HBI weltweit

3. Australien

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Eine andere Perspektive: Australien und Südostasien als Mittelpunkt der Welt


3.05. Coombs Computing Unit, Australian National University

von Margarete Payer


Zitierweise / cite as:

Payer, Margarete <1942 - >: HBI weltweit. -- 3. Australien. -- 3.05. Coombs Computing Unit, Australian National University. -- Fassung vom 1997-01-08. -- URL: http://www.payer.de/hbiweltweit/weltw305.html. -- [Stichwort].

Letzte Überarbeitung: 1997-01-08

©opyright: Dieser Text steht der Allgemeinheit zur Verfügung. Eine Verwertung in Publikationen, die über übliche Zitate hinausgeht, bedarf der ausdrücklichen Genehmigung der Verfasserin.


Many thanks to the staff at Coombs Computing Unit for their help and outstanding services. My "Thank you very much" goes to Sean Batt, Matthew Ciolek, Karen Ewens, Karen Hall, Yvonne Pittelkow, Helen Walker, Douglas Whaite


Übersicht



0. Weiterführende Ressourcen


Internet:

Web Pages von Coombs: http://coombs.anu.edu.au/


1. Die Coombs Computing Unit innerhalb der ANU


1.1. Name


Coombs Computing Unit ist so benannt nach dem Gebäude, in dem sie sich befindet, dem Coombs Building. Dieses ist benannt nach Herbert Cole Coombs (1906- ), Governor of the Reserve Bank von 1959 bis 1968, Chancellor of the Australian National University (ANU) von 1968 bis 1976, Verfechter der Landrechte der Aboriginals, erster Vorsitzender (1968) des Federal Council for Aboriginal Affairs, Mitorganisator des Aboriginal Treaty Commitee. (Zeichnung "H. C. Coombs" (1960) / von Louis Kahan <1905->)


1.2. Coombs Computing Unit und RSSS / RSPAS


Die Coombs Computing Unit ist nach ihrer Funktion bezeichnet The Information Technology Support Unit der Research School of Social Sciences (RSSS) und der Research School of Pacific and Asian Studies (RSPAS) des The Institute of Advanced Studies der Australian National University in Canberra, Australien.

Sie betreut als Rechenzentrum in hervorragender Weise die Computer-Einrichtungen und Computer / Software - Probleme dieser Research Schools, u.a. ca 800 [!] PCs.

Coombs Computing Unit ist als Dienstleistungszentrum Bestandteil von RSSS und RSPAS:

Die Publikationen von RSSS und RSPAS sind verzeichnet:

RSSS uns RSPAS gehören zum The Institute of Advanced Studies der The Australian National University (ANU), Canberra, Australien.

Zu Geschichte und Struktur der ANU vgl.

Payer, Margarete <1942 - >: HBI weltweit. -- 3. Australien. -- 3.09. Australian National University (ANU) Library -- Bibliothek einer Forschungsuniversität. -- URL: http://www.payer.de/hbiweltweit/weltw309.html


2. Dienstleistungen der Coombs Computing Unit


Die Aufgaben und Dienstleistungen der Coombs Computing Unit kann man grob in vier Gruppen einteilen:

  1. Consulting and Software Service und Central Services
  2. Information Services
  3. The Vietnam project: Internet-Gateway für Forschungsinstitutionen in Vietnam.

Die Arbeit wird von z.Zt sechs Mitarbeitern geleistet.


2.1. Consulting and Software Service und Central Services der Coombs Computing Unit


Beratung und Hilfe bei Problemen mit UNIX, Netzwerk, Software, statistischen Methoden und Statistikprogrammen (Statistical Consulting Service), PCs usw.

Hauptaufgabe ist die Pflege der zentralen Netzwerkcomputer. Ich möchte ausdrücklich betonen, daß mir noch nie und nirgends ein so ausgezeichneter und problemfreier Internetzugang zur Verfügung stand wie bei Coombs (sowohl direkt im LAN als auch per Dial-up per Modem von der Wohnung aus).

Obwohl das Team hervorragende Arbeit geleistet hat, hat die Verwaltung im Januar 1997 einige Mitarbeiter anderen speziellen Abteilungen zugeordnet. In der ANU werden jetzt nämlich die Abteilungen bei der Verteilung von Haushaltsmitteln bevorzugt, die Drittmittel eingeworben haben. Das restliche Coombs-Team sieht sich nun außerstande, einzelnen Mitarbeitern Unterstüzung bei Computerproblemen zu geben.

Das Coombs-Team hat m.E. deshalb so hervorragende Arbeit geleistet, weil es sich eigenverantwortlich organisiert hatte. Deshalb sah man sich auch außerhalb der Dienststunden als verantwortlicher Ansprechpartner, der auch am Wochenende bereit war, Probleme zu beheben.

Um einen schnellen Einsatz zu ermöglichen, verwendete man Handys.


2.2. Coombs Information Services: ANU Social Sciences & Asian-Pacific Studies Informationsdienste im Internet


Die wichtigste weltweite Dienstleistung der Coombs Computing Unit ist Pflege und Fortentwicklung von Coombsweb. Einen Überblick über Größe und Vielfalt von Coombsweb gibt folgende Übersicht:


Coombsweb - ANU Social Sciences WWW Server


Weiterführende Ressourcen:

Ciolek, T. Matthew <1947- >: ANU social sciences & Asian-Pacific studies information services. -- URL: ftp://coombs.anu.edu.au/coombspapers/anu-soc-sci-inf-services.txt. -- [Textfile]


2.2.1. Exkurs: Virtuelle Bibliotheken


Das WWW Virtual Library Project wurde 1991 von Tim Berners-Lee begonnen, damals Mitarbeiter von CERN, heute von MIT Labarotory for Computer Research und Direktor des W3 Consortium. Es sollte eine sachliche Übersicht im WWW schaffen. Seit 1993 betreut ("koordiniert") Arthur Secret das Projekt. Das Verhältnis des Projekts zum W3 Consortium ist ungeklärt. Seit 1993 beteiligen sich viele Freiwillige an diesem Projekt.

Coombs beteiligt sich seit 1994 mit dem Coombs Web Server daran. Inzwischen betreut Coombs acht virtuelle Bibliotheken.


2.2.1.1. Übersichten über die vorhandenen Virtual Libraries


Das W3 Consortium unterhält folgende Verzeichnisse und Übersichten über die vorhandenen Virtual Libraries:


2.2.1.2. Zielsetzung und faktischer Zustand Virtueller Bibliotheken


Virtuelle Bibliotheken sollen, vergleichbar mit den Sachkatalogen einer Bibliothek, das Internet sachlich erschließen. Im Gegensatz zu den automatischen Suchmaschinen erstellen Menschen die Virtuellen Bibliotheken. Dahinter steckt die Idee, die hierarchischen Sachkataloge aller einschlägigen Spezialbibliotheken weltweit zur Verfügung zu stellen. Diese Vorstellung ist auf dem Hintergrund der Erfahrungen, die materielle Bibliotheken gesammelt haben, natürlich mehr als naiv.

Manche Virtuellen Bibliotheken verwenden viele Hierarchiestufen, einige ordnen ihre Angaben alphabetisch an. Im allgemeinen muß man sich erst durch eine Reihe von Links durcharbeiten, um zu dem Link zu kommen, der tatsächlich zu einer inhaltlichen Ressource führt. (Virtuelle Bibliotheken sind oft ein Paradies für häufige Dejá Vu Erlebnisse: man trifft immer wieder auf die gleichen Links, denen man schon dutzendmal begegenet ist).

Jede virtuelle Bibliothek ist anders aufgebaut, und da es innerhalb von virtuellen Bibliotheken wieder Virtuelle Bibliotheken geben kann, die von unterschiedlichen Leuten gepflegt werden, sind sie oft ein Sammelsurium verschiedenster mehr oder minder ausgegorener Strukturen. Z.B. bei der Asian Studies WWW Virtual Library bearbeiten neben dem Hauptbetreuer etwa 27 weitere Personen, die je für sich verantwortlich sind, einzelne Unterbibliotheken. Im Fall von Asian Studies ist die Abgrenzung der einzelnen Unterbibliotheken relativ unproblematisch, da die Mitarbeiter jeweils eigene Länder betreuen. Um trotz betonter Eigenverantwortlichkit der einzelnen Betreuer eine einheitliche Linie zu bekommen, hat T. M. Ciolek in The seven golden rules of the Asian Studies WWW Virtual Library achtzehn Regeln zusammengestellt. U.a.

Dazu kommen noch ein paar technische Vorschläge.

Im Ergebnis ist der äußere und innere Aufbau für die einzelnen Länder nur dann gleich, wenn zufällig dieselben Betreuer für diese Länder zuständig sind. Es gibt u.a. keine Absprachen über die Ländernamen: South Korea neben Socialist Republic of Vietnam.

Es ist interessant zu sehen, daß in den Virtuellen Bibliotheken die alte bibliothekarische Auseinandersetzung zwischen Spezialisten, die eine auf das einzelne Fach bezogene Klassifikation für die einzige angemessene Methode halten, und anderen Bibliothekaren, die möglichst fachübergreifende Klassifikationen bevorzugen, wiederspiegelt. Für die Virtuellen Bibliotheken kann man ja tatsächlich eine auf das eigene Wissensgebiet bezogene Klassifikation einsetzen. Man sollte aber innerhalb eines solchen Gebietes identische Strukturen benutzen. Für den Nutzer bedeutet die zur Zeit bestehende Vielfalt nämlich:

Da eine Virtuelle Bibliothek im wesentlichen aus Links zu anderen zum Thema gehörenden Homepages besteht, stößt der Nutzer beim Abarbeiten immer wieder auf die gleichen Links. Da die Links in jeder Homepage u.U. ganz anders benannt werden, muß man entweder auf die URL achten oder man ist enttäuscht, unter einem anderen Namen wieder dasselbe zu erhalten. Innerhalb der Asian Studies geht T. M. Ciolek davon aus, daß 2/3 aller WWW reine Indices, Inhaltsverzeichnise, Links-Verzeichnisse und ähnliches sind. Dadurch, daß diese in Virtuelle Bibliotheken aufgenommen werden, verlängert sich der Weg zu den eigentlichen Ressourcen und wird zum Umweg.

Obwohl alle Betreuer angewiesen sind, auf die äußere und innere Qualität zu achten, ist die Qualität der referierten Pages sehr unterschiedlich. Man bemüht sich, in einer eigenen Information Quality WWW Virtual Library Standards zu entwickeln.


2.2.1.3. Erstellung und Pflege von Virtuellen Bibliotheken


Um die Forscher in ANU zu unterstützen, begann T. M. Ciolek 1991 einen Führer (guide book) ins Internet zu erstellen. 1993 wurden darin 24 Archive, 14 Bulletinboards, 24 Datenbanken, 7 Gateways zu Ressourcen, 6 elektronische Zeitschriften, Hinweise auf Bibliothekskataloge u.ä. aufgeführt. Dieser Text wurde dann in eine WAIS-Datenbank umgewandelt, die über Gopher zu erreichen war. Aus diesen Materialien wurden die Virtual Libraries entwickelt. Anderen Virtual Libraries lagen persönliche Bookmarks bzw. persönliche Homepages zugrunde.

Nicht das Erstellen einer Virtuellen Bibliothek ist die arbeitsaufwendige und frustrierende Seite, sondern der Unterhalt und die Pflege. Deswegen gibt es auch auf dem Netz so viele Virtuelle Bibliotheken bzw. entsprechende Homepages, die völlig veraltet und irreführend sind.

In gutgepflegten Homepages werden die URLs regelmäßig überprüft und berichtigt bzw. getilgt. Die National Library of Australia setzt für diese Arbeit mindestens 2 Stunden pro Woche an. In Virtuellen Bibliotheken ist man auf der einen Seite davon abhängig, daß die referierten Homepages gepflegt werden, und auf der anderen Seite, daß Nutzer melden, wenn sie aufgrund der Virtuellen Bibliothek direkt oder indirekt auf ungültige URLs stoßen. Nach meinem Eindruck werden die URLs in Virtuellen Bibliotheken meist nicht regelmäßig und systematisch überprüft, weil man auf die Rückmeldungen durch Nutzer wartet. Im Normalfall melden aber Nutzer solche Beobachtungen nicht (genauso wenig wie sie Fehler in Bibliothekskatalogen melden).

Links zu interessanten neuen Seiten müssen aufgenommen und Links zu veralteten Seiten getilgt werden. Für veraltete Seiten gilt wahrscheinlich wie überall im Leben die Normativität des Faktischen. Interessante neue Seiten werden von Nutzern gemeldet.

Zur Pflege einer Virtuellen Bibliothek gehört auch, den Nutzern mitzuteilen, was neu ist. Coombs benutzt dazu für Asian Studies

What's New in WWW Asian Studies Newsletter / ed. by T. Matthew Ciolek. -- 1994ff. -- ISSN 1323-9368. -- URL: http://coombs.anu.edu.au/WWWVLPages/WhatsNewWWW/asian-www-news.html

Hierin werden neue Internetseiten (heute vorwiegend WWW-Seiten) in einer festen Form angekündigt:

Datum
Titel
oberste URL
Urhebervermerk
Ursprungsland
Kurzbeschreibung
Name und e-mail Adresse der Person, die die Seite gemeldet hat
Bewertung von Seiten des Betreuers ("essential" bis "feeble")

Beispiel:

09 Dec 1996
International Rice Research Institute (IRI)
IRRI, Philippines
IRRI is a non-profit agricultural research and training center established in 1960 to improve the well-being of present and future generations of rice farmers and consumers, particularly those with low incomes. Site contents: facts about IRRI; Issues in Rice Research; links to sites of West Africa Rice Development Association (WARDA), Cote d'Ivoire, and the Centro Internacional de Agricultura Tropical (CIAT), Colombia; the searchable library catalogue; the searchable international Rice bibliography.
URL http://www.cgiar.org/irri/Index.htm
Information supplied by: Margarete Payer (mpayer@coombs.anu.edu.au)
* Contents' rating [essential - v.useful - useful - interesting - feeble]: V.Useful

Neue, aber auch wesentlich überarbeitete Internetseiten sollen möglichst unter Benutzung des WWW Formulars mitgeteilt werden. In Coombs wird u.a. der vorgeschlagene Text überarbeitet, die URL überprüft und die Seite bewertet. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit pro Eintrag beträgt bis zu etwa 20 Minuten.

Der Betreuer kann die Aufnahme in den Newsletter ablehnen, z.B. wenn es sich um reine Werbung handelt, wenn es sich nur um eine vorübergehende Seite, eine leere Seite ("Sorry, under construction") handelt, oder wenn es keine neue bzw. stark überarbeitete Seite ist.

Außerdem werden grundsätzlich nur WWW, Gopher oder ftp Seiten genommen. Daraus erklärt sich dann auch, warum man in den Virtuellen Bibliotheken in den leitenden Seiten keine Links zu den für ein Fach essentiellen Bibliothekskatalogen erhält: in Australien und auch großteils den USA sind das noch telnet Zugänge.

Der Newsletter wird monatlich veröffentlicht und in einer WAIS Datenbank erschlossen. Die älteren Ausgaben werden in einem Archiv zugänglich gehalten. Zusätzlich wird jede angenommene Meldung nach ihrer Aufbereitung über die e-mail Form des Newsletters (ASIA-WWW-GOPHER-NEWS-L (Subskriptionsformular)) versandt.


2.2.1.4. Qualitätsbewertung von Internetangeboten: Voting


Weiterführende Ressourcen zur Qualitätsbewertung (Evaluation) von Internetressourcen:

Evaluation of information sources. -- [Unterbibliothek der Information Quality WWW Virtual Library]


Um Aussagen darüber machen zu können, was die Nutzer vom Internet erwarten bzw. von der Qualität von bestimmten Internetangeboten halten, entwickelte T. Matthew Ciolek 1994 ein Voting-System für Internet-Seiten. Es ist praktisch ein Wettbewerb um die beste WWW-Seite aus den Bereichen Geisteswissenschaften, Humanwissenschaften, pazifisch-asiatische Studien. Die Internetnutzer werden aufgefordert, WWW-Seiten für den Wettbewerb zu melden und gemeldete Seiten zu bewerten. Das Abarbeiten der eingegangenen Bewertungen bzw. Bewerbungen ist eine zeitaufwendige tägliche Arbeit.

Für die Abgabe der Bewerbungen und Bewertungen wird jeweils ein bestimmter Zeitraum festgelegt.

Die Bewertung hat drei Komponenten:

  1. Qualität, Zuverlässigkeit und Wert der angebotenen Information (1 bis 25 Punkte)
  2. Klarheit der Struktur und Einfachheit des Navigierens (1 bis 15 Punkte)
  3. Darbietung, Eleganz und Handlichkeit (1 bis 10 Punkte)

Die Nominationen und Wertungen werden in Internet-Formulare eingetragen, anonyme Einsendungen zählen nicht.

Ressourcen, die mehr als 10 Punkte erhalten, werden genauer analysiert hinsichtlich

  1. Beliebtheit (Gesamtzahl der Stimmen)
  2. Höchstpunktzahl für alle drei Kriterien
  3. Beste Datenqualität
  4. Beste Datenorganisation
  5. Beste Datenpräsentation

Für 2. bis 5. wird die Punktezahl ausgewertet. Dazu gibt es eine Formel.

[Ausführlich zu Vorgehensweise und Methode s. Procedures and Methodology / T. Matthew Ciolek]

Das Verfahren setzt voraus, daß die bewertenden Nutzer vor der Wertung mehrere vorgeschlagene WWW Seiten vergleichen.

Obwohl manche Seiten stark besucht werden, wird die Möglichkeit der Stimmabgabe relativ wenig genutzt (für die Stimmperiode 15.10.1996 bis 15.1.1997 lagen bis zum 26.11.1996 44 Nennungen und 302 Wertungen vor). Die Gründe für diese Stimm-Müdigkeit sind m.E.:

Ich habe Zweifel, ob dieses Verfahren wirklich geeignet ist, die Qualität von Internetangeboten zu bewerten. Selbst Citation-Indizes haben ja nicht dieselbe Aussagekraft wie hochwertige Rezensionsorgane, wie viel weniger solch zufällige Erhebungen. Betrachtet man die Besten von 1995, dann sind darunter drei WWW Seiten, die vor allem durch die Anwendung von technischen Features auffallen (Die wichtigsten Publikationen in der Wissenschaft zeichneten sich nicht dadurch aus, daß die jeweils modernsten Möglichkeiten des Druckes angewendet wurden, sondern dadurch, daß ihr Inhalt epochal war.) Die Bewertungsskala von essential bis feeble, die in Asia Newsletter angewendet wird, hilft eher.


2.2.1.5. Aufgaben für Bibliothekare und Informationsmanager als Mitarbeiter an Virtuellen Bibliotheken


  1. es sollen gleichmäßige Klassifikationsstrukturen angewendet werden, möglichst solche, die schon weltweit verbreitet sind (wie z.B. LoC oder Dewey). Dazu muß ein Thesaurus angelegt werden, wobei man für die einzelnen Fächer auf eingeführte Thesauri zurückgreifen sollte (z.B. MeSH für Medizin)
  2. bestimmte Qualitätskriterien für die äußere und die innere Form sollen entwickelt werden
    • für die äußere Form sollte man sich auf einen professionellen Standard einigen, z.B. auf das Dublin Core Metadata Element Set
    • für die innere Form sollte man von den klassischen Referateblättern der Mathematik und Naturwissenschaften lernen sowohl bezüglich Organisation (Herausgeberausschuß und Redaktion) als auch Anforderungen an Auswahl und Referat
  3. Statt auf möglichst viele Linksaufzählungen zu verweisen, sollte man aus diesen Linksaufzählungen die interessanten Links fischen und nur einmal zur Verfügung stellen. Dann wäre auch nur diese URL zu überprüfen, die Umwege über Linkspages und deren Hierarchien könnte man sich ersparen und damit unnötige Netzbelastungen vermeiden. Links, die keine Informationen bringen sollte man streichen. Die Links sollen bezüglich Inhalt (und, wenn nötig -- z.B. bei telnet -- , Zugang) beschrieben werden.
  4. Bevorzugt referiert werden sollen solche Ressourcen, die auf dem Netz voll (z.B. in Volltext, als Audiofile, als lauffähiges Programm usw.) zur Verfügung stehen. Virtuelle Bibliotheken verdienen nur dann den Namen Bibliothek, wenn sie die Endressourcen zur Verfügung stellen. Dann würde auch der Unterschied zwischen Virtueller Bibliothek und Digitaler / Elektronischer Bibliothek entfallen.

2.2.1.6. Das Clearinghouse


Vergleichbar mit der Virtual Library ist das Clearinghousekonzept. Es wurde von der University of Michigan School of Information and Library Studies 1993 als Projekt unter dem Namen Clearinghouse for Subject Orientet Internet Resource Guides entwickelt. Dieses Projekt wurde von der Firma Argus Associates übernommen. Juli 1996 wurde der Name in The Argus Clearinghaus geändert.

Zur Zeit wird noch das Konzept der Gründer verfolgt:

  1. Zielsetzung: Das Clearinghouse stellt einen zentralen Zugangspunkt für sachbezogene Führer, die Internetressourcen beschreiben und bewerten, zur Verfügung. Wichtig ist intellektuelles Bearbeiten und die kostenlose Zurfügungstellung der Daten. (Es ist zu befürchten, daß die Kostenfreiheit in Frage gestellt wird).
  2. Philosophie: Um nutzbare Ressourcen im Internet zu finden, werden automatische Suchtechniken genutzt, die Ergebnisse aber intellektuell überarbeitet. Man geht davon aus, daß auch in naher Zukunft der Mensch für eine qualitative Auswahl gebraucht wird. Das Clearinghouse dient als zentraler Ort für diese Anstrengungen. Am Clearinghouse kann sich jeder beteiligen, der eine Liste zu einem bestimmten, in der Regel engen Sachgebiet zusammengestellt hat und es regelmäßig überarbeitet. Die Listen sollen auf Internetseiten aller Art (WWW, Gopher, ftp, telnet, Mailinglisten usw.) und Usenetseiten verweisen.

Es gibt einige verbindliche Vorschriften (Submission guidelines) dafür, was in jeder Liste enthalten sein muß.

Das Clearinghouse selbst wertet diese Listen einmal im Jahr nach einem Ratings System aus. Als Kriterien werden herangezogen:

Trotz der Empfehlungen von Seiten des Clearinghouses sind die Listen sehr unterschiedlich. Neben Listen mit eng begrenzten Sachgebieten sind Listen mit sehr umfassenden Sachgebieten vertreten. Z.B. gibt es in der Gruppe Health & Medicine eine Liste über Medicine -- all aspectsneben einer Liste über Fibromyalgia. Außerdem werden nebeneinander Listen mit gleichlautenden Sachgebieten genannt, z.B. viermal Tobacco, Smoking, Addiction ohne weitere qualifizierende Zusätze. Manche Ersteller von Listen fügen kommerzielle Eigenwerbung ein oder Werbung für Interessengruppen, z.B. verweisen in Health & Medicine die Stichworte Spirituality, Religion, Health, Healing auf Brother David's Library of Wisdom, which "is also the home of the "Guardians of Light", a mystical, religious, order of lightworkers, dedicated to the advancement of wisdom and the continuing spiritual evolution of humanity".

Im allgemeinen muß man eine Reihe von Listen zu einem bestimmten Sachgebiet durcharbeiten und kann dennoch nicht sicher sein, tatsächlich die interessantesten relevanten Ressourcen im Internet gefunden zu haben. Für eine gründliche Recherche muß man mehrere Suchmaschinen zur Kontrolle heranziehen, sodaß der Nutzen des Clearinghouses sehr beschränkt ist.

Der Ursprung des Clearinghouses war professionell. Leider nahmen dann Leute überhand, deren Kenntnisse nicht immer ihrem guten Willen entspricht.


2.3. The Vietnam project


Seit 1992 bemüht sich die Coombs Computing Unit in Verbindung mit der Division of Pacific and Asian History und dem Department of Political and Social Change der RSPAS, akademischen Einrichtungen in Vietnam beim Zugang zum Internet zu helfen.

Zuerst schuf man eine einfache Dial-up Verbindung, durch die das Institute of Information Technology (IOIT) in Hanoi unter Verwendung des normalen Telephonweges auf den Internetzugang von Coombs zugreifen konnte. Die Telephonkosten wurden von Coombs getragen. Das IOIT, Hanoi erhielt das e-mail-Konto hanoi@coombs.anu.edu.au. So konnten Mitarbeiter das IOIT mit Kollegen weltweit e-mail austauschen. Einige andere akademische Institutionen in Hanoi profitierten von diesem Internetzugang ebenfalls, z.B. einige Mitarbeiter der Universität Hanoi: das IOIT verteilte die e-mails innerhalb von Hanoi per Fahrrad.

Telstra, einer der beiden australischen Telephonanbieter, interessierte sich für diese Vietnam-Connection und finanzierte 1993 ein Workshop in Hanoi. Nach dem Workshop wurde die Verbindung nach Hanoi automatisiert. 1994 bewilligte das Bundesministerium Department of Education Employment and Training (DEET) Mittel für das Projekt, sodaß folgende Verbesserungen möglich wurden:

Bis 1995 war die Teilnahme für die damals 100 vietnamesischen Nutzer frei. Ab 1995 begann das IOIT (Hanoi) pro Kilobyte Datenverkehr US$0.20 zu verlangen.

Zur Zeit ist die Zukunft des Internets in Vietnam ungewiß. Verschiedene Interessen wirtschaftlicher und politischer Art stehen sich gegenüber.

Main Arbeitsplatz in der Coombs Computing Unit ist so, daß der Gateway-Computer für Vietnam in meinem Raum hinter meinem Rücken steht. (Ein erhebendes Gefühl, daß man mit einem Tastendruck ein ganzes Land vom Internet abkoppeln könnte :-) )


Zu Kapitel 3.06. Zum Informationswesen Australiens