Bibliothekarinnen Boliviens vereinigt euch!

Bibliotecarias de Bolivia ¡Uníos!

Berichte aus dem Fortbildungssemester 2001/02

Teil 2: Chronik Boliviens

27. Von 1989 bis 1994


von Margarete Payer und Alois Payer

mailto: payer@hdm-stuttgart.de


Zitierweise / cite as:

Payer, Margarete <1942 - > ; Payer, Alois <1944 - >: Bibliothekarinnen Boliviens vereinigt euch! = Bibliotecarias de Bolivia ¡Uníos! : Berichte aus dem Fortbildungssemester 2001/02. -- Teil 2: Chronik Boliviens. -- 27. Von 1989 bis 1994. -- Fassung vom 2002-11-16. -- URL: http://www.payer.de/bolivien2/bolivien0227.htm. -- [Stichwort].

Erstmals publiziert: Anlässlich des Bibliotheksseminars in La Paz vorläufig freigegeben am 2002-10-11

Überarbeitungen:

Anlass: Fortbildungssemester 2001/02

Unterrichtsmaterialien (gemäß § 46 (1) UrhG)

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Payer, Margarete <1942 - > ; Payer, Alois <1944 - >: Bibliothekarinnen Boliviens vereinigt euch! = Bibliotecarias de Bolivia ¡Uníos! : Berichte aus dem Fortbildungssemester 2001/02. -- Teil 2: Chronik Boliviens. . -- URL: http://www.payer.de/bolivien2/bolivien02.htm

Dieser Text ist Teil der Abteilung Länder und Kulturen von Tüpfli's Global Village Library


1989-05-07

Präsidentschaftswahlen. Ergebnis:

Gonzalo Sánchez de Lozada (1930, La Paz - )(MNR -- Movimento Nacionalista Revolucionario) 363.000 23,0%
Hugo Banzer Suárez (1926, Concepción - 2002, Santa Cruz) (ADN -- Acción Democratica Nacionalista) 357.000 22,7%
Jaime Paz Zamora (1939, Cochabamba - )(MIR -- Movimento de la Izquierda Revolucionaria) 309.000 19,6%

Da Hugo Banzer beschließt, Jaime Paz Zamora zu unterstützen, wählt der Congreso diesen am 1993-08-04 zum Präsidenten. Zum Vizepräsidenten wird Dr. Luis Ossio Sanjinés (Democracia Christiana) gewählt.


1989-08-06 bis 1993-08-06

Lic. Jaime Paz Zamora (1939, Cochabamba - ) ist aufgrund der Wahl durch den Congreso verfassungsgemäß Präsident


Abb.: Jaime Paz Zamora

Vizepräsident ist Luis Ossio Sanjinés (1930, Oruro - )


Abb.: Luis Ossio Sanjinés


Abb.: Der Acuerdo Patriótico zwischen General Hugo Banzer (A.D.N.), Jaime Paz Zamora (MIR) und Oscar Eid (MIR)

"Das demokratische Bündnis der Todfeinde 1989-1993

Obwohl der MNR kurz vor Ende der Legislaturperiode den Pakt mit der ADN brach, konnte die darauffolgende Regierung die Politik des Dialoges und des Konsenses fortführen. Víctor Paz Estenssoro durfte laut Verfassung bei den Wahlen 1989 nicht mehr antreten, die Partei nominierte daher seinen Planungsminister und geistigen Vater der NPE-Politik, Gonzalo Sánchez de Lozada, zum Präsidentschaftskandidaten. Dieser rechnete sich größere Chancen aus, wenn er nicht in einem Bündnis mit der ADN anträte, und brach daher den Pakt mit der rechten Partei, wodurch sich Banzer um seine Präsidentschaftsaussichten betrogen fühlte. In der Folge erlebte Bolivien einen der aggressivsten Wahlkämpfe seiner Geschichte. ADN und MNR gaben jeweils rund 15 Millionen Mark für ihre Kampagnen aus. Hauptthema war dabei die soziale Misere im Land. Alle bedeutenden Parteien waren sich jedoch darin einig, dass die neoliberale NPE-Stabilitätspolitik fortgeführt werden sollte.

Einen klaren Sieger ergab die Wahl nicht. Gonzalo Sánchez de Lozada führte mit 23,1% knapp vor Banzer mit 22,7%. Deutlich hinzugewonnen hatte mit 19,6% der MIR unter der Führung von Jaime Paz Zamora. Zum ersten mal tauchte auch eine populistische Partei auf der politischen Bühne Boliviens auf, die Partei Conciencia de Patria - CONDEPA (Patriotische Übereinkunft). Sie erhielt in La Paz auf Anhieb über 40%, was landesweit einem Stimmenanteil von 10,8% entsprach. Die Koalitionsbildung gestaltete sich nach der Wahl zunächst recht schwierig, da sowohl die MIR von der MNR mit dem Pakt für die Demokratie vor den Kopf gestoßen worden war, als auch die ADN mit dem Paktbruch 1989. Die Widersprüche zwischen der linken, inzwischen eher als sozialdemokratisch einzuordnenden MIR und der rechten ADN galten als unüberbrückbar. Schließlich hatte Jaime Paz Zamora unter der Banzer-Diktatur zunächst im Gefängnis gesessen und war dann ins Exil vertrieben worden.

Um so mehr überraschten MIR und ADN mit ihrem Regierungsbündnis, dem sogenannten Acuerdo Patriótico - AP (Patriotische Übereinkunft). Erklären lässt sich der ungewöhnliche Pakt wohl nur damit, dass Banzer mit seiner Partei unbedingt an der Macht bleiben wollte und deshalb dem Drittplazierten der Wahl, Paz Zamora, den Präsidentensessel anbot. Auf der einen Seite zeigt dies die weitere Reifung der Demokratie in Bolivien, die nun nicht mehr in erster Linie von ideologisch unüberbrückbaren Gegensätzen geprägt, sondern •stärker einem pragmatischen Politikverständnis geöffnet war. Auf der anderen Seite betrachteten viele Beobachter diese Entwicklung als Ausdruck eines Legitimitätsdefizits, da die Verfassung die Wahl eines Kandidaten zum Präsidenten zuließ, der weniger als 20% der Stimmen erhalten und nur den dritten Platz belegt hatte.

Nicht zuletzt deshalb mahnten viele Akteure Reformen des politischen Systems an. Allerdings funktionierte die Politik des Dialogs und Konsenses über die neue Regierung hinaus mit dem oppositionellen MNR kaum. Zur Verfassungsänderung war die Regierung jedoch auf eine Zweidrittelmehrheit und damit auf die Unterstützung des MNR angewiesen. Der Dauerkonflikt über die notwendigen Reformen ließ das Parlament deutlich an Ansehen in der Bevölkerung verlieren (Mayorga, 1994: 41). Zu heftigem Streit kam es vor allem über offensichtliche Manipulationen bei der 89er Wahl, denn das Wahlgericht (Corte Nacional Electoral - CNE) war nach der zahlenmäßigen Zusammensetzung der Parteien im Parlament eingesetzt und dementsprechend von ADN und MIR dominiert worden. Manipulationen witterten viele Beobachter vor allem in der Tatsache, dass unter den insgesamt 5,7% vom CNE für ungültig erklärten Stimmen überproportional viele MNR-Stimmen waren.

Interessant ist, dass ein Konsens in den strittigen Punkten zwischen den großen Parteien erst zustande kam, als die Zivilgesellschaft, vor allem die katholische Kirche, Vertreter von regionalen Bürgerkomitees (comités cívicos) und die Unternehmerverbände, Druck auf die Parteien ausübte. So unterzeichneten die Parteien im Juli ein Abkommen (Acuerdo para la Modernización del Estado y el Fortalecimiento de la Democracia), das die Reform und Modernisierung der Justiz, eine Verfassungsreform, eine Wahlrechtsreform, eine politisch administrative Dezentralisierung, ein neues Verfahren zur Auswahl der höheren Funktionsträger des Staates, die Verabschiedung eines Parteiengesetzes, eine umfassende Bildungsreform und die Schaffung eines Verfassungsgerichts und eines Ombudsmannes (defensor del pueblo) vorsah (vgl. Mayorga 1994:42ff.).

Allerdings war die Regierung Paz Zamora zu schwach, um diese Reformen tatsächlich auf den Weg zu bringen. Auch ein wirtschaftlicher Aufschwung ließ weiter auf sich warten. Immerhin konnte die Stabilität der Wirtschaft mit einer durchschnittlichen Inflationsrate von 13,5% gewahrt werden. An den geringen Einkünften der Bevölkerung und der sozialen Misere änderte sich jedoch nichts. Das Bruttosozialprodukt wuchs von 1989 bis 1993 jährlich um rund 4%; trotzdem stieg der Anteil der Menschen, die im informellen Sektor arbeiteten, auf über 60% an. Paz Zamora führte die Tradition der klientelistischen Politik fort, so dass sich der Staatsapparat noch weiter aufblähte. Darüber hinaus kamen mehr und mehr Korruptionsfälle von Staatsangestellten ans Licht, die das Ansehen und die Autorität der Regierung stark minderten. Verschiedene Vertreter der MIR-Führung wurden immer wieder verdächtigt, mit der Kokainmafia zusammenzuarbeiten (Jost, 1997: 115). Insgesamt lässt sich aber festhalten, dass das politische System unter der eigenwilligen AP-Regierung an Stabilität gewann. Im Parteienspektrum kam es zu einem weiteren Konzentrationsprozess. Die Achse bildeten jetzt MNR, ADN und MIR, die zusammen auf über 65% der Stimmen kamen."

[Bukes, Georg <1968 - >: Der Zusammenhang von wirtschaftlicher Entwicklung und Demokratisierung : das Beispiel Bolivien. -- Hamburg : Institut für Iberoamerika-Kunde, 2000. -- (Beiträge zur Lateinamerikaforschung ; 3). -- ISBN 3-926446-24-2. -- S. 80 - 82]


1989

Auf dem europäischen Musikmarkt erscheint der Musiktitel Lambada (nicht verwechseln mit dem Modetanz Lambada!), durch die Gruppe Kaoma aufgenommen.  Es handelt sich um ein Plagiat des bolivianischen Tundiqui (afrobolivianischer Volkstanz) Llorando se fue der Gebrüder Hermoza, dessen Original u.a. durch die bolivianischen Gruppen Los Kjarkas und Andaluces interpretiert worden war.

1989-06

US-Militäringenieure vergrößern in Potosí die Landepiste des Flughafens

"Bereits im Juni l989 war auf der Basis eines bilateralen Abkommens ein Bataillon US-Militäringenieure nach Potosí gekommen, um dort die Landepiste des Flughafens zu vergrößern. Während es offiziell hieß, damit solle die Infrastruktur verbessert und der Tourismus gefördert werden, wurde diese Maßnahme aufgrund der gespannten Aufmerksamkeil und konkreter Vorkommnisse wie der Operation Blast Furnace von1986 in der Öffentlichkeit vielfach als weiterer Versuch der Vereinigten Staaten interpretiert, zu einer permanenten Militärpräsenz in dem Andenland zu kommen. In der Tat scheint es ungewöhnlich, für ein solches Projekt die Streitkräfte und nicht eine Entwicklungsorganisation heranzuziehen. Wo es sich um eine technisch schwierige Aufgabe handelt - in diesem Fall die Einebnung eines Berges ("Cerro Pati-Pati") - wird üblicherweise eine Consulting-Firma mit dem Projekt beauftragt."

[Lessmann, Robert: Drogenökonomie und internationale Politik : die Auswirkungen der Antidrogen-Politik der USA auf Bolivien und Kolumbien. -- Frankfurt am Main : Vervuert, ©1996. -- 305 S.  -- (Schriftenreihe des Instituts für Iberoamerika-Kunde, Hamburg ; Bd. 41). -- Zugl.: Wien, Univ., Diss., 1994. -- ISBN 3-89354-241-8. -- S. 167]

1989-11

In Killakas (Provinz Avaroa) wird die Federación de Ayllus del Sur de Oruro (FASOR) gegründet als Vertretung der Ayllus der Provinzen Avaroa, Ladislao Cabrena, Sebastian Pagador und Poopó des<Departamento Oruro

1989-11

50jähriges Jubiläum der Asociación Israelita Cochabamba


Abb.: Jubiläumsnummer des Mitteilungsblattes

1990er-Jahre

Beispiele bolivianischer Kunst vom Ende des 20. Jahrhunderts (ohne Anspruch auf Repräsentativität):


Abb.: Achata, Juan Carlos <1955, La Paz - >: Constante de aramor


Abb.: Arze Gumucio, Rafael <1956 - >: Devoción


Abb.: Muller Suárez Arana, Alfredo <1958 - >: La Virgen del Grigotá


Abb.: Zamora Núñez, Edgar: El candidato

[Vorlage der Abb.: Arte boliviano a la vuelta del siglo / Teresa Madrid de Prada. -- La Paz : Sierpe. 2000. -- ISBN 99905-53-17-3. -- S. 11, 21, 93

1990/1991

Verkaufspreis für 1 Gramm Kokain (Hydrochlorid):

1990

1990

Youngers, Coletta: The war in the Andes : the military role in U.S. international drug policy. -- Washington, D.C. : Washington Office on Latin America, [1990]

"... die militärische Komponente der Andenstrategie ist historisch, von der Doktrin und operational mit der US-Strategie zur Aufstandsbekämpfung verbunden (...). Auf der Grundlage von Security Decision Directives des Präsidenten und von US-Militärhandbüchern definierte das Center for Low-Intensity-Conflict im Zeitraum zwischen 1988 und 1990 die Drogenbekämpfung formell als low-intensity-conflict-Mission. Unter der low-intensity-conflict-Doktrin ist das Hauptinstrument der US-Streitkräfte die Sicherheitshilfe, die Ausbildung, nachrichtendienstliche Unterstützung und Beratung - kurz: das ganze Spektrum operationaler Unterstützung - beinhalten kann. Diese Doktrin spiegelt die Erfahrungen von Vietnam mit den politischen Schwierigkeiten wieder, die in der Schlacht gefallene US-Soldaten hervorriefen. Sie betont den Einsatz von nationalen militärischen und paramilitärischen Kräften in direkten Kampfeinsätzen, wobei US-Kräfte Unterstützung gewähren"

[Coletta Youngers, zitiert in: Lessmann, Robert: Drogenökonomie und internationale Politik : die Auswirkungen der Antidrogen-Politik der USA auf Bolivien und Kolumbien. -- Frankfurt am Main : Vervuert, ©1996. -- 305 S.  -- (Schriftenreihe des Instituts für Iberoamerika-Kunde, Hamburg ; Bd. 41). -- Zugl.: Wien, Univ., Diss., 1994. -- ISBN 3-89354-241-8. -- S. 62. -- Dort Quellenangabe]

1990

Ochoa, Carlos M.: The potatoes of South America : Bolivia. -- New York [u.a.] : Cambridge Univ. Press, ©1990. -- 512 S. : Ill. -- ISBN 0521380243. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}. -- [Standardwerk. Erst 2001 erschien eine -- viel zu teure -- Ausgabe in Spanisch.]


Abb.: Tafel XIX aus diesem Werk

Ochoa schlägt a.a.O., S. 26 folgende Klassifikation der bolivianischen Kartoffeln vor:

Bestimmungsschlüssel für die Series:

  1. Leaves with strongly winged rachis, or with decurrent leaflets.
    1. 2. Leaves simple or compound, but with the terminal leaflet approximately two to three times the length of the lateral leaflets  VI. Series Megistacroloba (p. 147).
    2. Leaves compound, with the terminal leaflets equal or slightly larger in size than the laterals. III. Series Cuneoalata (p. 96)
  2. Leaves slightly or not at all winged, or occasionally only with decurrent upper leaflets.
    1. Plants acaulescent, not more than 20 cm in height; the leaves forming a prostrate rosette, the floriferous branches axillary and few-flowered; pedicels articulated at or near the base of calyx, lacking a conspicuous abscission ring. I. Series Acaulia (p. 28).
    2. Plants with leafy stems, erect or ascending, usually more than 20 cm in height; pedicels conspicuously articulated.
      1. Fruit ellipsoid-conical to long-conical, the apex obtuse and mucronate.
        1. Plants narrow-stemmed, delicate, up to 1 m high; fruit ellipsoid-elongate or ellipsoid-conical. V. Series Circacifolia (p. 105).
        2. Plants thick stemmed, robust, up to 3 m high; fruit ellipsoid V. Series Conicibaccata (p. 128).
      2. 4. Fruit globose to ovoid, the apex variously tipped.
        1. Plants wild, the corolla stellate or substcllatc; calyx provided mostly with short apiculate lobes II. Series Commersoniana (p. 46).
        2. Plants wild or cultivated, the corolla rotate or pentagonal; calyx mostly with long acuminate lobes  VII. Series Tuberosa (p. 182).

[a.a.O., S. 27]

1990


Abb.: Entwaldung in bolivianisch Amazonien 1985 - 1990

[Vorlage der Abb.: Pacheco Ballanza, Pablo: Estilos de desarollo, deforestación y degradación de los bosques en las tierras bajas de Bolivia. -- La Paz : CIFOR [u.a.], 1998. -- Depósito legal 4-1-490-98. -- Mapa 3]

 

1990


Abb.: Gebrüder Juan  (1946 - ) und Walter Terrazas: Kopf Christi

1990

Unterzeichnung eines Investitionsförderungsvertrags mit Deutschland.

1990-01-11

Durch Decreto Supremo 22407 wird der Fondo de Inversión Social (FIS) gegründet. Aufgabe dieser Organisation, ist, finanzielle Zuwendungen anzuwerben, um Projekte vor allem in den Bereichen Gesundheit und Bildung zu fördern. Das Vermögen des 1985 gegründeten Fondo Social de Emergencia (FIS) geht am 1990-07-04 auf diesen Fondo über.

Bildungsprojekte des FIS 1991 - 1995
Programmbereich Anzahl
der
Projekte
Gesamtausgaben
(Mio US$)
Beitrag des FIS
(Mio US$)
Formelle Bildung 684 32 28
  • System mehrstufiger ländlicher Grundschulen
365 10 8
  • Neubau, Erweiterung staatlicher Schulen
312 20 18
  • Multiedukative interkulturelle Schulzentren
7 2 2
Nichtformelle Aus- und Weiterbildung 125 18 13
  • Weiterbildung von Frauen
28 k.A. 4
  • Berufliche Weiterbildung
62 k.A. 4
  • Ländliche Internate
21 k.A. 3
  • Fortbildung für Lehrer und kommunale Angestellte
1 0,2 0,2
  • Gesundheitsweiterbildung
7 1 1
  • Andere
4 0,4 0,4
Gesamt 807 50 41

[Quelle der Tabelle: Witt, Matthias: Der "Fondo de Inversión Social" : ein effizientes entwicklungspolitisches Instrument zur Bekämpfung der Armut in Bolivien?. -- Frankfurt am Main : Vervuert, ©1998. -- 374 S. : graph. Darst. -- . (Göttinger Studien zur Entwicklungsökonomik ; 6). -- ISBN  3-89354-176-4. -- Zugl.: Göttingen, Univ., Diss., 1997. -- S. 156]

Nicht-staatliche Projektträger des FIS 1991 - 1995
Organisationstyp Zahl der Projekte
Nichtkirchliche bolivianische Nichtregierungsorganisationen 204
Kirchliche bolivianische Nichtregierungsorganisationen 52
UNO und Unterorganisationen 50
Private Stiftungen 35
Kirchengemeinden 21
Selbsthilfegruppen 10
Kooperativen 29
GmbH's 9
Total 410

[Quelle der Tabelle: Witt, Matthias: Der "Fondo de Inversión Social" : ein effizientes entwicklungspolitisches Instrument zur Bekämpfung der Armut in Bolivien?. -- Frankfurt am Main : Vervuert, ©1998. -- 374 S. : graph. Darst. -- . (Göttinger Studien zur Entwicklungsökonomik ; 6). -- ISBN  3-89354-176-4. -- Zugl.: Göttingen, Univ., Diss., 1997. -- S. 253]

1990-01-25

US-Präsident George Bush (geb. 1924, US-Präsident 1989 - 1993) legt dem Kongress die National Drug Control Strategy (Plan Bennett, Plan Bush) vor. Ein zentraler Bestandteil ist die sogenannte Andenstrategie. Instrument der Andenstrategie ist die Andeninitiative

Ziele der Andenstrategie sind:

  1. Die Stärkung des politischen Willens und der maßgeblichen Institutionen zum Kampf gegen den Drogenhandel;
  2. Die Stärkung der Effektivität von Polizei und Militär im Kampf gegen den Kokainhandel, der sich konzentrieren soll auf:
    • die Isolierung wichtiger Kokaanbaugebiete,
    • die Zerstörung von Labors zur Gewinnung von Kokain, und
    • die Blockierung der Zulieferung der dazu notwendigen Chemikalien;
  3. Die Schädigung und Zerschlagung der kriminellen Organisationen des Drogenhandels durch Schwerpunktsetzung in der Fahndung und durch Beschlagnahmung ihrer Einrichtungen und Vermögen.
  4. Die Stärkung der legalen Wirtschaftssektoren der Andenländer, um der Destabilisierung durch den Wegfall der Kokaineinnahmen entgegenzuwirken.

[Lessmann, Robert: Drogenökonomie und internationale Politik : die Auswirkungen der Antidrogen-Politik der USA auf Bolivien und Kolumbien. -- Frankfurt am Main : Vervuert, ©1996. -- 305 S.  -- (Schriftenreihe des Instituts für Iberoamerika-Kunde, Hamburg ; Bd. 41). -- Zugl.: Wien, Univ., Diss., 1994. -- ISBN 3-89354-241-8. -- S. 56]

1990-02

Drogengipfel der Präsidenten Boliviens, Kolumbiens, Perus und der USA in Cartagena (Kolummbien): Declaración de Cartagena:

"Die Unterzeichner sind der Auffassung, dass jede Strategie, die sie zur Durchführung oder zur Konsolidierung eines umfassenden Programms gegen illegale Drogen verpflichtet, die Reduzierung der Nachfrage, des Konsums und des Angebots berücksichtigen und Übereinkünfte zu wirtschaftlicher Zusammenarbeit, alternativer Entwicklung, zur Stimulierung von Handel und Investitionen sowie zum Kampf gegen den illegalen Drogenhandel, zu diplomatischen Initiativen und Initiativen im Bereich der öffentlichen Meinung enthalten muss,"

[Zitat: Lessmann, Robert: Drogenökonomie und internationale Politik : die Auswirkungen der Antidrogen-Politik der USA auf Bolivien und Kolumbien. -- Frankfurt am Main : Vervuert, ©1996. -- 305 S.  -- (Schriftenreihe des Instituts für Iberoamerika-Kunde, Hamburg ; Bd. 41). -- Zugl.: Wien, Univ., Diss., 1994. -- ISBN 3-89354-241-8. -- S. 163]

1990-05-31

Eröffnung von Radio Chaka

"Radio Chaka was officially inaugurated on May 31, 1990, under the "Chaka" project of Pucarani Communication Center. It was initially planned in 1987, and was consolidated on June 4, 1988, thanks to an assembly realized with 130 participants including authorities, general secretaries, students, and the people of Pucarani. The Pucarani Communication Center is actually composed of three departments: Audio-visual department is equipped with audio-visual aids and photo-laboratory; Publication department is equipped with a computer, a photocopier, a electric typewriter, and 20 portable typewriters; Broadcasting department "Radio Chaka" is equipped with Brazilian "SNE" brand transmitter, model BTA-1000 (output power of 1kW), and 1/4 wavelength vertical antenna (about 50m high above the ground), transmitting on the frequency of 1420kHz. The transmitter site and studios are located in Pucarani, capital of the Province of los Andes, in the Department of La Paz.

The station staff is consisted of young Aymaran farmers of the region: Mario Machaca (Press Chief), Paulina Condori (program of customs), Emilio Canqui (educational program), Alicia Callinsaya (agricultural programa), Abraham Mamani & Vic tor Mayta (operators), Padre Esteban Bartolusso (Director), and Carmelo Chavez (Administrator). The station currently runs at 0900-1330 and 2030-0130 daily, with programming of catechism, festival of felicitations, program for infant, information, etc. The daily program is composed of 60% of regional messages in Aymara and 40% of Spanish." [Quelle: http://donmoore.tripod.com/south/bolivia/chaka.html. -- Zugriff am 2002-02-10] 

1990-06

Die Terroristengruppe Comisión Néstor Paz Zamora (CNPZ) unter dem italienischen Terroristen Miguel Northuster entführt den Unternehmer Jorge Lonsdale. Bei einem staatlichen Versuch am 5. Dezember, die Geisel zu befreien, wurden Lonsdale und drei Terroristen getötet.

1990-06-07


Abb.: ™Logo

In La Paz erscheint die erste Nummer der Tageszeitung La Razón. Die Zeitung erscheint bis heute. Webpräsenz: http://www.la-razon.com/. -- Zugriff am 2002-10-09

1990-08-15 bis 1990-09-17

800 Angehörige der Eingeborenenvölker Benis marschieren in La Macha por la Dignidad y Territorio nach La Paz. Initiator des Marsches ist La Central de Pueblos Indígenas del Beni (CPIB).

Bei einem Dankgottesdient predigte der Vertreter der bolivianischen Bischofskonferenz:

"Queremos reconocer a los indígenas como bolivianos de primera clase... No nos hagamos cómplices de los opresores de nuestros hermanos bolivianos, que llegue la buena noticia del año de gracia del Señor, que significa convertirnos en constructores de una sociedad más igualitaria y fraterna que realmente respete al hombre criatura de Dios, que respete su dignidad y no lo manipule con negocios fríos e inhumanos que buscan sólo el bien de las minorías, despreciando al débil económica y socialmente... La tierra es reflejo del Creador, es buena, es verdadera y bella por sí misma. Por ello sean malditos aquellos que atentan contra la ecología, que extirpan los pulmones de la creación, que empobrecen la tierra, privando de sus frutos, su belleza y los beneficios a los hijos de Dios... Los admiro y los felicito porque ustedes han realizado una marcha sin ofender a nadie, sin insultos, sin engaños ni falsedades: pidiendo a los ciegos de nuestro país a que abran los ojos para ver tanta injusticia... La iglesia católica se solidariza con ustedes, comparte plenamente sus derechos y por eso estamos aquí el Presidente de la Conferencia Episcopal, los obispos del oriente y occidente de Bolivia, para darles la bienvenida y orar juntos al Dios de la vida, al Señor de la historia, para que esta marcha por la dignidad y el territorio tenga un feliz término como nos anuncia el evangelio".

[Zitiert in: Patzi Paco, Felix: Insurgencia y sumisión : movimentos indígeno-campesinos 1983 - 1998. -- La Paz : Muela del Diablo, 1999. -- (Colección comuna ; 4). -- ISBN 99905-40-17-9. -- S. 103]

1990-08-30

Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Bolivien über Finanzielle Zusammenarbeit:

"Artikel 1

(1) Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland ermöglicht es der Regierung der Republik Bolivien, von der Kreditanstalt für Wiederaufbau, Frankfurt am Main, (KfW), für die folgenden Vorhaben, wenn nach Prüfung die Förderungswürdigkeit festgestellt worden ist, Darlehen/Finanzierungsbeiträge zu erhalten:

  • Elektrizitätsversorgung (Aufstockung): Villamontes-Yacuiba: bis zu 5,0 Mio. DM (in Worten: fünf Millionen Deutsche Mark);
  • Reparatur und Wartung von Lokomotiven (Aufstockung): bis zu 18,6 Mio. DM (in Worten: achtzehn Millionen sechshunderttausend Deutsche Mark);
  • Präinvestitionsfonds: bis zu 3,5 Mio. DM (in Worten: drei Millionen fünfhunderttausend Deutsche Mark);
  • Gasturbinen Cochabamba (Kraftwerk Valle Hermoso): bis zu 34,0 Mio. DM (in Worten: vierunddreißig Millionen Deutsche Mark);
  • Gasturbine Santa Cruz: bis zu 16,0 Mio. DM (in Worten: sechzehn Millionen Deutsche Mark);
  • Bewässerungsvorhaben: Los Negros-Pampa Grande: bis zu 14,6 Mio. DM (in Worten: vierzehn Millionen sechshunderttausend Deutsche Mark);
  • Fondo Social de Emergencia für Sozialprogramm der COMIBOL: bis zu 11,4 Mio. DM (in Worten: elf Millionen vierhunderttausend Deutsche Mark);
  • Kreditprogramm privater Bergbau: bis zu 5,0 Mio. DM (in Worten fünf Millionen Deutsche Mark);
  • Bewässerungsprogramm Altiplano/Valles: bis zu 4,0 Mio. DM (in Worten: vier Millionen Deutsche Mark);
  • Fondo de Desarrollo Campesino: bis zu 7,0 Mio. DM (in Worten: sieben Millionen Deutsche Mark).

(2) Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland ermöglicht es der Regierung der Republik Bolivien, von der Kreditanstalt für Wiederaufbau, Frankfurt am Main, (KfW), für die folgenden Vorhaben Finanzierungsbeiträge/Zuschüsse zu erhalten:

  • Studien- und Fachkräftefonds V: bis zu 5,0 Mio. DM (in Worten: fünf Millionen Deutsche Mark);
  • Ressourcenschutz Santa Cruz (Tropenwaldaktionsplan): bis zu 12,0 Mio. DM (in Worten: zwölf Millionen Deutsche Mark).

(3) Falls die Regierung der Bundesrepublik Deutschland es der Regierung der Republik Bolivien zu einem späteren Zeitpunkt ermöglicht, Darlehen oder Finanzierungsbeiträge zur Vorbereitung oder Finanzierungsbeiträge für notwendige Begleitmaßnahmen zur Durchführung und Betreuung der in den Absätzen 1 und 2 aufgeführten Vorhaben von der Kreditanstalt für Wiederaufbau, Frankfurt am Main, (KfW), zu erhalten, findet dieses Abkommen Anwendung.

(4) Die in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Vorhaben können im Einvernehmen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Bolivien durch andere Vorhaben ersetzt werden. Finanzierungsbeiträge für Vorbereitungs- und Begleitmaßnahmen nach den Absätzen 2 und 3 werden in Darlehen umgewandelt, wenn sie nicht für solche Maßnahmen verwendet werden. "

[Online: http://www.jura.uni-sb.de/BGBl/TEIL2/1990/19901382.2.HTML. -- Zugriff am 2002-10-10]

1990-09-12

Die Eigentümer- und Unternehmervereinigungen Benis warnen vor einer Verunsicherung der Besitzverhältnisse durch die Forderungen der Eingeborenen nach Restitution:

"...el empresariado privado de Santa Cruz, quiere alertar [...] que cualquier modificación del status jurídico vigente en esa región, representará una violación de las normas legales que rigen en el país [..] con el agravante de que una actitud de ese tipo, adicionalmente alentará a las múltiples etnias existentes en el país, a plantear similares reivindicaciones territoriales, afectando a sus legítimos propietarios, ya no sólo en la actividad forestal, sino en el de la agricultura, ganadería, minería, e incluso en el campo de los hidrocarburos. /.../

Demandamos a Usted su total firmeza para hacer prevalecer el ordenamiento legal preestablecido, haciendo respetar el derecho de trabajo, la preservación de las cuantiosas inversiones existentes y la continuidad de los contratos vigentes."

Firman: la Federación Departamental de las Empresas Privados (FDEP), la imara Agropecuaria del Oriente (CAO), Cámara Minero del Oriente (CMO), Cámara de Exportadores, imara Nacional Forestal, Cámara de la Industria y el Comercio (CAINCO).

[El Mundo. -- 1990-09-12. -- Zitiert in: Heijdra, Hans: Participación y exclusión indígena en el desarollo. -- Santa Cruz de la Sierra, 1996. -- (Pueblos indígenas de las tierras bajas de Bolivia ; 6). -- Depósito legal 8-1-942-96. -- S. 111]

1990-10-27

Bolivien tritt der UNO-Konvention von Ramsar zum Schutz von Feuchtgebieten bei. [Webpräsenz: http://www.ramsar.org/. -- Zugriff am 2002-09-12] 

1990-11-22

La Federación de Empresarios Privados de Santa Cruz veröffentlicht in allen Tageszeitungen folgendes Inserat:

"...las acciones promovidas en el Beni y los lamentables sucesos acaecidos en la Provincia Guarayos nos muestran con toda claridad la existencia de una estrategia perfectamente pre-establecida, que persigue realizar una escalada de conflictos étnicos [..] evidenciando además las oscuras maquinaciones de algunas organizaciones que [...] pretenden inculcar un sentimiento racista. /../ Lamentablemente [..] las propias actitudes concesionales del Gobierno Central, han permitido que estos movimientos [..¡hayan ganado terreno. [..] Ahora no sólo se vean amenazados quienes realizan legalmente actividades en el campo forestal, sino también lo estén quienes realizan labores agrícolas, ganaderas, mineras etc.. [...] Es por este sentido que la Federación de Empresarios Privados de Santa Cruz se suma a las posiciones del Comité Por Santa Cruz en sentido de demandar el inmediato cese de actividades en todo el país de la Central de Pueblos y Comunidades Indígenas del Oriente Boliviano (CIDOB) restituyéndose a los genuinos representantes de cada región, el derecho de velar por el desarrollo y bienestar de sus propias comunidades " 

[Zitiert in: Heijdra, Hans: Participación y exclusión indígena en el desarollo. -- Santa Cruz de la Sierra, 1996. -- (Pueblos indígenas de las tierras bajas de Bolivia ; 6). -- Depósito legal 8-1-942-96. -- S. 114]

1990-12-12

Die Unesco erklärt sechs vom Schweizer Architekten Hans Roth (1934, Zürich - 1999, Rankweil) rekonstruierte Kirchen zum Weltkulturerbe.


Abb.: Inneres der Kirche von San Javier (Bild: Payer, 2001-12)

1991

1991

Die Confederación Indígena de Bolivia (CIDOB) macht folgende Klarstellungen:

"Primero: En muchos sectores sociales existe una distorsión total sobre la problemática indígena, basada en una enorme falta de conocimiento de lo que significa hablar de "territorio indígena ". Al contrario de los países vecinos, Bolivia no tiene una legislación para formalizar el derecho de los pueblos indígenas sobre la tierra, los bosques, la fauna y los ríos, o sea el conjunto de tierra y recursos naturales que garanticen su existencia. Tratar este tema es simplemente una cuestión de justicia y en la actualidad, el propio gobierno ADN-MIR está elaborando una Ley sobre el mismo. Sin querer informarse de qué se trata la discusión sobre "territorios indígenas", los sectores que actualmente tienen acceso a grandes superficies de tierra y bosques se sienten atacados y temen perder propiedades legales. Esta es una reacción injustificada porque existen muchas vías para abordar el problema, además sería más inteligente optar por una reflexión equilibrada que tome en cuenta las necesidades y propuestas de los diversos sectores involucrados para evitar acciones de hecho.

Segundo: existe oposición hacia las medidas que tienen como objetivo la explotación racional y sostenida de los recursos naturales renovables. Los ganaderos, madereros y soyeros explotan la tierra y los bosques de una manera destructiva: para ellos cuenta la ganancia a corto plazo y no la preservación de los recursos a largo plazo. Todos sabemos que el interés por la reforestación es mínimo o nulo. El movimiento indígena es uno de los protagonistas del desarrollo sostenido y manejo racional de los recursos naturales. Para los indígenas la conservación del territorio es la defensa de la vida misma. Dado que esta posición no conviene a los sectores antes mencionados, ellos tratan de minimizar el impacto de CIDOB y las organizaciones de base.

Tercero y lo más importante, la oposición se materializa en términos de espacios políticos. CIDOB y sus centrales representan un gran porcentaje de la población rural del departamento que busca la participación activa (y constructiva) en la política del desarrollo rural, reforzando la democracia de la República. Quienes hasta el momento han dominado la política regional, sobre todo en las provincias, en realidad representan un pequeño pero poderoso sector de la población. En vista del reclamo del sector indígena por participar en la definición y ejecución de proyectos de desarrollo regional, estos sectores temen perder el monopolio de poder que han tenido hasta el momento. Dada su feudal forma de dominar, difícilmente aceptan que en un estado moderno y democrático la participación política de todos los sectores de la población es normal y necesaria."

[Zitiert in: Heijdra, Hans: Participación y exclusión indígena en el desarollo. -- Santa Cruz de la Sierra, 1996. -- (Pueblos indígenas de las tierras bajas de Bolivia ; 6). -- Depósito legal 8-1-942-96. -- S. 133f.]

1991

Es tritt in Erscheinung die Terroristengruppe Ejércitio Guerrillero Tupac Katari (EGKT). Sie steht in der Linie des 1989 zerstörten Grupo Zárate Wilka.

1991

Auf Einladung von Präsident paz Zamora nimmt das 1971 des Landes verwiesene US Peace Corps [Webpräsenz: http://www.peacecorps.gov. -- Zugriff am 2002-10-09] seine Arbeit in Bolivien wieder auf.

1991

Montoya Lora, Victor <1958, La Paz - >: Los cuatro deseos : Kurzgeschichte

"LOS CU A TRO DESEOS

Cierto día me uní a un hombre que refería este episodio:

En la mina se reunieron cuatro obreros bajo la luz mortecina y alguien preguntó: ¿Qué desean compañeros? El primero contestó: conquistar el aumento salarial; el segundo, matar al general; el tercero, organizar un frente único de trabajadores; el cuarto, emanando una voz acumulada durante años, dijo: tener un programa revolucionario y que los agentes del dictador rodearan mi casa y me despertaran a balazos y, sin tener tiempo siquiera para vestirme, huir con el programa entre ráfagas y gritos y, perseguido por jaurías hambrientas y caballos a galope, sin dormir ni comer, llegar con vida hasta esta misma galería.

Los mineros, al cabo de pijchar la última hoja de coca, miráronse taciturnos, confundidos, hasta que el más viejo rompió el silencio. ¿Y qué ganarías con eso? "El programa," fue la respuesta."

[Abgedruckt in: Cuentos mineros del siglo XX : antología / ed. Ricardo Pastor Poppe. -- Cochabamba [u.a.] : Los Amigos del Libro, 1995. -- Depósito legal 4-1-932-95. -- S. 167]

1991

Man beginnt mit der Einrichtung von Zonas Francas (Freihandelszonen)

 
Abb.: Zonas Francas

[Bildquelle: http://www.mcei.gov.bo/web_mcei/Vexport/regdexpr/zonsfran.htm. -- Zugriff am 2001-12-06] 

1991

Ley General del Cine (ley 1302).

Das Gesetz sieht Folgendes vor 

  1. Fomento a la producción nacional en todos los ámbitos del audiovisual;
  2. introducción a la temática audiovisual en todos los ciclos del sistema educativo;
  3. salvaguardia del patrimonio nacional de imágenes en movimiento;
  4. ordenamiento y regulación del mercado audiovisual.

1991

Über Probleme in der Schule von Urubichá (Chiquitania):

"Trotz der neuen Schulräume und des besseren Schulbesuches, trotz der geschaffenen Lehrerwohnungen und des erhöhten Lehrpersonals ließ der Unterrichtsbetrieb noch immer sehr zu wünschen übrig. Die Disziplin der Lehrer gab immer wieder Anlass zu Klagen und Anklagen bei der Schulbehörde. Bei manchen Lehrern fehlte einfach jede Lebens- und Berufsmoral. Jedes Jahr musste ein Teil des Personals ausgewechselt werden, oftmals sogar mitten im Schuljahr.

Pater und Schwester steuerten nun ein Ziel an, das ihnen die Lösung dieses ebenso schwierigen wie langwierigen Problems versprach: Schwester Ludmilla soll Direktorin der Schule werden!

Gemeinsame Überlegungen der beiden: Wenn die Schwester die höchste, örtliche Schulautorität ist, wenn am Morgen pünktlich das Glockenzeichen für den Unterrichtsbeginn erschallt, wenn die Direktorin persönlich am Eingang der Schule steht, wenn sich die Lehrer täglich überwacht wissen, wenn die Schwester das Beispiel von Pünktlichkeit und Lehreifer bietet, dann können die Lehrer nicht widerstehen. Dann haben sie Farbe zu bekennen. Dann haben sie dazusein. Die Willigen und Pflichtbewussten werden dann einfach mitgerissen.

So kam es, dass seit einigen Jahren Schwester Ludmilla Wolf Direktorin der Schule von Urubichá ist, dass nun endlich jede Schulklasse einen Lehrer hat, dass 500 Kinder zur Schule gehen und dass die Jugend des Dorfes fast vollzählig im Lesen, Schreiben und Rechnen unterrichtet wird. Darüber hinaus erhalten die Schüler auch regelmäßig Religionsstunden. Gerade darum ging es ja vorzugsweise bei allem Bemühen und bei aller Planung des „Padre" und der „Madre".

Natürlich läuft auch heute noch lange nicht alles nach Wunsch. Doch der Tiefstand früherer Jahre ist ganz offensichtlich überwunden. In Schule und Dorf geht es aufwärts.

Pater und Schwester waren sich von allem Anfang an einig: Sie können ihre Aufgabe als Verkünder des heiligen Evangeliums nur dann voll erfüllen, wenn sie die Jugend erfassen. Wenn jedes Kind schon in der Schule regelmäßig in den göttlichen Wahrheiten unterrichtet wird. Wenn die Botschaft vom liebenden Vatergott schon in die Herzen der Kinder gesenkt wird und die erwachenden Sinne für die Unterscheidung von gut und bös geschärft werden."

[Bösl, Antonio Eduardo <OFM> <1925, Hirschau - 2000, Concepción>: Bolivien-Report V : Bayerische Fraziskaner im Dienste der Missionskirche. -- München : Glas, 1991. -- ISBN 3-89004-048-9. -- S. 54f.]

1991-02-28

Affäre Rico Toro:

"Ein Lehrstück für die Art und Weise, wie Undercover-Ermittlungen von US-Behörden in Bolivien in unilaterale Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung unter Missachtung von nationaler Souveränität und rechtsstaatlichen Prinzipien und letztlich in eine Regierungskrise münden können, die das bei der Bevölkerung ohnehin niedrige Ansehen von demokratischen Institutionen und Justiz noch weiter schwächen, ist die "Affäre Rico Toro", die besonders wegen der nachfolgenden Skandale exemplarischen Charakter für sich beanspruchen kann. Sie begann mit der Bekanntgabe der Nominierung des pensionierten Colonel Faustino Rico Toro zum Chef der Fuerzas Especiales de la Lucha contra el Narcotráfico (FELCN) durch den Präsidenten (Presencia, 28.2. 1991). In demokratischer wie diplomatischer Hinsicht ein Affront, war diese Personalentscheidung Anlass für eine Welle der Entrüstung, die von der Opposition bis in die Regierungsparteien hinein reichte und insbesondere Gewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen umfasste: Rico Toro war unter Garcia Meza Chef des Militärgeheimdienstes und wird beschuldigt, in dieser Zeit an Menschenrechtsverletzungen beteiligt gewesen zu sein und dabei u.a. mit Klaus Barbie zusammengearbeitet zu haben; daneben habe er Verbindungen zum Drogenhandel unterhalten, sich illegal bereichert und sei ferner an der Entführung von Präsident Siles im Jahre 1984 beteiligt gewesen. Die Regierung antwortete auf die Proteste mit dem Argument, man dürfe nicht nur auf die Vergangenheit blicken, sie wisse was sie tue, die Entscheidung des Präsidenten sei zu respektieren, souverän und endgültig. Dennoch trat Rico Toro am 3.3.1991, weniger als eine Woche nach seiner Ernennung, freiwillig zurück. Inzwischen war durchgesickert, dass die US-Botschaft die Hilfe an Bolivien gesperrt bzw. zumindest damit gedroht hatte. Sicher ist, dass Botschafter Gelbard im Zusammenhang mit der Ernennung Rico Toros sofort um ein Gespräch mit Präsident Paz Zamora nachgesucht und sich schließlich am 1.3. mit Hugo Banzer getroffen hatte (Presencia bzw. La Razón, Ausgaben vom 28.2.1991 - 9.3.1993).

Faustino Rico Toro hatte bei seinem Rücktritt die Klärung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe gefordert. Tatsächlich kursierten Gerüchte, wonach die DEA in mehr als einem Dutzend Fällen seine Beteiligung am Drogenhandel dokumentiert habe (La Raum, 5.3.1991). Bewiesen wurde diese Behauptung jedoch zunächst nicht. Zur gleichen Zeit erschienen in den USA Presseartikel, in denen darüber berichtet wurde, dass die Botschaft in La Paz die Entwicklungshilfe wegen der Nominierung Rico Toros eingefroren habe. Dieselben Presseorgane fuhren in den folgenden Tagen und Wochen mit Berichten über angebliche offizielle Klagen über die Korruption innerhalb der bolivianischen Anti-Drogen-Behörden fort. Dabei war erstmals von einer Liste der DEA von 40 angeblich korrupten Funktionären der Drogenbekämpfung die Rede, angeführt von Innenminister Guillermo Capobianco und Polizeichef General Felipe Carvajal. Letztere seien auch für die Ernennung Rico Toros und den Rücktritt seines Vorgängers Lucio Añez verantwortlich gewesen. Direkte Folge dieser Kampagne waren der "freiwillige" und "ehrenhafte" Rücktritt des Polizeichefs am 12.3. (Presencia, 13.3.1991) und des Innenministers am 13.3. (Presencia, 14.3.1991). In keinem der Fälle wurden Vorwürfe konkretisiert oder gar geklärt. Vielmehr war weiterhin von einer Liste der DEA mit 40 Namen angeblich korrupter Funktionäre innerhalb der FELCN die Rede.

Was sich genau in diesen ersten beiden Märzwochen des Jahres 1991 zwischen bolivianischer Regierung, US-Botschaft, State Department und den Redaktionen der oben erwähnten nordamerikanischen Tageszeitungen abspielte, entzieht sich der öffentlichen Kenntnis. Indessen zeigten sich auch Abgeordnete des US-Repräsentantenhauses über diese Form der Geheimdiplomatie überrascht:

Abgeordneter Mr. Wise: "Die bolivianische Regierung ernannte kürzlich Colonel Faustino Rico Toro zum Chef ihrer Anti-Drogen-Kräfte und machte dann diese Ernennung rückgängig. Haben wir, das heißt die US-Regierung, die bolivianische Regierung zur Zurücknahme dieser Nominierung ermutigt?
Mr. Gutensohn (DEA): Ja, haben wir. Wir waren über die Ernennung von Colonel Rico Toro sehr irritiert, wegen seines Hintergrundes und seiner Verbindungen zu Leuten, die bekannte Drogenhändler sind. Und wir machten das unserer Mission sehr klar, und der Botschafter machte es der bolivianischen Regierung sehr klar, dass dies keine Situation war, mit der wir bequem leben könnten.
Mr. Wise: Wurden geschätzte US$ 85 Mio. an US-Hilfe abhängig von diesem Rücktritt eingefroren?
Mr. Gutensohn: Ich weiß nicht ganz sicher, was tatsächlich in La Paz passierte, aber ich weiß, dass der Botschafter es sehr deutlich gemacht hat, dass dies keine Situation war mit der wir glücklich waren. (...)
Mr. Wise: Jüngste Artikel in der Washington Post und dem Miami Herald legen nahe, dass nicht so sehr Colonel Rico Toro das Problem war, sondern die Person, die ihn ernannte, Innenminister Guillermo Capobianco. Charakterisieren diese Artikel das Problem richtig? [Anm. R.L.: Das Hearing fand am 13.3.1991 statt, dein Tag, an dem Innenminister Capobianco zurücktrat.]
Mr. Gutensohn: Jede Information, die wir über Mitglieder der bolivianischen Regierung hätten, wäre sensibel und würde laufende Ermittlungen einschließen, und wir diskutieren keine laufenden Ermittlungen in einem öffentlichen Forum wie diesem (...).
Mr. Wise: (...) Was mir aber Sorge bereitet ist, dass US-Offizielle diese Art von Informationenscheinbar an Zeitungen lancieren können, aber sie wollen nicht vor den Kongress kommen und darüber reden" (U.S. Congress House Committee on Government Operations - Hearing, March 13, 1991, 1991, 22, 28).

Inzwischen hat der Oberste Gerichtshof grünes Licht für eine Auslieferung Rico Toros gegeben. Indes: Zur Festigung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Bolivien haben diese Vorgänge sicherlich keinen positiven Beitrag geleistet."

[Lessmann, Robert: Drogenökonomie und internationale Politik : die Auswirkungen der Antidrogen-Politik der USA auf Bolivien und Kolumbien. -- Frankfurt am Main : Vervuert, ©1996. -- 305 S.  -- (Schriftenreihe des Instituts für Iberoamerika-Kunde, Hamburg ; Bd. 41). -- Zugl.: Wien, Univ., Diss., 1994. -- ISBN 3-89354-241-8. -- S. 151 - 153]

1991-03-26

Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay schließen sich mit dem Vertrag von Asunción (Paraguay) zum El Mercado Común del Sur (MERCOSUR) zusammen [Webpräsenz: http://www.mercosur.org. -- Zugriff am 2001-10-23


Abb.: MERCOSUR 

1991-04-13

Der Zoll fängt an der chilenischen Grenze einen Transport mit großen Mengen Precursor-Chemikalien für die Kokainherstellung ab.

"Die dabei Verhafteten waren allesamt Drogenpolizisten aus Oruro. Die Aktion, so hieß es, beruhte auf Ermittlungen der DEA, wonach über dieses Netz bereits seit langem die Drogenproduktion beliefert wurde. Der Kommandant der FELCN in Oruro geriet in den dringenden Verdacht, dieses Netz zu leiten und wurde vom Dienst suspendiert (Presencia, 13.4.1991). Tags darauf wurde er in La Paz an seinem Gürtel erhängt und mit rätselhaften Verletzungen an der Schulter aufgefunden (Presencia, 15.4.1991); aufgeklärt wurde dieser Todesfall nicht. Diese Vorgänge führten dazu, dass weiter öffentlich über Umstrukturierungen der Polizei und der FELCN nachgedacht wurde. In der Presse war davon die Rede, dass die DEA den Fall untersuche. Schließlich wurden 900 der insgesamt 1.200 Mitarbeiter der FELCN ausgetauscht (Salas, 1992, 14f). Neben Rico Toro, Capobianco und Carvajal wurden der Chef der Precursor-Kontrolle, Javier Dipps, sowie Rico Toros Nachfolger als Kommandant der FELCN, General Elías Gutiérrez, im Laufe des Jahres 1991 aus ihren Ämtern entfernt."

[Lessmann, Robert: Drogenökonomie und internationale Politik : die Auswirkungen der Antidrogen-Politik der USA auf Bolivien und Kolumbien. -- Frankfurt am Main : Vervuert, ©1996. -- 305 S.  -- (Schriftenreihe des Instituts für Iberoamerika-Kunde, Hamburg ; Bd. 41). -- Zugl.: Wien, Univ., Diss., 1994. -- ISBN 3-89354-241-8. -- S. 153]

1991-04-25

"Untoja Choque, Fernando: ¿Soberbia Aymara o Agonía de la Izquierda? 

En estos días un dirigente sindicalista declaraba, casi desafiando al "Estado Territorial Boliviano", puesto que planteaba la creación de una "Bandera propia, un Ejército propio, una Constitución propia". Y rápidamente los medios de comunicación hicieron una verdadera inflación informativa; a tal punto que el propio gobierno estuvo obligado a dar una respuesta calificándolo como una "subversión campesina" infringiendo la Constitución Política del Estado. La pregunta que debemos hacernos, es, si esta declaración (sindical) tiene una relación con los campesinos o es simplemente la desesperación de algunos partidos políticos que, refugiados en el sindicalismo campesino, buscan constituir un "instrumento político". Recordemos, además, que los actuales dirigentes de la CSUTCB en su mayoría son militantes o ex miembros de los partidos del gobierno y de izquierda; el mismo que desafió al Estado, ¿no fue acaso el propagador de las ideas del MIR gobernante?

Cierto, estas declaraciones tienen un carácter peligroso puesto que cuestiona al Estado territorial; pero se desvanece rápidamente porque la finalidad de dicho discurso está más orientado hacia las movilizaciones que prepara la Confederación Sindical y, sobre todo, hacia la creación del "instrumento político", que no será tan propio porque serán los mismos partidos de izquierda y con los mismos dirigentes que en nombre de los aymarás y quechuas buscan escamotear a los movimientos Kataristas desde el congreso de Potosí. Esta declaración expresa no sólo la disparidad dentro del movimiento campesino, sino, que la propia organización se ve debilitada por falta de planteamientos serios, y de propuestas que estén relacionadas con el mundo rural y andino. Además, el sindicalismo es cuestionado en su práctica y concepción por los movimientos de los Ayllus, y las autoridades originarias, que no ven con simpatía desde su incursión en el campo; porque no hizo más que negar, oprimir a los comunarios y llevar a los campesinos detrás y al servicio de los partidos políticos, de los cuales hace parte el dirigente sindical aludido.

Ahora que el movimiento de los Ayllus de Jacha Carangas, Poopó, Kakachaka y Peñas de Oruro, y Chambi Grande de La Paz buscan un desarrollo socioeconómico propios, cuestionando la práctica sindical, el sindicalismo se lanza como de costumbre en una declaración desesperada que, en el fondo, no expresa más que la angustia de los partidos en dispersión.

Pero, sin embargo es necesario sacar consecuencias de esta declaración pre-quinto centenario; que debe ser tomada en cuenta no sólo por el Estado Territorial, sino por los propios partidos políticos e intelectuales que siempre han tenido la cabeza puesta en otros mundos donde se elaboran algunas "recetas sociales". Primero, es cierto que desde la República la oligarquía gobernante nació articulada al Estado Territorial; a partir de ese momento lo único que hizo el Estado es saquear a los Aymarás, quechuas y otras naciones, expropiándoles sus territorios, negándolas y practicando una política de etnocidio cultural. Algún intelectual preguntaba: ¿Qué da el Estado al Indio? nada, ¿Y qué da el Indio al Estado? Todo. Apesar de todo el "indio" sigue viviendo en su silencio y cada vez que alguien se expresa reclamando los derechos toda la mentalidad "criolla" grita al cielo por la "soberbia aymara". Pero nadie dice algo cuando los gobernantes siempre fueron y siguen los mismos de generación en generación practicando las mismas técnicas "democráticas" y de masacres; ¿cómo el pueblo puede legislar a través de sus representantes, cuando, ni siquiera las comunidades, ni siquiera, los Ayllus y las provincias conocen a los parlamentarios? Toda esta práctica se llama segregación política y democracia formal.
Y ¿qué decir de los campesinos que deambulan como parias, sin ningún tipo de garantía, reducidos a la mendicidad? y ¿de qué Derechos del Hombre podemos hablar cuando niños y mujeres sin médico y sin la protección del Estado se encuentran en una verdadera economía de subsistencia?
Segundo, es también cierto que esta declaración sindical expresa la agonía de una izquierda, que sin pensamiento, ni principios y proyección buscan refugiarse en el mundo campesino, no con verdaderas intenciones, sino más bien con fines estrictamente electoralistas, usurpando las reivindicaciones del movimiento Katarista que hasta ahora plantea toda una estrategia de transformación social y política sobre la base del Modelo Social del Ayllu y dentro del Estado Territorial Boliviano.

La transformación social y política exige no sólo una política desarrollista, sino que las naciones Aymara, quechua y otras sean el fundamento social del Estado boliviano; puesto que hasta ahora no hay ningún reconocimiento recíproco entre los habitantes de este país. Solo asistimos a la negación y la despersonalización que generan violencia. Es pues urgente que se haga una ley de Naciones Ayllus y Comunidades para garantizar la integridad territorial del país y llegar a conformar el Estado Nacional Constituido con identidad propia y conjurar las formas de violencia de tipo étnico y social."

[Presencia. --  La Paz. --  1991-04-25. -- Wiederabgedruckt in: Untoja Choque, Fernando: Rebelíón de un Kolla. -- La Paz : Fundo editorial  de los diputados, ©1999. -- Depósito legal 4-1-577-99. -- S. 109 - 11]

1991-06-28

Operation Safehaven:


Abb.: Lage von Santa Ana (©MS Encarta)

"Die bislang größte Aktion dieser Art endete in politischen Skandalen. Im Morgengrauen des 28. Juni 1991 besetzten 640 Drogenpolizisten und Soldaten die Ortschaft Santa Ana de Yacuma im Departamento Beni, die als Zentrum des Drogenschmuggels galt. Dabei wurde wiederum kein einziger großer Drogenhändler verhaftet, aber die Zivilbevölkerung verängstigt und terrorisiert. In den Häusern Verdächtiger wurde verschiedentlich das Mobiliar demoliert. Über den 15.000 Einwohner zählenden Ort wurde eine Ausgangssperre verhängt, spontane Proteste der Bevölkerung durch Tränengas und Schüsse in die Luft aufgelöst. Ein Abgeordneter wurde festgehalten, bedroht und beleidigt. Der örtliche Posten der Marine wurde diesmal von der UMOPAR besetzt (La Razón, 29.6., 30.6., 1.7.1991).


Abb.: US-Botschafter Robert S. Gelbard [Bildquelle: http://dosfan.lib.uic.edu/ERC/biographies/gelbard.html. -- Zugriff am 2002-09-24]

Auf der politischen Ebene wurde die Angelegenheit zum handfesten Skandal, als US-Botschafter [Robert] Gelbard [geb. 1944, Botschafter in Bolivien 1988 - 1991] Webpräsenz: http://dosfan.lib.uic.edu/ERC/biographies/gelbard.html. -- Zugriff am 2002-09-24]  behauptete, die Aktion sei von bolivianischer Seite verraten worden; im übrigen sei die Marineeinheit von Santa Ana in den Drogenhandel verstrickt (La Razón, 4.7.1991). Die Äußerungen Gelbards wurden von den Oppositionsparteien scharf kritisiert, und es wurde gefordert, er möge Beweise für seine Behauptungen erbringen. Auch Vizepräsident Ossio Sanjinés und Außenminister Iturralde tadelten den diplomatischen Stil Gelbards (Presencia, La Razón, jeweils 5.7., 6.7. 1991). Schließlich verlangten auch die obersten Militärs aller Waffengattungen die Aufklärung der Vorwürfe bzw. die Ausweisung der verantwortlichen DEA-Agenten, die den Standortkommandanten von Santa Ana, Revollo, geschlagen und gefesselt haben sollen. Das Ansinnen verlief im Sande. Während FELCN-Kommandant Gutiérrez erklärte, eine Untersuchung müsse über das Außenministerium erfolgen, weil die DEA-Agenten Diplomatenstatus hätten (La Razón, 13.8.1991), verweigerte Außenminister Iturralde jede Stellungnahme hierzu. Inzwischen waren die inkriminierten DEA-TDYs außer Landes rotiert. Gutiérrez wurde im Oktober wegen "fortgesetzter dummer Äußerungen" von seinem Posten entfernt und Revollo, der während der Aktion in Santa Ana angeblich betrunken war und randaliert hatte, wegen Waffenschieberei angeklagt (La Razón, 4.10.1991 bzw. 19.10. u. 30.10.199l).

Politisch ein Fiasko, lag der strategische Erfolg der "Operation Safehaven" in der "Rückeroberung" der Region Santa Ana durch die Sicherheitskräfte. In Santa Ana entsteht nun offenbar eine UMOPAR-Kaserne nach dem Vorbild von Chimoré. Gleichzeitig traten die mutmaßlich "großen Fische" des bolivianischen Drogenhandels, deren Festnahme das Ziel der Operation war, in Verhandlungen mit der Regierung ein, die schließlich dazu führten, dass sie sich der Justiz stellten (Los Tiempos, 5.7.1991)."

[Lessmann, Robert: Drogenökonomie und internationale Politik : die Auswirkungen der Antidrogen-Politik der USA auf Bolivien und Kolumbien. -- Frankfurt am Main : Vervuert, ©1996. -- 305 S.  -- (Schriftenreihe des Instituts für Iberoamerika-Kunde, Hamburg ; Bd. 41). -- Zugl.: Wien, Univ., Diss., 1994. -- ISBN 3-89354-241-8. -- S. 158f.]

1991-07

Ein Dekret sichert  Personen, die im Drogenhandel verwickelt sind und sich innerhalb 120 Tagen freiwillig stellen, zu, dass sie nicht an die USA ausgeliefert werden.

1991-08

Gründung des El Teatro de los Andes in Yotala (Chuquisaca):

"Nos proponemos formar un actor-poeta en el sentido etimológico del término: hacedor, creador. El que crea y hace. Para esto realizamos un entrenamiento cotidiano, físico y vocal, y trabajamos sobre formas de improvisación y composición.

 Tratamos de unir en nuestras obras las reflexiones sobre el espacio escénico, sobre el arte del actor y la necesidad de contar historias, de recordar, de "volver en sí". Nos proponemos un teatro que podría llamarse del humor y de la memoria.

Somos profesionales en el antiguo sentido de profesar nuestras motivaciones, "confesarlas en público". Y es la relación con el público que determina nuestro quehacer: sacar el teatro de los teatros y llevarlo donde está la gente, a universidades, plazas, barrios, pueblos, lugares de trabajo, comunidades. Buscar un nuevo público para el teatro y  crear un nuevo teatro para este público.

Nuestra revista "El tonto del Pueblo" es otro instrumento para este diálogo.

Queremos construir un puente entre la técnica teatral que poseemos (y que podría definirse occidental) y las fuentes culturales andinas que se expresan a través de la propia música, fiestas y rituales. El contacto, el encuentro y el diálogo son imprescindibles para nuestro trabajo cultural.

La mezcla de razas, culturas, usos, las migraciones siempre crearon nuevas formas expresivas y musicales. Si bien se perdieron cosas antiguas, aquello que surgió del encuentro y de la mezcla fue la forma con la que el hombre de hoy se expresa: hijo de su condición y experiencias, con la memoria abierta a lo que fue y la mente proyectada hacia adelante.

Este hombre es el sujeto y objeto de nuestro trabajo." [Quelle und Webpräsenz: http://www.utopos.org/LosAndes/Info.htm. -- Zugriff am 2002-02-06] 

1992

1992

´Politischer Jahresüberblick
"Die Regierung setzt ihren wirtschaftspolitischen Kurs fort. Als wichtigste Zielgröße wird die Entwicklung der Inflationsrate propagiert. Sie gilt mit etwa 12% im lateinamerikanischen Ländervergleich als eine der niedrigsten und daher als Zeichen erfolgreicher Wirtschaftspolitik. Es ist jedoch festzustellen, dass die Streiktätigkeit zunimmt. Die Streiks werden nicht mehr nur von der Gewerkschaft Central Obrera Boliviana (COB) initiiert, sondern Bürgerkomitees behindern konsequent die Arbeitsaufnahme der Bevölkerung. Die Privatisation kann wegen zahlreicher Widerstände und Rücksichtnahmen (auch auf das Militär) nur mit geringen Fortschritten durchgeführt werden. Regierung und Parteien sind mit strategischen Vorbereitungen auf die Präsidentschaftswahlen 1993 beschäftigt. Gleichzeitig arbeitet man an der Aufklärung der diktatorischen Vergangenheit, verschiedener Skandal- und Korruptionsfälle. Von den innenpolitischen Schwierigkeiten lenkt man dadurch ab, dass man die Einrichtung einer Freihandelszone auf peruanischem Territorium an der Grenze zu Chile erreicht hat. Der tatsächliche wirtschaftliche Nutzen der Zone ist jedoch ohne entsprechende Infrastruktur gering."

[Lateinamerika Jahrbuch / Institut für Iberoamerika-Kunde <Hamburg>. -- Frankfurt a. M. : Vervuert. -- ISSN 0943-0318. -- Bd. 2 (1993). -- ISBN 3-89354-421-6. -- S. 179]

1992


Abb.: Zentrale Problembereiche der Armen 1992

[Vorlage der Abb.: Witt, Matthias: Der "Fondo de Inversión Social" : ein effizientes entwicklungspolitisches Instrument zur Bekämpfung der Armut in Bolivien?. -- Frankfurt am Main : Vervuert, ©1998. -- 374 S. : graph. Darst. -- . (Göttinger Studien zur Entwicklungsökonomik ; 6). -- ISBN  3-89354-176-4. -- Zugl.: Göttingen, Univ., Diss., 1997. -- S. 87]

Sprachenkenntnisse und Armut
Beherrschte Sprachen Nicht-
Arme
Arme Extrem
Arme
Total
Ausschließlich Castellano 44,5% 53,9% 1,6% 100%
Ausschließlich indigene Sprache(n) 1,4% 79,6% 19,0% 100%
Spanisch und indigene Sprache(n) 23,4% 72,9% 3,7% 100%
Andere Sprachen 72,6% 25,7% 1,7% 100%

[Witt, Matthias: Der "Fondo de Inversión Social" : ein effizientes entwicklungspolitisches Instrument zur Bekämpfung der Armut in Bolivien?. -- Frankfurt am Main : Vervuert, ©1998. -- 374 S. : graph. Darst. -- . (Göttinger Studien zur Entwicklungsökonomik ; 6). -- ISBN  3-89354-176-4. -- Zugl.: Göttingen, Univ., Diss., 1997. -- S. 92]

Charakteristika der Armut in Bolivien
Merkmal Ausprägung
Regionale Verteilung
  • Armut betrifft die Bewohner ländlicher Regionen relativ stärker als die Stadtbewohner
  • Der Bevölkerungsanteil der Armen ist in entlegenen ländlichen Gebieten besonders hoch.
  • Die absolute Zahl der Armen ist im zentralen Hochland sowie in Santa Cruz besonders groß.
Wirtschaftliche Aktivität
  • Arme sind in erster Linie in der Landwirtschaft tätig.
  • Der weitaus überwiegende Teil der Armen ist selbständig.
Ethnische Gruppen
  • Indigene Einwohner sind häufiger von Armut betroffen als nicht-indigene.
Geschlecht
  • Es bestehen Hinweise auf Diskriminierungen der weiblichen Bevölkerung.
  • Allerdings lassen sich keine gesicherten Anhaltspunkte dafür finden, dass Frauen überdurchschnittlich von Armut betroffen sind.
Alter
  • Jugendliche und Alte sind überproportional von Armut betroffen.
Haushaltsgröße
  • Zwischen Haushaltsgröße und Armut lässt sich kein eindeutiger Zusammenhang feststellen.

[Witt, Matthias: Der "Fondo de Inversión Social" : ein effizientes entwicklungspolitisches Instrument zur Bekämpfung der Armut in Bolivien?. -- Frankfurt am Main : Vervuert, ©1998. -- 374 S. : graph. Darst. -- . (Göttinger Studien zur Entwicklungsökonomik ; 6). -- ISBN  3-89354-176-4. -- Zugl.: Göttingen, Univ., Diss., 1997. -- S. 96]

1992

Beby Aponte Barba, Walter Zeballos San Martín und Paola Zeballos San Martín bilden die Musikgruppe PK-2 (PK-DOS). [Webpräsenz: http://web.comunidadesweb.com/pkdos/historia.html. -- Zugriff am 2001-12-07]


Abb.: PK-2 (Bild: Pressestelle) 

1992

Ernesto Cavour Aramayo (1940, La Paz - ) baut einen chromatischen zampoña (Panflöte) mit 25 Pfeifen.


Abb.: Reynaldo Vega mit chromatischem zampoña

[Bildquelle: Cavour Aramayo, Ernesto <1940, La Paz - >: Instrumentos musicales de Bolivia. -- La Paz, 1994. -- Depósito legal 4-1-544-93. -- S. 434]

1992


Abb.: Ernährungszustand der unter 5-jährigen Kinder bei den Guaraní in Izozog (Santa Cruz)


Abb.: Durchschnittliche Nährstoffeinnahme (rot) verglichen mit der erforderlichen (grün) bei den Guaraní in Izozog (Santa Cruz)

[Vorlage der beiden Abb.: Guzman, Marcia: karuai : diagnostico de la situación alimentaria nutricional de las comunidades Izoceño-Guaranies del Gran Chaco oliviano. -- Santa Cruz : A.P.C.O.B., 1992. -- Depósito legal 8-1-212-93. -- S. 79, 87]

1992-01-24

Freundschaftsvertrag zwischen Bolivien und Peru: Peru überlässt Bolivien auf 50 Jahre den Hafen von Ilo als Freihafen und Freihandelszone und 5 km Küstenstreifen.  Dazu gehören auch 5 km Strand, die Boliviamar genant werden.


Abb.: Hafen von Ilo

[Bildquelle: http://www.copri.org/SI/SI-03/SI-03-03-01.htm . -- Zugriff am 2002-03-23]


Abb.: Lage von Ilo (Perú) (©MS Encarta)

 

1992-02


Abb.: Logo™

Aus der 1986 gegründeten Nichtregierungsorganisation Prodem geht BancoSol (Banco Solidario S.A.) hervor. BancoSol ist die weltweit erste Geschäftsbank, deren einziger Geschäftsbereich Kleinkredite an Kleinunternehmer ist. [Webpräsenz: http://www.bancosol.com.bo. -- Zugriff am 2002-07-25]

"Our History

BancoSol was incorporated in February of 1992 as the world’s first licensed commercial bank solely dedicated to provide micro-finance services to micro-entrepreneurs. BancoSol was created as a result of transforming Prodem, an NGO, into a regulated financial entity.

Prodem began operations in 1986 with a credit program providing small-scale productive and commercial activities access to capital. By the end of 1991, the NGO had helped finance more than 45.000 micro-businesses, providing more than USD 28 million in loans with a default rate close to zero. Funding and growth limitations prompted Prodem´s shareholders to define the transformation of the NGO into a commercial bank.
 

BancoSol: nine years of success

Over the past decade, micro-finance programmes in Bolivia have developed considerably. Today, the micro-finance industry is well established and highly competitive. Micro-finance organisations have succeeded in extending financial services to the poor and allowing micro-entrepreneurs to establish their businesses and generate sustainable profits.

BancoSol is the leading organization in the micro-finance industry in Bolivia with the broadest outreach in Latin America. The bank, since 1992, has served over 650.000 clients and has been able to become the most successful private commercial initiative with a very strong social content.

BancoSol began operations with a loan product based on a group-lending structure, the “solidarity loan,” with the purpose of supporting self-employed entrepreneurs and encouraging their savings capacity. This product, at an average of U$ 500 per loan with no collateral requirement, gave micro-entrepreneurs access to credit and provided training for understanding the benefits, responsibilities and implications of obtaining a loan.

The “solidarity loan” involves a group of debtors, with all members sharing the responsibility of servicing the loan to the bank. This loan structure has been crucial for overcoming the myths and fears of “being in debt” and for establishing the initial relationship between the bank and micro-entrepreneurs. The groups are composed of a minimum of three individuals who act as personal guarantors for each other’s loans. The loans range from USD 50 to USD 2 000 per individual for a term not exceeding three years. These loans are usually sequential, i.e. one loan follows another almost immediately: the amount of the loan and its duration may increase incrementally over time, subject to the client’s needs and repayment record.

In 1998, the bank introduced individual loans for micro-entrepreneurs who are more established in their businesses. As micro-enterprises grow, their financial needs become greater and more specific. In addition, the businesses acquire assets that can be used as collateral for a more conventional credit operation. In these cases, the credit evaluation involves the preparation of cash flow and pro forma indicators with the assistance and guidance of the loan officers. These loans have a ceiling of USD 30 000, but the average disbursement is around USD 1 000.

BancoSol is currently providing new non-interest-bearing services. One of the most interesting of these services relates to international money transfers. Today, there is a large population of Bolivian migrants in neighbouring countries, the United States and Europe. These immigrants usually generate income and send a portion of their earnings back home to support their families. This service has been arranged with the cooperation of Western Union, a US-based company with several years of experience. Money drafts and transfers can be made through BancoSol’s 38 branch offices throughout the country.

In addition, BancoSol offers a range of savings options tailored to client needs. The minimum amount required to open a savings account is BOB 100 or USD 20; to make a term deposit, the minimum amount is BOB 1 000 or USD 200. Savings accounts average at USD 450 and are held by both current clients and non-borrowers.

These products dispel the belief that savings are insignificant at the lower end of the economy. The growth of BancoSol’s savings programme has shown that micro-entrepreneurs can save when provided with safe, accessible mechanisms. In fact, once the product is shown to be accessible and reliable, an increasing proportion of clients replace savings in terms of inventories (raw materials) with monetary savings. BancoSol’s clients are excluded from formal sector financial institutions because of required minimum amounts, lack of accessibility and an implicit literacy requirement. Consequently, these individuals have had no alternative but to store the value of their currency in assets or save without the benefit of an interest-bearing account.

Owing to the complexity of Bolivia’s current micro-finance market, BancoSol has developed other services, such as the “Sol de Oro.” This loan is backed by gold jewellery to meet emergency liquidity needs. Another important advance is the launch of guarantees on behalf of clients who provide contractual services to third parties. The bank covers the cost of the services if the bank’s client fails to comply with the terms of the contract. For example, if a carpenter fails to deliver the products covered by the contract on time, the bank assumes the underlying costs.

Performance

Historically, the quality of BancoSol’s loan portfolio has been excellent, owing to its low level of arrears and default rates. However, the percentage of non-performing loans has increased in the past two years, as a result of the general economic crisis, which has led to serious delays in debt servicing. Nonetheless, the quality of the loan portfolio remains high as a result of adherence to a conservative methodology and prudent management, which includes a thorough initial screening process and a strong, ongoing personal relationship between the loan officer and the client. Loan officers are recruited from the communities and neighbourhoods where BancoSol branch offices are located and receive extensive training.

The solidarity groups screen potential solidarity group clients, as members carefully select creditworthy individuals who will guarantee the group’s obligations. For other products, the selection process has been reinforced institutionally by the creation of a risk management department, which is independent of the loan department and reports directly to the General Manager.

Many factors contribute to BancoSol’s performance. It is an organisation, well positioned in the market, with an institutional culture fully committed to its clients, proven methodologies, trained personnel, a commitment to developing new opportunities and infrastructure appropriate for its operations."

[http://www.bancosol.com.bo/en/historia.e.html. -- Zugriff am 2002-07-25] 

1992-02-02

Gründung der protestantisch-evangelikalen Partei Alianza Renovadora Boliviana (ARBOL).

Wichtige Gründungsmitglieder:

1992-04-92

In Sevilla (Spanien) wird zur 500-Jahrfeier der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus die Weltausstellung (EXPO '92) eröffnet. 

Der Heilige Stuhl (Vatikan) nimmt triumphierend teil:

"Der Katalog des EXPO-Pavillons mit dem Titel „Die Kirche in Amerika: Evangelisierung und Kultur" liefert die Begründung für die Teilnahme des „Heiligen Stuhls" an den 500-Jahresfeiern und der Weltausstellung in Sevilla. Den Grundgedanken nennt der Apostolische Nuntius, Monsignore Mario Tagliaferri, schon in seiner Einleitung: 

„Die Geschichte dieser fünfhundert Jahre war nicht immer glorreich. Denn neben Gesten voller Menschlichkeit, Erhabenheit und gegenseitiger Achtung standen auch die Erniedrigung der Schwächeren, die Gier und sogar der Tod. Diese dunkle Seite der Geschichte ist nicht nur Vergangenheit. Sie kommt bis heute immer dann wieder zum Vorschein, wenn die Achtung vor der Würde jedes menschlichen Wesens unabhängig von Rasse, Nationalität, Geschichte, Kultur, Glaubensbekenntnis oder Charaktereigenschaften in Vergessenheit gerät." Doch gebe es auch „wunderbare Aspekte" dieser Geschichte. Schließlich sei den Ländern Amerikas vor 500 Jahren erstmals die Botschaft Jesu Christi, des „fleischgewordenen" Gottessohnes und Erlösers der Menschen, verkündet worden. „Erst der katholische Glaube brachte den dortigen Kulturen, die zuweilen inhumane Züge trugen, eine Vorstellung von der Wertschätzung des Menschen und des Lebens, die auf Vertrauen und Liebe basiert. Es war der katholische Glaube, der von Anfang an eine Bewegung zum Schutz der Indianer und zur Verteidigung ihrer Rechte inspirierte. Dieser Glaube war es auch, der die reichhaltige Mischung der Rassen hervorbrachte, wundervolle Menschentype und neue Formen des Zusammenlebens und der Kultur, weil der Glaube die Saat des Evangeliums bei den autochthonen Zivilisationen aufgehen ließ". (S. XVIII)"


Anonymus: Die Erscheinung der Jungfrau in Sunturhuasi

"Dieses Kunstwerk stellt ein Ereignis dar, das sich bei der Eroberung Perus abspielte. Es ist auf vielen Gemälden festgehalten. Hier ist ein schöner Holzschnitt zu sehen. Er zeigt den entscheidenden Wendepunkt in der Schlacht zwischen Spaniern und Indios in Cuzco. Als die Spanier von den Truppen des Manco Inca II. umzingelt wurden, suchten sie Schutz in einer Kirche. Aber die Angreifer legten Feuer an den Tempel. Doch wie durch ein Wunder tauchte plötzlich die Jungfrau Maria auf und erstickte die Flammen. So konnten die Spanier der Belagerung widerstehen und ihre Herrschaft über die Stadt behaupten. Zur Erinnerung an diese Begebenheit wurde an dieser Stelle eine Kapelle errichtet, die Kapelle des Sieges genannt wurde. Sie gehört noch heute zur Kirche selben Namens neben der Kathedrale von Cuzco..."
(Text aus dem Katalog des Vatikans auf der EXPO, S. 243)"

[Zitate und Bildquelle: Fiesta colonialista : Spanien, EG und die 500-Jahresfeiern  / mit Beiträgen von Jürgen Bruchhaus ... -- Köln : ISO, ©1992. -- ISBN 3-929008-39-4. -- S. 115, 120]

1992-05-03

Vertrag der Zusammenarbeit zwischen Bolivien und Spanien. Bolivien erhält US$ 85,5 Mio.

1992-03-25

Festlegung der Route der geplanten Erdgasleitung nach Brasilien.


Abb.: Geplante Erdgasleitung nach Brasilien

[Bildquelle: Bolivia mágica  Hugo Boero Rojo. -- La Paz : Vertiente. -- Vol. III. -- 1993. -- Depósito legal 4-1-590-92. -- S. 140]

 1992-05-08

Präsident Jaime Paz Zamora (1939, Cochabamba - ) ist auf Staatsbesuch in der VR China und unterschreibt verschiedene Übereinkünfte zur technisch-wirtschaftlichen Zusammenarbeit.

1992-05-29

Gerichtliche Verurteilung von Schlüsselfiguren der Drogenindustrie. Sie hatten sich nach dem Dekret von 1991-07 gestellt, dass Personen, die sich innerhalb 120 Tagen freiwillig stellen, nicht an die USA ausgeliefert werden. Die US-Regierung fordert trotzdem die Auslieferung der Personen und droht mit Einschränkungen der Militärhilfe für Bolivien.

1992-06-03

Volkszählung (Censo). Die Kosten des Censo (US$ 7 Mio) werden zu drei Viertel von Deutschland und der UNO übernommen, ein Viertel der Kosten trägt Bolivien. Die COB hatte zu einem Boykott aufgerufen, der aber nicht befolgt wurde.

Der Censo (Volkszählung) ergibt eine Bevölkerungszahl von 6,3 Mio. Seit dem letzten Censo (1976) hat die Bevölkerung um 1,6 Mio. zugenommen.

Kenntnisse der drei Hauptsprachen nach dem Censo 1992

[Vorlage der Abb.: La Paz nuestra de cada dia. -- La Paz : PNUD, 1999. -- Depósito legal 4-11-1510-99. -- S. 82, 84]

Religionsstatistik 1992:

Departamento Katholiken Protestanten Andere Religionen Religionslos Keine Angabe
Chuquisaca 89% 5% 0,3% 2% 4%
La Paz 74% 12% 2% 4% 8%
Cochabamba 82% 9% 1% 2% 4%
Oruro 79% 14% 1% 2% 4%
Potosí 86% 7% 1% 2% 4%
Tarija 83% 6% 1% 3% 7%
Santa Cruz 79% 10% 1% 2% 8%
Beni 75% 13% 1% 2% 9%
Pando 80% 15% 0% 1% 4%
Bolivien 81% 10% 1% 2% 6%

1992-06-05

Joint Venture zwischen COMIBOL  und em brasilianischen Unternehmen Mineração Taboa zur Ausbeutung von 58 Mio Tonnen zinnhaltiger Abfälle in Catavi. Der Vertrag hat eine Laufzeit von 20 Jahren und erfordert Investitionen von US$ 10 Mio.

1992-06-08

Viertägiger Staatsbesuch des spanischen Ministerpräsidenten Felipe González (1932 - ; Ministerpräsident 1992 - 1996) in Bolivien.

1992-06-16

Japan gewährt US$ 9 Mio. für Straßenbau und als Hilfe für von Überschwemmungen geschädigte Landwirtschaft.

1992-08-21

Abkommen mit USA über Zahlungsbilanzhilfe von US$ 66 Mio. Die Hilfe ist an die Bedingung einer planmäßigen Reduzierung des Kokaanbaus geknüpft.

1992-09

Die Zahl der zu privatisierenden Betriebe erhöht sich auf 100. Die Privatisierung verlauft zögerlich wegen Korruptionsversuchen und zu hoher Forderungen.

1992-09

Emiliana Rojas <1946, Huanuni - >: Auszug aus einer Lebensgeschichte: "Für eine Witwe sind die Türen geschlossen"

"Mein Name ist Emiliana Rojas. Ich wurde 1946 in Huanuni geboren. Mein Vater kam aus Machacamarca und arbeitete als locatario (Gelegenheitsbergarbeiter) in der Empresa Minera Huanuni. Er ist vor vier Monaten gestorben. Mein Vater hat keine Rente bekommen, obwohl er sein ganzes Leben im Bergbau gearbeitet hat. Meine Mutter war Hausfrau. Sie ist heute 73 Jahre alt. Sie stammt aus den Yungas und hat, bevor sie meinen Vater heiratete, auch als palliri gearbeitet. Das war in Huanuni. Da hat sie dann meinen Vater getroffen. Meine Mutter hatte nur einen Bruder. Mein Vater hatte drei Schwestern. Zwei sind an Krankheiten gestorben. Sein Vater ist im Krieg gefallen. Ich habe 5 Brüder. Einen älteren und vier jüngere. Einer lebt in Santa Cruz, einer in Oruro, einer in Machacamarca, und der Älteste arbeitet als minero hier in Llallagua in der Cooperativa 20 de Octubre.

Als Mädchen habe ich mit meinem Vater und meinem ältesten Bruder in Huanuni bei den lameros (Bergarbeiter, die sekundäre Erzvorkommen an Flüssen oder Minenausgängen ausbeuten) gearbeitet. Ich bin nicht zur Schule gegangen, da mein Vater wollte, dass ich ihm bei der Arbeit helfe. Meine Brüder gingen zur Schule. Mit 13 habe ich angefangen, als palliri auf den Abraumhalden zu arbeiten. In Huanuni habe ich auch meinen späteren Ehemann kennengelernt. Er kam aus Challapata und hat auch als /amero gearbeitet. Ich ging mit ihm nach Llallagua. Damals waren wir noch nicht verheiratet. Ich war 16 und lebte mit ihm im concubinato (unverheiratet). Mit 17 Jahren bekam ich mein erstes Kind, einen Sohn. Wir wohnten damals zur Miete, und mein Mann verdiente nur wenig. Also habe ich versucht, auch etwas zu verdienen. Ich habe in unserem Zimmer, das eine Tür zur Straße hatte, einen kleinen Laden aufgemacht. Ich reiste nach Oruro, kaufte dort Waren ein und verkaufte sie dann in meinem Laden in Llallagua. So konnte ich genügend Geld verdienen, damit wir genug zu essen hatten. Mein Mann verdiente für Kleidung und andere Kosten. Meine Kinder habe ich gleichzeitig betreut. Ich hatte immer das Kleinste bei mir auf dem Rücken, während ich arbeitete. Mit meinem Ehemann hatten wir unser Auskommen.
Mein Mann starb 1985 bei einem Minenunfall. In der Mine sind Steine auf ihn gestürzt. Man hat ihn erst nach einer Woche unter all den Steinen gefunden. Er hat als locatario gearbeitet. Sein Kollege konnte gerettet werden. Als der Unfall passierte, war ich nicht in Llallagua. Ich war in den Ort, in dem ich geboren wurde, gereist. Als ich nach drei Tagen zurückkam, war mein Mann tot. Man erzählte mir, dass man ihn nicht aus der Mine holen könnte wegen der vielen Steine. Ich bin zu den dirigentes der Kooperative gelaufen und habe nicht eher Ruhe gegeben, bis sie mir zusicherten, dass sie meinen Mann herausholen würden. Nach einer Woche haben sie seinen toten Körper geborgen. Er hatte in die Rentenkasse eingezahlt, aber wir hatten große Probleme, denn die Rente meines Mannes war nicht sehr hoch. Außerdem hatte mein Mann mir keine Papiere für das Haus, in dem wir wohnten, hinterlassen. Wir hatten es in all den Jahren ratenweise gekauft. Die Besitzerin war eine entfernte Verwandte meines Mannes. Sie wollte Geld von mir oder uns sofort auf die Straße setzen. Ich habe mir das nicht gefallen lassen und bin zum Rechtsanwalt und zum Bürgermeister gegangen und habe mir die notwendigen Papiere geholt. Wir haben jedes Jahr 53 Bolivianos an die Gemeinde gezahlt, damit war bewiesen, dass das Haus uns gehörte. Das war damals ein großes Problem, und ich hatte Angst, dass wir das Haus verlassen müssten. Die Geldforderungen waren sehr hoch, und eine Witwe bekommt von niemandem Kredit. Nach dem Tod meines Mannes mussten wir alle arbeiten, um zu überleben. Meine Kinder waren glücklicherweise nicht mehr zu klein.

Meine jüngere Tochter hat ein Kind, das zweieinhalb Jahre alt ist. Sie hat keinen Mann, bleibt zu Hause und sorgt für den Haushalt, während ich auf den Halden arbeite. Mein ältester Sohn ist Bergarbeiter bei der Cooperativa 20 de Octubre und studiert Mechanik an der Universität Siglo XX. Von 7:00h bis 15:00h hat er seine Schicht in der Mine und von 18:00h bis 21:00h geht er zur Universität. Wenn er fertig ist mit dem Studium, möchte er nach Santa Cruz gehen oder nach Argentinien. Einer meiner Söhne geht noch zur Schule. Für ihn muss ich Schulgeld zahlen (7 Bolivianos matrícula im Jahr, ca. 2 US$). Die Kleidung ist auch sehr teuer. Ein paar Turnschuhe kosten 45 Bolivianos (ca. 15 US$) (Monatliches Einkommen von Emiliana Rojas ca. 120 Bolivianos, A.d.V.).

Meine älteste Tochter (21 Jahre) lebt nicht mehr bei mir. Sie ist verheiratet und hat ein Kind. Ihr Mann konzentriert Mineral. Sie arbeitet nicht, obwohl sie einen Kurs als Krankenschwester an der Universität abgeschlossen hat. Für meine jüngere Tochter würde ich gerne einen kleinen Laden hier in unserer Wohnung aufmachen. Wie ich ihn früher hatte. Dann kann sie zu Hause sein und trotzdem arbeiten. Sie könnte Konserven und Brot verkaufen.
1990 habe ich mit meinem Sohn Abwasserrohre in unserem Haus verlegt. Wir wollen auch noch eine Trinkwasserleitung legen. 1992 haben wir elektrische Leitungen verlegt. Das war ein Problem, weil die Nachbarn uns nicht an ihre Leitungen anschließen lassen wollten. Also mussten wir unsere eigenen Leitungen legen.

Seitdem ich ein Kind war, habe ich gearbeitet. Ich war nie krank, bis auf ein Mal, als ich ein Kind bei einem Kaiserschnitt verloren habe. Wenn es kein Geld gab, habe ich für andere Leute gewaschen. Ich weiß, dass das Leben hart ist. Ich bin hart. Mein Sohn sagt zu mir: "Du bist aus Eisen. Du spürst gar nichts". Aber was soll man sonst machen. Es muss weitergehen und als Witwe hat man es besonders schwer. Die Frauen, die noch Ehemänner haben, sagen: "Con las viudas hablamos como con perros" (Mit den Witwen reden wir wie mit Hunden). Vor den Männern haben wir Angst. "Para una viuda las puertas están cerradas" (Für eine Witwe sind die Türen geschlossen)."

Emiliana Rojas ist Präsidentin der Asociación de las Mujeres Palliris de Cancañiri in Llallagua. Das Interview wurde von Elke Löbel im September 1992 in ihrem Haus in Llallagua aufgezeichnet.

[Zitat: Löbel, Elke: Informelle Strukturen und Frauenarbeit im bolivianischen Bergbau. -- In: Lateinamerika : Analysen, Daten, Dokumentation. -- ISSN 0176-2818. -- Nr. 31. -- 1996-11. -- S. 89f.]

1992-09-27

Papst Johannes Paul II. spricht Schwester Nazaria Ignacia March Mesa (1889, Spanien - 1943, Argentinien), die Gründerin (1927-02-12)der Nonnenkongregation Misioneras Cruzadas de la Iglesia selig.


Abb.: Sr. Nazaria Ingnacia


Abb.: Ihr Zimmer in Oruro

[Bildquelle: Oruro inmortal. -- Oruro : Ferrari, Ghezzi. -- Tomo 1. -- 1998. -- Depósito legal 4-1-428-98. -- S. 102]

1992-09-29

"BKA-Beamte waren bereits nach Südamerika gereist, um vor Ort die geplante Operation zu begleiten. Denn die Frage, über welche Route das Kokain nach Holland gebracht werden sollte, bedurfte noch der Klärung. Nach langen Verhandlungen wurde diesbezüglich eine Einigung erzielt.
Am 29. September übernahmen [Erich] Bunte und Beamte des BKA, nach Absprache mit den Behörden Boliviens, Brasiliens, der USA und der Niederlande, die 15 Kilogramm Kokain in Bolivien von dem bolivianischen Delegierten Wilson Vargas. Die Übergabe des Rauschgifts liest sich wie ein Kriminalstück. »Wilson erschien gegen 10 Uhr bei VP und teilte diesem mit, dass seine Kontaktperson Angst habe, die Übergabe im Hotel durchzuführen. Man kam überein, dass VP und VE mit einem Pkw hinter Wilson zu einem von diesem vorgeschlagenen Ort herfahren sollten, um das Kokain zu übergeben. Dieser Vorschlag wurde nach Rücksprache Wilsons mit dessen Kontaktperson über die Mobil-Tel.-Nr. 0139-3122 angenommen. Wilson fuhr in den nordöstlichen Stadtbezirk von Santa Cruz, entfernte sich dort und kam nach ca. 30 Minuten mit seinem Fahrzeug zurück. In seiner Begleitung befand sich eine unbekannte männliche Person, ca. 28 Jahre alt, Mütze, Sonnenbrille. Wilson entnahm seinem Fahrzeug eine Plastiktasche, die mit Kokain gefüllt war, und verpackte diese in den im Fahrzeug von VE und VP befindlichen Koffer. Ferner übergab Wilson eine Handwaage.«

Verpackt lag das Kokain nun in einem Aluminiumkoffer, der mit einem roten Klebeband gekennzeichnet wurde. Planmäßig wurde das brisante Gepäckstück von Santa Cruz in Bolivien mit einem von BKA-Beamten angemieteten Flugzeug nach Brasilien geflogen. Dann ging es weiter nach Miami und von dort anschließend nach Frankfurt, von wo es in einer Lufthansa-Maschine nach Amsterdam gelangte. Am nächsten Tag sollte der Abnehmer, Alfredo Rodríguez, um zehn Uhr im Amsterdamer Hotel Breukelen erscheinen. Aus dem Observierungsprotokoll der Polizei lässt sich der Fortgang der Aktion nachvollziehen.

»10.20 Uhr. Rodríguez erscheint im Hotel. Durch verdeckten Ermittler wird die Tasche an Alfredo übergeben. Alfredo befindet sich mit seinem Kind (rote Jacke) bei verdecktem Ermittler im Hotel. Er wird mit der Tasche vermutlich zum Bahnhof gehen und von dort aus mit seinem Kind zu den Abnehmern fahren. Es wird mitgeteilt, dass Alfredo mit seiner Tochter in der Stadt unterwegs ist. Über den Meldekopf wird bekannt, dass Alfredo außer Kontrolle geraten ist.« Die Observierung durch die holländische Polizei schien wohl etwas lückenhaft gewesen zu sein. Was Bunte nicht unbedingt zum Nachteil gereichte. Denn nun waren die Kolumbianer überzeugt, dass er tatsächlich über die Transportkapazitäten verfügte.
Am 12. Oktober 1992 teilte ein Vertreter des Drogenkartells daher Bunte mit, dass alles für die Übernahme von einer Tonne Kokain in Bolivien vorbereitet sei. Gleichzeitig ging beim Bundeskriminalamt eine Warnmeldung ein. Ihr zufolge sei der verdeckte Ermittler »M.« in Bolivien aufgeflogen, woraufhin beschlossen wurde, ihn sofort aus Südamerika abzuziehen. Vorausgegangen war ein empörtes Schreiben der deutschen Botschaft in La Paz an das Auswärtige Amt in Bonn: »M.« habe in einem Lokal die neunzehnjährige Tochter der Besitzerin tätlich angegriffen. Außerdem habe er die »ebenfalls anwesenden Damen aus dem Lokal mit ehrenrührigen Worten beleidigt«.

Es war eine Falle, in die »M.« hineintappte, die gleichwohl Aufschluss über bestimmte Verhältnisse gibt. Denn aus »M.s« Sicht spielte sich der Zwischenfall wie folgt ab: »Ohne ersichtlichen Grund stieß das junge Mädchen einen Schrei aus. Plötzlich verspürte ich einen heftigen Schlag am rechten Ohr und auf die Nase. Ich fiel zu Boden, erhielt noch einen Tritt und blieb benommen liegen.« Bei dem jungen Mädchen handelte es sich um die Tochter von »Titti«, der Lebensgefährtin des deutschen Restaurantinhabers. Obwohl »Titti« eigentlich wegen Drogenhandels im Gefängnis hätte sitzen müssen, hielt sie sich häufig im Lokal auf. Den Urlaub verdankte sie einer Richterin, die bekannt dafür war, dass sie Drogenhändlern großzügig Freigänge gewährte. Nachdem der BKA-Beamte diesen Sachverhalt der obersten Staatsanwältin geschildert hatte, wurde an einem Wochenende im Gefängnis von Santa Cruz eine Razzia durchgeführt. 80 Prozent der Gefangenen glänzten aufgrund der Großmütigkeit dieser Richterin durch Abwesenheit. »Titti« erhielt danach keinen Ausgang mehr. Und weil die Mitwirkung des BKA-Beamten im Lokal bekannt geworden war, rächte sich ihre Tochter nun auf die erwähnte Art und Weise. Es war jedenfalls das Aus für den verdeckten Ermittler und der Abbruch der »Operation Evita«.
Am 11. Januar 1993 ging ein Schreiben von der deutschen Botschaft La Paz in Wiesbaden ein, das die Schilderung von »M.« bestätigte. »Die Policia Nacional erklärte der Botschaft, dass Titti, die derzeit eine mehrjährige Freiheitsstrafe wegen Drogenhandels im Gefängnis Palmazola verbüße, damals die Wachen des Gefängnisses bestochen und sich in den Hinterräumen des Restaurants aufgehalten habe. Sie habe eigenen Angaben zufolge den Überfall organisiert und den Vorfall später bei ihrer Rückkehr im Gefängnis mit folgenden Worten kommentiert: 'Das war das Schwein, das mich hierher gebracht hat. Dafür musste er büßen.'«

[Roth, Jürgen <1945 - >: Schmutzige Hände : wie die westlichen Staaten mit der Drogenmafia kooperieren. -- München : Bertelsmann, ©2000. -- ISBN 3570001164. -- S. 157 - 159. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}]

1992-09-30

Unterzeichnung des Doppelbesteuerungsabkommens mit Deutschland: Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bolivien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen [Volltext onnline: http://www.jura.uni-sb.de/BGBl/TEIL2/1994/19941087.2.HTML. -- Zugriff am 2002-10-11]

1992-10-12

500-Jahrfeier der "Entdeckung" Amerikas bzw. der spanischen Invasion in Amerika. Die Chipayas (Urus) gedenken auf ihre Weise dieses für die ursprünglichen Einwohner Amerikas verhängnisvollen Ereignisses durch Demonstrationen und Straßenblockaden.


Abb.: Protestmarsch der Uru-Chipaya gegen ihre "Entdeckung"

[Bildquelle: Zerda Ghetti, Jorge de: Chipay : zoynaca kamaña naazni tuakajña = Los chipayas : modeladores del espacio. .. La paz : IIFAA-UMSA, 1993. -- Depósito legal 4-1-550-92. -- S. 13]

1992-10-19

Im Rahmen des Andenpakts schafft Bolivien die Zölle für Importe aus Kolumbien, Ekuador und Venezuela ab. Da Peru mit dem Beitritt zum freien Binnenmarkt noch abwartet, ist die wirtschaftliche Bedeutung dieses freien Binnenmarkts gering.

1992-10-21

Hugo Banzer Suárez (1926, Concepción - 2002, santa Cruz) erklärt, dass eine Koalition aus ADN (Acción Democrática Nacionalista), DC (Democracia Cristiana) und MIR (Movimento de Izquierda Revolucionaria) unter seiner Führung bei den Präsidentschaftswahlen im Juni 1993 als Acuerdo Patriótico (AP) auftreten wird.

1992-10-23

Die Weltbank will 70% einer Kredites von US$ 35 Mio. zur Unterstützung von COMIBOL auszahlen. Bedingungen sind:

1992-10-29

Frankreich gewährt für Reformen des Bildungswesens US$ 273 Mio.

1992-11-12

Aufhebung des Zolls für etwa 6.000 Produkte. Besonders Peru profitiert von den günstigen Importmöglichkeiten.

1992-12-07

Das Parlament beschließt einstimmig, dem Präsidenten Perus, Alberto Fujimori (1938 - ; Präsident 1990 - 2000), bei seinem geplanten Staatsbesuch keine Ehre zu erweisen. Daraufhin sagt dieser seinen Besuch "aus gesundheitlichen Gründen" ab.

1992-12-08

Nach Angaben der CEPAL leben 50% der bolivianischen Haushalte unter der Armutsgrenze. 26% leben in Not.

1993

1993

Politischer Jahresüberblick
"Innenpolitisch bedeutsam ist im Zusammenhang mit dem Ergebnis der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen vom Juni die Beendigung des Regierungsbündnisses Acuerdo Patriótico und der Rückzug von Hugo Banzer aus der aktiven Politik. Dem im August vom Parlament erwartungsgemäß gewählten neuen Präsidenten Gonzalo Sánchez de Lozada steht als Vizepräsident erstmals ein Politiker indianischer Herkunft zur Seite: Víctor Hugo Cárdenas. Die neue politische Führung gibt sich bürgernah; bis zum Jahresende kann jedoch keine entscheidende Wende herbeigeführt werden. - Außenpolitisch kommt es durch einen von dem scheidenden Präsidenten Jaime Paz Zamora verursachten Eklat vorübergehend zu Spannungen mit Chile, die aber von den neugewähiten Regierungen beider Länder vor Jahresende wieder bereinigt werden. Auslöser war wiederum das Thema "Zugang zum Meer". - In der Wirtschafts- und Sozialpolitik steht die neue Regierung Sánchez de Lozada vor langwierigen Verhandlungen mit dem Zentralverband der Gewerkschaften COB, um angesichts einer allgemeinen Rezession ihre Vorstellungen von Notplänen durchzusetzen. Mit der Weltbank kommt es vor Jahresende zum erfolgreichen Abschluss großzügiger neuer Kreditlinien. "

[Lateinamerika Jahrbuch / Institut für Iberoamerika-Kunde <Hamburg>. -- Frankfurt a. M. : Vervuert. -- ISSN 0943-0318. -- Bd. 2 (1993). -- ISBN 3-89354-422-4. -- S. 159]

1993

Gründung der alternativen Zeitung El Caraspas

"El Caraspas: Eine ganz andere Zeitung wird zwei Jahre alt

»Wenn ich diese Einladung aushändige, bin ich morgen entlassen.« Das Vorzimmer von Brauereichef und Möchtegernpräsident Max Fernández war Endstation. Dabei wollte Rafael »Toto« Loayza lediglich den Politiker persönlich zur Eröffnung der Jubiläumsausstellung von El Caraspas einladen, so wie alle anderen namhaften Politiker auch, die in der zwei Jahre alt gewordenen Zeitung regelmäßig aufs Korn genommen werden. Am 29. August durften die Caraspas in der Stiftung Ultima Hora mit der Ausstellung aller ihrer Titelseiten und dazu der besten Fotomontagen feiern. Ihr Cocktail aus Satire, »ernsten« Artikeln und Literatur hat zwei Jahre lang nicht nur überlebt, sondern ist Teil der bolivianischen Presselandschaft geworden.

Eine hatte es doch gewagt. Zwar war die crème de la crème der bolivianischen Politik an diesem Abend auf einem anderen Empfang versammelt, aber Wilma Plata, die Chefin der trotzkistischen LehrerInnengewerkschaft ließ sich lächelnd neben den ausgestellten Caraspas-Montagen fotografieren, auf denen sie wahlweise als Boxerin oder Rockstar erscheint. Ihr konnte der Humor allerdings leichter fallen als Max Fernández, dessen Konterfei schon als Illustration für Analphabetismus diente. Enzo de Lucca, im Caraspas zuständig für Fotos, Montagen und graphische Gestaltung, wusste, warum er sich vor dem versammelten Ausstellungspublikum vorsorglich im Namen der Redaktion für »möglicherweise begangene Exzesse« entschuldigte. Nicht jeder im katholischen Bolivien hat beispielsweise Verständnis dafür, wenn Ex-Präsident Jaime Paz Zamora, schwer unter Beschuss wegen angeblicher Kontakte zum Drogenbusiness, unter der Überschrift »Jaime glaubt, dass er wiederaufersteht« als Christus beim letzten Abendmahl erscheint, umringt von namhaften Oppositionspolitikern im Gewande seiner Jünger.

Die Fotomontagen sorgen dafür, dass jeden Monat die Titelseite des neuen Caraspas zum Blickfang an den Zeitungsständen wird. Und dann stehen sie alle da, vom beschlipsten Beamten bis zum Arbeiter, von der Studentin bis zur Zigarettenverkäuferin von der nächsten Ecke, und amüsieren sich köstlich, wenn Max Fernández mit seinem Konkurrenten Carlos Palenque als eng umschlungenes Liebespaar erscheint oder Präsident Gonzalo Sánchez de Lozada mit verzücktem Blick in Ritterrüstung am Computer sitzt. Dabei stellt Satirisches nur einen Teil der monatlich mit 16 Seiten erscheinenden Zeitung. Die Ausgabe No. 25 vom August '95 bietet eine wilde Mischung: Neben der »Chronik einer angekündigten Hirntransplantation«, illustriert mit - na wem - Max Fernández mit Schwimmflügelchen und Badekappe, finden sich Ausführungen zur Krise des bolivianischen Finanzsystems; auf einen Aufruf zur Rettung der öffentlichen Bedürfnisanstalten von La Paz folgt ein Artikel über innerfamiliäre
Gewalt. Auch die Poesie darf nicht zu kurz kommen, um dann zu den desclasificados überzugehen, dem ganz besonderen Anzeigenteil. Kostprobe: »Coca! Ohne dich bin ich nichts, gez. Cola«.

»Es gab so viele Leute, die schreiben wollten und nicht wussten, wo sie veröffentlichen konnten. Für sie alle soll der Caraspas ein Forum sein«. Verónica Córdova ist zusammen mit Toto Loayza letztes verbliebenes Gründungsmitglied in der Caraspas-Redaktion, die nach der Flaute jetzt wieder zehn Mitglieder zwischen 20 und 30 Jahren hat. Grundprinzip, so Verónica, ist die Offenheit für Beiträge der Leser und Leserinnen. Und so kann es auch passieren, dass sich die Redaktion über einen grenzenlos langweiligen Artikel echauffiert. Aber rein kommt er trotzdem, schließlich wurde er von einem Leser geschickt. Zu allererst geht es den Caraspas darum, Freiräume zu schaffen für potentielle Autoren und Autorinnen. Eine redaktionelle Linie, ein journalistisches Profil, ist zweitrangig und bestenfalls auf der satirischen Seite zu erkennen, aber wozu auch? Einladen zum Schreiben ohne Rücksicht auf Zwänge, motivieren dazu, eigene Gedanken und Texte der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und damit auch zur Diskussion zu stellen: Die Prioritäten der Caraspas-Redaktion sind klar abgesteckt. Ob doch einmal ein Artikel abgelehnt wird, diskutieren die Caraspas am Einzelfall. Ein Interview mit dem kubanischen Außenminister Roberto Robaina gab einmal Anlass dazu, bei anderer Gelegenheit ein Gedicht über Che
Guevara, aber es gilt: »Im Zweifelsfall für den Artikel.«

In dubio pro artículo

Ein sine qua non für die Caraspas ist ihre Unabhängigkeit, kein leichtes Unterfangen in einem Land wie Bolivien, in dem Medien in der Regel am finanziellen Tropf ihres Eigentümers hängen, der selbstverständlich auch die inhaltlichen Vorgaben beisteuert. Für die ersten Caraspas-Ausgaben, die mit einer Auflage von 500 Exemplaren erschienen, stellte ein Eigenbeitrag der Redaktionsmitglieder die finanzielle Basis dar. Auch der Verkauf der Zeitung wurde von ihren MacherInnen selbst übernommen. »Vor der sechsten Ausgabe stellte sich die Frage: entweder Werbung reinnehmen oder einen Sponsor suchen«, erzählt Toto. Die Entscheidung fiel nach harter Diskussion für die Werbung aus, zu groß war die Angst davor, von einem übermächtigen Geldgeber abhängig zu werden und die inhaltliche Autonomie zu verlieren. Dabei fehlt es nicht an Angeboten.

Die Tageszeitung La Razón, die der Regierung nicht unbedingt feindlich gegenübersteht, wollte, so Toto, den Caraspas im August 1994 zu einer regelmäßigen Beilage machen. Aus dem Umfeld des heutigen Rektors der staatlichen Universität San Andrés, Pablo Ramos, sei einmal das Angebot gekommen, 1000 Dollar beizusteuern, sollte Ramos entsprechend publizistischen Raum in der Zeitung bekommen. Die Caraspas lehnten ab, und sie haben es auch ohne Sponsor geschafft, so gerade eben mit dem Verkauf der Zeitung ihre Kosten zu decken. Die Auflage von inzwischen 2000 Exemplaren monatlich wird immer noch vor allem in La Paz zum Einzelpreis von umgerechnet 70 Pfennigen verkauft, aber auch in den anderen Städten findet sich nach und nach ein Caraspas-Publikum. Die Probleme sind eher vertriebstechnische. In La Paz läuft der Caraspas über einen Verteiler, über den die Kioske auch mit anderen Zeitungen versorgt werden. In der Minenstadt Oruro lief der Verkauf auch schon an, bis einmal ein ganzer Stapel Exemplare verschwand - der Verlust blieb an der Redaktion hängen. Abonnements sind noch Zukunftsmusik. Die Post ist zu teuer, noch ist der Caraspas eine reine Kioskzeitung. Wo formale Absicherung nur bedingt effektiv ist, werden informelle Kontakte mobilisiert.

»Kommunistische Orgien«

»Wer kennt Leute in Sucre, die wiederum Kontakte haben könnten zu einem zuverlässigen Verteiler, wer kennt jemanden in Tarija? Und wie organisieren wir den Transport?« Die Redaktionssitzung, spontan einberufen für den Sonntagnachmittag, muss alles auf einmal regeln: Vertrieb, Akquisition von Werbekunden, Vorbereitung der nächsten Nummer, wer hat Zeit, tagsüber die Ausstellung zu öffnen etc... Und auch Auswertung und Kritik der letzten Nummer dürfen nicht zu kurz kommen: Der Leserbrief von einem gewissen Claudius wird zum Fall für den equivocario, die Rubrik »Berichtigungen und Entschuldigungen der Redaktion«: Von konsumistischen Orgien der Reichen hatte er gesprochen, beim Abtippen wurden kommunistische Orgien daraus.

Dejen de joder al MIR, »hört auf, den MIR zu verarschen«, bei Toto gingen schon einige anonyme Anrufe ein, wenn der eine oder andere Politiker, die eine oder andere Partei wieder einmal besonders schlecht weggekommen war. Eines morgens fand er vor dem Haus ein Caraspas-Exemplar in Fetzen. Warnungen? Bisher hatten sie keine weiteren Folgen. »Ein kräftiger Windstoß, und wir liegen am Boden«, sagt Enzo, und er redet nicht nur von obskuren Anrufen. Der Caraspas bewegt sich in einer Grauzone, ist noch immer ein Blatt, das von einer Handvoll Privatpersonen hergestellt und vertrieben wird, ohne es mit allen formalen Regelungen der Zeitungsherstellung allzu genau zu nehmen. Eine Klage gegen den Caraspas, sei es wegen presserechtlicher Detailfragen oder wegen Beleidigung, die Kosten eines Verfahrens selbst bei guten Aussichten auf Erfolg könnten das Ende der Zeitung bedeuten.

Aber die Caraspas haben auch hochgestellte Freunde und Freundinnen. Nach Erscheinen der besagten Nummer, in der das Bild von Max Fernández zur Erläuterung von Analphabetismus erschien, klingelte bei Toto das Telefon, am Apparat der Senat der Republik Bolivien, zunächst ein Schock, wie sich Toto erinnert. Aber es ging um eine Bestellung. Die Abgeordneten hätten sich beschwert, dass der Caraspas in der Bibliothek nicht regelmäßig zur Verfügung stünde, so die Dame am anderen Ende der Leitung, ob sich die Redaktion wohl um die regelmäßige Lieferung kümmern könne. Und aus gut unterrichteter Quelle ist zu vernehmen, dass so mancher Abgeordnete gern seinen politischen Gegnern die entsprechenden Fotomontagen aus dem Caraspas an den Sessel heftet.

Weder »Nieder mit ...« noch »Hoch die ...«

Ist der Caraspas ein Symbol für eine neue Generation von Jugendlichen? Symbol für eine Generation, die keinem großen theoretischen Entwurf mehr vertraut, die nicht mehr in der dualistischen Welt von Diktatur und Widerstand aufgewachsen ist, sondern im Alltag einer parlamentarischen Demokratie, in der alle Politiker, ob rechts oder links, im Verdacht stehen, mit Worthülsen ihre persönlichen Interessen zu kaschieren? Der Journalist Rafael Archondo stellt in der Wochenendbeilage ventana von La Razón die Frage und fügt hinzu: »Die Caraspas-Generation hat mit dem komplizierten Problem zu tun, unmögliche, aber notwendige Träume zu entwerfen: Tod den Korrupten, nieder mit den Totalitarismen aller Art!« Mag sein, dass die Caraspas einen pragmatischeren, unideologischeren Zugang zu Politik und ihrer eigenen journalistischen Arbeit haben als die Generation ihrer Eltern. Parolen von der Sorte »Nieder mit...« oder »Tod den...« sind nicht Caraspas-Stil, ganz im Gegenteil: hohles Pathos wird sofort zur Zielscheibe, egal von wem es kommt. »Wir teilen keine Rezepte zur Rettung der Welt aus«, so Enzo im Interview mit Rafael Archondo, »wir sagen den Leuten nicht, 'schau, die Welt muss so oder so organisiert werden'. Wir sagen einfach nur 'seid nicht Komplizen von dem, womit ihr nicht einverstanden seid'.«

Ein Schuss Respektlosigkeit

Die Caraspas tragen zur bolivianischen Pressekultur einen Schuss Respektlosigkeit bei, den Willen zur Kritik gegenüber wem auch immer, wenn es nötig ist. Auch wenn die Zeitung es dem Leser oft schwer macht, nachzuvollziehen, warum der eine oder andere Artikel veröffentlicht werden musste, und auch wenn der satirische Pfeil manchmal im Fettnapf stecken bleibt, die Caraspas haben es geschafft, einen Akzent gegen den biederen Mainstream der bolivianischen Presse zu setzen. Dass der Caraspas nicht, wie so viele andere Blättchen, nach drei oder vier Nummern wieder eingegangen ist, dass die Zeichen ganz im Gegenteil auf Expansion stehen, ist Beleg genug für die Schwächen der etablierten Medien. Bleibt abzuwarten, ob sich die Caraspas ihre Respektlosigkeit bewahren können, denn ein großer Schritt in die Etablierung ist mit der öffentlichen Anerkennung anlässlich des Jubiläums schon vollzogen. Was nicht von selbst wieder verschwindet, wird integriert, dieser Mechanismus
des Umgangs mit oppositionellen Regungen ist nicht nur in Bolivien allzu bekannt.

Aber vorläufig wird weiter caraspiert, darf Evo Morales [1959, Orinoca - ], der Chef der Cocabauerngewerkschaft, als »Efo Moral-less« und »König des Chapare-Jet-Set« auftreten, darf über die Krawatte von Außenminister Antonio Araníbar, Marke »Coca Cannel«, spekuliert werden, die er schon zum Empfang der kubanischen Majestät Fidelio, dem Ersten und Letzten, getragen hatte und die er diesmal zum Gespräch mit US-Drogenzar Lee Brown zur Schau stellte, in dem es um die turbulenten Beziehungen zwischen dem Traumtypen von Hollywood, Juven Tud de Green Goland, und der vom rechten Weg abgeirrten Coca Indita aus Bolivien ging. Die Themen gehen Caraspas nicht aus.

Die Redaktion der LN gratuliert ihren bolivianischen KollegInnen zum Jubiläum. Manches kam uns beim Redigieren merkwürdig vertraut vor. Weiterhin viel Erfolg!"

[Quelle: Lateinamerika Nachrichten. -- 257 (1995-10)]

1993

Galeote Tormo, Jesús <OFM>: Manitana auqui besüro : gramática moderna de la lengua Chiquitana y vocabulario básico. -- Santa Cruz de la Sierra, 1993. -- 393 S. : Ill.


Abb.: Umschlagtitel

1993

Denominationen in El Alto
Denomination Bevölkerungsanteil
Católica Apostólica y Romana [römisch-katholisch] 66%
Asambleas de Dios Boliviana [Assembly of God]  7%
Iglesia del Nazareno 5%
Iglesia Adventista del Séptimo Día [Siebenttagsadventisten] 4%
Unión Bautista Boliviana [Baptisten] 3%
Iglesia de Jesucristo de los Santos de los Últimos Días [Mormonen] 3%
Asamblea de los Testigos de Jehová [Zeugen Jehovas] 2%
Iglesia de Dios Boliviana [Church of God] 2%
Iglesia Evangélica Boliviana de "Santidad" 1%
Iglesia Nacional Evangélica "Los Amigos" 1%
Andere 3%

Katholische Frauenorden und -kongregationen, die in El Alto tätig sind:

Zona Norte:

  1. Hijas de la Caridad de San Vicente de Paul
  2. Madre Teresa de Calcuta
  3. Misioneras Franciscanas de María
  4. Hijas de María Auxiliadora
  5. Adoratrices de la Sangre de Cristo
  6. Misioneras Aymarás
  7. Hnas. Apostólicas del Sagrado Corazón 
  8. Hnas. Religiosas Terciarias Trinitaria

Zona Sur:

  1. Hermanas Oblatas - Salesianas del Sagrado Corazón
  2. Instituto Sagrado Corazón de Jesús - Servían
  3. Hermanas de la Caridad de Santa Ana
  4. Misioneras Cruzadas de la Iglesia
  5. Franciscanas Hijas de la Misericordia
  6. Asociación Misionera Boliviana
  7. Comunidad Laicada de Nuestra Sra. de La Paz
  8. Comunidad Hermanas Salesianas del Sagrado Corazón de Jesús
  9. Comunidad Hijas de los Sagrados Corazones

1993

Vorwort des auch in Bolivien von katholischen Organisationen verbreiteten Pamphlets

Amatulli Valente, Flaviano <1938 - >: La iglesia catolica y el protestantismo : preguntas y respuestas. -- Lima (Peru), 1992. -- 126 S.

"Presentación

Es un hecho que Guatemala y El Salvador considerada por Estados Unidos como laboratorios experimentales para la conquista religiosa del continente latinoamericano. Según algunas estadísticas, alrededor del 30 % de la población guatemalteca y salvadoreña se pasó a uno que otro grupo religioso made in U.S.A.

Mediante la proliferación de las sectas, se pretende cortar las raices católicas de los pueblos latinoamericanos, para hacerlos más débiles frente a cualquier otro tipo de conquista a nivel cultural, ideológico, económico y político. Lo que en tiempos pasados se logró mediante la masonería, conquistando las élites, ahora se está logrando mediante las sectas, atacando y conquistando de una manera especial las masas populares.

Aceptando el concepto norteamericano de la religión como negocio santo, no es difícil encontrar a gente sin escrúpulo que se aviente en los asuntos religiosos para sacar el pan de cada día. Dada la situación económica por la que atraviesa el país, sin duda este tipo de negocio representa una gran tentación para muchos (ayuda del norte, diezmo, ofrenda, primicia, etc.).

En el fondo se trata de servirse de las sectas para confundir, dividir y distraer al pueblo de los grandes problemas qué afectan a la sociedad: un intento de resolver los conflictos políticos, económicos y sociales, volcándolos en la esfera de lo sobrenatural, y al mismo tiempo crear un clima de simpatía hacia el gran coloso del norte.

Pues bien, frente a esta situación, ¿qué podemos hacer para evitar el derrumbe del catolicismo en regiones enteras a causa de la agresión sistemática, organizada y capilar de las sectas? Tomar conciencia del problema a nivel eclesial y echar andar una serie de acciones tendientes a fortalecer la fe de los católicos y a cuestionar a los que se pasaron a una que otra secta.

Juan Pablo II en el discurso inaugural de la IV Conferencia General del Episcopado Latinoamericano, hablando del preocupante fenómeno de las sectas, nos marca la línea que debemos seguir:

"La Nueva Evangelizacíon ha de dar una respuesta integral, pronta y ágil, que fortalezca la fe católica en sus verdades fundamentales, en sus dimensiones individuales, familiares y sociales".

Es el objetivo de este folleto escrito por el P. Flavíano Amatulli, que desde muchos años se viene dedicando con gran espíritu misionero a la defensa de la fe y de la ortodoxia católica de nuestro pueblo.

Sus publicaciones, sus charlas por radió y cursos de predicación, las conversiones clamorosas que ha logrado a través de debates públicos y privados le han dado una gran fama y renombre.

Ojalá que esta publicación sirva a fortalecer la fe de nuestro pueblo sencillo y bueno, extraordinariamente católico, para que no se deje ya llevar por la forma sugestiva y clamorosa con que las sectas tratan de instrumentalizarlo, sino por las cosas buenas que tratamos de enseñarle, de acuerdo a la fe que hemos recibido en la única Iglesia verdadera.

Mons. Modesto López Portillo, Director nacional de Misiones.
San Salvador, El Salvador 1 de Mayo de 1993." [S. 3f.]


Abb.: Die nordamerikanischen Sekten können den Fels Petrus (die italienisch-spanische Sekte) nicht bezwingen [a.a.O. S.6]

1993

Rocha Monroy, Enrique <1932, Tarija - >: Yo, señores, soy Choke Yapu Marka. --  La Paz : Ediciones Casa de la Cultura, 1993.  -- 224 S. : Ill. 

Daraus die Erzählung Domingo de la sirvienta:

"Sonntag der Dienstmädchen

Lass die Zöpfe schwingen, lass Deine Sorgen,
zieh Deine Polleras an. Heute ist Sonntag!
Huayño von Manuel Monroy Chazarreta

Am Anfang waren sie Mitanis und im Laufe der Zeit wurden sie zu Kholas, Mochas, Fámulas, Nodrizas, Nanas, Mucamas, Fregatrices, Azafatas, Criadas, Sirvientas, Asistentas, Cocineras, Chinas, Doncellas, Fregonas. Heute will die progressive Denkweise sie aus ihrer verbalen Sklaverei erretten und gibt ihnen den Namen Hausangestellte.

An den Sonntagen drängen sie sich, ohne von ihrer semantischen Befreiung zu wissen, durch die Türen der Mikros und Busse, treffen sich auf der Plaza Murillo, in Churubamba, um sich auf glänzendem Fotopapier mit Pollera und Borsalino verewigen zu lassen, auf dem der Fotograf dann noch die schreienden Farben der Retouche anbringt, sie treffen sich auf dem Kinderspielplatz und in dessen näherer Umgebung, sie kommen auf den Laikakota und ergreifen Besitz von den Bänken auf der Rioshino, der Plaza San Pedro, der Flaniermeile El Prado, führen die schwarzen Zöpfe spazieren, und man hört die Lieder, die sie mit danebenliegender Fistelstimme vor sich hinsingen.

Ihre Anwesenheit ist überwältigend. Sie genießen das Leben in vollen Zügen, füllen die Parks und die Volkskinos mit ihren mit bunten Bändern geschmückten Zöpfen und Polleras, die in dem leichten Wind herumschwingen, der sie an den Wind auf dem Altiplano erinnert. Goldene Röschen, wie das reife Korn in den Tälern, in der Menschenmenge der Vormittagsvorstellung. Braune Flut aus den Yungas; und ein neues Kleid aus rotem, glänzendem Stoff, der verspielt um die Beine herumwippt und an die Abenddämmerung im Urwald erinnert. In der Art, wie sie die Straßen für sich einnehmen, ist eine wilde Freude. Es ist, als ob eine bisher eingeschlossene Katze wieder frei durch die Welt spazieren könne.

Etwas Katzenartiges hat diese sonntägliche Glückseligkeit dieser Wochenend-Frauen.

Sie ist der Ausdruck der Freiheit. Genau wie der einer Katze, die ungehindert dem Dachrand entlang spazieren kann. An den Sonntagnachmittagen ist die Stadt voll von diesen Gesten der Befreiung eines Wesens, das sich buchstäblich die Ketten seiner Knechtschaft abgestreift hat.

Was diese Mädchen ununterbrochen tun, ist lachen. Sie kichern wegen allem. Weil die Fliege fliegt, weil der Bus nicht kommt, weil die eine zur anderen etwas gesagt hat, weil sie sich anschauen und die Freude darüber, sich zu spüren, nicht aushalten können, alles in allem ihren freien Tag genießen.

Untergehakt gehen sie zur Garita de Lima, um den Mittelpunkt im Leben ihrer Rasse wieder aufleben zu lassen; die Berge, den Wald, das Tiefland, den Altiplano, die Yungas, die Gegenden, wo sie geboren wurden, wieder in sich aufzunehmen. Für ein paar Stunden ist jetzt die Republik wirklich auf den Plätzen von La Paz versammelt, wo diese aus ihren jeweiligen Heimatorten angereisten jungfräulichen Blüten auf den Beginn der Gottesdienste in den Kirchen San Sebastián, San Juan de Dios, San Agustín, San Pedro, in der Kathedrale, Santo Domingo, San Francisco warten, oder auf der Pérez Velasco-Straße Spazierengehen, auf der Suche nach dem Bräutigam und dem Vater, dem >Geliebten<, der, wie in einer Szene aus der Fernsehserie, das Bild abrundet oder das glückliche Ende bringt, wie in einem mexikanischen Film, in dem das Mädchen den guten Verehrer trifft, der ihr die Ehe verspricht, oder wie in den Hörspielen, die sie in ihren Transistorradios verfolgen, während sie in den Küchen Kartoffeln schälen.

Ohne das Trauerspiel, die Enttäuschung, die Einsamkeit, die Schutzlosigkeit zu vergessen, die der freie Tag nicht auslöscht, kann man sagen, dass die Sonntage für sie die Tage der Begegnung sind. Sie treffen sich mit ihresgleichen, ihren Freundinnen, der Familie, den Kindern, der Straße, sie haben ihre Erlebnisse mit den Autos, den Luftballons, der Apfelsine, der Banane, den Erdnüssen, den gerösteten Bohnen, mit Popcorn und allerlei Gebratenem, mit Süßigkeiten, Zuckerwatte und Schleckereien verkaufenden Straßenhändlern, mit Soldaten und Gendarmen.

Mit geröteten Wangen warten sie, bis sie an der Reihe sind, in die Badehäuser - manchmal mit ihrem Begleiter - in der IllampuStraße, die Sauna in der Tumusla-Straße oder die Duschen in den Straßen Canónigo Ayllón, Manco Kapac, Chuqisaca eingelassen zu werden. Man kann junge Mädchen beobachten, die sich tatsächlich an die Wände klammern, um den Bitten ihrer Galane nicht nachzugeben, die für ein Zeichen ihrer Zuneigung die große Liebe versprechen.

In den Kinos Ebro, Murillo, Colón, París, México, Monumental Roby sieht keine von ihnen wirklich den dort laufenden Film. Die einen, weil sie mit der Krake kämpfen, in die sich plötzlich der Körper ihres Geliebten verwandelt hat. Die anderen, weil sie es nicht ertragen, allein zu sein. Gemeint sind hier die jungen Mädchen. Die älteren Frauen haben schon die Beweise dafür dabei, dass sie irgendwann nicht allein waren. Wenigstens ein Kind pro Kopf, weil die anderen vier im Dorf bei der Großmutter leben oder gestorben sind oder sonntags schon ihre eigenen Wege gehen.

Die Norm scheint die zu sein: es gibt kein Dienstmädchen, das ein Kind hat und nicht gleichzeitig auch eine Tragödie. Aber die Sonntage sind dazu da, den Früchten ihrer Liebschaften (oder ihres Unglücks) den Luxus einer Karussell-Fahrt oder des Hinuntersausens auf der gigantischen Rutschbahn auf dem Kinderspielplatz zu bieten; eine Vormittagsvorstellung im Zirkus auf der Cancha Zapata oder eine Aufführung im Freilichttheater. Das Festessen eines Chicharrón con chuño oder den Genuss eines Eises. Und in einigen Fällen gehört auch ein Besuch bei ihren Söhnen dazu, die im Gefängnis, in der Kaserne oder beim Jugendschutz sind.

Am Abend dann findet man sie in den Cafés der Japaner in der Comercio-Straße, in den Konditoreien in der Evaristo Valle-Straße, beim Essen von Hot-Dogs auf der Plaza Alonso de Mendoza, Kaffee und Marraquetas mit Käse verzehrend am Zentral-Bahnhof. Hunderte von ihnen verströmen auf der Tanzfläche des Hotel Tumusla schwitzend ihr Aroma, während sich in Richtung Süden lange Schlangen für die Rückfahrt zu den Häusern ihrer Dienstherren bilden oder in die Außenbezirke der Stadt, die heute ihnen gehört hat. Tatsächlich konnten sie durch ihre Straßen, ihre Parks ohne die ihnen in Munaypata, El Alto, den Vorstädten, selbst Obrajes, Cota Cota, Río Abajo angelegten Fesseln spazieren.

Im Schein der Straßenbeleuchtung vernimmt man das mittags zu hörende Lachen nicht mehr. Die Zeit hat ihnen das Lachen ausgetrieben; die Stunde der Knechtschaft rückt näher. Es ist die Nacht des Sonntags der Dienstmädchen!

So lasst uns doch, neben Sebastiana im Bus sitzend, ihre Geschichte miterleben:

»Was haben wir im >Don Gerardo< doch getanzt!« Das war, als ihre Dienstherren sie mit nach Cochabamba genommen haben: unvergesslicher Sonntag, an den sie sich seit fünf Monaten klar und deutlich erinnert. Das schöne Tal, das sie kennenlernte, rief Erinnerungen an die Hügel von Apolo in ihr wach, an das geliebte Dorf, wo sie geboren wurde. Der letzte Sonntag ihres Aufenthaltes in Cochabamba war der einzige freie Tag, den sie in vollen Zügen genoss. Früh am Morgen verließ sie, begleitet vom Dienstmädchen der befreundeten Familie ihrer Dienstherren, das Haus. Sie spazierten durch Cala Cala und ließen sich Zeit für Einkäufe auf dem Marktplatz. Nach dem Mittagessen zu Hause zog sich die nur sonntags erblühende Blume anmutig an, flanierte mit ihrer Freundin, dem Verehrer und einem anderen Jüngling um die Plaza 14 de Septiembre herum und lauschte dem sonntäglichen Platzkonzert, eingehüllt in die musikalischen Darbietungen der Trompete, Posaune, Klarinette, Pauke und Trommel. Nachmittags gingen sie zum Tanzen ins >Don Gerardo<. Das war etwas ganz anderes als die rituellen Tänze, an denen sie jedes Jahr bei den Chiriwanos von Apolo teilgenommen hatte.
Während sie durch das Busfenster die Nacht von La Paz betrachtet, wird sie trunken von diesem Sternenhimmel.

In ihrer Verzauberung ist ihr Kopf voll von magischen Vorstellungen.

Um acht Uhr abends streicht der scheppernde Wind um die Tanzfläche des >Don Gerardos und zwischen Musik, Schmeichelei, Gelächter und Tumult gebärdete sich der schlaue, spitzbübische Jüngling als ein bis über beide Ohren Verliebter. Familien-Ausflugslokal, das sich herausputzt mit weißer Tischdecke, die der Ober über den mit Bierschaum bespritzten Tisch breitet; und auf dem Beistelltischchen vor dem Holzkohlengrill, der seinen Rauch in den sich über allem spannenden, intensiv blauen Himmel schickt, die bereitgestellten Teller.

Sich seines Erfolgs sicher, zieht der schwarze Sänger mit seinen 28 verschiedenen Stimmlagen seine Schau ab. Angefangen bei den Beatles über Tina Charles, Olivia Newton John, die Gruppe ABBA, Pérez Prado, Los Cebollitos und alle Melodien, die seine verirrte, sich hoch hinaufschwingende Stimme, begleitet von der Gitarre und der elektrischen Orgel, hergibt. Während die Paare sich im Gedränge von Körpern und in der Mischung aus Kleidern und Polleras ineinander verschlingen.

Der Himmel ist wie aus Kanon, weiß, weil vom Neonlicht angestrahlt, geradezu fahlweiß. Und das Echo der Gläser bricht sich an den mit nackten Frauen und psychedelischen Figuren geschmückten Wänden.
Sebastianas Versprechen lässt das Gesicht des Jünglings beim stampfenden Reigen der nach dem Mambo Machagüay tanzenden Menge erstrahlen.

Ein Wechselspiel ungeordneter Bilder, die beim Tanzen nach der überschäumenden Musik, affektiert und kleinstädtisch, die Körper in hemmungslosem Freiheitsdrang aktivieren.

Der schwarze Sänger offenbart nichts, noch weniger erfindet er etwas, er ist nicht originell, wiederholt die Lieder und imitiert in einigen von ihnen mehrere Stimmen, singt unter Zuhilfenahme des Mikrofons im Chor; etwas ungewohnt, aber Sebastiana findet genau das, was sie sich als Begleitmusik für ihre Liebe erhofft hat. Und sie lauscht und genießt den Sänger und das Orchester und all die außergewöhnliche Fröhlichkeit, die sie zum ersten Mal erlebt.

Sebastiana versprüht, mit der in ihrem Heimatdorf Apolo üblichen Natürlichkeit und Frische, Ursprünglichkeit beim Tanzen.

Zum Schluss versteigen sich die Musiker und der Sänger derart in volkstümliche Musik, dass die Polleras bei der Quimba der gerade am häufigsten gespielten Cueca nur so fliegen. Langhaarig und stolz auf die ihrem Volk eigene Haarfülle, beenden sie das Fest mit einem schrillen und kurzen Ton bei voll aufgedrehter Verstärkeranlage; an der Wand aufgehängte Lautsprecher.

Die Trunkenheit, die hitzige und sternenklare Nacht, das ganz weibliche Dahinschreiten mit schwingenden Hüften; im Schatten der Bäume unzüchtiges Hinlangen an ihre üppigen und reifen Brüste, die Begierde und die Hingabe, all das hilft mit, dass der Riemen, der ihre Zöpfe zusammenhielt und ihren Körper einschnürte, welcher sich unter der Pollera - gebräuchliches Kleidungsstück ihres Volkes - verborgen hielt, eine endgültige und wunderschöne Liebe besiegelte.

Eine Stimme reißt sie aus ihrer Träumerei.

»Wir haben die Endstation erreicht! Steig aus, Cbolita, steig aus . . .«

Die rosa Troddeln ihres Umschlagtuches flattern durch die leeren Straßen in dieser sonntäglichen Nacht. Sie geht die Häuser-Blocks zurück, die der Bus schnell abgefahren hatte. Durch das Gewicht ihres mit dem Leibgurt der Pollera fest geschnürten Bauches - um die fünf Monate Schwangerschaft zu verbergen - fühlt sie sich ganz erschöpft.

Warum nimmt sie in dieser Sonntagsnacht nicht das Küchenmesser und schneidet ihren Leibgurt einfach durch, um stolz ihren Bauch einer Schwangeren vorzuzeigen?

Das wird sie als wirkliches und symbolisches Zeichen der Ablehnung dieser Heuchelei auch tun und wird sich glücklich fühlen mit dem Pochen ihres braunen Bauches und sehnsüchtig auf die Geburt dieses Produktes ihrer Liebe warten, das ganz allein ihr gehört, und nie wieder wird sie demütig vor Scham erröten."

[Übersetzung: Die Heimstatt des Tío : Erzählungen aus Bolivien / Manuel Vargas (Hrsg.). -- Zürich : Rotpunktverlag, ©1995. -- ISBN 3-85896-121-6. -- S. 113 - 118]

1993

Haller, Daniel <1955, Schweiz - >: Bolivianische Rezepte : von bitterer Politik und würziger Küche ; Kulturgeschichte Boliviens mit zahlreichen Kochrezepten. -- Zürich : Rotpunktverag, ©1993. -- 247 S. : Ill. -- ISBN 3-85869-081-3

"Rund um Salteñas

"In der Küche rumort es..." schrieb ich zu Beginn meiner Recherchen bolivianischer Rezepte ins Tagebuch. Vom Bett aus hörte ich, wie die Großmutter auf dem Batán - einer Steinplatte, auf der man einen halbmondförmigen Stein hin und her schaukelt - "Ají" mahlte, pikante Schoten, von denen die Paprika abstammt.

Als ich dann in die Küche kam, kochten die Kuhfüsse schon wieder blubbernd vor sich hin. Tags zuvor hatten wir sie auf dem Markt gekauft, was nicht einfach gewesen war: Wegen der Inflation versteckten die Händlerinnen alles. Lange Schlangen zeugten von der Knappheit, und im Markt regelten Polizisten mit gezogenem Knüppel den Andrang.

Auf Kuhfüsse könne man nicht verzichten, meinten meine Lehrmeisterinnen, wenn man "Salteñas" machen wolle. Diese hatten ursprünglich "Empanadas de caldo chuquisaqueño" geheißen, was "eingebackene Suppe aus Chuquisaca" bedeutet. Die Herkunft aus Sucre war also klar und auch die Füllung dieser Krapfen: suppig saftig. Die würzige Brühe, die den Fingern entlang in die Ärmel läuft, oder das Kleid (und nicht zuletzt die für Behördenmitglieder unentbehrliche Krawatte) bekleckert, ist ein wesentliches Qualitätsmerkmal einer Salteña. Zutaten wie Fleisch, Kartoffeln oder Oliven in Teig verpacken, kann schließlich jeder, aber eine Suppe einhacken, ohne dass sie schon im Ofen ausläuft, ist die Herausforderung bolivianischer Kochkunst...

Genießer müssen sie gewesen sein, die Spanier jener Zeit, als Sucre Residenzstadt der Silberminen-Besitzer aus Potosí und der Kolonialverwaltung war. In den Anden waren sie als Eroberer auf eine Hochkultur gestoßen, auf deren Kosten sie schnell reich wurden. Das erleichterte die Entfaltung der iberischen Küche, mit der sie viele arabische Elemente in die neue Welt brachten - unter anderem vielerlei Arten von Krapfen. Diese "Empanadas" sind über ganz Lateinamerika verbreitet, und Patrioten aller Länder streiten glühend um die kulinarische Vaterschaft, ein Kampf, der sich auf nationaler Ebene zwischen den Regionen fortsetzt. So behauptete 1946 einer der ersten Autoren, der sich der Beschreibung der bolivianischen Küche widmete, die Salteña stamme aus Potosí, womit er vermutlich ein gutes Stück Wahrheit getroffen hat.

Ihr heutiger Name deutet aber auf Salta in Nordargentinien. Soll das heißen, dass die bolivianische National-Teigtasche argentinischen Ursprungs ist? Kann man diese Schande auf sich sitzen lassen?

Da wirft sich ein "Chapaco" - ein Bürger Tarijas - in die Bresche: Vor Jahren sei eine der legendär schönen Töchter der Stadt nach Salta ausgewandert und habe dort den Argentiniern gezeigt, wie man ordentliche Empanadas mache. Als sie nach Tarija zurückkehrte, verkaufte sie weiter ihre Empanadas. Diese schmeckten dem Volk, und es nannte sie nach dem Spitznamen der Köchin, "Salteña".

So konnte die nationalkulinarische Ehre gerade noch gerettet werden, aber nicht ohne spitzbübischerweise Tarija zum Geburtsort der Spezialität zu erklären, mit dem Hinweis, dass dort alles besser schmecke... Die felsenfeste Überzeugung eines Chapaco lässt sich nicht erschüttern, und so unrecht hat er nicht: Die nordargentinischen Provinzen Salta und Tucumán versorgten in der Kolonialzeit die Silbermetropole Potosí mit Nahrung und orientierten sich wirtschaftlich in Richtung Hoch-Peru, das später Bolivien wurde. In Salta und Tucumán war selbst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bolivianisches Geld das gängige Zahlungsmittel, und verräterisch nennt sich die im Fett gebackene Schwester der Salteña "Tucumana" - kulinarische Zeuginnen vergangener Zeit, als Bolivien wegen seines Silbers noch ein wirtschaftliches Zentrum war.

Meine Salteña-Lehre machte ich letztlich doch in Sucre. Vormittags ging die Tochter auf den Markt Fleisch suchen - vergebens. Wir schrieben das Jahr 1983, die Spekulation mit Lebensmitteln blühte, die Händler horteten, während das Volk Schlange stand.

Um die Salteñas zu retten - schließlich hatten wir schon in die Kuhfüsse investiert -, ging auch die Großmutter Fleisch suchen und kam -in Krisenzeiten - muss man flexibel sein - mit einem Huhn zurück.

Ein Messer wurde auf dem Batán gewetzt, Blut spritzte im Höfchen, heftiges Flattern und Zucken, Federn flogen. Ich stellte mir die Szene in einer europäischen Chromstahlkochnische vor und musste heimlich lachen. Schnell gerupft, abgebrüht und ausgenommen kam der Vogel zu den Kuhfüssen in den Topf.

Der Nachmittag verging mit Kartoffelschälen, Erbsen-Aushülsen und Schneiden der Zwiebeln mitsamt ihrem Kraut. Großmutter gab den in der Frühe gemahlenen roten Aji-Brei mit Fett in einen Topf, erhitzte ihn kurz und goss den dunkelrot gefärbten Schmalz in einen Teller, den sie beiseite stellte. Danach fischte sie Kuhfüsse und Huhn aus der Brühe, von der sie die Hälfte zum Ají schüttete, Zwiebeln, Erbsen und gehackte Petersilie dazugab. Nachdem alles eine Weile gekocht hatte, würzte sie mit einem Esslöffel Orégano. Derweil rupften wir das gare, abgekühlte Huhn in kleine Stücke, die - es war längst dunkel draußen - mit in die Suppe kamen. Eine halbe Tasse Zucker und vorsichtiges Abschmecken mit Salz vollendeten das Werk des Tages.

Sonntag Morgen. Wieder weckten mich Geräusche aus der Küche. Aus Angst, ich könnte etwas verpassen und deshalb mein Salteña-Rezept nicht vervollständigen, erhob ich mich. In der Küche war Großmutter "nur" dabei aufzuräumen. Schon um fünf hatte sie auf dem Campesino-Markt Holz gekauft und es eine halbe Stunde weit im Tragetuch hergeschleppt. In Bolivien steht das Volk früh auf. In den Stadtteilen des Volks sind bei Tagesanbruch Strassen und Markt längst belebt, während in den Mittelschichtsvierteln die Busse erst ab acht fahren. Nicht nur klimatisch reichen die Extreme vom ewigen Schnee bis in die Tropen: Die Unterschiede zwischen arm und reich sind kaum sonstwo so krass, und die Grenzen zwischen Klassen sind oft auch Demarkationslinien zwischen Kulturen.

Nach dem Frühstück verknetete meine Lehrerin Salzwasser und zweieinhalb Kilo Mehl zu einem trocken zähen Teig, den wir (in Ermangelung eines Wallholzes) mit einer Flasche auf dem Tisch der guten Stube (die Küche hätte nicht genug Platz geboten) dünn auswallten. Das erwies sich als harte Arbeit, denn die Masse zog sich immer wieder zusammen. Mit einer Plastikschüssel drückten wir Kreise in den Teig, die wir mit dem Messer ausschnitten. Aus statistischen Gründen stapelten wir je zehn Teigstücke aufeinander - fünfundsechzig wurden es.

Draußen entfachte die Tochter Feuer im Backofen. Fast eine Stunde dauerte es, bis die vom RUSS geschwärzten Wände wieder ihre ursprüngliche Farbe annahmen. Daran könne man erkennen, dass der Ofen die richtige Temperatur habe, belehrte sie mich. Während das Feuer brannte, belegten wir die Teigrondellen mit je einem Esslöffel der gelatinierten Füllung, hartgekochtem Ei und etwas Oliven. Dann feuchteten wir den Rand etwas an, klappten den Teig zusammen und drehten die Kante des geblähten Halbmondes nach oben. Die anderen kräuselten mit flinken Fingern die Naht so, dass sie das Aussehen einer Kordel erhielt, die über den Rücken der Salteñas lief. Ich dagegen erntete Lachen ob meiner Versuche, es gleichzutun.
Schließlich wurden die Salteñas mittels einer Feder des Huhnes mit dem am Vortag rot gefärbten Fett eingepinselt und kamen Blech um Blech in den Ofen. Schnell ging jemand noch Bier und Pepsi Cola kaufen, und als die ersten Salteñas, gescheckt wie Freiburger Kühe, aus dem Ofen kamen, konnte das Mahl beginnen.


Abb.: Salteña vor dem Backen

Es waren für lange Zeit die besten Salteñas, die ich essen sollte! Immer wieder musste ich mich fragen, was denn "typisch" sei für die bolivianische Küche: Die Salteñas, die man mir zuliebe nach dem traditionellen Rezept zubereitet hat oder jene, die eine abgekämpfte Mutter morgens um vier zubereitet, um sie auf der Strasse zu verkaufen und so das Überleben ihrer Kinder zu sichern? Die zuletzt genannten Salteñas verdienen ihren Namen nur noch selten; die Verelendung aufgrund der Verschuldungskrise und der neoliberalen Krisenwirtschaft entwöhnt die Bolivianer ihrer eigenen Gerichte. Den täglichen Mangel vor Augen, leben und essen die meisten nach dem Motto: "Wenn's was gibt, dann isst man, wenn's nichts gibt, muss man durchhalten."

Für ein Buch wie das vorliegende ist ein Kriterium für die Auswahl der Rezepte, dass man diese in Europa zubereiten kann. Gleichzeitig sollten sie sich aber auch von unserer Küche unterscheiden. Spiegelei mit - aus europäischer Sicht - verkochtem Reis ist zwar typisch für weite Landstriche, nachkochbar ist es auch, aber als Rezept hat es trotzdem keinen Platz gefunden... Wir könnten ohne weiteres auf einem Fest gut essen und schließlich die abgenagten Knochen einsammeln, um sie mehrere Tage für die Suppe auszukochen, die wir mit Gemüseresten anreichern. "Wenn's was gibt, dann isst man...", daran können wir mit Rezepten teilhaben. Aber Rezepte des "...wenn's nichts gibt, dann hält man durch" ohne Not zu imitieren, wäre das nicht Verhöhnung der Betroffenen?

Armut schmeckt nicht. Also fiel die Wahl hauptsächlich auf traditionelle Gerichte. Wenn ich Rezepte aufschreiben wollte, brachte ich meinen Informantinnen jeweils Fleisch, Huhn, Öl, Käse oder Eier mit. Standen schließlich die Teller dampfend auf dem Tisch, rechnete oft jemand nach, vor wievielen Jahren man sich diese Speise das letzte Mal hatte leisten können... Die Wirtschaftskrise ist für das Volk eine Ernährungskrise, nicht nur was Menge und Qualität der Speisen angeht, sondern auch kulinarisch. Der kulturelle Reichtum ist bedroht. Dabei wäre gerade er ein Hoffnungsschimmer, der Möglichkeiten von mehr Unabhängigkeit erahnen ließe...

In der Aymara-Region habe ich Rezepte nur in der Stadt protokolliert. Auf dem Land serviert man dem Gast das Essen möglichst abseits der Familie. Selten dringt ein Fremder in die Küche ein. Eine unsichtbare Grenze umgibt die Familie, eine Grenze, die sich gerade beim Essen zeigt. Und wenn ich dann doch das eine oder andere Mal in eine Küche kam, wäre es unschicklich gewesen, diese geduldete Grenzüberschreitung für Fragen und indiskretes Topfgucken zu missbrauchen. Ich hielt mich also an die Köchinnen in der Stadt. Und selbst da glaube ich, dass eine Frau andere Sachen gesehen und notiert hätte als ich.

Die Rezept-Auswahl ist somit ein subjektives Bild des Essens in Bolivien. Andererseits soll sie einen Ausschnitt des kulturellen Reichtums einiger bolivianischer Völker bieten und darstellen, dass sie eigene Methoden der Ernährung entwickelt haben und dass sie nicht als Bettler um Nahrungsmittelhilfe anzustehen brauchten.

Wenn die Gerichte nicht zu einer Beschönigung des Hungers werden sollen, muss der Mangel ebenso ein Thema sein wie das Essen. Bertold Brecht bemerkte treffend, dass über das Fleisch, das in der Küche fehlt, nicht in der Küche entschieden werde. Ernährungs-Geschichte ist Kultur-
und Agrar-Geschichte. Die Landwirtschaft ihrerseits ist Teil wirtschaftlicher, politischer und militärischer Strategie - unappetitliche Aspekte. Die lassen sich in einem Kochbuch nicht umfassend beschreiben, aber wo sie die Versorgung beeinflussen oder im Rahmen einer kulturellen Herrschafts-Strategie die Essgewohnheiten verändern, müssen sie mit einfließen.

Noch verhungern die Menschen in Bolivien nicht wie in Afrika, sie werden von Unterernährung "nur" geschwächt und sterben dann an einer "banalen" Krankheit. Die Ernährungssituation verschlechtert sich jedoch derart schnell, dass die Weltbank ein Programm ausgearbeitet hat, das denjenigen zugute kommen soll, die täglich weniger als 400 Kalorien zu sich nehmen.1 400 Kalorien ist die Grenze, unterhalb derer ein Mensch direkt verhungert. Ab dem Alter von sechs Jahren benötigt der Mensch 2000 Kalorien und mehr, um gesund zu leben! Geht Boliviens Weg in Richtung afrikanischer Hunger?

Der Grundton vieler Kapitel mag pessimistisch klingen. Sind sie realistisch genug? Der Sumpf der Probleme ist oft zu tief, um ihn zu ergründen. Trotz allem bin ich optimistisch, dass es dem bolivianischen Volk eines Tages gelingen wird, eine menschlichere Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung zu schaffen. Diese Zuversicht kann ich kaum begründen, vielleicht ist sie irrational. Ihre Wurzeln hat sie unter anderem in vielen menschlichen Qualitäten, die ich in der andinen Kultur, in der bolivianischen Lebensweise und bei Freundinnen und Freunden gefunden habe, in der Zähigkeit, mit der viele versuchen, trotz allem aufrecht zu leben, in der Fähigkeit, zu feiern und zu genießen - wenn's denn mal 'was gibt.

Es ist rund ein halbes Jahrtausend her, seit mit Kolumbus der Überfall auf Amerika begann. In den Anden trafen die Spanier auf eine Ordnung, deren Ziel es war, allen die Selbstversorgung zu ermöglichen. In einem Modell der Marktproduktion dagegen strebt jeder danach, ein Maximum an Gewinn zu erwirtschaften. Nicht die Gesamtheit dessen, was der Bauer produziert, ist wichtig, sondern jene Produkte, die mehr Gewinn erbringen. Der Konflikt zwischen diesen Denkweisen bestimmt bis heute die Ernährung Boliviens. Wie die Rezepte mit Zutaten sowohl andinen als auch europäischen Ursprungs zeigen, sind die Kulturen teilweise auch eine Verbindung eingegangen: Was wäre die iberisch-arabische Salteña ohne Ají und Kartoffeln aus den Anden?

Die kulturelle und klimatische Vielfalt Boliviens machte schließlich eine weitgehende Beschränkung auf Rezepte aus dem Hochland nötig. Dabei wird uns die Küche der Anden wider Erwarten wenig "exotisch" erscheinen: Vieles, was wir als "unsere" Küche betrachten, stammt ursprünglich aus Amerika (darunter verstehe ich den Kontinent, nicht die USA) und besonders aus den Anden: Kartoffeln, Mais, Paprika und Chili,
Erdnuss, Ananas, Avocados, Tomaten und Bohnen haben wir von den dortigen Bauern übernommen, so dass wir in diesen Zutaten längst nichts Fremdes mehr sehen. Die Kartoffel stammt aus den Anden, aus jener Region, zu der heute Bolivien zählt. Sie war der größte indianische Beitrag zur Industrialisierung Europas, ohne sie wäre unsere Geschichte anders verlaufen.

Gefühl und Erfahrung sind meist die einzigen "Messinstrumente" bolivianischer Köchinnen. Küchenwaagen sind praktisch unbekannt, und auf dem Markt verkauft man viele Zutaten nicht nach Gewicht, sondern als aufgeschichtete Häufchen. Beim Protokollieren in der Küche haben wir jeweils mit Tassen und Löffeln versucht, die Mengen zu bestimmen. Aber da jede Köchin ein bestimmtes Gericht auf ihre persönliche Weise zubereitet, wäre eine auf das Gramm genaue Maß-Angabe geradezu unbolivianisch. Entsprechend sollte man die Gerichte mit einem guten Maß gesunden Menschen- und Küchenverstandes zubereiten."

[a.a.O., S. 9 - 13]

"Andine Ergänzungswirtschaft

Damit alle Familien eine möglichst breite Auswahl an Nahrungsmitteln anpflanzen können, müssen sie Land mit einer maximalen Bandbreite agro-ökologischer Voraussetzungen nutzen, denn unterschiedliche Kartoffelsorten stellen verschiedene Anforderungen an die Böden. Beispiel: "Jank'u luk'i", eine für "Chuño" (Trockenkartoffel) verwendete "Bitter"-Kartoffel, benötigt schwarze Erde und wächst schlecht in sandigen Böden. "Purixa", eine Kartoffel, aus der man am besten "Khachuchuno" (Kartoffel, die man vor dem Kochen eine Nacht lang gefrieren lässt) zubereitet, wächst dagegen in sandigen Böden.

Quinua und Cañawa wachsen auch auf trockenen Böden. Kartoffeln benötigen dagegen mehr Wasser. Hätte eine Familie alles bewässerbare Land beansprucht und darauf unter anderem Quinua gesät, hätte sie knappen Kartoffelboden "verschwendet".

Statt eines großen Stücks zusammenhängenden Landes haben die Bauern es also vorgezogen, viele kleine Äckerchen zu besitzen, zerstreut in der Ebene, den Hügeln, dem Sumpf, am Flussufer, im Windschutz zwischen Felsen und am Hang liegend.

Die vernünftige Verteilung des Landes zu garantieren war Aufgabe des "Ayllus". Dies war - und ist es in abgewandelter Form in einigen Regionen heute noch - die Grundeinheit der andinen Gesellschaft: ursprünglich ein Clan von Blutsverwandten, mit gemeinsamer Herkunft und gemeinsamem Boden. Die Blutsverwandtschaft hat sich mit der Zeit gelockert und wurde durch ein Netz geistiger Verwandtschaften, den Patenschaften, ersetzt.
Außer den Privatparzellen rings um die Häuser der einzelne Familien hat das Land grundsätzlich dem Ayllu gehört. Jedem Haushalt hat die Gemeinschaft verschiedene Stücke des Gemeindelandes zugeteilt, und zwar so, dass alle ein Stück von jeder Boden-Sorte in jedem erreichbaren Klima bekamen. In gewissen Abständen hat man die Verteilung überprüft und, falls nötig, korrigiert.

Jede Familie sollte nach ihrer Grosse und ihren Notwendigkeiten über Land verfügen können. Es hat sich zwar das Gewohnheitsrecht eingespielt, dass sie immer die gleichen Äcker nutzte und diese auch vererbte, aber das Land ist Eigentum des Ayllus geblieben.

Dieser individuelle Besitz (im Sinn eines Nutzungsrechts), bei gleichzeitig gemeinschaftlichem Eigentum, ist flexibler als starres Privateigentum an Boden. Dadurch hat der Ayllu allen Mitgliedern den Zugang zur ganzen verfügbaren Breite ökologischer Ressourcen garantiert.

Diese Praxis ist oft mit einem Anbau-Zwang verbunden gewesen, denn auf einem bestimmten Acker des verteilten Gemeindelandes mussten alle das Gleiche sähen. Oft bestellte man gemeinsam das Feld, während dann alle ihr Stück individuell abernteten. Diese Kontrolle der Fruchtfolgen und Brachzeiten ließ niemanden in Versuchung geraten, den Boden auf Kosten der Gemeinschaft und der kommenden Generationen zu übernutzen.
Wie bereits erwähnt, führte das Ideal des ergänzenden Kombinierens einer möglichst großen Vielfalt verschiedener Ressourcen dazu, dass jeder Ayllu neben dem Kernland in der Puna auch Zugang zu anderen "ökologischen Stockwerken" angestrebt hat: Maisfelder in den Tälern, Cocapflanzungen in den Yungas und Lama-Weiden im Hochgebirge. Doch nur Gemeinden, die am Osthang der Anden liegen, haben die verschiedenen Klima-Etagen in einem einzigen, zusammenhängenden Territorium vereinen können. Die meisten mussten ihre Gebietsansprüche auf viele, weit auseinanderliegende Regionen verteilen. So kontrollierten größere Reiche (Ayllu-Föderationen), wie z.B. jene der Lupaqua oder Pacajes, Landstücke von der Pazifikküste bis an den östlichen FUSS der Anden, zerstreut über ein Gebiet, das heute zu Peru, Chile und Bolivien gehört.

Einzelne Familien konnten nur in einem Umkreis von wenigen Tagesmärschen Felder auf verschiedenen Klima-Stockwerken bewirtschaften. Lagen diese zu weit auseinander, musste der Ayllu als Ganzes die Kontrolle über die verschiedenen Klimazonen übernehmen, damit die kommunale Selbstversorgung gesichert blieb. Dazu schickte man Siedler, "Mitimaes", mit ihren Familien zu den entfernten Feldern. Sie ließen sich in der Kolonie fest nieder, behielten aber ihre Rechte im Heimat-Ayllu.

Mit Lama-Karawanen versorgte man die weit entfernt lebenden Verwandten mit den Hochland-Produkten wie Quinua, Cañawa, Chuflo, Charque und Wolle. Auf dem Rückweg brachten die Saumkolonnen von der Küste vor allem Guano-Dünger, Trockenfisch, getrocknete Algen, Mais und Ají mit. Aus den Tälern und Yungas auf der Ostseite der Anden transportierten sie ebenfalls Mais, Ají, Bohnen, Coca, Honig, vereinzelt Erdnuss und Früchte ins Kernland des Ayllus, zudem Vogelfedern für Festschmuck und Balsam und Kräuter für medizinische Zwecke.

In klimatisch begünstigten Gegenden lagen die Mitimae-Kolonien verschiedener Ayllus und Reiche dicht nebeneinander. Im Tal von Cochabamba, berühmt für seine Maisfelder, besetzten neben den Lupaqas auch die Caracaras, Charcas, Soras, Quillacas, Carangas, Chuis und Chichas
Landstücke. So wie die Familien-Äcker auf dem Gebiet des einzelnen Ayllus weit auseinander lagen, so erhob auch jeder Ayllu Anspruch auf fernab liegende, wie Inselgruppen verstreute Landstücke. Die Landkarte glich einem Mosaik sich ergänzender, kleinster Territorien.

Verbunden wurden diese nur durch die Lamakolonnen, welche zwischen den verschiedenen Teil-Stücken unterwegs waren. Die Andenbauern waren große Marschierer - und sind es teilweise heute noch -, die von der Pazifikküste bis in die Tropen des Ostens über oft mehr als 5000 m hohe Pässe den Raum durchmaßen, stets auf der Suche nach der optimalen Lebensmittelversorgung."

[a.a.O., S. 24 - 27]

"Einige Formen Andiner Gegenseitigkeit:
  • "Ayni" ist der Austausch von gleicher Arbeit, z.B. Feldvorbereitung oder Ernte.
  • Als "Mink'a" bezeichnet man Arbeit, welche durch Produkte vergolten wird, z.B. eine bestimmte Menge Kartoffeln pro Erntetag. Auf diese Weise können Bauern Saatgut von Sorten erhalten, die sie bisher nicht anpflanzten. In einigen Regionen gibt es die "Festliche Mink'a", bei welcher der Besitzer des bearbeiteten Ackers alle Helfer mit besonders gutem Essen und Alkohol bewirten muss. Bei praktisch allen Arbeiten, zu denen man andere mobilisiert, muss man ein kräftiges lassen auftragen. Auch in der Familie gilt: Wer arbeitet, muss essen, erhält die größten Stücke und gefülltesten Teller.
  • Die "Mita" waren Dienste, welche jeder zu dunsten der Allgemeinheit leisten musste, meistens um die Infrastruktur des Ayllus zu verbessern. Die Mita war auch die Verpflichtung, die Felder des "Curacas" (Obmann des Ayllus) zu bearbeiten. Sie wurde von den Inkas stark ausgebaut und von den Spaniern für die Arbeiten in den Silberbergwerken deformiert und missbraucht. Deswegen bezeichnet man diese Art von "Gegenseitigkeit" auf der Ebene der Gemeinde heute oft als "Faena".
  • Die "Sataqa" ist hingegen mehr eine Art Sozialversicherung für Witwen und Waisen, aber auch eine Methode, die Kinder zu erziehen: Die Begünstigten helfen bei der Feldvorbereitung und erhalten dafür das Recht, am Rande des Ackers einige Furchen mit eigenem Saatgut zu bepflanzen. Oft gibt der Vater seinen Kindern ab ihrem siebten Lebensjahr eine Furche in Sataqa. Sie pflanzen dort Kartoffeln, die sie im
    Vorjahr aus den abgeernteten Feldern gesucht haben. Der Ertrag gehört ihnen. Sie müssen davon Saatgut für das nächste Jahr zurückbehalten; den Überschuss können sie auf dem Markt verkaufen oder tauschen. Ab diesem Zeitpunkt sind die Kinder selbst dafür verantwortlich, ihren Besitz zu mehren und bis sie heiraten, Kleider, Saatgut usw. zu erwirtschaften. Wenn ein Bauer ein krankes Lama hat, das sterben wird, kann er dieses einer reicheren Familie geben, die es isst. Nach einem Jahr wird ihm diese ein gesundes Tier zurückerstatten, was man "Manq'ayaña" nennt.

Es gibt weit über ein Dutzend verschiedener Ausdrücke für ebenso viele Arten der Zusammenarbeit, welche allen den Zugriff auf den so wichtigen Produktionsfaktor Arbeit ermöglichen." [a.a.O., S. 29]

"Gastfreundschaft und Tellerservice:

In den Anden isst der Gast auf dem Land (außer bei Festen) allein. Die Gastgeberin stellt ihm den gefüllten Teller hin, dann zieht sich die Familie in die Küche zurück und isst dort für sich. Ab und zu schaut jemand nach, ob der Teller schon leer sei. Hat der Gast die riesigen Mengen bewältigt - nicht weil er so viel Hunger hatte, sondern um nicht undankbar zu scheinen - holt ein Kind den Teller und bringt ihn nochmals aufgefüllt zurück. Selbst wenn es dem Gast vorzüglich mundet und er schließlich so prall gefüllt ist, dass er kaum noch die Glieder bewegen kann, entschuldigt sich die Gastgeberin, dass sie nicht mehr und nichts besseres anzubieten habe. Auf Europäer wirkt dies zuerst befremdlich, ja fast als Zurückweisung, denn bei uns gilt gerade das gemeinsame Essen als Zeichen der Gastfreundlichkeit. Teilweise erklärt sich die Einsamkeit des Gastes mit dem ausgeprägten Autonomie-Bewusstsein der Familie, das dem Ideal der Selbstversorgungs-Autarkie entspricht: Wer nicht zur Familie gehört, wird zwar bewirtet, wie es sich gehört, darf aber nur in Ausnahmefällen die Räume der Familie betreten und erfährt nicht die Intimität des gemeinsamen Mahls. Eine fühlbare Grenze umgibt die Familie und ihr Gehöft.

Vermutlich liegt ein weiterer Grund in der rituellen Großzügigkeit der andinen Kultur: Dem Gast setzt man Speisen vor, welche die Familie nicht für alle zuzubereiten vermag. Er soll womöglich nicht sehen, dass die anderen in der Küche nicht gleich gut und reichlich essen.

Aus dem wohl gleichen Grund serviert man die Speisen nicht in der Schüssel, sondern richtet jedes Gericht auf eine charakteristische Art auf den Tellern an und trägt sie so auf. Die Menge, die jeder isst, wird so nicht von ihm selbst bestimmt, sondern von derjenigen, die in der Küche anrichtet, meistens der Hausherrin. Es wird also, auch innerhalb der Familie, das praktiziert, was sich in der europäischen Gastronomie "Teller-Service" nennt.
Viele Rezepte heißen entsprechend "Teller" ("plato"). Es geht dabei weniger um die Zubereitung der Speisen als um ihre Kombination auf dem Teller. "Plato paceño" (" Teller aus La Paz") besteht z.B. aus gekochten Maiskolben, Saubohnen und Pellkartoffeln, die zusammen mit gebratenem Käse auf einem Teller angerichtet und mit Llajhua (scharfe Soße) serviert werden. Das "Rezept" entsteht also erst beim Herrichten auf dem Teller, und "falsches" Anrichten provoziert Kritik." [a.a.O., S. 31]

"Kartoffelkultur

"Es ist die Kartoffel, mit der man das Leben webt", sagen die Aymara des Altiplano. Gerade an ihr lässt sich die Meisterschaft der andinen Pflanzenzucht zeigen: Aus einem Kraut mit winziger, etwa haselnussgroßer Wurzelknolle mit steifer Schale und wässerigem Aroma haben die Aymara mehrere hundert Sorten Kartoffeln verschiedenen Geschmacks und in allen Formen und Farben entwickelt. Sie entdeckten, dass eine durch Kreuzung der Blüten erreichte Sorte konstant gehalten werden kann, wenn man sie mit den Knollen vegetativ weitervermehrt.

In den frostbedrohten Hochlagen haben sie mehr Sorten gezüchtet als in den milderen Tälern. Die gegen Fröste resistenten "bitteren" Sorten der Puna sind unfruchtbar. Sie können sich nicht mehr durch Samen fortpflanzen und sind auf die Hilfe des Menschen angewiesen: Er muss die Knolle im Herbst aus dem Boden holen, sie im Haus vor den Winterfrösten schützen und im Frühjahr wieder für die Vermehrung pflanzen. So leben in den Hochanden die Bäuerinnen und die Kartoffeln in gegenseitiger Abhängigkeit; die Kartoffel "ist ebenso ein Artefakt des Menschen, wie der Grabstock".
Offenbar hat man keine Sorten züchten können, die "süß" (d.h. von geringem Glykoalkaloid-Gehalt) und frostresistent gleichzeitig sind. Da der Anbau der "süßen" Kartoffeln immer mit dem Risiko einer Missernte verbunden ist, gelten sie als "Luxus"-Sorten. Die eigentliche Ernährungsgrundlage bilden auf dem Altiplano deswegen die "bitteren".

Zudem sind Kartoffeln nur wenige Monate haltbar. Deshalb bedecken die Andenbauern in den Wintermonaten Juni/Juli einen ebenen Platz mit
trockenem "Ichu"-Gras, breiten die Kartoffeln darauf aus und lassen sie mehrere Nächte lang gefrieren. Wenn sie grau und runzelig werden, sind sie durch und durch gefroren. Anschließend tritt die ganze Familie mit den nackten Füssen auf den Knollen herum, reibt mit den Zehen die Schalen ab und presst so einen großen Teil des Saftes aus. Dann lässt man die Kartoffeln nochmals gefrieren und an der Sonne trocknen. Das Produkt, "Chuño", ist grau bis schwarz, unscheinbar hässlich und erinnert eher an zu leicht geratene Steine als an Kartoffeln.

Bei diesem Verfahren verlieren die Erdäpfel etwa 40% der unerwünschten Bitterstoffe, aber auch 18-30% der Proteine, viele Mineralsalze und Vitamine. Der Verlust an Nährwert scheint das Dilemma einer jeden Konservierung zu sein. Ein Teil wird jedoch bei der Herstellung von Cuño indirekt zurückgewonnen: Das mit Kartoffelsaft getränkte Gras verfüttert man dem Vieh.


Abb.: Weißer und schwarzer Chuño auf einem Marktstand

Chuños sind fast unbeschränkt haltbar und werden nicht von Motten, Käfern oder Mäusen befallen. Bevor man sie kocht, legt man sie tagelang in Wasser, das man mehrfach wechselt. Dann presst man sie gut aus, um die restlichen Bitterstoffe zu entfernen, und kocht sie in Wasser.
Neben den Chuños als Alltagsnahrung stellen die Bauern im Hochland aus Kartoffeln auch "Tunta" her: Nach dem ersten Einfrieren legen sie die Kartoffeln einen Monat lang in einen Bach und bedecken sie mit Gras, so "dass sie keine Sonne sehen". Dann pressen sie die Knollen vorsichtig aus und lassen sie trocknen. Tunta ist schneeweiß, federleicht, begehrt für Festmahlzeiten und genießt ein hohes Prestige.

Auch andere Knollen wie Oca, Papalisa und Maca werden teilweise wie Kartoffeln gefriergetrocknet. Dies ermöglicht, sie zu entbittern und zugleich Vorräte anzulegen. Dass Chuños nur noch etwa einen Drittel des ursprünglichen Kartoffelgewichts aufweisen, erleichtert den Austausch zwischen den Klimazonen erheblich. Deshalb wertete der Andenforscher Carl Troll die Entdeckung des Chuño-Verfahrens als ebenso wichtig für die Anden wie die Erfindung des Pfluges für Europa.

Trotz der Bedeutung der Chuños als Alltagsnahrung stehen die "süßen" Kartoffeln, die man frisch essen kann, in höherem Ansehen. Auch heute noch hängt das Prestige eines Bauern innerhalb der Gemeinde unter anderem davon ab, wieviele und welche der "süßen" Sorten er anbaut. Wer seinen Gästen nur die aus "bitteren" Kartoffeln hergestellten Chuños serviert, lässt es an der gebotenen Großzügigkeit fehlen. Bis zu einem gewissen Grad kann der Gast an den ihm vorgesetzten Kartoffeln ablesen, wie willkommen er ist, denn die verschiedenen Sorten unterliegen einer deutlichen Abstufung in ihrem sozialen Wert. Nicht nur aus Gründen der Arbeitskraftausnutzung und der deshalb notwendigen Vielfalt baut der Bauer möglichst viele Sorten an. Auch des Prestiges wegen versucht er ständig, sein Sortiment zu erweitern. z.B. durch Mink'a oder Tausch. Aber oft geben Familien, die seltenes Saatgut besitzen, nur ungern davon ab.

Die Kartoffel ist mehr als ein Hauptnahrungsmittel: Verwurzelt in den kargen Böden des Hochlands und den Seelen seiner Bewohner ist sie ein zentraler Teil der andinen Kultur. Vor der Kolonialzeit war eine gebräuchliche Zeiteinheit die Dauer, die ein Topf Kartoffeln benötigt, um gar zu werden. Von all den Knollenfrüchten der Anden ist sie die einzige, der man bei Anbau und Ernte viele Rituale widmet. Und heute noch wählt man vielerorts alle Jahre eine Art Kartoffel-Priester, der aufpasst, dass das Vieh nicht in die Felder eindringt, und der die Geister des Hagels und des Frostes beschwört, die Felder der Gemeinde zu verschonen." [a.a.O., S. 34 - 36]

"Andine contra europäische Weltsicht am Beispiel Alkohol

"Von sechs robusten Cholas [Mestizinnen in ihrer typischen Tracht] befördert, erscheint ein riesiger Cántaro [Keramiktopf], der mit äußerster Vorsicht in einer Ecke des Raumes aufgestellt wird. Die Stimme der Hausherrin erhebt sich gewaltig, um den Geladenen zu verkünden, die Stunde des Trunks sei gekommen. Und indem sie von ihrem Gürtel den dicken Schlüssel des Tors zur Strasse löst, das selbstverständlich mit zwei Schlüsseldrehungen abgeschlossen wurde, lässt sie ihn in den dickbauchigen, von Chicha überfließenden Cántaro fallen.

Sodann, in ihrem rheumatischen Gang das Gleichgewicht wahrend, nimmt sie von einem Dienstmädchen einen bis zum Rand mit schrecklicher Llajhua aus Locotos gefüllten Teller in Empfang, und taucht - sich jedem der Gäste nähernd - den Finger in die höllische Llajhua und streicht ihn über die Lippen des Opfers.

Als ich diese Handgriffe sehe, glaube ich, von der reichlichen Chicha provozierte Visionen zu betrachten. Aber dann muss ich mich überzeugen, dass es Wirklichkeit ist, als meine Gastgeberin mit einem Finger, der mehr wie eine dicke Wurst anmutet, mir die Lippen mit der teuflischen Llajhua einstreicht.
Es scheint, als ob sie mir Schwefelsäure auf die Lippen gestrichen hätte. Ein Brennen, ein Jucken, ein Schmerz...! und die Not, etwas Flüssiges zu trinken, etwas, das den Brand in meinem Munde lindert. Die einzig erreichbare Flüssigkeit: die Chicha des beleibten Cántaros.

Nun erst verstehe ich die dämonischen Ränke der Chola, welche einen wunderlichen Brauch verkörpern, zum Trinken einzuladen, den sie in einigen Dörfern des Tales von Cochabamba pflegen.

Um zu vermeiden, dass die Gäste das Fest verlassen, ohne genügend betrunken zu sein, schließen sie das zur Strasse führende Tor, welches gewöhnlich das einzige ist, und den Schlüssel werfen sie in den Cántaro der Chicha, welche [die Gäste] austrinken müssen. So verunmöglicht man die Flucht vom Opferort, bevor die Chicha ausgetrunken ist, um den Schlüssel herauszuholen und das Tor zu öffnen..."

So überlieferte uns Luis Tellez Herrero, der 1946 die kulinarische Landschaft Boliviens beschrieb, ein Fest in Tarata im Tal von Cochabamba. Die Trinkbräuche der Anden unterscheiden sich erheblich von den europäischen: Bestimmt bei uns jeder den Grad seiner Trunkenheit selbst, so wird auf den Festen in Bolivien darauf geachtet, dass alle gleichviel trinken. Meistens geht jemand mit der Kanne herum und schenkt einem Gast nach dem ändern den Becher voll. Der Gast leert ihn sofort in einem Zug. damit für den nächsten eingeschenkt werden kann. Auf Festen in der Stadt serviert man oft ein Getränk nach dem anderen und achtet sorgfältig darauf, dass niemand eine Runde auslässt. Jeder, der das Glas an die Lippen führt, prostet den anderen zu und alle trinken einen Schluck. Man trinkt prinzipiell gemeinsam. Stilles Vor-Sich-Hin-Süffeln wie in Europa wird nicht gern gesehen.
Kommt jemand zu spät, erwartet ihn der Gastgeber am Eingang mit einem "Eisenbahnzug": den säuberlich auf einem Tablett in Gläsern aufgereihten Getränken, die bis zum Erscheinen des Nachzüglers serviert worden sind: Bier, "Chuflay", Wein, Sekt, Singani, wieder Bier usw. Nicht nur die Menge, auch die Mischung bleibt nicht ohne Wirkung...


Abb.: Beim Chicha-Trinken [Bildquelle: http://www.cochabamba.com/ventas/gastro/chicha.jpg. -- Zugriff am 2002-07-18]

Diese Trink-Bräuche gehen zurück auf die Organisation der Ayllus, die man seit der Unabhängigkeit 1825 "Comunidades" (Gemeinden) nennt. Bei den Festen der Comunidad - traditionell gibt es nur wenige Feste im familiären Rahmen, es sind meistens alle beteiligt - betrinkt sich die ganze Gemeinde. Dabei ist immer ein Mitglied der Comunidad der Gastgeber, der "Preste". Obschon der Anlass des jeweiligen Festes meistens religiös ist, liegt sein Grund darin, dass der Preste eine höhere soziale Kategorie erreichen will. Er gibt dafür seine in ein bis zwei Jahren angehäuften Ersparnisse aus.
Meistens richtet er ein Gemeindefest aus, um aufgrund des so erreichten Status' für ein bestimmtes Amt der Comunidad wählbar zu werden. Die teils religiösen, teils weltlichen Ämter werden in strenger Rotation alle Jahre neu besetzt. Alle müssen jedes Amt, jede Last einmal übernehmen. Im Gegensatz zur westlichen Demokratie, in der man ein Amt als eine zu erobernde politische Beute betrachtet, wird es hier als Dienst an der Comunidad aufgefasst, ein Dienst, der oft mit hohen Kosten und viel Zeitaufwand für den Amtsträger verbunden ist. Jeder muss seine Kraft, seinen Einsatz und seine Ersparnisse in der Amtszeit für die anderen geben. Nur wer alle Ämter einmal ausgefüllt hat, genießt das höchste Ansehen in der Gemeinde. Dieses Ansehen wiederum verschafft ihm eine stärkere Mobilisierungskraft, wenn es darum geht, zu Ayni und Mink'a "einzuladen".

Der Ayllu hat durch die Kolonialzeit massive Veränderungen erfahren. So wurde z.B. nach den Aufständen von Tupaj Katari die Rolle des Curacas immer unwichtiger. Die beschriebene Ämter-Rotation enthält nicht nur Elemente der Andinen Gegenseitigkeit, sondern auch der mittelalterlichen spanischen Kommunalverwaltung. Mehrere Posten wurden geschaffen, um die Verbindung zwischen Staat oder Kirche und dem Ayllu aufrecht zu erhalten und z.B. die Eintreibung von "Steuern" in Geld, Produkten und Arbeit zu garantieren. Heute entsprechen die Ämter weitgehend den Posten im "Sindicato", der Gemeindegewerkschaft und -Verwaltung wie sie im 20. Jahrhundert entstanden ist. In vielen Comunidades bestehen somit die alten, andinen Autoritäten, Posten kirchlichen und staatlichen Ursprungs und gewerkschaftliche Ämter neben- und miteinander.

Dass sich vor der Wahl jeder als Gastgeber bewähren muss, ist eine Art andine Probe seiner Großzügigkeit gegenüber der Gemeinschaft, weswegen er die Gäste auffordert und rituell nötigt, zu trinken. Zugleich festigt er durch die Feier die Bande der Gegenseitigkeit. Bestimmte Gäste bringen aus Ästen geflochtene Bögen mit, in die sie Geschenke und Geld gehängt haben. Einigen der Geladenen gibt er auch solche Bögen mit nach Hause. Diese Geschenke verpflichten im Rahmen der Gegenseitigkeit, in Zukunft dem Schenkenden den gleichen Wert zurückzuerstatten. Sie sind also eine Art formloser Darlehen, mit denen man sich gegenseitigen Beistand zusichert. Je mehr Feste jemand gegeben hat, umso mehr Unterstützung kann er erwarten, wenn er ein mit großen Opfern verbundenes Amt übernimmt.

Neben dem Alkohol spielt das Essen eine zentrale Rolle. Eine Ethnologin berichtet,36 dass man bei Festen in Aymara-Gemeinden auf dem Altiplano innerhalb weniger Stunden jene Gerichte serviert, die jeden auf den wichtigen Stationen seines Lebens begleiten: Man beginnt mit "Sajta de pollo",  die zum Fest des ersten Haarschnitts gehört, fährt fort mit "Papas a la huancaina". dem Hochzeitsessen, und serviert dann Fricasé, ein Katerfrühstück. Anschließend wird zu "Guiso de cordero" (Schaffleisch mit Kartoffeln, Chuño und anderen Zutaten) eingeladen, einem Begräbnis-Mahl, bevor sich alle zum " Aptapi" versammeln: gekochte Chuños, Saubohnen und Kartoffeln mit Llajhua. ausgebreitet auf den in eine lange Reihe gelegten wollenen Tragetüchern.

Auffallend die Mengen, die da jeder zu essen imstande ist: Wenn's was gibt, dann isst man... Die Reihenfolge der Gerichte symbolisiert den Lebenszyklus vom Kind bis ins Grab, um im Aptapi mit jenem Essen zu enden, an dem man sich bei der gemeinsamen Feldarbeit stärkt, und das die produktive Rolle des Einzelnen in der von Gegenseitigkeit geprägten Gemeinschaft symbolisiert.

Außerdem sorgten diese Feste ursprünglich für eine periodische Umverteilung der Güter, ähnlich wie die Sabbat- und Jubeljahre im alten Testament. Neben der gemeinschaftlichen Kontrolle des Bodens, der Ämterrotation und der Andinen Gegenseitigkeit waren sie ein Mechanismus, der nicht allzu Reiche, aber auch nicht allzu Arme entstehen ließ. Das Ergebnis war auf Gemeinde-Ebene - trotz eines ausgeprägten Sinns für Hierarchie - eine Gesellschaft, die eher einem Rhombus (mit wenig Armen, wenig Reichen und einer breiten "Mittelschicht") glich als der Pyramide des Kolonialregimes oder der modernen Republik.

Ein andines Fest ist mehr als eine gesellige Lustbarkeit. Sein ritueller Charakter lässt sich nicht vom Alkoholgenuss trennen; ein Fest ohne Alkohol wäre kein Fest, sondern eine Versammlung. Der Alkohol als Teil der Opfer für die Götter verleiht der Geselligkeit eine rituelle Qualität.

Wer nicht trinken will, muss gehen. Ein Getränk ablehnen, bedeutet, die Großzügigkeit des Gastgebers auszuschlagen, ist eine Weigerung, mit ihm soziale Beziehungen und Verpflichtungen einzugehen, ist schlicht eine Beleidigung. Alkohol ist nicht wie in Europa ein Artikel individuellen Konsums, sondern ein Teil der sozialen Beziehungen.

Nicht nur untereinander hilft der Alkohol Verbindungen schaffen, sondern auch zwischen Menschen und Göttern: Der erste Schluck ist immer für Pachamama und wird auf die Erde gegossen, und auf den Passhöhen opfern Lastwagenfahrer und Reisende den Berg- und Weggeistern - nicht ohne sich selbst auch ein Schlückchen zu gönnen.

In der Kolonialzeit nahm der Alkoholkonsum zu. Im Rahmen des Zwangshandels brachten die Spanier viel Wein in die Ayllus. Auch die traditionelle Chicha wurde alkoholhaltiger, da man begann, ihr den vorher nicht bekannten Zucker beizumengen. Allein die strikte andine Trinksitte, sich während der Feste bis zum Exzess zu betrinken, zwischen den Feiern aber keinen Tropfen anzurühren, half, die ruinösen Auswirkungen zu vermeiden, die der Alkohol z.B. unter den Indianern Nordamerikas hatte.

Immer mehr musste man aber "Zutaten" für die Feste von außerhalb einkaufen. Damit werden die Ersparnisse nicht mehr innerhalb des Ayllus umverteilt, sondern landen in der Hand der Mestizen in den "Dörfern" und Städten. Wer sich als Preste verschuldet und die Kredite nicht bezahlen kann, verliert sein Land und sinkt zum "Utawawa" ab, einer Art Paria der andinen Gesellschaft.

Daran, dass aus dem Umverteilungs- ein Verarmungsmechanismus wurde, war die katholische Kirche massiv beteiligt: Sie stülpte ihre religiösen Inhalte über die alten Feste und verlangte für Messen und Prozessionen hohe Gebühren. Waren sie erst einmal in eine klerikale Einnahmequelle verwandelt, erfanden sie zusätzliche Feste.

In den Städten und Dörfern, losgelöst vom Zusammenhalt der Comunidad, ist nur der Brauch erhalten geblieben, die Gäste regelrecht abzufüllen. Und geradezu sprichwörtlich ist heutzutage der Freitagabend als "Freitag der Ledigen": Das Besäufnis in der Kneipe (auch) der verheirateten Männer zusammen mit den Arbeitskollegen. Der individuelle Alkoholkonsum - bis hin zum Alkoholismus - ist viel weiter verbreitet." [a.a.O., S. 82 - 86]

"MASACO DE YUCA
Mit Käse gestampfte Yuca

7 Pfund Yuca (kauft man als tiefgefrorene "Tapioca" im Asienladen oder frisch und teuer in den Delikatessabteilungen gewisser Warenhäuser), 200 g vollfetter, gut schmelzender Käse, 1 geh. El. Butter, ein Gefäß zum stampfen

Man schält die Yuca und kocht sie. Inzwischen reibt man den Käse. Wenn die Yuca gar ist, holt man sie heiß heraus, gibt sie in den Tacú und stampft sie zusammen mit dem Käse und der Butter zu einem Brei. Statt Käse kann man auch gebratenes Fleisch oder Charque verwenden. (Wir kochen sie im Dampftopf etwa so lange wie große Kartoffeln, wobei man etwas mehr Wasser einfüllen muss, da sie Wasser aufsaugt, geben sie in ein festes Gefäß und stampfen sie mit dem Kartoffelstößel.)

Man serviert Masara warm zu stark gesüßtem Kaffee und isst ihn von Hand."

[a.a.O., S. 144]


Abb.: Quinoaanbau am Titicacasee [Bildquelle: http://www.coronilla.com/images/quinua.jpg. -- Zugriff am 2002-07-18]

"Der Fall Quinua

"Der arbeitsintensive Anbau von Quinua dient dem Broterwerb und ist Existenzgrundlage vieler Indiobauern in den Anden. Die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH fördert durch den Integrierten Beratungsdienst (IBD) die privatwirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen deutschen Unternehmern und Unternehmen aus Entwicklungsländern. Innerhalb dieses Programms tragen deutsche Partner zur Einkommenssicherung der Indiobauern bei", verkündet ein kleiner Hochglanzprospekt.

Mein Gesprächspartner ist deutscher Unternehmer. Er ist gut informiert über die Geschichte der Quinua: Der Inkachronist Garcilaso de la Vega habe schon 1590 versucht, Quinua in Spanien anzubauen. Er sei daran gescheitert, dass die zentralandinen Sorten Kurztagspflanzen sind. Die jetzt in den USA und England gesäte Quinua stamme aus den chilenischen Anden im Süden und sei deshalb eher an die langen Sommertage der gemäßigten Breiten anpassbar. Die Initiative der GTZ, Agrarexporte der Andenländer nach Europa zu fördern, begründet er mit "... wir schlagen die ja tot mit unserem Weizen."

In den Pressematerialien der Marketing-Firma, die das GTZ-Konzept ausgearbeitet hat, ist vom "gesunden, unbelasteten Boden - ideale An-
baubedingungen für Quinoa" die Rede. Haben wir unsere Umwelt so weit zerstört, dass wir jetzt die "gesunden, unbelasteten" Bedingungen der Dritten Welt suchen müssen? Glaubt man dem Marketingkonzept, heißt der Artikel nicht "Quinua", sondern "Gesundheit". Der gleiche Eindruck entsteht beim Betrachten des Videos eines Reformhaus-Getreidelieferanten. Da ist von "frischer Bergluft" die Rede. Sicher hätten wir die gern auf dem Teller, wenn wir abgas-gestresst nach Hause kommen. "Gesundheit" als Importartikel aus der Dritten Welt? Dieser Markt hat Zukunft: Nestle hat in eine große Quinuaversuchsstation und -aufbereitungsanlage in Ecuador investiert.

Eine Flut von Artikeln über die "neue" Ware erscheint: "Die Nutzpflanzen der Inkas wiederentdeckt. Amarant, Quinoa, Tarwi - dank moderner Biotechnik könnten sie schon bald Ihren Speisezettel bereichern",115 lautet die Botschaft. Als "Korn der Zukunft" und "Kaviar der Vegetarier" soll Quinua ins Bewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten dringen, um dann der Nahrungsindustrie zugeführt zu werden: Eine deutsche Großbäckerei verwendet Quinua bereits in der Massenfabrikation von Toastbrot.

Hartnäckig wird behauptet, die Spanier hätten den Anbau von Quinua verboten und sie sei in Vergessenheit geraten. Das verleiht der Quinua eine verkaufsfördernd esoterische Aura, ist aber Unsinn. Verboten haben die Spanier Amarant - in Bolivien früher als " Coimi" bekannt und heute wirklich weitgehend vergessen. Quinua aber ist immer noch ein Grundnahrungsmittel.

Amarant steht neben Quinua im Bioladen- oder Reformhausregal. Oft kommt "Manomin" dazu, Nahrungsmittel nordamerikanischer Indianervölker. Während die Überschüsse des EG-Agrobusiness in Bolivien und anderswo in der Dritten Welt die Kleinbauern und ihre "Urprodukte" vom Markt drängen, dürfen wir deren ursprüngliche Nahrungsmittel als neuen Gesundheits-Hit kaufen. Unsere Sehnsucht nach "gesunden" Nahrungsmitteln ist ein Zeichen für den ökologischen Bankrott europäischer Landwirtschaftspolitik. Soll eine neue internationale Nahrungsteilung unser Misstrauen gegen ackergiftverseuchtes Essen marketinggerecht beseitigen?

Ein Landwirtschaftsdozent der Universität Oruro berichtet, dass im Süden des Departaments Oruro die Quinuasorten "Real" und "Sajama" bis vor wenigen Jahren "exzellente" Ernten gebracht haben. 1986 habe dann eine "unglaubliche Plage" 85% der Produktion vernichtet. Was war geschehen? Zuerst hatte man die Felder mit "Diacynan", dann in einem Programm der EG mit "Cebin 80" eingesprüht. Das zeigte aber nur ein Jahr lang Wirkung. Dann folgten "Folidol" und "Tamaron", den Schlusspunkt bildete "Ambusch". Das letzte Mittel wirkte hervorragend, war jedoch zu teuer. Der Parasit, ein winziges Würmchen, ist mittlerweile gegen alle erschwinglichen Gifte resistent, seine natürlichen Feinde dagegen sind erfolgreich ausgerottet. Paradiese mit "gesundem, unbelastetem Boden" gibt es nur noch in der Phantasie der Werbefachleute.

Doch nicht nur offizielle Entwicklungspolitik und Privatwirtschaft suchen einen Markt für Quinua: "Wir werden nicht warten, bis sich der Inlandmarkt öffnet oder die Vereinigten Staaten aufhören, Weizen zu schenken, während wir in der Patsche sitzen und nicht wissen, wo wir unsere Produktion absetzen sollen", verteidigt sich der Verwalter der Kleinbauernorganisation ANAPQUI gegen die Kritik, der Quinuaexport entziehe der armen Bevölkerung ein hochwertiges Nahrungsmittel. Er stellt klar, dass angesichts des sich zunehmend verengenden Inlandmarkts die Quinua von Zwischenhändlern aufgekauft und nach Peru geschmuggelt wird. Von dort exportiert man sie dann als "peruanisches" Produkt nach Europa und in die USA.

In Jahren mit einer guten Ernte stehe ANAPQUI als Organisation der Quinuaproduzenten vor dem Problem, dass sie ihre Überschüsse absetzen müsse. Nur wenn ihr dies gelinge, sei sie in den Augen der Kleinbauern glaubwürdig. ANAPQUI trete für eine autonome politische und gewerkschaftliche Position ein und habe sich der CSUTCB, der Dachorganisation der Bauerngewerkschaften, angeschlossen.

Auf ihrem Kongress im Juli 1988 hat die CSUTCB ANAPQUI und die bauerngewerkschaftliche Entwicklungsorganisation CORACA autorisiert, "internationale Abkommen zu unterschreiben, die eine gerechte Bezahlung [der Quinua] garantieren".

Eine mit ANAPQUI konkurrierende Genossenschaftszentrale, "Operación Tierra", repräsentiert dagegen eine liberale Genossenschaftsideologie nordamerikanischen Zuschnitts und hat sich finanziell an US-Organisationen gebunden: an Catholic Relief Services (die den größten Teil der US-Lebensmittelhilfe verwaltet) und US AID. "Operación Tierra" habe von der Interamerikanischen Entwicklungsbank einen Kredit von einer Million Dollar erhalten, obschon sie nur hundert Mitglieder hatte. Nachdem der Kredit bewilligt wurde, sei die Mitgliederzahl auf fünfhundert gestiegen. Es sei offensichtlich, dass sie versuche, ANAPQUI-Mitglieder abzuwerben.

Der Bericht des ANAPQUI-Vertreters klingt glaubwürdig: Finanziert wird alles, was soziale Kontrolle ermöglicht und eigenständige Organisationen der Betroffenen zerstört. Entwicklungshilfe ist ein Kind des Kalten Krieges und gilt in den Augen von US-Strategen als ein Mittel des "Low-Intensity-Conflicts".

Die andinen Quinuabauern müssen die Vereinigten Staaten auch als Konkurrenz fürchten: Die USA erzeugen im Bundesstaat Colorado soviel
Quinua, dass sie als der weltweit größte Produzent gelten. Damit können sie die andinen Quinuabauern vom Weltmarkt verdrängen.
In Europa vertreiben vor allem Organisationen des Alternativhandels Quinua von ANAPQUI. Sie wollen bessere Preise bezahlen und mit den Produzentinnen und Produzenten der Dritten Welt partnerschaftlich verkehren. Außerdem wollen sie durch Informationsarbeit zur entwicklungspolitischen Bewusstseinsbildung in Europa beitragen.

Leider verfehlen sie oft bei der Quinua dieses Ziel, indem sie allzu simpel argumentieren. Dabei bietet sich Quinua an als weltwirtschaftliches Exempel: In dem kleinen Korn verdichten sich die Probleme einer Politik, die ökonomisch schwache Länder über den Hebel der Verschuldung dem Weltmarkt öffnet. Damit wird die Welt zum Supermarkt, in dem wir dank unserer Kaufkraft auch die Nahrung anderer Völker in den Einkaufswagen legen.
Autorinnen und Autoren jeder Couleur versichern, dass Quinua das Hungerproblem nicht nur Boliviens, sondern auch anderer Länder lösen könnte. Aber die Arbeitslosen in den bolivianischen Städten haben kein Geld, sich ihrer eigenen Kultur gemäß zu ernähren und sind abhängig von einer politisch-militärisch motivierten Nahrungsmittelhilfe. Die mit Kokaindollar importierten industriellen Lebensmittel tragen noch mehr dazu bei, ein Volk seiner eigenen Nahrung zu entwöhnen. Während die Bolivianerinnen und Bolivianer gezwungen sind, im Durchschnitt weniger als die Hälfte dessen zu essen, was die Welternährungsorganisation als notwendig erachtet, sind selbst Organisationen wie ANAPQUI, die in Opposition zum neoliberalen Wirtschaftsmodell stehen, zum Export von Quinua gezwungen. Dies ist ein Indiz für einen Skandal: Das bolivianische Volk kann sich die eigenen Lebensmittel nicht mehr leisten." [a.a.O., S. 194 - 199]

"Hunger und Helfer

Spenden- statt Kochtöpfe

Oft sind Spenden, mit denen wir zur Linderung des Hungers in sogenannten Entwicklungsländern beitragen wollen, unser unmittelbarster Bezug zu den dortigen Verhältnissen. Doch: Überwindet Entwicklungshilfe den Hunger? Welchen Trägern von Projekten kann man trauen?
"Weshalb brauchen die Waisenkinder von La Paz verchromte Betten?" fragte eine Anzeige der Missionszentrale der Franziskaner in Bonn. "Die Antwort ist schrecklich: weil diese ärmsten Kinder Boliviens - bevor sie in das kleine Kinderkrankenhaus der Franziskanerinnen nach San Ignacio de Velasco kommen, so vom Hunger gequält werden, dass sie an schweren Geschmacksabweichungen leiden. Sie essen alles, was sie umgibt: Die Farben der Wände, den Mörtel, den Lack der Bettgestelle."

"Nur ein Fall von vielen. Wir versuchen zu helfen. In Bolivien und vielen anderen Ländern der Welt. Überall wo Franziskaner mitten unter den Armen leben. Ihre Not teilen. Wie Franziskus es vorgelebt hat."

Ich zweifle nicht an ihrem Hunger; aber reisen die Kinder von San Ignacio de Velasco drei Tage mit dem Bus, um den Kindern in La Paz den Lack von den Bettgestellen zu essen? Die beiden Orte liegen nämlich so weit auseinander, in klimatisch und kulturell völlig unterschiedlichen Regionen.
Tanken die Kinder, bevor sie zum Lack essen nach La Paz fahren, an der kircheneigenen Zapfsäule? Diese Frage stellt sich, wenn man den Bericht eines Entwicklungshelfers des DED aus San Ignacio de Velasco liest, der zeigt, wie die katholische Kirche dort mitten unter den Armen lebt: als "der größte Großgrundbesitzer überhaupt in der Zone". Die Vertreter des "Apostolischen Vikariats von Chiquitos" sitzen im Radiosender, in Schulen, im Gesundheitswesen und in den Entwicklungsorganisationen in Schlüsselpositionen. Der Bischof sei auch Vorsitzender der Viehzüchtervereinigung. Das Vikariat besitze eine große Ladenkette, die einzige Tankstelle in einem Riesengebiet und sei neben dem Geschäft mit edlen Hölzern auch in den Schmuggel von Konsumgütern, Holz, Draht und Benzin verwickelt. Eine Genossenschaft, anfänglich vom Vikariat als Entwicklungsmaßnahme ins Leben gerufen, habe man finanziell ausgetrocknet, als sie zu selbstständig wurde. Der Entwicklungshelfer beschreibt, wie das Vikariat für ein Viehzuchtprojekt die Kühe gleich von drei Seiten habe finanzieren lassen, bevor man sie schließlich zu Höchstpreisen verkauft habe. Er kommt zum Schluss, "dass es bestürzend ist, wie leicht die Kirche nur durch ihr Prestige an Steuer- und Sammelgelder kommt und wie leichtfertig sie damit umgeht. Wenn Steuerzahler oder Kirchgänger genaueres über diesen Betrug wüssten, gäbe es - glaube ich -einen Aufstand."

Anders gesagt: Für die Kirchenfürsten in San Ignacio de Velasco ist soziale Ungerechtigkeit wohl derart gottgewollt, dass sie sich als Großgrundbesitzer, Monopol-Tankstellen-Betreiber usw. bemühen, diese Strukturen zu verewigen.

Die Anzeige der Franziskaner desinformiert. Wer Probleme verdreht, sie gar nicht benennt, oder - wie im vorliegenden Fall - beides gleichzeitig tut, will sie nicht lösen. Wer die Ursachen der Probleme unterschlägt, will keine Veränderung. Dafür folgt aber am Schluss der Spendenaufruf, so sicher wie das Amen... Der wäre vielleicht überflüssig, wenn die Kirche die eigene Ausbeutung abschaffen würde: Ein Bischof aus dem Osten des Landes hat sich empört, dass private Grundbesitzer die Tageslöhne der Knechte auf umgerechnet 40 US-Cents angehoben hätten. Bei den Löhnen könne die Kirche bald ihre Ländereien nicht mehr bearbeiten lassen!"

[a.a.O., S. 207f.]

"Ein Bolivianer arbeitet dreißig mal länger für Brot als ein Europäer

Im November 1988 kostete das Brot in La Paz gleichviel wie in Grenoble (Frankreich) und war 51% teurer als in Lissabon. Milch kostete in La Paz 13% mehr als in Frankreich und fast das Doppelte als in Portugal. Das gleiche Preisverhältnis zwischen Bolivien und Portugal galt für Kartoffeln. Auch Zwiebeln waren in La Paz teurer als in Frankreich oder England. Dafür waren Rindfleisch, Eier und Zucker in Bolivien billiger, Kaffee kostete praktisch gleichviel wie in Italien. Kurz: Durch die Öffnung zum Weltmarkt sind in Bolivien die Lebensmittelpreise auf das internationale Niveau gestiegen. Der globale Supermarkt fordert von allen die gleichen Preise...

Dagegen betrug der bolivianische Minimallohn 9.95% des portugiesischen, 3.95% des italienischen, 3.56% des französischen und 3.36% des englischen Mindestlohns. Entsprechend arbeitet ein Bolivianer 6 Std. 3 Min. für jene Menge Brot, die sich der Engländer und der Franzose schon nach 12 Minuten Arbeit kaufen können. Der Liter Milch, der in England den Lohn von 8 Minuten Arbeit kostet, muss in La Paz mit 4 Std. 47 Min. bezahlt werden. Selbst für Fleisch, das in Bolivien wesentlich billiger ist als in Europa, muss der Arbeiter in La Paz siebenmal länger arbeiten als sein Kollege in Lissabon, für Zucker malocht er fast 18-mal länger als der westdeutsche Arbeitnehmer, und die Flasche Bier - ein Luxusprodukt - kostet ihn 77-mal mehr Schweiß."

[a.a.O., S. 225]

1993


Abb.: Einbandtitel

Sarkisyanz, Manuel <1923 - >: Kollasuyo : indianische Geschichte der Republik Bolivien. -- Idstein : Schulz-Kirchner, ©1993. -- 683 S. -- (Propheten des indianischen Aufbruchs ; [2]). -- ISBN 3-8248-0076-4

1993-01

In Tiwanaku wird die Federación de Ayllus y Comunidades Originarias de la Provincia Ingavi (FACOPI) gegründet.

1993-01-14

Das US_Unternehmen FMC-Lithco erklärt die fünfjährigen Verhandlungen über den Abbau von Lithium im Salar von Uyuni (dem größten bekannten Lithiumlager der Welt) für gescheitert. Nachdem sich das Unternehmen in den 70er-Jahren vergeblich um Schürfrechte bemüht hatte, ist 1988 der bolivianische Staat an das Unternehmen herangetreten. Innenpolitische Machtkämpfe verhinderten dem Abschluss verschiedener ausgearbeiteter Vertragsentwürfe.

1993-02-03

Abkommen mit der EU über ein Programm zur Selbsthilfe in der Landwirtschaft und zur Intensivierung des Anbaus von Quinoa in Potosí und Oruro. Umfang US$ 13 Mio., Laufzeit: 14 Jahre.

1993-03-25

Regierung und COB treffen eine Vereinbarung, dass COMIBOL nicht privatisiert wird. Als Gegenleistung gibt die COB bei ihren Gehaltsforderungen nach. Der Vereinbarung waren schwere Streiks vorausgegangen. Die Verhandlungsführer der COB werden von Mineros und Lehrern des Verrats bezichtigt.

1993-03-29

Jaime Paz Zamora (1939, Cochabamba - ) besucht als erster bolivianischer Staatspräsident Deutschland.

1993-03-31

Innenminister Carlos Saavedra Bruno vor der Commision on Narcotic Drugs des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen in Wien:

"Bolivien produziert Kokablätter für den legitimen Konsum, der Teil unserer Traditionen und Gebräuche ist: eine Aktivität mit jahrhundertealten Wurzeln, im perfekten Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur und darüber hinaus mit medizinischen, kulturellen und religiösen Verwendungsformen. Daher bestehen wir vor der internationalen Gemeinschaft darauf, dass diese Produktion nicht schädlich ist, nicht für das bolivianische Volk und nicht für die Menschheit. Unser Ziel wird sein, das Kokablatt aus seinem Hausarrest zu befreien, dem es gegenwärtig unterliegt. Koka ist nicht Kokain."

[Zitiert in: Lessmann, Robert: Zum Beispiel Kokain. -- Göttingen : Lamuv, ©2001. -- (Lamuv-Taschenbuch ; 302 Süd-Nord). -- ISBN 3-88977-605-1. -- S. 35]

1993-04-06

Bolivien und Chile schließen ein Zollsenkungsabkommen mit einer Laufzeit von 10 Jahren.

1993-06-06

Präsidentschafts- und Parlamentswahlen. Ergebnis:

Gonzalo Sanchez de Lozada (1930, La Paz - ) (MNR -- Movimento Nacionalista Revolucionario) 586.000 34%
Hugo Banzer Suárez (1926, Concepción - 2002, Santa Cruz) (AP -- Acuerdo Patriótico) 347.000 21%
Carlos Palenque Avilés (1944, La Paz - 1997, La Paz) (CONDEPA -- Conciencia de Patria) 235.000 14%
Máx Fernández Rojas (1942, Quillaqullu - 1995, Uncía) (UCS -- Unidad Civica Solidaridad) 227.000 13%
MBL -- Movimento Bolivia Libre

88.000

5%

1993-06-09

Hugo Banzer Suárez (1926, Concepción -2002, Santa Cruz) verzichtet auf eine Kandidatur zur Wahl zum Präsidenten durch das Parlament.

1993-06-15

Die USA leisten US$ 40 Mio. Zahlungsbilanzhilfe unter der Bedingung, dass 5.000 Hektar Kokapflanzungen vernichtet werden.

1993-07-Ende

Abkommen mit Peru, das Peru als Gegenleistung zum Freihafen Ilo die Nutzung von Puerto Suárez am Rio Paraguay zusichert (Zugang via La Plata zum Atlantik).


1993-08-06 bis 1997-08-06

Lic. Gonzalo Sánchez de Lozada (1930, La Paz - ) ist aufgrund der Wahl durch den Congreso verfassungsgemäßer Präsident.


Abb.: Gonzalo Sánchez de Lozada

Vizepräsident ist der Aymara Victor Hugo Cárdenas (1951, Achica Bajo - ). Es ist erstmals in der bolivianischen Geschichte, dass ein Indio ein so hohes Amt bekleidet.


Abb.: Victor Hugo Cárdenas

Regierungskoalition:

  • MNR (Movimento Nacionalista Revolucionario): 52 Parlamentssitze

  • MRTKL (Movimento Revolucionario Tupac Katari de Liberación): 3 Parlamentssitze

  • MBL (Movimento Bolivia Libre (MBL): 7 Parlamentssitze

  • UCS (Unión Civica Solidaridad): 20 Parlamentssitze

Oppositionsparteien im Parlament:

  • MIR (Movimento de Izquierda Revolucionaria) (zuammen mit ADN als Acuerdo Patriotico zu den Wahlen angetreten: zusammen 35 Parlamentssitze)

  • ADN (Acción Democrática Nacionalista)

  • CONDEPA (Concientia de Patria): 13 Parlamentssitze

"Die Reform-Regierung unter Sánchez de Lozada 1993-97

Im Gegensatz zur Wahl von 1989 zeichnete sich der Urnengang 1993 durch eine weitgehende Achtung der Regeln aus, wodurch der demokratische Prozess weiter an Respekt und Zustimmung gewann. Neben CONDEPA trat mit der Unión Cívica Solidaridad (UCS) eine weitere populistische Partei erstmals bei den Wahlen an. Im Gegensatz zu CONDEPA spricht sich die UCS nicht grundsätzlich gegen die liberale Marktwirtschaft aus, fordert allerdings mehr soziale Eingriffe des Staates. Damit lassen sich im bolivianischen Parteiensystem neue cleavages ausmachen: Die Trennungslinien verlaufen nicht mehr zwischen linken und rechten Parteien, sondern zwischen liberalen Modernisierern und traditionellen Populisten. Die einzige linke Partei, die bei den Wahlen eine Rolle spielte, war die Bewegung Freies Bolivien (Movimiento Bolivia Libre - MBL), die sich vor allem für die Einhaltung der Menschenrechte, gegen Armut und Korruption einsetzte. Vor dem Hintergrund der andauernden sozialen Probleme war die Fortführung der neoliberalen Wirtschaftspolitik die zentrale Frage des Wahlkampfs.

Das in den Augen der Wähler überzeugendste Wahlprogramm legte Gonzalo Sánchez de Lozada (MNR) mit seinem Plan für alle (Plan de todos) vor. Dieser sah vor allem die Schaffung von mehr Arbeitsplätzen, die Steigerung der Investitionen, die Privatisierung und Kapitalisierung der Staatsunternehmen, eine Ausweitung der Partizipation der Bevölkerung, mehr soziale Gerechtigkeit und den Kampf gegen die Korruption vor (MNR, 1993). Sánchez de Lozada konnte dieses Programm als Person glaubwürdig vertreten, weil er sich mit seiner eigenen Minengesellschaft zum reichsten Mann Boliviens hochgearbeitet hatte. Durch ein Wahlbündnis des MNR mit der kleinen Aymara-Partei Movimiento Revolucionario Tupac Katari de Liberación (MRTKL)33 unter der Führung des angesehenen intellektuellen Aymara Víctor Hugo Cárdenas konnte der MNR auch seine Position bei der indianischen Bevölkerung auf dem Land stärken. So erreichte der MNR-MRTKL eine deutliche relative Mehrheit von 36,2% der Stimmen. Die amtierende Regierungskoalition AP (MIR/ADN) erlitt mit 21% eine vernichtende Niederlage und musste im Vergleich zur vorhergehenden Wahl eine Halbierung ihrer Stimmen hinnehmen. CONDEPA erhielt 14,3% der Stimmen, UCS 13,8% und der MBL 5,4%. Der MNR war vor allem bei der Mittel- und Oberschicht erfolgreich, konnte aber auch seine Stellung als Vertreter der ländlichen Bevölkerung konsolidieren.

Von insgesamt 14 Parteien gelangten acht ins Parlament, sechs davon mit politischer Bedeutung. Gonzalo Sánchez de Lozada bildete mit der UCS und der MBL eine Regierungskoalition (Pacto por la Gobernabilidad) und erreichte somit eine absolute Mehrheit mit 79 von 130 Sitzen im Parlament und 17 von 27 im Senat. Zwar verfügte er damit über eine stabile Regierungskoalition, jedoch nicht über die erforderliche Zweidrittelmehrheit, um auch Verfassungsänderungen ohne Konsens mit der Opposition vornehmen zu können. Victor Hugo Cárdenas wurde Vizepräsident - eine Wahl von großem symbolischen Wert, weil zum ersten Mal ein „Indianer" ein hohes Staatsamt erlangte, auch wenn nach der Verfassung die Kompetenzen des Vizepräsidenten über die Repräsentation hinaus sehr begrenzt sind. Insgesamt fanden mit der Wahl von 1993 die neuen Regeln der Koalitions- und Konsensfindung eine erneute Bestätigung. Die Opposition aus ADN, MIR und CONDEPA erwies sich allerdings nach der deutlichen Abwahl als zerstritten und schwach. Als persönliche Konsequenz aus dem Wahldebakel zog sich Hugo Banzer vorübergehend aus der aktiven Politik zurück. Als Ex-Präsident Jaime Paz Zamora sich vor einem Parlamentsausschuss gegen die Vorwürfe der Begünstigung des Drogenhandels rechtfertigen musste, nahm auch er als Parteivorsitzender seinen Hut. Damit hatte Sánchez de Lozada relativ freie Hand, nach der wirtschaftspolitischen Kehrtwende von 1985 bis 1989 jetzt auch die politische und soziale Wende einzuleiten.

Nach anfänglichen Koordinationsschwierigkeiten legte die Regierung bei der Verwirklichung der Reformen ein enormes Tempo an den Tag. Schon einen Monat nach ihrem Regierungsantritt wurden 9.500 Staatsbedienstete entlassen. Abfindungen und Umschulungen sollten ihre Umorientierung erleichtern. Beim Reformprogramm orientierte sich die Regierung Sánchez de Lozada stark an der internationalen Entwicklungsdiskussion und den Ergebnissen der Rio-Konferenz von 1992, die in das Grundsatzprogramm der Regierung, in den sogenannten „Generalplan für wirtschaftliche und soziale Entwicklung -den Wandel für alle" (PGDES), eingearbeitet und per Dekret im Oktober 1994 verabschiedet wurden. Dieser Plan beruhte auch auf der Erkenntnis, dass wirtschaftlicher Fortschritt nicht allein über eine zielgerichtete Wirtschaftspolitik erreicht werden kann, sondern von entsprechenden sozialen, ökologischen und politischen Maßnahmen begleitet werden muss (Petersen, 1996: 53). Die Regierung Sánchez de Lozada bekannte sich daher zur Strategie der Nachhaltigen Entwicklung; ein „Ministerium für menschliche Entwicklung" und ein „Ministerium für nachhaltige Entwicklung und Umweltschutz" wurden eingerichtet (Birle, 1997b:223ff.).

Die Vielzahl der Reformen überforderte die Bevölkerung

Mit dem Reformprogramm der Regierung Sánchez de Lozada kam der tiefgreifendste Modernisierungsprozess in Gang, den Bolivien seit der Revolution von 1952 erlebte. Doch ein großer Teil der Bevölkerung fühlte sich von den zahllosen Veränderungen überfordert, weil die Regierung ihr gesamtes Programm in nur drei Jahren bis 1997 durchzog. Da die Reformen große Kosten verursachten, musste die Regierung bei anderen Ausgaben sparen und überschritt in vielen Bereichen die Toleranzgrenze der Menschen. 1995 kumulierte der Widerstand in mehreren Sektoren. Arbeiter und Gewerkschaften streikten gegen die Kapitalisierung, Lehrer und Studenten demonstrierten gegen die Bildungsreform, Bauern wehrten sich gegen die Umverteilungen im Agrarsektor, Cocaleros (Coca-Bauern) probten den Aufstand gegen das Ausreißen ihrer Plantagen durch das Militär, und das südlichste Departement Tarija drohte mit einer Sezession, weil die Dezentralisierung zu lange auf sich warten ließe. In dieser Situation verhängte Präsident Sánchez de Lozada den Ausnahmezustand und setze zunächst für 90 Tage und später noch einmal für drei Monate die bürgerlichen und politischen Rechte außer Kraft. Damit erhielten jene Gegner zusätzliche Nahrung, die Sánchez de Lozadas autoritären Führungsstil kritisierten. Einige befürchteten sogar einen „autogolpe" im Stil von Fujimori; sie unterstellten dem Präsidenten, seine Amtszeit entgegen der Verfassung verlängern zu wollen, um die Reformen zu Ende bringen zu können.

Das Ansehen der MNR-geführten Regierung erreichte mit der Verhängung des Ausnahmezustands einen Tiefpunkt. Hinzu kamen interne Auseinandersetzungen in der Koalition, in deren Verlauf die UCS die Regierung zeitweise verließ. Gleichzeitig solidarisierte sich die Opposition mit den Gegnern der Reformen. Trotzdem konnte der Visionär Sánchez de Lozada seine Reformen auf den Weg bringen. Dafür, dass seine Partei - Sánchez de Lozada selbst durfte ja qua Verfassung nicht mehr antreten - die darauffolgenden Wahlen klar verlor, lassen sich mehrere Gründe aufzeigen: Zum einen tat sich eine riesige Kluft auf zwischen den Reformzielen und der Art und Weise, wie sie umgesetzt wurden. Obwohl die Regierung mehr Volksbeteiligung einführen wollte, war sie nicht bereit, Kritik und Anregungen in die Reformen einfließen zu lassen. Zum Teil setzte sich der Präsident höchstpersönlich mit eigenwilligen Detailregelungen durch. Sodann fehlte es an einer entsprechenden Kommunikation, um den Sinn der Reformen und vor allem die Interdependenzen und langfristigen Wirkungen der Öffentlichkeit deutlich zu machen. Die Umsetzung der Reformen litt sehr darunter, dass sich die Regierung für den kurzen Zeitraum zu viel auf einmal vorgenommen hatte. Zudem stellte sich keine unmittelbare ökonomische Verbesserung ein, weil die Reformen nicht auf kurzfristige Erfolge, sondern auf die langfristige Veränderung von Strukturen und Rahmenbedingungen abzielten. Zwar hatte die MNR-Regierung im Gegensatz zu all ihren Vorgängern nahezu alle Aussagen aus dem Wahlkampf verwirklicht, aber eben nicht das Versprechen, ein hohes Wirtschaftswachstum zu erreichen und damit 265.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen. Sicherlich werden die Reformen langfristig ihre positive Wirkung auf die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen des Landes entfalten, doch zunächst einmal führten sie durch die Kapitalisierung zum weiteren Abbau von Arbeitsplätzen. Und für die Menschen in Bolivien, die unter extremen Armutsbedingungen leben, zählt vor allem die kurze Sicht."

[Bukes, Georg <1968 - >: Der Zusammenhang von wirtschaftlicher Entwicklung und Demokratisierung : das Beispiel Bolivien. -- Hamburg : Institut für Iberoamerika-Kunde, 2000. -- (Beiträge zur Lateinamerikaforschung ; 3). -- ISBN 3-926446-24-2. -- S. 82 - 84, 92f.]

"Reformpolitik als Nullsummenspiel? : Widersprüche des staatlichen Modernisierungsprojektes

Der seit August 1993 amtierende Präsident Sánchez de Lozada steht für ein umfassendes Reformprojekt, das neoliberale Stabilisierung mit einer »nachhaltigen und menschlichen Entwicklung« verbinden soll. Nach zwei Jahren gibt es jede Menge Programmatiken, institutionelle Neuerungen und Reformgesetze. Bisher ist aber noch unklar, ob die Regierung genügend Einfluss und Rückhalt hat, die formulierten Ziele auch durchzusetzen. Denn die jüngsten Massenproteste, die Ausrufung des Ausnahmezustandes und die Verhaftungen von Oppositionellen stehen für die Gefahr einer politischen Polarisierung des Landes, die den schon erreichten demokratischen Grundkonsens zumindest zu schwächen droht. Im folgenden geht es um eine Bestandsaufnahme des Reformprojektes, der bisher erfolgten Maßnahmen und der Perspektiven ihrer Umsetzung.

Trotz der erfolgreichen neoliberalen Stabilisierung der bolivianischen Ökonomie und Konsolidierung formaldemokratischer Institutionen seit 1985 bestehen weiterhin erhebliche Strukturdefizite, die eine weitergehende Entwicklung und Demokratisierung Boliviens verhindern. Zu den sozialen Problemen zählen die hohe Armut und soziale Ungleichheit, sowie die Marginalisierung der Indígenas. Im ökonomischen Bereich sind es die Abhängigkeit von Kokainproduktion und Entwicklungshilfe, die katastrophale Verkehrsinfrastruktur, die geringe Produktivität und Diversifizierung der Wirtschaft. In politischer Hinsicht bilden eine klientelistische politische Kultur und geringe Kapazitäten der staatlichen Behörden Hemmnisse. Schließlich gibt es zahlreiche ökologische Probleme wie großflächige Erosion im Hochland und Regenwaldzerstörung im Tiefland.

1993 wurde Gonzalo Sánchez de Lozada (Goni) mit klarer Mehrheit zum neuen Präsidenten gewählt und steht seitdem einer Koalitionsregierung vor, die sich aus seiner eigenen Partei MNR (Movimiento Nacionalista Revolucionario), der indigenistisch geprägten Kleinpartei MRTK (Movimiento Revolucionario Tupac Katari), der sozialdemokratisch orientierten MBL (Movimiento Bolivia Libre) und der populistischen UCS (Union Cívica de Solidaridad) zusammensetzt. Die UCS des populistischen Brauereibesitzers Max Fernández verließ im Oktober 1994 die Regierung, um im Juni 1995 aus machtpolitischen Gründen wieder in sie einzutreten. Somit gilt immer noch, dass mit dieser Regierung zum ersten Mal in der neueren demokratischen Geschichte Boliviens die Anerkennung des Regierungsanspruchs der stärksten Partei mit der Absicherung der Regierungsfähigkeit durch sichere parlamentarische Mehrheiten einhergeht.

Konsolidierung der Demokratie

Die drei Male zuvor hatten parlamentarische Absprachen dafür gesorgt, dass die zweit- oder gar drittplazierten Kandidaten zu Präsidenten gewählt wurden, was sich insgesamt negativ auf die Legitimität der Regierungen auswirkte. Dabei muss beachtet werden, dass der Prozess der demokratischen Konsolidierung in Bolivien noch in seinen Anfängen steckt, weil er sich vorwiegend auf Wahlen, die Interaktion der Parteien untereinander und die Regierungsfähigkeit bezieht, weniger jedoch auf die interne Demokratisierung der Parteien und deren Beziehungen zu den AkteurInnen der zivilen Gesellschaft.

Abkehr vom Neoliberalismus?

Goni und Vizepräsident Victor Hugo Cárdenas stehen für ein Reformprojekt, mit dem ein umfassender Modernisierungsprozeß der bolivianischen Gesellschaft herbeigeführt werden soll und das sich diskursiv an den neuesten Trends der internationalen Diskussion über Entwicklungsstrategien orientiert. Gemeint sind hier die von der UNO propagierten Konzepte von »sustainable and human development« und das CEPAL-Konzept »Transformación productiva con equidad« (produktive Transformation mit sozialem Ausgleich). Bei der neuen Regierung laufen die verschiedenen Konzepte dann unter den Schlagwörtern »El cambio para todos« (Die Wende für alle) und »desarrollo sostenible« (nachhaltige Entwicklung) zusammen. Sie bezeichnen die »neue« Entwicklungsstrategie, die in der Öffentlichkeit als mögliche Lösung der sozialen und ökonomischen Probleme Boliviens lautstark propagiert wird. Das ganze Land wird seit einem Jahr mit Plakaten, Radio- und Fernsehspots überflutet, auf/in denen das »neue Bolivien« gefeiert wird, das alle BolivianerInnen mitaufbauen helfen sollen. In dem im Herbst 1994 veröffentlichten »Allgemeinen Plan für soziale und ökonomische Entwicklung« erläutert die Regierung zum erstem Mal detaillierter ihre Entwicklungsvorstellung. Zunächst einmal versteht sie unter »desarrollo sostenible« die Verabschiedung von der Vorstellung unbegrenzten quantitativen Wachstums und die Erweiterung des Entwicklungsbegriffs. Neben das Kriterium des ökonomischen Wachstums werden andere gleichwertige Dimensionen gesetzt, die die soziokulturellen, ökologischen und politischen Aspekte von Entwicklung ansprechen. Die bolivianische Regierung definiert damit Entwicklung als eine angemessene Artikulation von vier verschiedenen Dimensionen oder Säulen, um die von der Gesellschaft wahrgenommenen Probleme zu lösen. Zum Motor dieser Artikulation soll ein noch zu schaffender moderner liberaldemokratischer Staat werden.

Bindeglied zwischen Pazifik und Atlantik

An erster Stelle soll ökonomisches Wachstum über eine aktive Weltmarktintegration gesichert werden. Gemeint ist hierbei vor allem der zukünftige Ausbau eines der wenigen Vorteile, die Bolivien gegenüber den größeren Nachbarstaaten Brasilien, Argentinien und Chile hat und der bisher eher als Nachteil gehandelt wurde: die geographische Lage im Zentrum Südamerikas. Bolivien soll im Prozess der regionalen Wirtschaftsintegration (MERCOSUR, Andenpakt, NAFTA mit Chile) vom isolierten Binnenstaat zu einer wichtigen Verkehrs- und Transportdrehscheibe zwischen Pazifik und Atlantik entwickelt werden und darüber hinaus die Nachbarstaaten mit Energie (Erdgas und Erdöl) versorgen. Dazu ist vor allem der Ausbau der Infrastruktur im Verkehrs- und Energiebereich durch ausländische Investitionen und Technologien erforderlich.

Während die Kapitalisierung der sechs größten Staatsbetriebe durch ausländische Investoren mangels Interesse bisher äußerst schleppend vorangeht, ist es in den letzten Monaten tatsächlich zu mehreren hochdotierten Vertragsabschlüssen mit transnationalen Konsortien und Banken gekommen. In ihnen sind die Erschließung neuer Ölquellen, der Bau einer Gaspipeline nach Brasilien (Sao Paulo) und die massive Förderung des Straßenbaus für die nächsten Jahre vorgesehen. Von besonderer symbolischer Bedeutung war schließlich, dass ausgerechnet der bolivianische Präsident auf dem ersten Gipfel aller amerikanischen Staaten (außer Kuba) im Dezember 1994 in Miami stellvertretend über das Hauptthema der wirtschaftlichen Integration referieren durfte.

Weitergehende Hoffnungen auf wirtschaftliche Entwicklung im Sinne des CEPAL-Konzeptes darf sich das arme Bolivien trotzdem nicht machen. Bolivien wird wohl auch in Zukunft nur ressourcennahe Produkte auf vergleichsweise niedrigem Verarbeitungsniveau exportieren können (Erdgas, Soja, Holz, Mineralien etc.). In anderen Bereichen liegt Bolivien zu weit hinter seinen großen Nachbarn (Brasilien, Argentinien, Chile) zurück, als dass ernsthaft von internationaler oder auch nur regionaler Wettbewerbsfähigkeit geträumt werden kann.

Sozialpolitik für eine plurikulturellen Gesellschaft

Gerade deshalb scheint es wichtig zu sein, dass die neue bolivianische Entwicklungsstrategie sich zumindest programmatisch auf eine »menschliche Entwicklung« und sozialen Ausgleich festlegt. Damit ist der gleichberechtigte Zugang aller BolivianerInnen zu sozialen Basisrechten wie Gesundheit, Bildung, Wohnung, Arbeit und politischer Partizipation angesprochen. Realpolitisch bedeutet dieser Anspruch, dass nach zehn Jahren neoliberaler Strukturanpassung wieder mehr Geld in sozialpolitische Programme mit Schwerpunkt bei der Armutsbekämpfung und vor allem im ländlichen Bereich gesteckt werden soll. Ein erster Schritt zur Reformierung der Sozialpolitik war die Gründung eines »Ministeriums für menschliche Entwicklung« als eines von drei sogenannten Superministerien, um die vorher fragmentierte Sozialpolitik (Bildung, Gesundheit etc.) zu integrieren. Gleichzeitig wurden erste Anstrengungen zur Dezentralisierung durchgeführt und regionale Sozialverwaltungen aufgebaut. Erwähnenswert ist auch der Aufbau eines finanziell und personell gut ausgestatteten Staatssekretariats für ethnische Angelegenheiten, Frauen und Alter, wobei das administrative »Zusammenschmeißen« der gleichzeitig sozial marginalisierten wie entwicklungspolitisch »modischen« Zielgruppen allerdings fragwürdig erscheint. Die
ganze bürokratische Umstrukturierung geht bisher noch weitgehend im Chaos auf, nur die Rhetorik der Verantwortlichen ist auf der Höhe der Zeit. Gemäß dem neuen UNO und Weltbank-Jargon (UNCED, AGENDA 21, UND) soll ab sofort alles nur noch »partizipativ, integriert, ganzheitlich und nachhaltig« vor sich gehen.

Ein weiteres wichtiges Reformprojekt in diesem Zusammenhang ist die Erziehungsreform, die Anfang 1995 in zahlreichen Modellschulen gestartet wurde und allmählich das katastrophale Niveau der Primärbildung verbessern soll. Dazu gehört eine verstärkte Qualifizierung der LehrerInnen, der Ausbau der Infrastruktur auf dem Land und die Einführung von modernerem didaktischen Material. Vor allem jedoch soll das Schulsystem besser an die lokalen kulturellen Gegebenheiten angepasst werden, insbesondere durch die Einführung des bilingualen Unterrichts bei den verschiedenen indigenen Ethnien. Neben den Sprachen Aymara, Quechua und Guaraní gibt es noch über 20 andere indigene Sprachen. Insofern ist die Erziehungsreform als erste konkrete Maßnahme der Verfassungsänderung von 1994 zu sehen, nach der Bolivien im ersten Artikel nicht mehr nur als frei, unabhängig und repräsentativ-demokratisch definiert wird, sondern auch als multiethnisch und plurikulturell. Damit wurde auch verfassungsmäßig endlich die nationalistische Illusion eines homogenen spanischsprachigen Mestizentums aufgegeben.

Die Trotzkisten versteht kaum noch jemand

Allerdings wird die Erziehungs- und Bildungsreform heftig von der trotzkistisch geprägten Lehrergewerkschaft kritisiert und bekämpft. Die Gewerkschaft möchte die Bildungsreform mit allen Mitteln blockieren, obwohl sie keinerlei alternative Vorschläge zu bieten hat. Ihre Position ist vorwiegend an einer defensiven Verteidigung des anerkannt schlechten Status Quo orientiert. Vor allem geht es der Gewerkschaft aber neben der sicherlich berechtigten Forderung nach höheren Gehältern um die Erhaltung überkommener Privilegien, wie z.B. der Abgaben, die der Staat von den Einkommen der Lehrer einbehält und auf die Gewerkschaftskonten überweist. Die radikale Führung der Gewerkschaftsspitze bekämpft den Staat, von dem sie bisher genährt wurde. Zu hoffen ist, dass am Ende doch noch eine Kompromissformel zugunsten der Bildungsreform gefunden werden kann, obwohl die Konfliktorientierung von Regierung und Gewerkschaft dies bisher ausschloss.

Umweltpolitik - ein notwendiges Übel?

Es ist nicht verwunderlich, dass als dritte Säule der Konzeption nachhaltiger Entwicklung gemäß regierungsamtlicher Verlautbarung die »rationale Nutzung der natürlichen Ressourcen« auftaucht. Frei nach dem Brundtland-Bericht und der UNCED-Konferenz werden hier Umwelt und natürliche Ressourcen primär unter dem Aspekt von ökologischen Restriktionen für dauerhafte ökonomische Erträge betrachtet. In der Kurzfassung der neuen Entwicklungsstrategie werden die Naturbestände sogar mit einem Bankkonto verglichen, dessen Bestand man unangetastet lässt und nur den Zinsertrag nutzt oder, im Falle nichterneuerbarer Ressourcen, nur soviel »natürliches Kapital« nutzt, wie durch die Bildung von ökonomischem Kapital substituiert werden kann. Trotz dieses instrumentellen Verständnisses der Umweltproblematik hat der Regierungswechsel 1993 auch den institutionellen Rahmen der Umweltpolitik erheblich verändert.

Schon kurz nach Regierungsantritt krempelte der neue Präsident den Staatsapparat per Gesetz um und gründete u.a. das neue »Ministerium für nachhaltige Entwicklung und Umwelt«, das die Funktionen von bisher getrennten Politikbereichen zusammenfasst. Damit wurde ein Querschnittsministerium geschaffen, in dem die langfristige Planung und Strategie der ökonomischen Entwicklung, die Kontrolle der Nutzung der erneuerbarer Ressourcen und der Umweltschutz zumindest administrativ zusammenlaufen. Nach anderthalb Jahren Arbeit ist allerdings noch nicht abzusehen, ob das Ministerium diese Funktionen wirksam erfüllen kann. Zu chaotisch, unkoordiniert, widersprüchlich und undurchsichtig erscheint die bisherige Politik. Zum Beispiel wurde die Forstbehörde zuerst dem Ministerium für nachhaltige Entwicklung zugeordnet, Wochen später jedoch zum Ministerium für ökonomische Entwicklung geschlagen. Jetzt diskutiert man, ob es nicht wieder bald zum Nachhaltigkeitsministerium kommen soll. Der Minister ist Agrarunternehmer aus Santa Cruz und zwei seiner Staatssekretäre waren früher Berater der nationalen Forstkammer, der Lobbyorganisation der Holzfirmen.

Nachhaltig gute Ideen

Im Ministerium für nachhaltige Entwicklung versammeln sich einige gute Ideen, aber letztlich sind die Interessen zu widersprüchlich, der politische Wille zu wenig ausgeprägt und die Ressourcen und Qualifikationen zu gering, um eine effiziente Umweltpolitik zu entwerfen und umzusetzen. Der integrale Ansatz wird zum Problem, da kein expliziter Umweltdiskurs existiert, sondern nur die Leerformel »Desarrollo Sostenible«, mit der alle offenen Fragen zugekleistert werden können. Die GeldgeberInnen sind über diesen neuen Diskurs gleichzeitig erfreut und verwirrt. Durch die Neuordnung der Ministerien und die Reformvorhaben gibt es für einen noch nicht abzusehenden Zeitraum weder gesetzliche noch institutionelle Sicherheit für die Entwicklungszusammenarbeit im Umweltbereich. Die Umweltpolitik ist trotz des breiten Diskurses über »Desarrollo Sostenible« kein Schwerpunkt der Regierungspolitik, sondern eher ein Anhängsel. Die Hauptverantwortlichen des Ministeriums sind vorwiegend AnhängerInnen  des neoliberalen Wirtschaftskonzeptes und hängen noch der alten Inwertsetzungs- und Ausbeutungslogik an. Sie waren schon in der Regierung von 1985 politisch verantwortlich, als das ultraharte Strukturanpassungsprogramm durchgesetzt wurde. Während die Umwelt- und Indígenapolitik bei Ex-Präsident Paz Zamora eine Sache politischer Überzeugungen war, ist sie für die jetzige unternehmergeprägte Regierung ein notwendiges Übel, das man vor allem auf der diskursiven Ebene angeht. Trotzdem ergeben sich innerhalb des chaotischen Umstrukturierungsprozesses seit dem Regierungswechsel auch neue Spielräume, die von einigen wenigen auch genutzt werden. Dazu zählt das schon vorher genannte Staatssekretariat für ethnische Angelegenheiten, die neue Indígenabehörde, die eine sehr progressive Politik macht, gute Beziehungen zur Indígenabewegung im amazonischen Tiefland unterhält und diese in ihrem Widerstand gegen die Allianz von Großgrundbesitz, Holzfirmen und meist korrupten lokalen Behörden unterstützt.

Perfektionierung der Demokratie

Als politische Dimension nachhaltiger Entwicklung gilt der Regierung das Konzept der »gobernabilidad« (Regierungsfähigkeit). Darunter wird gleichzeitig die Erhöhung der Effizienz des Staates, die »Perfektionierung« der repräsentativen Demokratie und die Erweiterung der politischen Partizipation des Volkes verstanden. Erstaunlich ist diese Vorstellung der Regierung deshalb, weil staatliche Handlungskapazität normativ mit Partizipation verbunden wird und der Zusammenhang zwischen Demokratisierung mit nachhaltiger, menschlicher und ökonomischer Entwicklung anerkannt wird. Demokratisierung in diesem Sinne würde aber auch eine weitgehende Transformation der politischen Interessenvermittlung und Repräsentation in neue institutionelle Formen bedeuten, in denen sich die soziale und kulturelle Vielfalt der bolivianischen Gesellschaft angemessener artikulieren könnte als bisher. Hier kann bezweifelt werden, ob die Regierung über genügend Rückhalt verfügt, um die verkrusteten korporativen und klientelistischen Strukturen der »alten Politik« aufzubrechen, wenn doch die Präsidentenpartei selbst (MNR) in einen modernen, liberalen Flügel um den Präsidenten und die Mehrheit der alten Apparatschiks gespalten ist. Letztere verstehen unter Regierungsmacht vorwiegend den durch Wahlen legitimierten Zugang zum Selbstbedienungsladen Staat. Die öffentlichen Ämter werden ganz nach klientelistischer Manier mit Parteisoldaten bestückt, damit sie während einer Legislaturperiode möglichst viel Staats- und Schmiergelder einstecken können. Schließlich hat man vier Jahre gehungert und trotzdem der Partei die Treue gehalten. Diese Mentalität betrifft nicht nur die MNR, sondern steht für die politische Kultur Boliviens. Das gilt auch dann, wenn die Regierung sich die Bekämpfung der Korruption als wichtiges Anliegen ans eigene Revers heftet. Ein parteistrategisch verständlicher Impuls, war doch die ausufernde Korruption innerhalb der Regierung Paz Zamora der wichtigste Grund für deren dramatischen Legitimitätsverlust.

In gewisser Weise kann man behaupten, dass die MNR nur bedingt in der Regierung vertreten werden, weil sich bei den Wahlen nicht die MNR, sondern ihr charismatischer Führer Gonzalo Sánchez de Lozada durchgesetzt hat. Der rekrutierte die Minister und Staatssekretäre lieber aus der technokratischen und wirtschaftlichen Elite des Landes, so dass für die Partei nur die Parlamentssitze und wenige Ministerien übrig blieben. Goni mag zwar der gegenwärtige Chef der Partei sein, aber er ist nicht der Caudillo alter Prägung, über den die MNR-Gefolgschaft ihre Identität definieren könnte. Man erzählt sich, dass 1989, nach dem Rücktritt des dreimaligen Präsidenten Victor Paz Estensoro, nicht die Partei einen neuen Präsidentschaftskandidaten gesucht hätte, vielmehr hätte sich der mächtige Unternehmer Goni nach einer Partei umgesehen, mit der er seine politischen Ambitionen befriedigen könnte. Hinzu kommt, dass Goni seit 1993 vor allem mit den Regierungsgeschäften befasst ist und sich zu wenig um die Loyalität und Zufriedenheit seiner Parteigenossen kümmert. Daraus erwächst die Gefahr, dass sich Präsident und Regierung immer weiter von der Partei entfernen, die Partei sich in ihren Machtgelüsten zu wenig befriedigt sieht und die großen Reformen allmählich von den Funktionären der MNR unterlaufen werden. Denn an sich haben viele »Militantes« der MNR kein Interesse am Gelingen der Reformen, sondern nur insofern deren Erfolg die Wiederwahl und den damit verbundenen materiellen Nutzen sichert.

Die große Frage ist also, ob die Protagonisten des Modernisierungsprojektes in der Regierung nicht gegen den Strom innerhalb der eigenen Partei schwimmen und ob sie über die Machtmittel verfügen, die Regierungskoalition und die staatlichen Behörden im Lande auf das Reformprogramm einzuschwören. Erst dann stellt sich die Frage, ob die Regierung überhaupt den langen Atem hat, die Reformen endlich von der Ebene politischer Debatten auf den harten Boden der sozialen Realität herunterzuholen. Schafft sie es nicht, binnen zwei Jahren den Staat zum administrativen Motor der Modernisierung umzumodeln, wird die mit viel Elan gestartete Reformregierung wohl scheitern und trotz einer bisher eher schwachen Opposition abgewählt werden.

Alte und Neue Politik

Ingesamt hält das Reformpaket zumindest auf der rhetorischen Ebene einige positive Ansätze für die Lösung der elementaren sozialen und wirtschaftlichen Probleme der bolivianischen Gesellschaft bereit. Die inhaltliche Ausgestaltung ist dagegen ebenso umstritten wie ihre erfolgreiche Umsetzung fraglich. Die Reformen sind gewissermaßen zu »modern« bzw. »modisch« und deshalb wenig angepasst an die besondere gesellschaftliche Realität in Bolivien. Das bezieht sich auf die zu geringen staatlichen Handlungskapazitäten, die internen Widersprüche in der Regierung und innerhalb der wichtigsten Regierungspartei MNR. Das gilt aber auch für das Festhalten der alten sozialen Bewegungen, insbesondere der Gewerkschaften, an den traditionellen Mustern politischen Widerstands, als hätten sich die Konfliktlinien zwischen Staat und Gesellschaft in den letzten zehn Jahren nicht entscheidend verschoben. Die Gewerkschaftsbewegung war bisher unfähig, die neu auftauchenden sozialen und politischen Akteure und deren Themen wirkungsvoll zu integrieren, seien es die indigenen Gruppen, Kleinbauern, Frauen oder die »Informales«. Trotzdem beansprucht sie irrtümlicherweise immer noch, im Namen des Volkes zu sprechen. Sie hält weiter an der Verteidigung des schlechten Status Quo fest, ohne die emanzipatorische Substanz der Reformen überhaupt prüfen zu wollen. So werden Reformen zu leyes malditas (verdammte Gesetze), die bis zuletzt bekämpft werden.

Aber auch die Regierung gefährdet mit ihrem zuletzt unnötig repressiven und undemokratischen Kurs ihre bisher vergleichsweise hohe Legitimität. Damit drohen die Ansätze einer allmählichen Transformation der politischen Kultur von der Logik des politischen Kampfes hin zu einer kompromissorientierten Verhandlungskultur zwischen Staat und Zivilgesellschaft wieder verloren zu gehen. Dabei liegen die Vorteile einer konzertierten Reformpolitik auf der Hand. Zum ersten Mal seit der neoliberalen Stabilisierung nach 1985 wäre nicht von vorneherein entschieden, dass Politik in Bolivien ein Nullsummenspiel ist, in dem zumindest die VerliererInnen schon vor dem Spiel bestimmt sind: Seien dies die Gewerkschaften, die »Informales«, die Kleinbauern oder die Indígenas."

[Quelle: Lateinamerika Nachrichten. -- 254 (©1995-08)]


1993-08-06

Bei der Vereidigung des neuen Präsidenten sind u.a. anwesend:

1993-08-27

Gegenseitige Noten der USA und Boliviens zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Die USA gewährt

1993-08-29

Gründung der Federación de Ayllus Originarios del Norte de Potosí (FAONP)

1993-09-17

Das Bergbauministerium erklärt den Konkurs des COMIBOL. Die Verluste für 1993 werden auf US$ 20 Mio. geschätzt. Am 1993-11-23 werden die aus dem Konkurs folgenden Maßnahmen erklärt:

1993-09-27

Die Antidrogeneinheit FELCN entdeckt im Departamento Cochabamba sieben Kokainfabriken. Drei (!) Personen werden festgenommen.

1993-09-26 bis 1993-10-03

Präsident Gonzalo Sánchez de Lozada  besucht die USA und die Vereinten Nationen in New York.

1993-09/10

Es werden ca. 9.500 Staatsbedienstete entlassen.

1993-11-13

Hugo Banzer Suárez (1929, Concepción - 2002, Santa Cruz) erklärt seinen Rückzug aus der Politik und gibt den Parteivorsitz des ADN ab.

1993-11-14

Ein Weltbankkredit zur Zahlungsbilanzhilfe von US$ 20 Mio. wird an die Bedingung der Reduzierung öffentlicher Ausgaben durch strikte Sparmaßnahmen geknüpft.

1993-11-16

Nach einwöchigen Streiks kommen COB und Regierung überein, 850 der entlassenen Staatsbediensteten wieder einzustellen.

1993-12-03

Gründung der Universidad Amazónica in Pando

1993-12-11

Die Weltbank stellt Bolivien für 1994 Hilfeleistungen in der außergewöhnlichen Höhe von US$ 1 Milliarde in Aussicht.

1994

1994


Abb.: Yolanda Bedregal de Conitzer, um 1997

Bedregal de Conitzer, Yolanda <1910, La Paz - 1999, La Paz>: Escrito. -- Quito (Ecuador), 1994. -- 315 S.

"AUTOCRUCIFICADOS

Los mineros,
las palliris de la mina
escuálidos, en huelga de hambre
autocrucificados entre dos palos
en el atrio de la Universidad de San Andrés.

El Pueblo, nosotros,
vemos la iniquidad
a medio ojo;
el otro, esta llorando
a plena cólera
arrastrando el alma como un costal de huesos.

Entretanto
los mandones del gobierno
se lavan las manos
parlotean, se aplauden mutuamente
y..., beben su copa de whisky y cinismo...

¿¡Qué tal!?
... .Democracia hispanoamericana...."

[a.a.O., S. 181]

"Bedregal, Yolanda

*21.9.1916 in La Paz. Sie studierte an der »Academia de Bellas Artes« in ihrer Geburtsstadt und an der Columbia University in New York. Danach hatte sie verschiedene Lehrstühle für Ästhetik und Kunstgeschichte in Bolivien inne und war in den meisten kulturellen Institutionen ihres Landes aktiv.

Yolanda Bedregal ist die bekannteste Lyrikerin ihres Landes. Die Grundnote ihrer Gedichte ist eine vergeistigte, an G. Mistral erinnernde Mütterlichkeit. Eine manchmal verschleierte, manchmal heftigere Auflehnung gegen soziales Unrecht lassen ihre ersten Werke, von Naufragio (1936) bis Almadía (1941), erkennen. Von Nadir (1950) an überwiegen in ihrer Lyrik Reminiszenzen an die spanische. Mystik und eine intime Religiosität. Yolanda Bedregal hat außerdem mehrere Lyrik- und Folklore-Anthologien herausgegeben und in Zeitschriften zahlreiche pädagogische, literatur- und kunstkritische Essays und Artikel veröffentlicht. In ihrem einzigen Roman Bajo el oscuro sol (1971) wird die Lebensgeschichte einer jungen Frau aus La Paz rekonstruiert, die bei einer Revolution eher zufällig ums Leben kommt. Nach ihrem Tod entdeckt Verónicas Geliebter in den Briefen, Tagebüchern und Romanprojekten eine ungeahnte Vergangenheit, die einer doppelt inzestuösen Beziehung ihres Vaters zu ihr und ihrer gemeinsamen Tochter. Das streckenweise lyrisch bildhafte Werk zeigt handwerkliche Meisterschaft in der Verwendung unterschiedlicher Sprachebenen und der Gestaltung einer spezifischen Atmosphäre, die gleichzeitig flüchtig und konkret ist.

Weitere Werke: Poemas (1937), Ecos (1940, zus. mit Gert Conitzer, spanisch. u.deutsch), Del mar y la ceniza (1957), Antología poética (1961), Bajo el oscuro (1969?)."

[Autorenlexikon Lateinamerika / hrsgg. von Dieter Reichardt. -- Frankfurt

: Suhrkamp, ©1992. -- ISBN 3518404857. -- S. 136. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}]

1994


Abb.: René Blattmann

Als erster Justizminister wird René Blattmann Bauer (1948, La Paz - ) in die Regierung berufen

"RENE BLATTMANN

René Blattmann wurde am 28. Januar 1948 in La Paz, Bolivien, geboren. Dort besuchte er die Deutsche Schule bis zum Abitur.

Von 1966 bis 1972 absolvierte er das Studium der Rechtswissenschaft an der Juristischen Fakultät der Universität Basel, wo er im Februar das Lizenziatsexamen ablegte. Anschließend besuchte er die Faculté Internationale pour L' Enseignement du Droit Comparé in Strasbourg und in Pescara und kehrte anschließend nach Bolivien zurück, wo er seine Anwaltskanzlei führte. Bis 1980 lehrte er an der dortigen staatlichen Universität San Andrés Strafrecht und Rechtsvergleichung. Von 1990 bis 1994 dozierte er an der Katholischen Universität in La Paz.

In diese Zeit fällt auch der Besuch des Southwestern Legal Foundation-lnternational Comparative Law Center im Campus der University of Texas in Dallas. Dort erlangte er das Diplom in Amerikanischem und Internationalem Recht.

1994 wurde er als Unabhängiger in das bolivianische Regierungskabinett berufen, wo er bis 1997 als Justizminister amtierte. Da es bis dahin in Bolivien kein Justizministerium gab, war eine seiner ersten Amtshandlungen, ein arbeitsfähiges Team zu konstituieren, das in seiner Mehrheit aus seinen ehemaligen Studenten bestand und das ihn durch den gesamten Reformprozess der bolivianischen Justiz begleitete.

In seiner Amtszeit gelang es ihm, eine tiefgreifende und umfangreiche Justizreform durchzuführen, die nach der Einschätzung, etwa der Comision Andina de Juristas und des State Department der Vereinigten Staaten zu den wichtigsten Errungenschaften im Bereich Justizreform und Menschenrechte in Lateinamerika gehören.

Bereits in seiner Studienzeit an der Universität Basel galt sein besonderes Interesse dem Strafrecht, was ihn später dazu bewog, erneut Kontakt zu seinen ehemaligen Professoren und Kollegen an der dortigen Juristischen Fakultät aufzunehmen.

Aufgrund der Überzeugung, dass schwere Menschenrechtsverletzungen durch ungerechte Strukturen aufrecht erhalten werden, bemühte er sich, den in Bolivien noch bestehenden "Schuldturm" (Schuldverhaft) abzuschaffen, die Anzahl der Gefangenen in Untersuchungshaft drastisch zu reduzieren und das Strafrecht insgesamt zu modernisieren. Der Erfolg dieser Reformen kann an den Resultaten gemessen werden: Tatsächlich reduzierte die Einführung des Gesetzes zur Abschaffung des Schuldverhafts und des Gesetzes zur Freilassung von Untersuchungsgefangenen auf Kaution gegen eidesstattliche Erklärung (als Maßnahme gegen die Verzögerung der Strafjustiz) die Anzahl der Personen, die teilweise jahrelang in Untersuchungshaft waren, von 91 % auf 54%. Dadurch erlangten die verfassungsmäßigen Rechte für tausende von Menschen erst konkrete Bedeutung. Die Logik des gesamten Strafsystems wurde durch diese Maßnahme verändert."

[Quelle: http://www.zuv.unibas.ch/dies/1998/hc/blattmann.shtml.--  Zugriff am 2002-02-15]

1994


Abb.: Produktionszonen der Dörfer in Chayanta (Potosí)

[Bildquelle: Mendoza, Fernando ; Flores, Willer ; Letourneux, Catherine: Atlas de los ayllus de Chayanta. -- Potosí : PAC-C. -- Vol. I: Terroitorios deel suni. -- 1994. -- DEpósito legal 2-1-176-94. -- S. 30]

1994

Zwei amerikanische Professoren lassen eine bolivianische Quinoa-Sorte patentieren:

"Ein weiteres Beispiel ist das Patent für die Quinoa-Pflanze im bolivianischen Hochland. 1994 wurde zwei Forschern der Universität Colorado/ USA ein Patent für eine Quinoa-Sorte zuerkannt, die Apelawa genannt wird. Das Interesse für das Patent liegt darin, dass es ermöglicht, Kreuzungen für ergiebigere Ernten zu entwickeln.

Die Patenteigentümer haben eingeräumt, dass sie das genetische Material der Quinoa in der Nähe des Titicaca-Sees erhalten haben. Das Patent sagt jedoch nichts über den Ursprungsort aus, noch erkennt es die Teilhabe der Völker des Altiplano bei der jahrtausendelangen Züchtung, Verbesserung und Erforschung der Quinoa an. Die Bewohner der Region sind sich sehr wohl des Merkmals der männlichen Sterilität der Sorte bewusst, die die US-Forscher nun „erfunden“ haben wollen. Wenn das Patent jemals in Kraft tritt, müssten selbst die Bauern im bolivianischen Altiplano Patentgebühren für die Nutzung von Sorten der Apelawa bezahlen, wenn sie die Pflanzen für den Export in die USA anbauen.

Dass das Patent noch nicht in Kraft getreten ist, liegt zum Teil an internationalen Kampagnen, die die Bauern selbst und internationale Organisationen dagegen gestartet haben. Der letzte Termin für seine Erneuerung war der 20. April 1998, und die Patenteigentümer beschlossen, es nicht zu erneuern. Abgesehen davon, dass das Patent unethisch ist, hat es direkte wirtschaftliche Auswirkungen auf diejenigen Menschen, die für ihr tägliches Auskommen auf den Anbau der Quinoa angewiesen sind."

[Quelle: ila : Zeitschrift der Informationsstelle Lateinamerika. -- Bonn. -- ISSN 0946-5057. -- Nr. 222 (©1999-02)]

1994

Prospección y exploración de metales básicos y preciosos en el departamento de Potosí, Bolivia / elaborado por el Servicio Geológico de Bolivie (GEOBOL) en cooperación con el Instituto Federal de Geociencias y Recursos Naturales de Alemania (BGR). -- [La Paz], 1994. -- (Boletin del Servicio Geologico de Bolivia ; N° 5 (Especial)). -- 204 S. : Ill.


Abb.: Seite 111 aus diesem Werk

1994

Vímijanawá vipaika. -- San Ignacio de Moxos, 1994. -- 90 S. : Ill. -- (Eaparu Moxos ; 3). -- [Abecedarium in Ignaciano]


Abb.: Umschlagtitel


Abb.: S. 50

1994

Cavour Aramayo, Ernesto <1940, La Paz - >: Instrumentos musicales de Bolivia. -- La Paz, 1994. -- Depósito legal 4-1-544-93. -- 489 S. : Ill. -- [Standardwerk]


Abb.: Titelblatt

1994

In Beni haben folgende Firmen Konzessionen zum Holzschlag:

1994


Abb.: Ausbau des Straßennetzes im Tiefland Boliviens

[Vorlage der Abb.: Pacheco Ballanza, Pablo: Estilos de desarollo, deforestación y degradación de los bosques en las tierras bajas de Bolivia. -- La Paz : CIFOR [u.a.], 1998. -- Depósito legal 4-1-490-98. -- Mapa 7]

1994

Aus dem Leben der Marktfrau Sofía Velasquez <1945 - > in La Paz 1994

"I now sell [both] meat and food at my sales site. I sell meat early on Fridays. I start selling at 6:30. Then I take out the food at 7:30. I serve until eleven or until noon. On Saturdays I also take food out. I used to sell on Mondays too, but this street is no longer busy. There used to be more people. On Tuesdays and Wednesdays it's empty. On Mondays I go out and, since I am the coordinator of [a lending group] of Banco Sol, I have to collect money from the members who all sell around here. Sometimes they give me the money right away, but at other times they ask me to wait until two. If they pay me early I go to the bank to pay in the morning, if not, I go in the afternoon. Then I go inside to cook with my daughter. On Tuesday, I go and collect the money that the women who buy meat from me on credit owe me. Often, they don't pay me on Tuesday and so I have to go out again on Wednesday. I used to travel [to Jank'o Amaya] on Wednesday afternoon, but now I only leave on Thursday at 3 a.m. I take a bus to El Alto and from there another bus to Jank'o Amaya, where I arrive at six. This way I don't have to stay overnight at the fair as I used to. The bus fare costs Bs 4 and each bundle costs another Bs 3. Each bundle contains three pigs. Sometimes, when we don't have money, [the bus driver] gives us credit. This time I owe him Bs 25. I usually go to bed with the chickens, at eight in the evening, while Rocío continues doing her homework until one or two in the morning.


Abb.: Sofía Velasquesz beim Wahrsagen mittels Bleigießens

I have been taking out loans from Banco Sol for a while already. Before, it was called PRODEM. Six or seven years ago I found out that they were making loans from my niece Marcela, who sells in the Uruguay market. I wanted to obtain a loan because one needs a lot of capital to deal in pork. I used to get loans from other people at a high interest rate. For three days they would charge Bs 5 (US$1.05) for a Bs 100 (US$21.05) loan. Sometimes, they would not give me a loan at all. At other times, they would ask for pawns. Often, I would pawn my jewelry. I had a friend called Caita who worked with me in the union, and I tried to convince her to come with me. She didn't want to. So I asked a woman called Hortencia who has died since. She said, "Let's go." So we went to San Pedro. They told us to make a group of five persons and bring our identity cards and they asked us where our sales sites were and things like that. Five of us, all meat vendors (most of whom buy their meat here) took out loans of Bs 300 (US$63.15) each. We were supposed to pay them back in eight or twelve installments. But we did not succeed in paying on time. We were in arrears three times. Some women would get lost and would reappear only after two weeks. That destroyed the group. The lady [at the bank] refused to give us a second loan. We didn't take out any further loans for three years. But then PRODEM became larger. They opened a branch in the Calatayud. So I became interested once more. I told them I was coming for the first time. I formed another group with some of the same women. We took another training course. They told us that if one of us became ill, the others would have to help. That group was active for almost two years. It was called Inti Karka. We were each taking out Bs 1800 (US$378.95). They wouldn't increase the amount because we would fail to pay on time. Finally we quarreled among ourselves and I left the group. At that time, Nati was the coordinator. [When one of us couldn't pay], we would have to lend her money. I often had to come to Nati's assistance and lend her or some other woman money so that our group would get a star. A group earns a star when it never fails to make any of its payments on time. Such a group is acclaimed and receives the right to double the amount of its loans. But if the group pays late twice, it gets a square. If it has a more serious fault, it gets a black circle. Nati would often not gather the money until Tuesday, when the money was due on Monday. There was also a time when I couldn't pay and [the other women in the group] refused to lend me money but went to tattle on me. That's how the quarrels started. They [told] the young man at the bank that I was away on a trip and that they couldn't pay on time because of me and the young man would appear at my doorstep with the police. So I became angry and told the young man that I hadn't paid late and that I was retiring from the group. That group continues to this day. I told the young man that I would stop taking out loans for three months and then I would form another group. And I did form another group.

The new group I formed is called "Las Ch'axtitas." Doña Cloti gave it that name. She says that money was called ch'axtitas in earlier times. We were four members. But Doña Cloti became difficult. I had to come to her rescue again and again, every Tuesday. Then, once she let me wait for two whole weeks. I continued to lend her money, but then I went to the woman [at the bank] and we dropped her from the group. Now another woman has taken her place and she too fails to make her payments on time. I am going to drop her too. But [in general] this group is working well.

Not everybody does the same thing. I sell meat. Marcela sells innards. Juana sells mantas. Alicia doesn't have a sales site. She buys the heads of animals. But people have to be responsible. If a member isn't responsible then the group suffers. I am taking out larger loans than the other group members. I am taking out three thousand (US$631.58). They discount three hundred (US$63.16). Of that, 150 (US$31.58) goes into a savings account. The rest is for papers and things. I can take out more because I have more seniority. Perhaps its also because of the house. At any rate, they give me more. The people with whom I formed the group say that I should be the coordinator. They don't want anybody else to do it. So I have been coordinating the group from the start. Marcela is taking out fifteen hundred US$315.79), Alicia, one thousand (US$210.53) and Juana six hundred (US$126.32).

I use the money to travel for meat. However, sometimes, when sales are bad, I lose part of my capital. When that happens, I have to borrow some money or sell something I own to make the payment. When I have finished paying off the loan, I have to wait for another loan to come through. Then I start travelling again.

I also get loans from Procredito. Don't tell Banco Sol. They control such things and [if they see that a client is also borrowing from another bank] they refuse to give another loan. They told me that one didn't have to form groups at Procredito and so I went. A señorita asked me all sorts of questions about whether I had a fixed sales site, whether I had gotten loans elsewhere and why I had stopped going there. She asked me for my address and she told me that the analyst would pay a visit. Some had told me that they often didn't come and that one had to remind them. But I was lucky. I made the request on Friday and [a young man] came to see me on Monday.

He was very nice. He asked me whether that was my own sales site and the woman who sells coffee across the street confirmed it. Then he asked me to see the house. Once inside, he asked me how many rooms I had, with whom I lived, whether Rocio's father gave me any money, how much I had to pay for Rocio's school, and with how much capital I was working. I told him the truth. Then he asked me what else I owned. I told him that I had a plot of land in Compi. Then he asked me what objects of value I had. I named the television set, the cooking range, the gas tank, the radio, the blender, a typewriter. I told him that was all I had. He didn't want to know about jewelry. He also asked whether I owed money to any bank and I said that I didn't.

He told me to wait for a week and then to phone him. I phoned again and again. First he told me that the computer was not working, then that they were just having a meeting about my case. Finally I told him to tell me one way or another and he said that there was going to be a loan. So I went and took out five hundred (US$105.26). Then he doubled it to one thousand (US$210.53) and finally further increased the amount to fifteen hundred (US$31579).

I was going to get three thousand (US$631.56) the next time but then they changed the young man and a young woman, Patricia, took his place. She told me that I was no longer on the list of clients and that she had to come to look at the house once more. She asked me whether I had bought something more. I answered that how could I have purchased anything with life as difficult as it was. I was just earning enough to eat. The señorita said that I had to buy something. I answered that that was impossible, so they reduced the loan amount to six hundred (US$126.32). They slowly upped it again and now I am taking out fifteen hundred (US$315.79).

They tell us to buy things. A person who has a telephone can take out more. [In contrast] they never ask about things like that at Banco Sol. I paid late ten times recently and the señorita asked me why I had failed. I answered that February and March had been bad months. "I know that all your clients have told you that sales were down." [It was true]. There were no sales at all. It seemed as though money had simply vanished. I bought pork and lost half of the capital every week. That's why my business was failing. So, after I repaid the loan, I stopped for two months. But now I have taken out a new loan.

Oh, and there is something else. Before, I could take out a loan just like that but this Patricia asked me to come up with a guarantor. She told me that I was a single mother. I told her that my daughter could act as a guarantor, but she said that she was under age. So now [my niece] Marcela is the guarantor. I have to take her along every time I take out a loan. It I had a husband, he would act as a guarantor.

The interest rate is lower than that of Banco Sol. At first it was 2 percent, then 3 percent and now it's 4 percent per month. It's really cheap. And they only discount Bs 10 from 1000. For four months I pay Bs 140 (US$2947) in interest, that's all. In the Banco Sol it's more expensive. Everybody says that its high. I can't figure it out and they don't tell me, but one of my friends says that it comes to 15 percent a month. Now I have to deposit eighteen installments of Bs 168.

The problem is that in this Procredito I can't take out larger loans because I don't have objects of value. If I had such things as a refrigerator, a video recorder, or a large radio I would take out loans of five thousand or ten thousand (U$1052.63 or US$2105.26). People are taking out loans like that. In that case, I would no longer take out loans at Banco Sol. But there, if we pay back on time, they double the size of the loan and they never ask for guarantees. That's why I continue to take out loans there.

Now I have been in arrears twice at Banco Sol. I was taking out three thousand (US$631.58) and they would have doubled the amount. But
and novel things to add to the creche each year. If I sell the same goods every year, no one will come to buy. The same thing is true for Carnival. [I don't sell miniatures in the Alasita fair]. If I go to sell during Alasita, I will go with food.

[Even though we work with more capital now], earnings haven't changed. From meat one earns twenty centavos (US$.O4) per kilo. Before, one earned more. One hundred kilos cost 700 (US$147.37) and I sell them for 720 (US$151.58) earning 20 (US$4.21). But from that I have to pay Bs 8 (US$1.68) for my fare and then I have to pay for the transportation of the meat. So there is nothing. That's why I don't want to leave food. The food is what sustains me. From a pig that weighs ten kilos I get thirty-five servings. At Bs 5 (US$1.05) per plate, I get 175 (US$36.84). My costs are say Bs 70 (US$14.74) for the meat, 20 (US$4.21) for the chuño and the corn, 5 (US$1.05) for the ají, let's say too (US$21.05) all in all. That leaves me with 75 (US$15.79). I earn most from fricassee. Í have prepared all sorts of dishes, and have decided that fricassee is the most lucrative. I also earn well from a mixed saxta (a hot dish). I net fifty (US$10.53). In contrast, if I cook tongue, I only earn Bs 20 or 15 (US$4.21 or US$3.16). The people who buy the food are passers by. At first I served the vendors who sell in the street. My daughter used to go from sales site to sales site to offer the food. But then they would eat and wouldn't pay. So she refuses to continue doing that. Now we attract people who come by by giving generous servings. Before, I would sell the food on credit and they owed me a lot of money. I no longer do that. Now everybody buys on credit. Everybody from the Alto on down is getting credit from the Banco Sol. Even the women who sell drinks from a pail and the unemployed men who sell from their carts take out loans. These days, there is a lot of unemployment so they get loans and work with them."

[Velasquez, Sofía <1945 - >: The world of Sofía Velasquez : the autobiography f a Bolivian market vendor / Hans Buechler and Judith-Maria Buechler. -- New York : Columbia University Press, ©1996. -- ISBN 0231104677. -- S. 108 - 114, Abb. S. 116. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}]

1994


Abb.: Guiomar Mesa <1961, La Paz - >: Arbol de la vida, 1994

[Bildquelle: Szmukler, Alicia: La ciudad imaginaria : un análisis sociologico de pintura contemporánea en Bolivia. -- La Paz : PIEB, 1998. -- Depósito legal 4-1-316-98. -- S. 65]

1994

Das 1930 errichtete Apostolische Vikariat Chiquitos, für das die zuständig ist die Franziskanerprovinz Tirol zuständig war, wird in die Diözese San Ignacio de Velasco umgewandelt.

1994


Abb.: ™Logo

Pfarrer Josef M. Neuenhofer gründet in La Paz im Auftrag der katholischen Kirche die Fundación Arco Iris (Regenbogen). [Webpräsenz: http://www.arco-iris.de. -- Zugriff am 2002-10-07]

2002 bestehende Projekte von Arco Iris
"Projekt Kinderkrankenhaus

Da das Gesundheitssystem in Bolivien miserabel ist und besonders die Kinder darunter leiden, hat Pfarrer Neuenhofer immer den Traum gehegt, ein Krankenhaus für die Ärmsten der Armen zu bauen. Dieser Traum ist am 27. September 2001 in Erfüllung gegangen.

 
Bild des Krankenhauses:  Foto der feierlichen Eröffnung am 27.11.2001

Das 2,9 Millionen Dollar - Bauvorhaben wurde zu 79 % von der Europäischen Union und dem Kindermissionswerk in Aachen finanziert. 21 % musste Pfarrer Neuenhofer bzw. ARCO IRIS selbst aufbringen.  

Die Dienstleistungen, die vom Krankenhaus angeboten werden, schließen auch alle Spezialfälle mit ein: 

Von der Heilung der Erkältung, über eine Entbindungsstation, bis zu Behandlungen und Rehabilitierungen bei Drogensucht, Alkoholismus und andere medizinische Notwendigkeiten.

Vorgesehen ist auch die Ausbildung im Gesundheitswesen, für alle, die daran interessiert sind, eine Laufbahn als Krankenschwester oder Krankenpfleger einzuschlagen oder für diejenigen, die einen Erste-Hilfe-Kurs machen wollen oder die sich als Volksbeauftragte in Gesundheitssachen qualifizieren möchten.

Die besten Ärzten des Landes stehen in Bereichen wie der Kinderheilkunde, Wundbehandlung, Chirurgie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe zur Verfügung; außerdem können Behandlungen mit Ultraschall angeboten werden, es gibt ein klinisches Labor und es besteht die Möglichkeit zu röntgen und Tomographien vorzunehmen, unter anderem...  

  • Es ist Platz für 70 Betten vorhanden, die auf Gemeinschaftszimmern zu je 5 oder 6 Betten verteilt sind. Die Infrastruktur wurde für eine Fläche von 1765 m2 entworfen und besteht aus 4 Stockwerken und einem Keller. Es gibt auch Säle für Neugeborene, Kleinkinder und für Verbrennungen; außerdem Operationssäle mit Spitzentechnologie.
  • Es ist vorgesehen, dass die Kinder, die von der Straße kommen oder noch immer in der Straße leben, die ersten und wichtigsten Nutznießer der angebotenen Dienste sein sollen, speziell das weibliche Geschlecht.

Für Mädchen unter der Obhut von ARCO IRIS besteht jetzt die Möglichkeit, sich im Kinderkrankenhaus als Krankenschwester ausbilden zu lassen. Viele begabte Mädchen träumen bereits von dieser Berufsausbildung.

Das Grundstück liegt in der Monje Straße Ecke 15.April im Stadtviertel Miraflores und wurde der Stiftung Arco Iris von der Stadt La Paz für 20 Jahre übergeben. Seit 1997 konnte der Bau mit gespendeten Geldern aus der Europäischen Union geplant werden, vor allem vom Kindermissionswerk Aachen (Deutschland). 1999 wurde dann der Bau begonnen und man entwarf ein Finanzierungsprogramm, das mittels der Gelder, die aus der EU kommen und von wohlwollenden Leuten gespendet werden, auf lange Frist aufrechterhalten werden kann. Das Personal des Krankenhauses sowohl das der Krankenbetreuung als auch das der Verwaltung, besteht aus Akademikern mit erfolgreichem Werdegang, die eine ebenso hilfsbereite Ader haben wie die Wegbereiter des Projekts.  "Kinder sind Menschen, welche Respekt und Würde verdienen, deshalb werden sie auf bestmögliche Art und Weise betreut werden", so Josef Neuenhofer.

Infrastruktur und Ausstattung

  • Keller: Raum für allgemeine Dienstleistungen, Archiv und anderes
  • Erdgeschoss: ambulante Sprechstunden (7 Sprechzimmer) für Allgemeinmedizin, leichtere Chirurgie, Kinderheilkunde, Psychotherapie, Frauenheilkunde, Geburtshilfe, Orthopädie und Wundbehandlung, Augenheilkunde und Zahnmedizin. Abteilungen für Sozialarbeit, eine Sektion für Versicherungen und Kasse, eine Apotheke, ein Bereich für diagnostische Hilfsuntersuchungen. Klinisches Labor und Blutbank. Bereich für Röntgenaufnahmen und Ultraschall. Bereich für Notfälle und zur medizinischen Beobachtung.
  • Erste Etage: Chirurgischer Bereich mit zwei Operationssälen, Geburts- und Schwangerschaftssäle, Kinderstätte und Erholungsraum. Intensivtherapie und Sterilisation. Verwaltungsteil und Kapelle des Krankenhauses.
  • Zweite Etage: Internierungsbereich, 70 Betten für Kinder und Erwachsene, für Gebiete der Medizin wie Kinderheilkunde, Chirurgie, Frauenheilkunde, Geburtshilfe, Orthopädie und Wundbehandlung.
  •  Dritte Etage: Medizinische Schule mit einem Hörsaal, vier Klassenzimmern, Bibliothek für das Krankenhaus und die Schule, Schulverwaltung, Küche, Speiseräume, Räumlichkeiten für das Personal.
  • Zum Projekt des Kinderkrankenhauses gehört auch ein großer Mercedes-Kastenwagen (dieser konnte von der königlich-niederländischen Rettungswacht preisgünstig gekauft werden), der mit medizinischem Gerät und Personal ausgestattet in die Ballungszentren fährt und die Kinder auf der Straße untersucht und eventuell zu einer größeren Untersuchung oder Behandlung in das Krankenhaus einlädt.

Niñas Obrajes - Mädchenheim


Abb.: Mädchenheim

Dieses Kinderheim bietet 90 Mädchen im Alter von 6 bis 18 Jahren ein liebevolles Zuhause. Viele Kinder leiden an den tiefen seelischen, als auch körperlichen Wunden ihrer dunklen Vergangenheit. Bindungslosigkeit, sexueller Missbrauch, Hunger und Krankheit gehören in diesem Land zur Alltäglichkeit. In ,,Niñas Obrajes" finden die Mädchen eine neue Gemeinschaft und eine warme Atmosphäre. ARCO IRIS bietet den Kindern ebenso fachmännische Betreuung und ein weit gefächertes Freizeit- und Bildungsprogramm.


CET - Mädchenheim

Auch dieses Haus, gebaut für 60 Mädchen über 18 Jahre, befindet sich auf dem Grundstück von ,,Niñas Obrajes". Hier bietet ARCO IRIS jungen Erwachsenen, die tagsüber arbeiten oder studieren, ein schützendes Dach und eine Gemeinschaft.


CATE - Jungenheim

Auf die direkte Bitte des Straßenjungen Wilbert, gründete die Stiftung ARCO IRIS 1995 ein Heim für 30 Jungen, die hier ein familienähnliches Zusammenleben erfahren. Während sie tagsüber als Schuhputzer oder Süßigkeitenverkäufer arbeiten, besuchen sie abends regelmäßig eine Schule; einige finden auch in den neueröffneten Lehr- und Produktionswerkstätten von ,,Ninas Obrajes" einen Ausbildungsplatz.


Vivienda - Wohnungsbauprojekt

Junge Familien, die unter Brücken, in Baucontainern oder in heruntergekommenen Pensionen ein Zuhause suchen müssen, finden in ARCO IRIS eine neue Heimat. Die Stiftung stellt den jungen Eltern eine kleine Wohnung zu Verfügung, in der sie mit ihren Kindern ein menschenwürdiges Leben führen können.


Gefängnisarbeit

Viele Eltern unserer Heim- und Straßenkinder leben im Gefängnis. Durch unsere Arbeit wird der Kontakt unserer Kinder zu ihren Eltern und damit zu ihrer Vergangenheit aufrechterhalten. Darüber hinaus helfen wir den Inhaftierten bei Alkohol- und Drogenproblemen, bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft, sowie durch ärztliche Versorgung. Da sie zudem häufig ohne Schuld und Prozess einsitzen, finden sie durch ARCO IRIS auch Unterstützung in Rechtsfragen.


Straßenarbeit

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit von ARCO IRIS ist der Einsatz für die Kinder, die täglich auf den Straßen von La Paz leben. Unser qualifiziertes Personal wirbt um Vertrauen, ermöglicht Bindungen und bemüht sich, die oft schwache Selbstachtung der Kinder zu stärken. Ebenso wie moralische, bieten wir auch materielle Unterstützung, etwa in Form von Kleidung, Schulartikeln und medizinischer Hilfe.


Kindersparkasse

Ein lang gehegter Wunsch von ARCO IRIS ist in Erfüllung gegangen: Unsere Heim- und Straßenkinder haben in der Bank ,,LOS ANDES" einen vertrauensvollen Partner gefunden. Da es zur Alltagserfahrung der Kinder gehört, dass ihnen die übrigen Groschen der Tagesarbeit von Polizei oder älteren Jugendlichen abgenommen werden, haben Straßenkinder hier die Möglichkeit, umsonst ein Konto zu eröffnen und kleinste Beträge einzuzahlen. Nun können sie sparen, über ihr eigenes Geld verfügen und sich vielleicht eines Tages einen lang ersehnten Wunsch erfüllen. Über die Bank erhalten die Kinder ebenso eine Personalkarte mit Passbild, womit sie sich ausweisen können und in vielen Fällen - zum ersten Mal ,,jemand" sind.


Gesundheitsprogramm

Das raue Leben auf der Straße hat oft schlimme Folgen; häufig gibt es Schlägereien, Unfälle und unzählige Krankheiten. Da die Straßenkinder keinen Versicherungsschutz haben, wird der Gang zum Arzt oft vermieden, und die Kinder und Jugendlichen bleiben im Ungewissen über Ursachen und Folgen ihrer Krankheiten. Um diese Not zu mindern, unterhält ARCO IRIS mehrere Gesundheitszentren, in denen bedürftige Kinder für einen kleinen Unkostenbeitrag medizinische Unterstützung erhalten.


Mittagsküche für Straßenkinder

In ,,Las Lomas", einem der ärmsten Stadtteile von La Paz, in dem es weder Wasser noch ein Entwässerungssystem gibt, erhalten täglich über 300 Kinder in einer Kindertagesstätte ein warmes Essen. Und auch in ,,Sagrados Corazones", einer Mittagsküche mitten im Stadtzentrum, essen 140 Straßenjungen eine nahrhafte Mahlzeit. Da es ein Erziehungsziel von ARCO IRIS ist, dass auch die Kinder Mitverantwortung tragen, müssen sie hier für ihr Essen einen kleinen symbolischen Beitrag zahlen.


Alphabetisierung

Seit Januar 1996 nehmen über 170 Kinder aus sozial schwachen Verhältnissen an diesem Alphabetisierungsprogramm von ARCO IRIS teil. In Einzel- und Gruppenunterricht erhalten die Kinder Nachhilfe in grundlegenden Fähigkeiten, wie Lesen, Schreiben und Rechnen, um somit den Anschluss an den staatlichen Unterricht zu gewinnen. Zusätzlich wird hier die häufig mangelhafte Ernährung der Kinder ergänzt.


Ausbildungs- und Produktionswerkstätten

Mit der Eröffnung einiger Ausbildungs- und Produktionswerkstätten wagte die Stiftung ARCO IRIS 1997 einen neuen Schritt in die Zukunft. Diese Einrichtungen steuern nicht nur zur Mitfinanzierung unserer Projekte bei, sondern sie ermöglichen unseren Heim- und Straßenkindern, die hier einen Ausbildungsplatz finden, auch eine berufliche Zukunftsperspektive und damit einen Ausweg aus Elend und Not


Abb.: Backwarenverkauf

Bereits in Betrieb sind:

  • Tischlerei
  • Bäckerei
  • Wäscherei
  • Gärtnerei

[Quelle: http://www.arco-iris.de. -- Zugriff am 2002-10-07]

1994-01-27 bis 1994-02-02

VI. Congreso de la CSUTCB (Confederación Sindical Unica de Trabajadores Campesinos de Bolivia) in Cochabamba. Gegen den Ayamara und Vizepräsidenten Victor Hugo Cárdenas wird folgende Resolution verabschiedet:

"La derecha como la izquierda, vociferan que Víctor Hugo Cárdenas es la expresión de los indígenas y de los campesinos. Este máximo evento sindical campesino resuelve:

  1. Víctor Hugo Cárdenas es un impostor, no nos representa, no le delegamos en ningún momento a hablar de nosotros y a nombre nuestro, por tanto cualquier vociferación es a título personal. 

  2. Víctor Hugo Cárdenas constituye en nuestra historia el típico indígena «aymara», que habiendo leido y escrito, siendo ahora parte de la estructura dominante, ahora piensa como ellos y para ellos y terminó sirviendo a los patrones.

  3. El MNR le utilizó como un disfraz popular y campesino a su política neoliberal empobrecedora y relocalizadora.

  4. Cárdenas no sólo cambió de apellido, avergonzado de su origen, sino cambió de mentalidad y de ideología afiliándose con el MNR en el neoliberalismo. Víctor Hugo Cárdenas, por lo tanto, ha traicionado los postulados de las naciones originarias.

  5. Víctor Hugo Cárdenas es un felipillo moderno, es un llunk'u neoliberal, amigo del colonialismo externo e interno, y es así como todos los delegados consideramos que ha traicionado a los campesinos.

  6. El Congreso declara a Víctor Hugo Cárdenas enemigo y traidor por haber entregado nuestros símbolos al representante del imperialismo, en nombre de los indígenas, originarios y campesinos, y si lo hizo, es solamente en su condición de llunk'u y a título personal".

[Zitiert in: Patzi Paco, Felix: Insurgencia y sumisión : movimentos indígeno-campesinos 1983 - 1998. -- La Paz : Muela del Diablo, 1999. -- (Colección comuna ; 4). -- ISBN 99905-40-17-9. -- S. 115f.]

1994-02-12

La Virgen de Socavón (Jungfrau vom Berwerksschacht) Oruro wird zur Königin der bolivianischen Folklore erklärt.

1994-03-21

Ley de Capitalización (Ley no. 1544)

"Capitulo I. DE LA CONSTITUCIÓN DE SOCIEDADES DE ECONOMÍA MIXTA

Articulo Primero.- Autorízase al Poder Ejecutivo a aportar los activos y/o derechos de las empresas públicas, para la integración del capital pagado en la constitución de nuevas sociedades de economía mixta.

A los trabajadores bolivianos de cada una de estas empresas públicas, se les propondrá suscribir acciones para la constitución de la respectiva sociedad de economía mixta, hasta el monto de sus beneficios sociales.

Articulo Segundo.- Autorizanse y apruébanse los acuerdos requeridos para la conversión en sociedades de economía mixta, de acuerdo a disposiciones en vigencia, de Yacimientos Petrolíferos Fiscales Bolivianos (YPFB), Empresa Nacional de Electricidad (ENDE), Empresa Nacional de Telecomunicaciones (ENTEL), y Empresa Nacional de Ferrocarriles (ENFE), y Empresa Metalúrgica Vinto, que especifiquen como aportes del Estado el valor en libros del patrimonio de dichas empresas.

Las sociedades de economía mixta a que se refiere este artículo constituirán domicilio en la República de Bolivia."

1994-04-20

Ley de Participación Popular (Ley no. 1551) mit vier Títulos

  1. Título I: De la participación popular

    "Capítulo I. DEL ALCANCE DE LA PARTICIPACIÓN POPULAR

    Articulo 1°. (Objetos). La presente Ley reconoce, promueve y consolida el proceso de Participación Popular articulando a las comunidades indígenas, campesinas y urbanas, en la vida jurídica, política y económica del país. Procura mejorar la calidad de vida de la mujer y el hombre boliviano, con una más justa distribución y mejor administración de los recursos públicos. Fortalece los instrumentos políticos y económicos necesarios para perfeccionar la democracia representativa, facilitando la participación ciudadana y garantizando la igualdad de oportunidades en los niveles de representación a mujeres y hombres.

    Articulo 2°.(Alcance).Para lograr los objetivos señalados en el Artículo I9:

    1. Reconoce personalidad jurídica a las Organizaciones Territoriales de Base, urbanas y rurales, y las relaciona con los órganos públicos.
    2. Delimita como jurisdicción territorial del Gobierno Municipal, a la Sección de Provincia.

      Amplía competencia e incrementa recursos en favor de los Gobiernos Municipales, y les transfiere a la infraestructura física de educación, salud, deportes, caminos vecinales, micro-riego, con la obligación de administrarla, mantenerla y renovarla.
    3. Establece el principio de distribución igualitaria por habitante, de los recursos de coparticipación tributaria asignados y transferidos a los Departamentos, a través de los municipios y universidades correspondientes, buscando corregir los desequilibrios históricos existentes entre las áreas urbanas y rurales.
    4. Reordena las atribuciones y competencia de los órganos públicos para que actúen en el marco de los derechos y deberes reconocidos en la presente Ley.
    5. Capítulo II. DE LOS SUJETOS DE LA PARTICIPACIÓN POPULAR

      Articulo 3°. (Organizaciones Territoriales de Base y Representación).

      I. Se define como sujetos de la Participación Popular a las Organizaciones Territoriales de Base, expresadas a las comunidades campesinas, pueblos indígenas y juntas vecinales, organizadas según sus usos, costumbres o disposiciones estatutarias.

      II. Se reconoce, como representantes de las Organizaciones Territoriales de Base a los hombres y mujeres. Capitanes, Jilacatas, Curacas, Mallcus, Secretarios (as) Generales y otros(as), designados(as) según sus usos, costumbres y disposiciones estatutarias."

  2. Título II: De los gobiernos municipales (Eine Liste der municipios = secciones wurde mit Decreto Supremo No. 23943 vom 1995-01-21 veröffentlicht)

  3. Título III: De los recursos de la paticipación popular

  4. Título IV: La administración publica y la participación popular

1994-05-30

AUS DEM ELEND GEDRIBBELT

Der Gegner der deutschen Nationalelf im Eröffnungsspiel der Weltmeisterschaft im Juni in den USA gilt als vielversprechendster Fußball-Aufsteiger Lateinamerikas. Eine Talentfabrik am Stadtrand von Santa Cruz liefert Boliviens Nationalspieler. Die Trainer suchen sich den Nachwuchs frühzeitig in den Armenvierteln.

Im Vertrauen auf den Teufel riskiert Haroldo mehr als einen Tagesverdienst. Fünf Bolivianos, knapp zwei Mark, hat der Brotverkäufer auf den Straßen von Santa Cruz darauf gewettet, daß die bolivianische Nationalelf den Weltmeister besiegt. Der Zwölfjährige sieht sein Geld gut angelegt: „Gegen El Diablo gibt es keine Chance." „El Diablo" ist der ebenso kreative wie torgefährliche Mittelfeldspieler Marco Etcheverry, 23. Zusammen mit seinem kongenialen Partner Erwin Sa´nchez, 24, soll er Bolivien beim WM-Eröffnungsspiel gegen Deutschland zum Erfolg führen.

Die Jungen von Santa Cruz verehren Etcheverry: Er ist ein Tahuichi, ein Absolvent der größten Fußballschule Lateinamerikas. Er hat auf denselben Stoppelwiesen trainiert wie Haroldo und die anderen Jungen von Santa Cruz. Und er hat geschafft, wovon sie träumen: Aus den Slums von Boliviens zweitgrößter Stadt ist er aufgestiegen zu einem Weltklassekicker.

Zehn Spieler des bolivianischen Nationalkaders stammen aus der Fußballschulein Santa Cruz. Tahuichi, das in der Indianersprache Guaraný´ „Großer Vogel" bedeutet, ist Boliviens erfolgreichstes Entwicklungsprojekt – eine Fußballerfabrik, die schon etwa 10 000 Jungen aus den Elendsvierteln zu einer Karriere und meist bescheidenem sozialen Aufstieg verholfen hat.

Etwa 2500 Talente trainieren derzeit bei Tahuichi. Die meisten sind Söhne von Tagelöhnern und Arbeitern. Einige haben Prostituierte als Mütter, viele sind Waisen. Nur wer es sich leisten kann, muß zehn Dollar Schulgebühr im Monat zahlen.

Haroldo entdeckten die Tahuichi-Trainer, als er neun Jahre alt war. Tagsüber verkauft er Brot, das seine Mutter zu Hause in einer Holzhütte m Stadtrand bäckt. Pedro Cuéllar Burgos, sein Vater, fährt für einen Fuhrunternehmer Taxi, er verdient etwa acht Mark am Tag – zuwenig, um die große Familie zu ernähren. Wie viele Kinder hat er gezeugt? Hilfesuchend sieht der stämmige Mann zu seiner Frau hinüber: „Sind es zehn oder zwölf?" Die Mutter wirft einen raschen Blick auf die Kinderschar: „Neun", antwortet sie, „aber leider ist nur Haroldo bei den Tahuichi."

Die Fußballschule nimmt der Mutter einige Sorgen ab: Tahuichi-Ärzte behandelten den Jungen gegen Parasiten, unter denen die meisten Kinder in den Armenvierteln leiden. Dann schickten sie ihn zum Zahnarzt: „Mit Zahnschmerzen spielt es sich schlecht", grinst Haroldo. „Außerdem stören die Zahnlücken, wenn wir für das Siegerfoto lächeln müssen."

Davon träumen sie alle in Tahuichi – „Sieger sein". Da bleibt es, das wissen sie, seitdem ihr Vorbild Etcheverry als Profi in ein feines Viertel der chilenischen Hauptstadt Santiago umgezogen ist, nicht beim Foto. 10 000 Mark hat Staatspräsident Gonzalo Sáchez de Lozada jedem Nationalspieler für die Weltmeisterschaftsqualifikation versprochen und nach etlichen Mahnungen auch gezahlt; in der WM-Vorbereitung erhielt jeder Profi rund 3500 Mark Monatslohn. Ein Punkt gegen die Deutschen bringt 1600 Mark, für den WM-Titel wurden gar 200 000 Mark pro Kopf ausgelobt.

Genauso wichtig sind aber die Karrieremöglichkeiten im Ausland. Neben Etcheverry hat auch Sánchez (nach Portugal) den Sprung geschafft. Beide, lobt der argentinische Weltmeistertrainer César Luis Menotti, „würden in jedem Land der Welt in der Nationalelf spielen".

Die beiden Vorzeigekicker stehen nun für den Aufwärtstrend des bolivianischen Fußballs, der 1978 mit der Gründung Tahuichis durch den späteren Minister und Bauunternehmer Rolando Aguilera begann. Während der Diktatur des Generals Hugo Banzer hatte der leidenschaftliche Hobby-Fußballer Aguilera sieben Jahre in den USA im Exil verbracht. Nach seiner Rückkehr richtete er hinter seinem Haus in Santa Cruz einen Fußballplatz ein, damit seine Söhne, die in den USA nur Baseball und American Football spielen gelernt hatten, mit Kindern aus der Verwandtschaft bolzen konnten.

Das erste Spiel des Familienteams gegen eine Mannschaft aus Santa Cruz war so erfolgreich, daß sich am nächsten Tag 200 Eltern bei Aguilera einfanden und ihn um die Gründung einer Fußballschule baten. Im Andenken an seinen Vater nannte er die Akademie „Tahuichi". Als „Großer Vogel" war Don Ramón Aguilera in den fünfziger Jahren zu Fußballerruhm gekommen.

Die Tahuichi-Nachwuchskicker gewannen bald alle Jugendmeisterschaften in Bolivien. 1980 wurden sie Südamerika-Jugendchampion, 1981 internationaler Jugendmeister. Die Pokale, die sie seither bei zahlreichen Auslandsturnieren gewannen, stapeln sich in einem Zimmer des Schulgebäudes, in dem Juanito Herreira, der als das derzeit größte Tahuichi-Talent gilt, schon mal für Erfolgsgefühle probesitzendarf.

Der Erfolg kommt von ganz unten Als erste lateinamerikanische Fußballakademie geht Tahuichi systematisch in den Elendsvierteln auf Talentsuche. Die Trainer verbringen Stunden in den Brettersiedlungen der Peripherie von Santa Cruz und beobachten die Kinder beim Fußballspielen. „Wie der Argentinier Diego Maradona und der Brasilianer Pelé , so stammen die meisten lateinamerikanischen Fußballstars aus ärmlichen Verhältnissen", sagt Schulsprecher Joaquýn Ardaya, der früher selbst als Profifußballer sein Geld verdiente. „Das Dribbeln haben sie in den Slums gelernt."

Den begabtesten Jungen bietet Tahuichi ein Stipendium, das über bloßes Fußballtraining hinausgeht. „Die Not ist so groß, daß wir uns nicht allein dem Sport widmen können", sagt Ardaya. In der Schule bekommen die Kinder kostenlos Mittag- und Abendessen, sie werden von Ärzten betreut, und sie erhalten Englisch-Unterricht.

Dreimal die Woche trainiert Haroldo mit mehr als tausend Jungen zwei Stunden auf einer zerfurchten Wiese am Stadtrand. Nach Regenfällen steht das Wasser knöcheltief auf dem Gras, aber die Schule hat kein Geld für einen besseren Platz.

Sollte Bolivien bei der WM ein Überraschungserfolg gelingen, könnte auch Tahuichi von den Einnahmen profitieren. Man hat gelernt, am Geldkreislauf des Profifußballs zu partizipieren. Vor vier Jahren verkaufte die Schule das erfolgreiche Duo Etcheverry-Sánchez für nur 4200 Dollar an einen einheimischen Verein. Inzwischen ist Tahuichi an jedem Transfer eines Akademieabsolventen mit zehn Prozent beteiligt.

Der Weg zum Profi ist lang. Bereits Fünfjährige werden in die Schule aufgenommen, im Alter von 14 Jahren beginnt dann die Auslese – „diskret", wie Schulsprecher Ardaya versichert. „Wer bei den Auswahlspielen nicht aufgestellt wird, weiß, daß er sich nach einem anderen Beruf umsehen muß."

Aber auch für die große Mehrheit der Tahuichi-Absolventen, die nicht zu Profispielern aufsteigen, lohnt sich der Schulbesuch: Sie lernen kostenlos, viele gehen mit ihrem Team auf Auslandsreisen. Jährlich schreibt die Schule vier Stipendien zum Studium an US-amerikanischen Universitäten aus.

Für die angehenden Profis beginnt ein straffes Training. Nach jedem Spiel skandieren sie im Chor den Schlachtruf „Bo-li-via", der mitunter noch wie das Pfeifen im dunklen Walde klingt. „Wir müssen das Siegen erst lernen", sagt Ardaya. Bislang zählte Bolivien in jeder Hinsicht zu den Verlierern. Die Spanier beuteten seine unermeßlichen Bodenschätze aus, Chile nahm ihm in einem bitteren Eroberungskrieg den Zugang zum Meer, Militärdiktatoren und die Kokainmafia haben das internationale Ansehen ramponiert.

Im Sport litten die Bolivianer unter einem Minderwertigkeitskomplex gegenüber den mächtigen Fußballnachbarn Argentinien und Brasilien. Vor ihrem WM-Qualifikationsspiel gegen Bolivien in La Paz spotteten die Brasilianer über die „Bergindios", denen sie das Ballspielen beibringen wollten. Erst als die Bolivianer Brasilien mit 2:0 geschlagen nach Hause schickten und sich, wenn auch knapp, für die WM qualifizierten, nötigten sie den arroganten Konkurrenten Respekt ab. Amerikanische Agenturen bemühten sich um Boliviens Team, es gab plötzlich Angebote für Freundschaftsspiele in den Staaten.

Auch die Bevölkerung identifizierte sich mit dem Erfolg. In den Nationalfarben Rot, Gelb und Grün bemalte Fans tanzten in den Straßen. Die Reputation des Landes, hat Etcheverry festgestellt, sei „über Nacht auf ein ganz anderes Niveau geklettert".

Bei seinem Amtsantritt vor anderthalb Jahren, sagt der spanische Trainer Xabier Azkargorta, habe das Fußballteam „die nationale Gefühlslage und damit fehlendes Selbstvertrauen widergespiegelt". Jetzt hätten die Kicker „sich selbst lieben gelernt – und das ist mit dem ganzen Land passiert".

Neben Kolumbien gilt Bolivien heute als Lateinamerikas vielversprechendster Fußball-Aufsteiger – und der Fußball als erfolgversprechendster Weg aus den Elendsquartieren. „Früher wollten die Jungen von Santa Cruz Drogenhändler werden, sie waren geblendet vom Geld der Kokainbosse", sagt Rony Aguilera, der Sohn des Schulgründers und Präsident von Tahuichi. „Die Schule eröffnet ihnen neue Perspektiven."

Santa Cruz ist Boliviens wichtigster Umschlagplatz für Kokain: In den Parks der Stadt schnüffeln Straßenkinder Leim oder berauschen sich mit Bazuko, einem Kokain-Mix. Tahuichi finanziert seinen Kampf gegen Armut und Elend aus Mitteln des Christian Children’s Fund, einer amerikanischen Hilfsorganisation, und Einnahmen aus der Baufirma Rolando Aguileras. „Wir sind bislang ohne staatliche Hilfe ausgekommen, und wir wollen auch keine", sagt Schulsprecher Ardaya. „Der Staat ist viel zu korrupt, und er versteht nichts von Fußball."

Doch die Drogenmafia gefährdet die Erfolge. Die Rauschgiftbosse haben sich in mehrere Fußballklubs eingekauft. In einem Land, in dem 70 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben, können sie noch am ehesten die hohen Ablösesummen für Profis bezahlen.

Um die Jugendlichen vor dem Abgleiten in die Drogenszene zu bewahren, warnen Ärzte die Kinder vor den Gefahren des Kokains. „Fußball ja, Drogen nein!" predigen die Trainer. Die Vereinten Nationen haben Tahuichi zum „Botschafter gegen Drogen" ernannt, auch für den Friedensnobelpreis wurde die Schule bereits nominiert.

Die Nominierung ist auch Auszeichnung für die Umstellung auf einen sozial verträglichen Export Boliviens: 30 Tahuichi-Absolventen kicken in amerikanischen College-Mannschaften. „Wir schicken den Gringos mal was anderes als Kokain", sagt Ardaya: „Fußballer." "

[Der Spiegel. -- Hamburg. -- 22/1994(©1994-05-30). -- S. 168 - 172]

1994-07-07

Ley de Reforma Educativa (Ley No. 1565). Wichtigste Reformen

Das Bildungswesen hat nun folgende Stufen:

Alter obligatorisch/
freiwillig
Stufe Zyklen Zweige und Abschlusstitel
0 bis 5 Jahre freiwillig Educación Prescolar
  1. no formal
  2. escolarizado
 
6 bis 13 Jahre obligatorisch
(8 Schuljahre)
Educación Primaria
  1. 6- bis 8-jährige
  2. 9- bis 11-jährige
  3. 12- bis 13-jährige
 
14 bis 17 Jahre freiwillig
(4 Schuljahre)
Educación Secundaria (Postobligatoria) 1. 14- bis 15-jährige Cientifico-Vocacional
Humanístico-Vocacional
Técnico-Vocacional
2. 16- bis 17-jährige Bachiller Técnico
Bachiller Humanístico
Bachiller Pedagógico
  freiwillig Educación Superior   Educación Universitaria:
  • Licenciatura
  • Maestría
Educación No Universitaria
  • Técnico Supperior

1994-08-29 bis 1994-09-19


Abb.: Marschroute

Marcha por la vida, la coca y la soberania nacional der Cocaleros des Chapare (Cochabamba).

Die Forderungen der Cocaleros:

"COMITÉ DE COORDINACIÓN DE LAS CINCO FEDERACIONES DEL TRÓPICO DE COCHABAMBA FETCTC * FCCT * FYCH * FECCH * FUCU. MARCHA POR EL RESPETO A LA VIDA, LA COCA Y LA SOBERANÍA NACIONAL

EXIGE AL GOBIERNO:

  1. El cumplimiento de los convenios suscritos el 23 de marzo y el 5 de mayo del año en curso.
  2. La desocupación del Trópico de Cochabamba por parte de las fuerzas militares y policiales.
  3. El retiro de los efectivos de la DEA, puesto que pese a reiterados anuncios de su calidad de apoyo a UMOPAR, son ellos los que conducen los operativos y han tomado el control del Trópico, violando los convenios bilaterales y la Soberanía Nacional.
  4. Garantías para los dirigentes sindicales que en el ejercicio de sus funciones y derechos que les confiere el Artículo 171 de la Constitución Política del Estado, son perseguidos, amedrentados y encarcelados por las fuerzas de represión.
  5. El levantamiento de los condicionamientos para la ejecución de proyectos de desarrollo alternativo, mientras los montos de inversión para el desarrollo compensen el valor perdido por concepto de la reducción de 26 mil hectáreas de coca.
  6. La enmienda del artículo segundo de industrialización de la hoja de coca, para que incorpore la coca del trópico de Cochabamba en la industria legal
  7. Que las plantas agroindustriales y centros de acopio de frutas construidas por el desarrollo alternativo pasen de una vez por todas a propiedad campesina.
  8. Condonación de intereses penales y comentes a los prestatarios del PL-480.
  9. Entrega del mercado campesino de Sacaba a las Federaciones Campesinas del Trópico de Cochabamba y la indemnización por los cocales erradicados de manera forzosa por el Gobierno en el mes de Febrero.
  10. Devolución de los objetos y dineros sustraídos ilegalmente por los efectivos de UMOPAR, con motivo de operativos contra el narcotráfico.
  11. Respeto y otorgación de títulos a los campesinos asentados en los Parques Nacionales Isiboro-Sécure y Carrasco.
  12. Que las regalías por concepto de aprovechamiento de la madera, sean reinvertidas en el Trópico de Cochabamba.
  13. Castigo ejemplar a los asesinos del compañero Felipe Pérez Ortiz y una justa indemnización a sus familiares.
  14. El cumplimiento de los programas de mejoramiento de caminos y puentes dentro del Parque Nacional Isiboro-Sécure y la construcción del camino carretero Cochabamba-Beni.
  15. Revisión de las leyes de Reforma Educativa, Participación Popular y Capitalización.
  16. Rechazo a los programas privatizadores de la tierra y a la instauración del Instituto Nacional de Tierras (INTI). Planteamos en cambio, el reconocimiento y la vigencia de la Ley Agraria Fundamental.
  17. Desacuerdo con la internación de desechos tóxicos, pues se pretende convertir al país en un basurero.

Villa Tunari, 18 de Agosto de 1994"

[a.u.a.O., S. 38]


Abb.: Umschlagtitel des Gedenkbuches

Vorwort von Evo Morales <1959, Orinoca - > zum Gedenkbuch:

"Un libro que escribe historia

Recuerdo que en una etapa de la histórica marcha "Por la Vida, la Coca y la Soberanía Nacional" en Inquisivi, comentábamos que los pasos difíciles, pero heroicos de la marcha, estaban escribiendo historia y que ese esfuerzo lo debíamos plasmar en un documento.

Ahora, con enorme satisfacción me permito comentar un pasaje de nuestras luchas de resistencia por nuestra sobrevivencia frente a las constantes provocaciones de un sistema capitalista y sus consecuencias, descritas con acierto en el libro "La marcha histórica", del periodista y compañero Alex Contreras con el apoyo del CEDIB.

La marcha "Por la Vida, la Coca y la Soberanía Nacional", fue como un reflejo para descubrir quiénes somos. Dentro ese marco, nuestro respetuoso reconocimiento a quienes de manera solidaria, incondicional y desinteresada se plegaron a las duras movilizaciones de resistencia; pero, aún más, nuestra admiración a quienes hacen carne de nuestras luchas, como es la lucha de un pueblo.

En las jornadas históricas, en busca del derecho a la vida, la tierra y nuestra dignidad, no sólo participamos sindicatos, sino aprendimos que la lucha había sido de las familias íntegras y de todo el pueblo. Por eso, las valientes mujeres y sus niños en algunas etapas -pese a los balines, los gases y la dura represión- encabezaron las movilizaciones; además, aportaron fuerza y aliento a todo el movimiento.

Cuando la política de ajuste estructural nos sigue expulsando de nuestras tierras; cuando continúa la persecusión y encarcelamiento de los líderes de las naciones originarias; cuando se pretende privatizar la educación y la salud afectando a las mayorías nacionales; cuando nuestros productos agropecuarios tienen cada vez menos precio por el libre mercado; cuando el neoliberalismo plantea la ley del más fuerte, empieza a aparecer una luz.
Esa luz se vé reflejada por los levantamientos de las naciones originarias en esta pane del continente. Ahí está el ejemplo del Ejército Zapatista de Liberación Nacional (EZLN) en Chiapas-México; el bloqueo de caminos de los guaraníes en el Paraguay; las voces de protesta lanzadas por la Organización de Naciones Indígenas de Colombia (ONIC); el bloqueo de caminos y movilizaciones convocadas por la Confederación de Nacionalidades Indígenas del Ecuador (CONAIE); la exigencia por el derecho a la tierra de los mayas en Guatemala y las luchas en Bolivia.

La denominada Guerra a las Drogas -a estas alturas- se constituye en una estafa descarada al llamado tercer mundo, porque es un chantaje económico y político a los países sometidos por el sistema putrefacto del capitalismo.

Los gendarmes de la economía mundial siguen planificando cómo acabar con nuestras culturas y naciones mediante algunos convenios de las Naciones Unidas, convenios bilaterales o legislaciones nacionales impuestos desde arriba y por la fuerza. Cuando no les resulta sus acciones, utilizan a las Naciones Unidas como un instrumento de asalto bélico, de invasión y agresión armada a la soberanía y dignidad de un pueblo.

Por estas y muchas razones más, convocamos a todos los sectores del pueblo boliviano a crear un Frente Nacional para defender los intereses del país.

Nuestro reconocimiento a la prensa oral y escrita por difundir la verdad de nuestro movimiento; a los compañeros periodistas que acompañaron nuestra gloriosa marcha como Mario Bustamante y Marco Carrillo y especialmente, a nuestro compañero Alex Contreras por todo su aporte y los despachos desde plena marcha para "La hora del país" de radio Fides, la Agencia de Noticias "Jatha" y por las fotografías que preocuparon a los cazafantasmas publicadas en los periódicos Presencia, La Razón, Hoy, Ultima Hora, Los Tiempos, Opinión y otros. También a Ximena Soruco y la Libertad que todos buscamos.

Finalmente, los productores de coca y las naciones originarias nunca nos olvidaremos del grito de guerra que nace por el dolor de un pueblo: causachun coca!, wañuchun yanquis!.

Evo Morales Ayma [1959, Orinoca - ], Presidente del Comité Coordinador de las 5 Federaciones del Trópico de Cochabamba"

[Contreras Baspineiro, Alex: La marcha historica. -- Cochabamba : CEDIB, 1994. -- Depósito legal 2-1-81-94. -- S. IIIf.]

1994-09-05

"Gold im Giftmüll

Die Frankfurter Metallgesellschaft (MG) liefert europäische Gruben-Rückstände nach Südamerika, die dort als Giftmüll eingelagert werden müssen. So sind von der MG 440 Tonnen blei- und arsenhaltiges Antimon-Konzentrat aus einem tschechischen Bergwerk südwestlich von Prag via Antwerpen mit Ziel Bolivien verschifft worden. Als Vermittler betätigte sich Dietrich Hausherr, österreichischer General-Honorarkonsul und Repräsentant der Metallgesellschaft in Bolivien. Vor anderthalb Jahren hatte die bolivianisch-österreichische Firma Eluamin die „Rückgewinnung von Gold" aus dem Gruben-Müll zugesagt. Der Eluamin-Inhaber aber wird wegen diverser Umweltvergehen in Österreich gesucht.

Nach Protesten der Bevölkerung im bolivianischen Quime bei La Paz wegen Gesundheitsbeschwerden und sterbender Tiere, verursacht womöglich durch Verwehungen des Giftstaubs, sicherte das Militär die Ladung in Eisenbahnwaggons. Die Metallgesellschaft will den „hochwertigen Rohstoff" lediglich ordnungsgemäß als Zwischenhändler bis zum chilenischen Hafen Arica transportiert haben. Die weitere Behandlung des Antimon-Gold-Konzentrats sei von dem Konzern „als Händler nicht zu verantworten"."

[Der Spiegel. -- Hamburg. -- 36/1994 (©1994-09-05). -- S. 55]

1994-11-03

Totale Sonnenfinsternis über Bolivien


Abb.: Gedenkbriefmarke

1994-11-16

Manifesto de los productores de Coca al pueblo boliviano:

"El gobierno, para despojarnos de nuestras tierras y territorio, con una supuesta indemnización, ha utilizado y utiliza las mentiras más inverosimiles ante la comunidad internacional y la opinión pública de Bolivia.

Las tres mentiras principales ante el CLUB DE PARÍS las reproducimos íntegramente para conocimiento de todos los bolivianos. Ellas constituyen una base para una operaci6n de etnocidio con la denominada OPCIÓN CERO.

PRIMERA MENTIRA,- La carta al CLUB DE PARÍS DICE: "sin embargo, pese a la existencia de muchas condiciones objetivas en el Chapare, donde la gran mayoría de la coca es utilizada como materia prima para fabricar cocaína, Bolivia ha logrado hasta ahora evitar la aparición de la narco-guerrilla o de movimientos campesinos armados,
"Nuestro país tiene una extrema fragilidad estructural en diversos ámbitos pero con mayor énfasis en su economía,
" ¿Podrá Bolivia soportar una guerrilla campesina generalizada en el Chapare? Indudablemente no lo podrá hacer,,,"

Esta es la primera y gran mentira. He aquí las pruebas. Los productores de hoja de coca durante más de una década hemos convivido con las fuerzas de Umopar y nunca hemos asesinado a uno de sus miembros, como tampoco de la FELCN, Convivimos con los gringos de la DEA, por el mismo tiempo,y nunca hemos intentado matar a alguna de ellos, Convivimos con los agentes del Ministerio de Gobierno, que trabajan con el nombre de DIRECO, y tampoco hemos intentado tocarlos, ..¿Dónde está la guerrilla o los movimientos campesinos armados? ¿Donde está una pruebaf por pequeña que sea( que avale las afirmaciones tan contundentes del gobierno? Por el contrario, esas fuerzas gubernamentales nos asesinaron en el año 1986 en el Puente de Paro-tani, nos volvieron a asesinar más de diez compañeros en la Masacre dé Villa Tunari; también ha habido víctimas en los Yungas de La Paz, Hace 10 años que no se respetan los más elementales derechos humanos en las zonas coca-leras. Se nos patea, se nos apresa, se nos roba nuestras miserables cositas de nuestras humildes viviendas. Señor Presidente, señores ministros ¿dónde está la guerrilla? Por qué engañan a la comunidad internacional; por qué distorcionan tan cínicamente. No se labra ninguna victoria con mentiras y engaños.

Ahora, no se trata de la coca y la cocaína en el documento gubernamental, sino de que constituiríamos una guerrilla que no podrá ser derrotada,para desterrarnos de nuestro territorio; el problema sería aplicar en el acto LA OPCIÓN CERO para evitar la guerrilla. De no ser así, se "anularía por completo la posibilidad de ejecutar las reformas emprendidas". En resumen plantean al CLUB DE PARÍS adueñarse de nuestras tierras y desterrarnos.En este sentido anota el documento anota, las tierras productoras de hoja de coca, deben pasar "a dominio del Estado", para luego "fortalecer la presencia del sector privado en la zona del Chapare mediante la aprobación de incentivos especiales para las inversiones".

La coalición gobernante (MNR,MBL,MRTKL) utiliza métodos de propaganda hitleriana; ya utilizados con nuestros hermanos mineros. Jamás se dijo que había que destruir a la Federación de Mineros para hacer viable la privatización de Comibol. Se acusó a los mineros de ser los causantes de la hiperinflación. Se dijo que eran solamente el uno por ciento de la población. Se acuñó el slogan,en 1985,"Bolivia o los mineros".
Ahora se sigue con la misma propaganda con respecto a los cocaleros del país.

SEGUNDA MENTIRA.- Ningún estudio científico ha demostrado que la COCA EN SU ESTADO NATURAL es cocaína, del mismo modo que no se puede afirmar que LA UVA ES VINO, ni que el WHISKEY ES TRIGO. Por el contrario, en la publicación de LA RAZÓN del 16 de noviembre, un estudio del Instituto Francés de Investigación Científica para el Desarrollo (ORSTOM) afirma que ACULLICAR COCA ES UNA COSTUMBRE SANA, puesto que permite una mejor ventilación de los pulmones a más de 3 mil metros de altura.

La verdad histórica es que fueron los mismos países industrializados los que, desde hace más de un siglo, han extraido de la hoja de coca, la cocaína por un proceso industrial. En este mismo momento EE.UU. importa 175 toneldas de coca "para preparar analgésicos y calmantes, entre los que se encuentra la archiconocida novocaína". Todos sabemos que éstos analgésicos y calmantes son también drogas. Mientras afirman que la coca es cocaína y atacan a la hoja de coca, en la práctica compran coca, sacan cocaína y negocian con sus deribados. Notablemente siguen utilizando, ellos, la hoja de coca para su COCACOLA,

TERCERA MENTIRA,- Se afirma que los cocaleros somos narcotraficantes,el gran escritor Gabriel García Márquez se expreso contra la DEA en los siguientes términos: "lo grande del narcotráfico funciona en las grandes ciudades norteamericanas...nosotros ponemos los muertos y los presos y allá la cocaína se reparte a domicilio, como el pan y la leche",

El Presidente de la República no sólo nos catalogó, en el programa DE CERCA, como narcotraficantes sino que en el documento presentado al CLUB DE PARÍS se habla de "un peligroso proceso de integración vertical" hacia "la producción de pasta base", con lo que se llega a sostener dicha acusación. De esta manera el Presidente hace las funciones de vocero de la DEA, borrando con una mano lo que firmará durante el DEBATE NACIONAL,

Otro argumento que utiliza el gobierno para plantear la OPCIÓN CERO AL CLUB DE PARÍS es igual al que se utilizó contra los mineros que desembocó en la relocalización, "En los últimos años, el movimiento sindical de los productores de coca se ha fortalecido notablemente, pese a que sólo significan aproximadamente el dos por ciento de la población nacional, ganando gradualmente un mayor espacio de poder y convocatoria en desmedro de la Confederación Sindical Única de Trabajadores Campesinos de Bolivia; más aún de la propia Central Obrera Boliviana..." Por el contrario la lucha de los cocaleros está liderizada por la COB y la CSUTCB.

OPCIÓN CERO, como está demostrado por las mentiras y distorciones planteadas al CLUB DE PARIS, predente una forma de etnocidio contra los pueblos orignarios de nuestro país.Quieren despojarnos de nuestras tierras y territorio para entregárselas a la inversión extranjera. Por el contrario nosotros continuaremos luchando por un DESARROLLO INTEGRAL EN TODAS LAS ZONAS RURALES DE BOLIVIA para salir de nuestra extrema pobreza. La OPCIÓN CERO es continuar condenándonos a la miseria y marginación.

Pueblo de Bolivia tu deber nacional es luchar contra la OPCIÓN CERO, contra la dependencia y preservar nuestra dignidad de pueblos originarios y rescatando la soberanía hoy perdida.

VIVA LA HOJA DE COCA 
ABAJO LA OPCIÓN CERO


Juan de la Cruz Villca, Secretario General de la COB

Felix Santos, Secretario Ejecutivo CSUTCB

Evo Morales [1959, Orinoca - ], Coordinador de las Cinco Fderaciones del Trópico de Cochabamba

Crisologo Mendoza A., Presidente Asociación Productores de Coca

Cochabamba, 16 de noviembre de 1994"

[Contreras Baspineiro, Alex: La marcha historica. -- Cochabamba : CEDIB, 1994. -- Depósito legal 2-1-81-94. -- S. 186 - 189]

1994-12

"Interview mit Félix Cárdenas, Präsidentschaftskandidat der Indígena-Bewegung »Patriotische Versammlung«

(La Paz, Dezember 1994, alai-POONAL).- Seit mehreren Jahrzehnten machen sich die indigenen Völker Boliviens durch die verschiedenen kataristischen und indianischen Bewegungen in der Politik bemerkbar (Tupaj Katari hieá der Anführer eines Aymara-Aufstandes im Jahr 1781. Seit Ende der 60er Jahre entstanden sogenannte kataristische Bewegungen, die Geschichte, Kultur und andine Organisationsformen wieder aufwerten wollten. Anfangs ausschlieálich kulturellen Charakters nahm die politische Bedeutung dieser 
Gruppierungen immer mehr zu; die Red.) Doch die Wahl des Aymara Víctor Hugo Cárdenas zum Vizepräsidenten der Republik am 6. Juni 1993 bedeutete einen Markstein in der institutionellen Geschichte des Landes. Damals betrat im Rahmen der Kampagne »500 Jahre Widerstand« auch die Bewegung Pachacutec die politische Bühne. Für sie kandidierte - als Repräsentant der »Patriotischen Versammlung« - Félix Cárdenas, ein Bruder von Víctor Hugo, für das Präsidentenamt. Mit ihm sprach Oswaldo León über die politischen Perspektiven der Indígena-Bewegung.

»Von heute an kann keine Regierung, ob links oder rechts, ohne Indígenas an ihrer Seite regieren«

Frage: Seit mehr als einem Jahr ist ein Aymara, Víctor Hugo Cárdenas, Vizepräsident der Republik. Welches Echo hat dies in einem Land gehabt, in dem die Mehrheit der Bevölkerung aus Indígenas besteht?

Cárdenas: Víctor Hugo steht vor der Entscheidung, ob er die Hoffnungen der Menschen, die gewählt haben, aufnimmt oder sie letztendlich enttäuscht. Wir haben so eine Erfahrung mit der Linken gehabt. Sie hatte mit der UDP ihre Gelegenheit und es war der Moment, in dem die Wirtschaftskrise am stärksten fühlbar war. Es war eine verheerende Regierung. Darum verkürzte sich die Amtszeit des damaligen Präsidenten Hernán Siles Zuazo. Viele Leute können sagen, ich war nicht dabei, zum Beispiel die Trotzkisten. Aber für die Bevölkerung war es generell die Linke, die ihre Chance hatte. Niemand wird (mehr) für sie stimmen, so gut ihr Programm auch sein mag. Das möchten wir nicht mit Víctor Hugo erleben. Das Scheitern von Víctor Hugo kann auch das Scheitern von uns allen bedeuten. Unglücklicherweise hängt unser Schicksal von dem ab, was er macht und alles, was er bis jetzt gemacht hat, ist ein Desaster... Ich weiß nicht, wie das alles 
ausgehen wird.

Cárdenas: Wir Indios haben uns einen Minderwertigkeitskomplex geschaffen. Für viele ist es daher eine Frage von Stolz, dass auch wir bis dahin kommen können. Es ist klar, dass von heute an keine Regierung, ob rechts oder links, ohne Indígenas an ihrer Seite regieren kann. Von heute an gibt ihnen die Indígena-Komponente die Legitimität. Es scheint so etwas wie eine Art Jagd nach den Quetschua und 
Aymara-FührerInnen zu geben, um eine Kandidatur im Jahr 1997 oder 2000 und darüber hinaus möglich zu machen.

Wie ist Ihre Haltung gegenüber Víctor Hugo Cárdenas?

Cárdenas: Ursprünglich war Víctor Hugo der Präsidentschaftskandidat unserer Bewegung, die die linken Parteien, die kataristischen Bewegungen und die Intellektuellen, die nicht ihre Prinzipien aufgegeben hatten, zusammenfasste. Doch von einem Moment zum anderen entschied er sich, mit der Nationalistisch-Revolutionären Bewegung (MNR) als Vizepräsidentschaftskandidat in den Wahlkampf zu ziehen. Er optierte dafür, in einer Regierung der UnternehmerInnen zu sein, denn es ist die reine Privatwirtschaft, die jetzt an der Regierung ist. Sie hat die schwere Aufgabe, das neoliberale Modell zu festigen. Wirtschaftliche Maßnahmen wie die Privatisierung des Bodens, wie das Gesetz zur Volksbeteiligung bedeuten im Grund die Auslöschung des Indígena- und Campesino-Elements, der ursprünglichen Autoritäten.

Wir sind keine Anhänger der Gewalt sind, aber sie zwingen uns dazu, uns zu verteidigen.

Die Regierung setzte auch die von den USA geforderte »Option Null« in Marsch, um die Kokapflanze auszurotten. Wir sprechen vom Imperialismus in unserem Land, der mit Stiefeln, Uniform und ausgeklügelter Bewaffnung präsent ist. Diejenigen von uns, die im Chapare leben, befinden sich praktisch auf einem Schlachtfeld. Die Compañneros dieser Zone haben Komitees zur Selbstverteidigung gebildet. Wir 
sind keine Anhänger der Gewalt sind, aber sie zwingen uns dazu, uns zu verteidigen. Auch im Rest des Landes entstehen diese Selbstverteidigungskomitees. In einigen Fällen, um die Koka zu verteidigen; in anderen Fällen für die öffentliche und kostenlose Erziehung oder für die Verteidigung des Landes.

Wie entstand in diesem Kontext die Bewegung Pachacutec?

Cárdenas: Sie war eine Antwort auf den 12. Oktober 1992, auf die Notwendigkeit, die zahlreichen und sich vervielfachenden kataristischen Bewegungen und die verschiedenen Indígena- Bewegungen zu einen. Wir wollten zumindest einen neuen Prozess einleiten. Das heißt, die 500 Jahre abschließen und einen wirklichen Befreiungsprozess einleiten, der von uns ausgeht. Das war das Ziel des 12. Oktober. Es wurde zu Demonstrationen in ganzen Land aufgerufen, um die Entdeckung, die Conquista zurückzuweisen. Die größte Versammlung war für La Paz vorgesehen und zur Überraschung aller kamen etwa 70.000, besonders Aymaras. Wenige Tage später befanden wir uns schon im Wahlkampf für den 6. Juni 1993 und entschieden uns, diesem Programm eine Form zu geben. Als Víctor Hugo mit der MNR ging, wurde ich aufgestellt. Die Tragödie war, dass wir 20.000 Stimmen bekamen, er aber etwa 300.000.

Warum gab es nicht die Unterstützung der 70.000, die im Jahr vorher demonstrierten?

Cárdenas: Weil die Aymaras siegestrunken waren und mit Víctor Hugo gingen. Der Sieg der MNR erklärt sich durch seinen Beitritt. Wir hatten uns jedoch zum Ziel gesetzt, 1993 auf die Welt zu kommen, 1997 zu wachsen und im Jahr 2000 an den Türen zur Macht zu stehen. Der Linken bleibt kein anderer Weg, als für 1997 mit uns ein Programm zu diskutieren, um ein sehr viel breiteres Bündnis zu bilden. Pachacutec ist der Keimling des politischen Instrumentes, den die Volksorganisationen fordern.

Du sagtest, dass in Bolivien von heute an keine politische Aktion mehr ohne die Indígena-Komponente denkbar ist. Auf welcher Basis will Pachacutec demnach im Jahr 2000 an den Türen zur Macht stehen?

Cárdenas: Zuallerst, wir können nicht wie die klassische Linke verfahren. Das heißt, ein Programm entwerfen, indem man zehn Intellektuelle zusammenbringt. Wir wollen, dass das Volk sein Regierungsprogramm macht. Die Gemeinden sollen sagen: das ist es, was wir vorrangig brauchen. Eine Gemeinde wird Wasser brauchen, eine andere Strom. Eine Bewegung wie die unsere muss all dies nur systematisieren und in einen Vorschlag für das Land umwandeln. In diesem Prozess sprechen wir von der Klasse, der Nation und dem Geschlecht als den drei Stützpfeilern. Wir sind in eine Bewegung, die das Beste der Linken, das Beste des Intellektuellentums ausdrücken will. Aber die Vorreiterrolle sollen die ursprünglichen Völker spielen. So gesehen ist Pachacutec ein multikulturelles, ein multiethnisches Land im Kleinen.

Welche Bedeutung hat in dieser internen Diskussion das Thema Identität?

Cárdenas: Wir haben das Westliche des sozialistischen Programmes, wie es von der Arbeiterklasse, den Intellektuellen und der Mittelklasse verstanden wird, kritisiert. Wir haben die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, unsere eigene Utopie zu schaffen, die von unserer Identität ausgeht. Wir erinnern die ArbeiterInnen daran, dass sie auch Aymaras, Quechuas sind. In diesem Prozess sind wir zu der Schlussfolgerung gekommen, dass es keine reinen klassischen und keine reinen indigenistischen Lösungen gibt. Es gibt eine Kombination von allem, der Kampf beinhaltet Klasse und Volkszugehörigkeit. Es gibt keine vorherbestimmten Avantgarden. Es gibt Vorreiter und in diesen Zeiten sind die indigenen Völker die Vorreiter.

In diesen Zeiten sind die indigenen Völker die Vorreiter

Der Fall der Berliner Mauer hat es uns erlaubt, mehr auf uns selbst zu sehen, auf unsere Wurzeln. Das wird uns auf unserem Weg stärken. Vorher war es schwer denkbar, dass ein Minenarbeiter die Whipala (bestimmtes Kleidungsstück der Indígenas; die Red.) trägt. Alles indígenahafte wurde als rückschrittlich angesehen. Ich würde sagen, auch die Mauer zwischen der Linken und der Indígena- Bewegung ist gefallen. Darum konnten wir den Arbeiterabsolutismus wegwischen, der im Namen des Marxismus-Leninismus die Arbeiterklasse vergöttlichte, indem diese die Architektin der Revolution und wir Campesinos die Maurer dieser Revolution sein sollten.

Welche Bedeutung hat die Geschlechterfrage?

Cárdenas: Dieses Thema hat uns viele Probleme in die Campesino- Bewegung hineingetragen. Es gibt Machismus, aber unter diesem Vorwand werden auch die europäischen Probleme nach Südamerika gebracht. In Europa sind die Bildung, die Gesundheit, der Hunger, die Armut gelöste Fragen. Da es in Europa nichts mehr zu tun gibt, erfinden sie sich neue Formen, um in Aktivitäten zu bleiben. So haben sie den Feminismus erfunden, der vielleicht seine Daseinsberechtigung dort hat, wo er herkommt, ... dass der Kampf gegen den Mann geht, usw. Der Feminismus ist ein Produkt seiner eigenen Gesellschaft, aber das tragen sie uns in die Länder Südamerikas. Wir haben das in Bolivien erlebt, wo er (der Feminismus) in der bolivianischen Bourgeosie eine Akzeptanz hat.

»Die Marginalisierung der Frau ist bei uns kein Problem der Männer, sondern der 
kapitalistischen Gesellschaft«

In dieser Schicht merken die Frauen, dass es ihre eigenen Probleme sind und sie gründen feministische Bewegungen. Das soll in die Stadtrandzonen und aufs Land getragen werden, wo die Fragen nicht mehr dieselben sind, die in Europa gebrauchten Argumente haben hier keine Wirkung mehr. Auf alle Fälle ist die Marginalisierung der Frau real, sie existiert. Das soll nicht geleugnet werden. Aber es ist kein Problem der Männer, sondern ein Problem der kapitalistischen Gesellschaft. Aufgrund der Tatsache, Frau zu sein, gibt es Marginalisierung, Ausbeutung, Diskriminierung. Wir haben die Themen zu einem zentralen Thema unseres Programms gemacht.

Welche Echo haben Eure Vorschläge unter den Nicht- Indígenaschichten ausgelöst?

Cárdenas: Sie haben keinen anderen Ausweg, als sich der Realität anzupassen. In einem anderen Zusammenhang, in einem anderen Land wären unsere Forderungen und Vorschläge vielleicht eine Verrücktheit. Aber wir sind davon überzeugt, in unserem Land die Mehrheit zu sein und sie sind die Minderheit. Den Mestizen bleibt nichts anderes übrig, als sich zu definieren, wenn sie Aymaras oder Quechuas sind. Denn um Aymara oder Quechua zu sein, muss man nicht notwendigerweise Aymara oder Quechua sprechen oder sich entsprechend kleiden. Das wäre ein indigener Fundamentalismus, an dem wir kein Interesse haben. Das Thema der Identität ist auch, wie ein Aymara zu handeln, zu denken, Ziele der Aymaras aufzunehmen und dafür zu kämpfen. In diesem Sinne kann ein Gringo, ein Weißer, ein Kreole auch 
Aymara sein, da gibt es kein Problem.

»Wir haben kein Interesse an indigenem Fundamentalismus«

Die Kreolen müssen eine Identität annehmen. Dabei passiert etwas, was auch in den Zeiten der Arbeiterklasse passiert ist: Die begeistertsten revolutionären Arbeiter waren die Akademiker, die sich jedem Minenarbeiter in den Weg stellten, der ihnen vorauseilte. Jetzt sind es die AkademikerInnen, die in allen Universitäten Whipalas tragen. Einige Aymaras protestieren und sagen: Wie ist es möglich, dass 
sie auf diese Art die Whipala verunglimpfen. Die verständigeren Leute sagen: Lasst sie. Es gibt eine Art Attraktion der Vorschläge, die von den ursprünglichen Völkern kommen. Aber das hat einen Sinn. Es geschieht, weil wir uns nicht in einem Fundamentalismus einschließen. Wenn unser Ziel die Befreiung ist, dann werden wir uns so respektieren, wie wir sind. Es geht um ein Projekt, das niemanden ausschließt."

[Quelle: Poonal. -- ©1995-01-07]


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