Einführung in

Entwicklungsländerstudien

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3. Grundgegebenheiten: Gelände und Böden


zusammengestellt von Alois Payer

herausgegeben von Margarete Payer

mailto: payer@hdm-stuttgart.de


Zitierweise / cite as:

Entwicklungsländerstudien / hrsg. von Margarete Payer. -- Teil I: Grundgegebenheiten. -- Kapitel 3: Gelände und Böden / zusammengestellt von Alois Payer. -- Fassung vom 2018-10-09. -- URL: http://www.payer.de/entwicklung/entw03.htm. -- [Stichwort].

Erstmals publiziert: 1999-04-12

Überarbeitungen: 2018-10-09 [grundlegend überarbeitet] ; 2001-01-29 [Update]

Anlass: Lehrveranstaltung "Einführung in Entwicklungsländerstudien", HBI Stuttgart, 1998/99

©opyright: Dieser Text steht der Allgemeinheit zur Verfügung. Eine Verwertung in Publikationen, die über übliche Zitate hinausgeht, bedarf der ausdrücklichen Genehmigung der Herausgeberin.

Dieser Text ist Bestandteil der Abteilung Entwicklungsländer von Tüpfli's Global Village Library.


Skript, das von den Teilnehmern am Wahlpflichtfach "Entwicklungsländerstudien" an der HBI Stuttgart erarbeitet wird.


0. Übersicht



1. Einleitung


Böden haben folgende ökologischen Hauptfunktionen:

Boden ist vor allem die primäre Grundlage menschlicher Ernährung sowohl pflanzlicher wie tierischer Art mit Ausnahme von:

Somit ist Boden neben Wasser die grundlegendste Ressource menschlicher Ernährung.

Folgende Faktoren sind entscheidend für die Fruchtbarkeit von Böden und ihre Nutzungsmöglichkeit für menschliche Ernährung:


2. Bodenbestandteile


Eine Übersicht über die Bestandteile von Böden gibt folgende Tabelle:

fest

anorganische Steine, Kies, Sand, Schluff, Ton
Nährstoffe
organische lebende Bestandteile der oberirdischen Pflanzen (Wurzeln usw.)
Bodenorganismen
tote: Humus

flüssig

Wasser

gasförmig

Luft

 

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Abb.: Ungefähre durchschnittliche Anteile der Bestandteile der festen Bodenphase

Anteil und räumliche Verteilung der drei Bodenphasen (fest, flüssig, gasförmig) prägen alle wichtigen Prozesse.

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Abb.: Durchschnittlicher Anteil der toten Bestandteile an einem mitteleuropäischen Boden

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Abb.: Schema der Verteilung von festen, flüssigen und gasförmigen Bodenbestandteilen


2.1. Kolloide: Ionenaustausch


Im Jahr 1845 machte H. S. Thompson, ein Gutsbesitzer in Yorkshire, folgenden Versuch:

"THOMPSON besprengte ein Stück Boden mit einer Lösung von Ammoniumsulfat und versuchte dann, dieses auszuwaschen, indem er Wasser nachgoss. Er fand, dass die aus dem Boden ablaufende Flüssigkeit im wesentlichen nur Kalziumsulfat enthielt. Das Ammoniak blieb zurück; es hatte sich nach dem Austausch mit Kalzium des Bodens an Bodenteilchen angelagert. THOMPSONS Versuchsergebnisse wurden von einem anderen Engländer, J. T. WAY, einem Chemiker, der oft als der eigentliche Entdecker des Basenaustausches angesehen wird, bestätigt und ausgebaut."

[Nicol, Hugh <1898 - >: Der Mensch und die Mikroben. -- Hamburg : Rowohlt, 1956. -- (rde ; 32). -- Einheitssachtitel: Microbes and us. -- S. 177]

Dieser Austausch ist von zentraler Bedeutung für die Nährstoffaufnahme der Pflanzen.

"Im Boden finden viele chemische Vorgänge statt, die in hohem Maße an der Ernährung der Pflanzen beteiligt sind. Die meisten dieser Vorgänge vollziehen sich in der Bodenlösung, wie man das Bodenwasser nennt, in dem Salze, Säuren, Basen und feste Bodenteilchen enthalten sind.

Die feinsten, abschlämmbaren Teilchen des Bodens mit einer Korngröße von weniger als 0,001 mm nennt man Kolloide (kolloidal = feinzerteilt). Bodenkolloide sind keine chemisch einheitlichen oder eindeutig bestimmbaren Stoffe. Für ihre Einordnung als Kolloide ist ihre Teilchengröße entscheidend.

Für den Boden haben die Kolloide große Bedeutung, denn sie sind besonders reaktionsfähig. Sie verleihen dem Boden die Bindigkeit, schützen die Nährstoffe vor Auswaschungen und verbessern die Wasserkapazität und die Wasserführung im Boden. Da sie meist quellbar sind, können sie je nach Wassergehalt ihr Volumen verändern.

Die wichtigsten Bodenkolloide sind Ton und Humus. Bei Anwesenheit von Kalzium-Ionen entstehen Ton-Humus-Komplexe. Sie haben hohe Sorptionskapazität (Festhaltevermögen). An ihnen vollziehen sich Basenaustauschvorgänge (Austausch der Nährstoffe)."


2.2. Ton


Für die Pflanzenernährung besonders wichtig ist die Unterscheidung zwischen:

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Deswegen besitzen Zweischicht-Tonmateriale kaum die Fähigkeit, Kationen (positiv geladene Ionen) zu binden und auszutauschen. Tropische Böden haben oft einen hohen Anteil an Kaolinit. Deswegen werden nach dem Abholzen tropischer Wälder Nährstoffe durch den Boden oft sehr schlecht gebunden und deswegen schnell ausgewaschen. Auf solchen Böden ist Landwirtschaft nur für kurze Zeit möglich. Tropische Wälder binden die Nährstoffe oft organisch und halten sie in einem sehr schnellen Kreislauf.

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2.3. Humus


Als Humus bezeichnet man die im oder auf dem Boden befindliche abgestorbene Pflanzen- und Tiersubstanz, die einem stetigen Abbau, Umbau und Aufbau unterworfen ist.

An der Umsetzung dieser organischen Rückstände sind Bakterien, Pilze und niedere Tiere beteiligt, die im Boden leben. Sie bauen Rückstände nach und nach zu Stoffen ab, die von Pflanzen aufnehmbar sind. Chemisch ist Humus sehr kompliziert aufgebaut und setzt sich aus vielen verschiedenen Verbindungen zusammen.

Bestandteile des Humus:

Besonders wichtig für die Pflanzenernährung sind Huminsäuren und Humine. Sie gehen in die Ton-Humuskomplexe des Bodens ein. Huminstoffe können Ionen sehr gut adsorbieren, d.h. Nährstoffe im Boden speichern, und sie sind am Kationenaustausch beteiligt. In tonarmen Böden sind Huminstoffe zentral für Bindung und Austausch der Nährstoffe, in tonreichen Böden wird diese Funktion vorwiegend von den Tonteilchen (dreischichtige Tonminerale) übernommen.

Man unterscheidet folgende Humusformen:

Nach dem Humusgehalt teilen die Eidgenössischen Landwirtschaftlichen Forschungsanstalten Böden so ein:

Humusgehalt in % Bezeichnung kennzeichnend für
0 - 2% humusarm Rohböden
2 - 5% schwach humos normaldurchlässige Ackerböden
5 - 10% humos normaldurchlässige Wiesenböden
10 - 20% humusreich zeitweise vernässte Böden
20 - 40% anmoorig grundwasserbeeinflusste Böden
40 - 60% Halbmoor grundwasserbeeinflusste Böden
über 60% Moor grundwasserbeeinflusste Böden

In der Landwirtschaft geschieht Neubildung von Humus vor allem durch Ernterückstände, Mist, Gülle, Gründüngung.


2.4. Bodenlebewesen


"Hut ab vor allen Gratisarbeitern des Bodens! Sie verlangen weder verkürzte Arbeitszeiten noch mehr Freitage oder längere Ferien. Nur um eines bitten sie: um Schonung ihres Lebensraumes, keine Gifte, genügend Luft und reichlich organische Substanz." 

[O. Buess. -- Zitiert in: Bodenkunde / R. Flückiger, J. Rösch, W. Sturny, U. Vökt. -- 3. Aufl. -- Zollikofen : Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale, 1996. -- ISBN 3-906679-23-3. -- S. 44]

Lebende Bodenbestandteile:

Ausgezeichnete Webseite für Mikroorganismen (u.a. auch Bodenorganismen): 

Digital Learning Center for Microbial Ecology (DLC-ME) / Michigan State University. -- URL:  http://commtechlab.msu.edu/sites/dlc-me/. -- Zugriff am 2001-01-29


2.4.1. Bakterien


Bodenbakterien können mit einer Schleimschicht umgeben sein; diese hilft zur Stabilisierung des Krümelgefüges des Bodens sowie bei der Zersetzung schwer löslicher Eisen- und Phosphatverbindungen. Bakterien kommen gehäuft in Wurzelnähe vor, leben von den Wurzelausscheidungen und säubern damit die wurzelnahe Zone. Einen Eindruck von der Häufung der Bakterien in Wurzelnähe geben folgende Zahlen eines Bodens in Mitteleuropa:

  Bakterien je Gramm Boden
  entfernt im Wurzelbereich in Wurzelnähe
Weizen

2,5 Millionen

1,7 Milliarden

Klee

1,2 Millionen

2,5 Milliarden

Besonders Bedeutung haben folgende spezialisierten Bakteriengruppen:


2.4.2. Aktinomyceten (Strahlenpilze)


Aktinomyceten sind sehr widerstandsfähig gegen Trockenheit und Wärme, aber sehr säureempfindlich. Sie bauen besonders schwer zersetzbare Stoffe ab und sind für die Humusbildung sehr wichtig. Aktinomyceten erzeugen den typischen Erdgeruch.


2.4.3. Pilze


Pilze kommen vor allem in sauren Böden sehr häufig vor (Waldböden!). In sauren Böden übernehmen sie die Funktionen von Bakterien. Das Flechtwerk der Pilze (Myzel) stabilisiert die Bodenkrümel.

Nach der Lebensweise der Pilze unterscheidet man:

Mykhorrhizapilze: Jedem Pilzsammler ist bekannt, dass bestimmte Pilze nur unter bestimmten Baumarten wachsen. Das zeigen auch viele deutsche Pilznamen, wie Birkenpilz, Lärchenröhrling, Pappelritterling, Erlengrübling, Eichenrotkappe, Fichtenblutreizker.

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Abb.: Baumwurzel mit Mykorrhiza

"Gräbt man z.B. in einem pilzreichen Gebirgsfichtenwald oder in einer Kiefernschonung ein Stück der feinen Wurzelverzweigungen aus, so findet man viele Wurzelspitzen, meist zwischen 20 und 90 Prozent, die, mit der Lupe betrachtet, etwas aufgetrieben und auffallend hell erscheinen. Bei mikroskopischer Betrachtung zeigt sich an diesen Wurzelspitzen ein Mantel von Pilzhyphen [Pilzfäden, die die Basisstruktur der Geflechte (Myzel) sind]. Außerdem finden wir eine charakteristische Rindenstruktur der Wurzelspitzen mit großen Zellen, die von Pilzhyphen umgeben sind. Pilz und Pflanze traten an dieser Stelle miteinander in Kontakt. Wir haben eine verbreitete Symbiose vor Augen, die sich in einer lange währenden Entwicklung herausgebildet und zu einem unauflöslichen Bündnis zwischen Pilz und Pflanze, zur Mykorrhiza, geführt hat.

Mit ihr ist eine sehr zweckmäßig erscheinende und funktionstüchtige Partnerschaft entstanden. Der Pilz unterstützt in dieser Lebensgemeinschaft die Pflanze bei ihrer Wasser- und Nährstoffversorgung. Sein Myzel fungiert als 'verlängerter Arm' der Pflanzenwurzel; es vermag viel effektiver als die kurzen Saugwurzeln der Pflanze große Räume des Bodens zu durchdringen und als Nahrungsquelle zu erschließen; denn die aufnahmefähige Oberfläche des feinen und weit verzweigten Myzels ist um ein Vielfaches größer. Der heterotrophe Pilz hingegen erhält durch das Bündnis die lebensnotwendigen organischen Stoffe, die Quelle seines Energie- und Stoffhaushaltes. ... Im Mykorrhiza-Bündnis eröffnet sich den Pilzen eine völlig neue Dimension -- der direkte Anschluss an Primärproduzenten organischer Stoffe. .. Fest steht jedenfalls, dass viel mehr Pflanzen -- auch Kulturpflanzen -- mit Pilzen zusammenleben, als man noch vor wenigen Jahrzehnten glaubte. ...

Die verpilzten Wurzelspitzen der Pflanzen, die Kontaktstellen zwischen Pflanze und Pilz darstellen, sind, wie auch experimentell nachgewiesen wurde, in besonderer Weise gegenüber Infektionen durch Schaderreger geschützt. Bei dem gegenwärtig in Mitteleuropa feststellbaren Waldsterben liegt in einem wahrscheinlich nicht unwesentlichen Maße zunächst eine Schädigung der Mykorrhiza vor."

[Dörfelt, Heinrich ; Görner, Herbert: Die Welt der Pilze. -- Berlin [u.a.] : Frankfurt/M. : Deutsch, ©1989. -- ISBN 3817112262. -- S.75 - 77]


2.4.4. Nematoden (Fadenwürmer)


Nematoden ("Älchen") sind sehr häufige Bodentiere, in großen Massen können sie zu bedeutenden Pflanzenschädlingen werden.


2.4.5. Insekten


Insekten bilden die größte Gruppe der Bodentiere. Viele Insektenarten sind sehr wichtig für den Abbau organischer Substanz. Von besonderer Bedeutung für Bodenbildung und Bodendurchmischung in den Tropen sind Termiten, von denen es weltweit über 2000 Arten gibt. Im Gegensatz zu Regenwürmern haben aber Termiten nur unter bestimmten Bedingungen einen positiven Einfluss auf die Bodenfruchtbarkeit, unter anderen Umständen kann ihr Einfluss eher hindernd oder sogar schädlich sein. 

[Begründung dieser Behauptung bei Brady, Nyle C. ; Weil, Ray R.: The nature and properties of soils. -- 12. ed. -- Upper Saddle River, NJ : Prentice Hall, ©1999 -- ISBN 0-13-852444-0. --S. 416f. -- ]. 

Insekten können allerdings auch zu bedeutenden Pflanzenschädlingen werden.


2.4.6. Regenwürmer


Von besonderer Bedeutung sind die sogenannten Regenwürmer. Mit "Regenwurm" wird nicht eine einzelne Tierart bezeichnet sondern eine Tiergruppe (allein in der Schweiz gibt es 40 Arten von "Regenwürmern"). Die verschiedenen Regenwurmarten verteilen sich auf drei ökologische Gruppen:

Die Bedeutung der Regenwürmer für den Boden hat der berühmte Biologe Charles Darwin <1809 - 1882> dargelegt in seinem bahnbrechenden, immer noch lesenswerten Werk:

Darwin, Charles: The formation of vegetable mould, through the action of worms  with observations on their habits. -- London, 1881

Deutsche Ausgabe:

Darwin, Charles: Die Bildung der Ackererde durch die Thätigkeit der Würmer mit Beobachtung über deren Lebensweise. -- Nachdruck. -- Berlin [u.a.] : März, 1983. -- 184 S. : Ill. -- ISBN 3-88880-017-X


2.4.7. Förderung von Bodenorganismen


Wegen der hohen Bedeutung der Bodenorganismen für die Landwirtschaft (und nicht nur deswegen!) ist es wichtig, Bodenorganismen gezielt zu fördern. Wichtige Förderungsmaßnahmen sind z.B.:


3. Bodenart und Bodengefüge


Als Bodenart bezeichnet man die Korngrößenzusammensetzung des mineralischen Bodenmaterials, der anorganischen Bodenbestandteile (s. oben 2.):

Bodenbestandteile Korngröße (Durchmesser) / Poren Eigenschaften (in Mitteleuropa)
Grobboden (Bodenskelett)
Steine

über 2 mm

  • erhöhen Tragfähigkeit
  • speichern Wärme
  • schaffen Grobporen
  • erhöhen Wasserdurchlässigkeit
  • verbessern Durchlüftung
  • vermindern Wasserspeicherung
  • erschweren Bearbeitung und Ernte
Feinboden
Sand

0,063 bis 2,0 mm

Grobporen (größer als 50 µm)

  • erleichtert Bearbeitung
  • rasch erwärmbar
  • erhöht Durchlässigkeit
  • verbessert Durchlüftung
  • vermindert (in gemäßigten Zonen) Wasserspeicherung
  • erhöht Erosionsgefahr
  • vermindert Nährstoffspeicherungsvermögen
  • verschlechtert Gefügebildung
  • ist nicht bindig
  • bildet keine Krusten
Schluff

0,002 bis 0,063 mm

grobe Mittelporen ( 10 bis 50 µm)

  • erhöht Wasserspeicherungsvermögen von leicht verfügbarem Wasser
  • vermindert Durchlässigkeit
  • trocknet schlecht ab
  • erwärmt sich langsam
  • erhöht Erosionsgefahr
  • verschlämmt seht leicht
  • speichert keine Nährstoffe aktiv
  • ist nicht bindig
Ton

unter 0,002 mm

feine Mittelporen bis Feinporen

(bis 10 µm)

  • hat eine große innere Oberfläche (gute Filterwirkung)
  • kann positiv geladene Nährstoffionen festhalten
  • ist in feuchtem Zustand klebrig, in trockenem hart
  • ist Kittsubstanz für Gefügebildung
  • vermindert Durchlässigkeit
  • trocknet schlecht

[Vorlage der Tabelle teilweise: Bodenkunde / R. Flückiger, J. Rösch, W. Sturny, U. Vökt. -- 3. Aufl. -- Zollikofen : Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale, 1996. -- ISBN 3-906679-23-3. -- S. 40]

Den Anteil der feineren Bodenbestandteile ermittelt man in durch die Absetzgeschwindigkeit in der Abschlämmprobe, einen  Eindruck bekommt man auch durch die Fingerprobe.

Die 

Bodenkundliche Kartieranleitung / hrsg. von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe ... -- 4., verb. und erw. Aufl. -- Hannover, 1994. -- 392 S. : Ill. -- ISBN 3-510-95804-7. --  

unterscheidet aufgrund der Zusammensetzung eines Bodens aus verschiedenen Anteilen der mineralischen Bodenbestandteile u.a.:

Zur Bestimmung dient das Bodenartendreieck (stark vereinfacht):

 

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Abb.: Bodenartendreieck (stark vereinfacht)

Als Gefüge bezeichnet man die Anordnung und gegenseitige Beziehung der Bodenbestandteile (s. oben  2.). Durch das Gefüge entsteht im Boden ein Hohlraumsystem. Wesentlich für Qualität und Stabilität des Gefüges sind:

Gefüge wird gebildet:

Das Gefüge

Das Gegenteil zu Gefüge sind nicht strukturierte, sortierte Bodenbestandteile.

Gefüge klassifiziert man als:

[Gute Abbildungen der Gefüge in Bodenkunde / R. Flückiger, J. Rösch, W. Sturny, U. Vökt. -- 3. Aufl. -- Zollikofen : Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale, 1996. -- ISBN 3-906679-23-3. -- S. 59 - 61]


4. Bodenentwicklung


4.1. Verwitterung


Voraussetzung für die Bodenentwicklung ist Verwitterung:

Verwitterung beeinflusst die Bodenart (siehe unten 6.)


4.2. Neubildungen von Stoffen


Aus den bei der Verwitterung veränderten oder gelösten Gesteinen und Mineralien bilden sich Stoffe, die sich vom Ausgangsgestein durch Korngröße, chemische und kristallographische Zusammensetzung unterscheiden.


4.3. Bodenbildende Faktoren


Die wichtigsten bodenbildenden Faktoren sind:

  1. Klima
  2. Relief
  3. Ausgangsgestein
  4. Wasser
  5. Lebewesen (Mikrolebewesen, Flora, Pilze, Fauna)
  6. menschliche Tätigkeit
  7. Zeit (Geschichte)

4.3.1. Klima als bodenbildender Faktor


Klima ist ein bodenbildender Faktor durch:

Temperatur und Feuchtigkeit beeinflussen die Verwitterungs- und Kompostierungsvorgänge entscheidend. In den feuchten Tropen mit  hohen Temperaturen und großer Feuchtigkeit verläuft die chemische Verwitterung am schnellsten. Die Böden sind deshalb meist sehr tiefgründig.

Tropische Böden sind oft sehr alt und wurden daher unter Umständen unter klimatischen Verhältnissen gebildet, die von den heutigen Verhältnissen stark abweichen. So kann man in heute relativ trockenen Gegenden tief verwitterte Böden finden, die unter feucht-tropischen Verhältnissen gebildet wurde. Deshalb muss man sich vor voreiligen Schlüssen aus heutigen klimatischen Verhältnissen auf Bodeneigenschaften hüten!


4.3.2. Relief als bodenbildender Faktor


Hangneigung, Lage zur Sonneneinstrahlung (Exposition) usw. beeinflussen Bodentiefe (Erosion, Ablagerung), Bodenprofil sowie Wasserabfluss und Durchwässerung entscheidend.

In Tieflagen kann das Relief den Einfluss des Klimas weit übertreffen: Sümpfe, jahreszeitlich überflutetes Land. Ebenso ist das Relief entscheidend bei starker Hangneigung: Erosion, gleichzeitig aber auch u.U. Verjüngung der Böden durch Abtragung der verwitterten Bodenschichten: so können Böden an Steilhängen auch nährstoffreicher sein.

Das Relief kann zur Bildung gleichmäßiger Bodenabfolge (in Hanglagen -- Tallagen ...) führen: eine solche Abfolge nennt man Catena (Reliefsequenz).

Eine wichtige menschliche Veränderung des Reliefs ist der Bau von Terrassen (vor allem für Reisanbau, aber auch z.B. für Weinbau), um Hanglagen möglichst wenig erosionsgefährdend pflanzenbaulich nutzen zu können.


4.3.3. Ausgangsgestein als bodenbildender Faktor


Das Ausgangsgestein (Muttergestein) ist das Gestein, aus dem die Böden durch Verwitterung entstehen. Der Aufbau des Muttergesteins hat vor allem Einfluss auf die Körnung des Bodens. Bei sehr starker chemischer Verwitterung (feuchte Tropen) sind durch das Ausgangsgestein bedingte Bodenmerkmale oft nur noch im mikroskopischen Bereich feststellbar. Das Ausgangsgestein hat auch Einfluss auf die Tonminerale (s. oben 2.2.), die gebildet werden. Bei starker chemischer Verwitterung und Ausschwemmung (feuchte Tropen!) werden allerdings unabhängig vom Ausgangsmaterial für die Bodenfruchtbarkeit nachteiliger Kaolinit gebildet.

Je nach der Lage des Bodens zum Ausgangsgestein unterscheidet man:


4.3.4. Wasser als bodenbildender Faktor


Wasser (Flüsse usw.) transportiert bodenbildende Materialien sowie Böden in tiefere Gegenden (auch im Flussbett selbst) und lagert sie dort ab. Schwemmland gehört zu den landwirtschaftlich wichtigsten Gebieten der Erde, z.B. Gangesebene, Gangesdelta, Mekongdelta (Kambodscha, Vietnam), Gelber Fluss (China), Irrawadi (Birma) usw.

Die Bodenbildung durch Wasser (Anschwemmung) spielt in den Bewässerungskulturen Nordafrikas (Niltal) und Asiens eine entscheidende Rolle und wird technisch in der Landwirtschaft (Nassreisbau!) eingesetzt.

Die Ablagerung durch Wasser wird auch in Mitteleuropa u.a. beim sogenannten Kolmatieren künstlich verwendet:

"Verschiedene Ebenen des [schweizerischen] Mittellandes, z.B. die Wässermatten von Langenthal, werden künstlich durch Stauen des Flusses überschwemmt. Da sich die Fließgeschwindigkeit im überschwemmenden Wasser verlangsamt, können sich die feinen Schlammteilchen auf der ehemals rauhen Oberfläche anlagern und eine topfebene, feinkörnige Bodenoberfläche bilden.

In neuester Zeit wurden im Domleschg [Graubünden] solche Böden künstlich gebildet, man nennt dies Kolmatieren einer vorher unebenen Fläche." 

[Bodenkunde / R. Flückiger, J. Rösch, W. Sturny, U. Vökt. -- 3. Aufl. -- Zollikofen : Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale, 1996. -- ISBN 3-906679-23-3. -- S.  39]


4.3.5. Lebewesen (Mikrolebewesen, Flora, Pilze, Fauna) als bodenbildende Faktoren


Wühlende und erdfressende Tiere (Würmer, Maulwürfe, Mäuse, Erdhörnchen, Ameisen, Termiten usw.) vermischen oder entmischen den Boden (zu den Regenwürmern s. oben).

Die Vegetation


4.3.6. Menschliche Tätigkeit als bodenbildender Faktor


Ganssen zieht folgende auch heute noch gültigen Schlussfolgerungen für Entwicklungsländer:

  1. "Es kann gefährlich oder zwecklos sein Methoden der Melioration [Bodenverbesserung] aus unseren gemäßigten Klimazonen in Zonen anderer Klimate zu übertragen.

    Dieser Grundsatz wurde z.B. nicht eingehalten, als am Ende der sechziger Jahre die Forderung 'Dünger nach Indien' erhoben wurde, ohne die Begrenzung der Wirksamkeit der üblichen Mineraldünger in den so außerordentlich verschiedenen Klimazonen Indiens mit ihren ebenso verschiedenen Böden zu berücksichtigen! Außerdem bleibt in solchen Fällen die Frage offen, ob Mineraldüngung bei der Mehrzahl der Böden dieses Subkontinents und den herrschenden Wirtschaftsmethoden überhaupt angebracht ist und ob nicht eine wirksame Bodenbearbeitung geeigneter wäre. Hinderlich für die Wirksamkeit unserer Mineraldünger können etwa die in lateritischen Böden im Übermaß vorhandenen freien Fe- [Eisen-] und Al-[Aluminium-]Oxide sein, die das PO4-Anion der Phosphorsäuredünger als FePO4 bzw. AlPO4 festlegen und damit außerordentlich schwer pflanzenzugänglich machen.

  2. Mineraldünger sind nutzlos in zu kalten oder zu trockenen Gebieten ..., da eine nur ungenügende Menge an Wasser zur Verfügung steht, um die Dünger zu lösen und damit für Pflanzen und Böden zu aktivieren. Infolge des Wassermangels fehlt es i. d. R. ferner an Sorptionsträgern, die die Pflanzennährstoffe aufnehmen und allmählich an die Pflanzen abgeben können."

[Ganssen, Robert <1903 - >: Bodengeographie : mit besonderer Berücksichtigung der Böden Mitteleuropas. -- 2., völlig umgearbeitete Aufl. / von Robert Ganssen unter Mitarbeit von Zlatko Gracanin. -- Stuttgart : Koehler, ©1972. -- ISBN 3874251217. --  S. 108f.]


4.3.7. Zeit (Geschichte) als bodenbildender Faktor


Bodenbildung erfordert im allgemeinen sehr lange Zeiten (Tausende bis Hunderttausende von Jahren). Klimaänderungen dokumentieren sich im Boden: so findet man z.B. in gemäßigten Klimaten Böden vor, die unter tropischen Bedingungen entstanden sind.

Im Unterschied zu den Böden nördlicher Klimate, die oft erst seit den Eiszeiten gebildet wurden, ist die Landoberfläche tropischer Gebiete oft sehr alt und deshalb außerhalb von Schwemmländern und jungen vulkanischen Ablagerungen sehr tief verwittert und ausgeschwemmt, deswegen mit sehr geringen Reserven an noch verwitterbarem und mineralisierbarem Material.

Jede Bodenzerstörung zerstört in kürzester Zeit etwas, zu dessen Bildung Tausende von Jahren nötig waren!


5. Bodenprofil


Ein Bodenprofil ist ein vertikaler Schnitt von der Bodenoberfläche bis ins Muttergestein.

Zur Erstellung von Bodenprofilen werden Profilgruben ausgehoben. Neben beschreibender, zeichnerischer und fotografischer Erfassung können auch konservierte Bodenprofile (Lackprofile) erstellt werden:

Fotografisches Bodenprofil

Profilskizze dazu

Erstellung eines Lackprofil

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[Quelle der beiden Abb.: Bodenökologie / Ulrich Gisi ... -- 2., neu bearb. und erw. Aufl. -- Stuttgart [u.a.] : Thieme, ©1997. -- ISBN 3-13-747202-4. -- S. 16.]

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[Quelle der Abb.: Zabel, Erwin ; Neitzel, Heinz ; Ziebell, Elke: Bodenfruchtbarkeit. -- 2. Aufl. -- Berlin : Volk und Wissen, 1985 (©1976). -- S. 64]

Bodenprofile bestehen oft aus annähernd parallel angeordneten Lagen, sog. Bodenhorizonten.


5.1. Bodenhorizonte


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Abb.: Bodenprofil mit den Horizonten A, B, C

[Quelle der Abb.: Tiere, Pflanzen, Phänomene. -- München : Mosaik, ©1993. -- ISBN 3-576-10331-7. -- S. 30]


Die Horizonte werden nach folgendem Schema bezeichnet:

Haupthorizonte sowie organische und mineralische Ausgangssubstanzen werden durch Großbuchstaben bezeichnet (z.B. A). Übergangshorizonte, die Merkmale von 2 (oder 3) Haupthorizonten aufweisen, werden durch 2 (oder 3) Großbuchstaben bezeichnet (z.B. AE). Haupthorizonte können durch kleine Zusatzbuchstaben näher definiert bzw. in Unterhorizonte unterteilt werden (z.B. Ah).

Symbole und Definitionen für die wichtigsten Horizonte (nach Dt. Bodenkundliche Gesellschaft) s.  im Anhang (URL: http://www.payer.de/entwicklung/entw03a.htm)


6. Bodentypen und Bodensystematik


In der Bezeichnung von Böden besteht international Chaos.

Die wichtigsten Bodenklassifikationen sind:

Ausführlich dargestellt sind die Bodenklassifikationen im Anhang zu diesem Kapitel (URL: http://www.payer.de/entwicklung/entw03a.htm)


7. Bodenfruchtbarkeit und Bodenbewertung


Bodenfruchtbarkeit und die darauf bezügliche Bodenbewertung ist immer relativ in Bezug auf die landwirtschaftliche Nutzung, die beabsichtigt ist. Man muss also die Ansprüche der erwünschten Pflanzen an Wasser, Luft, Licht, Wärme und Nährstoffe kennen. Da die Nährstoffe vorwiegend an den Bodenteilchen haften und nur wenige im Bodenwasser gelöst sind, müssen die Pflanzenwurzeln zu den Nährstoffen wachsen können.

Eine weltweite Schätzung (1982) ergibt für den Anteil fruchtbarer und unfruchtbarer Böden am Gesamtboden (in %) in Entwicklungsländern folgendes Bild:

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[Quelle der Daten: Agriculture in the Tropics / ed. by C. C. Webster ... --- 3. ed. -- Oxford : Blackwell Science, ©1998. -- ISBN 0-632-04054-8. -- S. 9. -- Dort Quellennachweis. --  ]

Die sehr vorteilhaften Bodenverhältnisse Zentralamerikas beruhen vor allem auf der Tätigkeit aktiver Vulkane, ähnliches gilt für einen Teil Südostasiens (vor allem Java und Bali)

Die Bodenkunde / R. Flückiger, J. Rösch, W. Sturny, U. Vökt[. -- 3. Aufl. -- Zollikofen : Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale, 1996. -- ISBN 3-906679-23-3]  gibt auf S. 15 bis 29 im Kapitel "Wir beobachten und beurteilen den Boden" eine sehr anschauliche Anleitung zu Bodenbeurteilung in Mitteleuropa (die für andere Gegenden sinngemäß abgewandelt werden muss):.

Die Beurteilung hat folgende Komponenten:

  1. Beurteilung des Bodens anhand der Geländeformen (Bodenrelief): die Geländeformen (Halden, Hänge, Mulden, Kuppen, Talsohlen, Terrassen, Moränen, Flussschwemmland usw.) erlauben eine erste grobe Einschätzung der voraussichtlichen Bodeneigenschaften (z.B. sandige, schluffige, tonige Schwemmlandböden)
  2. Beurteilung des Bodens anhand der Spatenprobe: Man entnimmt mit dem Spaten eine Bodenprobe, die unter die agrarisch bearbeitete Schicht reicht. Als Zeitpunkt ist besonders geeignet der Zeitpunkt des größten Wurzelwachstums, da der Wurzelverlauf einen Hinweis geben kann, ob der Boden locker oder verdichtet ist.
    "Die Spatenprobe gibt Antwort auf folgende Fragen:

[Bodenkunde / R. Flückiger, J. Rösch, W. Sturny, U. Vökt. -- 3. Aufl. -- Zollikofen : Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale, 1996. -- ISBN 3-906679-23-3. -- S.  17]

Bei der Spatenprobe kann man einfach folgende Bodenmerkmale beurteilen:

Genauer beurteilt man bei der Spatenprobe folgende Bodenmerkmale:

  1. Beurteilung des Bodens am Bodenprofil: dazu hebt man eine Probegrube aus (120 cm tief, 60 cm breit). Anhand des Profils kann man beurteilen:
  2. Beurteilung der chemischen Eigenschaften des Bodens, d.h. vor allem des pH-Werts, der Ionenaustauschfähigkeit und des Nährstoffhaushalts. Neben chemischen Analysen geben darüber Auskunft Zeigerpflanzen sowie das Gedeihen der Kulturen.
  3. Beurteilung des Bodens anhand von Bodenkarten: wichtig bei Planungsaufgaben usw. Es gibt:

8. Bodenschäden und Bodenverbesserung


8.1. Kulturlandverlust durch Überbauung


Neu überbaute Flächen (Städte, Dörfer, Straßen) befinden sich oft in Gebieten wertvollen Ackerlandes. Auch durch Spekulation mit Bauerwartungsland (im Umkreis schnell wachsender Städte) geht viel wertvolles Ackerland verloren: Spekulanten bauen keine Nutzpflanzen an. So haben Spekulanten z.B. im Umkreis von Bangkok (Thailand) bis Ayuthaya bestens zum Reisanbau  geeignetes Land aufgekauft, das seither brach liegt, während es früher beste Reisernten lieferte. Auch die hochentwickelten Ländern vergeuden immer mehr bestes Ackerland, so gingen in der kleinen und an Ackerböden armen Schweiz zwischen 1940 und 1985 ca. 100 000 ha wertvolles Ackerland durch Überbauung verloren. Würde in der Schweiz der Verlust an Kulturland durch Überbauung im gleichen Tempo fortfahren wie zwischen 1970 und 1990, wäre im Jahr 2300 die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche der Schweiz überbaut. Einer wachsenden Menschheit steht so immer weniger landwirtschaftlich gut geeignetes Land zur Verfügung.


8.2. Bodendegradation


Weltweit gesehen ist Bodendegradation wohl das gravierendste Problem der Verschlechterung des Produktionspotentials in der landwirtschaftlichen Produktion.

Bodendegradation wird definiert als:

"dauerhafte oder irreversible Veränderung der Strukturen und Funktion von Böden oder der Verlust, die durch physikalische und chemische oder biologische Belastung entstehen und die Belastbarkeit des jeweiligen Systems überschreiten."

[Hebel, A.: Bodendegradation und ihre internationale Erforschung. -- In: Geographische Rundschau. -- 47 (1995). -- S.686]

Im Rahmen von UNEP (United Nations Environment Program) [Webpräsenz: http://www.unep.org/. -- Zugriff am 2001-01-29] erstellte ISRIC  (International Soil Reference and Information Centre, Wageningen, NL) [Webpräsenz: http://www.isric.nl/. -- Zugriff am 2001-01-29] von 1987 bis 1990 eine Weltkarte zum Stand der von Menschen bewirkten Bodendegradation im Maßstab 1 : 10 Mill.:

GLASOD (Global Assessment of Soil Degradation)

Die GLASOD-Karte ist in Kleinformat sichtbar unter: http://www-cger.nies.go.jp/grid-e/gridtxt/grid15.html.-- Zugriff am 2001-01-29 

Weiteres bei GRID Genf [Webpräsenz: http://www.grid.unep.ch/gridhome.html. -- Zugriff am 2001-01-29]

Man kann mit GLASOD folgende 12 Typen von Bodendegradation unterscheiden:

Daneben werden folgende Typen von stabilen Böden und von Wüsten unterschieden:

Land Degradation Photo Gallery / USDA. -- URL: http://www.nhq.nrcs.usda.gov/WSR/Landdeg/papers.htm. -- Zugriff am 2001-01-29


8.3. Erosion


Verluste an Bodensubstanz durch Erosion sind ein weltweites Problem. Sehr oft geht starke Erosion auf falsche Behandlung der Böden zurück.

Wassererosion ist ausgeschlossen, wenn die Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens so ist, dass kein Oberflächenwasser hangparallel abfließen kann. Voraussetzungen für eine solch hohe Bodendurchlässigkeit sind in humiden Gegenden:

Beides kann durch Befahren mit Traktoren zerstört werden, deshalb entwickelte man in Europa für Hänge schon früh den Hangackerbau, bei dem mit Seilzug gepflügt wird (d.h. der Boden weder von Zugtieren begangen noch von Zugmaschinen befahren wird).

Ganssen schrieb schon vor über 25 Jahren Folgendes, das auch heute noch völlig aktuell ist:

"Wirtschaftsbedingte Erosion der Böden ist ... in der Mehrzahl der Fälle dort zu finden, wo wärmere und trockenere Klimazonen vorhanden sind. In den Trockenklimaten ist besonders die Übernutzung und Überstockung der Böden erosionsauslösend. Die Übernutzung kann in einer zu intensiven landwirtschaftlichen, besonders Ackernutzung bestehen, z.B. Weizenanbau statt extensiver Weide auf Böden semiarider Klimate, so etwa auf Kastanienfarbenen Böden, wie dies z.B. in den USA während der dreißiger Jahre und in der UdSSR in den letzten Jahrzehnten der Fall war. Es entstanden hieraus die sog. 'Schwarzen Stürme' im Süden der europäischen UdSSR. Die Erosion auf diesen und z.T. in Dürrejahren auch auf den Tschernosemen wird ausgelöst durch die fehlende Vegetationsdecke während des Winters und die notwendige Bodenbearbeitung; diese führen i. d. R. zu einer Verminderung der organischen, den Boden stabilisierenden Huminstoffe. Noch stärker ist diese Schädigung auf den Grauen Böden der Halb- und Randwüsten (Seroseme) ausgeprägt, die schon unter natürlichen schütteren Artemisia- oder verwandter Vegetationsgemeinschaften einen nur geringen organischen Gehalt aufweisen ( 1 - 2%). Aber selbst die Böden semihumider Gebiete, die nach Menge und Güte biologisch sehr günstige N-[Stickstoff-]reiche Huminstoffe aufweisen, können in Dürrejahren erosiv geschädigt werden, wie wir aus den Untersuchungen der Bodenkundler und Geographen der UdSSR wissen. ...

Ungeheure erosive Schädigungen durch Wind- z.T. auch durch Wassererosion konnte man in den 30er Jahren in den USA feststellen. Hier wie in der UdSSR kamen zwei natürliche, aber episodische Ursachen zusammen: langjährige Dürren, die zu einer hochgradigen Bodenaustrocknung führten, und anschließend heftige Stürme. ... Selbst der Ackerbau in humiden Gebieten der Mittelbreiten kann in trockenen Jahreszeiten erosiven Abtrag durch Winderosion erleiden, wie z.B. in Nordwestdeutschland im windreichen Frühjahr 1948 nach einem sehr kalten und trockenen Winter.

Ähnliches gilt für Erosion durch Wasser. Sie ist i. a. nicht in niederschlagsreichen Gebieten am größten, weil hier vielfach, besonders an Hängen -- geregelte Forstwirtschaft vorausgesetzt --, die Waldvegetation die Böden i.a. vor Abtrag schützt, in den Tropen wie den Mittelbreiten. Erosion durch Niederschläge entsteht aber dann, wenn die Hänge entwaldet sind, wenn die Hangneigung einen gewissen Grad überschreitet und der Regen in Form heftiger Güsse mit großer Regendichte niedergeht. Dies ist oft in tropischen und subtropischen Gebieten der Fall, so dass hier die Erosion nach Waldentfernung am ausgedehntesten und gefährlichsten auftritt."

[Ganssen, Robert <1903 - >: Bodengeographie : mit besonderer Berücksichtigung der Böden Mitteleuropas. -- 2., völlig umgearbeitete Aufl. / von Robert Ganssen unter Mitarbeit von Zlatko Gracanin. -- Stuttgart : Koehler, ©1972. -- ISBN 3874251217. --  S. 112.]

Dass kurzsichtiger Umgang mit den Ressourcen Boden und Wald in Zeiten der Not keine Besonderheit der Entwicklungsländer ist, zeigt folgendes Zitat:

"In Deutschland entstanden in der Nachkriegszeit infolge erzwungener Großkahlschläge in Wäldern an Hängen und infolge Verfeuerung von Schutzstreifen, die zur Windhemmung dienten, nach Auftreten heftiger Regengüsse bzw. starker Stürme Wasserrisse und Staub- und Sandverwehungen. In Böden aus Sanden oder Lößen sind häufig tiefe Täler und Risse entstanden. Unvorsichtiges Pflügen hangab fördert die Erosion durch Wasser. Nachteilig für die Bodenerhaltung erwies sich auch die Entstehung von Pflugsohlen und Monokulturen mit Abbau der stabilisierenden Huminstoffe besonders nach ausschließlicher Mineraldüngung auf armen Böden." 

[Ganssen, Robert <1903 - >: Bodengeographie : mit besonderer Berücksichtigung der Böden Mitteleuropas. -- 2., völlig umgearbeitete Aufl. / von Robert Ganssen unter Mitarbeit von Zlatko Gracanin. -- Stuttgart : Koehler, ©1972. -- ISBN 3874251217. --  S. 113. -- ]


8.4. Versalzung


Versalzung bezeichnet die Entstehung von Salzböden aus praktisch salzfreien Böden. In trockenen Klimaten geschieht Versalzung innerhalb weniger Jahrzehnte, ja sogar manchmal innerhalb weniger Jahre. Die Salzausscheidung geschieht meist als weiße Kruste auf der Bodenoberfläche. Menschliche Hauptursache von Bodenversalzung ist unsachgemäße Bewässerung. "Die Bewässerung in Trockengebieten ist daher durchaus nicht immer der 'Zauberstab, der zu trockenes und daher unfruchtbares Land dauerhaft in fruchtbares umwandelt."

[Ganssen, Robert <1903 - >: Bodengeographie : mit besonderer Berücksichtigung der Böden Mitteleuropas. -- 2., völlig umgearbeitete Aufl. / von Robert Ganssen unter Mitarbeit von Zlatko Gracanin. -- Stuttgart : Koehler, ©1972. -- ISBN 3874251217. --  S. 116. -- ]

"Über die Versalzung der Böden als Folge unrichtiger Bewässerung in ariden Gebieten sind leider noch viele Unklarheiten und unrichtige Vorstellungen verbreitet. Viele Autoren, die sich mit diesen Problemen befassen, gehen von der unrichtigen Voraussetzung aus, dass, wenn Böden und Wässerwasser 'salzfrei' seien, keine Versalzungsgefahr bestünde. Sie übersehen, dass kein Wasser und kein Boden wirklich salzfrei ist, auch in humiden Gebieten. Während aber in humiden Gebieten wegen der abwärts gerichtete Bodenwasserströmung keine Vermehrung der Salze stattfinden kann (auch nicht durch Mineraldünger in Salzform), können im ariden Klima wegen der fehlenden Durchwaschung Salzanreicherungsprozesse ablaufen, die den vor der Bewässerung geringen und daher pflanzenunschädlichen Salzgehalt der Böden sehr vergrößern und daher unfruchtbare Böden erzeugen können, ganz einfach deshalb, weil das Wasser verdunstet und daher die Salze zurückbleiben und sich bei jeder Bewässerung vermehren. Es muss abgewartet werden, ob unterirdische Bewässerung, die in letzter Zeit propagiert wird, eine Versalzung der Böden tatsächlich verhindern kann. Es können hier u. E. Salzhorizonte im Unterboden entstehen, die schließlich doch zu einer Pflanzenschädigung führen."

[Ganssen, Robert <1903 - >: Bodengeographie : mit besonderer Berücksichtigung der Böden Mitteleuropas. -- 2., völlig umgearbeitete Aufl. / von Robert Ganssen unter Mitarbeit von Zlatko Gracanin. -- Stuttgart : Koehler, ©1972. -- ISBN 3874251217. --  S. 116f. -- ]


 8.5. Bodenverdichtung und Schäden der Bodenstruktur


Auch in Entwicklungsländern nimmt Einsatz von Maschinen zu, besonders von Traktoren (auf den Philippinen z.B. ist Traktoreneinsatz teilweise schon billiger als der Einsatz von Wasserbüffeln!). Damit ergeben sich bei unsachgemäßem Einsatz die gleichen Gefahren der Bodenverdichtung und Schädigung der Bodenstruktur wie in entwickelten Ländern:

"Beim Befahren des Bodens gräbt sich das Profil des Pneus in die Erde ein, es entsteht eine Verknetung und Scherung des Bodens, wodurch Krümel zerstört werden. Die so freigesetzten Feinerdeteilchen werden entweder vom Winde verweht oder durch Regenwasser in tiefere Schichten gespült und verstopfen dort die Sickerporen. Dadurch nehmen die Schichtstärke und die Durchlässigkeit der Ackerkrume ab. Je feuchter der Boden ist, um so tiefer wird er durch das Befahren verformt. In gleichem Maße nimmt auch der Schlupf zu. Durch den Schlupf werden einzelne Krümel abgeschert und ihre stützenden Humushüllen zerstört. Es entstehen Klumpen, das unstrukturierte Bodenvolumen nimmt zu, und die Bearbeitbarkeit wird erschwert. Dies wiederum ruft nach schlagkräftigeren Bodenbearbeitungsgeräten und folglich auch nach stärkeren, schwereren Traktoren. Die Spirale dreht sich ...

Um derartige Bodenverdichtungen zu vermeiden, muss sich der Reifen den Unebenheiten des Bodens anpassen, und nicht der Boden dem Reifen. Dies kann man durch größere Reifen und einen niedrigeren Reifendruck (< 1 bar) erreichen."

[Bodenkunde / R. Flückiger, J. Rösch, W. Sturny, U. Vökt. -- 3. Aufl. -- Zollikofen : Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale, 1996. -- ISBN 3-906679-23-3. -- S. 13]

Bodenschonende Reifen sind teuer, wohl zu teuer für viele Landwirte der Entwicklungsländer ...


9. Verbreitung und Nutzung wichtiger Böden in einzelnen Kontinenten


FAO-UNESCO Soil map of the world. --  URL: http://www.nhq.nrcs.usda.gov/WSR/mapindx/metadata/Maps/ORDERS.JPG. -- Zugriff am 2001-01-29


9.1. Böden Europas (außer ehemalige UdSSR)


Da diese Gebiete außerhalb der Entwicklungsländer im engeren Sinne liegen, genüge folgende allgemeine Charakterisierung von Ganssen:

"Die Böden Europas außerhalb der UdSSR sind von Natur aus trotz der relativ geringen Ausdehnung des Restkontinents sehr vielgestaltig geformt (Einfluss verschiedenster Gesteine, Relief, Exposition, Klima u.a.). Dazu kamen noch bodenzerstörende und -umformende Prozesse infolge Klimawechsels im Quartär. Infolge menschlicher Arbeit in diesem gebietsweise sehr alten Kulturland erfuhren die Böden jedoch auch weiterhin starke Abwandlungen nach Eigenschaften und daher auch nach Typen (Entstehung verschiedener 'Kulturböden'), teils von geringerer, teils auch von höherer Ertragsleistung. In ungünstigen Fällen (Mittelmeerumrahmung) traten sogar infolge verschiedener Ursachen oft völliger Bodenabtrag (Erosion) und dadurch bedingte Austrocknung infolge zu schnellen Wasserablaufs ein."

[Ganssen, Robert <1903 - >: Bodengeographie : mit besonderer Berücksichtigung der Böden Mitteleuropas. -- 2., völlig umgearbeitete Aufl. / von Robert Ganssen unter Mitarbeit von Zlatko Gracanin. -- Stuttgart : Koehler, ©1972. -- ISBN 3874251217. --  S. 129.]


9.2. Böden Asiens und der ehemaligen Sowjetunion


"Wer die Bodenbeschaffenheit Asiens unmittelbar an Ort und Stelle kennenlernen will, dem fällt vor allem die Ausdehnung, ja fast Unbegrenztheit dieser oder jener natürlichen Landschaften auf. In Asien wird alles mit großem Maß gemessen -- Flächen der Taiga, der Steppen, Wüsten, Berge, Sandflächen usw. umfassen viele Tausende Quadratkilometer. Damit zusammenhängend ergeben sich in Asien dank seiner Größe und erheblichen Meereshöhe die Voraussetzungen für solche Kombinationen der Faktoren der Bodenbildung, wie sie sich in anderen Kontinenten kaum wiederholen." 

[B. F. Petrow, 1950. --  Zitiert in Ganssen, Robert <1903 - >: Bodengeographie : mit besonderer Berücksichtigung der Böden Mitteleuropas. -- 2., völlig umgearbeitete Aufl. / von Robert Ganssen unter Mitarbeit von Zlatko Gracanin. -- Stuttgart : Koehler, ©1972. -- ISBN 3874251217. --  S. 197. -- ]

Als Beispiel einer großräumigen Bodengliederung in Asien diene das erdgeschichtlich sehr alte (Gondwana)  Dekhan-Hochland in Indien:

"Im Regenschatten der W[est]-Ghats erhält der nordwestliche Dekhan nur 500 bis 1000 mm Niederschlag, was bei der tropischen Wärme bereits zu steppenhaften Verhältnissen führt. Begünstigt durch den nährstoffreichen und durchlässigen Trapp, bildet sich eine fruchtbare Schwarzerde, der 'Regur'. Da er stark quellfähig ist und die Niederschläge lange speichert, bedarf er trotz Regenarmut kaum der Bewässerung und liefert nachhaltige Ackerböden für die Getreide des Trockenfeldes (Hirsen, Weizen, Mais usw.) und Baumwolle.

Der östliche und südliche Dekhan wird dagegen ... von steigenden Niederschlägen bestimmt, unter denen auf den dort nicht vom Trapp bedeckten kristallinen Gesteinen oder basenarmen Sedimenten gelbe und rote tropische Lehmböden entstanden. Im niederschlagsreichen SW zeigen sie die starke Aluminium- und Eisenoxidhaltigkeit der Laterite (Latosole) der feuchten Tropen. Wo bei der Verdunstung der Bodenfeuchte an der Oberfläche Eisenoxidkrusten entstehen, ist kaum mehr Anbau möglich. Im bergfrischen Zustein abgestochen verhärten die Laterite an der Luft schnell als Baustein, so dass sie für kulturell und historisch bedeutende bauten genutzt wurden ... Unverkrustet bieten die Latosole tonhaltige Ackerböden, die aber den Niederschlag rasch abfließen lassen. Obwohl der Regenfall höher ist als im Regurgebiet, bedarf es deshalb auf den roten und gelben Latosolen der Bewässerung, die außerhalb der Flussniederungen nur durch zahlreiche Stauteiche ('Tanks') möglich ist.

Zu diesen beiden Dekhan-Landschaftstypen ... kommen drittens die breiten Talsohlen der großen Ströme mit ihren bewässerten und dicht besiedelten Alluvialböden [Schwemmland]." 

[Harald Uhlig in: Südasien / hrsg. und verfasst von Jürgen Blenck ... -- Frankfurt a. M. : Fischer, ©1977. -- (Fischer Länderkunde ; Bd. 2). -- S. 57f.]

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Abb.: Indien mit Hochland des Dekhan [GlobeMaster ©tewi/Softkey]


9.2.1. Böden trockener Gebiete Asiens und der ehemaligen Sowjetunion


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Abb.: Ungefähre Verteilung der Trockengebiete in Asien

[Vorlage der Abbildung: Ganssen, Robert <1903 - >: Bodengeographie : mit besonderer Berücksichtigung der Böden Mitteleuropas. -- 2., völlig umgearbeitete Aufl. / von Robert Ganssen unter Mitarbeit von Zlatko Gracanin. -- Stuttgart : Koehler, ©1972. -- ISBN 3874251217. --  S. 196.]

Extrem aride (trockene) Gebiete


9.3. Böden Nord- und Mittelamerikas


Zusammenfassend schreibt Ganssen:

"In weiten Gebieten im N von Nordamerika zeigen die Böden in grober Annäherung zunächst eine überwiegend zonale Anordnung, die etwa den klimatischen Voraussetzungen entspricht. Es folgen im subarktischen und borealen Klima von Norden nach Süden Tundraböden, Podsole und z. T. auch Graue Waldböden. Allerdings verläuft dann die Bodenfolge im gemäßigten Klima überwiegend nicht so klar nach Breitengraden wie etwa in Osteuropa; wir haben vielmehr eine nur zum Teil östlich ausgerichtete (nördlicher Teil des Kontinents und Nordosten der USA), die aber in den mittleren USA eher den Längengraden folgt. Im Westen der USA ist sie schließlich überwiegend reliefbestimmt (trockenes Becken mit Salzböden u.ä. zwischen dem Felsengebirge und der Küstenkordilliere, in den größeren Höhen aber wieder feuchtere mit entsprechenden Lagen)."

[Ganssen, Robert <1903 - >: Bodengeographie : mit besonderer Berücksichtigung der Böden Mitteleuropas. -- 2., völlig umgearbeitete Aufl. / von Robert Ganssen unter Mitarbeit von Zlatko Gracanin. -- Stuttgart : Koehler, ©1972. -- ISBN 3874251217. --  S. 228f.]

Die USA bilden nach Afrika den am stärksten von menschenbedingter Erosion betroffenen Erdteil. In den starken Staubstürmen der 30er Jahre dieses Jahrhunderts im Mittleren Westen ("Dust Bowl") wurden vor allem infolge ungeeigneter Kulturmaßnahmen 113 Millionen Hektar Land durch Erosion zerstört, davon 20 Millionen Hektar Ernteland. Seither ist in den USA die Verhinderung von Erosion ein Schwerpunkt von Forschung und staatlichen Maßnahmen: siehe USDA-ARS, North Central Soil Conservation Research Lab, Morris, MN [Webpräsenz: http://www.mrsars.usda.gov/. -- Zugriff am 2001-01-29]

In Mittelamerika fördert der tätige Vulkanismus im allgemeinen die Fruchtbarkeit der sonst oft ausgewaschenen Tropenböden.


9.4. Böden Südamerikas


Wie vorsichtig man mit Verallgemeinerungen über Böden sein muss, zeigt folgender Text:

"Hinsichtlich der Bodenarten und -typen wird die großräumige klimabestimmte Gliederung stark durch Reliefgestaltung und Höhengliederung differenziert. In den tropischen Tiefländern und den Berggebieten mit immerfeuchtem Klima oder nur sehr kurzer Trockenperiode überwiegen lateritische Böden, in denen ständig hohe Temperatur und Durchfeuchtung zur Ausfällung oder Auswaschung der Nährstoffe führen. Die üppige Vegetation der Regen- und Feuchtwälder hat den europäischen Einwanderern vielfach eine große natürliche Fruchtbarkeit vorgetäuscht. Nach der Rodung der ursprünglichen Vegetation wird der auf die Walddecke und die Humusschicht beschränkte Nährstoffkreislauf jedoch unterbrochen und dem raschen biologischen und chemischen Umsatz weitgehend die Zufuhr an mineralischer Substanz entzogen. Auswaschung und Nährstoffverarmung können durch Düngemittelgaben nur in geringem Maße ausgeglichen werden, da auch die künstliche Nährstoffzufuhr der Verlagerung unterliegt und der Einsatz von Kunstdünger vielfach allein wegen der hohen Transportkosten unökonomisch ist. Das Ausmaß der Bodenverarmung und Bodenzerstörung durch Wind- und Wassererosion hängt allerdings in starkem Maße von den lokalen Relief- und Bodenwasserverhältnissen, von der Nutzungsart (Baum- oder Strauchkulturen oder Planzstockbau mit stärkerem, Feldkulturen und Pflugbau mit geringerem Bodenschutz) und der Nutzungsdauer (lange oder kurze Brachzeit zur Regeneration) ab. Bei näherer Betrachtung erweist sich das bodengeographische Gefüge auch hinsichtlich des natürlichen Nahrungspotentials in den feuchten Tiefländern ebenso wie in den Bergländern als ein sehr feingliedriges Mosaik mit großen Kontrasten. In den feuchten Tiefländern bedingen bereits Höhenunterschiede von wenigen Dezimetern oder Metern in Verbindung mit Art und Dauer der Wasserstandsschwankungen grundverschiedene Voraussetzungen für Besiedlung und Landnutzung. In den Gebirgsländern sind die lokalen Kontraste nach Art des Gesteins, Vorkommen oder Fehlen vulkanischer Aschen, Aufbereitung und Ablagerung der Verwitterungsprodukte, Hangneigung und Bodenwasserhaushalt ebenso wirksam für das kleinräumige Nutzungsgefüge." 

[Gerhard Sandner in: Lateinamerika / hrsg. und verfasst von Gerhard Sandner ... -- Frankfurt a. M. : Fischer, ©1973. -- (Fischer Länderkunde ; Bd. 7). -- S. 127-129]


9.5. Böden Afrikas


FAO-UNESCO Soil map of the world : Africa. -- URL:http://www.nhq.nrcs.usda.gov/WSR/mapindx/metadata/Maps/afrorder.gif. -- Zugriff am 2001-01-29

Wie folgendes Schaubild zeigt sind schätzungsweise 55% der Böden Afrikas südlich der Sahara  für landwirtschaftliche Nutzung außer nomadischer Beweidung ungeeignet. In solchen Gebieten lebt ungefähr ein Drittel der Bevölkerung Afrikas südlich der Sahara. Ca. 16% der Böden des subsaharischen Afrika sind für landwirtschaftliche Nutzung geringwertig, dort lebt ca. 23% der Bevölkerung. 29% (!) der Böden Afrikas sind aber von mittlerer bis hoher landwirtschaftlicher Nutzungsqualität und bilden die Lebensgrundlage für 47% der gesamten Bevölkerung Afrikas südlich der Sahara. Diese hochwertigen Böden haben ein noch großes Potential auch für eine nachhaltige Nutzung.

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Abb.: Bodenqualität und Bevölkerungsverteilung in Afrika (1997) südlich der Sahara

 [Quelle der Daten: Brady, Nyle C. ; Weil, Ray R.: The nature and properties of soils. -- 12. ed. -- Upper Saddle River, NJ : Prentice Hall, ©1999 -- ISBN 0-13-852444-0. --S.806 (dort Quellenangabe). -- ]


9.6. Böden Australiens


Obwohl man die Böden Australiens verallgemeinernd als sehr alt, tief verwittert und hauptsächlich von geringer Fruchtbarkeit beschreiben kann, sind die Böden in Australien sehr unterschiedlich. Weit verbreitet sind rote, eisenreiche Lateritkrusten.


9.7. "Tropenböden"


"Nach allen Forschungsergebnissen ... kann man ... nicht von dem tropischen Boden sprechen, genauso wenig wie von dem Tundraboden in den Nordkontinenten. Das heiß-dauerfeuchte Klima der Kerntropen gibt zunächst die grundlegende Richtung der Verwitterung und Bodenbildung. Diese ist aber abgewandelt nach Relief, Stau- und Grundwasser und nach Bodengeschichte, ferner durch oft extrem verschiedene mineralische Zusammensetzung der Gesteinsarten, durch zerstörende wirtschaftliche Eingriffe in den immergrünen Tropenwald, die eine völlige Verarmung und Erosion auslösen können. Andererseits können vulkanische Lockermassen den meist mangelhaften Nährstoffhaushalt dieser Böden besonders in Gebieten tätiger Vulkane wesentlich verbessern."

[Ganssen, Robert <1903 - >: Bodengeographie : mit besonderer Berücksichtigung der Böden Mitteleuropas. -- 2., völlig umgearbeitete Aufl. / von Robert Ganssen unter Mitarbeit von Zlatko Gracanin. -- Stuttgart : Koehler, ©1972. -- ISBN 3874251217. --  S. 93.]

Das heiße feuchte Klima der Tropen ist eine gute Voraussetzung für starke chemische Verwitterung. Deshalb kommen in den Tropen am häufigsten tiefgründig verwitterte Böden mit kräftig braunen bis roten Farbtönen vor. Im Deutschen bezeichnet man sie als Rotlehme (dazu rechnen aus den verschiedenen Systematiken: Oxisole, Latosole, Plastosole, Kaolisole, lateritische und ferralitische Böden, Red yellow podzolic soils, Acrisols). Typisch für solche Rotlehme ist:

"Die farbintensiven Tropenböden sind infolge der starken Verwitterung im allgemeinen Böden mit geringer natürlicher Fruchtbarkeit. Wenn auch gesteinsbedingte Unterschiede vorkommen, so sind z.B. Basaltböden in der Regel fruchtbarer als Granitböden, besteht doch Übereinstimmung darüber, dass die hohe pflanzliche Produktivität vor allem der feuchten Tropen im wesentlichen auf den raschen Umsatz (Mineralisierung) der abgestorbenen pflanzlichen Substanz und der darin enthaltenen Nährstoffe zurückzuführen ist. Sobald durch Rodung dieser Kreislauf unterbrochen wird, lässt die Produktivität schnell nach, das führt in vielen Fällen zu weitgehender Unfruchtbarkeit der Böden. Diese immer wieder gemachte Erfahrung scheint sich gegenwärtig vor allem im Amazonasgebiet zu wiederholen. Da die Böden oft nur sehr geringe Sorptionsfähigkeit [Fähigkeit zu Bindung von Atomen, Molekülen und Ionen] haben, nutzt auch Düngung mit künstlichen Düngemitteln wenig. Erfolgreicher ist die Verwendung von Naturdung (Stallmist und Gründüngung), durch die der starken Auswaschung besser begegnet werden kann.

Die Entwaldung, besonders aber auch die Überweidung haben große Erosionsschäden zur Folge. Neben den dadurch bedingten Standortverschlechterungen und Ertragsrückgängen führt der schnelle Oberflächenabfluss auch zur Verringerung der Grundwassererneuerung und 'Austrocknung' der Landschaft. Anstelle von Feuchtsavannen wachsen Kakteen und Dornengestrüpp. Die abgespülten Bodenmassen füllen schnell Staudammanlagen, bzw. führen zu Sandbankbildung in den Wasserläufen." 

[Semmel, Arno <1929 - >: Grundzüge der Bodengeographie. -- 3., überarb. Aufl. -- Stuttgart : Teubner, ©1993l. -- (Teubner Studienbücher der Geographie). -- ISBN 3-519-23408-4. --  S. 95.]

Das Gesagte gilt vor allem für Böden auf den Hängen. Anders sieht die Lage der Flussauen aus:

Die humosen und mineralreicheren jüngeren Sedimente der Flussauen sind "meist nährstoffreichere Standorte, da hier der Wasserüberschuss den völligen Abbau der humosen Substanzen hemmt und auch die Mineralverwitterung langsamer abläuft." 

[Semmel, Arno <1929 - >: Grundzüge der Bodengeographie. -- 3., überarb. Aufl. -- Stuttgart : Teubner, ©1993l. -- (Teubner Studienbücher der Geographie). -- ISBN 3-519-23408-4. --  S. 95. -- ]

Ganz wichtig ist in den Flussauen (Schwemmland) die Zufuhr vom Material während der Hochflut der Flüsse: dieses Schwemmmaterial stammt nicht nur aus stark verwitterten Böden, sondern auch aus weniger verwitterten mineralstoffreich Böden (z.B. Gebirge).

Sehr wichtige durch Menschen geschaffene Böden der Tropen sind die sogenannten Paddy soils der Reisbewässerungskulturen. Da sie einen großen Teil des Jahres unter Wasser liegen, haben sie besondere  Eigenschaften.

Eine Besonderheit tropischer Böden sind die Laterite, d.h. Bodenprofile mit Eisen- oder Aluminiumoxid-Krusten. Über dieser Kruste bildet sich ein lockerer Oberboden. Wird dieser abgespült, bilden sich große verhärtete Flächen.

Schematische Groborientierung über für  landwirtschaftliche Nutzung wichtige Bodenfaktoren:

  Trockene Tropen Feuchte Tropen
  Wüste / Halbwüste Dornstrauch-
savanne
Trocken-
savanne
Feucht-
savanne
Regenwald-
zone
Niederschläge
/ Jahr
< 100 mm 100 - 500 mm 500 - 1000 mm 1000 - 1500 mm > 1500 mm
FAO-Boden-
name
Xerosols Lithosols Acrisols Ferralsols
US Soils Taxonomy Aridisols Alfisols Ultisols Oxisols
Intensität der chemischen Verwitterung sehr gering gering mittel stark extrem stark
Gehalt an Nährstoff-
reserven (Restmineralgehalt)
sehr hoch hoch mittel gering sehr gering
Auswaschung löslicher Salze keine gering mittel stark extrem stark
Versalzungsgefahr sehr groß groß mäßig unerheblich nicht vorhanden
Humusauflage fehlt praktisch sehr gering gering mittel mittel
Sorptionsträger (Kationen-
austauscher)
Ton Ton (Humus) Ton und Humus Humus (Ton) Humus (Ton)
vorherrschende Tonminerale Dreischichttonminerale (z.B. Montmorillonit) Zweischichttonminerale (z.B. Kaolinit)
Kationen-
austauschkapazität der Tonminerale
hoch bis mittel hoch bis mittel mittel bis gering gering gering
Erosion vor allem durch Wind Wind Wind und Wasser Wasser Wasser

[Vorlage der Tabelle: Scholz, Ulrich <1941 - >: Die feuchten Tropen. -- Braunschweig : Westermann, ©1998. -- (Das geographische Seminar). -- ISBN 3-14-160318-9. -- S. 48. -- Dort verändert nach: A. Finck in: Handbuch der Landwirtschaft und Ernährung in den Entwicklungsländern, 1971, S. 102]


10. Weiterführende Ressourcen


Bodenkunde / R. Flückiger, J. Rösch, W. Sturny, U. Vökt. -- 3. Aufl. -- Zollikofen : Landwirtschaftliche Lehrmittelzentrale, 1996. -- 96 S. : Ill. -- ISBN 3-906679-23-3. -- [Sehr empfehlenswerte Einführung, praxisbezogen]

Bodenkunde / Herbert Kunze ; Günther Roeschmann ; Georg Schwerdtfeger. -- 5., neubearb. und erw. Aufl. -- Stuttgart : Ulmer, ©1994. -- 424 S. : Ill. -- (UTB : Große Reihe). -- ISBN 3-8252-8076-4. -- 

Bodenkundliche Kartieranleitung / hrsg. von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe ... -- 4., verb. und erw. Aufl. -- Hannover, 1994. -- 392 S. : Ill. -- ISBN 3-510-95804-7. -- 

Bodenökologie / Ulrich Gisi ... -- 2., neu bearb und erw. Aufl. -- Stuttgart [u.a.] : Thieme, ©1997. -- 350 S. : Ill. -- ISBN 3-13-747202-4. -- 

Brady, Nyle C. ; Weil, Ray R.: The nature and properties of soils. -- 12. ed. -- Upper Saddle River, NJ : Prentice Hall, ©1999. -- 881 S.: Ill. -- ISBN 0-13-852444-0. -- [Amerikanisches Standardlehrbuch; anwendungsorientiert, didaktisch gut aufbereitet]. -- 

Bridges, E. M. : World soils. -- 3. ed. -- Cambridge : Cambridge Univ. Pr., ©1997. -- 170 S. : Ill. -- ISBN 0-521-49777-9. -- [Populärwissenschaftlich, weltweit orientiert]. -- 

Diez, Theodor ; Weigelt, Hubert: Böden unter landwirtschaftlicher Nutzung : 48 Bodenprofile in Farbe. -- 2., durchgesehene Aufl. -- München [u.a.] : Verlagsunion Agrar, 1991. -- 123 S. : Ill. -- ISBN 3-405-13440-4. -- [Sehr empfehlenswert, da praxisbezogen]

Ganssen, Robert <1903 - >: Bodengeographie : mit besonderer Berücksichtigung der Böden Mitteleuropas. -- 2., völlig umgearbeitete Aufl. / von Robert Ganssen unter Mitarbeit von Zlatko Gracanin. -- Stuttgart : Koehler, ©1972. 325 S. : Ill. ISBN 3874251217. -- [Gilt, obwohl teilweise veraltet, immer noch als deutschsprachiges Standardwerk; gut verständlich] . -- 

Lehrbuch der Bodenkunde / Scheffer ; Schachtschnabel. -- 14., neu bearb. und erw. Aufl. / von P. Schachtschnabel ; H.-P. Blume ... -- Stuttgart : Enke, ©1998. -- 494 S. : Ill. -- ISBN 3-432-84774-2. -- [Didaktisch sehr schlecht gemachtes Standardlehrbuch ohne großen Praxisbezug, uneinheitlich in der Terminologie, aber zum Nachschlagen geeignet]

Mit der Erde leben : Beiträge Geologischer Dienste zur Daseinsvorsorge und nachhaltigen Entwicklung / Hrsg.: Friedrich-Wilhelm Wellmer ... -- Berlin [u.a.] : Springer, ©1999. -- 273 S. : Ill.  -- ISBN 3-540-64947-6. -- ["In diesem Buch stellen die Autoren, Angehörige der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe sowie des Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung [gemeinsame Webpräsenz: http://www.bgr.de/menu/home.htm. -- Zugriff am 2001-01-29] , für ihre Fachgebiete dar, wie die staatlichen Geologischen Dienste dabei mitwirken können, dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung näher zu kommen." (Vorwort)]. -- 

Paul, Eldor A. ; Clark, Francis E.: Soil microbiology and biochemistry. -- 2. ed. -- San Diego [u.a.] : Academic Press, ©1996. -- 340 S. : Ill. -- ISBN 0-12-546806-7. -- [Setzt gutes naturwissenschaftliches Allgemeinwissen voraus]

Schroeder, Diedrich: Bodenkunde in Stichworten. -- 5., rev. und erw. Aufl. / von Winfried E. H. Blum. -- Berlin [u.a.] : Hirt, ©1992. -- 175 S. : Ill. -- (Hirts Stichwortbücher). -- ISBN 3-443-03103-X. -- 

Semmel, Arno <1929 - >: Grundzüge der Bodengeographie. -- 3., überarb. Aufl. -- Stuttgart : Teubner, ©1993. -- 127 S. : Ill. -- (Teubner Studienbücher der Geographie). -- ISBN 3-519-23408-4. -- 

Veränderung von Böden durch anthropogene Einflüsse : ein interdisziplinäres Studienbuch / hrsg. vom Deutschen Institut für Fernstudienforschung an der Universität Tübingen. -- Berlin [u.a.] : Springer, ©1997. -- 663 S. : Ill. -- ISBN 3-540-61556-3. -- 

Zabel, Erwin ; Neitzel, Heinz ; Ziebell, Elke: Bodenfruchtbarkeit. -- 2. Aufl. -- Berlin : Volk und Wissen, 1985 (©1976). -- 95 S. : Ill. -- [Empfehlenswertes Schulbuch]


Internetressourcen:

World Soil Resources Web Site / US Departement of Agriculture. -- URL: http://www.nhq.nrcs.usda.gov/WSR/. -- Zugriff am 2001-01-29

Digital Learning Center for Microbial Ecology (DLC-ME) / Michigan State University. -- URL:  http://commtechlab.msu.edu/sites/dlc-me/. -- [Sehr gut aufbereitete Webseite, u.a. mit "Microbe Zoo", "Microbe of the Week", "Microbes in the News", "Meet the Scientists", "Microbial Ecology Resources", "The curious microbe"]. -- Zugriff am 2001-01-29


Zum Anhang dieses Kapitels: Bodenhorizonte und Bodenklassifikationen

Zu Kapitel 4: Grundgegebenheiten: Vegetation