Einführung in

Entwicklungsländerstudien

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5. Grundgegebenheiten: Wald und Forst


zusammengestellt von Alois Payer

herausgegeben von Margarete Payer

mailto: payer@hdm-stuttgart.de


Zitierweise / cite as:

Entwicklungsländerstudien / hrsg. von Margarete Payer. -- Teil I: Grundgegebenheiten. -- Kapitel 5: Wald und Forst / zusammengestellt von Alois Payer. -- Fassung vom 2018-10-08. -- URL: http://www.payer.de/entwicklung/entw05.htm. -- [Stichwort].

Erstmals publiziert:  1998-10-27

Überarbeitungen: 2018-10-08 [grundlegend überarbeitet] ; 2001-02-07 [Update]

Anlass: Lehrveranstaltung "Einführung in Entwicklungsländerstudien", HBI Stuttgart, 1998/99

©opyright: Dieser Text steht der Allgemeinheit zur Verfügung. Eine Verwertung in Publikationen, die über übliche Zitate hinausgeht, bedarf der ausdrücklichen Genehmigung der Herausgeberin.

Dieser Text ist Bestandteil der Abteilung Entwicklungsländer von Tüpfli's Global Village Library.


Skript, das von den Teilnehmern am Wahlpflichtfach "Entwicklungsländerstudien" an der HBI Stuttgart erarbeitet wird.


0. Übersicht



1. Einleitung


Zur seriösen Beschäftigung mit Wald und Forst in Entwicklungsländern sind fundierte Kenntnisse in folgenden Bereichen erforderlich:

Ausführlich behandelt werden all diese Aspekte von Wald und Forst in:

Payer, Margarete <1942 - >: Materialien zur Forstwissenschaft. -- Übersicht: URL: http://www.payer.de/forslink.htm


2. Waldnutzung


Ausführlich:

Payer, Margarete <1942 -- >: Materialien zur Forstwissenschaft. -- Kapitel 3: Mensch und Wald. -- URL: http://www.payer.de/cifor/cif03.htm.

Zur Einstimmung: Einige der traditionellen Waldnutzungen in Mitteleuropa bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts:

Im sehr lesenswerten Buch

Küchli, Christian <1953 - >: Wälder der Hoffnung. -- Zürich : Verlag NZZ, ©1997. -- 243 S. : Ill. -- ISBN 3-85823-644-6. -- 

zieht der Autor im 1. Kapitel Parallelen zwischen der Situation der Waldnutzung und der Forstwirtschaft im Kanton Bern im 19. Jahrhundert und der Lage in sogenannten Entwicklungsländern heute: ausgehend von Versuchen, Erfolgen und Misserfolgen von Karl Kasthofer, seit 1806 Oberförster des Berner Oberlandes, zeigt Küchli die Gründe für Probleme und Konflikte. Einige Zitate:

"Weil wenig Getreide angebaut wird, ist kaum Stroh als Bindemittel für den Dung vorhanden. Als Ersatz dient Herbstlaub, und zu Kasthofers Zeiten gibt es im ganzen Oberland keinen Buchenwald, in dem die abgefallenen Blätter nicht zusammengerecht werden. Aus Blättern und Dung entsteht kompostartiger Mist, der einzige zur Verfügung stehende Dünger für Äcker und Wiesen." (S. 11)

"Der tiefere Grund für diesen «Geist des allgemeinen Widerstandes» [der Bauern] gegen alles, was von Bern kommt, liegt in einem fundamentalen Interessenkonflikt. In der bäuerlichen Welt sind Wald, Feld und Wiese noch eine Einheit. Die Bauern benötigen für ihre Selbstversorgungswirtschaft vor allem Blattfutter, Laubstreu sowie Brennholz und wollen ihr Vieh frei weiden lassen. Balken, Bohlen und Bretter zum Bauen oder für Gerätschaften braucht es wenig auf dem Land.

Ganz anders die Interessen der städtischen Welt [Berns]. Für sie ist Holz bis weit ins 19. Jahrhundert hinein praktisch der einzige Energieträger und ein Rohstoff von größter Wichtigkeit. Der Hauptgrund für Kasthofers Ernennung zum Oberförster lag in der Hoffnung Berns, die zunehmend umstrittenen Eigentumsrechte im Oberland doch noch durchzusetzen und «dem Holzmangel durch polizeiliche Wirksamkeit besser begegnen zu können».

Die Forstwissenschaft ist im 18. Jahrhundert als Kind des Holzmangels vor allem in Städten Deutschlands und Frankreichs entstanden, und Forstleute können als die ersten Experten für Energie und Rohstoffprobleme betrachtet werden. Von Beginn weg sehen die Experten die Landbevölkerung als Problem und empfinden die traditionellen Waldnutzungen vor allem als Ressourcenzerstörung, denn die Baumkeimlinge werden von den Streurechen ausgerissen, die jungen Bäume von den Ziegen gefressen und die überlebenden von den Bauersleuten zu Jammergestalten gesichelt, anstatt zu Nutzholz für die Städte aufwachsen zu können. Sehr deutlich spiegelt sich der fundamentale Nutzungskonflikt in den damals entstandenen forstlichen Wortschöpfungen: die traditionellen Nutzungen der ländlichen Welt werden zu «Nebennutzungen» degradiert, während die Holzproduktion für die urbane Welt zur «Hauptnutzung» erhoben wird.

Entsprechend ihrer Herkunft waren die ersten Forstleute (und ihre Kollegen in den Ländern des Südens sind es oft heute noch ...) Vertreter urbaner Interessen. Sie drängen darauf, Wald und Feld zu trennen, um den Wald ohne Störung durch die Bauern sozusagen in einem forstlichen Elfenbeinturm bewirtschaften zu können. Wo viele Selbstversorger leben, ist dies jedoch noch unmöglich. ...

Für ihn [Karl Kasthofer] kann die Forstwirtschaft in einer Gesellschaft von Selbstversorgungsbauern nur Dienerin der Landwirtschaft sein, nicht jedoch deren Herrin. Höhere Produktion im Wald hält er zwar für möglich, trotzdem müsse jede forstliche Maßnahme auch auf «Fütterungsmittel für das Vieh und Düngemittel für die Pflanzung der Lebensmittel» ausgerichtet sein, solange dadurch kein wesentlicher Waldschaden erfolge." (S. 16 - 18)

"Auch die Landwirtschaft wandelt sich nun [nach 1815] rasant. ... Die Ergänzung der Ställe mit Jauchegruben erlaubt, auch den Tierharn aufzufangen, der die Hälfte des ausgeschiedenen Stickstoffs enthält und zuvor nutzlos versickerte. Durch intensivere Düngung und kleeartige Futterpflanzen steht mehr und besseres Futter zur Verfügung, was bald einmal zu einer Verdoppelung der Milchleistung und zu einem Exportboom beim Käse führt." (S. 19)

"Forstlicher Manchester-Liberalismus allerdings ist nicht Kasthofers Ziel. Vielmehr fordert er ein Rahmengesetz als Leitplanke, vor allem bei der Nutzung der Gebirgswälder. Um deren Schutzfunktion nicht zu gefährden, sollen sie nachhaltig bewirtschaftet werden. «Nachhaltig wird ein Wald benutzt, wenn nicht mehr Holz gefällt wird, als die Natur darin erzeugt», so definiert er dieses forstliche Schlüsselprinzip." (S. 20)

[Im Gegensatz zu Kasthofer sind seine Nachfolger] "aufgrund ihrer Erfahrungen zum Schluss gekommen, dass sich gemeinschaftlicher Besitz für den Wald besser eignet als privater, weil diese Ressource Planen und Handeln über Menschengenerationen verlangt und zudem für die rationelle Bewirtschaftung eine minimale Fläche nötig ist." (S. 23)

"Gestern waren die Alpen, was heute die Tropen sind.

Im Oberland beginnen nun «die Trabanten der Holzhändler in geschlossener Linie mit ihren mörderischen Äxten» vorzudringen. Starke Sogwirkung geht von den Seemächten Frankreich und Holland aus, die den Rohstoff für Schiffe und Häfen brauchen, und Rhein und Rhone werden zu gefräßigen Wasserstraßen.

Riesige Kahlschläge für den Export finden beispielsweise im Wallis in den Zentralalpen statt. Hier treiben mächtige einheimische Familien ihr Unwesen, etwa die Stockalper, jahrhundertelang Herren über wichtige alpine Handelsströme und schon früh am Gewürzhandel mit Asien beteiligt. Weil die Behörden den Mut zu einer gerichtlichen Klage nicht aufgebracht hätten, so bilanziert später ein Politiker, sei der Staat zum Gespött jener geworden, die die Wälder unter sich aufgeteilt und in ihrer Gewinnsucht die Zukunft verschlungen hätten.

Andernorts wird festgestellt, dass sich «das Straßennetz immer mehr auch unseren abgelegenen Gebirgen nähert» und «die Gewinnspäherei ihre Netze immer dahin auswirft, wo sich noch reichlicher Fang erwarten lässt, und ihr keine Strecke zu weit, kein Berg zu hoch, keine Schlucht zu tief ist, um noch das letzte Mark der Wälder auszusaugen». Um allfällige Vorschriften kümmern sich die auswärtigen Konzessionsnehmer keinen Deut. In einem Fall wurden über tausend speziell bezeichnete Samenbäume sowie 11 000 Nachwuchsstämme unterhalb der vereinbarten Dicke gefällt.

Der Holzexport wird heftig diskutiert. ... Karl Kasthofer hat stets zu bedenken gegeben, dass die Holzausfuhr früher verboten und trotzdem viele Wälder zerstört worden seien, weil das Holz keinen Wert besessen habe und darum auch «keine Lehre der Forstwissenschaft das Volk erleuchtete». Je mehr die Gemeinden und Private aus dem Verkauf lösen könnten, desto besser würden sie zu ihren Wäldern schauen und sie schließlich auch nachhaltig bewirtschaften." (S. 23 - 24)

"Holzfressende Eisenbahn.

"Bahnbau und -betrieb bringen für die Wälder vorerst einmal einen neuen Aderlass. Das Trassee verschlingt Unmengen von Schwellen, wodurch vor allem der Eichenbestand dezimiert wird. Die Lokomotiven allein verpuffen vier Prozent der landesweiten Holznutzung, und auf die neu erschlossenen Gebiete beginnt auch sofort der Sog der europäischen Zentren zu wirken, was eine neue Holzexportwelle auslöst." (S. 24)

"Kohle und Industrialisierung entlasten den Wald.

Der fundamentale Wechsel vom Solarenergie- zum Kohlezeitalter, von der Nutzung des oberirdischen zur Ausbeutung des «unterirdischen Waldes», leitet eine Entwicklung ein, von der Kasthofer in seinen Interlakner Jahren nicht zu träumen gewagt hätte. Die traditionellen bäuerlichen Waldnutzungen spielen nur noch an den sozialen und räumlichen Rändern eine Rolle. Der uralte Konflikt zwischen der ländlichen Elite und den Landlosen um den Zugang zum Wald, der mit der Neuordnung des Waldeigentums vielerorts noch verschärft wurde, beginnt sich im Kohlezeitalter aufzulösen. Der Druck auf den Wald nimmt derart ab, dass die Forstleute ihre Vorstellungen endlich ungestört realisieren können.

Dieser gesamtgesellschaftliche Wandel ist es auch, der 1876 die Einführung und Durchsetzung der Schweizer Forstgesetze ermöglichte ..." (S. 24 - 25)

Waldnutzung in der Dritten Welt

"Während sich die Fläche [der Wälder] im industrialisierten Norden stabilisiert, schwindet der Wald in den Entwicklungsländern des Südens, die zu einem guten Teil im Tropengürtel liegen. Das Verhältnis von Wald und Mensch in den beiden Regionen ist grundverschieden. Zwar sind die Waldreserven und der Holzertrag etwa gleich verteilt, doch verfügen die Industriestaaten pro Kopf der Bevölkerung über dreimal mehr Wald. Bei der erschreckenden Rate der Waldvernichtung -- allein zwischen den Wendekreisen verschwindet gegenwärtig jährlich eine Waldfläche von mehr als der Hälfte der Bundesrepublik Deutschland -- und der nach wie vor hohen Bevölkerungszunahme in den Entwicklungsländern nimmt diese Kluft noch laufend zu.

Von der Entwaldung sind die unterschiedlichsten Regionen betroffen: Gebirgsgegenden im Himalaja oder den Anden ebenso wie die Baum- oder Strauchsavannen -- etwa die afrikanische Sahelzone -- oder die Regenwälder, die in einem Gürtel zu beiden Seiten des Äquators wachsen. Wichtige waldfressende Kräfte sind aus der europäischen Geschichte wohlbekannt:

  • Rodung für Ackerland
  • ungeregelte Holznutzung
  • Waldweide.

Zwischen der Jahrhundertwende und 1965 rodeten die Menschen in den Entwicklungsländern die Hälfte ihrer Wälder, um Nahrung anzubauen. Haiti, einst die reichste französische Kolonie, ist heute nicht einmal mehr zu 10% bewaldet. Das begehrte Mahagoniholz haben die Europäer zu Möbeln gemacht, die Waldreste -- häufig an den steilsten Hängen -- mussten Feldern für die wachsende Bevölkerung weichen. Mit den Wäldern verschwand die fruchtbare Erdkrume und mit ihr der Reichtum. Ähnliches tat und tut sich in Äthiopien und Indien; das Land an der Quelle des Blauen Nils, 1850 noch zu 40% bewaldet, ist gerade noch zu 4% baumbedeckt, Indien nur noch zu 20%.

Die Verwüstung wird vom Menschen gefördert

Die Industrieländer verbrauchen für Hauskonstruktionen, Inneneinrichtungen oder Papier 90% der verarbeiteten Holzprodukte der Welt. Die Entwicklungsländer hingegen verfeuern beinahe 90% ihres Holzes -- meist in primitiven Feuerstellen, die gleichzeitig Hitze zum Kochen, Wärme und Licht bieten. Nicht weniger als 2 Milliarden Menschen, drei Viertel der Tropenbewohner, sind täglich auf diesen Energieträger angewiesen. Die Hälfte kann ihren Bedarf bereits nicht mehr aus dem Zuwachs nachhaltig decken, sondern muss die Ressourcen übernutzen. Besonders prekär ist die Lage in Afrika und Asien, wo die Energie zum Heizen des Topfes so teuer sein kann wie dessen Inhalt. Im westafrikanischen Benin zum Beispiel müssen Frauen und Kinder oft 15 bis 20 km laufen, um etwas Brennbares zu finden. Wenn das Holz im Haushalt knapp wird, bleibt die Hirse oder das Sorghum halb roh. Im lauen Wasser überleben Krankheitskeime und Parasiten. Auch gelangt weniger Gemüse in den Kochtopf: Einerseits bleibt der holzsuchenden Frau weniger Zeit für den eigenen Garten, andererseits verbrennen mit den Bäumen und Büschen auch die Lieferanten wertvoller Wildgemüse.

In der Gegend von Ouagadougou, der Hauptstadt Obervoltas [= Burkina Faso], gedeihen in einem Umkreis von 50 bis 100 km kaum noch Gehölze. Als Holzersatz wärmen auch Reste von Feldpflanzen oder getrockneter Viehdung den Kochtopf -- in Afrika ebenso wie in den Anden oder auf dem indischen Subkontinent. In Bangladesh gehen auf diese Weise jedes Jahr mehr als 20 Millionen Tonnen frischer Kuhmist und 11 Millionen Tonnen kompostierbare Pflanzenreste in Rauch auf -- beides Lebenselixiere für einen fruchtbaren Boden. In Indien sind es gar 460 Millionen Tonnen Kuhmist, Dünger für 91 Millionen Hektar Ackerland, ein Verlust von 50 kg Getreide pro Tonne Mist.

Frauen mögen sich unter solchen Umständen für mehr Kinder entschließen, für mehr Hände und Füße, die Brennholz sammeln können. Damit wird ein Teufelskreis geschlossen, denn am Anfang der Übernutzung der natürlichen Ressourcen stand als wohl wichtigster Grund die Explosion des Bevölkerungswachstums, welche wiederum die verschiedensten Ursachen hat.

Zum Verlust von Baum, Strauch und Grasnarbe trägt in den empfindlichen Gebirgs- und Savannenökosystemen auch das Vieh bei, dessen Bestandeszahlen mit dem Bevölkerungswachstum der Menschen zugenommen haben. In der Sahelzone ebenso wie im Irak und im übrigen Westasien halten die Nomaden zum Zeichen von Reichtum und Ansehen möglichst große Herden -- zu groß meist für den Lebensraum. Dort, wo moderne Tiefbrunnen das Grundwasser anzapfen, oder aus anderen Gründen wurden die traditionellen Wanderungen aufgegeben, an sich die ökologisch zweckmäßigste Form der Nutzung dieser marginalen Gebiete. Selbst in der Trockenzeit entfernen sich Mensch und Vieh nur noch Tagesmärsche von den Brunnen. Mit Baum- und Buschzweigen versuchen die Viehhalter ihre Herden in Notzeiten durchzufüttern. Setzt die Regenzeit verspätet ein oder bleibt der ohnehin spärliche nasse Segen einmal aus, so kommt es zu Dürre und Hungerkatastrophen, wie Anfang der siebziger Jahre im Sahel, der südlichen Grenzzone der Wüste Sahara.

Die zurückweichende Pflanzendecke lässt den Sand vordringen, in der afrikanischen Großlandschaft Sudan zum Beispiel mehr als 100 km seit den sechziger Jahren. Wind wirbelt die Erde auf, und der Regen, wenn er dann endlich kommt, wäscht sie weg. Verheerender noch als seinerzeit in den Alpentälern setzen die Monsungüsse den entwaldeten Flanken des Himalaya zu, der vielerorts kurz vor dem ökologischen Kollaps steht. Die 5000 mm Regen, die innerhalb weniger Monate fallen, fließen zum größten Teil gleich wieder ab, anstatt von der Walddecke zurückgehalten zu werden. Wasser und Erosionsprodukte tun sich auch hier zur unheiligen Allianz zusammen: Auf dem Höhepunkt der Monsunflut war 1978 in Indien beinahe die zweifache Fläche der Schweiz überflutet. Hunderte von Menschen ertranken, Tausende von Häusern und ein Großteil der Ernte wurden zerstört. ...

Motorsäge und Feuer -- das traurige Schicksal der Regenwälder

Auch die tropischen Feuchtwälder, die immergrünen Regenwälder sowie die nur zur Regenzeit grünen Monsunwälder bleiben von der wachsenden Menschheit und ihren Bedürfnissen nicht verschont. Die rasende Abnahme der Feuchtwälder löst bei den Fachleuten besondere Besorgnis aus: Diese haben nämlich über ihr Verbreitungsgebiet hinaus wichtige ökologische Funktionen und sind das reichste Reservoir genetischer Ressourcen. Die Fronten der Zerstörung liegen überall dort, wo einer unterprivilegierten Bevölkerung nichts anderes übrigbleibt, als Baum um Baum in Flammen aufgehen zu lassen und in der fruchtbaren Asche während ein, zwei Jahren Trockenreis, Mais oder Maniok großzuziehen. Dann haben die Kulturpflanzen und das Klima ihre Wirkung getan: Der Boden ist ausgelaugt, die Bauern müssen neuen Wald brandroden.

Allein in Indonesien bleiben auf diese Weise jährlich eine halbe Million Hektar zurück. Der üppige Regenwald gaukelt Bodenfruchtbarkeit nur vor. ...

Als Fluch für die Tropenwälder erweist sich auch ihr wertvolles Holz. Unternehmen, oftmals aus den industrialisierten Ländern, erschließen die Wälder und beuten sie aus. Doch wo Baumriesen das eigentliche Kronendach überragen und Kletterpflanzen die Bäume fest miteinander verweben, wird die grobschlächtige, nur auf schnellen Gewinn ausgerichtete Holzerei zur Katastrophe. Der gefällte Baum reißt über seine Lianenverbindungen andere Bäume um oder beschädigt deren Kronen. Raupenfahrzeuge, welche die schweren Stämme aus dem Wald schleppen, verletzen Wurzelanläufe und Humusdecke. In Kalimantan, dem indonesischen Teil Borneos, nehmen dabei bis zur Hälfte der Bäume Schaden. Forstwirtschaft besteht hier gerade aus dem 'Abrahmen' der besten Bäume und der Hoffnung auf die Regeneration des Waldes. Überlegungen zur nachhaltigen Nutzung bleiben Theorie.

Das Tropenholz ist für den japanischen, nordamerikanischen oder europäischen Markt bestimmt. Es zu verbrauchen wäre ökologisch jedoch nur dann zu verantworten, wenn die Nutzung dieser Wälder auf dauernden und gleichbleibenden Ertrag ausgerichtet wäre, wenn die Wälder in nützlicher Frist ihre vielen günstigen Einflüsse auf die Umwelt wiedererlangen würden. Aber um sich zu erholen, braucht der geplünderte Wald Jahrzehnte bis Jahrhunderte. Doch dazu kommt es in der Regel gar nicht erst. Die Holzfäller bahnen mit ihren Straßen nämlich Brandrodern den Weg, die schließlich das Schicksal des Waldes besiegeln.

Durch die Regenwaldvernichtung provozierte Veränderungen im Wasserkreislauf wirken sich noch verheerender aus als bei uns. Auf der philippinischen Insel Mindanao machte 1981 eine Hochwasserkatastrophe 700 000 Menschen obdachlos. Die Ökologen sind sich darüber einig, dass die Ursachen dafür in den gewaltigen Waldzerstörungen zu suchen sind, die vorgenommen werden, um Holz zu gewinnen und Land zu roden, auf dem Ananas und Bananen für den Weltmarkt angebaut werden. In Amazonien wird nur die Hälfte des Regens mit den Passatwolken herbeigeführt. Die andere Hälfte befindet sich in ständigem regionalem Kreislauf. Mit dem Wald verschwindet der große Wasserverdunster. Die Niederschläge werden nicht mehr verdampft, sondern fließen direkt ab. Wenn weniger in den regionalen Kreislauf gelangt, nimmt die Gesamtregenmenge ab. Solche Veränderungen im Niederschlagsmuster könnten sich bei gleichbleibender Zerstörungsrate auch auf andere Klimazonen auswirken. ...

Der mitteleuropäische Förster hat sich in einem Dutzend Bäumen abzugeben. Zeichnet er einen zum Fällen an, so weiß er, wie die Art nachzuziehen ist. Solches Wissen beginnt sich auch in den südostasiatischen Regenwäldern langsam zu bilden, wo einzelne Versuche mit behutsamem Holzen und ebenso behutsamer Pflege des Nachwuchses zeigen, dass auch der Regenwald nachhaltiger bewirtschaftet werden könnte.

Wälder können nicht einfach durch Gesetze geschützt werden, solange die Menschen zur Deckung ihrer elementaren Bedürfnisse auf sie angewiesen sind -- das hat auch die Waldgeschichte Europas gezeigt. Erst die Einführung anderer Energieträger und verbesserter Landwirtschaftsmethoden hat bei uns den Druck vom Wald genommen."

[Christian Küchli <1953 - > in: Wälder für die Menschen / Christian Küchli ... Bern : Kümmerly + Frey, ©1984. -- S. 37 - 45.]


3. Waldbau und Forst


Ausführlich:

Payer, Margarete <1942 -- >: Materialien zur Forstwissenschaft. -- Kapitel 4: Waldbau und Forst. --  URL: http://www.payer.de/cifor/cif04.htm


3.1. Forstliches Handeln


Grundprinzipien guter forstlicher Tätigkeit

  • Kontinuität
  • Die Bäume der Zukunft dürfen keinesfalls beschädigt werden, damit sie sich voll entfalten können.
  • Nachhaltigkeit: man fällt nicht mehr Holz als zuwächst
  • naturnahe Waldwirtschaft: man versucht, den Wald naturnah zu bewirtschaften, indem man bei seiner Pflege die Gegebenheiten und Gesetze der Natur berücksichtigt.
  • Wirtschaftlichkeit

3.2. Teilbereiche forstlichen Handelns


Das Lehrbuch

Der Forstwirt / hrsg. von den Waldarbeitsschulen der Bundesrepublik Deutschland. -- 2., überarb. Aufl. -- Stuttgart : Ulmer, ©1996. -- 685 S. : Ill. -- ISBN 3-8001-1090-3.

gliedert forstliches Handeln in folgende große Teilbereiche:


3.3. Waldbausysteme (Betriebsarten)


Als Waldbausystem (Betriebsart) bezeichnet man das Konzept waldbaulicher Behandlung, dem man von der Begründung über die Pflege (Erziehung) bis zur Nutzung folgt.


3.3.1. Übersicht über Waldbausysteme



3.3.2. Plenterwald


"Plenterwald ... gilt heute wegen seiner Stufigkeit und der Baumartenmischung vielen Leuten als Inbegriff unberührter Naturlandschaft. In Wirklichkeit verdankt er sein Aussehen jedoch Generationen von waldbesitzenden Bauern und den Förstern, die ihm nach der Zeit der Waldverwüstungen durch vorsichtige Eingriffe die spezielle Struktur verliehen. Wollte man mit den Holzschlägen aufhören, so würde solcher Wald seinen unregelmäßig stufigen Aufbau verlieren: Nach und nach wachsen die Bäume aus dem Mittelstand heran und schließen die Lücken im Kronendach, durch die der Bewirtschafter zuvor genauso viel Licht in den Stammraum vordringen ließ, wie der Nachwuchs zum Überleben brauchte. Der ganze Bestand wird zunehmend einschichtig und gleichförmig. Jungbäume vermögen im dunklen Bestandesinnern nicht mehr aufzukommen.

Die Plenterwaldbewirtschaftung gilt heute als die hohe Schule des Waldbaus. Die vom Förster bedachtsam ausgewählten Bäume werden vom Stumper sorgfältig entastet und vom Holzer präzise gefällt. Der Wald als solcher bleibt dauernd erhalten; nur die einzelnen Bäume kommen und gehen. Die Blätter, Nadeln und das Blattgrün verteilen sich vom Boden bis in die Kronenspitzen ... In Plenterbeständen werden Wasser und Licht zur Holzproduktion optimal ausgenutzt. Sie sind gegen die Unbilden der Natur bestens gewappnet: Die weit auseinanderstehenden Bäume entwickeln unter dem dauernden Wettereinfluss starke Wurzeln und widerstandsfähige Stämme; weder Sturm noch Schnee setzen ihnen normalerweise zu.

Doch Plentern wie im Emmental ist nicht in jeder Waldgesellschaft möglich. Ohne die schattenertragenden Bäume wie die Weißtanne kann die Stufigkeit nicht aufrechterhalten werden. Plenterwald findet man in Europa darum vor allem dort, wo die Tannen optimal gedeihen: in niederschlagsreichen Wäldern der Bergstufe zwischen 800 und 1200 m ü. M. In der Schweiz bedeckt Plenterwald etwa 6% der Waldfläche (im Emmental, dem Jura  und den Voralpen), in Deutschland 1% (im Allgäu, im Bayrischen Wald, im Franken- und Schwarzwald), in Österreich 3% (Schwerpunkte Bregenzer Wald, oberösterreichisches Alpenvorland) und in Italien kleinere Flächen in den Venezianer Alpen."

[Christian Küchli <1953 - > in: Wälder für die Menschen / Christian Küchli ... Bern : Kümmerly + Frey, ©1984. -- S. 30f.]

"Kein Baum darf zur Fällung bestimmt werden, bevor der Wirtschafter die Folgen der Wegnahme erwogen und sich über die erwünschten Wirkungen und über die Vermeidung jeder Brachlegung von Produktionselementen vergewissert hat. Schon Balsinger sagt: »Was nach dem Aushieb noch da ist, hat daher mehr Bedeutung, als was geschlagen wurde.« Ständig hat er sich die Frage vorzulegen: Was ist hier wegzunehmen, damit der Wald sich nachher richtig weiterentwickeln und noch mehr und besseres Holz hervorbringen kann? Nur dann ist ein Baum erntereif, wenn die von ihm absorbierten Produktionselemente an seinem Standort besser andern Baum-Individuen zugeleitet werden, weil sie von diesen zweckmäßiger ausgenutzt werden können." 

[Ammon, Walter <1878 - 1956>: Das Plenterprinzip in der Waldwirtschaft. -- 4. Aufl. -- Bern [u.a.] : Haupt, 1995. -- ISBN 3-258-04820-7. -- S. 98.]

Für Plenterwald gilt daher:

"Die Anzeichnung der Holznutzungen ist ohne Zweifel das allerwichtigste Arbeitsgebiet, die eigentliche zentrale Funktion des wirtschaftenden Forsttechnikers ... Beim Anzeichnen trifft der Wirtschafter von Baum zu Baum die Entscheidung, welche Individuen nicht mehr als Produktionsmittel geeignet sind und daher jetzt als Produkt behandelt, d.h. gefällt und verwertet werden sollen."

Gruppenplenterung

"Auch oberhalb der Weißtannenzone, in den Fichten- und Lärchen-Arven-Wäldern des Alpenbogens mit ihrer ausgesprochenen Schutzwirkung, muss das Gelände möglichst baumbedeckt bleiben. Doch in dieser Meereshöhe stehen dem Förster keine Schattenbaumarten zum klassischen Plentern mehr zur Verfügung. Die Fichte, weiter unten noch Halbschattenbaumart, ist hier wesentlich lichtbedürftiger. Um sich entfalten zu können, muss ihr Samen auf günstigem Keimbett und unter freiem Himmel liegen. Diese Bedingungen entstehen erst, wenn Blitz, Sturm oder Säge den Altbaum fällen. Nur auf der vermodernden Nadelstreu und den verfallenden Baumstrünken haben die Keimlinge eine Chance im Wettlauf mit Zwergsträuchern, Gräsern oder Kräutern. Die Lärche, die zusammen mit Arve, Bergföhre (Pinus mugo) und Fichte das Waldkleid der Zentralalpen bildet, keimt am besten auf vegetationslosem Rohboden und im vollen Licht. Die Arve erhält bei ihrer Verjüngung Unterstützung durch einen geflügelten 'Förster': Der Tannenhäher legt als Wintervorrat weitverstreute Depots mit Arvennüsschen an. Vom Vogel eingegraben und vergessen, finden die Früchte beste Keimbedingungen. Der Arvenkeimling, mit ansehnlicher Nährstoffreserve im Nüsschen, entwickelt sich kräftiger als die anderen Nadelbäume und kann sich auch gegen die ihn bedrängende Bodenvegetation eher durchsetzen.

Die ökologischen Eigenarten der verschiedenen Bäume müssen bei der Gebirgswaldverjüngung besonders berücksichtigt werden. Wenn der Förster hier Baumnachwuchs will, muss er Bäume fällen, muss er gezielt Licht- und Wärmeinseln im Waldesinnern schaffen. In den aufkommenden Jungwaldgrüppchen, den sogenannten 'Rotten', setzen sich einzelne Bäume durch und übernehmen die Führung. Knickt der Schnee ein Glied des Verbandes, wird dessen Platz durch ein anderes eingenommen. So wachsen die Rotten zu kleinen Baumkollektiven heran. Der Förster entfernt nach zwanzig, dreißig Jahren das eine oder andere Individuum im Innern der Gruppe, damit die wichtigen Bäume ihre Kronen ungestört entfalten und standfeste Stämme bilden können. Er wird sich jedoch hüten, den grünen Mantel der Gruppe aufzureißen und damit Sturm und Schnee Angriffsflächen zu bieten. Erst wenn die Bäume nach 150 bis 250 Jahren hiebreif sind, werden spätere Generationen die Gruppe innerhalb weniger Jahre ernten. Die Nachbarkollektive, die sich in einer anderen Entwicklungsphase befinden, bleiben unangetastet. Auch im Gebirge entsteht bei solcher Pflege -- Gruppenplenterung genannt -- ein stufiger Waldaufbau. Die Erneuerung erfolgt fließend; auf diese Weise können die Wälder nicht vergreisen und sind in der Lage, uns nachhaltig zu schützen."

[Christian Küchli <1953 - > in: Wälder für die Menschen / Christian Küchli ... Bern : Kümmerly + Frey, ©1984. -- S. 31]


3.3.3. Schlagweiser Hochwald


Als Schlag bezeichnet man eine Fläche, auf der eine Hiebs- oder Verjüngungsmaßnahme in konzentrierter Form ausgeführt wird.

Beim schlagweisen Hochwald wird der Wald in Schläge unterteilt, auf denen der Baumbestand besonders altersmäßig ziemlich einheitlich ist und auf denen waldbauliche Maßnahmen (Verjüngung, Pflege, Ästung, Durchforstungen usw.) isoliert voneinander stattfinden. In Deutschland sind 90% der Wälder schlagweise Hochwälder.


3.3.3.1. Schirmschlag


Als Schirmschlag bezeichnet man die Verjüngung eines Bestandes unter dem durch Holzernte aufgelichteten Kronendach des Altbestandes. Von Schirmschlagbetrieb spricht man, wenn der Altbestand auf einer größeren Fläche ziemlich gleichmäßig aufgelichtet wird. (Lichtet man unregelmäßig über die Fläche verteilt auf, spricht man von Femelschlagbetrieb (s. unten 3.3.2.)).

Ziel des gleichmäßigen Schirmhiebes ist die Begründung eines neuen Bestandes unter dem Schirm eines mit jedem Eingriff lichter werdenden Altbestandes. Oft mit natürlicher Verjüngung.

"Andere, großflächigere Verjüngungsverfahren wiederum wurden in den Laubwäldern des Flachlandes entwickelt. Die französischen Förster etwa ziehen wertvolle Eichenwälder im sogenannten Schirmschlagverfahren nach. Vor einem Samenjahr fällen die Holzhauer auf größerer Fläche einen guten Teil des Altbestandes. Es bleiben vorerst nur die bestgeformten Eichen stehen, von denen Samen mit gutem Erbgut erwartet werden können. Im aufgelichteten Wald finden die lichtbedürftigen Jungeichen gute Keim- und Wuchsbedingungen. Ähnlich gehen auch die Skandinavier bei der Verjüngung ihrer Föhrenwälder vor, und in der Bundesrepublik Deutschland oder Dänemark bedienen sich Förster des großflächigen Schirmschlags, um die Buche nachzuziehen."

[Christian Küchli <1953 - > in: Wälder für die Menschen / Christian Küchli ... Bern : Kümmerly + Frey, ©1984. -- S. 32]

Schirmschlag fördert Reinbestände (Monokulturen).


3.3.3.2. Femelschlag


Femelschlag ist eine Form des Schirmschlages, bei der von Anfang an ungleichmäßig gruppen- und horstweise geerntet wird. Ziel sind Mischbestände aus Schattenbaumarten und Halbschattenbaumarten dadurch zu erreichen, dass den Baumarten mit langsamer Jugendentwicklung ein ausreichender Wuchsvorsprung gesichert wird.


3.3.3.3. Saumschlag


Als Saum bezeichnet man den Randbereich zwischen einem angehauenen (noch nicht durch Trauf abgestuften) Altbestand und der anschließenden Freifläche bildet. Beim Saumschlag wird ein Bestand so angehauen, dass ein Saum entsteht. Die Form des Saums kann geradlinig, unregelmäßig gebuchtet oder keilförmig sein. Als Hiebverfahren kommen Kahlhieb, Schirmhieb oder Femelhieb in Frage.


3.3.3.4. Kahlschlag


"Ein Kahlschlag kommt dadurch zustande, dass auf einer gegebenen Fläche alle aufstockenden Bäume in einem oder wenigen einander in kurzen Intervallen folgenden Hieben entnommen werden. Dadurch geht der Waldcharakter auf der betroffenen Fläche verloren."

[Burschel, Peter ; Huss, Jürgen: Grundriss des Waldbaus. -- 2., neubearb. und erw. Aufl. -- Berlin : Parey, ©1997. -- ISBN 3-8263-3045-5. -- S. 106. --  ]

Weltweit gesehen ist Kahlschlag die verbreitetste waldbauliche Betriebsform.

Man unterscheidet:

Für die Form der Kahlschläge werden unterschiedlichste geometrische Muster angewandt. Häufig ist in Mitteleuropa der Streifenkahlhieb. Dabei wird in oft beträchtlicher Länge bei Breiten von 30 bis 100 m streifenweise geerntet. Der angrenzende Streifen wird einige Jahre später geerntet.


3.3.4. Zweihiebige Hochwaldformen


Von Zweihiebigkeit spricht man, wenn die forstliche Produktion in zwei nach Höhe und meist auch nach Alter getrennten Bestandesschichten stattfindet. Die ältere Oberschicht darf dabei nie so dicht sein oder werden, dass sie die Entwicklung der nachwachsenden Unterschicht dauerhaft stört.

Es gibt zwei Formen von Zweihiebigkeit:

Eine typische Form zweihiebiger Hochwaldformen ist der Mittelwald (s. unten)


3.3.5. "Naturgemäße Waldwirtschaft"


"Naturgemäße Waldwirtschaft" (unter dem Namen Dauerwald-Konzept) wurde 1933 - 1937 per Erlass des Reichsforstamtes  für die preußischen Staatsforsten vorgeschrieben. In der DDR wurde 1951 landesweit eine "naturgemäße Wirtschaft" eingeführt. In Westdeutschland gründete 1950 eine Gruppe von Forstleuten die "Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft". Ihre wichtigsten Grundsätze:

In Baden-Württemberg wird seit Jahrzehnten Laubwald so bewirtschaftet durch die Gräflich Neipperg'sche Forstverwaltung in Schwaigern, Nordwürttemberg.


3.3.6. Niederwald


Niederwald nennt man Waldbau mit Wurzelstockbetrieb, dessen Bestände vorwiegend auf vegetative Weise erfolgt (durch Stockausschlag am nach dem Hieb verbleibenden Schaftteil) (Im Unterschied dazu ist Hochwald Waldbau, dessen Bestände aus Samen, bzw. Setzlingen entstanden sind). Die Begriffe Niederwald und Hochwald bezeichnen nicht die tatsächliche Höhe eines Waldes: ein 50 cm hoher Fichtenstand, der aus Samen entstanden ist, ist Hochwald, ein mehrere Meter Hoher Eichenstand, der aus Stockausschlag entstanden ist, ist Niederwald! Niederwald war einst in Europa eine sehr wichtige Waldbauform (um 1900 noch 13% der Waldfläche des Deutschen Reiches!), heute ist er in Europa nur noch sehr selten. Außerhalb Europas kommt als neuer Niederwaldbetrieb besonders als Plantagenwaldbau (s. unten) mit raschwüchsigen Baumarten immer mehr in Gebrauch: nach kurzen Umtriebszeiten zur Produktion von Industrieholz erfolgt die Waldverjüngung bei Laubbäumen (z.B. Eukalyptus) durch Ausschlagverjüngung (z.B. dreimalige Verjüngung durch Stockausschlag, dann Neupflanzung). Englische Bezeichnungen für diese neuen Niederwaldtypen sind Intensive Plantation Management, Complete Tree Utilization, Mini-Rotation Forestry. Auch zur Brennholz- und Holzkohlegewinnung gewinnen Niederwaldformen in der Dritten Welt an Bedeutung. Niederwald wird in kurzen Umtriebszeiten kahlschlagartig geerntet. Der Erntehieb erfolgt im Winterhalbjahr, wenn Stock und Wurzelwerk gut mit Reservestoffen versorgt sind.

Formen des Niederwalds s. oben in der Übersicht.

An Arten der Nutzung kann man bei Niederwäldern vor allem unterscheiden:


3.3.7. Mittelwald


Beim Mittelwald hält man über einer Niederwaldunterschicht ("Hauschicht") eine Oberschicht ("Oberholz")  (Überhälter, z.B. Eichen) zur Wertholzgewinnung. Je nach Baumarten und Wirtschaftszeilen gibt es folgende Formen von Mittelwald:

Man kann den Mittelwald auch zu den zweihiebigen Hochwaldformen (s. oben) rechnen.


3.3.8. Hutewald (Hudewald)


Als Hutewald bezeichnet man einen Waldbestand zur Viehweide (Waldweide). Hutewald ist grasbewachsen,  meist parkartig locker und licht und besteht vorwiegend aus breitkronigen Eichen, Buchen, Ahornen, im Gebirge auch Fichten und Lärchen.


3.3.9. Schneitelwald


Als Schneitelwald bezeichnet man einen Wald mit Kopfholznutzung, Astholznutzung und Laubnutzung zur Gewinnung von Laub und jungen Trieben für Viehfutter (besonders geeignet ist die Esche -- Fraxinus).


3.3.10. Wald-Feldbausysteme


3.3.10.1. Haubergwirtschaft


Haubergwirtschaft ist ein zyklisches Wald-Feld-Weide-Nutzungsverfahren im südwestfälischen Bergland. Genossenschaftlich bewirtschaftete Parzellen wurden im Rotationsverfahren mit Stockausschlag genutzt. Ein und dieselbe Fläche wurde dabei abwechselnd in einem Turnus von 18 bis 22 Jahren genutzt zum:


3.3.10.2. Brandrodungsbau


Die folgenden Ausführungen zum Brandrodungsbau stammen aus dem sehr lesenswerten Buch:

Wilhelmy, Herbert <1910 - >: Welt und Umwelt der Maya. -- München [u.a.] : Piper, ©1981. -- 541 S. : Ill. -- ISBN 3-492-02647-8

"Im englischen Sprachgebrauch wird diese von den einen als der tropischen Umwelt adäquate, von anderen als Krebsschaden, Relikt der Barbarei oder absoluter Anachronismus angesehene Wirtschaftsform als shifting cultivation, slash and burn agriculture oder swidden agriculture bezeichnet. Der Begriff shifting cultivation umfasst sowohl den Wanderfeldbau als auch die Landwechselwirtschaft. Im Unterschied zum Wanderfeldbau, bei dem die durch starke Ertragsrückgänge erzwungene Verlegung der Felder zugleich mit einer Verlegung der Siedlungen verbunden ist, wird die Landwechselwirtschaft von festen Wohnsitzen aus betrieben. Sie ist durch die Rotation der stets mit den gleichen Anbaufrüchten bestellten Felder -- im Falle der Maya mit Mais --, nicht wie in den gemäßigten Breiten durch bestimmte Fruchtfolgen auf demselben, durch Düngung fruchtbar erhaltenen Dauerfeld charakterisiert." [S. 153]
Wanderfeldbau

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Landwechselwirtschaft

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"Zwischen Wanderfeldbau und Landwechselwirtschaft gibt es eine Fülle von Spielarten und Übergangsformen, zum Beispiel Wanderfeldbau, bei dem mit der Verlegung der Felder keineswegs immer ein entsprechend schneller Wechsel der Wohnplätze verbunden ist. In anderen Fällen wird die Landwechselwirtschaft zwar grundsätzlich von festen Siedlungen aus betrieben, aber infolge der weiten Entfernungen zum Anbauland sind ganze Familien gezwungen, während der Hauptarbeitszeit in Feldhütten umzuziehen, um nach mehreren Wochen wieder in die Dauersiedlung zurückzukehren". [S. 153ff.]

Die folgende Abbildung zeigt die Unterschiede zwischen der traditionellen nachhaltigen Brandrodung und der modernen zerstörerischen, durch Unkenntnis, Gier und Bevölkerungsdruck bedingten:

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3.3.10.3. Agroforestry Systeme


Unter agro-forestry (Agroforstwirtschaft) versteht man den gleichzeitigen Anbau einer Oberschicht von Bäumen, unter denen oder in deren Seitenschutz Kulturpflanzen (z.B. Kaffee, Kakao, Pfeffer) angebaut werden. Die Oberschicht spendet Schatten, liefert Holz, Früchte, Tierfutter (Laub),  schützen den Boden, tragen zur Nachhaltigkeit der Landwirtschaft bei.

Man kann agro-forestry Systeme klassifizieren in:

Innerhalb des CGIAR [Webpräsenz: http://www.cgiar.org/. -- Zugriff am 2001-02-07] ist für Agro-forestry nicht das CIFOR -- Center for International Forestry Research [Webpräsenz: http://www.cifor.cgiar.org/. -- Zugriff am 2001-02-07] zuständig, sondern das ICRAF -- International Centre for Research in Agroforestry [Webpräsenz: http://www.icraf.cgiar.org/. -- Zugriff am 2001-02-07] mit Zentrale in Nairobi, Kenia.


3.4. Waldbausysteme in tropischen Feuchtwäldern


Vorlage:

Lamprecht, Hans: Waldbau in den Tropen : die tropischen Waldökosysteme und ihre Baumarten -- Möglichkeiten und Methoden zu ihrer nachhaltigen Nutzung. -- Hamburg [u.a.] : Parey, ©1986. -- 318 S. : Ill. -- "Gedruckt mit Unterstützung der GTZ". --  ISBN 3-490-05216-1. -- S.  109 - 182


Ausgangspunkt:

 
  • "Im Endergebnis bleibt die Feststellung, dass den tropischen Feuchtwäldern die erforderlichen Voraussetzungen zur direkten Übernahme in eine forstliche Nachhaltswirtschaft ganz oder teilweise fehlen. Ausgenommen sind z.B. Mangroven sowie bestimmte Sumpf- und Torfwaldtypen mit floristisch und dimensionsmäßig einigermaßen homogener und mindestens markttauglicher Bestockung, Koniferenwälder, welche sich aus einer oder wenigen wirtschaftlichen Baumarten zusammensetzen, u.U. auch die zwar sehr gemischten Dipterocarpazeen-Regenwälder, deren Arten jedoch zum großen Teil marktfähig sind und sich zudem zu wenigen Holzsorten zusammenfassen lassen."  [Lamprecht, S. 112].
  • Außer in günstigen Fällen (wie den soeben genannten) "besteht der erste Schritt zur forstlichen Inbetriebnahme bisher unbewirtschafteter Wälder in der sog. Domestizierung. Sie umfasst sämtliche Maßnahmen zur Erhöhung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bestände zumindest bis auf ein Niveau, welches eine kostendeckende Nachhaltswirtschaft zu gewährleisten vermag. Am Beginn der Forstwirtschaft in tropischen Feuchtwäldern steht daher gewöhnlich eine mehr oder minder tiefgreifende Umformung der Ursprungsbestockungen, im Extremfall den völligen Ersatz. [Lamprecht, S. 112]

Als Domestizierungsziele nennt Lamprecht [S. 113]:

"dass die angestrebten Bestände
  • floristisch , nach Dimensionen und Altersstrukturen deutlich homogener sein sollen als 'ungezähmte' Bestände
  • in jeder Hinsicht wesentlich homogenere Rohstoffe liefern sollen; wünschenswert sind i.d.R. wenige, zu einheitlicher Verwendung geeignete Holzsorten, wobei es sich -- wie im Falle der Dipterocarpazeen -- durchaus um ein Gemisch botanisch unterschiedlicher Arten handeln kann
  • einen hohen Anteil an verkäuflichen und einen geringen an wertlosen Arten aufweisen. Die Ausmerzung nicht marktgängiger Arten ist jedoch nicht anzustreben. Die 'Unhölzer' von heute können schon morgen wirtschaftlich interessant sein ...
  • der domestizierte soll mengenmäßig mehr produzieren als der Ausgangsbestand
  • die Qualität der künftigen Produktion soll die der ursprünglichen deutlich übertreffen."
Entscheidungstabelle zur Wahl des Waldbausystems

Ausgangsbestand (Baumarten, Strukturen)

Waldbauliche Maßnahmen

als Wirtschaftsobjekt ausreichend tauglich Sicherung der nachhaltigen natürlichen Produktion [s. 4.1.]
als Wirtschaftsobjekt nicht ausreichend tauglich Domestizierung Überführung: Vereinfachung von Zusammensetzung und/oder Aufbau des Naturwaldes [s. 4.2.)
Umwandlung: Ersatz der Naturwaldbestockung, gewöhnlich durch Reinbestände bzw. Holzzuchtplantagen [s. 4.3.]

[Vorlage der Übersicht: Lamprecht, S. 114]


Ziel Homogenisierung Systeme
nach durch
Schlagweiser Hochwald Baumarten und Aufbau Aufstockende Maßnahmen Verbesserung
  • Improvement Fellings
  • Amélioration des peuplements d'Okoumé
  • CELOS-System
Anreicherung
  • Klassische Schneisenpflanzung
  • Placeaux Anderson
  • Méthode du recrû
  • Mexikanisches System
  • Methode Caimital
Verjüngung natürlich
  • Malayan Uniform System
  • Tropical Shelterwood System
  • TSS Trinidad
  • Uniformisation par le haut
künstlich
  • Méthode Martnieau
  • Méthode Limba
  • Méthode Okoumé
  • Taungya
Plenterwald Vorwiegend nur Baumarten Erhaltung und Begünstigung erwünschter Arten in allen Schichten
  • Philippine Selective Logging System
  • Indonesian Selective Logging System
  • Amélioration des peuplemements naturels
  • Queensland-System
Nachhaltige Naturwaldproduktion keine Homogenisierung
  • Festlegung von MHD (Minimum-Haubarkeitsdurchmessern)
  • Improvement Thinnings

[Vorlage der Tabelle: Lamprecht, S. 152]


3.5. Waldbausysteme in tropischen Trockenwäldern


Im Unterschied zu den tropischen Feuchtwäldern scheint es keine speziell auf tropische Trockenwälder ausgerichteten Waldbausysteme zu geben.

Die tropischen Trockenwälder "spielten seit eh und je eine maßgebliche Rolle im Leben der einheimischen Bevölkerung. Sie dienten und dienen ihr zur Versorgung mit Holz; Brennholz und Holzkohle sind meistenorts die einzigen verfügbaren Energieträger. Weiter liefern sie zahlreiche andere Produkte, die an Bedeutung, Vielfalt und Wertschätzung um nichts hinter denjenigen von Feuchtwäldern zurückstehen. Die Waldweide sowie die Gewinnung von Futterlaub bilden in weiten Räumen eine unentbehrliche Grundlage für die Tierhaltung. Sie bilden in Dürrenotzeiten den Tieren oft die einzige und letzte Überlebenschance." [Lamprecht, S. 185]

Auch in den internationalen umweltschützerischen Bemühungen scheint die Konzentration auf die tropischen Regenwälder manchmal den Blick von den für die Menschen so bedeutenden tropischen Trockenwäldern abzulenken. Schon 1979 mahnte H. Steinlin, "dass im Weltmaßstab diese mehr schleichende Waldzerstörung [in den Trockengebieten] mindestens so folgenreich ist wie der Rückgang der tropischen Feuchtwälder und mehr internationale Beachtung verdient, als das bisher der Fall war." [Zitat in: Lamprecht, S. 186]

In tropischen Trockenwäldern sind alle Baumarten auf die eine oder andere Weise nutzbar, gänzlich wertlos ist keine, viele Arten liefern außer Holz andere geschätzte Produkte; deswegen ist bei waldbaulichen Maßnahmen eine Homogenisierung (Konzentration auf markttaugliche Arten) unnötig, ja wäre meist sogar schädlich. Ziel sollten in der Regel Mehrzweckwälder, die vielfältige Aufgaben von Mensch und Tier zu erfüllen haben.

Die einheimischen Baumarten haben ein gutes bis hervorragendes Ausschlagvermögen; viele Arten bilden zudem reichlich Wurzelausschläge; deshalb bieten sich als empfehlenswerte Waldbauformen an:


3.6. Waldbau in Holzzuchtplantagen


Als Holzzuchtplantagen bezeichnet man künstlich begründete Waldbestände, in denen der Rohstoff Holz mit Methoden erzeugt wird, die landwirtschaftlichen Anbausystemen näher stehen als den traditionellen Waldbauverfahren.

"Die Bewirtschaftung ist landwirtschaftlich. Der Boden wird vorbereitet, mehrfach gepflügt, es wird angepflanzt, aufgeastet, stark durchforstet und geerntet. Dann fängt man wieder von vorn an. Die Bodenfruchtbarkeit wird künstlich durch Düngung erhalten. Insekten- und Pilzkrankheiten werden wie in der Landwirtschaft durch Besprühen usw. künstlich bekämpft." [C. L. Wicht, zitiert in: Lamprecht, S. 169]

In allen Arbeitsvorgängen werden wie in der Großlandwirtschaft Großmaschinen eingesetzt. Die Endnutzung erfolgt praktisch ausnahmslos durch Kahlhieb. Bei Laubbäumen (z.B. Eukalyptus) ist das gebräuchliche Verfahren Niederwaldbetrieb mit Ausschlagverjüngung (z.B. dreimalige Verjüngung durch Stockausschlag, dann Neupflanzung).

Ziel ist eine möglichst schnelle, möglichst große Kapitalrendite: Umtriebszeiten von 7 bis 15 Jahren sind die Regel.

Holzplantagen sind besonders verbreitet und entwickelt in:


3.7. Verjüngung (Begründung) von Waldbeständen


Bestandsverjüngung (Bestandsbegründung) kann geschehen:


3.7.1. Forstpflanzenzüchtung


Verfahren der Forstpflanzenzüchtung


3.7.2. Vorbereitung der Verjüngungsflächen


Die Vorbereitung der Verjüngungsflächen erfordert Entscheidungen und entsprechende Maßnahmen bezüglich

  1. Behandlung von Schlagabraum
  2. Behandlung von behindernder Bodenvegetation
  3. Standortverbesserung
  4. Gliederung der Verjüngungsflächen

Behandlung von Schlagabraum

Die erste wichtige Entscheidung gilt der Behandlung von Schlagabraum. Als Schlagabraum bezeichnet man die Teile von Bäumen, die bei der Holzernte nicht verwertet werden und deshalb auf der Hiebfläche liegen bleiben. Einerseits haben Blätter, Nadeln, Feinreisig, Äste und Totholz große ökologische Bedeutung, andrerseits können sie die Verjüngung und Pflege hindern und sind auch eine mögliche Brutstätte für "Forstschädlinge".

Zur Erreichung eines akzeptablen Kompromisses wurden verschiedene Methoden entwickelt (u.a. Häckseln und gleichmäßige Verteilung der Hackschnitzel auf die ganze Fläche).


Behandlung von behindernder Bodenvegetation

Der zweite Entscheidungsschritt bezüglich der Vorbereitung der Verjüngungsflächen   gilt der Behandlung von behindernder Bodenvegetation: nach Naturkatastrophen oder Kahlschlag kann sich eine Bodenvegetation entwickeln, die eine gefährliche Konkurrenz für die Waldverjüngung wird. Solche Bodenvegetation wird auf folgende Weisen zurückgedrängt oder beseitigt:


Standortverbesserung

Der dritte Entscheidungsschritt bezüglich der Vorbereitung der Verjüngungsflächen betrifft die Standortverbesserung. Als Maßnahmen zur Standortverbesserung kommen in Betracht:

Forstliche Bodenbearbeitung kann folgende Ziele haben:


Gliederung der Verjüngungsflächen

Der zweite Entscheidungsschritt bezüglich der Vorbereitung der Verjüngungsflächen   gilt der Gliederung der Verjüngungsflächen, d.h. der Festlegung der Abstände zu Feldfluren, Beständen, Wegläufen, Bächen usw. sowie des Reihenverlaufs.


3.7.3. Verjüngung (Begründung) von Waldbeständen


Verjüngungsarten und Verjüngungsverfahren:

Kombinationen der Verfahren sind möglich.

Weiters unterscheidet man:


3.7.4. Aufforstung in den Tropen


Das Folgende nach

Lamprecht, Hans: Waldbau in den Tropen : die tropischen Waldökosysteme und ihre Baumarten -- Möglichkeiten und Methoden zu ihrer nachhaltigen Nutzung. -- Hamburg [u.a.] : Parey, ©1986. -- 318 S. : Ill. -- "Gedruckt mit Unterstützung der GTZ". --  ISBN 3-490-05216-1. -- S.  153 - 167

"Nicht selten ergibt sich der Eindruck, dass Forstwirtschaft in den niederen Breiten mit dem Pflanzen von Bäumen gleichgesetzt wird. Auch bei Behörden und Bevölkerung ist gewöhnlich am ehesten Verständnis und Unterstützung  für Aufforstungsprojekte zu finden. Als besonders tüchtig gilt, wer jedes Jahr neue, optisch gut platzierte -- z.B. in Stadtnähe -- Forstkulturen vorzeigen kann. Welchen Zwecken sie dienen, wie sie angelegt wurden und wie sie sich entwickeln, interessiert sehr viel weniger. Zahlreiche 'Aufforstungsruinen' lassen erahnen, wie viel guter Wille, Mittel und Arbeit bei derartigen Unternehmungen schon mehr oder weniger nutzlos verpufft sind. Häufig genug fehlen diese dann an anderer Stelle, wo sie sinnvoll einzusetzen wären.

Vor jedem Entscheid für oder gegen eine Aufforstung müssen daher folgende Fragen gestellt und beantwortet werden:

  • Wie lautet das Aufforstungsziel, d.h. welchen Zwecken soll die Aufforstung dienen?
  • Weshalb ist die zur Aufforstung vorgesehene Fläche waldlos?" [Lamprecht, S. 153]

Zu Frage nach den Ursachen der Waldlosigkeit ist zu unterscheiden zwischen

  • natürliche Ursachen der Waldlosigkeit: bei natürlicher Waldlosigkeit sollten in der Regel keine Aufforstungsversuche unternommen werden
  • menschlich bedingte Waldlosigkeit
    • landwirtschaftliche Nutzung
    • Weidewirtschaft
    • Brandlegung
    • menschenbedingte Dauergesellschaften der Vegetation (z.B. viele Hartgrasssavannen, irreversibel degradiertes Ödland)

Bei menschlich bedingter Waldlosigkeit ist die Erkenntnis der Ursachen viel einfacher als deren Beseitigung "Das gilt besonders in dicht bevölkerten Gebieten, also gerade dort, wo Aufforstungen notwendig und gerechtfertigt wären. Das Verbot vorübergehender oder dauernder landwirtschaftlicher Nutzung, von Weide und Feuer (als traditionellem Hilfsmittel von Land- und Viehwirtschaft) kann für die örtliche Bevölkerung existenzbedrohende sozio-ökonomische Probleme nach sich ziehen. Als Beispiel sei die Ziegenhaltung genannt ..." [Lamprecht, S. 154]

Aufforstungen dürfen nur im Einverständnis mit der betroffenen Bevölkerung durchgeführt werden

"Zusammenfassend ergibt sich, dass bei der Beurteilung der Aufforstungswürdigkeit eines Objektes folgende Punkte entscheidend sind:
  • der direkte und/oder indirekte Nutzen des zukünftigen Waldes muss die Anlage-, Pflege- und Erhaltungskosten rechtfertigen
  • die Dringlichkeit; die beschränkten Mittel und Kräfte erfordern die Konzentration auf die Objekte höchster Priorität
  • bei natürlicher Waldlosigkeit kommt Aufforstung i.a. nicht in Betracht
  • Aufforstungen dürfen nicht in Angriff genommen werden, bevor diejenigen Faktoren zuverlässig beseitigt sind, welche eine natürliche Wiederbewaldung verhindern. Dabei sind berechtigte Interessen etwaiger Landnutzer angemessen zu berücksichtigen." [Lamprecht, S. 155]

3.8. Schützen von Waldbeständen


Schadursachen


Integrierter Pflanzenschutz

Integrierter Pflanzenschutz will Schadorganismen unter der wirtschaftlichen Schadschwelle halten, nicht sie völlig ausrotten.

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Abb.: Schema des integrierten Pflanzenschutzes 

[Quelle der Abb.: Der Forstwirt / hrsg. von den Waldarbeitsschulen der Bundesrepublik Deutschland. -- 2., überarb. Aufl. -- Stuttgart : Ulmer, ©1996. -- ISBN 3-8001-1090-3. -- S. 193. --  ]


3.9. Pflegen von Waldbeständen


Pflegemaßnahmen sind:


3.9.1. Kultur- und Jungwuchspflege


Die Kultur- und Jungwuchspflege umfasst:


3.9.2. Läuterung


Als Läuterung (Dickungspflege, Gestängepflege) bezeichnet man Pflegemaßnahmen in Jungbeständen ab 2 bis 3 m Oberhöhe bis zum Eintritt ins Stangenholzalter. Bei der Läuterung werden überflüssige, schlechtgeformte, kranke und schädliche Bestandesglieder entfernt.

Man unterscheidet folgende Läuterungsarten:

In der Läuterungsphase werden weiterhin Maßnahmen ergriffen zur


3.9.3. Durchforstung


Als Durchforstung bezeichnet man Pflegemaßnahmen bei Stangenhölzern und geringen Baumhölzern, d.h. Bäumen mit einem Brusthöhendurchmesser (BHD) ab 8 cm. Sofern sie verwertbares Holz liefern, sind Durchforstungen Vornutzungen. Aufgabe der Durchforstung ist, die wertvollsten Bäume durch Entnahme ihrer Bedränger zu fördern und die Lichtverhältnisse für Zwischen- und Unterstand zu verbessern.

Man unterscheidet

Ziele der Durchforstung sind

Zeitpunkte für Durchforstungen:


3.9.4. Wertästung


Da Ästigkeit bei Wertholz der wichtigste Holzfehler ist, ist der Erzielung möglichst hoher astfreier Stämme wichtig. Als Nebeneffekt bei der Wertästung erhält man Schmuck- und Deckreisig. Wichtig ist, dass die Astschnitte richtig geführt werden.

Näheres siehe in: 

Der Forstwirt / hrsg. von den Waldarbeitsschulen der Bundesrepublik Deutschland. -- 2., überarb. Aufl. -- Stuttgart : Ulmer, ©1996. -- ISBN 3-8001-1090-3. -- S. 247 - 251. -- 


3.9.5. Gestaltung von Waldrändern


Alle Randlinien des Waldes sind besonders wichtig für

Es ist zu unterscheiden zwischen


3.10. Naturschutz und Landschaftspflege


Zu den Aufgaben der Forstwirtschaft gehört auch die Pflege und der Erhalt der Schutzfunktionen von Wäldern:

Ebenso gehört die Biotoppflege zu den waldbaulichen Aufgaben:


3.11. Walderschließung und Waldwegebau


Unter Walderschließung versteht man alle Maßnahmen, die den Zugang zum Wald und einzelnen Waldflächen und den (möglichst ganzjährigen) Transport der Betriebsmittel und Forstprodukte ermöglichen.

Erschließungsmittel sind:


3.12. Holzernte


Arbeitsvorgänge der Holzernte


3.12.1. Planung und Organisation


Voraussetzungen für eine waldschonende Holzernte sind


3.12.2. Holzernteverfahren


Man unterscheidet:


Holzerntemaschinen

Man unterscheidet:


3.12.3. Baumfällung


Baumfällung mit der Motorsäge

Grundsatz: Der Baum wird nicht umgefällt, sondern umgekeilt

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Abb.: Fällschnitt und Fallkerbe 

[Quelle der Abb.: Holztechnik Fachkunde / bearbeitet von Lehrern an beruflichen Schulen und Ingenieuren. -- 16. Aufl. -- Haan-Gruiten : Europa-Lehrmittel, ©1997. -- ISBN 3808540176. -- S. 41. --  ]


3.13. Sortierung und Vermessung des Holzes


Zur Förderung des Absatzes und der Marktübersicht ist eine möglichst einheitliche Sortierung des Holzes erforderlich. Unter Rohholz versteht man gefälltes, entwipfeltes und entastetes Holz, auch wenn es entrindet, abgelängt oder gespalten ist. Es wird als Waldware ohne weitere sägewerkstechnische Aufschließung angeboten.

Rohholz muss nach der Vermessung und Sortierung gekennzeichnet, nummeriert und in die Holzaufnahme (Holzaufnahmeheft oder mobiles Datenerfassungsgerät) eingetragen werden. Bei der Holzaufnahme wird für jeden Stamm eingetragen:

Sortierung nach dem besonderen Verwendungszweck

Danach unterscheidet man:


3.14. Holzbringung und -lagerung


3.14.1. Holzbringung (Holztransport)


Der Holztransport (Holzbringung) umfasst alle Bewegungen der Holzsortimente zwischen Hiebsort (Bestand) und Verbrauchsort (Werk).

Methoden des Holztransportes:

Bringungsstufen:

  1. Vorliefern im Bestand: Transport von Kurzholz (1 bis 3 m) und schwachem Langholz (z.B. Stangen) durch den Forstwirt oder Forstarbeiter vom Fällort bis zur Rückegasse mit verschiedenen Hilfsmitteln wie z.B. Hebehaken, Hebezange, Rollenbank, Sappi, Sappi-Axt
  2. Vorrücken im Bestand: Transport des Holzes vom Fällort zur Rückegasse bzw. zum schlepperbefahrbaren Rückeweg mit Pferden oder Seilwinden
  3. Rücken zum Lagerplatz im Wald: Transport des Holzes vom Fällort zum Lkw-fähigen Weg (Polterplatz) oder Transport des Holzes vom schlepperbefahrbaren Weg (Rückegasse, Rückeweg) zum Lkw-fähigen Weg
  4. Holzabfuhr (Transport zum Werk): Transport des Holzes vom Lagerplatz im Wald zu den verarbeitenden Werken

Grundsätze zur Vermeidung von Rückeschäden:


3.14.2. Holzlagerung


Gute Holzlagerung soll Lagerschäden durch Bodenfeuchtigkeit sowie Schäden durch Insekten und Pilze vermeiden.

Anforderungen an die Lagerung:


3.15. Forstliche "Nebennutzungen"


Die sogenannten "Nebennutzungen" waren auch in Europa lange Zeit Hauptnutzungen des Waldes.


3.16. Jagdnutzung


Mit einer ordnungsgemäßen Jagdnutzung ist die Pflicht zur Hege des Wildes sowie der Bau und Unterhalt von Reviereinrichtungen verbunden. Forstangestellte haben oft auch Aufgaben als Jäger oder Jagdhelfer.


3.17. Holzmarkt


Nachfrage nach Holz kommt u.a. von

Der Holzmarkt gliedert sich in:

Anbieter auf dem Holzmarkt sind


3.18. Forstberufe


In Deutschland umfassen Forstberufe u.a. folgende Berufsbilder


Zu Kapitel 6: Landwirtschaftliche Betriebssysteme