Einführung in

Entwicklungsländerstudien

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51. Ausgewählte Problemfelder der Entwicklung: Tourismus

Teil I


zusammengestellt von Alois Payer

herausgegeben von Margarete Payer

mailto: payer@hdm-stuttgart.de


Zitierweise / cite as:

Entwicklungsländerstudien / hrsg. von Margarete Payer.  -- Teil V: Ausgewählte Problemfelder der Entwicklung. -- Kapitel 51: Tourismus / zusammengestellt von Alois Payer. -- Teil I.  -- Fassung vom 2001-02-23. -- URL: http://www.payer.de/entwicklung/entw511.htm. -- [Stichwort].

Erstmals publiziert: 2000-09-04 

Überarbeitungen: 2018-10-06 [grundlegend überarbeitet] ; 2001-02-23 [Update]

Anlass: Lehrveranstaltung "Einführung in Entwicklungsländerstudien". HBI Stuttgart, 1998/99

©opyright: Dieser Text steht der Allgemeinheit zur Verfügung. Eine Verwertung in Publikationen, die über übliche Zitate hinausgeht, bedarf der ausdrücklichen Genehmigung der Herausgeberin.

Dieser Text ist Bestandteil der Abteilung Entwicklungsländer von Tüpfli's Global Village Library.


Skript, das von den Teilnehmern am Wahlpflichtfach "Entwicklungsländerstudien" an der HBI Stuttgart erarbeitet wird.


0. Übersicht


Teil I. = der vorliegende Teil



Teil II.  -- URL: http://www.payer.de/entwicklung/entw512.htm



Teil III.  -- URL: http://www.payer.de/entwicklung/entw513.htm



Teil IV.  -- URL: http://www.payer.de/entwicklung/entw514.htm



1. Einleitung



Abb.: Plakat des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), 1955

1997 machten 2,6 Mio. Deutsche Reisen in Entwicklungsländer. Knapp die Hälfte davon waren 20 bis 40jährig, fast 40% 40 bis 60jährig. Nach dem Schulabschluss aufgegliedert:

Die Reiseziele in Entwicklungsländern verteilten sich 1998 folgendermaßen auf die Kontinente:

[Quelle der Daten: Aderhold, Peter: Der deutsche Fernreisemarkt. -- In: Internationaler Tourismus / hrsg. von Silke Landgrebe. -- München [u.a.] : Oldenbourg, ©2000. -- (Lehr- und Handbücher zu Tourismus, Verkehr und Freizeit). --  ISBN 3486250930. --  S. 239 - 242. -- ]

Trotz der großen absoluten Zahlen machen Reisen von Deutschen in Entwicklungsländer nur einen verschwindend kleinen Anteil der Tourismusreisen von Deutschen aus:

 
RA 2000: Urlaubsziele 1999

1972*

1997

1998

1999

%

%

%

%

Mio.

Deutschland ges.

47,0

31,4

29,6

29,0

18,2

Ausland gesamt

52,7

68,6

70,4

71,0

44,5

Osteuropa

2,2

5,5

6,0

5,9

3,7

Türkei

k.A.

4,1

3,6

3,2

2,0

Nordamerika

k.A.

3,2

3,2

2,6

1,6

Karibik, Süd-/ Mittelamerika

k.A.

1,8

1,8

2,0

1,3

Andere außereuropäische Länder

k.A.

4,9

4,8

5,3

3,3

Basis: alle Urlaubsreisen (Mio.)

24,8

62,2

63,4

62,6

*nur alte Bundesländer

 [Quelle: Reiseanalyse 1999 / F.U.R. -- URL: http://www.fur.de/furhauptoben_02_a.html.  -- Zugriff am 17.7.2000-07-17. -- Am 2001-02-23 toter Link]


1.1. Zum Beispiel: Schweiz -- Tourismus und Entwicklung


Tourismus kann Entwicklung fördern wie das Beispiel sehr armer Bergregionen in der Schweiz zeigt.

Zermatt -- vom Bergbauerndorf zur Tourismusmetropole


Abb.: Zermatt 1855 nach dem Bau des ersten Hotels (Hotel Monte Rosa)


Abb.: Zermatt 1995 (©Corbis)

"Tourismus als Lebensretter

Der Tourismus in der Schweiz hat zu einem erheblichen Teil dazu beigetragen, dass sich die wirtschaftliche Situation in den sogenannten Randgebieten (Bergregionen) entscheidend verbessert hat. Dies äußert sich u. a. in einer Verbesserung der regionalen Infrastruktur, einem gesteigerten Pro-Kopf-Einkommen, bessern Wohnverhältnissen und größeren Konsummöglichkeiten.

Die touristische Entwicklung konnte in den benachteiligten Randregionen die Abwanderung der Wohnbevölkerung stoppen. Während die Bevölkerung im Mittelland in der Zeit zwischen 1941 und 1980 um rund 60% zunahm, waren es im gleichen Zeitraum in den Berggebieten immerhin ebenfalls 20%. Ohne Tourismus wäre hier sicher ein absoluter Rückgang zu verzeichnen gewesen. Der Anteil der Bergbevölkerung an der Gesamtbevölkerung konnte seit 1960, seit der Zeit des großen touristischen Aufschwungs also, auf dem gleichen Stand gehalten werden.

Die Auswirkungen des Tourismus auf die Beschäftigungslage in den Bergregionen sind groß, wobei nicht nur die direkt vom Tourismus abhängigen Arbeitsplätze, sondern auch die indirekt abhängigen dazuzurechnen sind. Zur ersten Kategorie gehören die Tourismusberufe im Gastgewerbe, bei den Luftseilbahnen und Skiliften, bei Verkehrs- und Reisebüros und auch Berufe wie Skilehrer und Bergführer u. a. m. Zur zweiten Gruppe, die indirekt vom Tourismus abhängig sind, gehören Arbeitsplätze im Baugewerbe, im Handel und in vielen anderen Branchen. Heute sind in der Schweiz rund 220 000 Arbeitsplätze direkt dem Tourismus zuzurechnen. Hinzu kommen weitere 130 000 Arbeitsplätze, die indirekt vom Tourismus abhängig sind. Fast die Hälfte davon entfällt auf den Bau- und Immobiliensektor. So gesehen hat jeder zehnte Arbeitsplatz in der Schweiz den Tourismus als Arbeitgeber.

Im schweizerischen Berggebiet wird ein Viertel des gesamten Einkommens aus dem Tourismus erzielt. In den eigentlichen Tourismusgebieten liegt dieser Anteil wesentlich höher und kann gut und gerne 90% (!) des gesamten Einkommens ausmachen. 1990 wurden in der Schweiz von allen in- und ausländischen Touristen 19,3 Milliarden Franken ausgegeben. Ein großer Teil dieses Geldes floss in die Berggebiete. Da die Berggebiete einen Teil ihrer touristischen Leistungen nicht selbst erbringen können (Güter und Dienstleistungen von außen), fließt ein Teil dieses Geldes wieder ins Unterland ab. Immerhin verblieben 1990 rund 9 Milliarden Franken in den Berggebieten und sicherten somit weitgehend die materielle Existenz dieser Regionen. Der Tourismus hat in den wirtschaftlichen Randregionen auch dazu beigetragen, dass hier teure Infrastruktureinrichtungen erstellt werden konnten. Vor der Phase des blühenden Tourismus hatten den Berggemeinden die finanziellen Mittel selbst für die wichtigsten Dinge gefehlt. Durch die gesteigerten Steuereinnahmen und die zusätzlichen öffentlichen Gelder, welche zur Förderung der Wirtschaft und der Infrastrukturausstattung eingesetzt werden, hat sich die Situation grundlegend geändert. Neben den Touristen kommt auch die einheimische Bevölkerung in den Genuss der vielen Kur-, Freizeit- und Sporteinrichtungen und kann so von den «touristischen Errungenschaften» profitieren.

Der Tourismus verschafft auch der Landwirtschaft willkommene Möglichkeiten des Nebenerwerbs. Ohne diesen Nebenerwerb wäre es vielen Bauern in den Berggebieten gar nicht mehr möglich, den Hof weiterhin zu bewirtschaften. Insofern ist der Tourismus nicht ein Konkurrent, sondern ein Partner der Landwirtschaft und unterstützt indirekt die Landschaftspflege. Dank dem Verdienst aus dem touristischen Nebenerwerb können vor allem die Kleinbetriebe erhalten werden. Die Entwicklung des Fremdenverkehrs hat also nicht nur, wie viele Tourismuskritiker behaupten, zu einem beschleunigten Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe geführt, sondern hat diesen gesamtschweizerischen Trend in den Tourismusgebieten eher gebremst.

Der Tourismus hat schließlich auch wesentlich dazu beigetragen, dass sich die Berggebiete nicht mehr als Stiefkinder der Nation fühlen müssen. Er förderte das Selbstwertgefühl in diesen Gebieten. Viele Touristen beneiden die einheimische Bevölkerung um die hier herrschende Ruhe, die Naturnähe, die Überblickbarkeit der Strukturen und die häufig noch intakte dörfliche Gemeinschaft. Der Tourismus hat auch da und dort zu einem festeren inneren Zusammenhalt der einheimischen Bevölkerung geführt: die Betonung des «Wir» (Einheimische, Ortsansässige) und die Abgrenzung gegenüber dem Touristen, Fremden.

Tourismus als Lebensbedroher

Leider hat sich die touristische Entwicklung nicht nur positiv auf die betroffenen Regionen in der Schweiz ausgewirkt. Neben den beschriebenen Errungenschaften haben sich auch einige nicht unerhebliche negative Begleiterscheinungen abgezeichnet, die sich je länger, desto mehr als Bedrohung für den Tourismus selbst entwickeln.

Ein wichtiger Aspekt der Fehlentwicklungen in den Bergferienorten ist der übermäßige Ausbau der Infrastruktureinrichtungen. Strassen, Parkplätze, Kanalisation und ähnliche Anlagen werden nur selten in kleinen Schritten bzw. zeitlich gestaffelt ausgebaut. Wo Engpässe auftreten, werden diese großzügig beseitigt, womit der nächste Engpass schon Tatsache ist. Die Gemeinden werden häufig unter Druck gesetzt, indem die auftretenden Engpässe als Sachzwänge von der Bau-, Immobilien- und Tourismuswirtschaft geltend gemacht werden. Problematisch ist auch die Entwicklung der touristischen Transportanlagen. Zwischen 1950 und 1985 wurden jährlich rund 50 neue Luftseilbahnen und Skilifte gebaut. Selbst mit der Einführung einer restriktiveren Konzessionierungspolitik konnte eine starke Zunahme der Kapazitäten nicht verhindert werden. Neben der technischen Erschließung der natürlichen Umgebung zeitigt der Ausbau von Transportanlagen noch ein anderes Problem: jede neue Anlage zieht zusätzliche Gästeströme an; das Karussell dreht sich eine Runde weiter: mehr Bahnen führen zur Notwendigkeit von mehr Gästen, diese wünschen mehr Pisten, mehr Betten, mehr Infrastruktur, also noch einmal mehr Bahnen etc.

Eine weitere Schlüsselgröße im touristischen Wachstumsprozess ist die Parahotellerie. Die Bauentwicklung von Zweitwohnungen, Ferienhäusern und Appartementüberbauungen in den Bergregionen der letzten zwanzig Jahre hat alle Erwartungen und Befürchtungen übertroffen. Bettenzahlen, die in verschiedenen Regionen erst für 1990 geplant waren, wurden häufig bereits 1980 erreicht. Für viele Tourismusgemeinden wurden übergroße Bauzonen zu einem Problem. Die meisten Parahotellerieobjekte sind nicht in Händen von Ortsansässigen, sondern von Kapitalanlegern aus der übrigen Schweiz bzw. aus dem Ausland. In verschiedenen touristischen Regionen ist der Anteil der Ferienwohnungen, die in Händen von Einheimischen sind, auf unter zehn Prozent gesunken. Das fremde Kapital führt so zu einem hohen Maß an Fremdbestimmung. Der wirtschaftliche Nutzen für die betroffenen Gemeinden ist relativ gering: viele Ferienwohnungen und vor allem Zweitwohnungen sind nur schlecht belegt (durchschnittlich nur während zweier Monate pro Jahr). Die Infrastrukturausgaben der Gemeinden sind aber sehr hoch, da die Kapazitäten (Wasserversorgung, Abfallentsorgung, Parkplätze etc.) auf Spitzenbelastungen, beispielsweise während der Weihnachtsferien, ausgelegt werden müssen. Diese Entwicklung führte schließlich zu einem enormen Ansteigen der Boden- und Mietpreise auch für die einheimische Bevölkerung. Vielerorts ist es für Einheimische kaum mehr möglich, zu vernünftigen Preisen Grundstücke zu erwerben oder Mietwohnungen zu finden. In vielen Fremdenverkehrsorten sind Mietpreise zu bezahlen, die ähnlich hoch sind wie in den Zentren der Großstädte. Der unkontrollierte Ausbau führte vielerorts auch zu einer starken Zersiedelung der Landschaft und zu einer Beeinträchtigung oder gar Zerstörung des gewachsenen Ortsbildes.

Der Bau- und Bettenboom fand in den touristischen Bergregionen fast ausschließlich im Bereich der Parahotellerie statt. Das Gastgewerbe hat daran kaum teilgenommen. Die Zahl der Hotelbetten konnte sich gerade halten, diejenige der Hotelbetriebe ist seit 1970 sogar leicht rückläufig. So ist vor allem die Bau- und Immobilienbranche Nutznießerin dieser Entwicklung. Andere Bereiche -- z. B. das Gastgewerbe -- können nur im bescheidenen Masse von diesem Wachstum der Parahotellerie profitieren.

Seit der boomhaften Entwicklung des Tourismus haben sich aber nicht nur die Infrastruktureinrichtungen, die Einkommensverhältnisse der Einheimischen oder die Beherbergungsformen verändert. Auch die Touristen haben sich geändert. Es sind nicht mehr die beschaulichen, naturbewundernden und interessierten Gäste, die, wie früher, in kleiner Zahl ihren Urlaub in einem Bergort verbringen. Durch die zunehmende Freizeitmobilität wurde der Tourismus auch in der Schweiz zu einem Massenphänomen. 75 % aller Schweizer unternehmen jährlich durchschnittlich zwei Ferienreisen. 85% der Schweizerinnen und Schweizer unternehmen jährlich im Durchschnitt 13mal einen Ausflug -- meist an Wochenenden und während der Feiertage.

Heute reist man vor allem, um abzuschalten, um wegzukommen aus dem Alltag. Man will die kurze Zeit der Ferien möglichst optimal nutzen, will auf den Putz hauen und will sich vor allem nicht einschränken müssen. Dass dabei auf die örtlichen Gegebenheiten und die Bedürfnisse der Einheimischen kaum Rücksicht genommen wird, ist schon fast selbstverständlich. Verantwortung gegenüber der bereisten Umwelt ist nicht erforderlich -- schließlich hat man ja für den Urlaub viel Geld bezahlt. Und da alle immer gleichzeitig ihre Ausflüge unternehmen bzw. in den Urlaub fahren, kommt es zu Überlastungen und Überfüllungen. Sind die Urlauber wieder weg, bleiben den Einheimischen schlecht ausgenutzte Einrichtungen und leere Ferienwohnungen mit geschlossenen Fensterläden. Die Bergorte werden zu Geisterstädten."

[Müller, Hansruedi ; Saxenhofer, Peter: Die Schweiz als Touristenland -- die Schweizer als Ferienreisende. -- In: Handbuch der schweizerischen Volkskultur / hrsg. von Paul Hugger. -- Band III. -- Zürich : Offizin, ©1992. -- ISBN 3907495365. -- S. 1204 - 1207.]


2. Definitionen


Vor allem zur statistischen Beurteilung der wirtschaftlichen Auswirkungen von Tourismus sind klare und einheitliche Begriffsdefinitionen nötig. Zwei solcher Definitionskanons sind international von besonderer Bedeutung:

Recommendations on tourism statistics / United Nations ; World Tourism Organization. -- New York : United Nations, 1994. -- (Department for Economic and Social Information and Policy Analysis, Statistical Division  ; Series M, no. 83) 

Community methodology on tourism statistics / European Commission (DG XXIII and Eurostat). -- 1998. -- URL: http://forum.europa.eu.int/Public/irc/dsis/bmethods/info/data/new/embs/tourism/intro.html. -- Zugriff am 2001-02-23

Die Grundbegriffe von Eurostat sind:

Tourism is a subset of travel.

Tourism is the activities of persons travelling to and staying in places outside their usual environment for not more than one consecutive year for leisure, business and other purposes.

There are three elementary Forms of Tourism in relation to a given area (e.g. region, country, group of countries) :

  1. Domestic tourism. This is defined as comprising the activities of residents of a given area travelling only within that area, but outside their usual environment;
  2. Inbound tourism. This is defined as comprising the activities of non-residents travelling in a given area that is outside their usual environment;
  3. Outbound tourism. This is defined as comprising the activities of residents of a given area travelling to and staying in places outside that area (and outside their usual environment).

Categories of tourism: when the area of reference is a country, the three basic forms of tourism can be combined in various ways to derive the following categories of tourism:

  1. »internal tourism«, which comprises »domestic tourism« and »inbound tourism«;
  2. »national tourism«, which comprises »domestic tourism« and »outbound tourism«;
  3. »international tourism«, which consists of »inbound tourism« and »outbound tourism«.

To avoid misunderstanding, it is recommended that these terms be reserved for tourism concerning a country as the unit of reference. In other cases it should be made explicitly clear to which geographic or administrative level the terms refer, e.g. »provincial inbound tourism«, »internal tourism of the European Union«."

[Community methodology on tourism statistics / European Commission (DG XXIII and Eurostat). -- 1998. -- URL: http://forum.europa.eu.int/Public/irc/dsis/bmethods/info/data/new/embs/tourism/intro.html. -- Zugriff am 6.7.2000]

Die wichtigsten Definitionen der UN und WTO:

"Travel and tourism definitions
  1. Visitor (V): Any person travelling to a place other than that of his/her usual environment for up to 12 months and whose main purpose of trip is leisure, business, pilgrimage, health, etc, other than the exercise of an activity remunerated from within the place visited or migration.

    Transport Crew and Commercial Travellers (even those travelling to different destinations over the year) may be regarded as travelling in their usual environment and excluded from visitors (Transport Crew are usually excluded from Frontier Control), also those travelling year-round (or most of the year) between two places of residence (e.g. weekend homes, residential study)

  2. Tourist (T, stay-over/overnight): A visitor staying at least one night in the place visited (not necessarily in paid accommodation).
  3. Same-day visitor (SDV, Excursionist, Day-visitor): A visitor who does not stay overnight in the place visited, e.g.:
    1. Cruise Visitor (CV), who may tour for one or more days, staying overnight an the ship (includes foreign naval personnel off duty).
    2. Border Shopper (BS), who may have high expenditures an purchases of food, drink, tobacco, petrol etc; excluding border workers.
  4. Travellers: Visitors and
    1. Direct Transit Travellers (DT, e.g. at an airport, betw een two nearby ports); 
    2. Commuters, routine travel for work, study, shopping etc;
    3. Other Non-commuting Travel (ONT), e.g. occasional local travel, transport crew or commercial traveller (to various destinations), migrants (including temporary work), diplomats (to/from their duty station).
  5. Passengers (PAX, Revenue): Travellers excluding crew, non-revenue (or low revenue) travellers e.g. infants, free or travelling an a discount of up to 25%.
  6. Tourism: The activities of visitors, persons travelling to and staying in places outside their usual environment for up to 12 months for leisure, business, pilgrimage, etc.
    1. International: 
      1. Inbound, 
      2. Outbound: may include overnight stay(s) in country of residence,
    2. Domestic (in country of residence).
  7. Tourism industry: Establishments providing services and goods to visitors, including:
    1. Hospitality (hotels, restaurants, etc), 
    2. Transport,
    3. Tour Operators and Travel agents, Attractions,
    4. Other branches of the economy supplying visitors (some of these may also provide a significant volume of services and goods to non-visitors, and the proportion of revenue, etc due to visitors is important in estimating receipts from tourism).
  8. The Travel and Tourism Industry (TTI): The tourism industry (and receipts from tourism, etc) together with the provision of goods and services by establishments to other non-commuting travellers, occasional local travellers etc.

Based on UNSTAT, Recommendations an Tourism Statistics"

[Zitiert in : Global tourism / ed. William F. Theobald. -- 2. ed. -- Oxford [u.a.] : Butterworth-Heinemann, ©1998. -- ISBN 0750640227. --  S. 14. -- ]

Unstat und Eurostat nennen folgende Kategorien des Zwecks von Reisen weg von zuhause:

  1. Leisure, recreation and holidays
  2. Visiting friends and relatives
  3. Business and professional
  4. Health treatment
  5. Religion and pilgrimage
  6. Other

[Community methodology on tourism statistics / European Commission (DG XXIII and Eurostat). -- 1998. -- URL: http://forum.europa.eu.int/Public/irc/dsis/bmethods/info/data/new/embs/tourism/append1_8.html. -- Zugriff am 2001-02-23]


3. Touristen- und Tourismus-Typen


Für unterschiedlichste Zwecke gibt es eine Vielzahl von Typologien von Tourismus und Touristen. Im Folgenden werden nur einige wenige genannt. Im Anschluss daran werden anhand von einigen dieser Typen Nutzen, Probleme usw. von Tourismus für Entwicklungsländer illustriert. Die Ausführungen erheben keinerlei Anspruch auf auch nur annähernde Vollständigkeit.


3.1. Typologie deutscher Dritte-Welt-Reisender


1997 ließ das Dr. Peter Aderholt Büro für Tourismusforschung + Planung eine Befragung unter deutschen Dritte-Welt-Reisenden durchführen. Aufgrund dieser Befragung wurde mittels einer Cluster-Analyse eine Typologie deutscher Dritte-Welt-Reisender erstellt. Dabei zeigte sich, dass die Aufteilung in drei Typen die eindeutigsten Typen ergibt.

  Typ des Drite-Welt-Reisenden
  Typ I: Strand- und Erholungsurlauber Typ II: Sightseeing + Badetourist Typ III: Unabhängiger Reisender
Anteil am Gesamtmarkt der Dritte-Welt-Reisenden 30% 30% 40%
Präferenz für:      
ausschließlich erholen an exotischen Stränden +++ ++ +
möglichst viel erleben, sehen und herumreisen - - - ++ +++
Kombination von Strand + Rundreise - - - +++ +
Außergewöhnliches / Abenteuer erleben - - - ++ +++
kleines Hotel (anstatt internationales Hotel) -- + +++
am liebsten auf eigene Faust reisen - - - 0 +++
einfach nur Urlaub machen, kein Interesse an Problemen des Landes +++ - - - -
Interesse an Lebensbedingungen der einheimischen Bevölkerung - - - + +++
Interesse an engem Kontakt zu Einheimischen - - - + +++
Präferenz für Nutzung der Einrichtungen, die die Einheimischen betreiben - - - + +++
Bevorzugte Regionen der Dritten Welt Karibik Mittelamerika
Südamerika
Ostafrika
Westafrika
Südafrika
Asien
Asien

Erläuterung:

[Quelle der Daten: Aderhold, Peter: Der deutsche Fernreisemarkt. -- In: Internationaler Tourismus / hrsg. von Silke Landgrebe. -- München [u.a.] : Oldenbourg, ©2000. -- (Lehr- und Handbücher zu Tourismus, Verkehr und Freizeit). --  ISBN 3486250930. --  S. 249 - 251. -- ]


3.2. Urlaubsmotive deutscher Dritte-Welt-Reisender


Die Reiseanalyse 1997 der Forschungsgemeinschaft Urlaub + Reisen nennt folgende Unterschiede zwischen den Motiven deutscher Reisender in Entwicklungsländer und deutscher Auslandsreisender insgesamt: 

  Auslandreisende insgesamt Dritte-Welt-Reisende 1997
Gesamtzahl der Reisenden 33,5 Mio. 2,6 Mio.
Urlaubsmotive:    
Entspannung kein Stress 60% 62%
Ausruhen, Faulenzen 34% 35%
Kontakt zu Einheimischen 19% 27%
Vergnügungen haben 43% 48%
Frische Kraft sammeln 53% 59%
Viel von der Welt sehen 37% 60%
Neue Eindrücke gewinnen 38% 57%
Viel unterwegs sein 31% 43%

[Quelle der Daten: Aderhold, Peter: Der deutsche Fernreisemarkt. -- In: Internationaler Tourismus / hrsg. von Silke Landgrebe. -- München [u.a.] : Oldenbourg, ©2000. -- (Lehr- und Handbücher zu Tourismus, Verkehr und Freizeit). --  ISBN 3486250930. --  S. 248. -- ]


3.3. Typologie der Urlaubsreisearten der deutschen Reiseanalyse


Urlaubsreisearten 1999

Die meisten Urlaubsreisen werden als "Ausruh-Urlaub" oder "Strand-/Bade-/Sonnen-Urlaub" eingestuft. Die Mehrzahl ist übrigens "multi-funktional": Pro Reise werden im Durchschnitt ca. zwei Reisearten genannt. 

RA 2000: Urlaubsreisearten

 

Ausruh-Urlaub

33%

Strand-/Bade-/Sonnen-Urlaub

30%

Erlebnis-Urlaub

19%

Natur-Urlaub

18%

Familien-Ferien

17%

Aktiv-Urlaub

14%

Verwandten-/Bekanntenbesuch 12%
Spaß-/Fun-/Party-Urlaub 8%

Sightseeing-Urlaub

7%

Rundreise

7%

Gesundheits-Urlaub

7%

Kulturreise

6%

Studienreise

3%

Basis: alle Urlaubsreisen, Mehrfachnennungen

[Quelle: Reiseanalyse 2000 / F.U.R. -- URL: http://www.fur.de/urlaubsmotiv.html. -- Zugriff am 2000-07-17] 


3.4. Tourismustypen nach Zielgruppen


Das Lehrbuch

Tourismustypen / von Harald Dettmer ... -- München [u.a.] : Oldenbourg, ©2000. -- 163 S. : Ill. -- (Lehr- und Handbücher zu Tourismus, Verkehr und Freizeit). --  ISBN 3486254456. -- 

ist nach folgenden Tourismustypen gegliedert:


4. Bade- und Besichtigungsreisen


"Meistens wird die klassische Sightseeingtour mit anschließendem Aufenthalt am Meer gebucht. »Mauritius: Überfüllte Strände und Bettenburgen sind hier ein Fremdwort«, wirbt ein Fernreiseveranstalter, und ein anderer Katalog preist ein Hotel unter Schweizer Leitung an: »Und wenn Sie nach dem Kosten der einheimischen Spezialitäten vielleicht etwas Heimweh verspüren, so finden Sie auch ein attraktives Schweizer Restaurant mit einer vielfältigen Speisekarte wie zuhause.« Die Reisenden sollen möglichst die gleiche Atmosphäre und den gleichen Service vorfinden wie daheim. »Fremd, zauberhaft, warm, einsam und von Meer umgeben soll es schon noch sein, aber beileibe nicht mehr unbequem, bedrohlich, gefährlich«, schreibt der Psychologe Eno Beuchelt über die exotische Reise. »Das Wild-Exotische ging, das Mild-Exotische ist geblieben.«"

[Hammelehle, Jürgen: Touristen- und Tourismus-Typen. -- In: Zum Beispiel Tourismus / Redaktion: Jürgen Hammelehle. -- 3., aktualisierte Aufl. -- Göttingen : Lamuv, ©1995. -- (Süd-Nord). -- ISBN 3889772129. --  S. 27.]


4.1. Zum Beispiel: Badeurlaub in Afrika



Abb.: Malindi Beach, Malindi, Kenia (© CORBIS)

"Sunbathing, snorkeling, and sailing on Africa's balmy coastlines are favorite pastimes for European and South African tourists.

 The beaches of 

  • Kenya, 
  • Togo, 
  • Mauritius, 
  • the Seychelles, and 
  • the Gambia 

are all popular winter vacation spots for Europeans.

 Like other tourist destinations in Africa, coastal resorts have generated problems along with profits. In the Gambia, for example, resorts have created strong local markets for crafts and fresh produce, but the behavior and skimpy clothing of the tourists themselves offend many of the Gambia's conservative Muslims. Both female and male prostitution is widespread in coastal areas, as is drug addiction among the Gambian youth."

[Fay, Robert: Tourism in Africa. -- In: Africana : the encyclopedia of the African and African American experience / editors: Kwame Anthony Appiah ... -- New York, NY : Basic Civitas, ©1999. -- ISBN 0465000711. -- S. 1858f.]


5. Hobbytourismus und Cluburlauber


"Vom »Hochseefischen im Senegal« [Vgl.: http://www.senegal-online.com/senega00E.htm. -- Zugriff am 2001-02-23] bis zum »Surftrip: Cabarette, eines der weltbesten Surfreviere in der Dominikanischen Republik« [Webpräsenz: http://www.hispaniola.com/Cabarete/ws/windsurf.html. -- Zugriff am 2001-02-23]: Die Reiseprospekte bieten alles, was den sportlichen Urlauber in die Dritte Welt ziehen könnte. Mit Tauchschulen kann man auf den Malediven [Vgl: http://www.prodivers.com/. -- Zugriff am 2001-02-23]  oder auf der Sinaihalbinsel [Vgl.: http://www.cameldive.com/. -- Zugriff am 2001-02-23] die ersten Versuche unter Wasser machen und ein Jahr später den Fortgeschrittenenkurs besuchen. Insbesondere die Clubs bieten in aller Welt Sport- und Hobbymöglichkeiten von morgens bis abends an: Tennisplätze mit Flutlicht garantieren trotz Energieknappheit in manchen Ländern Cluburlaubern die Ausübung ihres Sports, egal, ob in Tunesien, der Türkei oder Thailand. Cluburlauber kaufen mit dem Pauschalpreis das exquisite Essen und die Sportangebote mit, die ihnen in den modernen Gettos der Freizeitindustrie geboten werden. Spezialreiseunternehmen führen Wanderungen im Himalaja durch, genauso wie Bergsteigen im Andengebirge. Mit dem Helikopter kommen Skitouristen in den Genuss, auf unberührten Pisten den indischen Himalaja hinunterzuwedeln [Vgl.: http://spanresorts.com/himalayas.htm.. -- Zugriff am 2001-02-23]

Golf ist bei uns längst zum Massensport geworden, auch in der Dritten Welt haben Golfplätze Konjunktur -- es gibt sogar hoteleigene Anlagen. Golf, berichtet eine touristische Fachzeitschrift, ist ein Wachstumsmarkt ohne Handicap, der sich bis ins Jahr 2000 noch verdreifachen könne. An die ökologischen Folgen durch die Bewässerung oder den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln auf dem Green wird selten gedacht."

[Hammelehle, Jürgen: Touristen- und Tourismus-Typen. -- In: Zum Beispiel Tourismus / Redaktion: Jürgen Hammelehle. -- 3., aktualisierte Aufl. -- Göttingen : Lamuv, ©1995. -- (Süd-Nord). -- ISBN 3889772129. --  S. 25.]


5.1. Zum Beispiel: Golfsport in Südostasien



Abb.: Südostasien (Quelle: CIA)


Abb.: Golfplatz in Thailand

"Seven Wonderful Ways Why Golf Thai-Style Is Uniquely Different

What makes Thailand the best golf destination on earth? In a recent article for Sawasdee, the in-flight magazine of Thai Airways International, Peter Andraes, a Thailand-based golf pro and writer, offered the following seven wonderful ways why golf Thai-style is uniquely different:

No. 1  Fun, fun, fun.

The spirit of sanuk sanan which translates as »fun and games«, a basic feature of the culture of the Thai people.

No. 2 The Caddies.

Most Thai caddies are female. Generally, they are attractive, friendly, polite and radiate pure feminity.  Many golfers hire two or even three! With the caddies in their colourful overalls and sun-bonnets, your foursome turns into a colourful parade crossing the fairways.

No. 3 The Rhythm of Three.

On most golf courses, at every third hole there is a shaded kiosk or gazebo. These charming little oases serve a wide variety of refreshments ranging from fresh fruit, soft drinks and beer, to chicken and rice. The rhythm of three -- golf, recharge, play.

No. 4  Help From Mother Earth.

Feng Shui is the Chinese art of harmonizing the natural as well as man-made environment to bring good health, fortune and happiness to people around it. In Thailand, golf courses are designed using Feng Shui principles and other Thai religious beliefs. Thus, it is not unusual to see special »spirit« trees wrapped in brightly-colored cloth, flower leis lining the fairways, and immaculately kept  shrines, all combining to give an elusive mystical quality. 

No. 5  User Friendly.

Thailand's vital and exuberant culture expresses itself through the natural  graciousness, politeness and beauty of her people, which enhances the golf experience immeasurably. The Thais light-hearted and relaxed approach to life, mai pen rai, or »don't worry, be happy«, makes the most difficult things easy to accept  -- even that 7 on a Par 3!

No. 6  Easy Access. 

Almost all of Thailand's finest courses are open to the public. You won't need special connections or to meet a member to penetrate the links. In Thailand, you are welcomed with open arms, bright smiles, and affordable green fees.

No. 7  Spas, Massage and Rejuvenation. 

One of the most delightful aspects of golf Thai-style is the addition of the spa experience, and the regenerative benefits of traditional Thai massage. Thailand's finest golf resorts have elegant clubhouses with every conceivable amenity, including great restaurants, luxury hotels and relaxing spas. At many golf clubs, highly trained masseuses are available to provide therapeutic massage, and foot reflexology massage."

[Quelle: http://www.golforient.com/thailand/seven.htm. -- Zugriff am 2001-02-23]

"Die starke Expansion des Tourismus in Asien seit den achtziger Jahren ist zum einen auf die neue Reisefreudigkeit der JapanerInnen und anderer AsiatInnen, zum anderen auf die großen Werbekampagnen der südostasiatischen Billigdestinationen zurückzuführen. Zunächst waren es die ASEAN-Staaten, allen voran Thailand, Malaysia und Indonesien, die sogenannte »Visit Years« durchführten. In jüngster Zeit haben sich auch Indochina und Burma geöffnet und nehmen am regionalen Wettkampf um TouristInnen und ihre Dollars teil.  ...

Im Rahmen der Tourismusförderung ist der Bau von Ferienanlagen mit Golfplätzen enorm vorangetrieben worden, vor allem um den japanischen Reisemarkt mit preiswerten Angeboten anzusprechen. »Für den gleichen Preis, der in Japan bezahlt werden muss, um sechs Runden Golf zu spielen, können Golftouristen drei Tage lang auf drei verschiedenen ausländischen Plätzen spielen, inklusive der Sehenswürdigkeiten und Freuden eines exotischen Landes.« 1990 hatte Golf bereits eine dermaßen wichtige wirtschaftliche Bedeutung erlangt, dass der Vize-Präsident der Bangkok Bank empfahl: »Thailand sollte Reis importieren und Gras pflanzen.« In kürzester Zeit wurden 200 Golfplätze aus dem Boden gestampft. Die Pläne der thailändischen Tourismusbehörde TAT, 1993 eine »Year of Golf Holidays in Thailand«-Kampagne durchzuführen, waren allerdings nicht realisierbar. Stattdessen einigte man sich auf ein »Sports Holidays Year«, wo neben Golf eine Palette weiterer Sportarten als Produkte angeboten wurde. 

Malaysia verfügt heute über 160 Golfplätze; auf den Philippinen sind etwa 60 und in Indonesien fast 100 Plätze bespielbar, weitere befinden sich im Bau und in der Planung. Der kleine Stadtstaat Singapur weist mit 11 Anlagen eine der höchsten Golfplatzdichten der Welt auf. Laos, Kambodscha, Vietnam, Burma und Südchina errichten nun ebenfalls in aller Eile Plätze, um als Tourismusdestinationen konkurrenzfähig zu werden. Denn unter den Reichen und Mächtigen im gesamten asiatisch-pazifischen Raum hat sich die Einstellung durchgesetzt, dass Golfplätze für das Prestige eines Landes sowie zur Abwicklung von politischen und wirtschaftlichen Geschäften unabdingbar sind. 

Wie der Tourismus im allgemeinen ist auch die Golf-Branche sehr stark von billiger Frauenarbeit abhängig. Frauen sind maßgeblich am Bau und an der Instandhaltung der Golfanlagen beteiligt und werden als Dienstpersonal auf dem Platz, im Clubhaus sowie in den anliegenden Hotel- und Wohneinrichtungen gebraucht. Weibliche Caddies sind weitverbreitet, obwohl es traditionellerweise Jungen waren, die den Golfspielern ihre Ausrüstung trugen. Frauen werden auch gezielt in der Werbung eingesetzt, was zeigt, dass sich die Tradition sexistischer Promotionsstrategien auch im Golfsport fortsetzt. ...

Gigantische Entwicklungsprojekte haben die ökologische und soziale Krise im ländlichen Raum nur noch verschärft. Dabei ist dem Bau von Ferien- und Freizeitanlagen mit Golfplätzen besondere Bedeutung beizumessen, denn für solche Projekte werden gewöhnlich enorme Landflächen und Wassermengen verschwendet. Außerdem sind zur Instandhaltung der Rasenflächen hohe Mengen von Chemikalien nötig, die Luft, Boden und Gewässer kontaminieren. Zusammen mit Golfplätzen werden oft luxuriöse Hotel-, Wohn- und Geschäftskomplexe, Strassen, Staudämme zur Wasser- und Elektrizitätsversorgung und sogar neue Flugplätze gebaut, die zu weiteren Landnutzungskonflikten und Umweltbelastungen führen. 

Im gesamten asiatischen Raum, von Japan bis nach Indonesien und von den Philippinen bis nach Indien ist deshalb in den letzten Jahren ein regelrechter Golfkrieg ausgebrochen. Auf West Java in Indonesien und in Cavite in den Philippinen kam es sogar zu Gewalttätigkeiten, weil sich DorfbewohnerInnen gegen aggressive Landübernahmen und Zwangsumsiedlungen wehrten. In Thailand sind Golfpromotoren schwer in Verruf geraten, weil sie wiederholt zwielichtige Methoden anwandten, um BäuerInnen zum Landverkauf zu bewegen, illegal in geschützte Waldgebiete eindrangen und Wasser aus öffentlichen Kanälen und Stauseen stahlen, um ihre Plätze zu bewässern. Auch in Laos und Kambodscha wächst der Unmut, nachdem angekündigt wurde, dass Menschen wegen Golfanlagen umgesiedelt werden sollen und dafür nicht einmal eine Entschädigung erhalten.

Häufig sind ethnische Minderheiten betroffen, weil ihre Landnutzungsrechte nicht anerkannt werden. ...

Für indische UmweltschützerInnen ist der Golfboom im östlichen Asien ein abschreckendes Beispiel. Allein im touristischen Goa wurden in den letzten Jahren acht Golfanlagen geplant. Starker öffentlicher Protest verhinderte aber bisher deren Realisierung. Dabei sind es wieder zu einem bedeutenden Teil Frauen, die sich gegen die ressourcenintensiven Großprojekte wehren. Das Frauenkollektiv Bailancho Saad wies zum Beispiel auf die lebenswichtige Wasserfrage hin: »Die Regierung von Goa behauptet, dass sie die Golfpromotoren veranlasst hat, sich selbst um ihre Wasserversorgung zu kümmern. Aber woher wollen sie das Wasser nehmen? Natürlich aus unseren Wasserquellen. Das heißt für uns viel weiter laufen, um Wasser zu holen. Da es traditionellerweise die Frauen sind, die das Wasser beschaffen, zeigt das nur, wie Regierungen eine Entwicklung vorantreiben, die Frauenarbeit für selbstverständlich hält.«

Von der Bäuerin zum Caddie 

 


Abb.: Thailändische Golf-Caddie
[Bildquelle: http://www.golforient.com/thailand/seven.htm. -- Zugriff am 2000-07-17]

Golfplatzbetreiber versprechen neue Arbeitsplätze und dadurch die Erhöhung des Lebensstandards. Frauen aus armen bäuerlichen Familien, denen die Lebensgrundlagen zunehmend entzogen werden und die in Geldnot geraten, bleibt auch meistens gar keine andere Wahl als in modernen Wirtschaftsbereichen Beschäftigung zu suchen. In Thailand bietet sich da vor allem der Dienstleistungssektor an, weil die Industrialisierung in den meisten Landesteilen im Rückstand ist. Die Frauenrechtlerin Nongyao Naowarat von der Chiang Mai Universität untersuchte in einer Fallstudie die Verdienstmöglichkeiten für Frauen in der Nordregion, wo die Tourismusförderung im regionalen Entwicklungsplan erste Priorität hat. Der Studie zufolge besitzen 30 Prozent der bäuerlichen Familien im Norden kein Land mehr, und weitere 20 Prozent bewirtschaften weniger als ein Rai (0,16 ha), was kaum zum Überleben reicht. Währenddessen gibt es allein in Chiang Mai sechs und in Chiang Rai acht Golfplätze. Für die Landarbeit erhalten Frauen einen Tageslohn von 30 bis 40 Baht (1,20 bis 1,60 US-Dollar), während Männer mehr, nämlich 40 bis 50 Baht, verdienen. Als Bau- und Gartenarbeiterinnen, als Caddies oder Serviererinnen in den Golfclubs verdienen die Frauen durchschnittlich 800 bis 1'500 Baht (30 bis 60 US-Dollar) im Monat. In der Stadt würden sie beispielsweise als Gogo-Girls 3'000 bis 5'000 Baht (120 bis 200 US-Dollar) monatlich bekommen, während Prostituierte mit einem Monatseinkommen zwischen 10'000 und 20'000 Baht (400 bis 800 US-Dollar) rechnen können. Ähnlich viel oder mehr können sie nur als Arbeitsmigrantinnen im Ausland verdienen. »Das sind die Jobs, die die Regierung den Frauen des Nordens offeriert. Welche von diesen Arbeiten sollen sie sich aussuchen?« fragte Nongyao auf einem internationalen Treffen von Nichtregierungsorganisationen anlässlich der Weltbank-Konferenz in Bangkok 1991. ...

Wollen die Frauen nicht in entfernte Städte, Touristenorte oder ins Ausland abwandern, wo sie häufig gleich im Sexgewerbe landen, bieten umliegende Golfressorts Arbeitsmöglichkeiten, denn dort werden in der Regel mehr Frauen als Männer beschäftigt. Während in Thailand hauptsächlich ungelernte Arbeitskräfte aus nahegelegenen Dörfern rekrutiert werden, besteht in Malaysia ein Mangel an einheimischen ArbeiterInnen. Die Golfanlagen beschäftigen deshalb viele MigrantInnen, zum Beispiel Männer aus Bangladesh als Bauarbeiter und Frauen aus Indonesien als Caddies. 

Obwohl Frauen auf Golfplätzen wenig verdienen und so gut wie keine Aufstiegsmöglichkeiten bestehen, bietet diese Arbeit zahlreichen thailändischen Frauen den Vorteil, dass sie ihre gewohnte Umgebung nicht verlassen müssen. Das ist vielen Frauen wegen ihrer starken Familienbindungen sehr wichtig. Auch mag ihnen die Beschäftigung in diesen luxuriösen Einrichtungen, in denen sie mit Politikern, Militäroffizieren, Wirtschaftsbossen und Touristen zusammenkommen, zunächst attraktiv erscheinen. Denn die Landarbeit genießt selbst in bäuerlichen Gegenden nur noch sehr geringes gesellschaftliches Ansehen. 

Zum Bau eines Golfplatzes und der üblichen Begleiteinrichtungen werden ungefähr 200 bis 300 Arbeitskräfte benötigt. Dabei werden auch Frauen eingesetzt. So rekrutierte zum Beispiel das erste vietnamesische Golfressort, der King's Island Resort and Country Club, ein thailändisch-vietnamesisches Joint Venture in der Nähe von Hanoi, im letzten Jahr 400 Reisbäuerinnen, die in einer Rekordzeit von zwei Wochen in Handarbeit einen Grasteppich auf der Driving Range verlegen mussten. Ähnliches geschieht zur Zeit in Kambodscha, wo für den ersten Golfplatz in Thnol Toteung Heerscharen von Frauen und Männern auf dem vorbereiteten Platz Gras pflanzen, das in Kühlboxen aus Taiwan importiert wird -- für einen Tageslohn von 4'000 Riel (1,60 US-Dollar).

Nach einer Bauzeit von durchschnittlich zwei Jahren wird ein Grossteil der Arbeitskräfte wieder entlassen, denn zum Unterhalt einer Golfanlage durchschnittlicher Größe reichen 30 bis 40 Beschäftigte aus. Werden zur »Pflege« des Golfrasens neue Technologien wie moderne Bewässerungssysteme, große Mähmaschinen oder Fahrzeuge zum Düngen eingesetzt, reduziert sich die Zahl der GartenarbeiterInnen weiter. Nur für größere Ressorts mit Hotels, Bungalows und zusätzlichen Einrichtungen wird mehr Personal gebraucht.

Auf einem 18-Loch Golfplatz können mehr als 300 Frauen als Caddies beschäftigt werden. Allerdings bestehen für diese Arbeit besondere Auflagen. Vielerorts müssen Caddies bei Stellenantritt zwischen 18 und 25 Jahre alt sein. Im Blue Canyon Golf-Ressort in Phuket gibt es sogar Vorschriften bezüglich Körpergröße und -gewicht. Wenn die Caddies die festgelegten Kriterien nicht mehr erfüllen, zum Beispiel zu alt oder zu dick sind, werden sie durch jüngere und »ansehnlichere« ersetzt. Außerdem kann sich ein Caddie nicht auf ein regelmäßiges Monatseinkommen verlassen. Sie muss mit ihren Kolleginnen in einer Schlange stehen und warten, bis sie an der Reihe ist und von einem Spieler zu einer Runde Golf für 100 bis 150 Baht (4 bis 6 US-Dollar) mitgenommen wird. Bleiben die Golfer aus, gibt es keine Bezahlung.

Die Arbeit auf dem Golfplatz ist für Frauen oft eine bittere Erfahrung. Besonders dann, wenn sie mit ihren Familien wegen des Projekts ihre Felder verlassen mussten und nun auf demselben Land, wo sie früher als freie Bäuerinnen Reis und Gemüse pflanzten, als Lohnabhängige eine schlechtbezahlte Arbeit verrichten. Außerdem nimmt der wirtschaftliche Druck auf sie zu, wenn andere Familienmitglieder, insbesondere ältere Frauen und Männer, keine Verdienstmöglichkeiten finden. Vielen dieser Familien steht dann allein der Lohn der Frauen, die auf den Golfanlagen Arbeit finden, zur Verfügung. So beispielsweise in Khlong Kut, einem thailändischen Dorf in der Nähe des Khao Yai Nationalparks: Wo früher 167 Haushalte von der Landwirtschaft lebten, bebauen infolge der Errichtung eines Golfplatzes heute nur noch drei Familien ihre Felder.

Selbst wenn sich mit Arbeiten auf den Golfanlagen mehr Geld verdienen lässt als in der bäuerlichen Wirtschaft, so heißt das nicht, dass die Bevölkerung langfristig wirtschaftlich besser dasteht. Luxuriöse Tourismus- und Freizeiteinrichtungen wie Golfplätze bringen zwangsläufig Preissteigerungen und höhere Lebenshaltungskosten mit sich. Auch ändern LandbewohnerInnen rasch ihr Konsumverhalten, wenn ihnen der Lebensstil der reichen Stadtleute und TouristInnen vor Augen geführt wird. Die Folge davon ist, dass mehr Geld beschafft werden muss, um die wachsenden Bedürfnisse zu befriedigen. 

Eine weitere Gefahr besteht in der Krisenanfälligkeit der Golfanlagen. Erleiden diese übermäßige Mitglieder- und Besucherfluktuationen oder müssen sie sogar schließen, dann verlieren die GolfarbeiterInnen als erste ihre Stellen. Die Rückkehr der landlos gewordenen Bevölkerung zu einer kleinbäuerlichen Existenz, zum Beispiel durch den Kauf neuer Felder, ist meist unmöglich, weil Tourismusprojekte und begleitende Infrastrukturmaßnahmen die Bodenspekulation angeheizt und die Grundstückspreise in schwindelerregende Höhen getrieben haben. 

Prekäre Arbeitsbedingungen 

In der Werbung werden Golfplätze als grüne Oasen der Erholung und Naturparadiese gepriesen. In Wirklichkeit stellen sie jedoch mit ihren riesigen Grasmonokulturen eine feindliche Umwelt dar. Vor allem auf den neueren Plätzen sind schattenspendende Bäume eine Seltenheit, so dass in diesem tropischen Klima der Aufenthalt und jede Art der Fortbewegung eine Strapaze bedeuten. Nicht selten vermummen sich GolfplatzarbeiterInnen mit dicker Kleidung und Tüchern, um sich gegen die brennende Sonne zu schützen. Golfer erhalten Ratschläge, wie sie übermäßigen Wasserverlust und Hitzschlag vermeiden können, denn eine Spielrunde auf einer 18-LochAnlage kann drei bis fünf Stunden dauern. »Wenn Golfer wirklich glauben, dass sie beim Golfspiel mit Natur in Berührung kommen, warum bereiten sie sich dann auf Golfrunden vor, wie wenn sie eine Wüste betreten?« fragt Ing K., die einen Dokumentarfilm über Golfplätze in Thailand gedreht hat.

In Thailand müssen Caddies unter diesen Bedingungen Golftaschen schleppen, die durchschnittlich 15 Kilogramm schwer sind. Eigentlich gibt es keine einleuchtende Erklärung dafür, dass nicht wie in anderen Ländern Golf-Carts oder wenigstens kleine Handkarren für das Golf-Gepäck zur Verfügung stehen. Es ist eine Demonstration der Machtverhältnisse, wenn Caddies die schweren Lasten auf ihrem Rücken wehrlos ertragen müssen. Einem golfspielenden »Expatriate« der seit Jahren unter dem Pseudonym »Golfsmith« in einer eigenen Kolumne im Sportteil von »The Nation« den Golfsport im Lande populär zu machen versucht, scheint es geradezu Freude zu bereiten, dass Caddies sich für ihn abplagen. So liebe er das Golfspiel in Thailand gerade deshalb, weil »sich jemand anders krümmt wegen der großen gewaltigen Tasche, gefüllt mit allem möglichen Ramsch, der nie solche Ausmaße annehmen würde, wenn er auf dem eigenen Rücken läge« (sic!). Kein Wunder also, wenn die betroffenen Caddies über Rückenschmerzen und Taubheit in den Armen klagen. Schwangere Caddies haben sogar Fehlgeburten erlitten: Auf dem »green« des 17. Loches im Santiburi Golfplatz in Chiang Rai kam es 1994 zu einer solchen Fehlgeburt, und die junge Frau starb einen Monat später an den Folgen. ...

Eine große Gefahr für die Umwelt und die menschliche Gesundheit ist auch der intensive Einsatz von Chemikalien. Da für den Golfrasen nicht heimische sondern »exotische« Grassorten verwendet werden, sind besonders hohe Mengen von Düngemitteln, Pestiziden, Herbiziden, Fungiziden und anderen chemischen Mitteln erforderlich. Studien aus Amerika und Japan belegen, dass im Vergleich zu landwirtschaftlich genutzten Flächen auf Golfplätzen die vier- bis achtfache Menge an Pestiziden verspritzt wird. Diese sind teilweise hochgiftig und führen zu übermäßigen Luft-, Boden- und Gewässerbelastungen. GolfplatzarbeiterInnen, die täglich diesen gefährlichen Substanzen ausgesetzt sind, leiden häufig an akuten Vergiftungssymptomen. Aber auch GolfspielerInnen und AnwohnerInnen können ernsthaft erkranken.

Golf-Promotoren versuchen diese Probleme stets zu vertuschen. Meistens sind den GolfplatzbenutzerInnen weder die Chemikalien bekannt, die zum Einsatz kommen, noch deren mögliche Gefahren. Ebenso wenig werden sie über Schutzmassnahmen informiert. Der Manager des Santiburi Golfclubs in Chiang Rai, Pin Papuak, behauptete zum Beispiel in einem Interview mit »The Nation« dass auf seinem Platz nur Naturdünger und biologische Schädlingsbekämpfungsmittel verwendet werden. Die befragten Angestellten hingegen bestätigten, dass der Rasen nachts mit Chemikalien gespritzt wird. Am Morgen fanden sie häufig tote Vögel, und Caddies und GartenarbeiterInnen wurden von Hautsausschlägen und Übelkeit befallen." 

Viele der verwendeten Substanzen sind in Amerika, Europa oder Japan bereits verboten oder zumindest als gefährlich deklariert und unterliegen den strengsten Vorschriften. Sie dürfen jedoch exportiert werden und enden oft auf den Golfrasen in Ländern der Dritten Welt. Der Golfplatz der thailändischen Tourismusbehörde TAT in Cholburi wird zum Beispiel regelmäßig mit Methyl Parathion besprüht, das von der amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA als extrem toxisches und vermutlich krebserzeugendes Mittel eingestuft wird. Es führt zu Vergiftungserscheinungen wie Schwindelgefühl, Brustschmerzen, Nervenstörungen und Magenkrämpfen.

1990 gab das südkoreanische Umweltministerium zu, dass acht wegen ihrer Giftigkeit verbotene Chemikalien auf Golfplätzen verwendet werden. Dies geschah, nachdem bekannt geworden war, dass zwei Frauen, die als Caddies auf einem Golfplatz in Koyang-gun, Kyonggido, beschäftigt waren, schwerbehinderte Kinder zur Welt gebracht hatten. Da beide Frauen erblich nicht vorbelastet waren, wurden die Missbildungen der Babies auf die umweltschädlichen Einflüsse am Arbeitsplatz zurückgeführt. Dieser Vorfall löste in Korea eine große Debatte über Golfplatzchemikalien aus.

Aktivitäten am »19. Loch« 

Caddies werden angehalten, auf alle Wünsche ihrer Kunden einzugehen, immer gehorsam, willig und freundlich zu sein und sich möglichst hübsch zurechtzumachen. Auf gar keinen Fall ist ihnen erlaubt, kritische Meinungen zu äußern oder zu widersprechen -- es sei denn, der Golfer findet das belustigend oder drollig. Die Frauen fügen sich. Allerdings nicht so sehr, weil es ihrer Natur entspricht, wie Golfer sich oft einreden, sondern eher, weil sie dringend auf ihren Lohn und Trinkgelder angewiesen sind. Caddies berichten auch, dass gutaussehende und unterhaltsame Kolleginnen erheblich mehr Trinkgelder erwirtschaften können. In Thailand hat es sich eingebürgert, dass Caddies ihre Kunden als »chao nai« (eine respektvolle Bezeichnung für »Hern) oder »Boss« anreden, was ebenso wie das Tragen des schweren Golfgepäcks die Machtverhältnisse auf dem Golfplatz verdeutlicht: die Macht von Männern über Frauen, von Reich über Arm, von denen an der Spitze der Gesellschaft über die am unteren Ende. ... Zahlreiche Golfer spielen ihre Macht hemmungslos aus, werden gegenüber Caddies ausfällig und machen ihnen eindeutige Angebote. Dabei scheint es prinzipiell keine Unterschiede zwischen Einheimischen und asiatischen oder westlichen Ausländern zu geben. 

»Viele Golfer mit ihrer gesunden Libido stufen diese Frauen höher als Prostituierte ein und überzeugen sich selbst, dass es besser und sicherer ist, auf den Golfplätzen für das Vergnügen zu bezahlen, als in die Bordelle zu gehen. Kein Wunder also, dass viele Caddies Mätressen werden . ... Und da diese Art der Golfer Caddies als Blumen am Wegesrand betrachten, die sie pflücken und jederzeit wieder wegwerfen können, bedeutet das ein profitables Geschäft für andere.«

Inzwischen ist es kein Geheimnis mehr, dass sich das Sexgewerbe in und um Golfplatzanlagen ausgebreitet hat, obwohl der Vizepräsident der thailändischen Golfvereinigung TGA Baworn Yasinthorn behauptet: »Golfer kommen nicht als Sextouristen. Sie sind Athleten.« Das thailändische Gesundheitsministerium scheint anderer Meinung zu sein. Aus welchem Grund hätte es wohl sonst anlässlich der Südostasenspiele 1995, an denen auch Golf eine Disziplin war, in Chiang Mai zwei Millionen Kondome an Sportler und Besucher verteilen lassen? ...

Die malaysische Tageszeitung »The Sun« ging der Frage nach, wie es weiblichen, in der Mehrheit indonesischen Caddies auf den Golfplätzen ihres Landes ergeht. Den indonesischen Frauen werden Unterkünfte auf dem Golfplatzgelände zur Verfügung gestellt, und häufig stehen sie dann auch außerhalb ihrer Arbeitszeit unter strenger Kontrolle. In einigen Fällen werden ihre Reisepässe einbehalten. Im Shah Alam Golf Club dürfen die Frauen nur mit schriftlicher Genehmigung in ihrer Freizeit ausgehen, und ein Aufseher des Templar Park Country Clubs prüft jeden Abend in den Wohngebäuden, ob alle Frauen anwesend sind. Die Frauenbeauftragte des malaysischen Gewerkschaftsrates Ching Cha Bo erklärte, dass diese Praktiken eindeutig gegen die Arbeitsgesetze und die Grundrechte der Frauen verstoßen. Die Ironie besteht darin, dass die Club-Manager die Ausgangsperre für Caddies damit begründen, dass sie sich außerhalb der Arbeitszeit prostituieren könnten, während niemand den Frauen zu Hilfe kommt, wenn sie sich auf dem Platz von Golfspielern sexuell belästigt fühlen.

Den Aussagen von Caddies zufolge werden Kolleginnen oft aus wirtschaftlichen Gründen in die Prostitution getrieben. Meena Raman von der Konsumentenvereinigung in Penang CAP bestätigt, dass selbst im islamischen Malaysia die Frauen ermutigt werden, nach der Absolvierung ihrer Golfrunden Spielern am sogenannten 19. Loch zu Unterhaltungszwecken zur Verfügung zu stehen: »Manchmal laden Spieler weibliche Caddies zum Trinken und Abendessen ein. Ich habe Geschichten gehört, dass Caddies der Prostitution nachgehen, um mehr Geld zu verdienen . ... Wir haben Beschwerden erhalten, dass Caddies aufgefordert werden, gesellschaftliche Eskorte-Dienste zu leisten.« ... 

Weibliche Caddies als Verkaufsschlager 

Da außer in Japan golfspielende Frauen eine verschwindende Minderheit bilden, ist es nicht verwunderlich, dass die Werbung für den Golfsport sehr stark auf Männer ausgerichtet ist. In Thailand gibt es wohl kaum eine neuere Golfwerbung, die nicht die Caddie-Frauen und ihre Vorzüge besonders hervorhebt. Auf einer Golfausstellung in Bangkok 1993, die von der thailändischen Tourismusbehörde TAT mitgesponsert wurde, fand sogar ein Schönheitswettbewerb für Caddies statt. Allerdings wurden die Frauen hier nicht in den üblichen Arbeitsuniformen mit bunten Blusen und langen Hosen vorgeführt, sondern in knappen Miniröcken. 

Der »Thailand Golf Guide«, der 1995 unter Mitarbeit der thailändischen Tourismusbehörde TAT erschien und ein Vorwort des TAT Direktors Seree Wangpaichitr enthält, widmet den Caddies ein ganzes Kapitel.` Der Autor Neil French-Blake beschreibt die thailändischen Caddies als die »hübschesten der Welt«, die zur besonderen »Wonne des Golfs in Thailand« beitragen. Will man ihm Glauben schenken, so verbirgt sich hinter jedem Caddie eine lächelnde junge »Lady«, die charmant und willig zu allen Diensten bereit ist, etwa die Golftasche trägt, Tipps für Schläge gibt, Sandbunker glattharkt und Golfbälle und -schläger säubert. »Du wirst Dich wahrscheinlich in sie verlieben. (Ein golfspielender Besucher heiratete sogar seinen Caddie und nahm sie mit sich nach Hause)«, schreibt er. Er beteuert dann jedoch sogleich, dass Caddies nicht zu dem gleichen Typ Mädchen gehören, die in den Bars und Nightclubs Bangkoks zu finden sind. Die meisten Caddies seien wohlerzogene Mädchen vom Lande, die sehr bestürzt reagieren können, wenn sich der Golfer zu viele Freiheiten herausnimmt.

Weiter berichtet er von dem »Gerücht« (vielleicht ist es auch als Geheimtipp gedacht! A.P.), dass das Fünf-Sterne Hotel des Mission Hills Golfressorts am Khao Yai Frauen aus dem berühmten »Darling« Massagesalon in Bangkok bezieht, um Gästen Extraservice anzubieten. Neben Besichtigungsprogrammen und Einkaufstipps beschreibt er ausführlich das Nachtleben in allen Regionen Thailands und erklärt, wo sich Golftouristen und »Expatriates« nach dem Spiel am häufigsten treffen. In Bangkok sind demnach bei westlichen Golfern die Bars und Nachtclubs in der Soi Cowboy und Soi Nana -- bekannte Rotlichtbezirke speziell für Touristen -- besonders beliebt. »Es macht viel Spaß (dort), aber ist nicht der Ort, um deine jungfräuliche Tante mitzunehmen«. So steht es im » Thailand Golf Guide«, der den offiziellen Stempel des TAT trägt. Im Anhang des Buches befinden sich außerdem Vouchers, die Golfer in einschlägigen Bars von Bangkok und Pattaya gegen Freidrinks eintauschen können. ...

Darüber hinaus wird häufig betont, dass sich Golfspieler gleich von mehreren Caddie-Frauen über den Platz eskortieren lassen können: Eine trägt die Golftasche und hält die Ausrüstung in Ordnung, eine andere kundschaftet die bestmöglichen Schläge aus, und eine weitere trägt einen Sonnenschirm und vielleicht noch einen Klappstuhl. Während der Pausen servieren Caddies auch eisgekühlte Getränke und halten feuchte Tücher bereit, mit denen sie erhitzten Spielern den Schweiß von der Stirn wischen. Und dies geschieht alles mit »einem permanenten Lächeln der Ermutigung«, versichert das in England erscheinende »Golf Monthly« Magazin«. Tatsächlich decken sich prestigebewusste Golfer mit einem ganzen Schwarm von Caddies ein, und wenn Politiker und höhere Militäroffiziere auch noch zusätzlich ihre Berater und Leibwächter mitbringen, bewegen sich beachtliche Gesellschaften von Loch zu Loch. 

Mittlerweile beschäftigen auch Golf-Clubs in anderen Ländern, beispielsweise Malaysia, Indonesien, die Philippinen, Vietnam und China, vorzugsweise Frauen als Caddies. Der Redaktor eines Golfmagazins in Malaysia erklärt: »Viele Golfer reisen nach Thailand, um zu spielen, und da gibt es eine Menge weiblicher Caddies. Hiesige Unternehmer haben sich entschieden, weibliche Caddies einzustellen, damit diesen Spielern hier eine ähnliche Behandlung zuteil wird.« 

Der Generalmanager des Kelab Golf Sultan Abdul Shah Clubs in Shah Alam bestätigt, dass Frauen gut für Public Relations sind: »Sie sind freundlicher und fügen sich besser den Anordnungen. Damen sind traditionsgemäß angenehmer und entgegenkommender.« Häufig sind südostasiatische Golfplätze und Ressorts speziell auf japanische Bedürfnisse zugeschnitten, denn ein Grossteil der Investitionen und viele Clubmitglieder und TouristInnen kommen aus diesem golfbegeisterten Land. Deshalb werden sogar gelegentlich weibliche Caddies zum Training nach Japan geschickt, so zum Beispiel aus dem südchinesischen Shenzhen Golf Club. Das »Malaysian Busines« Magazin berichtete, dass malaysische Caddie-Frauen des Templar Park Country Clubs bei Kuala Lumpur in Japan nicht nur lernen, Golf-Tips auf dem Grün zu geben, sondern auch in die »feinen Künste der Etikette« eingewiesen werden. ...

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die problematischen Auswirkungen des Golfbooms wie Landverlust, Wasserverknappung, Grosseinsatz von Chemikalien in den asiatischen Tourismusdestinationen breite öffentliche Diskussionen und Kritik ausgelöst haben. Die äußerst prekären und sexistischen Arbeitsbedingungen auf Golfplätzen wurden bisher jedoch kaum beachtet. Weder Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen oder Frauengruppen haben sich genügend mit der schwierigen Situation der Frauen, die auf den Golfanlagen arbeiten, auseinandergesetzt und deren Interessen vertreten. Das aber wäre dringend notwendig."

[Pleumarom, Anita: Wie aus Bäuerinnen Caddies werden : Golfsport in Südostasien. -- In: Herrliche Aussichten : Frauen im Tourismus / Karin Grüter ... (Hrsg.). -- Zürich : Rotpunktverlag, ©1996. -- (Kleine Reihe Tourismus & Entwicklung ; Bd. 7). -- ISBN 3858691062 . -- S. 106 - 125. -- ]


Zu Kapitel 51, Teil II