen, nennen: eine Art Bohnen-Getreide-Eintopf. Keinen Tee, keinen Kaffee, sie haben schließlich kein Geld. Viele auf dem Land leben noch vom Tauschhandel. Dann gehen die Männer aufs Feld, pflügen mit dem Holzpflug, wenn es die Jahreszeit ist, die Frauen hüten die Tiere. In Aussaat und Ernte arbeiten alle zusammen, das nennt man Choko, und das stammt schon aus der Zeit der Inkas. Abends wird normalerweise dasselbe gegessen wie morgens, Fleisch gibt es nur bei Festen. Sie schlachten ihre Tiere sonst nicht, weil es das einzige ist, was sie verkaufen können, das einzige, was Geld bringt.

Milch trinken sie nicht, da machen sie lieber Käse daraus, den sie verkaufen können. Die handtellergroßen, runden, weißen Käse, die man überall finden kann. Die gelb und zerknautscht aussehen, wenn sie älter sind und dann scharf schmecken.

»Obst«, sagt Narciso, »essen sie nur in Gegenden, wo welches wächst. Nicht hier im Hochland.«

»Und deshalb«, sagt er, »weil sie so wenig Geld haben, woher sollte es auch kommen, oder weil Kinder krank sind und sie Geld für Medikamente brauchen, oder wenn es Naturkatastrophen gibt wie in diesem Jahr, dann kommen die Campesinos in die Minengegenden. Schon allein die Idee, sich einen Kaffee mit Zucker, eine Dose Ölsardinen oder ein Paar feste Schuhe kaufen zu können, begeistert sie. Und sie haben schließlich nicht vor, lange zu bleiben. Ein paar Jährchen, denken sie, in der Mine, dann habe ich genug gespart, dann komm ich wieder zurück und kauf mir ein Stückchen Land und lebe mit meiner Familie glücklich und unbeschwert bis an mein Lebensende. Ja, so denken sie. Und vergessen dabei, dass sie in eine Abhängigkeit von der Bergwerksgesellschaft geraten, sich verschulden, aus Kummer darüber trinken, oder weil die Frau ein Mädchen zur Welt gebracht hat. Oder sie bekommen eine Staublunge, womit sie auch nicht gerechnet hatten. Nur ganz wenige schaffen es, mit erspartem Geld aufs Land zurückzukehren.«

»Das Leben der Mineros ist Teil der Traurigkeit unseres Landes«, sagt Narciso und drückt mir das Programm seiner landwirtschaftlichen Kurse für das Jahr 1983 in die Hand: Verwaltung von Kooperativen / Weben / Gartenanbau und Ernährung / Buchführung und Gesundheit / Konditorei / Innere und äußere Parasiten / Organisation der Bauerngewerkschaften / Ungeziefervernichtung / Hygiene / Stickerei / Kindererziehung. Neben der ländlichen hat Pio XX auch eine städtische Promotion, die unterstützt wird von der täglichen 40-Minuten-Sendung »Unser Viertel«. In Städtchen wie Llallagua hat fast jedes Haus ein Transistorgerät. Nach der Sendung kommen dann die Promotoren in die Häuser und diskutieren mit ihnen. Doch sie stießen am Anfang, anders als auf dem Land, auf großes Misstrauen. Die Leute hatten Angst vor Repressalien, weil ja auch der Sender schon so oft gestürmt worden war. Sie hielten die Kursleiter mal für Spione, mal für Kommunisten.

»Inzwischen haben wir es geschafft. Inzwischen erkennen sie uns als jemand von ihnen an, weil es uns gelungen ist, sie aus ihrer Apathie zu reißen. Aus der Einstellung, dass ihnen alles von oben zufließen müsse.«
Sie haben schon drei Brücken gebaut, in Gemeinschaftsarbeit, haben das Rathaus dazu gebracht, ihnen wenigstens den Sand und die Lastwagen zu stellen, planen nach der Regenzeit mit dem Ausbessern der Straßen zu beginnen.

»Und was verdient ihr dabei?« Sie winken ab, lachen. Mit diesen 8500 Pesos könne man ja nicht viel anfangen.

Sie seien engagiert, sie würden auch abends und am Wochenende arbeiten, weil die Mineros eben nur am Abend oder am Wochenende Zeit hätten. Sie würden mit keiner Partei sympathisieren, sagen sie noch, das bringe doch nur Konfusion in die ganze Geschichte, jeder würde nur wiederholen, was ihm der Parteivorsitzende vorgebetet hätte. Dahinter stünden doch oft ausländische Interessen. Die einzige Kraft, die die Interessen der bolivianischen Campesinos und Mineros vertrete, sei die COB, das würde ich schon noch sehen.

Teodora, 28, ist die Chefin der Promoción Feminina. Sie ist in Llallagua aufgewachsen als Tochter eines Mineros, hat studiert und ist 1981 wieder zurückgekommen. »Um meine Dienste anzubieten«, sagt sie. Sie arbeitet an ihrer Doktorarbeit über Medien, verdient bei Pio XII genausoviel wie Ernesto, nämlich 18 000 Pesos. Mit zwei weiteren Kolleginnen hat sie das Frauenprogramm vorbereitet und in die Tat umgesetzt. Sie arbeiten mit 20 anderen Frauenorganisationen zusammen, darunter den »Amas de Casa«, denen ihre Kurse manchmal zu salopp sind, und die behaupten, das wüssten sie schon. »Was schon stimmen kann«, gibt Teodora zu. Dann gebe es da noch den »Club de Madres«, die öfter gegen sie Stimmung machten, weil sie behaupten, Politik sei Männersache und wenn die Frauen Politik machten, sei das ein Zeichen, dass sie Kommunistinnen seien. »Dabei gehen unsere Kurse, die wir meist hier, in den Sälen von Pio XII abhalten, über Demokratie, gewerkschaftliche Organisation, Inflation und kulturelle Entfremdung.«

Doch die meisten Männer könne man nicht davon abbringen, in den Frauenorganisationen nichts als Hilfsorganisationen für ihre Gewerkschaften zu sehen. »Aber wir sind mehr als das«, empört sich Teodora, »wenn auch die Frauen noch ein Leben führen wie bei euch im 19. Jahrhundert. Wenn man einem Mann sagt, er sei ein >Macho<, dann bestätigt er das, fühlt sich noch stolz dabei, will auf gar keinen Fall jemand anderer sein. Wenn man aber zu einer Frau >Feminista< sagt, dann ist das schon als Beleidigung gedacht.

Die Männer hier schlagen ihre Frauen oft. Meist, wenn sie betrunken sind. Und sie sind außerhalb der Mine sehr schnell betrunken. Wenn wir uns dann einmischen, sagen die Frauen, haltet euch da raus, das ist mein Mann! Oder sie sagen, wir sollten doch erst mal das Hirn der Männer ändern, damit sie besser behandelt würden. Oft wollen auch die Ehemänner die Frauen nicht zu den Kursen gehen lassen, obwohl sie nichts kosten. Andere Frauen haben das Geld nicht, für die 30 Stunden im Monat den Bus von Miraflores nach Siglo XX zu zahlen. Und du weißt doch, Arbeitsplätze gibt es für Frauen hier praktisch keine.« Ob deshalb die Frauen so jung heiraten. »Ja«, sagt sie, »im Schnitt mit achtzehn.« Aber es gebe auch viele Konkubinate, Männer mit mehreren Frauen und mehreren Kindern. Eine Scheidung sei nämlich teuer, 15 000 Pesos. Und eine Witwenrente sei geradezu lächerlich: 1000 bis 1500 Pesos. Die Frauen seien in jedem Fall die Benachteiligten. Pobrecitas. Ob sie heiraten wolle. Nein, wieso. Ob es für eine Frau allein hier nicht viel schwerer sei. Doch, sagt sie. Eine Ausnahme gebe es allerdings. Also, wenn der Padre sie fragen würde, der Padre Roberto, dann würde sie höchstwahrscheinlich nicht >nein< sagen. Ob das etwas mit der Faszination des Zölibats zu tun hat?

Wie an Rundfunkstationen dieser Größenordnung bedeutet Improvisation alles, erfüllt jeder Mitarbeiter mehrere Funktionen. So ist Hans auch Autor, Redakteur und Sprecher in einem. Trotz seines deutschen Vornamens und seines schmalen Wikingergesichtes ist er bolivianischer Abstammung. Er tendiert zur Vanguardia Obrera, einer Partei, die ihre trotzkistischen Wurzeln nicht verleugnet. Er sagt: »Lass dich bloß nicht von den bürgerlichen Parteien einlullen.« Und: »Die Arbeiter Boliviens müssen bewaffnet werden«, sagt er, »sie sind die einzigen, die ein Interesse daran haben, die Demokratie zu verteidigen, um sie in einen Sozialismus überzuführen. Wir brauchen wieder Volksmilizen, wie damals, 1952.«"

[a.a.O., S. 51 - 55]

1985-01-05

Gründung des Movimento Bolivia Libre (M.B.L.). 

Wichtige Gründungsmitglieder:

1985-03-12

Gründung des Movimento Revolucionario Tupac Katari de Liberación (MRTKL).

Wichtige Gründungsmitglieder:

1985-03-23

Die Vorsitzende des US-Senatsausschusses für Drogen- und Alkoholfragen auf einer Pressekonferenz über Bolivien:

"Das Beste, was wir mit diesem Ländchen (Bolivien) tun können, ist. ihm das Geld abzudrehen. Wenn sie Essen wollen, wird es hesser sein, wenn sie anfangen, die Kokabüsche abzuschneiden. Bolivien ist für die Vereinigten Staaten eine Fehlinvestition. Dieses Land hat nur ein Problem: Es wird von Verbrechern geführt",

[Zitat in: Lessmann, Robert: Drogenökonomie und internationale Politik : die Auswirkungen der Antidrogen-Politik der USA auf Bolivien und Kolumbien. -- Frankfurt am Main : Vervuert, ©1996. -- 305 S.  -- (Schriftenreihe des Instituts für Iberoamerika-Kunde, Hamburg ; Bd. 41). -- Zugl.: Wien, Univ., Diss., 1994. -- ISBN 3-89354-241-8. -- S. 110]

1985-04-02

"Der Fall Tauro. Am 2. April 1985 riegelten Polizeitruppen im Rahmen einer „Blitzoperation" den Flughafen von Cochabamba ab und fanden im Innern eines Flugzeugs des Typs Tauro 34 Säcke mit insgesamt 1161 Kilogramm Kokain-Sulfat, das in Bolivien mehr als l Million US-Dollar, in Kolumbien oder Miami mehr als 400 Millionen US-Dollar wert war. Fündig geworden waren Polizisten, die nicht eingeweiht waren. Andere Polizisten tauchten auf und versuchten zunächst einmal, 33 Säcke verschwinden zu lassen, um sie dann an ihr Ziel weiterzuleiten, und sie erklärten ihren „uniformierten" Kollegen, die Fracht stehe unter dem Geleitschutz „von ganz oben, und es würde Probleme geben, ginge man auf andere Weise vor". Den Behörden sollte nur ein einziger Sack präsentiert werden.

Die Presse war jedoch schon informiert, und einige Vertreter der lokalen Behörden fanden sich ebenfalls ein, so dass nichts mehr versteckt werden konnte. In diesem Fall war es weder zu dementieren noch zu verbergen, dass einige hohe Regierungs- und Polizeibeamte — Namen wurden genannt — der Aktivität der Drogenmafia Schutz und Deckung gaben.

Trotz klarer Beweislage wurden die direkt Beteiligten nicht gerichtlich verfolgt, und die Protektoren wurden nur auf andere Posten versetzt. Den anekdotischen Teil trug der Pilot des Flugzeugs bei, als er erklärte, alles sei geregelt: der Besitzer der Fracht habe an alle Geld verteilt... Anscheinend doch nicht ganz an alle!"

[Joaquín Hinojosa. -- In: Bascopé Aspiazu, René <1951, La Paz - 1984, La Paz>: Die weisse Ader : Coca und Kokain in Bolivien / Mit.einem Anhang von Joaquín Hinojosa.  -- Zürich : Rotpunktverlag, ©1989. -- 136 S. : Ill. --  (Fracción mágica ; 15). -- ISBN 3-85869-047-3. -- Originaltitel: La veta blanca (1982). -- S. 124f.]

1985-04-12

Die Regierung sagt gemeinsame Militärmanöver mit den USA ab.

1985-08-01

Gründung der Universidad Nacional de Siglo XX in Llallagua


Zu Teil 26: Von der Nueva Política Económica (1985) bis 1989