Quellenkunde zur indischen Geschichte bis 1858

15. Frühe europäische Quellen und Quellen aus der Zeit der East India Companies

17. Zum Beispiel: Bartholomäus Ziegenbalg


von Sabine Bregy

hrsg. von Alois Payer

mailto:payer@payer.de


Zitierweise / cite as:

Bregy, Sabine: Zum Beispiel: Bartholomäus Ziegenbalg. -- (Quellenkunde zur indischen Geschichte bis 1858 / Alois Payer ; 15. Frühe europäische Quellen und Quellen aus der Zeit der East India Companies ; 17). -- Fassung vom 2008-07-17. -- http://www.payer.de/quellenkunde/quellen1517.htm

Erstmals publiziert: 2008-07-05

Überarbeitungen: 2008-07-17 [Ergänzungen]; 2008-07-09 [Ergänzungen]

Anlass: Referat in Lehrveranstaltung FS 2008

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0. Übersicht



1. Die Stadt Tarangambadi /தரங்கம்பாடி  / Taraṅkampāṭi / ehemals: Tranquebar


 
Abb.: Indien 1705: Lage von Tranquebar

[Bildquelle: Bartholomew, J. G. (John George) <1860-1920>: A literary and historical atlas of Asia. -- London :  [1912] -- xi, 226 S.  ; Ill. : 18 cm. -- S. 18. -- Online: http://www.archive.org/details/literaryhistoric00bartrich. -- Zugriff am 2008-06-10. -- "Not in cpopyright".]


Abb.: Lage von Tarangambadi in Nagapattinam (மாவட்டம்)
[Bildquelle: ta.Wikipedia]

Tharangambadi/Tarangambadi/ Tamil: Taraṅkampāṭi/தரங்கம்பாடி : dänische Bezeichnung: Tranquebar

Lage:

Tarangambadi ...


Abb.: Europäische Stützpunkte in Indien 1501 - 1739
[Bildquelle: Wikipedia, Creative Commons Lizenz: Attribution ShareAlike 2.5, kein Autor angegeben]


Abb.: Tranquebar heute (links unten Fort Dansborg)
[©Google Earth. -- Zugriff am 2008-06-13]

Der Imperial Gazetteer of India von 1908 macht zu Tranquebar folgende Angaben:

"Tranquebar (vernacular Tarangampādi, which would mean 'the village of the waves' ; but Sadanganpādi according to an old inscription).—Town and port in the Māyavaram tāluk of Tanjore District, Madras, situated in 11° 2" N. and 79° 52' R., 18 miles north of Negapatam. Population, including the suburb of Poraiyār (1901), 13,142. Tranquebar first rose into importance as a Danish settlement, the [S. 435] Danish East India Company having in 1620 obtained a grant of land from the Rājā of Tanjore and built a fort here. In 1624 it passed to the King of Denmark. In the war of 1780-1 Haidar exacted a fine of Rs. 1,40,000 from the Danes for supplying arms to the Nawāb of Arcot. In 1801 Tranquebar was taken by the British, but was restored  in 1814. It was finally purchased by the British in 1845 for 12½ lakhs of rupees.

In 1706 the first Protestant missionaries, Ziegenbalg and Plütschau, landed at Tranquebar and founded a mission under the auspices of King Frederick IV of Denmark. A church, one of the earliest Protestant places of worship in India, was built in 1718. In the eighteenth century the mission spread its influence over a great part of the Tamil country; but not long after Swartz left Tranquebar in 1762 it began to languish, and by 1820 had practically come to an end. In 1841, however, it was succeeded by the Dresden Society, or, as it was called later, the Leipzig Evangelical Lutheran Mission, which now maintains a training school for teachers, an industrial school, and a printing press, besides boarding-schools for boys and girls. There is also an upper secondary school. Tranquebar was a busy port in Danish times. Under English rule it drew away the trade of Negapatam owing to its better anchorage, and continued to flourish until 1861, when the railway restored the trade to Negapatam. It is now of greatly diminished importance, and its trade consists chiefly of the export of rice on a small scale. It was the head-quarters of the Collector of Tanjore from 1845 to 1860, and of the District Judge from 1860 to 1884, with a short interval. A deputy-tahsīldār is now the chief officer. It is one of the healthiest spots in the District and has a quaint beauty of its own. The old citadel, called the Dansborg, for some time served as a jail, but is now in ruins. A small portion is, however, used as a customs office. The European bungalows are mostly within the fort, but the majority of the native population reside in Poraiyār, a mile inland.

[Kay Larsen, Trankebar (Copenhagen, 1907).]"

[Quelle: The Imperial gazetteer of India / published under the authority of His Majesty’s Secretary of State for India in Council. --  New ed. -- Oxford : Clarendon Press, 1907-1909. -- 25 Bde. ; 22 cm.  -- Bd. 23. -- 1908. -- S. 434f. -- Online: http://www.archive.org/details/imperialgazettee23greauoft . -- Zugriff am 2008-06-16]

Tranquebar wurde bedeutsam als Ort der ersten deutschen protestantischen Mission

> im 20. Jahrhundert war es deshalb eine Zeitlang Bischofssitz der TELC (Tamil Evangelical Lutheran Church/Tamil Suvesesha Lutheran Thiruchabai) mit der Neu-Jerusalemskirche als Bischofskirche

Traquebar

Einwohner Tranquebars um 1702

7,5 Tausend Einwohner

Tamilen (தமிழர்):

Die Vielfalt der Einwohnerschaft spiegelte sich auch im Stadtbild wieder:


Abb.: Historische Karte von Tranquebar
[Bildquelle: http://www.francke-halle.de/main/con_bilder/kartetranquebar.jpg. -- Zugriff am 2008-06-30; Fair use]


2. Die Dänisch-Hallesche Mission


2.1. Historischer Hintergrund



2.2. Anfänge der Mission



Abb.: Frederik IV.
[Bildquelle: Wikipedia, Public domain]


Abb.: Vorstellung der Evangelisch-Ost-Indischen Kirche / von J.J. Kleinschmidt, ca. 1740
[Bildquelle: http://www2.kb.dk/elib/mss/skatte/biblen/1_41.htm. -- Zugriff am 2008-06-13]

Beschriftung:

Spargitur eoas divinum lumen in oras,
Et tristes tenebrae discutiuntur ibi.
Qui latices hausit stygios iam fonte salutis
Indus roratur, sacra fluenta bibens.
Tartareus cultu meliori pellitur hostis,
Destruit armipotens numina ficta manus.
Christe! Tibi pariat porro tua dextra triumphos,
Disiice labantes et phlegetonis opes.
Des höchsten Gnadenreich erweitert seine Grenzen,
Es bricht der Wahrheit Licht den armen Heiden an,
Man sieht im Orient die reine Lehre glänzen,
Es tritt das schwarze Volk nun auf die Lebens-Bahn,
Der stumme Götze muss vom alten Sitze weichen,
Man nimmt den wahren Gott in Kirch und Herzen ein,
Lass, Heiland! deine Hand noch immer weiter  reichen,
Und deiner Lehre Sieg recht ausgebreitet sein.

3. Bartholomäus Ziegenbalg



Abb.: Bartholomäus Ziegenbalg (1682 - 1719) / Stahlstich aus einem Missionsbericht von 1715
[Bildquelle: Wikipedia, Public domain]


Abb.: Indische Briefmarke mit Bartholomäus Ziegenbalg, 2006


3.1. Verlauf der Mission



Abb.: Fort Dansborg, Tranquebar
[Bildquelle: Wikipedia, GNU FDLicense]


3.2. Einige Zitate aus Ziegenbalgs Briefen und Schriften



Abb.: Ziegenbalgs Schrift

[Bildquelle: Lehmann, Arno <1901 - 1984>: Es begann in Tranquebar : die Geschichte der ersten evangelischen Kirche in Indien. -- Berlin : Evang. Verl.-Anst., 1955. --  352 S. : Ill. ; 21 cm. -- Dt. Ausgabe durch den Verfasser von: It began at Tranquebar : the history of the first Protestant Church in India. -- Madras, 1955. -- S. ]


Abb.: Ziegenbalgs Unterschrift

[Bildquelle: Ziegenbalg, Bartholomäus <1682 - 1719>: Alte Briefe aus Indien : Unveröffentlichte Briefe 1706 - 1719 / Bartholomäus Ziegenbalg. Hrsg. von Arno Lehmann . -- Berlin : Evang. Verl.-Anst., 1957. -- 552 S. -- Frontispiz]


3.2.1. 1706-09-25  Brief Ziegenbalgs an ?


An ?

Tranquebar, 25. 9.1706

Ich hoffe, dass derselbe meinen den 29. April auf Cabo de bona Esperanca geschriebenen und über England geschickten Brief richtig wird erhalten und aus selbigem mein Wohlsein und unsere Reise von Kopenhagen bis dahin kürzlich ersehen haben; also dass ich es nicht nötig achte, etwas hiervon zu wiederholen. Von dannen aber segelten wir den 8. Mai wieder ab und nahmen anfänglich unsern Kurs etliche hundert Meilen nach Süden und nachmals gänzlich nach Osten, endlich aber nach Westen zu. Wir kamen aufs neu in starke Kälte. Das gewaltige Stürmen der Winde nebst Blitz, Donner und Hagel war fast täglich unsere Begleitung, also dass einmal der große Mastbaum auf 3 Stücken zerbrach, welchem der forderste in wenig Tagen nachfolgte. Wir haben oft mit der einen Seite des Schiffes gänzlich in der See gelegen und sehr schwer wieder aufkommen können. Wodurch denn alles im Schiffe untereinander geworfen wurde. Den 21. Mai segelten wir das große Einland Madagasker vorbei und kurz darauf eine kleine Insel Maurition. Allhier fing ich an ein Buch zu schreiben von der wahren Weisheit, zum steten Andenken, dass ich in einem Schiffe, welches den Namen Sophie führte, auf dem großen Weltmeer lange Zeit ihr Schüler sein müssen. Ich gedachte es entweder an die königliche Prinzessin Sophie Hedwig oder auch an den König selbst in Dänemark zu dedizieren. Aber wegen Kürze der Zeit konnte ich nur 26 Kapitel davon verfertigen, also dass noch die Hälfte rückständig ist und deswegen nicht hat können mit nach Dänemark geschickt werden. Den 13. Juni passierten wir abermal den Tropicum Capricorni (Wendekreis des Steinbocks). Allda fing es wieder an, warm zu werden. Den 24. Juni schifften wir die tausend Maladische Einländer (= Malediven) vorbei. Es besuchten uns allhier täglich sehr viel Vögel und zwar von solcher dummen Art, dass sie einem selbst in die Hände flogen. Wir bekamen wiederum ungemeine Hitze. Den 22. Juli (Schreibfehler; richtig: Juni) passierten wir zum andern mal ganz glücklich den Äquator. Kurz darauf wussten wir nicht, wo wir waren, indem wir die Insel Ceylon nicht ansichtig werden konnten, bis wir endlich sahen, dass wir nahe der Adamsbrücke wären und in die Bucht von Comerin (Komorin) verfallen. Vor etlichen Jahren ist allda ein dänisch Schiff geblieben. Als wir wieder zurücksegelten und den 5. Juli noch kein Land sehen konnten, war uns sehr bange und stunden abermal in Zweifel, ob wir recht schifften und ob wir nicht etwa aus Unbekanntschaft unversehens an eine Klippe stoßen möchten. Wir hatten kaum solche Gedanken in uns kommen lassen, siehe! so stand die Gefahr uns vor Augen, indem sich zwei große Klippen aus der See erblicken ließen, welche wir nicht gewahr worden wären, wo nicht ein sehr starker Wind gewesen und ein heftiges Widerprallen der Wellen verursacht hätte. Solchergestalt wurden wir wunderbarlich von Gott aus dieser Gefahr errettet und zugleich versichert, wo wir wären, indem wir die Insel Ceylon nahe bei uns liegen hatten, aber wegen trüben Wetters nicht sehen können. Um diese schöne Insel schifften wir um und um und zwar so nahe dabei, dass wir die Elephanten am Lande konnten gehen sehen, bis wir endlich den 9. Juli glücklich allhier ankamen und mit großen Freuden empfangen wurden. Die Güte und Gnade des Herrn, die über uns in dieser gefährlichen Reise groß gewesen ist, müsse hochgelobt und gepriesen werden immer und ewiglich. Amen. Als wir denn nun ebenso gesund und frisch an das Land traten, als wir in das Schiff gegangen und von den malabarischen Heiden allhier gesehen wurden, war unter ihnen unsertwegen ein großes Nachfragen, wer wir wären und zu was Ende wir doch hierherkämen. Wir konnten mit ihnen anfänglich ganz und gar nichts reden, weil wir allein dänisch, sonst aber weder portugiesisch noch malabarisch verstanden; ließen aber unsere vornehmste Sorge sein, dass wir uns die erste bald bekannt machen möchten. Ich bekam einen Malabaren zu meinem Diener, der aus fürstlichem Geschlecht ist und in der portugiesischen Sprache wohl reden kann. Dieser musste hierinnen unser erster Lehrmeister sein. Was sich sonst mit selbigem bis hierher zugetragen hat und wie er sich sobald resolviert, ein Christ zu werden, würde allhier sehr weitläufig zu erzählen fallen. Wir bekamen also eine sonderliche Rarität, das Neue Testament nebst einer Grammatik in der portugiesischen Sprache, durch dessen stete Lesung wir nunmehr schon soweit gekommen sind, dass wir fertig darin reden und katechisieren können. Ob nun gleich diese Sprache zu unserm Amt schon zulänglich sein möchte, indem ich an meinem Diener einen guten Interpreten habe, der dasjenige, was portugiesisch geredet wird, den Malabaren, die solches nicht verstehen, auf ihrer Sprache erklären kann. So haben wir dennoch nunmehr auch das Malabarische angefangen, wozu ich einen eigenen Schulmeister von diesen Heiden im Hause halte. Es ist eine sehr schwere Sprache, die nicht ohne große Zeit und Mühe erlernt werden kann.
Ich habe vor wenig Tagen eine kurze Instruktion von dem ganzen Christentum in 36 Grundsätzen nebst einem Gebet um wahre Bekehrung und dem Vater Unser auf portugiesisch aufgesetzt und in die malabarische Sprache translatieren lassen und hoffe, in Kürze also mit der ganzen christlichen Lehre zu tun, auf dass alle diese Heiden hierdurch eine genügsame Überzeugung bekommen möchten, dass Gott ihnen seine Gnade zu ihrer Bekehrung ernstlich angeboten habe und gewollt, dass sie zur Erkenntnis seiner Wahrheit gekommen sein möchten. Ich habe angefangen, ein Lexikon zu kolligieren und zwar solchergestalt, dass ich erst ein jedes Wort mit malabarischen Buchstaben schreibe, nachmals gleich dabeisetze mit lateinischen Buchstaben, wie es recht soll ausgesprochen werden, und alsdann dessen Bedeutung. Es wäre zu wünschen, dass diese Sprache in Europa mit ebenso großem Fleiß gelehrt und gelernt würde, als etwa andere orientalische Sprachen; sintemal die Malabaren ein großes und ein unzähliges Volk sind, denen hiermit aus ihrer heidnischen Blindheit durch Gottes Gnade wohl könnte geholfen werden, wenn alle evangelischen Könige und Potentaten hiervon mitarbeiten und genugsam Mittel darstrecken wollten. Es würde der Nutzen auch dieser sein, dass man aus ihren Schriften die Arcana ihrer Theologie und Philosophie verstehen könnte, darinnen man vielleicht so viel gutes und vernunftmäßiges antreffen würde als in dem schon längst ausgegrübelten Aristoteles oder anderen heidnischen Scribenten. Wie ich denn bezeugen muss, dass mir mein 70jähriger Schulmeister oft solche Fragen vorlegt, daraus ich genugsam verstehen kann, dass in ihrer Philosophie nicht alles so gar ungereimt sein mag, als man sich im Vaterland von dergleichen Heiden wohl einzubilden pflegt. Sie sind so klug, dass, wenn sie die Gelehrten in Europa auf dem Katheder aus der Logica, Rhetorica und Metaphysica disputieren hören sollen, würden sie darüber höhnisch lachen und solche große Kunst für die allergrößte Torheit halten, die in der Welt über das allgemeine Elend jemals könnte erdacht worden sein. Denn sie lieben freie, ungezwungene und deutliche Reden, die gute Räson mit sich führen und halten garnichts auf figürliche Redensarten, in Meinung, dass man diejenige Zeit, die man um selbige in ihren fremden und wunderlichen Farben recht zu kennen verwendet, mit weit größerm Nutzen in Untersuchung der Wahrheit selbst zubringen könne. Ich suche mit Fleiß hinter alle ihre Geheimnisse zu kommen und lasse mir um deswillen viele von ihren Schriften mit großen Unkosten abschreiben. Wenn sie nicht eine so große Liebe zu mir hätten und von mir eine aufrichtige Gegenliebe verspürten, so würden mir sie diese nicht zukommen lassen, wenn ich ihnen gleich für ein jedes Blatt einen Dukaten geben wollte. Mein alter Schulmeister disputiert oft den ganzen Tag mit mir, dadurch ich schon ziemlichermaßen hinter ihre Götter und Götzendienste gekommen bin. Ich gedenke aus ihm einen Christen zu machen, und er hat die Hoffnung von mir, dass ich noch einmal würde ein Malabare werden. Daher sucht er mir alles so gar deutlich zu demonstrieren, dass ichs nicht besser wünschen könnte. Der Name Christi ist wegen des ärgerlichen und schändlichen Lebens der Christen unter ihnen so verhasst und verachtet, dass sie meinen, es könne in der ganzen Welt kein böseres Volk gefunden werden als die Christen sind. Daher werden sie mit keinem Christen weder essen noch trinken noch selbigen in ihre Häuser lassen. Daher wird es nunmehr sehr schwer sein, etwas Gutes unter ihnen auszurichten, zumal weil sie überdies solche Argumente zur Beweisung ihres richtigen Weges herfürbringen können, die gewiss einen ziemlichen Schein haben. Es sind auch alle ihre Bücher mit lauter erfreulichen und anmutigen Dingen angefüllt, da ihnen hingegen das lebendig Wort Gottes lauter verdrießliche Dinge fürzustellen scheint. Da gehört denn nun eine göttliche Kraft dazu, wenn einer sich aus diesem Verhindernis herauszuwickeln und ein Christ zu werden resolvieren soll: da er denn mit dieser Resolution zugleich alle seine Güter und seine ganze Freundschaft verlieren muss. Jedoch dessen alles ungeachtet, so bin ich versichert, dass Gott dieses Werk nicht wird ohne sonderbaren Segen angefangen werden lassen und sehe, dass unter ihnen schon eine starke Bewegung vorgeht. Deswegen ich denn mit meinem lieben Mitkollegen desto getroster daran zu arbeiten mich befleißige, nicht achtend, ob wir auch die Verkündigung des Evangeliums mit unserm Blute versiegeln müssten. Es ist uns hierbei nichts nötiger als zulängliche Mittel an Geld, damit man diejenigen, so da Christen würden, notdürftig unterhalten könnte, auf dass sie nicht zu desto größerm Ärgernis nachmals von den Heiden ihr Brot mit Betteln suchen müssen. Wir haben auch in Vorschlag, eine Schule anzurichten, darinnen 12, 18 bis 20 malabarische zu eigen erkaufte Knaben sowohl in ihrer als auch unserer deutschen Sprache nebst der christlichen Lehre recht gründlich unterrichtet und nachmals wo nicht von uns doch von unsern Nachkommen an diesem Werke mit Nutzen gebraucht werden könnten, aber hierzu gehört ein großes Kapital. Item die christliche Lehre in die malabarische Sprache translatieren zu lassen und selbige nachmals zu tausendmal abzuschreiben und umsonst unter die Heiden zu teilen, erfordert gleichfalls sehr viele Unkosten. Andere gute Anstalten können Kürze wegen allhier nicht alle erzählt werden. Wir haben diesfalls nach Berlin und Halle an die Kinder Gottes und unsere lieben Freunde einen Brief geschrieben, dass sie unter sich um Beförderung dieses Werkes eine Steuer sammeln und uns selbige mit dem ersten Schiff überschicken möchten. Sollten demnach auch derselbe nebst andern dasigen Gott liebenden Freunden etwas dazu kontribuieren wollen, könnte solches nur in aller Eil an Herrn Professor Francke nach Halle geschickt werden mit derjenigen Antwort, die ich auf diesen Brief gewiss von ihm erwarte. Wir haben zwar alle solche Umstände nach unserm Gewissen Ihrer Königlichen Majestät zu Dänemark berichtet, und hoffen, dass er sich hierinnen ganz mildreich werde finden lassen. Alleine nachdem zum erstem Anfange dieses Werks so gar viel Gelder erfordert werden, so würde uns nicht zu viel überschickt werden, wenn auch gleich alle evangelischen Christen etwas dazu kontribuierten; sintemal man desto mehrere gute Anstalten machen könnte, je mehrere Mittel man hierzu überschickt bekäme. Ich und mein treuer Mitkollege haben beschlossen davon unermüdet mit Ringen und Kämpfen, mit Reden und Schreiben zu arbeiten und dabei alle Tag (Schreibfehler; richtig: alle Jahre) 200 Taler von unserm Salario darauf zu verwenden, in Hoffnung, dass selbige sich in dieser Wechselbank wohl verzinsen werden. Wir haben alle Tage sehr starken Zuspruch von Mohren und Malabaren, die uns von sich selbst Gelegenheit geben, unserm Endzweck immer näher zu kommen. Vor wenig Tagen sprach uns auch eine malabarische Frau zu und beschenkte uns mit sehr wohlzubereitetem malabarischen Konfekt. Ich sagte, dass wir in jenem Leben erst den rechten Konfekt über der Tafel Gottes essen würden. Sie antwortete, wir sollten für sie bitten, dass sie also denn auch bei uns sein und dergleichen genießen könnte. Sie glaube an selbigen Gott, ob sie ihn gleich noch nicht kennt und hätte genugsam erfahren, dass dieses nicht das rechte Leben sei, in dem sie in ihrer Jugend eine fürstliche Prinzessin gewesen, nunmehr aber durch Beraubung ihrer Güter eine gemeine Frau sein müsste; jedoch wäre sie dabei vergnügt, indem sie in der künftigen Welt einen bessern Zustand hoffte. Dergleichen Gespräche haben wir fast täglich, die denn Gott nicht ohne Segen sein lassen wird. Ach! Der Herr erbarme sich dieser armen Heiden und zeige Mittel und Gelegenheit, dadurch ihnen aus ihrer Blindheit geholfen werden möchte. Er nehme sich aber auch des allenthalben sehr verdorbenen Christentums an und lass darinnen gleichfalls fein viele gute Missionare gesendet werden, damit die Christen mit ihrer Bekehrung den Heiden vorgehen und dadurch ihnen ein gut Exempel zur Nachfolge geben möchten.

In Ostindien zu Tranquebar auf der Küste Coromandel den 25. Sept. 1706"

[Quelle:  Ziegenbalg, Bartholomäus <1682 - 1719>: Alte Briefe aus Indien : Unveröffentlichte Briefe 1706 - 1719 / Bartholomäus Ziegenbalg. Hrsg. von Arno Lehmann . -- Berlin : Evang. Verl.-Anst., 1957. -- 552 S. -- S. 38 -42]


3.2.2. 1706-10-01 Brief Ziegenbalgs an August Hermann Franke


"An A. H. Francke

Tranquebar, 1.10.1706

Immanuel!

In unserm Heilande Jesu Christo sehr wertgeschätzter Freund und Gönner.

Nachdem ich nebst meinem lieben Mitkollegen Herrn Heinrich Plütschau durch die große Gnade und Barmherzigkeit Gottes nunmehr glücklich allhier angelangt bin und auch schon einige Zeit unter hiesigen malabarischen Heiden meinen Umgang gehabt, also dass ich ziemlichermaßen eines Teils die große Schwierigkeit, andern Teils aber gleichwohl auch die Möglichkeit desjenigen Endzweckes einsehen können, wozu wir eigentlich von Ihro Königlichen Majestät zu Dänemark hierher gesendet worden, so hab ich diese große Gnade Gottes unter andern auch demselben nicht verschweigen sollen, sondern Ihm hiermit eine Gelegenheit, Gott nebst uns höchlich zu preisen, geben wollen; in Hoffnung, dass zugleich auch andere liebe Freunde daselbst sich zum Lobe Gottes hierdurch werden aufmuntern lassen. Wir waren anfänglich sehr niedergeschlagenen Gemütes und fanden, dass alles schon durch das ärgerliche Leben der Christen unter diesen Heiden verderbt worden sei; überdies konnten wir auch genugsam verspüren, dass unsere Ankunft den meisten unter den Christen wegen unseres Vornehmens teils ganz lächerlich vorkam, teils aber ihnen ganz zuwider war. Aber diesem allen ungeacht hielten wir doch beständig an im Bitten und Flehen bei Gott, dass selbiger uns eine Tür öffnen möchte und sich desto inniger mit seiner Gnade zu uns halten, je weniger Beistand wir von Menschen zu hoffen hätten. Hierauf ließ uns Gott durch ein Exempel kräftig getröstet und zugleich versichert werden, dass er sich durch uns allhier unter den Heiden nicht unbezeugt lassen wolle. Sobald als wir allhier angelangten, kam ein junger malabarischer Mensch auf unser Schiff und fragte uns, ob wir ihn zu unserm Diener nehmen wollten. Wir erkannten solches für eine Schickung Gottes und nahmen ihn alsbald zu unserm Diener an. Dieser, nachdem er acht Tage um uns gewesen und unsern Wandel gesehen hatte, fragte er, ob er nicht beständig bei uns bleiben könnte und dermaleins auch zugleich mit nach Europa gehen. Wir sagten, dass wir solches wohl tun wollten, wenn er sich resolvierte,
ein Christ zu werden und die deutsche Sprache zu lernen. Hierzu war er ganz willig, verlangte aber vorher im Christentum wohl unterrichtet zu werden. Was sich alsdann bisher mit ihm zugetragen hat, kann Derselbe kürzlich aus demjenigen Brief ersehen, den ich hiervon nach Berlin an Herrn Lange, Lysius und Kampe geschrieben habe; wie Er denn auch von vielen andern Umständen von dannen gute Nachricht erhalten wird. Wir haben alle Tage starken Zuspruch von den Heiden, konnten aber noch sehr wenig mit ihnen reden, weil wir uns auf dem Schiffe keiner anderen als nur der dänischen Sprache befleißigen können. Weswegen wir gleich anfänglich unsere meiste Zeit in Erlernung der portugiesischen Sprache zubrachten, bis wir endlich nunmehr darinnen schon so weit gekommen sind, dass wir alles darinnen reden und schriftlich aufsetzen können, was da zur Beförderung unsers Amtes gereichen möchte. Nachdem haben wir auch die malabarische Sprache angefangen, wozu wir einen eigenen Schulmeister mit einer kleinen Schule in unserm Hause halten, und hoffen, durch die Gnade Gottes gleichfalls darinnen gute Progressen zu tun; haben auch schon eine kleine Instruktion von dem Christentum nebst dem Vater Unser und einem Gebet um wahre Bekehrung erstlich in Portugiesisch aufgesetzt und nachmals in diese translatieren lassen, welches ich hiermit überschicken und in die Naturalien-Kammer daselbst verehren wollen. Hierbei haben wir fast täglich Gelegenheit gehabt, diesen Heiden auch mündlich das Evangelium zu verkündigen, wo nicht zu ihrer Bekehrung, dennoch zum Zeugnis, dass ihnen Gott seine Gnade angeboten hat. Solchergestalt ist diese kurze Zeit über beides unter den Christen als auch Heiden eine starke Bewegung der Gemüter vorgegangen, also dass unsere Absicht auch dem Könige Tranjou (= von Tanjore) nicht mehr verborgen sein kann, indem uns ehemals ein Bedienter von ihm zusprach, mit welchem wir bisher Briefe gewechselt haben, und zu welchem ich auch heute meinen Diener Modaliapen um einer gewissen Sache abgesendet habe.

Der Kommandant kann uns nichts anders als nach unser Instruktion nebst dem Sekret-Rat hilfliche Hand leisten; aber gleichwohl wird besorgt, dass solchergestalt ein Aufruhr möchte verursacht werden. Wir gaben vor wenig Tagen ein Memorial ein, dass uns alle evangelischen Einwohner allhier ihre Sklaven des Tages zwei Stunden zukommen lassen möchten, damit sie im Christentum erstlich wohl unterrichtet und nachmals durch die Taufe der Gemeinschaft Jesu Christi gewürdigt würden; worauf denn der Kommandant uns selbst besuchte und in Kurzem selbige uns zu überschicken versprach. Sintemal er weiß, dass wir einen schriftlichen Befehl haben, mit einer jeden Gelegenheit an den König nach Dänemark zu schreiben und ihm alles nach unserm Gewissen zu berichten, was dieses Werk teils verhindern, teils auch befördern könnte. Es sind sehr viele Deutsche allhier, die uns oftmals ersucht haben, dass wir alle Wochen einmal predigen möchten, dergleichen uns auch anfänglich der Kommandant selbst auftrug. Aber die dänischen Prediger setzen sich heftig dawider, weswegen wir sie nicht einmal darum aufsuchen wollen, sondern sind gesonnen, mit der Hilfe Gottes eine eigene Kleine Kirche für die Heiden in unserm Hause anzurichten, darinnen in der portugiesischen Sprache, wo nicht gepredigt, doch fleißig katechesiert werden möchte. Nachdem können wir denn gleichfalls nach Verlangen für die Deutschen wöchentlich ein oder zweimal eine Versammlung anstellen, auf dass man solchergestalt Gelegenheit habe beides, unter den Christen als auch Heiden rechtschaffene Zeugen der Wahrheit zu sein. Und ob wir gleich dabei sehr viele Verfolgung werden auszustehen haben, so wird diese doch viel mehr eine erwünschte Beförderung als eine Hinderung an diesem Werke des Herrn sein. Überdies haben wir uns auch gänzlich mit Leib und Seel dem Herrn aufgeopfert und würden daher in der Kraft des Herrn bereit sein, die Verkündigung des Evangeliums mit unserm Blute zu versiegeln, so uns anders Gott dergleichen würdigen wollte. Ich gedenke oftmals an die Worte, die ehemals Derselbe zu mir redete, als ich mich dazumal schon resolvierte, in ferne Landen mich schicken zu lassen; aber nachmals wegen meiner Unpässlichkeit verhindert wurde, da Er sagte: Wenn man eine Seele unter dergleichen Völkern rechtschaffen zu Gott führte, so wäre solches eben so viel, als wenn man in Europa hundert gewönne: indem diese täglich genugsam Mittel und Gelegenheit zu ihrer Bekehrung hätten; jene aber dergleichen mangelten. Hiernebst muntert mich auch sehr auf, was mir der Herr D. Breithaupt bei meinem Abschiede von Merseburg in mein Stammbuch geschrieben hat, welches also lautet: Ideo nos facti sumus Christiani, ut plus de futura quam de hac vita laboremus. Dieses lass ich mir meine tägliche Erinnerung sein, damit ich nicht müde werden möchte, mein Tun und Lassen beständig auf die unsichtbare Ewigkeit zu richten und dabei die Welt sowohl in ihrer Herrlichkeit als auch in ihrer Bitterkeit wenig zu achten. Hierinnen ist denn mit mir gleiches Sinnes mein lieber und getreuer Mitbruder Herr Heinrich Plütschau, und suchen einander stets dessen zu erinnern und in vereinigtem Gemüt an der Aufrichtung des Reiches Jesu Christi sowohl in uns als auch unter den Heiden zu arbeiten; sind auch versichert, dass Gott unser Amt allhier nicht ungesegnet sein, noch uns in unserm Vertrauen zuschanden werden lassen. Hierbei trösten wir uns der gnädigen Verheißungen Gottes und des Gebets vieler gläubigen Seelen in Deutschland, die gewiss bis hierher an uns und den Heiden mehr ausgerichtet haben als wir selbst.

Es sind aber diese malabarischen Heiden ein sehr kluges und verständiges Volk, welche da mit großer Weisheit wollen gewonnen werden. Sie haben eben eine so akkurate Analogie in ihren Glaubenssachen, als wie wir Christen wohl haben mögen. Sie sind von dem zukünftigen Leben weit kräftiger überzeugt als die atheistischen Christen. Sie haben sehr viele Bücher, von welchen sie sagen, dass sie selbige gleichfalls von ihren Göttern empfangen haben als wie wir die heilige Schrift. In selbigen sind lauter lustige Historien von ihren Göttern und sehr annehmliche Dinge von der zukünftigen Welt enthalten, also dass ihnen hingegen unser Wort Gottes lauter verdrießliche Sachen vorzutragen scheint. Sie führen dabei ein sehr stilles, ehrbares und tugendsames Leben, darinnen sie es aus ihren bloß natürlichen Kräften den Christen zehnfältig zuvortun. Sie haben für ihre Götter eine große Ehrerbietigkeit, also dass, da ich kürzlich in der Translation vorkam, wie man Gottes Freunde und Kinder werden könnte, unser Schulmeister solches verneinte und anstatt dessen setzen wollte, wie Gott uns vergönnen möchte, seine Füße zu küssen. Sie erkennen nur ein einziges göttliches Wesen, aber solchergestalt, dass es sich vervielfältigt habe und teils im Himmel teils auch auf Erden zu deren beständigen Unterhaltung und glücklicher Regierung viel Götter eingesetzt. Wir gingen gestern ein wenig ins Land hinein spazieren und kamen zu einer Pagode, darinnen ihres großen Gottes Isparae (= Īśvaran = Śiva) Weib als eine Göttin verehrt wird; um selbige standen sehr viel aus Porcelin gemachte Götter; wir voll göttlichen Eifers stießen einige um, einigen schlugen wir die Köpfe ab, dabei den armen Leuten zeigend, dass solche unmächtige und nichtige Götzen wären, die weder sich selbst, noch viel weniger ihren Dienern einige Hilfe tun könnten. Hierauf antwortete uns ein Wathyjayr [ஆசாரியன் ācāriyaṉ] oder Lehrer, dass dieses keine Götter sondern nur Gott seine Soldaten wären. Wir brachten ihn endlich so weit, dass er es als eine Torheit bekennen musste, dabei sagend, dass das einfältige Volk mit Anschauung dergleichen Bilder stets auf das Zukünftige müsste gerichtet bleiben. Dergleichen Götzenbilder haben wir oft zu tausenden beisammen auf einem Platze gesehen. Ob man sie aber gleich hierinnen überzeugt, dass solches samt ihrem ganzen Götzendienste falsch sei, so wissen sie doch hinwiederum sehr vieles, uns Christen zu zeigen, dass mit ihrer Meinung von Gott nicht bestehen kann; sonderlich haben sie wegen des so gar ärgerlichen Lebens der Christen einen ungemeinen Abscheu vor dem Christentum, also dass sie meinen, es sei kein ärger und böser Volk in der Welt anzutreffen als die Christen. Daher sie auch oftmals gefraget, ob sie denn in Europa eben ein so böses Leben führten als allhier in Ostindien: worauf, wenn wir die eigentliche Wahrheit hätten bekennen sollen, würden sie sich noch schwerlicher zum Christentum bringen lassen. Sie essen und trinken mit keinem Christen, lassen selbige auch nicht in ihre Häuser kommen, und wenn einer von ihnen ein Christ werden will, muss er hiermit zugleich alle seine Güter und seine ganze Freundschaft verlassen und der aller verachtetste Mensch in ihren Augen sein. Dieses sind lauter solche Dinge, die an ihrer Bekehrung ein großes Hindernis geben: Gott aber kann durch seine Kraft überschwenglich tun und hierinnen dasjenige möglich machen, was unsern Augen unmöglich zu sein scheinet. Indessen wünschen wir, dass uns in äußerlichen zulängliche Mittel möchten zugeschickt werden, dass man hierzu nötige Anstalten machen und das Werk mit allem Ernst anfangen könnte. Zum fördersten erkennen wir sehr dienlich zu sein, dass von den malabarischen hierzu mit Geld erkauften Kindern eine Schule angerichtet werde, darinnen solche Subjecta könnten zubereitet werden, welche nachmals wo nicht uns, doch unsern Nachkommen an diesem Werke zu dienen tüchtig sein möchten: wie wir denn schon hiervon einen kleinen Anfang gemacht haben. Nebst diesem haben wir in Willens, durch göttlichen Beistand die ganze christliche Lehre einfältig und deutlich erstlich in portugiesischer Sprache aufzusetzen und nachmals in die malabarische translatieren zu lassen; damit durch Abschreibung und Verteilung sehr vieler Exemplare selbige diesen Heiden bekannt werden und sie hierdurch alle insgesamt eine genügsame Überzeugung bekommen möchten, dass Gott ihre Bekehrung mit allem Ernst gesucht und nicht gewollt, dass sie in ihrem Unglauben verderben sollen. Nach dem ist auch höchst nötig, dass solche Anstalten wegen der bekehrten Heiden gemacht würden, dass da sie um des Namens Christi willen ihre Güter verlassen müssen, von uns notdürtig könnten unterhalten werden, wozu aber insgesamt sehr viel Unkosten erfordert werden, sowohl hiervon einen rechten Anfang zu machen als auch solches alsdann beständig in göttlichem Segen fortzusetzen. Weswegen wir an dasige Gott liebende Freunde einen Brief geschrieben und darinnen gebeten, dass sie aus erbarmender Liebe den armen Heiden mit einer Steuer zu Hilfe kommen möchten: welchen Derselbe verhoffentlich allen denjenigen zeigen wird die Er hierzu bereitwillig erkennet, und nachmals die Frucht ihrer Liebe entweder in aller Eil nach Berlin oder an Herrn D. Lütkens nach Kopenhagen schicken. Wir geben hiermit zugleich einem jeden die Freiheit, an uns zu schreiben und versichern alle insgesamt unsere herzliche und brüderliche Liebe, wünschend, dass Gott sie reich machen wolle in himmlischen Gütern und allerlei geistlichen Gaben, zu erkennen die überschwenglich große Gnade, die ihnen für den Heiden in Christo Jesu widerfahren ist, und zu wandeln würdiglich demjenigen Beruf, dazu sie berufen sind. Sonderlich wolle Gott Denselben reichlich mit Kraft aus der Höhe ausrüsten und in seinem Amte ihm großen Segen widerfahren lassen, dass viele Pflanzen der Gerechtigkeit daselbst möchten erzogen und zur Ausbreitung des Gnaden-Reiches Jesu Christi tüchtig gemacht werden. Ich bitte, Herrn D. Breithaupt und Herrn D. Antonius in dem Herrn freundlich zu grüßen, desgleichen auch Herrn M. Freylinghausen, Herrn M. Wiegleb, Herrn Zöllner, Herrn Crasselius und alle andern, die am Werk des Herrn daselbst arbeiten. Mein lieber Mitkollege Herr Heinrich Plütschau wünscht ihnen insgesamt den Segen des Herrn in allen ihren Verrichtungen. Sie beten fleißig für uns. Der Gnade und Liebe Jesu Christi Sie samt und sonders ergebend, verbleibe ich unter dem Schutz des Allmächtigen


In Ostindien zu Tranquebar
auf der Küste Coromandel
den 1. Oktob. Anno 1706

Dessen zu Gebet und Liebe verbundener
Bartholomäus Ziegenbalg
Diener göttlichen Wortes unter den Heiden"

[Quelle:  Ziegenbalg, Bartholomäus <1682 - 1719>: Alte Briefe aus Indien : Unveröffentlichte Briefe 1706 - 1719 / Bartholomäus Ziegenbalg. Hrsg. von Arno Lehmann . -- Berlin : Evang. Verl.-Anst., 1957. -- 552 S. -- S. 42 -46]


3.2.3. 1709-10-07 Brief Ziegenbalgs an Rektor Weitzmann in Pulsnitz <Auszug>


"An Rektor Weitzmann in Pulsnitz (Extrakt)

Tranquebar, 7.10. 1709

Auf die Fragen, die der Herr Vetter an mich getan, antworte ich ganz kürzlich und berufe mich auf die Antwort, die ich schon andern guten Freunden gegeben, die Ihm vielleicht nicht verborgen bleiben wird.

  1. Tranquebar ist eine dänische Festung, hat ein schön Kastell und ist mit einer schönen festen Ring-Mauer umgeben, die allenthalben mit starken Stücken belegt, die Stadt an sich selbst ist nicht allzu groß aber sehr volkreich.
     
  2. Der jetzige Kommandant heißt Hassius, ist aus Norwegen von deutschen Eltern gebürtig, hat sich lange in Dresden aufgehalten und zu Wittenberg studiert.
     
  3. Die Besatzung der Europäer mag ungefähr in 200 Mann bestehen, daneben aber sind viel schwarze Soldaten, die man Taliaren nennt.
     
  4. Unter den Europäern sind nur etlich freie Bürger, die übrigen stehen alle in der Kompanie Diensten und haben ihre gewisse Bestallung, der Heiden und Mohren ihre Bürgerschaft ist sehr stark.
     
  5. Dies Regiment der Blanken sollte nach unsers Königs Gesetz administriert werden, alleine weil unser allergnädigster König von hier so gar weit entfernt ist, so wird wenig Reflexion auf sein Gesetz gemacht, sondern die Herren regieren nach ihrem Gefallen.
     
  6. Es sind dreierlei Gerichte allhier, ein christliches, ein mohrisches oder mohammedanisches und ein heidnisches. Jedoch können die Mohren und Heiden diejenigen Sachen, so sie untereinander nicht ausmachen können, an das christliche Gericht übergeben, welches gerne angenommen wird, sonderlich wenn etwas dabei zu holen ist.
     
  7. Die Heiden judizieren alle nach Gewohnheit und ihren alten Satzungen, ein geschriebenes Gesetz haben sie nicht unter sich, ohne dass man in ihren moralibus viele Regeln findet, nach welchen Justiz-Personen zu urteilen hätten.
     
  8. In Tranquebar sind 5 große Pagoden oder Götzen-Tempel der Heiden und nebst selbigen unterschiedliche kleine. Auf den dazu gehörigen Dörfern sind gleichfalls teils große, teils kleine Pagoden, die Mohren haben eine feine Kirche allhier in der Stadt und eine oder zwei auf einem nahe gelegenem Dorfe. Die Katholiken haben auch eine Kirche, darinnen aber fast eben diejenigen Zeremonien gebraucht werden, als in der Heiden Pagoden, ohne dass die Bilder verändert sind. Die Dänen haben eine feine Kirche, die da Zion heißt, worinnen wir zwei Jahre deutsch gepredigt haben, aber nunmehr solches nicht mehr tun aus oben angeführten Ursachen.
     
  9. Dieser Ort ist ganz bequem gebaut und durchgehend fast von lauter gebrannten Mauer-Steinen aufgeführt.
     
  10. Die hiesigen Materialien zu bauen sind gebrannte Ziegelsteine davon 1000 13 Gl. gelten, Leim, (?) -holz, welches zu Sparren gebraucht wird, eine andere Art Holz, welches zu Latten gebraucht wird, Pfosten, Balken und Bretter, welche aber teils aus Europa, teils aus andern entlegenen Provinzen hierher gebracht werden, daher sie sehr teuer sind, und das ist die Ursache, warum so wenig Gebäude mit Holz aufgeführt sind.
     
  11. Unser Jerusalem ist von lauter Ziegelsteinen aufgeführt, wozu wir von unserm Salario 200 Rthlr. gegeben, 50 Rthlr. wurden von einigen guten Freunden unter den Blanken geschenkt, auch gab der Herr Kommandant, als er sah, wie der Bau seinen Fortgang hatte, zwanzigtausend Mauer-Steine dazu, ohne was sonst einzeln dazu kontribuiert wurde. Hinfort aber soll dieses Jerusalem entweder zu der portugiesischen Kirche gebraucht werden und zu der malabarischen soll ein weit größeres Gebäude aufgeführt werden, oder man wird es etlichemal größer bauen und eine neue portugiesische Kirche aufführen.
     
  12. Die Länder auf dieser Küste werden regiert fast eben in der Form als wie im Vaterlande, ohne dass weit größere Kontributionen sind, also dass die Einwohner fast keine Possessores ihrer Güter sind, sondern lauter Sklaven ihres Königes, weil sie von 5 Teilen 4 Teile Schoß geben müssen und nur einen Teil für sich behalten.
     
  13. Es regiert allhier ein König, so der König von Tanjour [Thanjavur தஞ்சாவூர்] genannt wird, weil er in der Stadt Tanjour residiert, aber er hat nur den Titel eines Königes und keine Krone, sonder ist ein Vasall vom großen Mogul; nebst ihm regiert eine Königin, so ein weit größer Land hat, sie ist aber gestorben und durch die Brahmanen nunmehr vermittelt worden, dass keine Frau mehr sondern eine Manns-Person das König-Reich regieren muss. Nachmals sind viel kleine Fürsten, die entweder ein geerbtes Land haben oder von andern einige Festungen gepachtet nebst einem großen Stück Landes.
     
  14. Die Ober- und Unter-Gerichte der Europäer sollen nach unsers Königes Gesetz gehandhabt werden, der Schwarzen ihr Gericht wird oben gedachtermaßen nach ihren alten Gewohnheiten gehalten.
     
  15. Die Arten des Gottesdienstes unter den Europäern sind nach dem dänischen Kirchen-Ritual eingerichtet. Der Mohren und Malabaren ihr Gottesdienst besteht in so vielfältigen Arten, dass man ein ganzes Buch davon schreiben könnte. Die Heiden pflegen niemals in ihren Pagoden zu lehren, zu predigen oder sonst auf andere Art zu ihrer Erbauung zusammenzukommen, sonder sie gehen nur hinein, vor ihren Göttern ein Salam zu machen, oder ihnen zu opfern, oder darinnen zu tanzen, welches täglich die Tanzhuren tun, oder gewisse Gebets-Formeln herzurezitieren etc.
     
  16. Die Beamten unter den Heiden, sie mögen sein in geistlichem oder weltlichem Stande, haben ganz geringe Salaria nach der Beschaffenheit dieses Landes, als worinnen man weit wohlfeiler leben kann in Essen, Trinken und Kleidung als in Europa: Ohne dass jetzt eine sehr teure Zeit gekommen.
     
  17. Was hohe Malabaren sind, die arbeiten nicht viel, sondern haben ihre Sklaven, die da arbeiten müssen, ihre Nahrung besteht in Kaufhandel, in Wechsel, in Pachten etc. Der gemeinen Leute ihre Nahrung besteht in Ackerbau, in Viehzucht, in Spinnen, in Weben, in Waschen, in Wassertragen, in Fischen, in Verkauf allerlei Früchte und Esswaren etc.
     
  18. Das Essen der Blanken besteht in Ochsen-, Kühe-, Schwein-, Schaf- und Kälberfleisch, in Hasen, Vögel, Hühner, Hähnen, Fischen etc.; man kann auf einem Gastgebot über hunderterlei Gerichte auftragen, aber keine Speise hat solche Kraft als in Europa. Die Malabaren essen Reis und ein wenig Kohl oder Fische dabei, selten dass einer eine Henne sich kochen lässt. Die Allerwenigsten essen, was Leben hat, sondern lauter Kräuter und Früchte etc.
     
  19. Die Viehzucht besteht in Ochsen, Kühen, Büffeln, Schweinen, Schafen, Ziegen etc.
     
  20. Der Fischfang ist allhier sehr groß, wie denn vier kleine Fischer-Dörfer zu Tranquebar gehören, da lauter Fischer drinnen wohnen, einige fischen in Flüssen, die meisten aber im Meer, und zwar nur mit etlichen zusammengelegten Bäumen, darauf sie täglich in die weite See fahren und oftmals den Tag über sehr viel Fische fangen. Allhier kann man recht verstehen, wenn es oftmals in den Evangelisten steht: dass Christus sei an den See gegangen und habe zu dem Volk eine Predigt gehalten, denn wenn ich am Seestrand gehe, so finde ichs allenthalben voller Menschen, einige flicken ihre Netze, einige gehen weg, einige kommen zu, einige sind im Meer, einige auf dem Lande, mit welchen ich denn oftmals lange Diskurse anstelle aus dem Worte Gottes.
     
  21. Die vielfältigen Arten der Fische sollten mir schwerfallen zu erzählen, würde auch schon eine ziemliche Zahl beschreiben können, aber sie haben alle malabarische und portugiesische Namen, so dass man sie nicht würde kennen lernen können, es sei denn, dass man ihre Gestalt, Größe und Farben vermeldete, welches sehr weitläufig fallen würde.
     
  22. Die Handlung besteht in Seidenzeug, in Kattunzeug, in Schildereien, in Tee, Zucker und unzähligen Specien der Kaufwaren.
     
  23. Tuch hat man allhier nicht, es sei denn, dass es aus Europa gebracht würde, wie man denn fast alles allhier haben kann, was man in Europa hat durch die Schiffe, so jährlich hin und her gehen, ohne nur, dass alles teuer ist.
     
  24. Von eigentlichen Viehhändlern weiß ich nichts, man kann aber alles ums Geld zu kaufen kriegen, ohne Pferde nicht, die sehr teuer sind und von Asien und Persien kommen, doch kann man auch selbige zu kaufen haben.
     
  25. Der Handwerks-Leute sind fast so viel Arten als in Europa, man findet Schneider, Schuster, Schmiede, Gold-Schmiede, Tischler, Zimmerleute, Drechsler, Strumpfstricker, Maler, Barbier, Leinweber, Färber, Maurer, Ziegelbrenner etc.
     
  26. Die Bekehrung der Heiden ist ein Werk Gottes gewesen, wozu wir nichts anders kontribuiert haben, als nur ihnen das Wort Gottes von Buße und Glauben vorgetragen. Der Anfang war der allerschwerste, weil man die sehr schwere malabarische Sprache lernen musste, nachmals ist alles nur mit Lust vonstatten gegangen. Hätte man uns nur im geringsten hilfliche Hand geboten, so sollten schon weit mehr als tausend Heiden zu der christlichen Religion getreten sein, ja es schickten einstmals die katholischen Christen aus dem Lande von Tanjour zu uns und sagten, dass ihrer noch über 80 Tausend wären, so hin und her zerstreut herum gingen, könnten wir ihnen nun behilflich sein, dass sie in der Nähe herum ein wenig Land zu bauen bekommen könnten, so wollten sie nach und nach zu unserer Religion treten, aber wir mussten ihnen ihre Bitte abschlagen und durften es nicht einmal vor den Kommandanten vorbringen, sonst hätte es gleich geheißen, wir wollten eine Rebellion anrichten. Große Familien von Hohen und Niedrigen haben unter den Heiden zu unserer Religion treten wollen, jedoch solchergestalt, dass sie wider ihre Feinde möchten geschützt werden und zu ihrer rechten Sache kommen, auch alsdann von uns sich eine rechte Liebe versprechen, aber weil man uns in allem konträr gewesen, so haben wir sie alle mit Schmerzen von uns gehen lassen müssen.
     
  27. Der Numerus unserer Gemeinde ist mit den ungetauften Katechumenen 145 Personen, darunter aber unterschiedliche gestorben sind, so auf unserm Kirchhof neben der Kirche begraben liegen.
     
  28. Die Früchte des Landes sind Reis und allerlei Kohl und Gran, Garten-Früchte sind nicht viel, die meisten bestehen in grünen Esswaren der Malabaren. Die Baumfrüchte taugen nicht viel, ausgenommen die Kokos-Nüsse, die Feigen, die Manoes [Mango] und die Cojares etc.
     
  29. Das Jahr wird ebenso eingeteilt als wie in Europa, die Heiden haben eben die 12 Monate, die wir haben, ohne nur dass sie in allen Monaten 9 Tage hinter uns herzählen, dass wenn wir den 9. Oktober haben, sie den 1. Okt. schreiben. Hier ists jahraus jahrein grün, die Bäume tragen zweimal Frucht, und die Früchte des Landes werden gleichfalls zweimal geerntet, einige auch drei und mehrmahl nach dem sie sind.
     
  30. Die Mohren oder Mohammedaner halten sich in großer Menge allhier auf, darum weil das ganze Land unter dem Gebiete des großen Moguls liegt, von welchem die Mohren dependiren. Sie haben den meisten Kaufhandel allhier, die andern Nationen halten sich gleichfalls des Handels wegen allhier auf.
     
  31. Die europäischen Nationen, so auf dieser Küste wohnen, sind Portugiesen, Franzosen, Engländer, Holländer und Dänen.
     
  32. Druckereien sind nicht allhier, sondern alle Bücher unter Mohren und Malabaren werden auf Palmen-Blätter geschrieben, welche nummeriert und durch ein Band zusammengefügt werden. Von mir sind numehr 16 Bücher in dieser Sprache geschrieben worden, teils kleine, teils große, alle zur Erbauung unserer Kirchen und Schule. Die malabarische Schule besteht nunmehr in 27 discipuln, welche alle gute Ingenia haben. Die portugiesische besteht in 15 Kindern, wir hoffen, dass wir nunmehr bald eine Buchdruckerei werden anrichten können, sintemal wir deswegen an unsern allergnädigsten König geschrieben.
     
  33. Die malabarischen Bücher sind eben nicht teuer, aber man kann sie nicht wohl bekommen, weil in ihrem Gesetz ernstlich verboten steht, dass sie ihre Bücher nicht verkaufen sollen, sonderlich wird es unter ihnen für eine große Sünde geachtet, wenn ihre Arcana den Christen geoffenbart werden. Ich habe aber gleichwohl eine Bibliothek von 300 malabarischen Büchern, so ich mir mit großer Mühe angeschafft und allenthalben weit im Lande auskundigen lassen, die Heiden verwundern sich nicht wenig, dass ich zu dergleichen Büchern gekommen, als unter welchen sie viele selbst noch nicht gesehen haben.
     
  34. Die schleunige Erlernung dieser malabarischen Sprache ist den Heiden selbst ein großes Wunder, ich schreibe aber alles der sonderbaren Gnade Gottes zu.
     
  35. Diese Heiden haben allenthalben Schulen unter sich, man findet auch alle philosophischen Disziplinen unter ihren Büchern, gleichwohl aber studieren sie nicht auf solche Art als in Europa geschieht, haben auch keine Universitäten, sondern ein jedweder, der einen guten Kopf hat, der mag lesen, was er will und sich in allen Wissenschaften üben. Jedennoch findet man wirklich solche Leute unter ihnen, die Sastriöl [śāstrin] oder Gelehrte genannt werden und deswegen einen sonderlichen characterem haben; mit welchen ich unterschiedliche Disputationen gehalten habe.
     
  36. Die gemeinsten Krankheiten allhier sind: Das hitzige Fieber, der Lauf, Kopfwehtage, Augenwehtage, Brustschmerzen, die Cholica, die Wassersucht, die Lähmung der Glieder und alle andere Krankheiten, so in Europa bekannt sind.
     
  37. Diese Heiden haben sehr kluge und erfahrene Medicos unter sich, von welchen sie sich kurieren lassen, auch brauchen gemeiniglich die Europäer dergleichen heidnische Medicos, wie ich selbst zu unterschiedlichen Malen getan habe.
     
  38. Die Toten werden erstlich beklagt mit großem Geheule, nachmals kommen die Pfeiffer und Trommelschläger und machen vor der Tür ein gräuliches Lärmen, alsdann wird der Tote auf ein Brett gelegt, das vier Stangen in die Höhe hat und oben vermachet ist, auch mit allerlei Blumen und mit grünen Gewächsen behangen ist, darauf wird er unter Pfeiffen und Trommeln zum Tore hinausgetragen an denjenigen Ort, da sie alle ihre Toten verbrennen, und alsobald verbrannt, der Leiche folgen einige von den Freunden und Bekannten.
     
  39. Die Malifikanten haben unter diesen Heiden wenig Strafe, denn wer Geld geben kann, ist vorm Tode ganz sicher, überdies pflegen die Malabaren nicht gerne eine Fliege totzuschlagen, geschweige einen Menschen zu töten.
     
  40. Diese Heiden verkaufen einige von ihren Kindern ohne Kondition zu Leibeigenen, einige aber übergeben sie andern zu ihren Kindern über, davon sie aber ihr Lebtage nichts mehr zu prätendieren haben. Niemals geschieht ein Wiederkauf, wohl aber ein Verkaufen ander Leute nach Profit.
     
  41. Die Polygamie konzedieren sie einesteils darum, weil ihre Götter alle insgesamt viel Weiber haben, andernteils aber dass sie zu der vielen Hurerei keine Gelegenheit geben möchten. Denn keiner darf aus seinem Geschlechte freien, nun aber muss er manchmal lange warten, ehe er eine ihm anständige Frau unter seinen Freunden bekommen kann und ehe er zu einem solchen Stande gelangt, darinnen er seinesgleichen heiraten mag. Daher nimmt er unterdessen eine oder zwei Weiber aus geringem Stande, braucht sie so lange, bis er Gelegenheit sieht, dass er nach seinem Stande gebührend heiraten kann. Und dieses geschieht dann legitime durch die Priester, die erste Heirat aber ist nicht legitime, sondern nur von Eltern und guten Freunden konzediert worden. Daher ist nachmals auch ein Unterschied unter ihren Kindern, ja einige werden miteinander zu 8, 10, 12 Jahr verheiratet, dass sie sich mit andern Huren nicht verunreinigen sollen. Welches aber oftmals auf eine üble Ehe hinausläuft, und weil diese Heiden so gar sehr zu der Sünde wider das sechste Gebot geneigt sind, so wollen sie nicht gerne zu unserer Religion treten, weil ihnen darinnen sowohl die Hurerei als auch die Polygamie verboten wird, welches sie in ihrem Heidentum frei haben und ungestraft bleiben.

Dieses ist also die kurze Beantwortung der getanen Fragen, welche der Herr Vetter zugleich auch andern guten Freunden daselbst kommunizieren kann. Schließlich versichere ich Ihn meines Gebets und bitte all diejenigen von mir freundlich zu grüßen, die mich haben grüßen lassen. Der Herr lasse es ihnen an Leib und Seele wohl gehen gleichwie es mir wohlgeht. Meine schwarzen Schäflein in unserer Gemeinde und alle meine Herren Kollegen lassen Sie gleichfalls alle in dem Herrn freundlich grüßen und begeben sich in ihr Gebet. Der Herr lasse uns die gesegneten sein in Zeit und Ewigkeit Amen! Hiermit verharre ich unter der Gnade Jesu Christi

Meines Herrn Vetters und Herzens-Freundes zu Gebet und Liebe verbundener

Bartholomäus Ziegenbalg

Geschrieben zu Tranquebar auf der Küste Coromandel Diener göttlichen Wortes unter den Heiden in Ostindien den 7. Okt. 1709 an der Gemeinde zu Jerusalem."

[Quelle:  Ziegenbalg, Bartholomäus <1682 - 1719>: Alte Briefe aus Indien : Unveröffentlichte Briefe 1706 - 1719 / Bartholomäus Ziegenbalg. Hrsg. von Arno Lehmann . -- Berlin : Evang. Verl.-Anst., 1957. -- 552 S. -- S. 116 -121]


3.2.4. 1709-10-10 Brief Ziegenbalgs an M. Lange, Berlin


"An M. Lange - Berlin

Tranquebar, 10.10.1709

Jesum und alles Vergnügen.

In demselben hochgeliebter Freund und Bruder.

Unter währender Zeit, als ich meinen Brief von unserm Poeten, Kanabadi wathiar genannt, nebst seinen 608 Fragen geschrieben, so haben sich solche Dinge mit selbigem zugetragen, die würdig sein, dass sie meinem hochgeliebtem Freund berichtet werden. In meiner kurzen Vorrede über die 608 Fragen hab ich geschrieben, wie ich schwerlich glaubte, dass er werde ein Christ werden, weil er sich allzusehr von der Vernunft führen ließ; aber ich bin in meinem Unglauben sehr bestraft worden, da ich gesehen, wie er bisher die vorkommende Gnade Gottes an sich arbeiten lassen. Denn als er von uns zu der malabarischen Schule gewidmet wurde, darinnen er lauter christliche Bücher traktieren musste, auch Gelegenheit hatte, das Wort Gottes von uns zu hören, so tat er erstlich dieses und machte ohne unser Geheiß Verse über die Zehn Gebote und sang sie mit den Kindern in einer gewissen Melodie. Als er das getan, machte er andere Verse über die ganze Historie Christi, setzte sich mit den Kindern oben auf den Altan unsers Hauses und sang dergleichen Verse mit den Kindern für jedermanns Ohren. Wir unterließen indessen nicht, ihn immer zu vermahnen, um seinen Versen gemäß zu leben. Die übrigen Malabaren, sonderlich die Vornehmen widerrieten ihm solches und sagten, dass ihm solches despektierlich wäre. Er aber kontinuierte täglich und machte immer mehr Verse über den Katechismus Luthers, lernte selbigen auch auswendig und bequemte sich nunmehr, mit den Kindern alles zu tun, dessen er sich vorher geweigert hatte. Endlich kam er des Abends einmal zu mir und sagte, er hätte Was heimliches mit mir zu reden. Ich sagte, ists etwas notwendiges, so könnt ers sagen, wo nicht, so sollte er mich für diesmal in meiner Arbeit nicht stören. Er sagte, es wäre etwas der Seele wegen. Darauf gab ich ihm Freiheit, mit mir zu reden. Er sprach: Ich habe viel Bücher durchsucht und bin lange unter den Malabaren und Mohren im Dozieren begriffen gewesen, habe aber bis dato keine Ruhe für meine Seele finden können. Nunmehr aber als ich eure Lehre und euer Leben genauer kennenlernen, auch eine Zeit lang über Christum gesungen habe, so finde ich einen starken Trieb in mir, dadurch ich je mehr und mehr zu eurer Religion mit dem Gemüte gezogen werde. Wie hab ich mich denn nun hierbei zu verhalten? Ich sagte, er hätte dieses für eine anklopfende Stimme Gottes zu erkennen, der er gehorsam sein müsste. Hierbei wäre nötig, dass er fleißig sich vor dem wahren Gott demütige, ihn um Erleuchtung seines Herzens und um wahre Buße anrufe, auch also bald anfinge, dasjenige zu meiden, davon er eine Bestrafung seines Gewissens empfinde. Hiernebst sollte er unsere Bücher, als sonderlich den Evangelisten Matthäus und die Theologie fleißig lesen, täglich mit sich eine genaue Prüfung anstellen und Jesum recht kennenlernen. Wollte er sich aber zu ihm bekehren, so müsste ers von Grund seines Herzens tun ohne Heuchelei und ohne falsche Absichten, sich auch dabei vorstellen, dass er alsdann harte Verfolgung werde haben. Indessen so ferne er nur erst durch den Bußkampf recht durchgebrochen sein würde, so würde es ihm an göttlichem Trost und Freudigkeit zum geduldigen Leiden nicht fehlen. Er versprach, dass er solchem allen nachkommen wolle. Während der Zeit sieht er ein Gesicht des Nachts und ging etliche Tage ganz betrübt umher und wollte uns nicht sagen, was ihm begegnet war. Unterdessen kommt sein Vater und sein Schwager zu ihm und wollen, dass er ein großes malabarisches Fest mit zelebrieren soll. Er schlägts aber aus und sagt, sein Gewissen ließ es nicht zu, dergleichen Eitelkeiten mit beizuwohnen, sie sollten ihn nur mit dergleichen verschonen. Darauf wird der Vater böse und droht ihm dieses und jenes, wo er würde ein Christ werden, geht auch hin zu den Brahmanen und den vornehmsten Malabaren, die ihn, als er nach Hause gehen will, zu der Pagode zu sich rufen und fragen, warum er in der Christen Schule diente und über Christo Lieder machte, solches wäre ja nicht nur allein ihm sondern allen andern Malabaren der größte Schimpf. Er saget die gemachten Verse her und beweiset, dass solches alles von Christo könnte gesagt werden, keineswegs aber von ihren Abgöttern, denen er lange genug als ein Blinder gedient hätte. Sie spotten seiner und lassen ihn gehen. Kurz darauf schrieb er folgenden Brief in malabarischer Sprache an uns:

„Nachdem ich ein Verlangen habe nach Gottes Gnade und Segen, so habe ich, Kanabadi wathiar [Kaṇa-pati / கணபதி = Gaṇapati], zum Lobe Gottes im Glauben an Euch vier Priester, nämlich Bartholomäus Ziegenbalg, Heinrich Plütschau, Johann Ernst Gründler, und Johann Georg Bövingh diesen Brief schreiben wollen. Denn ich habe nunmehr bis zu meinem vierundzwanzigjährigen Alter vier Sprachen gelernt und alle Lehrsätze und Wissenschaften, so in dem malabarischen Heidentum befindlich, wohl durchgangen, auch schon lange dem Schuldienst vorgestanden, aber weil ich in diesem allen keinen Nutzen finden können, so hab ich nachmals die mancherlei Religionen und ihre Lebensarten mich erkundigt. Da ich aber gesehen, wie so gar viele Zwiespalte sind in den mancherlei Nationen, in den mancherlei Lehrsätzen, in den mancherlei Meinungen, in den mancherlei Kleidungen, in dem Dienst der mancherlei Götter, so hat mein Gemüt in solchem allen keine beständige Ruhe finden können. Als ich endlich einige Zeit sehr begierig gewesen, wahrhaftigerweise mit zusammengezogenen Sinnen das höchste Wesen aller Wesen zu erkennen, so ists geschehen, dass ich bei Euch in Diensten kommen bin. Seit der Zeit, als ich in dergleichen Dienste gekommen, hab ich Eure Lehrsätze und Theologie gehört, habe sie genommen und gelernt, habe deren Wahrheiten bei mir überlegt und sie mit gutem Verstände eingesehen. Daher ich allerdings bekennen muss, dass es ein sehr gutes Recht und wahrhaftiges Gesetz sei, das da die Wahrheit zum Grunde hat und in äußerlichen unter den Menschen keinen zänkischen Unterschied macht, sondern nur auf Einigkeit weiset. Weil denn nun solches mein Herz glaubt, so hab ich um deswillen alle meine Freunde und Blutsverwandten hintenan gesetzt, auch alle zwistigen Religionen nebst allen Göttern verachtet und dieses allein in meinem Herzen festgesetzt, dass ich an dieses wahrhaftige Gesetz glauben möchte. Indem ich also mir dieses festgesetzt hatte, so kamen des Nachts zu mir zwei Männer in priesterlicher Gestalt und sagten: Wir haben dir den guten Weg gezeigt, warum willst du im Glauben unsere Vermahnung nicht annehmen? Von demselbigen Tage an, als sie dieses zu mir gesagt, hab ich erkannt, wie solches wahrhaftig mit ganzem Herzen zu glauben wäre. Darauf ist mein Herz ganz weich worden und habe in keinem Dinge einige Lust, Geschmack oder Trost finden können. Meiner Eltern und Freunde Reden sind mir wie Gift gewesen. Ich habe alles verachtet, damit meine Seele nur die Seligkeit erlangen möchte. Daher ich auch an Gott glaube, er werde mich von meinen Sünden erlösen. Ins Künftige werde ich keinem Gehör geben, der mir davon abraten will. Und sollten diese und jene schon dahin trachten, wie sie mein Gemüt wieder verwirren möchten, so werde ich ihnen doch niemals folgen. Diejenigen, so mein Gemüt turbieren wollen, werden unfehlbar eine große Strafe in der Hölle zu erwarten haben. Diejenigen Mittel, dadurch meine Sünden können gehoben, meine Seele gereinigt und zur Erlangung der Seligkeit präpariert werden, dieselbigen werde ich ergreifen und tun. Hingegen wird man die Liebe an mir erweisen und meine Fehlet korrigieren und vergeben, auch zusehen, wie ich errettet werden möchte. Ich soll denn zusehen, dass ich nach Euer vier Prediger Vermahnung leben möchte. Solchergestalt werde ich Jesum von ganzem Herzen loben. Dieses ist es, was ich habe wissen lassen wollen."

Als ich diesen Brief empfangen und gelesen, rief ich ihn zu mir und gab ihm daraus unterschiedliche Vermahnungen. Unterdessen kommt sein Vater und Schwager wieder und verlangt, dass er dem malabarischen Fest mit beiwohnen sollte, er aber schlägts aus und schrieb folgenden Brief an mich:

"Jesum dem Heiland!

Ich, Kanabadi wathiar, lasse Euer Ehrwürden von Gott grüßen. Jetzt auf den zukünftigen Sonnabend haben die Malabaren ein Fest. Da ist nun abermal mein Vater gekommen und hat mich zu diesem Fest invitiert. Ich aber antwortete: Sollte ich zu diesem Fest gehen? Gehet ihr hin und feiert es. Sie sprachen: Wo du nicht kommst, so wirds sehr schlimm werden. Ich antwortete: Ich komme nicht und habe auch dergleichen ferner nicht vonnöten. Er und mein Schwager redeten darauf viele Dinge, ich habe ihnen aber in allem richtige Antwort gegeben. Darauf sprach mein Vater: Willst du wohl hören, was ich sage oder nicht? Gehe hin, bitte bei den Priestern Urlaub und komm, wir wollen gehen. Wo nicht, so gebe ich nicht zu, dass du ferner hier dienen sollst. Auf solche Weise haben sies drei Tage getrieben und viel Zankens gemacht. Ich habe aber hierinnen ihnen kein Gehör gegeben. Ich will die mit Liebe gesuchte Frucht essen, schmecken und erkennen, anders nichts. Die malabarischen Brahmanen, als sie gehört, dass ich euer Gesetz singe und lerne, haben sie sehr verächtlich von mir geredet. Aber auch ihnen hab ich kein Gehör gegeben. Ich habe eine große Freundschaft; allein dieses alles hasse ich und verlange, Euer Ehrwürden Schüler zu werden und meine Seele zu reinigen, auch eure Sprache zu lernen, damit ich dermaleinst der weißen Leute in Europa ihr Schriften lesen könnte. Auf dass aber der Heilige Geist mir hierzu nötige Hilfe leisten möchte, so bitte ich, dass Euer Ehrwührden Gott ernstlich darum anrufen wolle. Alsdann werde ich zu einem beständigen Sinn kommen. Und nehme ich diese Religion an, so werden viele mir nachfolgen. Ja komme ich in diese Religion, so werde ich Jesum unsern Heiland stets bitten, dass er mir Verstand gebe, nach dem Exempel Ew. Ehrwürden recht ernstlich zu sein, um diejenigen, die noch darwider disputieren, mit zu dieser Religion herzuführen. Ew. Ehrwürden mögen mir denn nun sagen, auf was Weise ich beständig bleiben und an Seel und Leib genesen könne."

Nachdem ich diesen Brief gelesen, redete ich abermal lange mündlich mit ihm von dem Zustand seiner Seele. Er bat, ich möchte ihm täglich gewisse Lektionen aufschreiben, dass er einstmals wissen könnte, wie er wäre geführt worden. Ich sagte, vorm Abgang der Schiffe könnte ichs nicht tun, indessen sollte er Freiheit haben, mich in allem mündlich zu befragen, jedoch damit ich sein Anbringen gleich wissen möchte, so dürfte er mir selbiges nur kürzlich in einem Briefchen vorher vermelden und alsdann zu mir kommen, da ich ihm allezeit nötigen Unterricht geben wollte. Hierauf schrieb er mir heute abermal einen Brief, welchen ich aber verlegt habe, also dass ich ihn allhier nicht beisetzen kann. Er klagte unter anderm darinnen, dass er drei Tage nicht gegessen, weil sein Vater den Lohn gezogen (?) und nunmehr seine Köchin auch weggenommen, also dass er 3 Nächte sich verborgenerweise in unserm Hause aufgehalten hätte. Wir gaben ihm etwas, davon er leben konnte, und sagten, er sollte nur getrost sein. Gleich jetzt ist er abermal bei mir gewesen und hat geklagt, wie sein Vater nebst etlichen andern Personen wäre zu ihm gekommen, hätte ihm geschmeichelt und geküsst, dass er doch möchte zum Fest und zu seiner Freundschaft kommen. Weil ers denn nun auf eine andere List anfinge und ihm diese zwei Tage über nebst seinen Freunden sehr zusetzen würde, so sollte es wohl ratsam sein, dass er sich so lange, als das Fest (dauere?) bei unsern Christen in einem Hause verborgen aufhielte und die Zeit auf Gebet und Lesung unserer Bücher wendete. Ich ließ mir diesen Rat gefallen und tat ihn in ein Haus von unserer Gemeinde, da er in einem verborgenem Kämmerchen seine geistliche Betrachtung haben sollte bis nach zwei Tagen. Was denn nun hinfort mit ihm geschehen wird, das weiß ich nicht. Gott wolle ihm in seinem guten Vorsatz Mut und Beständigkeit geben. Sollte er sich wahrhaftig bekehren, so würde er an diesem Werk ein sehr nützliches Werkzeug werden mit Reden und Schreiben.

Sonst besteht nunmehr unsere Gemeinde in 150 Personen, denn 100 waren vorm Jahr, 18 sind dies Jahr wirklich hinzugetreten und getauft worden, 32 sind Katechumenen, die täglich in der christlichen Lehre unterwiesen werden und ins Künftige getauft werden sollen. So bald als nun in wenig Tagen die Schiffe werden weggegangen sein, werde ich mit allem Fleiß an der Translation der Heiligen Schrift arbeiten. Die streitigen Redensarten und Wörter in der christlichen Kirche lassen sich in der malabarischen Sprache sehr verständlich geben, also dass kein Streit noch Zank deswegen zu besorgen ist. Eine malabarische Buchdruckerei ist uns höchst nötig und zwar allhier in loco. Ich habe vorm Jahr schon bei Sr. Königlichen Majestät darum angehalten und die Buchstaben mit dahin geschickt, dass sie daselbst gegossen werden sollen, nebst Vermeidung, was uns jährlich für Papier und andere Materialien sollen herausgechickt werden. Wenn solches noch nicht geschehen, so wünschten wir, dass ein Schriftgießer und Buchdrucker mit allen Materialien herauskommen möchte. Alles was beides zum Schriftgießen als auch zum Buchdrucken gehört, das muss herausgeschickt werden. Würde nur ein Stück vergessen, so sollte man daran nichts arbeiten können. Denn es wird hier das allergeringste nicht gefunden, das zur Buchdruckerei gehört. Daher man sich daselbst mit erfahrenen Schriftgießern und Buchdruckern wohl befragen mag. Über Halle werden einige malabarische Bücher, die ich dies Jahr verfertigt, an meinen hochgeliebten Freund übersandt werden nebst einem ostindischen Tischlaken. Dieses ist denn nun mein letzter Brief, damit ich dies Jahr meine Relationen schließen muss. Der Herr lasse dergleichen Nachrichten zu vieler frommen Seelen Freude und Erweckung dienen! Er lasse sein Werk allhier unter den Heiden unter dem Kreuz im Segen vonstatten gehen! Er wolle auch aller treuen Knechte Arbeit in Europa zu vieler tausend Seelen Bekehrung gesegnet sein lassen! Er segne ganz Deutschland und lasse deren Einwohner durch die vielen äußerlichen Unruhen zu ihrer innerlichen Seelenruhe gelangen! Er segne alle Könige und Fürsten darinnen und lenke ihre Herzen, dass sie dem hochlöblichen Exempel unsers allergnädigsten Königs zu Dänemark nachfolgen und ernstlich dahin bemüht sein möchten, dass unter ihren weltlichen Reichen das geistliche Reich Jesu Christi allenthalben durch sie in der Welt ausgebreitet werden möchte! Er erwecke viele fromme Lehrer, die bei den hereinbrechenden Strafen Gottes fürn Riss stehen und ihrem Oberbischof viele Seelen zuführen! Er lasse es Licht werden in allen Landen, unter allen Völkern und in allen Teilen der Welt zu seinem ewigen Preise. Amen! Er grüße seine hochgeliebte Familie und sein ganzes Auditorium, auch seine Gemeinde und die andern christlichen Gemeinden daselbst. Desselbigengleichen alle deren Lehrer und diejenigen alle insgesamt, die Lust und Freude an dem Werk des Herrn unter den Heiden haben. Auch werden sie alle insgesamt herzlich gegrüßt von meinen übrigen Herren Kollegen und von unserer ganzen Gemeinde und Schulen, als die wir uns alle sämtlich in deren Gebet und gütiges Andenken befehlen, hoffend, dass wir stets werden durch den Geruch ihrer Liebe erfreuet werden. In solcher Hoffnung verbleibe ich lebenslang

Meines in dem Herrn hochgeliebten Freundes und Bruders zu Gebet und Liebe verbundener

Bartholomäus Ziegenbalg

Diener göttlichen Worts unter den Heiden an der Gemeinde zu Jerusalem

Geschrieben zu Tranquebar auf der Küste Coromandel in Ostindien 1709 den 10. Okt.

Wir erwarten den Antibarbarum und Medicinam mentis einige Mal von Ew. Hochehrwürden, wie auch die Continuation der Monate (?) und was sonst von guten Schriften herausgekommen ist.

J. E. Gl. (Johann Ernst Gründler)

PS. Heute, den 16. Okt. ist dieser von Malabaren sehr verfolgte Poet mit dem Zunamen Friedrich Christian getauft worden, uns vier Lehrern aber ist deswegen schon das Gefängnis angeboten worden."

[Quelle:  Ziegenbalg, Bartholomäus <1682 - 1719>: Alte Briefe aus Indien : Unveröffentlichte Briefe 1706 - 1719 / Bartholomäus Ziegenbalg. Hrsg. von Arno Lehmann . -- Berlin : Evang. Verl.-Anst., 1957. -- 552 S. -- S. 130 - 135]


3.2.5. 1712-09-16 Brief Ziegenbalgs und Gründlers an Hofprediger Böhme in England <Auszug>


"An Hofprediger Böhme in England

Tranquebar 16. 19. 1712

Hochehrwürdiger
In unserm Immanuel Christo Jesu hochgeliebter Herr Böhme.

[...]

An solchem unsern freudigen Fortarbeiten soll uns auch nicht hindern die mancherlei List des bösen Feindes, der da sucht über uns und über dieses Werk allerlei Lästerungen auszustreuen, sowohl hier in Indien als auch in Europa, damit er die Regung der Gemüter und die Liebe der Wohltäter wieder dämpfen und ein solches Werk, das zur Zerstörung seines Reiches und Zur Aufrichtung des Reiches Jesu Christi abzielt, gänzlich unterdrücken und verhindern möchte. Gott aber wird machen, dass solches alles muss zu unserm besten und zu dieses Werkes Beförderung gereichen. Und ob gleich wir hierunter viel leiden und vor der Welt ein Spott werden müssen, so ist uns doch genug, wenn nur Christus Jesus durch uns unter den Heiden verherrlicht werde. Denn nicht uns, sondern ihn suchen wir in der Welt groß zu machen, dass er nämlich als der Welt Heiland von den Heiden möchte erkannt und unter solchem fremden Volke ihm ein Volk des Eigentums zubereitet werden. Erhalten wir diesen unsern Endzweck in der Welt, so genügt uns, und wollen gerne etwas darum leiden, sollte es auch gar unser natürliches Leben kosten. Wir wünschen von Herzen, dass wir viele solche Mitarbeiter haben möchten, die hierinnen mit uns gleichgesinnt wären, so sollte allhier in dem weitläufigen Ostindien mit dem gesegneten Wort Gottes noch viel Gutes zur Bekehrung der Heiden ausgerichtet werden können. Die englische Nation hat unterschiedliche Plantagen dies und jenseits dieser Küste wie auch auf der Ostküste und Bengalen, allwo ein reichlicher Eingang zu den Heiden mit der Zeit zu hoffen ist, wenn es mit rechtschaffenen Leuten angefangen und mit nötigen Unkosten fortgeführt wird. Die holländische Nation hat in unserm Ostindien noch mehrere Gelegenheit, die Schätze des Evangeliums unter die Heiden zu bringen und sie der geistlichen Güter teilhaftig zu machen, nachdem sie von ihnen die leiblichen Güter und ostindischen Schätze in reichem Maß auf Schiffen abholt. Und weil sie ehemals ihre meisten Plantagen von den Portugiesen empfangen, die da auf selbigen nach romanischer Art das Christentum angerichtet hatten, so haben sie zwar solche hier und da haufenweise gefundenen Christen in großer Menge behalten und unter ihnen eine Reformation vorgenommen, auch von selbiger Zeit an bis hierher auf diesem und jenem Orte unter ihnen Kirchen und Schulen angerichtet. Was aber für Anstalten diesertwegen unter ihnen gemacht sind und wie ernstlich sie sich um die Bekehrung der übrigen Heiden bekümmern, auch was für Leute sie zum Besuch der Heiden aussenden und wie fleißig diese der I leiden Sprachen lernen, haben wir bis dato noch nicht recht erfahren können. Und ob wir gleich teils nach Batavia, teils nach Ceylon diesertwegen geschrieben, so haben wir doch keine Antwort erhalten. Und da man einmal selbst nach Ceylon reisen und alles in Augenschein nehmen wollte, auch mit einem von ihnen hiervon mündlich zu konferieren Gelegenheit hatte, wurde uns solche Reise aus gewissen Ursachen widerraten. Wir hoffen aber, dass wir ins Künftige vielleicht aus; einigen ihrer Örter nähere Nachricht von ihren Anstalten erhalten werden. Denn dasjenige, was die hin- und widerreisenden Portugiesen uns öfters von ihren Verrichtungen erzählt haben, dürfte vielleicht keinen Grund haben; daher wir ihre Erzählungen nicht schreiben mögen. Auf dieser Küste aber haben sie keine Anstalten zur Bekehrung der Heiden, wohl aber finden sich einige Indianer in ihren Diensten, die ihre Religion angenommen haben, welches denn meist Leibeigene und Freigegebene sind, denen die Sakramente gereicht und von einem Lektor wöchentlich in der Kirche etwas von der christlichen Lehre portugiesischer Sprache vorgelesen wird. Es hat diese Nation auf dieser Küste die meisten Plätze, aber jetzt ist nicht einmal für die Europäer unter ihnen ein Priester vorhanden, geschweige denn für die Heiden. Denn derjenige, der sonst in Nagapatnam [Nagapattinam / நாகப்பட்டினம்] war, ist auch weggegangen. In Bengalen soll gleichfalls in dem volkreichen Ort Hugly [হুগলী] kein Priester sein. Nachdem aber diese Nation sonst gute Anstalten zum allgemeinen Besten unter sich hat und auch von Gott dem Leiblichen nach reichlich gesegnet ist, so hoffen wir, dass sie noch zu diesen unsern Zeiten ein Vieles zu der Bekehrung der ostindischen Heiden kontribuieren werde und an ihren Örtern ins Künftige nichts ermangeln lassen, wodurch das Reich Jesu Christi unter allerlei Völkern, Zungen und Sprachen befördert werden könne. Es ist aber nötig, dass sowohl hier als auch daselbst in Holland viele solche Personen sein möchten, die die Notwendigkeit und Möglichkeit solcher Sache recht vorzustellen wissen. Die romanische Kirche hat es allhier in Indien mit ihren Missionaren innerhalb zwei bis drei halbhundert Jahren gar weit gebracht, also dass allenthalben in (den) Seestädten eine große Menge von ihren Christen gefunden werden. Allein so viel als wir ihre Anstalten in Augenschein genommen und uns mit ihren Patribus besprochen haben, so finden wir einen gar elenden Zustand unter ihnen. Die wenigsten unter den Arbeitern erlernen dieser Heiden Sprache, sondern lassen alles ankommen auf ihre indianischen Katecheten, die oftmals so wenig wissen, als die, welche sie unterweisen sollen. Es werden keine rechten Schulen unter ihnen angerichtet; und wenn auch welche sein, so findet man doch keine Anstalten darinnen, dadurch die Jugend zur lebendigen Erkenntnis Gottes und zum wahren Christentum angeführt würde. An den Alten wird nicht weiter gearbeitet, als dass sie das Vater Unser, die 10 Gebote und die 3 Glaubensartikel nebst dem Ave Maria und der Formel vom Kreuzmachen lernen und dann und wann sich einmal in der Kirche sehen lassen, da denn die allerwenigsten diejenige Sprache verstehen, darinnen gepredigt wird. Ja von den portugiesischen Patribus wird gar selten und etwa alle hohe Festtage einmal gepredigt, sondern es kommt alles auf das Messe lesen an, welches in lateinischer Sprache geschieht. Es wird unter solchen Christen auch wenige äußerliche Zucht gehalten; daher geht es viel ärger unter ihnen zu als unter den Heiden. Die Lehrer haben gar schlechte Charaktere der Hirtentreue an sich und führen meist ein ärgerliches Leben, concedieren auch den ihrigen viel heidnisches Wesen und solche Zeremonien, die in den Götzentempeln gebräuchlich sind. Und weil sie noch den abgöttischen Bilderdienst haben und ihre Feste im äußerlichen, nach heidnischer Manier verrichten, so sieht man wenig Unterschied zwischen ihnen und den Heiden. Daher haben sie auch den meisten blinden Zulauf von den Heiden. Wiewohl man jetzt nicht sieht, dass sie sich eben um die Bekehrung der Heiden bekümmern, indem es ihnen genug ist, dass nunmehr ihre Kirche sich jährlich durch Kinderzeugen sehr vermehren kann. Unter den allerersten Missionaren mögen auch einige recht eifrig in Bekehrung der Heiden gewesen sein und auch zum Christentum einige Anstalten dazumal gehabt haben, welches man aus ihren Schriften, die sie in dieser Heiden Sprache geschrieben, ersehen kann. Nachher aber, als ihr Gouvernamente in Indien aufgehört und auch die Gemeinden mit untüchtigen und bürgerlichen Personen besetzt worden sind, so ist alles unter ihnen verfallen, was noch gut hätte genannt werden können.

Von dem heiligen Apostel St. Thomas und von den sogenannten Thomas-Christen können wir folgendes berichten. Eine Stunde von Madras [heute: Chennai] südwärts liegt eine Stadt Mailappur [Mylapore/Meliapore], das ist Pfauenstadt genannt, weil daselbst in den Bergen sich viel Pfauen aufgehalten haben. Denn das malabarische Wort Mail [மயில் mayil] heißt ein Pfau. Diese Stadt ist nachmals von den Portugiesen St. Thome [São Tomé] genannt worden, darum weil dieser Jünger des Herrn dahin gekommen und daselbst das Evangelium Christi zu seiner Zeit den dortigen malabarischen Heiden verkündigt hat, auch seine Lehre mit vielen Wundern bekräftigt und eine ansehnliche Menge zu Christo bekehrt hat, welche nachmals Thomas-Christen genannt worden sind. Vielleicht auch aus dieser Ursache, weil sie bei Ankunft der Portugiesen allhier in Indien lange nicht zu der romanischen Kirche sich bekennen wollen. Wie nun der St. Thomas bei der Verkündigung des Wortes vielen Verfolgungen unterworfen gewesen ist, so ists einmal geschehen, dass er hat nach einem kleinen Berg, eine halbe Stunde von der Stadt gelegen, gehen wollen, allda zu beten, welches er öfter soll getan haben und weil dieses ein Brahmane oder Götzenpfaffe wohl gewusst, so ist er ihm nachgegangen zu töten, St. Thomas aber rührt mit seinem Stab den Berg, welcher sich öffnet, da hinein er auch geht und wird erhalten. Hernach ist er mehrmals in dieselbe Höhle gegangen und hat selbige sein Betkämmerlein sein lassen. Die portugiesischen Papisten als sie vor 250 Jahren dahin nach Mailappur gekommen, haben auf diesem kleinen felsigen Berg eine Kirche gebaut, worinnen jetzt täglich von einem portugiesischen Pater Messe gelesen wird. In dieser kleinen Kirche, welche der Mutter Maria gewidmet ist, geht das Loch zu dieser Höhle hinein. Es ist auch an beiden Wänden dieser Kirche, die Historie, die sich mit St. Thomas begeben, abgemalt. Dieser Berg ist nachmals von den Portugiesen der kleine St. Thomasberg genannt worden. Es gebricht einmal dem St. Thomas daselbst Wasser, indem er sehr durstig ist; da schlägt er mit der Hand auf den selben Felsen, woraus schönes Wasser geflossen kommen, welches er getrunken hat. Dieses Wasser soll nur vor wenig Zeit zu laufen aufgehört haben, weil bisher sehr dürre Jahre allhier gewesen sind. Der dazumal in der Stadt Mailappur residierende König Kandappen genannt, ist mit seiner Königin diesem Jünger des Herrn wegen seiner heiligen Lehre und frommen Lebens gar hold gewesen und haben ihn öfters gehört. Einstmals trägt sichs zu, dass ein großer Baum am Meerstrande liegt, welchen viele Elephanten nicht haben fortziehen können. St. Thomas bittet sich aus beim Könige und spricht: Wenn ihm erlaubt wäre, von diesem Baume eine Kapelle zu seinem Begräbnis zu bauen, so wollte er ihn vom Meerstrande heraufziehen; doch möchte ihm erlaubt werden, dass er seine Begräbnisstätte auf eben demselben Ort bauen dürfte, wohin er diesen Baum schleppen würde. Der König erlaubt ihm solches. Darauf findet er den Baum an seinen Gürtel um seinen Leib und bringt ihn vom Meerufer bis zu der Pagode, welche er eingerissen und daselbst aus diesem Holz seine Grabstätte zu bauen angefangen. Als die Zimmerleute von dem aus dem Meer gebrachten Holze auf Anordnung St. Thome die Grabstätte bauen, fordern sie des Abends ihr Tagelohn. St. Thomas hat kein Geld, sie zu bezahlen, nimmt daher die Sägespäne, die sie abgesägt haben und legt sie ihnen statt ihrer Zahlung in die Hand, die Zimmerleute werden unwillig und schmeißen die Späne ins Feuer, und da sehen sie, dass aus den Spänen Geld wird, welches sie zu ihrem Tagelohn nehmen und sich vergnügen. Endlich kommt der König und Königin und bitten den St. Thomas um das Bad der heiligen Taufe, welche er auch beide getauft; der König bekommt den Namen Thomas und die Königin den Namen Thomasi (:dieses ist eine malabarische Termination, so dem weiblichen Geschlecht beigelegt wird:) und haben hernach in der wahren Religion Christi gedient. Hierauf wird der Oberste unter den gelehrten Brahmanen vollends über St. Thomas erbittert und sucht allerhand Übeltaten auf ihn zu bringen und ihn vom Leben zu helfen. Dieser Brahmane geht in seiner Bosheit nach Hause, nimmt seinen eigenen Sohn und tötet ihn, läuft darauf vor den König und bittet, St. Thomas vor Gericht zu fordern, weil er an seinem Kinde eine Mordtat getan hätte. Der König lässt St. Thomas rufen und fragt ihn um die Übeltat. Der Jünger Christi antwortet: Damit die Unschuld offenbar werde, will ich in dem Namen Christi dies Kind wieder auferwecken, welches nachmals selbst den Täter solcher Mordtat anzeigen wird. St. Thomas weckt also den Knaben auf, welcher vor dem ganzen Gericht zeuget, dass ihn sein eigener Vater getötet habe. Einmal kommt dieser Brahmane und schlägt St. Thomas auf den Backen, darauf ein Hund also bald zufährt und dem Brahmanen dieselbe Hand, damit er geschlagen, abbeißt. St. Thomas aber nimmt die Hand und heilt sie ihm wieder an. Als St. Thomas nach seiner Gewohnheit nach dem kleinen Berg geht, daselbst in der Höhle zu beten, so verfolgt ihn der obgemeldete Brahmane mit einer Lanze und sticht ihn. Es läuft aber St. Thomas dennoch fort bis zur Höhle. Und als der Brahmane auch dahineinkommt, öffnet sich auf der andern Seite in der Höhle hinaus ein Loch, dahinaus St. Thomas flieht und läuft nach einem großen Berge (:der ½ Stunde von dem kleinen Berg liegt und jetzt der große St. Thomasberg genannt wird:). Unterwegs aber blutet er sehr von dem Stiche und als er oben auf den Berg kommt, stirbt er daselbst. Darauf ihn seine Jünger oder die damaligen Christen genommen, nach der Stadt St. Thome gebracht und ihn in seiner erbauten Grabstätte begraben haben. Auf diesem großen St. Thomasberg haben die Portugiesen gleichfalls eine Kirche erbaut, darinnen jetzt täglich Messe gehalten wird. Auch weisen sie in selbiger Kirche ein Kreuz, welches sie in der gedachten Höhle des St. Thomas sollen gefunden haben, und geben viel Wunder vor von selbigem. Die Buchstaben, die darauf stehen, hat noch niemand lesen können. Die Papisten selbst sagen, dass die Glaubwürdigkeit dieser Geschichte auf den Erzählungen der Malabaren beruhe. Selbst haben sie keine Beschreibung davon, sondern als sie anfänglich dahin kommen sind, haben es ihnen die damaligen malabarischen Heiden also für wahr erzählt. In der Stadt St. Thome, allwo sie eine schöne Kirche haben, woselbst auch der Sitz des Bischofs ist, zeigen sie noch ein Stückchen Eisen als eine Reliquie von dem Speer des Brahmanen, so sie in des St. Thomae Begräbnisstätte sollen gefunden haben. Diejenigen, so Thomas-Christen genannt werden, findet man nicht mehr in und um der Stadt St. Thomae herum; sondern es sagen die Portugiesen, dass sich diese Christen in Cochin [Kochi കൊച്ചി ], südwärts auf der malabarischen Küste gelegen, befinden und aufhalten sollen und jetzt der römischen Kirche zugetan wären. Alle diese Thomas-Christen sollen dieses Kennzeichen haben, dass ihnen das rechte Bein dick sei. Die Ursache dessen soll diese sein: Da ihre Voreltern wären gefragt worden, wo sich der heilige Thomas aufgehalten habe? welche Wege er gegangen sei? hätten sie um sich nicht viel zu bemühen, mit dem rechten Bein den Fragenden die Wege gezeigt; daher ihnen dieses zur Strafe wäre zugekommen, dass von Kindheit an ihr rechtes Bein nach und nach dicker wüchse als das andere. Dieses ist hier die gemeine Rede, selbst aber haben wir solche Christen noch nicht gesehen, wohl aber die gemeldeten zwei Berge und die Stadt St. Thomae, allwo wir unterschiedliches aus dieser Erzählung von den malabarischen Heiden konfirmiert bekommen haben.

Was ferner von den Büchern und Manuskripten der romanischen Patrum und von den Eremiten allhier in Indien zu wissen verlangt wird, das beantworten wir kürzlich folgender Gestalt. Es werden hin und her in den Kirchen und Collegiis einige Manuskripte und allhier in Indien geschriebene Bücher gefunden und zwar vornehmlich und meistenteils in portugiesischer Sprache. Es beklagen sich aber die Portugiesen, dass die meisten und urältesten von solchen Manuskripten zur Zeit, als sie den Holländern in Indien ihre Plätze räumen müssen, verloren gangen sind. Diejenigen Bücher so sie in der malabarischen Sprache unter sich geschrieben haben, werden wir meistenteils gesehen und gelesen haben. Darinnen wir aber nichts sonderliches gefunden als nur allerhand Wunder, die sich in römischer Kirche zu Europa zugetragen haben sollen und eine Reise eines portugiesischen Prinzens, Don João genannt, die aus der portugiesischen Sprache in die malabarische translatiert worden ist; item die Geschichte oder Historien der heiligen Apostel und vieler andern Heiligen, die sie venerieren; desgleichen auch allerhand Komödien, die sie vor diesen in ihren Kirchen und auch öffentlich vor den Heiden haben zu spielen gepflegt, um dadurch den armen Heiden allerlei Historien und Ideen vom Christentum zu imprimieren. Jetzt wissen wir niemand, der in dieser Sprache etwas schriftliches elaborierte. Eremiten werden nicht unter den indianischen Christen angetroffen, ohne dass einige von den vorigen romanischen Missionaren auf eine Art als Eremiten sich hier und da in solchen Örtern, die etwas von Städten und Dörfern abgesondert gewesen, sich aufgehalten und für Brahmanen von der Nordt (?) oder Sannaschigäl [caṉṉiyācikaḷ zu சன்னியாசி caṉṉiyāci = saññāsin], die unter diesen Heiden sehr hoch gehalten werden, ausgeben haben. Sonst aber findet man unter ihnen viel Wallfahrtende. Auch sind hier und da, wo noch französische oder portugiesische Gouvernamente sind, einige Klöster und Collegia angerichtet und sehr mit Patribus und Fratribus angefüllt, es mag aber doch auch in selbigen nicht einmal nach derjenigen Art zugehen als wie in den Klöstern in Europa. Unter den Heiden und Mohammedanern finden sich viele Eremiten in ganz Ostindien, welche von jedermann sehr hoch ästimiert werden. Sie halten sich an einsamen Örtern auf, haben harte Bußarten unter sich und gehen nicht gerne unter die Menge der Menschen, werter aber oft von vielen besucht und um dieses und jenes besprochen, leben auch teils von den Almosen der Leute, wo sie nahe um Leute sich aufhalten, oder auch von Wurzeln, Blättern und Kräutern in den Wildnissen. Einige, die solche angefangene Lebensart nicht aushalten können, gehen allenthalben im Lande herum und gesellen sich zu der Zunft der allgemeinen Landbettler, welche gleichfalls in diesen Orten für Heilige und für solche Leute angesehen sein wollen, die die Verleugnung wohl studiert hätten. Andere verfallen auf allerlei Torheiten. Einige bringen es soweit, dass sie alles heidnische Götterwesen und die Werke der äußerlichen Zeremonien vernichten und ihre Anbetung und Verehrung auf das einzige Wesen aller Wesen richten, auch alle dasjenige, wonach die Menschen in der Welt trachten, für eitel und vergänglich erkennen, hingegend die Tugend und das zukünftige Leben rühmen und den andern anpreisen. Diese Leute beschämen die meisten Christen mit ihrem strengen und äußerlich sittsamen Leben. Was sonst die andern äußerlichen Umstände unsers Ostindiens anlangt, so haben wir selbige in einem Brief nach Deutschland an Prof. Lange in Halle einigermaßen entworfen, von welchem Briefe hiermit eine Kopie überkommt. Wenn man an uns schreibt, kann man jedesmal specificieren, was für Briefe daselbst von uns eingelaufen sind, auch die Briefe an uns allezeit in duplo auf zwei Schiffen übersenden. Könnte man zur Zeit, wenn man an uns schriebe, unsere Briefe zur Hand nehmen und aus selbigen observieren, was darauf uns zu antworten nötig sei, auch etwa die andern übersandten Relationen von diesem Werke alsdann obiter durchgehen, so wird es uns sehr zuträglich sein und kein Punkt, an dem uns was gelegen, leichtlich unbeantwortet bleiben. Alle Wohltäter, Gönner und Freunde daselbst grüßen und segnen wir in dem Herrn mit Versicherung unsers steten Gebetes und erfreulichen Andenkens. Alles, was uns aus Europa bei Führung dieses heiligen Werkes zu wissen nötig ist, bitten wir uns zu vermelden und ferner in aller Liebe und Treue für die Beförderung des Herrn Werkes unter den Heiden zu sorgen und diesfalls auch mit andern zu konferieren. So lange demnach als uns Gott vergönnt in der Welt zu leben und Gelegenheit zeigt, an Christen und Heiden zu arbeiten und mit unsern Gaben zu wuchern, so lasst uns nicht müßig sein, sondern wirken und ausrichten, was uns vertraut ist; damit wir nach vollendetem Lauf mit Freuden aus der Zeit in die Ewigkeit eingehen können.

 Der Herr, dessen Knechte wir sind, verleihe uns hierzu seine Kraft, Stärke und Weisheit und befördere das Werk seiner Hände durch uns zu seinem ewigen Preise. Amen!

Hiermit verbleiben wir allezeit

Ew. Hochehrwürden zu Gebet, Liebe und Treue verbundenste

Bartholomäus Ziegenbalg
Johannes Ernestus Gründler.

Geschrieben in Ostindien auf der Küste Coromandel zu Tranquebar 1712
den 16. Sept. St. N."

[Quelle:  Ziegenbalg, Bartholomäus <1682 - 1719>: Alte Briefe aus Indien : Unveröffentlichte Briefe 1706 - 1719 / Bartholomäus Ziegenbalg. Hrsg. von Arno Lehmann . -- Berlin : Evang. Verl.-Anst., 1957. -- 552 S. -- S. 238 - 243]


3.2.6. 1717 Ziegenbalg, Bartholomäus <1682 - 1719> ; Gründler, Johann Ernst <1677 - 1720>: Kurze Beschreibung der Tätigkeit der Mission


Ziegenbalg, Bartholomäus <1682 - 1719> ; Gründler, Johann Ernst <1677 - 1720>: Kurze Beschreibung der Tätigkeit der Mission, die zur Verbreitung der lebendigen Christuserkenntnis & zur Beförderung der Übung wahrer Frömmigkeit unter den orientalischen Heiden, besonders unter den Tamulen durch göttliche Kraft in Tranquebar geschieht. -- Tranquebar : Dänisch Missionsdruckerei, 1717. -- Wieder abgedruckt in: Ziegenbalg, Bartholomäus <1682 - 1719> ; Gründler, Johann Ernst <1677 - 1720>: Von den Anfängen evangelischer Mission : zwei unbekannte Missionsschriften von 1713 und 1717 / Bartholomäus Ziegenbalg ; Johannes Ernst Gründler. Hrsg. von Niels-Peter Moritzen. -- Bonn : Verl. für Kultur und Wiss., 2002. -- 152 S. ; 21 cm. -- (Institut für Weltmission und Gemeindebau : Edition Iwg ; Bd. 5, Mission classics). -- ISBN 3-932829-35-2

"Im Namen Jesu Amen.

I.

In diesem Werk der Mission, das durch die göttliche Kraft auf Befehl des altergnädigsten Königs von Dänemark, Norwegen et cetera FRIEDRICH IV. hier in Tranquebar geschieht, finden sich bereits neun verschiedene Einrichtungen.

  1. Zwei kleine Gemeinden, eine tamulisch, eine portugiesisch.
  2. Fünf Schulen, davon sind drei tamulisch, die vierte portugiesisch, die fünfte dänisch.
  3. Ein Missionsseminar mit Indern ist begonnen.
  4. Katechumenen werden vorbereitet.
  5. Eine Druckerei ist mit tamulischen, portugiesischen & deutschen Typen ausgerüstet.
  6. Eine Werkstatt zum Gestalten der Gussformen.
  7. Eine Werkstatt zum Letternguss.
  8. Eine Papiermühle.
  9. Eine Krankenstation.

II.

Damit alles auf die gebotene Art & Weise und mit gutem Erfolg in den erwähnten Einrichtungen geschehe, stehen dem gesamten Werk schon fünfzig Arbeiter & Angestellte vor. Dazu gehören zwei Missionare und ihre Mitarbeiter, der Inspektor der Papier- & Druckwerkstatt, sechs Schulmeister, zwei Katecheten, ein Drucker, ein Arzt, ein Ökonom und andere. Mit diesen, die in zwei Gruppen eingeteilt sind, halten die Missionare wöchentlich zum Gedeihen des ganzen Werkes und zu seiner Besserung regelmäßige Besprechungen über die notwendigen Sachen ab. Dabei rufen am Ende alle auf den Knien Gott des Allmächtigen Majestät eifrig an, dass sein göttlicher Beistand zum Pflanzen & Begießen vermehrt werde.

[...]

XIII.

Das wichtigste Ziel in diesen Schulen ist:

  1. Die wahre Frömmigkeit oder Erkenntnis der Wahrheit nach Art der Frömmigkeit in ihre Seelen zu pflanzen.
  2. Das Wort Gottes und die göttlichen Wahrheiten aus der Heiligen Schrift selbst ihnen vertraut zu machen.
  3. Die Lehren des wahren Christentums aus der Heiligen Schrift & anderen christlichen Büchern so zu lehren, dass sie den wahren Sinn & Zusammenhang der ganzen Ordnung der Gnade und des Heils erfassen, wie Gott in unseren Seelen das Werk der Erlösung bewirkt.
  4. Den wahren Gebrauch & Sinn christlicher Schriften durch die Erziehung der Kleinen in diesen bisher dunklen Ländern einzuführen.
  5. Die Schüler zu guten Sitten zu erziehen, damit die eingeübten Sitten der Heiden ausgelöscht und eine christliche Kultur der Seelen begründet werde.
  6. Die biblische Geschichte nach ihrem Zusammenhang ihnen einzuprägen.
  7. Rechtschreibung & Rechenkunst zu lehren.
  8. Ihnen einen guten Stil anzugewöhnen usw."

3.2.7. 1717-12-22 Brief Ziegenbalgs und Gründlers an August Hermann Franke <Auszug>


Tranquebar 22.12.1717

An A. H. Francke in Halle

Hochwürdiger Herr Professor,
Sehr geliebter Vater in dem Herrn.

[...]

Der Betrag mit dem jetzigen Herrn Kommandant Brun ist bisher so gewesen, dass wir den lieben Gott dafür zu preisen Ursache haben, denn es geht keine Woche hin, dass wir Missionare nicht sollten etlichemal mit ihm Unterredung halten, da er jederzeit sein williges Gemüt, uns in unsern Missions-Verrichtungen zu assistieren, bezeugt und solches auch wirklich tut. So leben wir auch mit den hiesigen europäischen Einwohnern in ziemlichem Frieden und Einträchtigkeit, welche wir auf mögliche Weise zu unterhalten suchen. Indessen weil noch vielen davon unsere Verrichtungen, unsere Buß- und Glaubens-Predigten und unser Wandel nicht anstehen will, so fehlts uns dabei nicht an allerhand Blamen, Tadeln, Richten und schlimmen Beurteilungen, welches wir aber gerne mitnehmen, dabei ruhig und freudig sind, gedenkend, wenn wir noch Menschen gefällig wären, so wären wir Christi Knechte nicht. Es lässt sich an, als ob derjenige Unfriede, der sich vor 3 Jahren unter den Dänen und Mohren in Bengalen erhub, endlich zum guten Vorteil der dänischen Nation und sonderlich der Königl. Dänischen Ost-Indischen Kompanie ausschlagen wollte. Denn da deswegen von den Mohren von Bengalen vorm Jahr ein Abgeordneter hierher gesendet worden, welcher sich etliche Monate allhier, um die Zwistigkeiten abzutun, aufhielte und hernach wieder von dem hiesigen Herrn Kommandanten und Rat mit nötiger Instruktion und Anforderung, so für die Kompanie sehr profitierlich, nach Bengalen zurückgesendet würde: so liefen vor ein paar Monaten von den Mohren Briefe allhier ein, dass sie für die dänische Nation von dem großen Mogul ein solches Firmang [Firmān/Farmān/فرمان] unter seiner Hand und Siegel ausgewirkt hätten, dergleichen noch keine europäische Nation in Bengalen bekommen und würden sie deswegen in künftigen Januar wiederum einige Abgeordnete hierher senden, um die Sache völlig zu vergleichen. Nur stehen sie noch darauf, dass sie das ihnen abgenommene Schiff und Gut wieder haben wollen. Es ist den Mohren gar viel an dem friedlichen Vergleich gelegen, weil sie an ihrem See-Handel überaus großen Schaden darunter leiden.

Auch die Engländer hatten zu Madras vor 2 Monaten mit ihren Landes-Einwohnern, den Mohren, einen feindlichen Disput. Denn da der englische Gouverneur in Madras [heute: Chennai] von dem großen Mogul Schrift und Siegel bekommen hatte, dass den Engländern noch ein Stück Landes bei Madras nebst einigen ansehnlichen Dorfschaften sollte abgetreten sein, so wollte das regierende Oberhaupt über selbige Dorfschaften, Dieram genannt, solche nicht abtreten, wodurch der Gouverneur genötigt wurde, einige von seiner Garnison hinauszuschicken und daselbst Possession zu nehmen. Hernach machte sich obgemeldetes Oberhaupt auf und wollte mit 250 Reitern und 1000 Mann zu Fuß die Engländer wieder mit Macht depossidieren. Der Gouverneur in Madras bekam alsobald Nachricht von diesem Anzuge, dass so viele Mohren in Diruwuttur (so 7 engl. Meilen von Madras liegt und nunmehr den Engländern zugehört) feindselig eingegangen wären und schickte ihnen noch selbigen Abend 150 Mann von europäischen Soldaten entgegen. Diese griffen den Tag darauf als den 28. Okt. sehr früh die Mohren an und nach einem Gefecht von etlichen Stunden nötigten sie dieselben, ihre Flucht zu nehmen. Von den Engländern wurde keiner verwundet noch getötet, ohne 3 Schwarze von ihnen, die Blessuren bekamen, von den Mohren aber sind viele getötet worden. Unter den Blessierten war des Dierams Sohn, welcher die Mohren kommandierte, der aber so viel Wunden bekommen, dass er etliche Tage darauf gestorben ist. Dabei wurden von ihnen 2 Kamele und 8 Pferde getötet, 11 Pferde blessiert und 6 lebendig genommen. Diese Aktion hat bei den Landes-Einwohnern viel Furcht erweckt, dass sie sich nicht so leicht unterstehen werden, mit den Europäersn etwas anzufangen. Der Adchinsche König auf der Ostküste hat gegen ein englisch Schiff zu Adchin [Cochin/Kochi / കൊച്ചി ] einige Feindseligkeit ausgeübt. Darauf sendete dieser König ein Schiff aus, hierher nach Porto Novo zu gehen, so 8 Meilen von hier liegt, es verfiel aber solches Schiff auf der Reise nach der Nord zu. Und da es wollte die Madrassische Reede vorbeigehen, nahm es der Gouverneur weg und verauktionierte Schiff und Gut.

Vor einem Monat lief Nachricht allhier ein, dass die Holländer auf Ceylon mit dem Kaiser von Candy [Kandy] auch in Unfriede lebten. Es hat aber der Gouverneur auf Colombo für nützlich erkannt, an gemeldten Kaiser eine Gesandtschaft mit einigen Präsenten zu schicken, dadurch man meint, dass er wiederum zur Güte kommen soll.

Allhier in Tranquebar hat der mal. Unterschied der Geschlechter in diesem Jahre gleichfalls nicht wenige Unruhe und Mühe gemacht. Alle 96 Geschlechter aber teilen sich hauptsächlich in zwei ein, nämlich in die rechte und linke Hand. Die rechte Hand hatte allerlei Praetensiones an die linke Hand und diese wieder an jene. Endlich da die linke sah, dass ihnen nicht gefügt werden würde, liefen sie alle aus der Stadt und von der Kompanie Grund weg. Da war hernach kein Schmied, kein Zimmermann etc. zu bekommen, die doch die Kompanie und andere nicht entbehren können. Und da die rechte Hand meinte, der Herr Kommandant würde denen von der linken Hand, um sie nur wieder in die Stadt zu bekommen, in einige ihrer Praetensionen consentieren, so liefen auch die von der rechten Hand alle fort. Unter diesen waren die Kaufleute, die Krämer, die Schilderer, die Maurer etc. Diese verboten dazu alle Zufuhr aus dem Lande, dass wir in der Stadt weder Ess-Waren, noch Holz-Waren, noch Wasser bekommen konnten. Die Stadt war dabei in ziemlicher Not, bis endlich die rechte Hand wieder mit guten hereingebracht war. Darauf wurde auch an der linken Hand gearbeitet, dass sie wieder zur Stadt kamen. Hernach aber gab's in der Stadt fast tägl. Disput unter beiden Parteien, so dem Herrn Kommandanten beständig Mühe und Verdruss machte, und da solche Widerwärtigkeit immer mehr überhand nehmen wollte, so setzte endlich der Herr Kommandant 6 Personen von den Vornehmsten der rechten Hand und eben so viel von der linken Hand ins Kastell und von den übrigen ließ er keinen aus der Stadt, bis beide Parteien einen Kontrakt machten und Kaution stellten, dass künftig nicht mehr dergleichen entstehen sollte. Ist eine Verhindernis, so die Malabaren abhält, zum Christentum zu treten, so ists dieser Unterschied der Geschlechter. Denn da heißts, wenn wir Christen werden, so werden alle Geschlechter untermenget, speisen miteinander und sind untereinander eins, da doch nach ihrem Unterschied kein Geschlecht bei einem andern im Hause wohnt, sich nicht miteinander verheiratet, nicht miteinander essen und so ferner. Durch diesen Griff hält der Satan die meisten zurück von ihrer Bekehrung.

Endlich legen wir noch einen gedruckten mal. Brief und dessen deutsche Übersetzung bei, welcher an die hiesige mal. Heidenschaft von uns geschrieben worden und hin und wieder reichlich unter diese Heiden verteilt wird. Sonderlich wird Ziegenbalg auf seiner Reise aller Orten, wo er Gelegenheit findet, das Evangelium zu verkündigen, selbigen hinterlassen. Zum Nutzen derer, die unter den Europäern auf dieser Küste deutsch verstehen und dass sie mehr erkennen, wie man den Heiden Jesum Christum verkündigt und zu dessen gläubiger Annehmung aufweckt, haben wir auch dessen deutsche Übersetzung auf das Papier, welches in unserer Mühle gemacht worden, drucken lassen. Wir glauben auch, dass solche Übersetzung denen, die daselbst sich auf die malabarische Sprache legen, einigen Nutzen schaffen werde, wenn das malabarische dagegen gehalten und eins mit dem andern genau conferieret wird. Wir befehlen Ewr. Hochehrwürden und alle treue Mitarbeiter daselbst, wie auch ihre Arbeit und des Herrn Werk der ferneren Gnaden-Beschirmung und heiligen Providenz Gottes. Dieser gnädige Gott bewahre und beschütze, stärke und kräftige Sie, arbeite mit und in Ihnen, damit seine Herrlichkeit sowohl dort als hier, ja an allen Orten groß und allein herrlich werden möge. Wir und unsere Gemeinde beten für Sie und verharren


Ewr. Hochehrwürden
Unsers sehr geliebten
und teuren Vaters in dem Herrn
gehorsamste

Bartholomäus Ziegenbalg.
Joh. Ernestus Gründler.

Tranquebar, den 22. Dezember 1717."

[Quelle:  Ziegenbalg, Bartholomäus <1682 - 1719>: Alte Briefe aus Indien : Unveröffentlichte Briefe 1706 - 1719 / Bartholomäus Ziegenbalg. Hrsg. von Arno Lehmann . -- Berlin : Evang. Verl.-Anst., 1957. -- 552 S. -- S. 507f.]


3.2.8. 1719-01-19 Brief Ziegenbalgs kurz vor seinem Tod an Wendt in Kopenhagen


"An Herrn Wendt in Kopenhagen

Tranquebar, 19. 1. 1719

Wohledler,
Insonders hochzuehrender Herr Wendt.

In unserm Schreiben an das Kollegium ist gedacht worden, dass ich 1½ Monat bettlägerig gewesen. Nachher schien es zwar etwas besser zu werden, ich fing auch an, die Feier-Tage über zu predigen, aber es hat keinen Bestand gehabt. Jetzt steht es mit mir ebenso schlecht als zuvor u. will keine Medizin bei mir anschlagen. Die Ursache solcher Krankheit rührt von dem Gemüt her. Denn es ist schon zu 1½ Jahren her eine starke Anfechtung, Betrübnis u. Kümmernis meines Amtes wegen in meinem Herzen gewesen, die mich manche Nacht nicht hat schlafen lassen. Diese ist immer vermehrt worden durch die vielen Begebenheiten, die sich bei diesem Werke ereignen. Auch haben einige Briefe, die wir Anno 1717 u. 1718 von Europa bekommen, nicht wenig dazu kontribuiert u. mein Gemüt dermaßen niedergeschlagen, dass ich meine Amts-Geschäfte nicht mehr mit voriger Freudigkeit habe verrichten können. Und da ich zugleich gesehen, dass nach meiner Wiederkunft das Werk weit weniger aus Dänemark sekundiert worden, als vorher, so hat mir solches manch Betrübnis verursacht, weil ich mir weit bessern Effekt von meiner beschwerlichen Hin- u. Wider-Reise versprochen, als ich bisher noch gesehen habe. Diese Gemüts-Anfechtung u. Betrübnis hat denn nun eine starke Influenz in die motus vitales u. in alle partes corporis gehabt, dass ich 1½ Jahr her immer Leibes-Beschwerung gehabt habe. Wozu denn noch die vielen Fatiguen kommen, die ich zeit meines Amts habe ausstehen müssen. Endlich ist es in ein malum hypochondriacum ausgebrochen u. zwar im höchsten gradu, dabei noch allerhand solche Symptomata sind, die sonst bei dem gedachten malo nicht gefunden werden. Ich habe große Engbrüstigkeit, ein starkes Drücken im ganzen Leibe, Seiten-Stiche, einen heftigen Husten, der eine große convulsion in der Brust verursacht u. mich wenig schlafen lässt, ein wehetagen in allen Gliedern u. sonderlich in den Gelenken, öfters Brechen u. viele Kopfschmerzen. Dabei habe ich keinen Appetit zum Essen, die Leibes-Kräfte nehmen tägl. ab, ich bin verdrossen u. untüchtig zu aller Arbeit u. sehe keine Besserung, ich mag brauchen, was ich will. Ich habe diesen meinen Zustand dem holländischen Medico zu Nagapatnam [Nagapattinam / நாகப்பட்டினம்] überschrieben u. sein Sentiment darüber begehrt. Vernehme ich, dass er diese Krankheit wohl kennt u. einige approbable remedia vorschlägt, so will ich mich bei ihm in die Kur begeben. Unterdessen entschlage ich mich jetzt aller Sorge des ganzen Werks u. habe alles dem Herrn M. Gründler übergeben, dass bei dem Gebrauch der Medikamente mein Gemüt frei bleibt. Nur ist zu bedauern, dass man hier weder taugende Medizin, noch solche Speise u. Trank haben kann, dadurch ein Kranker sich helfen, stärken u. laben kann. Ich nehme solche Prüfung mit Geduld an u. habe das Vertrauen zu Gott, er werde ja auf einige Art u. Weise Hilfe schaffen, dass ich wieder in den Stand komme, dem Werke nützlich zu sein. Es geschehe in allem sein heiliger Wille! Meine Frau grüßt dienstlich. Sie ist auch 2 Monat daher krank gewesen. Alle Freunde daselbst bitte ich herzlich zu grüßen u. verharre

Meines hochgeehrten Herrn Wendt ergebenster

Barthol. Ziegenbalg.

Tranquebar, den 19. Jan. 1719."

[Quelle:  Ziegenbalg, Bartholomäus <1682 - 1719>: Alte Briefe aus Indien : Unveröffentlichte Briefe 1706 - 1719 / Bartholomäus Ziegenbalg. Hrsg. von Arno Lehmann . -- Berlin : Evang. Verl.-Anst., 1957. -- 552 S. -- S. 525f.]


4. Die Malabarische Korrepondenz



Abb.: Titelblatt des ersten Teils, 1714

Siebende Continuation des Berichts derer königl. dänischen Missionarien zu Tranquebar in Ost-Indien, bestehend in 55 merkwürdigen und curieusen Miscellen-Schreiben, welche sie von verschiedenen malabarischen Heyden empfangen, aus dem Malabarischen ins Teutsche übersetzt, mit nötigen Anmerkungen versehen, und unter dem Titel Einer Malabarischen Correspondentz zum Drucke heraus gesandt haben, worinnen die äussere und innere Gestalt des dasigen Heydenthums, nebst der daselbst üblichen Gebräuchen, Ceremonien und Wissenschaften, wie auch Ab- oder Zuneigung der Gemüther gegen das Christenthum, umständlich entdecket und dargeleget wird. -- Halle : In Verlegung des Waysen-Hauses, 1714


Abb.: Titelblatt des zweiten Teils, 1720

Eilfte Continuation des Berichts derer königl. dänischen Missionarien zu Tranquebar in Ost-Indien, bestehend aus drey Briefen ermeldter Missionarien von dem Zustande der Mission, wie auch einem andern Theil der so genannten Malabarischen Correspondenz, oder verschiedener merckwürdigen Miscellan-schreiben, so einige derer malabarischen Heyden mit denen Missionarien gewechselt haben. -- Halle : Gedruckt und verlegt im Waysen-Hause, 1720

Ins Englische übersetzt 1717:


Abb.: Titelblatt

An account of the religion manners, and learning of the people of Malabar, in several letters written by some of the most learned men of that country to the Danish Missionaries / translated from the High-Dutch by J. Tho. Phillips. -- London : Mears, 1717. -- 180 S.

Eine handliche, preiswerte Auswahl:

Die malabarische Korrespondenz : tamilische Briefe an deutsche Missionare ; eine Auswahl / Johann Ernst Gründler; Bartholomäus Ziegenbalg. Eingel. und erl. von Kurt Liebau. -- Sigmaringen : Thorbecke, 1998. -- 341 S. : Ill. ; 24 cm. -- (Fremde Kulturen in alten Berichten ; Bd. 5). -- ISBN 3-7995-0606-3

 

Die indischen Korrespondenten:

Gründe des Briefwechsels:


4.1. Beispiele aus der Malabarischen Korrespondenz


4.1.1. [Erster Teil.] Der erste Brief



Abb.: Beginn des ersten Briefs

"Der erste Brief


Darinnen sich der Korrespondent excusieret, warum er nicht eher auf das empfangene Schreiben geantwortet, und wie er hinführo dasjenige, was man an ihn schreiben würde, fleißiger observieren wollte, dabei er zugleich eine kurze Beantwortung der an ihn getanen 9 Fragen übersendet

Im Jahr Nándanawáruschúm a [nāndanavarṣa], den 2. Oktober.

a Nándanawáruschúm ist das jetzt laufende Jahr [1712]. Denn diese Heiden führen ihre Jahresrechnung nicht von Anfang der Welt oder von einem andern gewissen Periodo der Zeit, sondern sie haben eine gewisse Zeit von 60 Jahren, welche Zeit sie Antu [āṇṭu, ஆண்டு] nennen. Unter solchen Jahren hat ein jedwedes seinen besondern Namen. Und wenn alle 60 um sind, so bekommt das Antu einen andern Namen und sie fangen wieder die Namen der Jahre von vorne an zu zählen. Jedoch, was die Gelehrten anlanget, so haben sie diese jetzige Weltzeit in gewisse Periodos eingeteilet, danach sie sich richten.

Ich, N., vermelde denen Priestern meinen Gruß. Sie haben ehemals an mich geschlichen und neun Fragen übersandt mit Verlangen, dass ich Ihnen selbige beantworten sollte. Alleine solches ist keine Sache, die von mir geschehen kann. Und weil keine tüchtige Personen dazu vorhanden, hat sich es bis hierher so lange vererzogen. Anjetzo ist allhier ein sehr weiser und verständiger Priester von Iarpánam [= yāḷppāṇam = Jaffna, Ceylon], welcher in allen Landen wallfahren herumgehet. Selbigen habe ich zu mir gerufen und ihn dieser neun Dinge wegen befraget. Dessen Antwort ich denn geschrieben und hiermit übersende. Man könnte zwar solche Sachen auf unsere malabarische Art weitläufig ausführen, aber hierinnen ist alles ganz kurz gefasset. Wollen Sie selbige weitläufiger haben, so sind dazu sechserlei Arten. Aber woferne man solche nach diesen sechserlei Arten erweitern soll, so wird ein ganzer Monat drauf gehen. Und wenn man 18
gleich nichts anderes täte, als nur immer daran schriebe, so würde man doch unter einem Monat nicht fertig werden. Ich bin nicht ein solcher, der Ihnen falsche und unrichtige Dinge überschreibet. Und was ich auch diesen und jenen Gesetzgelehrten vorgeleget habe, das schreibe und überschicke ich doch nicht eher, als bis es konfirmieret worden ist. Anjetzo bin ich bereit, nach Ihrer Vermahnung täglich dies und jenes mich zu befragen und öfters an Sie zu schreiben. Wenn Sie selbsten den Priester von Iarpánam zu sich hinüber kommen ließen und einen Tag sich mit ihm besprächen, so würde er Ihnen alles mündlich zu sagen wissen, was Sie ihn auch befragten. Er ist ein verständiger und hochästimierter Mann, der nicht geldgierig ist, wie andere seinesgleichen. Durch ihn könnten Sic viele Sachen erfahren.

Die Ursache, warum ich so lange nicht geschrieben, ist nicht allein diese, weil keine hierzu tüchtigen Leute vorhanden gewesen sind, sondern auch, weil es meine jetzige Umstände nicht haben zulassen wollen. Dieses alles wollen Sie ja nicht ungütig aufnehmen, wie denn bei Ihnen kein Zornfeuer ist, als wohl bei uns gefunden wird.

Anjetzo ist nunmehro die Regenzeit, darinnen niemand etwas tun kann. Die Brahmanen und Gesetzgelehrten bleiben auch alle zu Hause. Was Sie denn nun ins künftige für Sachen beantwortet haben wollen, die will ich Ihnen alle überschreiben. Oh ich aber gleich mir vielleicht unwissend darinnen einige Fehler begehe, so müssen Sie mir verzeihen. Jedoch was soll ich sagen? Sie wissen alles besser, als ich es Ihnen schreiben kann. Schalám [calām ஸலாம்].a

a Das Wort Schalám [calām ஸலாம்] ist ein Grußwort, welches gemeiniglich die Vornehmen unter diesen Heiden in ihren Briefen zum Anfang und Ende setzen. Sonst ist es auch in reden sehr gebräuchlich, wenn einer dem andern begegnet oder von ihm gehet, eben wie die Hebräer das Wort Schalom [שלום] als ein Grußwort braucheten, das bei ihnen soviel als Friede heißet, welches denn nachmals fast alle orientalische Völker zum Grußwort angenommen haben.

Die erste Frage.
Wie die malabarische Religion in die Welt gekommen sei

Von dem einzigen allerhöchsten Wesen, das der allmächtige Gott ist und Bárabirúmaa  [parapiramam பரபிரமம் = Para-brahmā] genannt wird, ist die Göttin Tscháddib [catti/cakti சத்தி/சக்தி = Śakti] entsprungen. Von dieser Tscháddi sind die drei Götter, Dirumúrtigölc  [tirimūrtikaḷ = Trimūrti] genannt, entsprungen. Unter diesen ist einer namens Birúma [piramam பிரமம = Brahmā] , aus dessen Ansehen die 224 Búganangöld [pukannakaḷ] und deren Herrene entsprungen sind.

a Das höchste Wesen heißt eigentlich In dieser Sprache Barábarawástu [parāparavastu], welches Wort in der christlichen Lehre ohne Anstoß gebrauchet werden kann Alleine wenn solches höchste Wesen Bárabirúma genannt wird, so schmeckt es schon nach dem Heidentum. Denn Birúma oder Bruma, ist einer von den dreien Göttern, die sie Dirumúrtigöl nennen, und Bárabirúma ist denn der allerhöchste Gott bei ihnen oder das Wesen aller Wesen.

b Tscháddi ist diejenige Göttin, von welcher diese Heiden schreiben, dass sie in Gott anfänglich die weibliche Kraft gewesen und sich nachmals von der männlichen separieret habe.


Abb.: Brahmā, Īśvara (Śiva), Viṣṇu
[Abbildungen nach den Angaben in Ziegenbalgs Genealogie der malabarischen Götter in: Mathurin Veyssiére La Conze: Abbildung des indianischen Christen-Staats ... -- Leipzig : Walther, 1739. -- S. 570, 572, 583.

[Bildquelle: Ziegenbalg, Bartholomäus <1682 - 1719>: Bartholomäus Ziegenbalgs "Genealogie der malabarischen Götter" : Edition der Originalfassung von 1713 mit Einleitung, Analyse und Glossar / von Daniel Jeyaraj. -- Halle : Verl. der Franckeschen Stiftungen, 2003. -- 500 S. : Ill.  -- (Neue Hallesche Berichte ; 3). -- ISBN: 3-931479-45-5. -- S. 499]

c Dirumúrtigöl sind drei Personen, welche von diesen Heiden als die vornehmsten Götter venerieret werden, nämlich Birúma [piramam பிரமம = Brahmā], Wischtnu [Viṣṇu விஷ்ணு], und Rúddiren [ruttiraṉ ருத்திரன் = Rudra] oder Isuren [īcuvaraṉ ஈசுவரன் = Īśvara]. Einige venerieren sie als das höchste göttliche Wesen selbsten, darinnen denn der Satan das Geheimnis der heiligen Dreieinigkeit unter diesen Heiden nachäffen wollen. Sonst ist das Wort Gott und das Wort Götter bei diesen Heiden dem eigentlichen Verstande nach sehr unterschieden. Denn unter dem Namen Gott, der in ihrer Sprache vielfältig und nach den göttlichen Eigenschaften eingerichtet ist, verstehen sie das Wesen aller Wesen, nämlich den einigen und ewigen Gott. Unter dem Namen Götter aber verstehen sie solche, die von Gott göttliche Macht und Gewalt bekommen haben, zu schaffen, zu regieren und unterhalten, und zu verderben; die man denn wegen ihres Amtes und weil sie von Gott über die Welt gesetzet wären, anbeten und venerieren müsste. Bei deren Anbetung aber ist der Dienst gegen den einigen wahren Gott unter diesen Heiden ganz aufgehoben worden.

d Búganangöl sind die Sphären aller Himmel und Welten.

e Diese Heiden glauben, dass über eine jedwede Sphäre oder Distrikt in ihren vielen Himmeln und Welten eine besondere Person zum Herrn und Regierer gesetzet sei.

Von diesem sind auch die vier Gesetzbücher und die sechs Sástirangöla [śāstra] herkommen. Diese sechs Sástirangöl traktieren die Lehren, so in den vier Gesetzbüchern enthalten sind. Die Erklärung von diesen sechs Sástirangöl sind die achzehn Puránenb. Die vier Gesetzbücher handeln nun die Brahmanen nach den Lehrsätzen, so in den sechs Sástirangöl enthalten sind. Ihre Verrichtungen nach solchem Gesetz sind folgende: Des Morgens, weit vor der Sonnen Aufgang,c stehen sie auf, tun ihre Notdurft und reinigen sich wohl. Nachhero säubern sie die Zähne und spülen den Mund ans. Alsdann verrichten sie ihr Werk, Aschamenkirigeid [ācamanīya-kriyā] genannt, und richten ihre Gedanken auf den Herrne, lesen auch dasjenige Gesetz, welches zu der Reinigung gegeben ist, und reinigen sich dabei im Wasser. Hiernebst verrichten sie auch ihre Gebetsformeln und alle hierzu gehörige Zeremonien.f Nach diesem rezitieren sie eine Gebetsformel, Kaiaddiri [Gāyatrī] genannt, preisen und bitten die drei Götter, Dirumúrtigöl genannt, dass sie diese getane Werke alle insgesamt an den Ort, wo das höchste Wesen wohne, bringen wollen. Alsdann verehren sie die Figuren und bringen ihnen Opfer. Darunter richten sie ihren Sinn auf das Höchste Wesen, stehen in tiefer Betrachtung und erheben Ihr Herz zu dem Einigeng, und bilden sich bei solchen Figuren ein, als sei Er alles selbsten. Unter diesen Stücken allen kann ein jedwedes weitläufig erkläret werden.

a Die 6 Sástirangöl [cāstirankaḷ zu சாஸ்திரம் cāstiram = śāstra] sind gleichsam 6 Systemata über ihre Lehrsätze, so in den 4 Gesetzbüchern enthalten sind.

b Die 18 Puránen [purāṇa] sind alte Historienbücher, darinnen die Geschichte und Erscheinungen Ihrer Götter nebst ihren Taten, so sie unter den Menschen verrichtet haben sollen, enthalten sind.

c Nach unserm Stundenzeiger möchte es 3½ Uhr des Morgens sein.

d Aschamenkirigei [ācamanīya-kriyā] ist eine Verrichtung mit besonderen Zeremonien. Wie denn die Brahmanen dermaßen viel Werkheiligkeit haben, dass sie selbige in gewisse Teile eingeteilet und eine jede Abteilung solcher Werke mit besonderen Namen in ihren Büchem benenne! haben.

e Das Wort Herr heißt allhier in ihrer Sprache Kaddá [kartṛ, கத்தன் kattaṉ], darunter sie allezeit den einigen höchsten Gott verstehen.

f Ihre Zeremonien sind bei ihrer Reinigung dermaßen viel und mannigfaltig, dass sie oftmals in einem halben Tage damit nicht fertig werden können. Und gleich wohl tun sie solche täglich und lassen sich von niemanden darin stören, wenn auch ein König zu ihnen kommen und sie anreden wollte.

g Durch den Einigen wird allhier das einzige allerhöchste Wesen verstanden. Denn diese Heiden sind völlig überzeuget, dass nur ein einziger Gott sei, von dem alles in allein ursprünglich hergekommen, und bilden sich ein, dass sie durch Verehrung der erschaffenen Götter und Anbetung ihrer Bilder den höchsten Gott selbsten verehren und anbeten, als der ihnen solches zu tun befohlen hätte.


Die zweite Frage.
Was für Gedanken die Malabaren von der Christen Religion und Gesetz halten

Das Christentum wird um deswillen von uns verabscheuet, weil die Christen Kühe schlachten und essen,a weil sie sich nicht reinigen wenn sie zu Stuhle gegangen sind,b weil sie starke Getränke trinken,c und weil sie, wenn jemand stirbt, nicht viele Werke tun,d um der Seele des Verstorbenen an den Ort der Seligkeit zu verhelfen,e auch weil sie im Heiraten keine Freudenwerke verrichtenf.

a Diese Heiden haben von den lebendigen Tieren eine sehr abergläubische Meinung und sonderlich von den Kühen, mit welchen sie große Abgötterei treiben. Denn wer unter ihnen eine Kuh tötet, hat weil größere Sünde begangen, als wenn er einen Menschen getötet. Vor ungefähr 5 Monaten hatte in dieser Gegend ein Bareiár [paṟaiyar பறையன் = Pariah] (welche Art Leute unter ihnen vor die unreinesten gehalten werden) aus Hunger eine Kuh gestohlen, sie geschlachtet und gegessen. Sobald als solches kund wurde, nahmen sie ihn gefangen und sprachen ihm das Leben ab. Und da er doch pardonieret wurde, hackten sie ihm doch die rechte Hand und das linke Bein ab. Weil nun diese Heiden sehen, dass wir europäische Christen die Kühe schlachten und das Fleisch allerhand lebendiger Tiere essen, so halten sie solches für einen Gräuel und mögen weder die Christen noch ihre Essgeschirre anrühren, in der Meinung, dass sie durch solches Anrühren verunreiniget würden.

b Wenn diese Heiden ihre Notdurft tun, waschen sie allen Unflat mit der linken Hand ab. Solches tun sie insgesamt, Kleine und Große. Haben auch Bücher unter sich, darinnen von solcher Reinigung Unterricht gegeben wird. Und weil sie ihre linke Hand dazu gebrauchen, so dürfen sie mit selbiger nicht essen noch einige Speisen berühren. Weil sie nun sehen, dass die Christen solche Manier nicht gebrauchen, so halten sie selbige vor unrein, zumal, weil sie auch nicht so gar öfters ihren Leib waschen, darein doch diese Heiden fast alle ihre Reinigung setzen.

c Alle starke Getränke halten diese Heiden vor Sünde und diejenigen vor unrein, die selbige trinken. Daher bei ihnen vom größten bis zum kleinsten kein stark Getränk getrunken wird, ausgenommen nur diejenigen, so aus dem geringsten und verachtesten Geschlechte sind, die von ihnen zu allen unreinen Verrichtungen gebrauchet werden. Wenn denn solche Heiden überdies das unordentliche Wesen und Völlerei, so aus dem Missbrauch der starken Getränke kommt, bei den europäischen Christen häufig gewahr werden, haben sie daher einen echten Ekel vor den Christen und dem Christentum bekommen.

d Wenn jemand unter diesen Heiden stirbt, so befiehlet er seinen Kindern oder Freunden, was für Almosen sie in seinem Namen tun sollen und wie lange sie solche zu tun haben; Welches denn genau observieret werden muss. Auch haben sie der Abgestorbenen wegen viel Fastens unter sich und gedenken dadurch den Seelen der Abgestorbenen zu Hilfe zu kommen. Aber solches sehen sie nicht an uns evangelischen Christen. Daher bilden sie sich ein, etwas besseres als wir zu haben.

e Sie glauben, dass die Seelen, so mit Sünden behaftet sind, durch mühsames Herumschweben und Wiedergeburten gereiniget werden müssen, und dass ihnen in solchem Zustande die Almosen, so die Anverwandten in ihrem Namen in der Welt täten, zustatten kämen.

f Wenn diese Heiden heiraten verrichten, sie viele Freudenwerke, welche teils in Mitteilung reichlicher Almosen, teils aber auch in bloß weltlichen Lustbarkeiten bestehen, um in der Stadt einen großen Aufzug und Gepränge zu machen. Weil ihnen nun das letztere bei unserer Evangelischen Kirche nicht verstattet wird und sie auch das erstere bei den Christen nicht sehen, so halten sie solches vor einen Hauptmangel der Werke.

Im übrigen, was das Gesetz der Christen an sich selbsten anlanget, so kann man solches nicht verwerfen. Die Christen haben ein heiliges Gesetz, aber keine Werkea. Unser Gesetz ist nicht allein ein heiliges Gesetz, sondern es hat auch Werkeb.

a Dieses ist das allerärgerlichste, welches die Heiden an den Christen überhaupt zu desiderieren haben, nämlich, dass ihr Gesetz zwar gut und heilig, aber das Leben ohne gute Werke und heiligen Wandel sei.

b Die Werke dieser Heiden sind viel und mannigfaltig. Und ob sie gleich bloß im äußerlichen bestehen, so beschämen sie doch viele Christen mit dergleichen Bemühung, die sie nach ihrem Gesetz sich machen, um die Seligkeit zu erwerben.

Die dritte Frage.
Warum die Malabaren sich weigern, zu der christlichen Religion zu treten

Es sind viele Geschlechte der Menschen,a die vom Herrn erschaffen worden. Weil wir denn sehen, dass die Christen solchen Unterscheid der Geschlechte nicht observieren, sondern aus allen eines machen,b auch uneracht, dass in den beiden Geschlechten, dem männlichen und dem weiblichen,c ein großer Differenz gefunden wird, sie dennoch alle Personen ohne Unterscheid zu einer Gemeine versammlen,d so gefället es uns nicht, zu solcher Religion zu treten.

a Es statuieren diese Heiden unter sich 96 unterschiedliche Geschlechter. Und ob zwar diese nur eigentlich den Künsten, Ämtern, Professionen und Verrichtungen nach voneinander unterschieden sind, so machen sie doch unter ihnen einen solchen abergläubischen Unterscheid, dass einer aus seinem Geschlechte nicht in ein anderes heiraten darf, noch mit Leuten von andern Geschlechten essen mag. Ein jedes Geschlecht hat seinen besonderen Namen, seine besondere Zeremonien, seine besondere Gebräuche und seine besondere Essarten und Speisewaren. Wo einer dawider handelt, so hat er sein Geschlecht verloren und wird für den verachtesten Menschen gehalten.

b Wenn einer aus diesen Heiden zu unserer christlichen Religion tritt, muss er solchen Aberglauben ablegen. Denn wir verstatten keinen solchen Unterscheid, sondern lehren, dass sie alle in Christo eins sind und keiner vor dem andern hierinnen einen Vorzug habe. Dahero lassen wir sie auch untereinander sich verheiraten, nicht nach dem Geschlechte, sondern nach ihrem Belieben, wo sie anders ohne Hindernis auf christliche Weise getrauet werden können.

c Es erkennen diese Heiden aus dem Licht der Natur sehr wohl, dass eigentlich unter den Menschen nicht mehr als zwei differente Geschlechte sind, nämlich das männliche und das weibliche. Aber gleichwohl halten sie nicht alle Menschen vor gleich gut, die von Mann und Weib geboren sind, sondern haben den obengedachten Unterscheid unter sich.

d Aus jetzterwähntem Aberglauben kommt es diesen Heiden sehr wunderlich vor, wenn sie sehen, dass sie, so zu der christlichen Religion getreten, in einer Kirche beisammensitzen, untereinander ohne Ansehung der Person heiraten, beieinander wohnen, essen und trinken und allen vorigen Unterscheid aufheben. Was sonst Dignitatem officii anlanget, so heben wir selbige nicht auf, sondern sehen dahin, dass alle gute Ordnungen unter den Unserigen observieret werden.

Die vierte Frage.
Was für gelehrte Leute sich anjetzo in der Stadt N. befinden und was solcher Leute Verrichtung sei

Die gelehrtesten Leute allhier sind diese:

Außer diesen sind noch viele, so ihnen ziemlich gleichkommen.

a Kúru [குரு guru] heißt ein Priester.

b Sastiriár [śāstrin] heißt einer, so ihre obgemeldete 6 theologischen Systemata wohl gelernet hat und in selbigen andere unterweisen kann. Ein solcher wird unter ihnen gleichsam als ein Professor gehalten, von dem ihre Theologie und Disziplinen gelernet werden müssen.

Ihre Verrichtungen sind diese: Sie tun allerlei Opfer, sie verrichten die Werke, so zu den Festen der Pagoden gehören, sie unterweisen ihre Jüngera, wie sie die Opfer verrichten sollen,b sie dozieren ihre Gesetzbücher, sie lehren diejenigen, so an den Herrn gläubig sind,c die Lehrsätze der Sástirangöl, und legen selbige aus.

a Ein jedweder Priester hat seine gewisse Jünger, welche von niemand anders als von ihm die Vergehung der Sünden holen. Diese sind Leute aus dem gemeinen Wesen. Denn ein jedweder, der einiges Verlangen nach der Seligkeit hat, erwählet sich nach seinem Gefallen einen Priester und wird sein Jünger. Aber die Discipel der Sástirigöl oder Professorum sind allein solche Leute, die sich auf die Studia legen und entweder Priester oder Professores zu werden gedenken.

b Ihre Opfer werden mit solchen Zeremonien verrichtet, dass einer lange lernen muss, ehe er ohne Irrung und ohne Stottern soviel Wesens nacheinander machen kann. Und wo darinnen nur eine Sache versehen wird, so ist das ganze Opfer vergeblich.

c Ehe sie einem die Geheimnisse ihres Gesetzes offenbaren, so prüfen sie ihn wohl, ob er auch einen festen Glauben habe. Denn sie sagen, dass alle Dinge, so im Gesetz enthalten, bei dem Menschen einen ungezweifelten Glauben erfordern. Wo dieser Glaube bei einem nicht sei, so nütze ihm das Gesetz nichts, und könne aus selbigem kein Ding erfüllet werden.

Dieses ist ihre Weisheit, ihr Wandel und Verrichtung.

Die fünfte Frage
Was diejenigen lernen und tun, so aus dem Geschlechte der Brahmanen sind

In ihrer Jugend lernenda sie ihr Gesetz und die Systemata, darinnen die Gesetzlehren enthalten sind, welche sie einsehen lernen. Nebst diesen sind auch solche Lehrsätze vorhanden, die auf einen tugendsamen Sinn führen.b Selbige lernen sie alsdenn verstehen und praktizieren. Nachmals ist ihre Verrichtung diese, dass sie ihre Gebete und Opferarten verrichten und dabei die dazugehörige gute Werke ausüben.

a Ihr Lernen geschiehet alles in der Brahmanensprache, welche Kiréndum [kirantam கிரந்த = grantha-Schrift = Synonym für Sanskrit] genennet wird; wie denn auch ihr Gesetz und die daraus gezogene 6 Systemata in solcher Sprache geschrieben sind, nebst den obgemeldeten 18 Puránen und allen andern Gesetzbüchern, unter welchen auch viele in die malabarische Sprache übersetzet sind.

b Ihre Gesetzbücher handeln meist von lauter Zeremonien, Opferarten, Gebetsformeln und von den Regeln der Reinigung, auch von den mancherlei Festen, Anbetungen der Götter und Verehrungen der vielen Figuren, auch von den mannigfaltigen Verrichtungen in den Pagoden. Aber außer diesen haben sie allerhand Moralienbücher, die da auf ein tugendsames Leben gerichtet sein, welche meistenteils aus dem Kiréndum in die malabarische Sprache translatieret sind, auch von vielen andern, die keine Brahmanen sind, gelesen und gelehret werden.

Die sechste Frage
Auf was Weise die Malabaren selig zu werden gedenken

Wer nach der Lehre des malabarischen Gesetzes lebet, und nach dem Unterricht seines Priesters dasjenige glaubet, was zu glauben ist,a auch stets an Gott gedenket und sein Gebot ohne Übertretung hält,b der kann selig werdenc.

a Diese Heiden dringen gar sehr auf den Glauben bei denen, so da selig werden wollen. Aber ihre Gesetzlehren, damit der Glaube umgehet, sind ganz falsch.

b Sie schreiben allein denen die Seligkeit zu, die da tun und halten, was ihnen geboten ist.

c Das Wort selig werden heißet allhier in ihrer Sprache ebensoviel als anlanden, wenn man nämlich auf dem ungestümen Meer geschiffet und nunmehro in einen sichern Hafen kommet und aus der See ans Land steiget.

Die siebende Frage
Was die Malabaren für Unterweisung zur Seligkeit haben

Alles gehet unter uns nach der Unterweisunga der Brahmanen aus den 4 Gesetzbüchern und aus den 6 Systematibus. Diese zeigen uns, welche Sünden wir sollen meiden und welche Tugenden wir sollen ausüben.b

a Die Unterweisung der Brahmanen ist gar rar und gehet nicht weit, denn es ist unter ihnen weder öffentliche noch besondere Anstalt zur nötigen Unterweisung. Was reiche und vornehme Leute sind, halten eigene Brahmanen in ihren Diensten, dass sie dies und jenes von ihnen hören und erfahren mögen. Der größte Haufe gehet hin ohne Unterricht. Unterdessen, was den Dienst in Pagoden anlanget, so gehet darinnen alles nach der Brahmanen Anordnung.

e Die Lehre von Meidung der Sünden und von Ausübung der Tugenden ist unter ihnen ganz gemein. Aber sie wissen weder die rechte Art noch die eigentlichen Mittel, wie und wodurch solches geschehen könne.

Die achte Frage
Auf was Weise die Malabaren sich von Sünden loszumachen suchen


Wenn man an die heiligen Örtera gehet und dem Gott an selbigen Örtern ein Trankopfer bringet, auch an solchen Örtern sich im Wasser reinigetb und ein Speisopfer bringet; item, wenn man die Brahmanen speisetc und einige Feueropfer machen lässet, wenn man gute Werke ausübet, als da sind Kotánum [godāna],d Putánum [bhūdāna],e Wastiratánum [vastradāna],f Irániatánum [hiraṇyadāna]g und dergleichen mehr,h so kann man hierdurch von Sünden los werden.

a Heilige Örter sind unter diesen Heiden diejenige, allwo einige Wunder geschehen, oder diese oder jene Götter erschienen sein sollen. Da denn gemeiniglich große Pagoden aufgebauet sind und herrliche Feste gehalten werden, dahin von weit und breit gewallfahret wird, welches den Brahmanen einen großen Gewinnst bringet; daher sie sich häufig an solchen Örtern aufhalten.

b An solchen Örtern sind gemeiniglich große ausgepflasterte Teiche oder herrliche Flüsse, darinnen sie sich von Sünden reinigen.

c Das Speisen der Brahmanen zur Befreiung der Sünden ist unter ihnen ganz gemein. Es muss aber solches an einem solchen Orte geschehen, der ihrer vermeinten Heiligkeit gemäß ist.

d Kotánum [godāna] bedeutet dasjenige gute Werk, da sie vermittelst der Zeremonien der Brahmanen alle ihre Sünden auf eine oder mehr Kühe legen und selbige den Brahmanen verehren, die denn zugleich die Sünden mit der Ruh wegnehmen.

e Putánum [bhūdāna] ist dasjenige, da sie Äcker oder auch ganze Landschaften denen Brahmanen übergeben, wodurch sie von ihren Sünden loszuwerden gedenken.

f Wastiratánum [vastradāna] ist ein solches Almosen, da man Kleider austeilet und damit seiner Sünden loszuwerden gedenket.

g Irániatánum [hiraṇyadāna] ist ein Almosen, das in Getreide oder Geld bestehet.

h Sie haben zehn dergleichen Almosen zur Befreiung der Sünden, welche denn gemeiniglich von den Sterbenden ausgeübet werden.

Die neunte Frage
Warum die Malabaren in ihren Pagoden und Häusern allerlei Figuren der Götter verehren

Es kann die Gestalt des Herrna von keinem Menschen mit etwas verglichen werden, dass man von solchem Herrn rechte Gedanken haben und sich ihn in dem Gemüte recht vorstellen könnte. Aber wie Birúma [Brahmā], Wischtnu [Viṣṇu] und Rúddiren [Rudra] gestalt sein, solches stehet in unserem Gesetz geschrieben. Auch stehet darinnen, wie die andern Götter gestalt sein. Und weil denn Gott zugleich in seinem Gesetz gezeiget, welche Götter wir anbeten sollen, und auf was Weise solches geschehen müsse, auch was für einen Lohn er uns dafür geben wolle, so tun wir nach diesem seinem Befehl und verehren solche Götter in ihren Figuren.

a Durch das Wort Herr wird allhier der einige wesentliche Gott verstanden, von welchem sie alle insgesamt bekennen, dass er keinem Dinge in der Welt zu vergleichen sei. Dahero machen sie ihm auch kein Bildnis, sondern alle Figuren und Bildnisse, die sie unter sich haben, präsentieren nur die Gestalt der vielen andern Götter, und zwar auf solche Art und Weise, als sie denen Menschen in der Welt erschienen sein sollen."


4.1.2. [Erster Teil.] Der zweite Brief



Abb.: Beginn des II. Briefs

"Der zweite Brief
Darinnen der Korrespondent seine Willigkeit zeiget zu tun, was man in Briefen von ihm begehret, um derentwillen er sich aber mit denen Brahmanen und Gelehrten zu besprechen hätte, welches die Antwort aufhielte. Überschicket dabei die Beantwortung derer an ihn getanen 18 Fragen und bittet, es nicht übel aufzunehmen, wenn nicht alles nach Willen geschehe

Im Jahr Nándanawáruschúm, den 4. Oktober.

Denen beiden Herren Priestern vermelde ich, N., dero Diener, meinen Gruß. Das Schreiben, welches Sie mir übersendet, habe ich empfangen und die darinnen enthaltenen Sachen gar wohl verstanden. Ich erkenne mich verbunden, alle Dinge über mich zu nehmen, die Sie an mich schreiben, und Ihnen, soviel als es mir möglich ist, so zu Willen zu leben, dass Sie über mich keine Klage führen dürfen. Der achtzehn Fragen wegen, die Sie an mich getan, habe ich mich mit einigen gelehrten besprochen und selbiger Sachen mich erkundiget. Soviel nun als ich erfraget und selbsten gewusst, habe ich ohne fernem Zweifel geschrieben und übersende solches hierbei. Es sind noch viele Dinge vorhanden, die weitläufig hätten mit hineingeführet werden können, aber es werden gar wenige solche Leute gefunden, die man bei Schreibung solcher Sachen dieses und jenes wegen befragen könnte. Was ich demnach geschrieben überschicke, solches ist ganz kurz gefasset. Alle die Sachen, die Sie fragen, kann niemand anders beantworten als die Brahmanen und Tschúddirera [cūttirar 0 Mehrzahl von cūttiraṉ சூத்திரன் = Śūdra].

a Tschúddirer [Śūdra] heißen unter ihnen diejenige, die der Würde des Geschlechts nach nächst den Brahmanen im meisten Ästim sind und unter welchen annoch einige Gelehrsamkeit und Wissenschaften im Schwange gehen. Jedoch sind sie auch vielfältig unterschieden.

Hiernebst haben Sie auch geschrieben, dass, wenn ich sonsten gute Dinge hörete, ich selbige Ihnen überschreiben sollte. Dieses soll auch ins künftige geschehen.

Die Brahmanen bleiben keine halbe Stunde an einem Orte. Es ist auch etwas sehr Rares, wenn man sie des Abends antreffen und sprechen kann. Daher verweilet sichs so lange, ehe die Sachen deutlich überschrieben werden können. Unterdessen bin ich allenthalben zu Ihren Diensten bereit. Ob ich aber gleich ferne von Ihnen bin, so wollen Sie doch die Liebe, die Sie gegen mich tragen, niemals ins Vergessen kommen lassen, sondern mich ebenso halten, als wenn ich nahe um Sie wäre.

Es sind sonst einige gelehrte und verständige Leute allhier in der Stadt wohnhaftig, aber selbige sind auch anjetzo nicht vorhanden. Sobald als sie kommen, werde ich mich befleißigen, so zu schreiben, dass Sie damit können zufrieden sein. Die Materien mögen Sie vergnügen oder nicht, so wollen Sie um deswillen doch nicht unwillig werden, sondern alle Schuld verzeihen. Schalám [calām ஸலாம்].

Die erste Frage
Woraus bewiesen werden könne, dass das Gesetz der Malabaren ein seligmachendes Gesetz sei?

Es beweisen solches nicht allein die vier Gesetzbücher und die daraus geflossene 6 Systema, sondern auch das Buch Tschadda kori magá mandirum genannt, welches der Inhalt der 18 Bücher von den alten Gesetzhistorien ist. In diesen 18 Gesetzhistorien handelt ein Teil, das Wiránku genennet wird, von sieben heiligen Plätzen, als da sind:

  1. das alte Diruwarúr,a [Tiruvārūr / திருவாரூர்]

  2. Nagapatnam, b [Nagapattinam / nākapaṭṭaṇam மாவட்டம்]

  3. Dirunalláru, c [Tirunallaru]

  4. Wedárianum, d [Vetaranniyam]

  5. Dirukkúwalei, e [Tirukkuvalai]

  6. Dirúddalei, f

  7. Dirukóranum. g [Tirukkaronam]

Diejenigen, die an diesen sieben Örtern Buße getan haben, hat Gott die Seligkeit gegeben.h Außer diesen sind noch in dem Königreiche Tanjour dreihundertvierundsechzig göttliche Plätze und Pagoden.i Auch sind darinnen heilige Flüsse und Reinigungswasser.j In diesen 364 Plätzen ist der Name der Götter mancherlei.k Einem jedweden stehets nun frei, nach seinem eigenen Belieben einen Platz zu erwählen und auf dessen Pagode seine Liebe und Glauben zu setzen.l Ein jedweder mag sich auch einen Priester erwählen, welchen er will,m nach dessen Lehre er seine Sitten, Zeremonien, Opfer und Anbetung verrichte.n Welcher denn nun nach solchen vom Priester gebotenen Sitten, Zeremonien, Opfer und Anbetung einhergehet, Glauben und Liebe hat, auch nicht mehr als eines Herzens und Sinnes ist, der kann selig werden. Solches ist geschrieben in den vier Gesetzbüchern, in den 6 Systematibus, in den 18 Historienbüchern und in den 24 Agamangöl [ākamaṅkal = Mehrzahl von ākamam ஆகமம் = Āgama].o Auf solche Weise gedenken die Brahmanen,p die Sannáschigöl,q [caṉṉiyācikaḷ = Mehrzahl von caṉṉiyāci சன்னியாசி = Saññāsin] die Jógigöl,r [yōki யோகி= Yogin] die Pantarangöl,s [paṇṭāraṅkal = Mehrzahl zu Paṇṭāram பண்டாரம்] die Antigölt [āṇṭikal = Mehrzahl zu āṇṭi ஆண்டி] und alle andere, die nach solchem Gesetz wandeln, selig zu werden.

a Diruwarúr [Tiruvarur / திருவாரூர்] ist eine Stadt, die 5 deutsche Meilen von Tranquebar gelegen ist, und die, nach Aussage dieser Heiden, ein sehr heiliger und göttlicher Ort sein soll, darum, weil in ihren alten Gesetzbüchern viele Historien gefunden werden, dass daselbst die Götter erschienen sein und viele Wunder getan haben sollen.

b Nagapatnam [Nagapattinam / மாவட்டம்] ist eine Seestadt, 5 Meilen von Tranquebar gelegen, welche den Holländern zugehöret, die da ein schön Kastell und ihr Gouvernement auf dieser Küste darinnen haben. Von dieser Stadt haben gleichfalls die Heiden viele Historien der Erseheinungen ihrer Götter, so darinnen geschehen sein sollen.

c Dirunalláru [Tirunallaru] ist ein Flecken, 3 Meilen von Tranquebar landwärts gelegen,

d Wedárianum [Vetaranniyam] ist eine Seestadt, 9 Meilen von Tranquebar südwärts gelegen,

e Dirukkúwalei [Tirukkuvalai] ist ein Flecken, 7 Meilen von Tranquebar südwestwärts gelegen.

f Dirúddalei ist ein Flecken, 6 Meilen von Tranquebar Südwest gelegen,

g Dirukóranum [Tirukkaronam] ist auch ein Flecken, 8 Meilen von Tranquebar meist westwärts gelegen.

h Von allen diesen Plätzen werden in den Büchern viele Historien erzählet, dass diejenigen, die sich daselbst aufgehalten und harte Buße getan haben, von den Göttern sichtbarerweise in die Seligkeit aufgenommen worden sein.

i Tanjour [Tanjavur / தஞ்சாவூர்] ist dasjenige Fürstentum oder Königreich, darinnen Tranquebar lieget, darinnen die Haupt- und Residenzstadt Tanschúr heißet, welche auf portugiesisch Tanjour geschrieben wird. In diesem Lande zählen die Heiden dreihundertvierundsechzig Städte und Flecken, darinnen die Götter erschienen und viele Wunder getan haben sollen. Was sonsten diese ganze malabarische Heidenschaft anlanget, so werden darin 1008 heilige Plätze benennet, allwo nur der eine von ihren Göttern namens Isuren [Īśvara] oder Rúddiren [Rudra] erschienen sein soll.

j Es sind in diesem Lande allenthalben viele Flüsse und große ausgepflasterte Teiche, mit welchen hiesige Heiden viele Abgötterei treiben und selbige vor heilige Reinigungswasser halten, darinnen sie ihre Sünden abwaschen könnten. Daher stellen sie zu selbigen viele Wallfahrten an.

k Sooft als Isuren [Īśvara] und Wischtnu [Viṣṇu] an diesem oder jenem Ort erschienen, haben sie nach Beschaffenheit selbiger Erscheinungen neue Namen bekommen, nach welchen auch die Pagode jedes Ortes genennet worden ist.

l Welche unter diesen Heiden etwas sein und gerne selig werden wollen, die erwählen sich unter den vielen eingebildeten heiligen Plätzen einen gewissen Platz, glauben, dass der Gott, welcher daselbst so große Dinge getan, ihnen werde zur Seligkeit verhelfen, tragen große Liebe zu der Pagode da selbst, gehen oftmals wallfahren dahin, reinigen sich in dasigen Teichen oder Flüssen, tun Speis- und Trankopfer an dasigen Gott, und geben auch Almosen an die dasige Bedienten der Pagode. Solches halten sie vor ein besonderes Mittel zur Seligkeit.

m Sie sind nicht an die Priester gebunden, die in ihren Wohnplätzen sind, sondern mögen sich einen erwählen an andern Örtern, wo und welchen sie wollen. Solche Priester des Volkes aber sind von denjenigen Priestern, so in den Pagoden dienen, ganz unterschieden. Denn diese sind allein Brahmanen, die bloß mit Opfern und Zeremoniendienst gegen die Götter in den Pagoden umgehen. Jene aber lehren das Volk, jedoch nicht in einer ordentlichen Versammlung, sondern hier und da in Häusern und unter den Bäumen, und zwar nur diejenigen, die zu ihnen kommen oder welche sie zu sich rufen und ihre Jünger sein.

n Wenn einer von solchen Priestern zum Jünger soll aufgenommen werden, machen sie viele Zeremonien und schreiben ihm alsdann vor, was er tun und lassen solle, was vor Zeremonien er des Morgens und Abends, desgleichen auch bei ihren Reinigungen und bei Beschmierung mit der Kuhmistasche gebrauchen solle, item, was er vor Gebetsformulen und andere Gebräuche er annehmen müsse, die er denn nachmals stets observieren muss, soll ihm anders die Vergebung der Sünden und der Segen des Priesters zustatten kommen.

o Die 24 Agamangöl [Āgama, ஆகமம்] sind solche Bücher, darinnen die Erscheinungen und Verrichtungen der Götter aus den 18 Púranen oder Geschichtsbüchern zusammengetragen und in 24 Teile abgeteilet sind.

p Brahmanen sind unter ihnen das Priestergeschlecht, die mit dem Gesetz und mit den Verrichtungen in den Pagoden umgehen und den ganzen Götzendienst nach der eingesetzten Ordnung unterhalten.

q Sannáschigöl [Saññāsin] sind unter ihnen eben als eine Art von Mönche. Sie heiraten nicht, halten sich hier und da auf, lehren das Volk und werden mit Almosen unterhalten und werden von jedermann venerieret. Sie haben ein Tigerfell um sich, welches sie unter sich breiten, wenn sie sich setzen wollen.

r Jógigöl [Yogin] sind eine Art von Heiligen, die gleichfalls weder heiraten noch eine häusliche Hantierung führen, sondern sich durch strenge Disziplin zur Meditation gewöhnen und von Almosen leben.

s Pantárangöl [பண்டாரம் paṇṭāram] sind Leute, die sich etwas auf Wissenschaften legen und stets mit Dingen, so zu dem Dienst der Götter gehören, umgehen. Die meisten werden auch von Almosen unterhalten.

t Antigöl [ஆண்டி āṇṭi] sind fast eben solche Leute, die um Almosen willen für die gemeinen Leute Opfer und Anbetung an die Götter tun.

Die zweite Frage
Was in der Malabaren Gesetz für Sünde verboten und was für Tugenden oder gute Werke darinnen geboten sind

Alle Sünden sind in unserm Gesetz verboten als da sind:

  1. Mord und Totschlag,

  2. Hurerei und Ehebruch,

  3. einem seine Nahrung benehmen, dass er nicht an seinem Orte wohnen kann,

  4. Feindseligkeit und feindlicher Ratschlag,

  5. diejenigen ins Verderben stürzen, welche auf einen ihr Vertrauen gesetzet,

  6. Verräterei seines Herren,

  7. falsch Zeugnis reden,

  8. falschen Eid schwören,

  9. lügen,

  10. dem Priester ungehorsam und widerspenstig sein,

  11. die Wohltaten vergessen, die man von andern empfangen hat,

  12. dasjenige Gut, welches zur Sicherheit und Verwahrung einem übergeben, zu eigen behalten und schwören, es sei nicht vorhanden,

  13. die Häuser der armen und einfältigen Leute an sich reißen,

  14. über diejenigen Verräterei und böse Ratschläge machen, in deren Häusern man gespeiset und Gutes genossen hat,

  15. denjenigen verraten und übergeben, der zu einem seine Zuflucht genommen,a

  16. die Götter verachten und lästern,

  17. die Pagoden einreißen,

  18. die Ruhehäuserb ruinieren,

  19. die Blumengärten, so zu den Pagoden gewidmet,c verwüsten,

  20. diejenige Kreaturen, und Tiere, so Leben haben, schlachten und töten.d

a Es ist unter diesen Heiden gar gebräuchlich, dass wenn einer von andern angefeindet oder verfolget wird, er seine Zuflucht nimmt entweder nur in ein Partikular-Haus oder in eine Stadt und Dorf oder in eine besondere Straße dieser oder jener Leute oder zu einem ganzen Geschlechte. Da denn diejenige, zu welchen er Zuflucht nimmt und die er um Hilfe anschreit, verbunden sind, ihn in Schutz zu nehmen und nicht eher seiner Gegenpart auszuliefern, bis die Sachen untereinander verglichen sind. Hat man einen in Schutz aufgenommen und defendieret ihn nicht sondern verrät oder überliefert ihn seiner Gegenpart, so wird solches vor eine große Schande und Sünde gehalten.

b Ruhehäuser sind diejenige, so diese Heiden zur Herberge der Reisenden und zum Dienst der Armen sowohl in Städten, Dörfern und Flecken, als auch auf den Wegen allenthalben aufbauen. Wie sie nun die Erbauung solcher Häuser, so meist gewölbet und ganz offen sind, vor ein großes Almosen und sehr gutes Werk halten, so halten sie hingegen es vor eine große Sünde, wenn man solche Häuser einreißet.

c Eine jedwede Pagode hat ihren Garten, darinnen viele Blumen, Feigen und Kokosnüsse zum täglichen Opfer der Götter gezeuget werden. Was große Pagoden sind, die haben ihren Blumengarten à part, darinnen nichts als lauter zum Opfer gebräuchliche Blumenstöcke gepflanzet werden.

d Sie statuieren, dass viele Seelen der Verstorbenen, die mit schweren Sünden behaftet gewesen, in den Leibern der Tiere als Tiere wieder in die Welt geboren würden. Dahero wird dieses vor eine große Sünde geachtet, wenn man mutwillig ein lebendiges Tier tötet, noch mehr aber, wenn man solche Tiere zur Speise gebrauchet. Denn fast alle hiesige Heiden haben Feld-, Garten- und Baumfrüchte zu ihrer Speise, außer einige Geschlechte, so Fische, Hühner und Vögel essen. Was aber die allerverachtesten und allerniedrigsten Geschlechte sind, essen und trinken, was sie bekommen, wenns auch Kuhfleisch oder Katzen und Ratten wären. Solche Leute müssen aber ganz à part wohnen und nicht nahe zu den andern kommen, damit sie selbige nicht durch ihren Atem oder Anrühren verunreinigen möchten.

Die gebotenen Tugenden und guten Werke sind folgende als:

  1. Annatánum,a [annadāna]

  2. Vástiratánum,b [vastradāna]

  3. Kánniatánum,c [kanyādāna]

  4. Tschóranatánum,d [svarṇadāna]

  5. Pagoden auftauen,

  6. Teiche ausgraben lassen,e

  7. Ruhehäuser aufbauen lassen,

  8. Stifte bauen und anrichten,f

  9. Wohnungen für die Brahmanen bauen,g

  10. Gärten zu den Pagoden anlegen,

  11. Wasser-Bandel [பந்தர் pantal] aufrichten,h

  12. Blumen, Sträucher und Bäume pflanzen,i

  13. Kokosbäume setzen und groß ziehen,j

  14. die Wege auf beiden Seiten mit Bäumen bepflanzen,k

  15. diejenige Rinder, die weder Vater noch Mutter haben, aufnehmen und ihnen forthelfen,

  16. denen Armen Hilfe erzeigen und unter die Armen greifen,

  17. die Hungerigen speisen und trösten,

  18. die Durstigen tränken,

  19. den weisen und verständigen Leuten zu willen leben und so zu wandeln, dass sie sich freuen können,

  20. die dummen und unverständigen Leute belehren und unterrichten,

  21. denjenigen Kost geben, die sich nicht selbst beköstigen können.

Alle diese und dergleichen Dinge mehr sind als gute Werke in unserem Gesetz geboten.l

a Annatánum [annadāna] ist ein solches Almosen, das in Mitteilung gekochten Reises bestehet, damit die Armen und Bettler, wie auch die Brahmanen, Pantrangöl பண்டாரம் paṇṭāram] und anderen Arten Heilige, gespeiset werden.

b Wástiratánum [vastradāna] ist ein Almosen, das in Mitteilung der nötigen Kleider bestehet.

c Kánniatánum [kanyādāna] ist ein solches Almosen oder gutes Werk, nach welchem ein vornehmer Mann seine Tochter frei umsonst an einen armen Menschen seines Geschlechts verheiratet, da sonst ein Vornehmer sie ihm teurer hätte abkaufen müssen. Oder auch, wenn einer zwei arme Leute, die nicht zur Heirat kommen können, als seine Kinder aufnimmt, ihnen Hochzeit machet und ihnen forthilft, dass sie ihre Unterhaltung haben können.

d Tschóranatánum [svarṇadāna] ist ein Almosen, das in Gelde bestehet.

e Weil dieses ein sehr heißes und dürres Land, darinnen es allenthalben den Menschen und Viehe an Wasser fehlet, so achten sie es vor ein gut Werk, wenn man zum gemeinen Gebrauch Teiche ausgrabet. Noch vor ein höheres gutes Werk wird es gehalten, wenn man bei den Pagoden Teiche ausgraben und mit Steinen auspflastern lässet, zum Gebrauch derer, so sich nach gesetzten Zeremonien von Sünden reinigen wollen.

f Stifte werden hier und da von reichen Leuten angerichtet und unterhalten, sonderlich von Königen und königlichen Personen, in welchen Stiften 20, 50, 100 und wohl 1000 Personen täglich gespeiset und getränket werden. Ein jedwedes Stift hat nur einerlei Sorte von Leuten, als entweder lauter Brahmanen oder Pantárangöl [பண்டாரம், paṇṭāram], Antigöl [ஆண்டி āṇṭi] etc.

g Es werden denen Brahmanen manchmal an diesem und jenem Orte eine ganze Gasse Steinhäuser aneinandergebauet, darinnen viele Wohnplätze sind, fast wie in den Klöstern, darinnen sie mit ihren Familien wohnen. Wer nun ihnen solche Häuser bauet und zu eigen gibet, das beschreiben sie als ein sehr gutes Werk, welches große Belohnung nach sich ziehet.

h Wasser-Bandel [பந்தர், Pandal] ist eine von Kokosbaumästen zusammengeflochtene Hütte für die Sonne, darinnen frei und umsonst Wasser zu trinken gereichet wird, denen, die vorbeigehen und solches verlangen. Dergleichen Wasser-Bandel findet man sowohl in Städten und Dörfern, als auch sonderlich an Straßen. Wer solche aufrichten lässet und unterhält, der tut unter ihnen ein großes Werk der Liebe.

i Weil die Blumen zum Opfer der Götter und die Baumfrüchte zu ihrer allgemeinen Speise gebrauchet werden, so rechnen sie deren reichliche Pflanzung auch mit unter die guten Werke.

j Kokosbäume werden unter ihnen als kleine Kinder gewartet und aufgezogen, weil sie unter allen die nützlichsten Bäume sind und weil ihre Früchte zum täglichen Opfer gebrauchet werden, sie auch überhaupt eine Zierde der Städte und des Landes sind.

k Weil die Reisende sehr ermattet werden, wenn sie ohne Schatten in der stark brennenden Sonnehitze lange gehen sollen, so wird es vor ein sehr gut Werk erkannt, wenn man hin und wieder die Wege auf beiden Seiten mit Bäumen bepflanzet, dass ein jeder darunter im Schatten gehen und ruhen kann. Wie denn dergleichen mit Bäumen bepflanzte Wege allenthalben in diesem Lau de gefunden werden.

l Man siehet hieraus, dass alle ihre gute Werke nur in äußerlichen Dingen bestehen und sie nicht weitergehen, als was ihnen in Ius naturae diktieret. Gleichwie auch die Spezifikation ihrer Sünden nur in äußerlichen Dingen bestehet, wiewohl der Korrespondent nicht alles allhier berühret hat, was sie sonsten in die Klasse der Sünden und der guten Werke oder Tugenden setzen.

Die dritte Frage
Warum die Brahmanen das Gesetz nur allein vor sich behalten und nicht auch in anderer Leute Hände kommen lassen

Nach des Birúma [Brahmā] Verordnung haben diejenigen, so das Gesetz in die Welt eingeführet,a selbiges nur allein denen Brahmanen anbefohlen und nicht Lizenz gegeben, dass andere solches lernen und lehren sollten. Denn es stehet im Gesetz geschrieben, dass die Birámaner oder Brahmaner von des Birúma [Brahmā] Geschlechte sind.b Dahero das Gesetz und das Disputieren aus dem Gesetz, wie auch das Lehren und der ganze Dienst in den Pagoden nach dem Gesetze ihnen zukommet, wozu sonst niemand von den andern Geschlechten Freiheit hat. Die Ursache, warum niemand von den andern Geschlechten Freiheit hat, ist diese, weil sie keine solche Sitten und Reinigkeit als die Brahmanen an sich haben, dass sie mit dem Gesetz und dessen Satzungen umgehen könnten.c

a Sie statuieren, dass sie ihr Gesetz von Birúma [Brahmā] empfangen, welcher vier heilige Personen in die Welt gesendet, die da solches Gesetz unter den Menschen bekannt gemacht hätten. Einige schreiben, es wären nur drei, und einige, es wären sechs dergleichen Personen gewesen. Wie sie denn fast in allen Dingen gar streitig untereinander sind.

b Nebst vielen andern ungereimten Dingen haben die Birámaner allem Volk eingebildet, dass sie aus des Birúma und also aus göttlichem Geschlecht wären, und vor allen anderen Menschen, ihrem Ursprünge nach, einen besonderen Vorzug hätten, welches Große und Kleine glauben und sie nicht allein hoch venerieren, sondern auch alles als eine untrügliche Wahrheit annehmen, was sie sagen und lehren, es mag der Vernunft auch noch so ungereimt sein. Denn in allen Stücken berufen sie sich auf das Gesetz, welches sie doch niemanden von andern sehen oder lesen lassen.

c Zur Anbetung der Götter, zu den täglichen Opfern und Verrichtungen in den Pagoden erfordern sie eine große leibliche Reinigkeit, die da mit vielen Zeremonien muss observieret werden. Wenn einer von einem andern angerühret worden, kann er schon nicht eher einige Sachen nach dem Gesetz verrichten, er habe sich denn mit gehörigen Zeremonien von neuem gereiniget. Solches Reinigen ist dermaßen viel, dass, wer eine andere Profession hat, unmöglich solches abwarten noch sich vor den Dingen, die sie als unrein beschreiben, genugsam hüten kann. Dahero überlassen die andern solches gerne denen Brahmanen alleine, zumal weil bei allen dergleichen Verrichtungen sehr viel Kopfbrechens ist.

Und weil auch von den Tschüddirena [Śūdra] einige Fleisch essen, so haben sie nur Lizenz zum Lesen und Lernen der 6 Systematum aus dem Gesetze. Diejenigen, die unter ihnen kein Fleisch, sondern reine Speisen essenb, dürfen das Lingumc [iliṅkam இலிங்கம் = Liṅga] herumtragen und einige Opfer verrichten. Die aber unter ihnen Fleisch essen, die haben nur Lizenz umzugehen mit der Lehre von den Pantschátscharum [pañcākṣara],d von den Reinigungszeremonien und von den Gebetsformeln. Dieses ist ihr Gesetz. Die aber unter uns Malabaren ungelehrt und unbelesen sind, die bedienen sich nur der Lehre von den Pantschátscharum, gedenken an Gott und den Priester und bestreichen sich im Glauben mit der Kuhmistasche.e Von dem aber, der sogar auch die Lehre von dem Pantschátscharum nicht verstehet noch observieret, ist in den 6 Systematibus geschrieben, dass er keine Seligkeit zu hoffen habe.

a Tschúddiren [Śūdra] sind diejenige Geschlechter, so noch das meiste Ansehen und den größten Vorzug unter diesen Heiden haben.

b Reine Speisen nennen sie allerlei Kraut, das aus der Erden wachset, nebst den Feld- und Baumfrüchten. Und reiner Trank ist bei ihnen Wasser und Milch. Alles Fleisch aber der lebendigen Tiere und stark vermischte Getränke halten sie vor unrein. Daß solche Meinung auch bei einigen zu der Apostelzeit gewesen sein mag, können wir schließen aus Rom. 14,2 seqq. Doch mag wohl daselbst eigentlich von den Juden geredet sein, coll. Gal. 2, 12, Col. 2, 16.

c Lingum [iliṅkam இலிங்கம் = Liṅga] ist unter ihnen eine Figur, die das membrum virile und femininum präsentieret, so sie welches schändlich als etwas göttliches verehren, denn solches Lingum stehet in dem allerinnersten Gemache der Pagoden von Steinen ausgehauen, welches die Brahmaner täglich mit Opfern und vielen Anbetungszeremonien verehren. Nachmals stehet solches Lingum auch öfters in freien Örtern oder Hainen, welches auch aus Quadratsteinen gehauen ist. Einige aber haben solches ganz klein aus Stein oder Kristall gemacht und tragen solches stets um sich, entweder in Haaren auf dem Kopfe oder am Halse in ein Tüchlein eingehüllt. Und von solchem Herumtragen redet allhier der Korrespondent.

d Pantschátscharum [pañcākṣara] bedeutet soviel als 5 Buchstaben, welche diese sind: Na-ma-tschi-wa-ja [namaḥ Śivāya]. Tschiwen [Śiva] heißt bei ihnen gemeiniglich der höchste Gott und Nama [namas] ist ein Lobwort. Über diese 5 Wörter oder Silben machen sie viele Erklärungen und wollen große Geheimnisse daraus derivieren [ableiten]. Geben auch solches Wort als eine kurze, aber sehr kräftige Gebetsformel aus.

e Wie diese Heiden mit den Kühen selbsten große Abgötterei treiben, so tun sie es auch sonderlich mit der Asche, die von gedörrtem Kuhmist gebrannt worden. Mit selbiger beschmieren sie sich an der Stirne, bisweilen auch an der Brust und auf den Armen. Solches Beschmieren geschiehet mit einigen Zeremonien, dabei einige Gebetsformeln müssen rezitieret werden, soll es anders helfen. Überdies, so muss der, so sich damit beschmieret, keinen Zweifel an der Lehre solcher allgemeinen Medizin haben, sondern alles fest glauben, was davon geschrieben stehet. Die Brahmaner, Pantárangöl [பண்டாரம், paṇṭāram], Antigöl [ஆண்டி, āṇṭi] und andere, die den Namen heiliger Leute haben, treiben mit dieser Asche ein groß Gewerbe. Denn die sie bereiten und geben, die hält das gesamte Volk vor die beste und kräftigste. Dahero tragen sie sich allenthalben damit herum, sonderlich des Morgens frühe. Und wenn sie einen sehen, dem sie wohlwollen oder von welchem sie was zu hoffen haben, dem schmieren sie solche Asche selbsten an die Stirne.

Die vierte Frage
Wie die Sünde in die Welt kommen sei

Im Anfang, als das menschliche Geschlecht erschaffen wurde, nahm die Sünde und die Tugend zugleich ihren Anfang. Denn Gott hat alle beide zusammen erschaffen.a Denn weil bei denen Menschen zwei Prinzipia, nämlich der Zornb und die Geduldc in denen fünf Sinnen ihren Ab- und Zugang haben sollten, so ist die Sünde und die Tugend zugleich von unsern ersten Vätern bis hieher in der Welt vorhanden gewesen.

a Dieses ist ihr allgemeiner Lehrsatz, dass Gott anfänglich Böses und Gutes, Sünde und Tugend miteinander erschaffen habe, welches sie vor Gottes Spielwerk halten, wie sie denn auch Himmel und Hölle, Seligkeit und Verdammnis und alles, was an einigen Orten des Himmels und der Höllen geschiehet, vor lauter Spielwerke der Götter halten. Dieses böse Principium machet, dass sie wenig an Buße und Bekehrung gedenken, sondern alles für ihr Glück oder Unglück erkennen, dazu sie erschaffen wären und dem sie nicht entgehen könnten, sie möchten auch anfangen, was sie wollten.

b Das Wort Zorn ist allhier ein philosophischer Terminus und bedeutet im Menschen nicht nur den natürlichen Zornsaffekt, sondern auch alle Unart, nach welcher er sich gegen das Gute ungehorsam, widerspenstig und trotzig bezeiget, und alles nach seinem eigenen Sinn und Willen eingerichtet haben will, welches, wo es nicht geschiehet, er sich ungeduldig und ungebärdig erweiset. Solches halten sie vor das Principium aller Sünden bei den Menschen.

c Das Wort Geduld wird gleichfalls allhier in einem weiten Verstände genommen und bedeutet diejenige gute Art beim Menschen, nach welcher er sich von jedermann gerne belehren lässet und gegen alles Gute folgsam ist, auch alle Strafen und andere Begebenheiten willig über sich nimmet und ohne Murren und Missbezeigungen mit allem zufrieden ist. Solche Art bei dem Menschen halten sie vor das Principium der Tugend und alles Guten. Sie statuieren aber, dass das vorige mit diesem zugleich in den Menschen sei, und also alle beide ihre Wirkungen durch die 5 Sinne hätten. Daher denn Sünde und Tugend zugleich bei den Menschen entstünde. Hierinnen betrachten sie den Menschen, wie er nach dem Sündenfall beschallen ist und was er noch aus natürlichen Kräften prästieren kann, wissen aber nichts von dem Stande der Unschuld und von dem ersten Adel des göttlichen Bildes, noch von der Beschaffenheit des kläglichen Sündenfalls.

Die fünfte Frage
Wie und auf was Weise ein Böser zu einem guten und frommen Menschen werden kann

Wenn die Bösen von den weisen und frommen Leuten Lehre annehmen, ihre Jünger werden, sich von ihnen strafen und bändigen lassen, auch ihnen nachfolgen in dem Wege, darinnen sie wandeln, so können sie, wo sie anders das Glückea haben, zu einem solchen guten Wege zu gelangen, aus bösen Leuten fromme und gute Leute werden, von welchen alle Unart und Unvernunft weichet.

a Das Glücke heißt allhier dasjenige, was Birúma [Brahmā] einem jeden auf die Stirne geschrieben hat, es sei Gutes oder Böses, welches keiner in der Welt hindern könnte. Dahero mag unter ihnen vorgehen Gutes oder Böses, so sagen sie, es sei also in ihrer Stirne angeschrieben gewesen, es hätte müssen also geschehen. Solchergestalt geben sie zwar vor, sie verhielten sich in allen passive und ließen Gott mit sich machen, was er über sie beschlossen habe; und gleichwohl widerstreben sie nach diesem bösen Principio am allermeisten dem Willen Gottes und wollen von nichts anders wissen, als wozu sie von Fleisch und der Phantasie getrieben werden, welchen sündlichen Trieb sie denn für diejenige Schrift halten, die Birúma ihnen in die Stirne und Hirnschädel geschrieben hätte.

Die sechste Frage
Welches die Kennzeichen sein der guten und frommen Leute

  1. Gott zu Willen leben.

  2. Gute Werke und Almosen tun.

  3. Allen willfährig sein.

  4. Gute Dinge reden.

  5. Böses meiden.

  6. In keine Sünde willige.

  7. Ohne Bosheit und Zorn sein.

  8. Gutes tun denen, so einem Böses tun.

  9. Nicht zürnen noch murren, es mag einem gleich noch soviel Leids geschehen.

  10. In Geduld wandeln.

  11. Keinem einiges Leid antun.

  12. Ohne Torheit und Unart sein.

  13. Kein ander Weib begehren als sein eigenes und alle andere vor Mütter halten.

  14. Dasjenige, was andern eigen ist, nicht suchen noch begehren.

  15. Dasjenige halten, was man geredet.

  16. Dem Eidschwur unverbrüchlich nachkommen.

  17. Eines heiligen Sinnes sein.

  18. Allezeit seinen Leib so strapazieren, dass er von seiner eigenen Hände Arbeit genug zu essen habe.

  19. Alles mit Recht und Gerechtigkeit erwerben suchen.

Dieses sind Kennzeichen derer, so als fromme und gute Leute leben und wandeln.

Die siebente Frage
Was die Frommen in der Welt für einen Lohn haben

Die Frommen haben sich nicht zu ängstigen wegen Kleidung und Essens, als dessen sie bis an ihren Tod genug haben. Sie sind ohne sonderliche Schmerzen und Krankheiten. Sie sind glückselig in Kinderzeugen und Vermehrung ihrer Familie. Sie erlangen guten Verstand und Klugheit. Sie finden Liebe bei den Menschen und bekommen viele Freunde.a Sie halten dafür, dass ihr Leib anderer Leute Leib sei, und wenn sie sterben, so sterben sie mit gutem Sinne und Verstande. Alles, was sie anfangen, das schlägt wohl hinaus. Sie haben das Glücke, dass sie gute Werke und Almosen ausüben können. Sie bringens soweit, dass sie Pagoden, Ruhehäuser und Wasser-Bandel [பந்தர், pantal] aufbauen, auch Teiche anrichten können.b Ihr ganzes Geschlecht wird sich weit ausbreiten und florieren.

Dieses alles ist der Frommen Lohn in der Welt.

a Es kann bei diesen Heiden keine höhere Frömmigkeit sein, als die aus natürlichen Kräften kommet, welche denn die Welt noch gar wohl vertragen kann. Dahero schreibet der Korrespondent, die Frommen fünden bei Menschen Liebe und viele Freunde. Von der rechten Frömmigkeit, die durch die Wiedergeburt in Veränderung des Herzens und Sinnes und in Anrichtung des göttlichen Ebenbildes bei den Menschen entstehet, wissen diese Heiden nichts, vielweniger um das Geheimnis des Kreuzes, welches solchen Frommen in der Welt begegnet.

b Sie halten denjenigen vor sehr glückselig, der es in der Welt soweit gebracht, dass er Pagoden von neuem aufrichten, auch Ruhehäuser und Wasser-Bandel [பந்தர pantal] aufbauen kann. Denn solches wird vor das allergrößte gute Werk gehalten, sonderlich wenn sie Pagoden aufbauen können, welches aber mit vielen und langwierigen Zeremonien und Unkosten geschehen muss. Und derjenige, der eine neue Pagode aufbauet, muss sie nachmals auch mit allen Bedienten auf seine eigene Unkosten erhalten, und wenn er stirbet, selbige entweder seinen Freunden oder andern vermögenden Leuten zu unterhalten übergeben.

Die achte Frage
Was die Bösen in der Welt für Strafe haben

Die Bösen werden reich. Aber wie der Reichtum bei ihnen gekommen, so gehet er wieder fort. Der Reichtum und das Wohlleben der Bösen hat keinen Bestand. Es überfallen sie böse Krankheiten und schädlicher Aussatz. Sie kommen in des Königs Ungnade und werden zur öffentlichen Strafe gezogen. Sie haben allenthalben einen sehr Übeln Ruf und sind infam. Gedenken sie gleich, etwas Gutes anzufangen, so wird doch Böses daraus. Sie mögen machen was sie wollen, so gehet ihnen doch nichts vonstatten und finden nichts als Schwierigkeiten.

Dieses ist der Bösen Strafe in der Welt.

Die neunte Frage
Wohin die Seele des Menschen nach dem Tode komme


Was anlanget den Ort, wohin die Seelen der Verstorbenen kommen, so ist zu wissen, dass die Seelen derer, so Gutes getan haben, in die Welt Tschiwalóguma [civalōkam சிவலோகம் = Śivaloka] genannt, kommen. Die Seelen aber derer, so Böses getan und in Sünden gelebet haben, fahren in die Welt Emalógumb [emalōkam எமலோகம் =  Yamaloka] genannt.

a Tschiwalógum [civalōkam சிவலோகம் = Śivaloka] ist unter ihren sieben Oberwelten die alleroberste und der Ort, wo ihr Gott Tschiwen [civaṉ சிவன் = Śiva] seine Residenz hat. Es wird solche Welt sonsten in ihren Büchern auch Tscháddialógum [cattiyalōkam சத்தியலோகம் = Satyaloka] genannt, welches soviel heißet als die wahrhaftige Welt. Die Namen ihrer sieben Oberwelten folgen also aufeinander:

  1. Tscháddialógum [cattiyalōkam சத்தியலோகம் = Satyaloka],
  2. Dewalógum [tēvalōkam தேவலோகம் = Devaloka],
  3. Tschenalógum [caṉalōkam சனலோகம் = Janaloka],
  4.  Magálógum [makālōkam = Maharloka],
  5. Tschiwalógum [richtig: Tschuwalógum] [cuvalōkam / cuvarlōkam சுவலோகம/சுவர்லோகம் = Svarloka],
  6. Buwalógum [puvalōkam/puvarlōkam புவலோகம் = Bhuvarloka],
  7. Pulógum [pūlōkam பூலோகம்= Bhūloka]; welche letztere diejenige Welt ist, darinnen die Menschen anjetzo leben.

b Emalógum [emalōkam எமலோகம் =  Yamaloka] ist unter ihren sieben Unterwelten die allerunterste, worinnen der Gott des Todes Emen [emaṉ எமன் = Yama] mit allen Verdammten seine Residenz hat. Sie heißet sonst bei den Poeten Pádalalógum [pātālalōkam பாதாள லோகம் = Pātālaloka], welches in der deutschen Sprache eine Welt von einer tiefen Gruft oder eigentlich die Hölle bedeutet. Die Namen der sieben Unterwelten, die auf diese Welt, darinnen wir sind, nach der Ordnung folgen sollen, heißen also:

  1. Adalalógum [atalalōkam அதலலோகம் = Atalaloka],
  2. Widalalógum [vitalalōkam விதலலோகம் = Vitalaloka],
  3. Tschúdalalógum [cutalalōkam சுதலலோகம் = Sutalaloka],
  4. Nidalalógum [nitalalōkam நிதலலோகம் = Nitalaloka],
  5. Darádalalógum [தராதலலோகம் tarātalalōkam],
  6. Daládalalógum [தலாதலலோகம் talā-talalōkam = Talātalaloka],
  7. Pádalalógum [pātālalōkam பாதாள லோகம் = Pātālaloka].

Solchergestalt statuieren sie 14 Welten, die einerlei Höhe, Weite, Breite und Länge haben sollen, und geben gar viele Historien vor, die da sollen in solchen Welten passieret sein. Die alleroberste von diesen Welten halten sie vor den Ort der Seligkeit, und die allerunterste vor den Ort der Verdammnis. Jedoch haben sie auch noch unterschiedliche andere Örter, dahin die Seelen der Verstorbenen kommen sollen, und statuieren viele Wiedergeburten nach dem Tode nebst vielen anderen Reinigungsarten der Seelen, von welchen aber der Korrespondent allhier nichts gedenket.

Die zehnte Frage
Was derjenigen, so unter den Malabaren Tschárigeikárer [cāryakāra] genannt werden, ihre Verrichtungen sein

Die Tschárigeikärera [caryākāra zu சரியை cariyai = caryā] werden in unterschiedliche Sorten eingeteilet. Einige leben im Ehestande, einige außer der Ehe im ledigen Stande. Einige sind bei ihrem häuslichen und weltlichen Wesen immer eifriger und sorgfältiger um die Seligkeit als die andern. Sie bringen Opfergeschenke und tun wohl gar um einiger Sachen willen ein halb oder ganz Jahr Buße.b Sie kontributieren dieses und jenes an die Pagoden. Einige gehen wallfahren und durchstreifen viele Länder, die heiligen Plätze zu sehen. Und wenn sie wiederkommen, bleiben sie an ihrem Orte und verrichten Werke der Buße.

Solches sind die Verrichtungen der Tschárigeikárer.

a Tschárigeikárer [caryākāra] sind unter diesen Heiden diejenige Leute, die im weltlichen und häuslichen Stande leben, Handel und Wandel treiben, sich auf Handwerke und mancherlei Professiones legen, wodurch sie gehindert werden, dass sie nicht die mühesamen und beschwerlichen Zeremonien, die andere tun, verrichten können, sondern nur die Festtage mithalten und dann und wann nach Belieben dies und jenes gute Werk tun und einige Gebetsformeln rezitieren, auch sich mit Kuhmistasche bestreichen und nach den Gewohnheiten ihres Geschlechts leben. Ein mehrers wird von ihnen als Weltleuten nicht gefordert, es sei denn, dass sie, aus sonderlichem Triebe und Begierde, eine noch größere Seligkeit zu erlangen, ein mehrers tun wollten.

b Das Wort Buße heißt bei ihnen eine ganz strenge Lebensart, da nämlich einer seinen Leib mit harten Übungen, stetem Fasten und Wachen abmergelt, auch oftmals wegen seiner Sünden ein großes Strafgeld gibet, sein Haus, Weib, Kinder, Hab und Güter verlässet und in die Einsamkeit sich begibet, beschwerliche Wallfahrten tut, als ein Pilgrim und Bettler herumgehet und was dergleichen mehr ist.

Die elfte Frage
Was derjenigen Verrichtung sei, die unter den Malabaren Kirigeikárer [kriyākāra] genannt werden

Der Kirigeikárera [kriyākāra zu கிரிகை kirikai = kriyā] Verrichtung ist diese:

Sie leben gleichfalls im Ehestande und suchen ihre Nahrung mit Ackerbau und andern Verrichtungen. Sie gehen um mit Opfern und mit Ausübung allerlei Sitten, Gebräuche und Zeremonien. Sie tun allerlei Guttaten, Dienste und Verrichtungen an Pagoden und deren Teichen. Sie lesen und lernen täglich die alten Gesetzhistorien und andere Bücher mehr.

In Summa: Sie verrichten Dinge, die beides zu den Göttern als auch zu der Welt gehören.

a Kirigeikárer [kriyākāra] sind Leute von der anderen Sorte unter diesen Heiden, welche mit mehreren Werken umgehen, als die Leute von der untersten Sorte, die da Tschárigeikárer [caryākāra] heißen. Sie haben viele Satzungen, Regeln, Zeremonien, Gebräuche und Sitten bei ihrem Aufstehen und Niederlegen, bei ihrem Essen, bei Ablegung ihrer Notdurft, bei ihrer Wasserreinigung, bei ihren Opfern und Anbetung der Götter, welches alles gar mühsame Werke sind. Wie den auch das Wort Kirigeikárer im Deutschen soviel heißet, als solche Leute, die mit Werken umgehen. Unterdessen sind es doch meist Leute, die ihre Nahrung durch Handel und Wandel und durch Bedienung dieser und jener Ämter suchen müssen.

Die zwölfte Frage
Was deren Verrichtung sei, die unter den Malabaren Jogigöl [yogin] genannt werden

Die Verrichtung der Jogigöla [yōki யோகி = yogin] ist diese:

Sie lernen den Atem an sich halten.b Sie ziehen von hinten durch den Mastdarm Wasser in den Leib, mit welchem sie inwendig den Leib wohl reinigen und alsdann das Wasser zum Mastdarm wieder hinausblasen. Sie verrichten ihr Gebet liegend auf der Erden, eben als wenn sie auf dem Wasser schwimmeten. Sie gewöhnen ihren Leib so, dass sie können stehen, gehen und liegen auf dem Wasser. Und weil sie die Wissenschaft von dem Leibe nach der innerlichen und äußerlichen Beschaffenheit wohl innehaben, auch den Atem an sich zu halten wissen und die innerlichen und äußerlichen Bewegungen des Leibes zu einer Stille bringen können, so werden sie Jogigöl genannt.

a Jogigöl [yogin] sind Leute von der dritten Sorte unter diesen Heiden, welche weit höher gekommen sind, als die Leute von den zwei ersten Sorten. Sie verleugnen alles Weltwesen, leben außer dem Ehestande in großer Einsamkeit, nehmen allerlei Bußarten an sich, bedecken nur ihre Scham und gehen sonst ganz nackend, kasteien ihren Leib durch grobe und subtile Übungen so lange, bis sie unverrückt in einer langen Stille denen Betrachtungen obliegen können. Denn das Wort Jogigöl heißt soviel als solche Leute, die mit Betrachtungen und Kontemplationen umgehen.

b Von der Kunst, den Atem an sich zu halten, findet man unter ihnen ganze Bücher geschrieben. Denn sie geben vor, dass durch das hurtige und vielfältige Atemholen das Leben sehr verkürzet würde. Hingegen, wer den Atem an sich zu halten wüsste, verlängerte nicht allein sein Leben, sondern käme auch zu einer solchen Disposition, dass das Gemüt besser seine Wirkungen verrichten und zur Meditation geschickt sein könne.

Sie geben reichlich Almosen.a Ihre Wohnung ist eine Höhle, darinnen sie sich aufhalten.b Ihre ganze Speise ist Milch. Einige drücken den Saft aus dem Grase Arugenbilluc [அறுகு aṟuku = Cynodon dactylon , பில்லு pillu = Gras] genannt und trinken selbigen, welcher denn zugleich ihre Speise ist. Alle acht Tage gehen sie einmal aus ihrer Höhle und kommen in ein Stift, allwo frei Essen ausgeteilet wird, visitieren selbiges und gehen wieder in ihre Höhle.

a Die Jogigöl besitzen nicht Eigenes und können also andern von dem Ihrigen kein Almosen mitteilen. Alleine, sie bekommen von andern reichlich Almosen, welches sie denn nicht alleine verzehren, sondern denen andern Armen reichlich davon mitteilen.

b Es meiden solche Leute die Gesellschaft und den Umgang mit Menschen und halten sich in Einöden auf. Wo sie nahe bei den Städten und Dörfern sind, werden sie von den Einwohnern selbiges Orts mit Milch gespeiset und sie selbsten gehen auch dann und wann aus. Wenn aber ihre Einöden ferne von Menschen in den Wildnissen sind, so erhalten sie sich von Wurzeln, Baumblättern und Saft von Grase.

c Arugenbillu [அறுகு aṟuku = Cynodon dactylon , பில்லு pillu = Gras] ist ein solches Gras wie in Deutschland die großen Schmeelen [Schmielen: Deschampsia sp.] sind.

Die dreizehnte Frage
Was deren Verrichtungen sei, die unter den Malabaren Gnánigöl [jñānin] genannt werden

Diejenigen, so da verleugnen Ponnáscheia [poṉ-nacai zu பொன் poṉ = Gold + நசை nacai = Liebe, Lust], Mannáscheib [maṇ-nacai zu மண் maṇ = Erde]] und Pénnáscheic [peṇ-nacai zu பெண் peṇ = Frau]  und die da alle vorerwähnte Sorten, als da ist Tschārigei [caryā], Kirigei [kriyā] und Jogum [யோகம் yōkam = yoga], wohl durchgangen und selbige überstiegen haben, werden zu Gnánigöl [ñāṉikal = Mehrzahl von ñāṉi ஞானி = jñānin].d Einige Zeit besichtigen diese alle heiligen Örter und Pagoden. Alsdann verlassen sie solche Lust und verabscheuen solche Dinge. Hierauf begeben sie sich in die Gesellschaft der Menschen. Aber auch solche verleugnen sie nachmals und begeben sich in die Berge, in deren Höhlen sie sich aufhalten und glauben, es sei nur ein einziger Gott und Herr, auf welchem Sinn sie fest bestehen, und verehren außer dem Einigen keine andere Götter. An selbigen Örtern gehen sie ab und zu. Was ihre Speise anlanget, so leben einige vom Winde,e andere essen dasjenige, was von Bäumen fällt. Es sind aber auch unter ihnen zwei- bis dreierlei Arten. Einige halten sich an denjenigen Örtern auf, wo die berühmtesten Pagoden und Reinigungsplätze sind und liegen stets daselbst dem Gebet ob, Diánum [tiyāṉam தியானம் = dhyāna] f, genannt. Sie reden mit niemanden ein Wort. Wer ihnen Milch und Früchte bringet, von dem nehmen sie solches und essens, reden aber nichts dabei. Einige gehen hier und da in die Häuser und holen ohne Auftun des Mundes Almosen. Wenn sie die Hände zusammenschlagen, so bringen sie ihnen gekochten Reis herzu und geben ihnen solchen zum Almosen. Solchen Reis nehmen sie, stecken ihn in Mund und wischen die Hand an ihrem Leibe ab.g

a Ponnáschei [pon-nacai] [பொன் poṉ = Gold] ist die Lust und Begierde nach Geld und Gut und nach anderen Herrlichkeiten dieser Welt.

b Mannáschei [maṇ-nacai] [மண் maṇ = Erde] ist die Lust und Begierde nach Erde, Äcker, Gärten, Haus und Hof, wie auch nach Essen und Trinken und guter Pflege des Leibes.

c Pénnáschei [peṇ-nacai] [பெண் peṇ = Frau] ist die Lust und Begierde zu Frauenvolk, die zugleich alle Unkeuschheit und Unreinigkeit außer der Ehe und in der Ehe in sich begreifet, Hieraus siehet man, dass die Heiden auch von Ablegung und Vermeidung der innerlichen Sünden etwas wissen und in ihrer Sprache oftmals gar nachdenkliche Reden haben.

d Gnánigöl [ñāṉikal = Mehrzahl von ñāṉi ஞானி = jñānin] sind Leute von der vierten Sorte unter diesen Heiden. Denn sie teilen sich in vier Hauptteile, was ihre Bemühung nach der Seligkeit anlanget, und teilen auch die Seligkeit in vier Teile, nach diesen vier Sorten der Leute. Die Gnánigöl sind unter allen die höchsten und habens am weitesten in der Weisheit gebracht. Wie denn das Wort Gnánum [ñāṉam ஞானம் = jñāna] Weisheit heißet und das Wort Gnánigöl weise Leute. Sie haben alle anderen Arten überstiegen und sind soweit gekommen, dass sie dasjenige, was andere für große Mittel zur Seligkeit achten, verwerfen, als da sind die Pagoden und deren Dienst, die vielen Götter und deren Anbetung, die mancherlei Opfer, die Reinigungsarten, die Gesetzzeremonien, der Unterscheid der Religionen, der Geschlechter, der Tage und der Speisen etc. Hingegen erkennen sie nur einen Gott und wenden ihre ganze Zeit auf die Verehrung solchen einigen Gottes und auf die Verleugnung der Welt und ihrer selbsten.

e Dass sie vom Winde leben, ist wohl ein eitles Vorgeben, gleichwohl aber glaubens diese Heiden und wissen viele Historien zu erzählen von solchen Leuten, die gar nichts äßen und dennoch lebeten. Dass sie aber von Wurzeln und Blättern der Bäume ihre Speise zubereiten, ist wohl zu glauben.

f Diánum [dhyāna] ist ein solches Gebet, das nicht sowohl mit dem Munde geschieht, als vielmehr mit dem innerlichen Sinne des Gemüts und gleichsam mit tiefen Betrachtungen und verständigem Nachdenken verknüpft ist.

g Es pflegen sonsten diese Heiden nach dem Essen die Hände in Wasser wohl zu reinigen, ehe sie ihren Leib oder etwas anders damit angreifen. Aber die Gnánigöl observieren solche und dergleichen Zeremonien gar nicht, vielweniger sehen sie eine Heiligkeit darin.

Die vierzehnte Frage
Was für Bußarten unter den Malabaren gefunden werden

Einige legen die Füße kreuzweis unter sich und bleiben stets also sitzen. Einige halten die Hände über sich in die Höhe und bleiben beständig mit solchen ausgestreckten Händen stehen. Einige flechten die Arme ineinander und lassen ihre Fingernägel ungewöhnlich groß wachsen. Einige stehen auf dem Kopf und halten beide Beine in die Luft ausgestreckt. Einige stehen nur auf einem Beine. Einige halten sich auf den Bergen auf. Einige unter gewissen Bäumen, einige in den Wildnissen und einige in den Pagoden.

Die fünfzehnte Frage
Warum die Malabaren zwei, drei, vier bis fünf Weiber zur Ehe nehmen

Fünf Weiber zu heiraten kommt allein den Königen zu. Denn die Könige mögen fünf Frauen heiraten.a Die Ursache, warum sie fünf Frauen nehmen mögen, ist diese, dass sich ihr königliches Geschlecht weit ausbreiten und die Weiber an den Sünden und Tugenden des Königes mit Anteil haben. Item wenn eine ohne Kinder ist, dass doch von der andern Kinder gezeuget werden können. Hiernebst, wenn selbige Mutter und Vater stirbet, so müssen solche königlichen Kinder unvergesslich aufgeschrieben behalten das Jahr, den Monat, die Woche, den Tag und den Stern, darinnen ihr Vater gestorben ist, und alle Jahr einmal, wenn selbiger Tag kommt, eine Versammlung anstellen. Alsdann rufen die Kinder solcher fünf Frauen in dem Namen ihres Vaters ihre Priester und alle anderen Brahmanen zusammen, und zwar ein jedweder Sohn à part an dem Orte und in dem Hause, darinnen er wohnet. Bei solcher Versammlung, wenn die gehörigen Zeremonien verrichtet sind, werden Kleider, Esswaren, Früchte, Butter, Milch und alles, was nötig ist, ausgeteilet, da denn auch den Jógigöl [yogin] und Fremdlingen Essen, Geld, Vieh, und denen, die keine Häuser haben, Häuser zum Almosen gegeben werden. Solches alles müssen die Kinder verrichten zu der bestimmten Zeit auf den Namen ihres verstorbenen Vaters. Aus dieser Ursache heiraten also die Könige etliche Weiber, dass sie viel Kinder in ihrem Tode nach sich lassen möchten, die in ihrem Namen jährlich dergleichen gute Werke ausübeten. Denn es stehet in Gesetzbüchern geschrieben, dass, wenngleich von eines solchen Vaters und Mutters Freundschaft viele schon in der Hölle gelegen, sie dennoch vermöge solches Almosens aus der Hölle befreiet und teils in die Götterwelt,b teils auch gleich in die Seligkeit aufgenommen worden.

a Die heidnischen Könige haben zwar zu ihren ordentlichen Ehefrauen nicht gerne mehr als 1,2,3,4 bis 5 Frauen, unter welchen doch nur eine die rechte Königin ist. Aber dabei halten sie viele Kebsweiber oder Hofdamen, welche in Tanzen, Singen und Kunstspielen geübet sind, welche niemals aus ihrer Residenz kommen dürfen. Solches wird zwar vor sündlich gehalten, aber sie lassen sich nicht davon abhalten. Und weil es heidnische Könige sind, die nichts als unflätige Historien ihrer Götter in Büchern lesen und solche Geschichte in Pagoden spielen sehen, so die böse Lust erwecken, auch dabei Gewalt und Macht haben, zu tun nach ihrem Willen, so hat man sich nicht darüber zu verwundern, dass sie in solchen Gräueln leben. Wir wissen, gottlob!, dass denen, die Christum zugehören, gesaget ist: Ein jeglicher habe (nicht viele, sondern) sein eigen Weib, und eine jegliche habe ihren eigenen Mann, nicht mehrere. 2 Cor. 7,2.

b Die Götterwelt heißt Dewalógum [tēvalōkam தேவலோகம் = Devaloka] und ist unter den 14 Welten die höchste ohne einer [zweithöchste]. Es sollen sich darinnen 330000000 Götter aufhalten, davon die Poeten soviel Schreibens machen.

Die Ursache, warum außer den Königen auch andere unter uns zwei, drei, vier bis fünf Weiber zugleich heiraten, ist diese, dass, wenn sie von einer keine Kinder kriegen können sie dennoch von der andern Kinder zeugen möchten. Und wo auch nicht mit der andern Kinder gezeuget werden, mag er die dritte heiraten, und so fort bis auf fünfe. Denn wegen der Kinderzeugung ists unter uns erlaubet, dass einer ein Weib nach dem andern bis zum fünften nehmen darf.

Die Ursache aber, warum sogar auch diejenige, so mit der ersten Frau Kinder haben, dennoch mehrere heiraten, ist die Lust, damit sie entzündet sind und ihre weltliche Herrlichkeit, darinnen sie sitzen, auch der Hochmut ihres Reichtums. Diese drei Dinge verursachen bei ihnen, dass sie Weiber über Weiber nehmen. Sonst aber ists allein den Königen nach dem Gesetze erlaubet, dass sie fünf Weiber nehmen dürfen.

Die sechzehnte Frage
Warum die Witwen nach des Mannes Tode nicht wieder heiraten

Es sind unter uns vier Hauptgeschlechte, nämlich Wirúma [பிரமன் piramaṉ = Brāhmaṇa] tschádi [cāti சாதி = jāti], Tscháddiria [சத்திரியன் cattiriyaṉ = Kṣatriya] tschádi, Wáschia [vaiciyaṉ வைசியன் = Vaiśya] tschádi und Tschuddira [cūttiraṉ சூத்திரன் = Śūdra] tschádi.a Wenn aus diesen vier Geschlechtern ein Mann stirbet und seine Frau bleibet ihm auch nach seinem Tode einzig und allein mit Treue, Liebe und Keuschheit zugetan, so heißet es in unserem Gesetz, dass eine solche Frau die Seligkeit erlange.

a Diese Heiden haben mancherlei Namen und Einteilungen der Geschlechte erfunden, die sie akkurat observieren, also, dass bis dato ein jedweder noch sagen kann, aus was vor einem Geschlechte er sei. Wie es denn diesfalls unter ihnen hergehet als ehemals unter den Juden, die auch sehr viel auf die Geschlechtsregister hielten. Wenn ein Fremder zu ihnen kommt, oder in einem Hause Essen fordert, oder Dienste begehret, oder heiraten will, so wird er zum allerersten gefraget, aus was vor einem Geschlechte er sei. Sie haben aber vier Hauptgeschlechte, als

  1. Brāmaner [Brāhmaṇa],
  2. Tscháddirier [Kṣatriya],
  3. Wáschier [Vaiśya] und
  4. Tschúddirer [Śūdra].

Sonst sind sie denn nachmals wiederum in viele Spezialgeschlechte eingeteilet. Überhaupt zählen sie anjetzo unter sich 96 Geschlechte, die alle ihre besondere Namen, Verrichtungen, Zeremonien, Sitten und Gebräuche haben.

Ein solch Gesetz haben alle diese vier Geschlechte. Unter diesen aber sind wieder 18 Geschlechtera welche denen, so aus den vier Geschlechtern sind, zur Zeit der Freuden oder der Traurigkeit Dienste leisten.b Unter denjenigen Weibern, die in diesen 18 Geschlechtern mit Männern verheiratet sind, werden einige gefunden, die nach ihres Mannes Tode wieder heiraten. Einige aber bleiben ihres verstorbenen Mannes wegen bis an ihr Ende in stetem Trauren und lassen sich ihre Keuschheit nicht benehmen. Diejenige aber, so zum andern Mal heiratet, wird unter uns einer Hure gleichgeschätzet. Dahero wie das Recht der Natur und die alten Könige zu ihren Zeiten es hierinnen verordnet haben, so halten wir es noch unter uns.

a Diese 18 Gesehlechter sind diejenigen, so die allernötigsten Handwerke und Professionen haben, welcher niemand von dem Könige an bis zu den Geringsten entbehren kann.

b Die Zeit der Freuden nennen sie Hochzeiten, Gastgebote, Versammlungen bei Geburten, Festtage und dergleichen mehr. Die Zeit der Traurigkeit aber nennen sie die Leichbegängnisse und alle traurige Zufälle. Da sie denn zu beiden Zeiten allerlei Leute zum Dienst und Arbeit vonnöten haben.

Die siebzehnte Frage
Warum einige Weiber nach ihres Mannes Tode sich im Feuer lebendig verbrennen lassen

Unter den fünf Weibern, die ein König zu nehmen Freiheit hat, ist nur die eine die rechte Königin. Hat diese nun Kinder beides von männlichem und weiblichem Geschlechte, so bleibet sie allein verschonet, dass sie nicht ins Feuer geworfen wird. Die andern Weiber aber, es mögen ihrer soviel sein als sie wollen, werden alle ins Feuer geworfen.

Die Ursache, warum solche Frauen ins Feuer geworfen und verbrannt werden, ist diese: Wenn unter diesen Weibern nach des Königs Tode eine Schande vorginge, so würde über dieselbe ganze königliche Familie eine böse Nachrede und große Verachtung kommen. Diese Schande, Schimpf und böse Nachrede würde bei den Nachkommen bis in das zehnte Glied bleiben. Damit nun dergleichen nicht geschehen möge, werden solche Frauen ins Feuer geworfen und verbrannt. Und obgleich einige abgehalten werden, das sie sich, wegen ihrer Vortrefflichkeit und schönen Gestalt, nicht ins Feuer stürzen sollen, so sprechen sie doch, sie möchten nach ihrem Manne nicht länger in der Welt leben und stürzen sich mit Gewalt ins Feuer. Sind aber einige, die sich fürchten und nicht ins Feuer springen wollen, die werden mit Gewalt hineingestoßen. Von denjenigen die mit Mund und Herz dazu willig sein und ins Feuer springen, stehet in unserm Gesetz geschrieben, dass sie alsobald die Seligkeit erlangen. Einige sterben aus Furcht, ehe sie ins Feuer springen.

Unter den Königen vom malabarischen und wartugischena [வடுகர் vaṭukar] Geschlechte ist solche Weise, dass die Weiber sich ins Feuer stürzen, allein gebräuchlich. Unser jetziger König aber, der in Tanjour [தஞ்சாவூர் Tañcāvūr] residieret, ist von Geschlecht ein Maratiera [Mārāṭhā, मराठा]. Unter solchem Geschlechte ist dieses Verbrennen der Weiber nicht gebräuchlich.

a Das wartugische [வடுகர் vaṭukar: Telugu-Leute] Geschlecht ist eine ganz andere Nation auf dieser Küste und redet ihre eigene wartugische Sprache. Sie verehren aber eben die Götter, welche die Malabaren verehren und reden das Malabarische [= Tamil] ebenso gut als ihre Muttersprache. 

Unter den Einwohnern aber dieses Landes und unter großen und kleinen Geschlechten geschieht es, dass, wenn eine Frau große Liebe und Treue zu ihrem Mann hat, sie nach seinem Tode zur Stunde, wenn sein Leib verbrannt werden soll,a zugleich Stücken Holz in die Hände nimmt und sich lebendig mit ihm auf einem Haufen verbrennen lässt.b Andere aber springen in ein dazu bereitetes Feuer.c Denen, die also sterben, schreibet unser Gesetz die Seligkeit zu. Man saget auch, dass die, so auf solche Weise gestorben sind, sich eine Zeitlang in der Welt aufhalten und Gaben mitteilen. Dahero bauet man gleichsam eine kleine Pagode an dem Ort, allwo sie ins Feuer gesprungen sind, und hält daselbst Feste. Wenn jemand um einer Sache wegen solche Personen bittet und die Sache kommt also, wie er sie gebeten hat, so werden solche Feste einige Zeit kontinuieret. Nachmals aber gehen solche Seelen in die höchste Seligkeit.

a Die Maratier sind auch eine von Malabaren unterschiedene Nation und haben ihre eigene Sprache. In der Religion aber sind sie mit den Malabaren eins, ohne nur, dass sie andere Landsgebräuche und Gewohnheiten haben. Dergleichen Nationen, die alle ihre besondere Sprachen haben und zu diesem Heidentum gehören, werden von ihnen selbsten achzehn benennet.

b Sie haben die Gewohnheit, dass sie ihre Toten verbrennen. Einige wenige Geschlechter aber lassen ihre Toten begraben.

c Es ist eine von den allerschmerzlichsten Todesarten, wenn die Weiber sich auf dem Holzhaufen mit ihren toten Männern zugleich lebendig verbrennen lassen. Denn es ist gar ein gelindes Feuer, darinnen der lebendige Leib lange braten muss, ehe er stirbet. Und gleichwohl geschiehet solches unter ihnen.

d Diejenigen Weiber, so ins Feuer springen wollen, erwählen sich eine gewisse Zeit, präparieren sich darauf, messen selbsten eine Grube zum Feuer ab und bringen Holz herzu. An dem bestimmten Tage werden sie mit großem Gepränge und mit einem Begleit von vielen tausend Menschen, die alle ihren besten Schmuck angeleget haben, hinaus zur Feuergrube geführet, dabei denn die Brahmanen ihre Zeremonien nach dem Gesetz verrichten. Das Weib gehet dreimal um die Grube herum und springet alsdenn ins Feuer, worauf die Grube mit Holz und Öl gefüllet wird. Die Anwesende aber machen ein groß Geschrei und Getöne, ausrufend Mótschum [மோட்சம் mōṭcam = mokṣa], mótschum, mótschum oder Kailáschum [kailācam கைலாசம் = Kailāśa], kailáschum, kailáschum, welches nach unserer Art soviel ist als Gloria! Gloria! Gloria! Nachmals treiben sie viele Abgötterei an dem Orte, wo solche Person freiwillig ins Feuer gesprungen. Die Männer vermahnen durch solches Exempel ihre Weiber, dass sie gleiche Liebe und Treue zu ihnen haben möchten.

Die achzehnte Frage
Was die Malabaren vor Heiratszeremonien gebrauchen

Wenn zwei Personen einander heiraten wollen, wird am allerersten gesehen nach den zwei Sternen, worinnen Braut und Bräutigam geboren worden. Zu solchen Akt rufen sie die Kalenderauslegera und erkundigen sich, ob die Sterne und Tierzeichen, darinnen solche beide geboren worden, miteinander harmoniereten.

a Die Kalenderausleger sind gelehrte Brahmanen, welche alle Kalender in ihrer Muttersprache, in dem Kirendum [kirantam கிரந்த = grantha-Schrift = Synonym für Sanskrit] schreiben. Sie haben alle Jahre neue Kalender und werden stets von dem gemeinen Volke konsultieret, ob dieses ein guter oder ein böser Tag sei. Sie schreiben auch der Kinder Geburtstag auf und gehen stets mit Nativität-Stellen um. Sonderlich werden sie auch in Heiraten gebrauchet, da ihre Worte als Orakel angesehen werden.

Wenn es denn so befunden wird, dass sie sich nach solcher Sternseherkunst wohl zueinander schicken, so wird der Braut der Mahlschatz gegeben.a Wenn dieser Mahlschatz gegeben werden soll, rufen sie alle ihre Angehörige, Bekannte und Verwandte und alle Freunde zusammen und legen auf eine hölzerne Schüssel Kleider und den Mahlschatz. Auf eine andere Schüssel legen sie Blumen und Mehl von Sandelholz.b Auf eine andere legen sie Baumfrüchte und Kokosnüsse. Wiederum auf eine andere legen sie Betel Arekc [அடைக்காய் aṭai-k-kāy]. Alle diese Schüsseln lassen sie von Mägden und Knaben auf den Häuptern tragen, machen mit allerlei Instrumenten einen großen Aufzug und ziehen in den Straßen herum. Alsdann geben sie der Braut solchen Mahlschatz.

a Der Brautschatz besteht in einer gewissen Summa Geldes, womit der Bräutigam seine Braut von ihren Eltern erkaufen muss. Wie es denn überhaupt unter diesen Heiden gebräuchlich ist, dass die Eltern ihre Töchter vor Geld denen Männern zu Weibern verkaufen. Wer nun viel Töchter hat, dem ist deren Heirat profitierlich. Wer aber viel Söhne hat, der muss ihrer Heirat wegen viel Unkosten machen.

b Das Sandelholz wird klein als Mehl gemachet, mit welchem angefeuchteten Mehl sie sich über und über am ganzen Leib bestreichen, welches einen guten Geruch gibet und unter ihnen eine große Zierat ist.

c Betel-Arek ist ihr Konfekt und dienet sowohl wider den Hunger als Durst. Betel ist ein grünes Blatt, welches hierzulande wachset. Und Areck [அடைக்காய் aṭai-k-kāy = Areca catechu - Betelpalme] ist eine fette Nuss, anzusehen wie eine Muskaten Nuss. Anstatt, dass die Europäer bei solchen Begebenheiten Bier, Wein und allerlei Konfekturen auftragen lassen, setzen die Indianer jedermann solchen Betel-Areck vor, mit welchem Traktamente sich auch die Allervornehmsten und selbst die Könige vergnügen.

Nachmals machen der Braut Eltern in Gegenwart aller Freunde und Anverwandten ein gewiss Gedinge und fragen, wieviel sie der Braut an Gut und Geschmeide mitgeben sollen, welches sie denn vor allen Freunden ausmachen und zugleich benamen, welchem Sohn oder Tochter unter ihren künftigen Kindern solches Gut und Geschmeide zufallen solle. Wenn solches vor allen ausgemacht ist, so geben sie den Freunden und Anverwandten eine Mahlzeit und teilen ihnen Betel Arek und Sandelholzmehl aus. Bestimmen auch eine gewisse Zeit, in welchem Monate und an welchem Tage die Hochzeit sein solle.

Zur Zeit, wenn die Hochzeit angehen soll, rufen sie abermal die Freunde, Bekannten und Verwandten zusammen und richten an einem guten Tagea und in einem guten Sterne auf dem Hofe im Hause eine Säule auf.b

a Die Wahl der Tage ist unter ihnen sehr gebräuchlich, also, dass fast niemand etwas wichtiges anfängt, er habe denn vorhero Gewissheit, ob es ein guter oder böser Tag sei.

b Diese Säule wird mitten im Hofe, wo die Trauung geschehen soll, mit vielen Zeremonien fest in die Erde gesetzet, und muss gleichsam der Altar sein, vor welchem die Trauzeremonien unter freiem Himmel verrichtet werden.

Nach Aufrichtung solcher Säule machen sie in drei oder fünf Tagen die Zubereitung zur Trauung. Sie richten ein Bandel [பந்தர், Pantal] auf und schmücken alles über und über wohl aus.a Es sind sieben dazu bestimmte Jungfrauen, welchen sieben Panéleb [பாணலி pāṇali]hingesetzet werden, dass sie darinnen Reis kochen müssen. Auch kommen die Priester und gelehrten Brahmanen herzu und verrichten mit ihren Gebetsformeln ein Feueropferc zu Ehren der Göttin des Feuers.d Auch beten sie den Birúma [Brahmā], Wischtnu [Viṣṇu] und Ruddiren [Rudra], und mit ihnen zugleich alle 330000000 Götter an. Alsdann werden aus der Pagode Blumenkränze und Mehl von Sandelholz gebracht,e und sie verrichten die Zeremonien Tschikkatscharánkuf genannt. Nachmals legen sie die Traubindeg auf eine hölzerne Schüssel,h welche der Brahmane nimmt und selbige mit Gebetsformeln aus dem Gesetz einsegnet. Hierauf führet er Braut und Bräutigam mit ineinandergeschlagenen Händen dreimal um die auf dem Hofe gesetzte Säule und lässt sie beiderseits auf ein Gestühle niedersetzen, so, dass sie ihr Gesicht gegen Morgen kehren. Endlich nimmt er die Traubinde und reichet sie dem Bräutigam, welcher sie der Braut anhänget. Wenn solches alles vollendet, werden Braut und Bräutigam in der Stadt herumgeführet mit einem großen Aufzuge. Die nachfolgenden Hochzeitstage werden gleichfalls mit ihren Zeremonien zugebracht, und alsdann heben sie die Säule wieder aus, die sie im Hofe gesetzet hatten. Dieses sind unsere Heiratszeremonien.

a Solches Bandel [பந்தர், Pandal] wird aufgerichtet in einer Straße vor dem Hochzeitshause, und zwar mit hohen, dazu aptierten Bäumen, welche oben mit Kokosbaumästen bedecket und allenthalben mit bunten Tüchern und anderen Zieraten behangen werden. Auch setzen sie Feigenbäume mit Früchten vor selbiges.

b Panéle [பாணலி pāṇali] werden zum Kochen gebraucht, als wie in Europa die großen Kochtöpfe, nur dass sie in der Form etwas voneinander unterschieden sind.

c Solches Feueropfer bestehet in vielerlei Sorten von Holzreiserchen und anderen brennenden Materialien. Es geschiehet vor allen Anwesenden, die oftmals vor Rauch und Dampf ersticken möchten. Es währet auch sehr lange, weil es mit vielen Zeremonien und Gebetsformeln verrichtet werden muss.

d Sic haben zu allen Elementen , Professionen und Künsten ihre besondere Götter und Göttinnen.

e Diese Blumenkränze und Mehl von Sandelholz werden für sehr heilig gehalten, weil sie in der Pagode geweiht wurden. Die Kränze sind rundgebundene Faden, daran um und um Blumen gezogen sind, die der Brahman der Braut dem Bräutigam anhänget. Dabei er sie auch mit dem Mehl von Sandelholz bestreichet.

f Die Zeremonien Tschikkatscharánku sind diejenigen, die sie verrichten, wenn eine Weibsperson mannbar wird.

g Die Traubinde heißt in ihrer Sprache Táli [தாலி tāli] oder Dirumankilium und ist eine aus Gold gearbeitete Figur, fast wie ein Herz, mit einem Gesichte. Durch selbige ist ein Faden gezogen, mit welchem es der Braut um den Hals gebunden wird, die es wiederum nicht abbinden darf solange als der Mann lebet.

h Solche hölzernen Schüsseln sind von leichtem Holze und lackieret, mit glänzender Farbe angestrichen, und kommen von China.


4.1.3. [Erster Teil.] Der zehnte Brief



Abb.: Beginn des X. Briefs

Der zehnte Brief
Darinnen ein Rechenmeister zeiget, wie und auf was [für] Weise in ihren Schulen die Rechenkunst gelehret und von der Jugend erlernet werde

Denen Priestern in Tranquebar, welche allgemeine Lehrer des Volks sind und Heiligkeit, Geduld, Demut, Liebe, Treue, Wohltätigkeit und andere Tugenden bei sich wohnend haben, auch das Gesetz und die Lehre von Christo Jesu jedermann verkündigen, falle ich, N., demütigst zu Füßena und lasse wissen, dass ich bis zu dem 14. Oktober des Jahres Nándanawáruschúm [Nāndanavarṣa] ganz wohl auf sei und zu Ihren Diensten stehe.

a Solches Fußfallen ist ein allgemeines Kompliment in ihren Briefen, wenn nämlich Niedrige an solche schreiben, die sie für etwas mehrers als ihresgleichen halten.

Ihr Begehren ist, dass ich Ihnen vermelden solle, in welcher Methode die Rechenkunst in unsern Schulen gelehret und von der Jugend erlernet werde. Und wo ich sie anders recht verstanden habe, so verlangen Sie nicht sowohl die Art und Weise, wie unsere Rechenkunst eingerichtet sei, als vielmehr die Art und Weise, wie sie am leichtesten in Schulen könne erlernet werden. Hiervon gebe ich nun folgendes zur Antwort.

Erstlich muss die Jugend alle Zahlen wohl kennen lernen, soviel als ihrer in dem gemeinen Rechnen vorkommen. Vors andere müssen sie diejenigen Zahlen lernen, so in der Néllu-Rechnung [நெல்லு - nellu] vorkommen.a Wenn sie solches beiderseits wohl memorieret haben, muss man sie üben im Zählen und ihnen allerhand Exempel zu machen aufgeben, dass sie Personen und Maße recht zählen lernen und in jedem das Fazit richtig zu sagen wissen. Wenn sie hierin wohl geübet und auf alles Rede und Antwort zu sagen wissen, müssen sie alsdann das Entschuwarib [Encuvati] lesen lernen. Können sie solches durchgehends fertig lesen und alles deutlich aussprechen, so müssen sie es von Anfang bis zu Ende auswendig lernen. Und damit sie selbiges desto besser im Gedächtnis behalten und mit Verstand fassen mögen, so ist nötig, dass sie es in Sand schreibenc und alles deutlich aussprechen, auch unablässlich des Morgens eine Stunde und des Abends eine Stunde singende solches repetieren.d Haben sie es denn nun so gefasset und auswendig gelernet, dass sie hie und da auf alles können antworten und jedes Stück mit Verstand zu applizieren wissen, so müssen sie die 100 Kurimáddue [கூறிமட்டு kūṟi-maṭṭu] erst lesen und dann deutlich prononcieren, nachmals aber auch so auswendig lernen, dass sie können Antwort davon geben, man mag sie fragen von vorne oder in der Mitte oder am Ende. Und damit solche 100 Kúri [கூறி kūṟi] mit dem Entschuwari [Encuvati] desto fester im Gedächtnis und im Gemüt mögen kleben bleiben, so ist nötig, dass sie die Morgen- und Abendrepetition eine Zeitlang kontinuieren, die Bücher beiseit legen und aus dem Gedächtnis untereinander konzertieren. Hierauf gibt man ihnen Exempel zu schreiben auf, dass sie sich in Lekkaborawideif bis auf fünf Zahlen exerzieren. Können sie alles mit Verstand multiplizieren und addieren und haben hierinnen eine solche Fertigkeit erlanget, dass sie keines Fehlers überwiesen werden können, so lässt man sie sich ferner in dem Lékkaborawidei exerzieren, bis auf neun Zahlen.g Wenn sie sich darein gefunden und mit Nachsinnen und gutem Bedacht ohne Irrtum alles richtig und fertig herauszubringen wissen, sich auch in das ¼, 1/8 und 1/16 und andere kleine Teile schicken können, so gibt man ihnen eine andere Art auf, Oddeiwinákanákkuh  [ஒற்றை-ஈவுக்கணக்கு oṟṟai-īvu-k-kaṇakku]  und Reddeiwinákanákkui genannt. Sind sie darinnen fertig, dass im Fazit kein Irrtum ferner vorkommt, so gibt man ihnen im Dividieren schwerere Exempel auf und exerzieret sie in Kilwáilekkumj Sind sie auch darinnen wohl versieret, so fangen sie an, die Rechnung zu schreiben, so Kásukanákkuk [காசுகணக்கு kācukaṇakku] heißet. Diese Rechnung teilt sich in zwei Teile, nämlich in Kaufen und Verkaufen, in Einnahme und Ausgabe. Sind sie in dieser Rechnung fertig geübet, so fangen sie die Nellukanákkul [நெல்லுகணக்கு - nellukaṇakku] an, welche abermals in Kaufen und Verkaufen bestehet. Nach dieser folget die Awanakanákkum, darinnen wiederum das Kaufen und Verkaufen zu observieren ist. Ist diese Rechnung so gelernet, dass man darinnen keinen Irrtum begehet, so lernet man die Páttschawarakanákkun, die ebenfalls in Kaufen und Verkaufen eingeteilet wird. Hat einer diese Spezies alle wohl durchgegangen und mit gutem Verstande erlernet, so kann er nachmals alles ausrechnen, es mag ihm vorkommen, was da will.

a Néllu-Rechnungszahlen [நெல்லு - nellu] sind die Benennungen aller Maße, halbe Maße, ¼, 1/8, 1/16 und andere Divisiones in Messung der Getreide. Unter allen Getreiden ist Néllu das vornehmste Getreide, woraus sie Reis stoßen und selbigen anstatt des Brotes essen. Dahero ist die Getreiderechnung mit Maßen nach selbiger genennet und unter ihnen in eine gute Ordnung gebracht worden. 

b Entschuwari [Encuvati] ist bei ihnen das Einmaleins, welches sie aber auf ganz andere Weise lernen als wir Europäer. Die Eins haben sie in 320 Teile geteilet, welches bei ihnen Mundirigei [முந்திரி muntiri ] heißet. Diese Zahl haben sie nachmals halb geteilet in 160, welches bei ihnen Areikáni [அரைக்காணி arai-k-kāṇi] heißet. Diese haben sie abermal halb geteilet in 80, welches sie Káni [kāṇi காணி] nennen. Die Hälfte von dieser Zahl, so 40 ausmachet, nennen sie Areimá [arai-mā அரைமா]. Diesen folget eine Zahl von 27, welche sie Mukkáni [முக்காணி mu-k-kāṇi ] nennen. Nach selbiger kommet 20, welche Zahl Orumá [ஒருமா oru-mā] heißet. 16 nennen sie Makani [மாகாணி mākāṇi ], 10 nennen sie Irumá [இருமா iru-mā], 8 nennen sie Areiká [aräikkāl]. Alle diese subtile Teile haben bei ihnen wieder ihre Divisiones und Subdivisiones. Die Teile aber, so nach 8 kommen, sind bei ihnen am allerschwersten und haben unterschiedliche besondere Benennungen, bis sie endlich zu dem Einen kommen. Und von diesem Einen rechnen sie denn nachmals bis zu einer Zahl hinaus, so da Kori [koṭi கோட] heißt und 10.000.000 ausmachet, welches ihre letzte und höchste Benennung der Zahlen ist.

Ihr Schreiben im Sande hilft dem Gedächtnis gar viel. Es geschiehet aber auf folgende Weise: Die Kinder, so gleiche Profectus haben, sitzen beisammen, und eines schreibet nach der Ordnung die Zahl singende im Sand. Ihm singen und schreiben alle andere nach. Unter der Zeit hat er seine geschriebene Zahl im Sande ausgestrichen und schreibet singende die folgende. Unter seinem Vorsingen und Schreiben streichen alle andere ihre Ziffern aus und sind gleich parat, ihm die folgende Ziffer nachzuschreiben und nachzusingen. Solches geschiehet in einer großen Behändigkeit und gleichsam nach dem Takte. Der Vorsänger und Schreiber muss alles nach der Ordnung wohl auswendig wissen. Denn wenn er irret, so irren alle andere. Es wird aber allemal ein anderer dazu erwählet, also, dass die Reihe an alle kommt.

d Diese Repetition geschiehet fast auf gleiche Weise, ohne nur, dass es hurtiger zugehet, weil sie nicht dabei schreiben dürfen. Sie sitzen alle beisammen, haben das Buch beiseite geleget und singen alle dem ersten nach. Wenn einer ein Stück vorgesungen, fängt der folgende ein ander Stücke an vorzusingen. Und auf solche Weise kommt das Vorsingen jedesmal vielfältig an alle herum. Einige Mal pflegen sie es auch so zu machen: Wenn der Vorsänger eins singet, so singen die andern das ander, so drauf folget, und üben sich hierinnen in die Quere und die Länge.

e Kurimáddu [கூறிமட்டு kūṟi-maṭṭu] ist die Unterweisung, wie man alle Zahlen bis 100 nach dem Einmaleins auf vielfältige Art und Weise durchgehen kann.

f Lékkaborawidei ist ihr Summieren oder Addieren, welches auf eine ganz andere Art geschiehet als bei uns Europäern, aus Ursache, weil bei ihnen die Zahl 100 und die Zahl 1000 besondere Charakteres hat, also, dass sie mit ihren Ziffern, weder im Addieren, noch Subtrahieren, noch Dividieren so fortkommen können als die Europäer. Daher währet es bei ihnen auch etwas länger als bei uns, wenn sie große Summen addieren oder subtrahieren und dividieren sollen. Ihr Summieren und Addieren bis auf fünf Zahlen kann in folgendem Exempel gesehen werden.


Von diesen nach der Breite stehenden Zahlen nehmen sie erstlich die Tausenden alle zusammen und setzen sie mit einer Zahl auf die Seite. Nachmals rechnen sie die Hunderte alle zusammen und setzen sie auf die Seite. Drittens nehmen sie die, so unter Hunderten und über Zehn sind. Viertens summieren sie die Zahlen, so unter Zehn sind, und fünftens die, so weniger als Eins sind.

Dieses geschiehet folgender Gestalt:

Diese Diffikultät kommt bloß daher, weil sie keine solchen Zahlen haben als wir Europäer, sondern Buchstaben und andere Characteres zu ihren Ziffern gebrauchen. Dahero müssen sie erstlich die Tausenden, die Hunderten und andere Zeichen auseinandersetzen ehe sie selbige recht summieren können,

g Das Addieren oder Summieren mit neun Zahlen ist bei ihnen sehr schwer und kann mit unsern Ziffern nicht recht verständlich geschrieben werden. Man kann solche im folgenden Exempel einigermaßen ersehen:

Solche neun Summen werden nun auf vorige Weise auseinandergenommen und besonders am Rand gesetzt, daraus sie denn nachmals die Summen ziehen können. Sie müssen aber wegen der subtilen Divisionen wissen, ob selbige in Dukaten, Taler, Fano [பணம் paṇam] oder Kas [காசு kācu] geteilet werden sollen.

h Oddeiwinákanákku [ஒற்றை-ஈவுக்கணக்கு oṟṟai-īvu-k-kaṇakku] ist das Dividieren, da auf einmal alles gleich aufgehet, als wenn sich 10 Personen in 100 Reichstaler teilen sollen, so kommt auf einen 10 Reichstaler und bleibet nichts übrig.

i Reddeiwinákanákku sind im Dividieren diejenigen Exempel, da nicht alles auf einmal gleich aufgehet, sondern etwas übrig bleibet, das da in kleinere Münze muss verwandelt und von neuem partieret werden. Bleibt in solcher andern Division noch was zu teilen übrig, so heißen solche Exempel Menawinákanákku. Und auf solche Weise haben auch alle übrige Divisiones bis auf 9 und mehr ihre besondere Namen. Dieses ihr Dividieren ist gleichfalls von der europäischen Art unterschieden und erfordert mehrere Zeit, wegen der obgemeldeten Ursachen, dass sie mit ihren Zahlen und Ziffern nicht auf solche Art als wir mit unsern Ziffern prozedieren können. Solches Dividieren mag einigermaßen aus folgendem Exempel zu ersehen sein:

Es sollen sich 1265 Personen in 3825 Perdous teilen. Da fragts sichs, was jede Person bekommt? Ein Perdou ist 10 Fano [பணம் paṇam] und ein Fano ist 80 Kas [காசு kācu]. Sie setzen nun das Geld auf die rechte Seite und nehmen erstlich eine solche Proportion, die sie gleich durchführen können, wie auf folgende Weise mit der Ziffer 3 geschiehet, da durch selbige die Eintausend, die Zweihundert, die Sechzig und die Fünfe apart multiplizieret, nachmals summieret und endlich von den 3825 subtrahieret werden.

Hier bekommt einer 3 Perdou. Es bleiben aber 30 Perdou noch übrig, die da 300 Fano oder 24000 Kas ausmachen. Solche dividieren sie auf jetztangezeigte Art, da denn auf einen 18 Kas kommen. Es bleiben aber 1230 Kas übrig, welches die dritte Division verursachet, auf jeden 3/4 gerechnet, allwo noch 181¼ Kas zur vierten Division übrig bleiben, worinnen auf jeden von einem Kas 4¼ Teil kommet, welche Proportion sie Náluma wáreí nennen. Weil nun vier [நாலு nālu = vier] Divisiones in solchem Exempel vorkommen, so heißt solche Art bei ihnen Naluwiná Kanakku [கணக்கு kaṇakku], das ist, eine Rechnung bei der man vier Teile im Sinne behalten muss. Es wird wohl schwer fallen, aus diesen wenigen Exempeln die Art ihres Rechnens recht zu erkennen. Vielleicht aber zeiget sich Gelegenheit, dass man künftig ihre ganze Rechenkunst übersetzen kann.

j Kilwáilékkum ist diejenige subtile Rechnung, so in lauter kleinen Teilchen bestehet und noch nicht ein Ganzes ausmachet. Da sie denn wiederum viele besondere Benennungen haben und über etliche Tausend tief unter die Eins hinunterrechnen.

k Kásukanákku [காசுகணக்கு kācukaṇakku] ist die Geldrechnung, darinnen alle geschlagene Münze zu rechnen sei.

l Nellukanákku [நெல்லுகணக்கு - nellukaṇakku] ist die Getreiderechnung.

m Awanakanákku [அவணகணக்கு avaṇakaṇakku] ist die Aréks-Rechnung. Solcher Arek [Areca catechu] ist eine kleine Frucht als eine Muskatennuss und wird von den Indianern zum Betel gegessen. Dahero wird starker Handel damit betrieben und gibet in der Rechenkunst gute Übung, dass die Jugend fertig hersagen kann, wieviel Arek-Nüsse auf 30 Reichstaler gehen etc.

n Páttschawarakanákku ist die Rechnung, so in Kaufwaren von Kattun [பஞ்சு pañcu = Baumwolle, cotton], Seiden und anderen Handelsgütern bestehet.

Insoweit wird die Rechenkunst in unsern Schulen von denen erlernet, die unter der Jugend ein gut Gedächtnis, einen hellen Verstand und ein geduldiges Nachdenken haben. Viele bringen es aber kaum halbsoweit.

Die Erdmesskunst wird im Lande auch gelernet, aber doch nur von wenigen.

Wer so weit gekommen, dass er die Rechnung in einer Pagodea richtig zu führen weiß, der kann unter uns in diesem Lande schon mit der Rechenkunst soviel verdienen als er zu seinem täglichen Unterhalt nötig hat und einen guten Kánakkáppulleib [கணக்கபிள்ளை kaṇakkapiḷḷai]  abgeben. Hat einer gleich in Schulen gut lesen und schreiben, nicht aber das Rechnen gelernet, so kann er von andern Leuten gar wenig gebrauchet werden und muss selbsten in vielen Dingen Schaden leiden. Die Rechenkunst ist also eine von den nötigsten Künsten unter uns und wird in unsern Schulen mit der Jugend eher traktieret als sie zu schreiben anfangen.

a In einer großen Pagode fallen täglich viele Einnahmen und Ausgaben vor, die in mancherlei Sorten bestehen und in der Rechnung viele Schwierigkeiten verursachen. Dahero muss einer in der Rechenkunst schon weit kommen sein, wenn er solche Einnahme und Ausgabe ohne Irrtum recht verstehen soll.

b Kánakkáppullei [கணக்கபிள்ளை kaṇakkapiḷḷai] ist ein Schreiber, der einige Rechnung zu führen hat. Solche Schreiber werden nicht nur in Stadtgerichten und Zöllen gebrauchet, sondern dienen hie und da bei Leuten, die große Haushaltungen haben, oder die Kaufmannschaft treiben, oder sonsten dies und jenes zu schreiben und aufzuzeichnen haben.

Soviel habe ich Ihnen hiervon berichten wollen. Sie können befehlen, was ich ferner tun solle. Schalám [calām ஸலாம்].


4.1.4. [Erster Teil.] Der elfte Brief



Abb.: Beginn des XI. Briefs

Der elfte Brief
Darinnen berichtet wird, mit was für Zeremonien die Kinder in die Schule getan werden und was sie in Schulen nach der Ordnung lernen

Im Jahre Nándanawáruschúm [Nāndanavarṣa], den 15. Oktober. Bis gegenwärtigen dato bin ich, N., vermittelst Ihres Gebets wohlauf und gedenke an dasjenige, was Sie von mir begehret, nämlich, dass ich Ihnen überschreiben solle, wie die Kinder in unsere Schule getan werden und was sie in der Schule lernen. Hierauf berichte ich folgendes:

Erstlich, wenn ein Knabe in die Schule getan werden soll, so wird das ganze Haus, worinnen er mit seinen Eltern ist, gewaschen und gereiniget. Hierzu erwählen sie einen solchen Tag, der gut und einstimmig ist mit dem Planeten, darinnen der Knabe geboren worden. Alsdann tun sie solches allen Freunden und Verwandten kund und lassen denjenigen Schulmeister, zu welchem sie ihn tun wollen, mit allen seinen Schulkindern in ihr Haus kommen. Daselbst haben sie den Wináiagena [vināyakaṉ விநாயகன் = Vināyaka = Gaṇeśa] vor sich gesetzet, daneben ein Klumpen Kuhmist lieget, desgleichen auch ein Rauchfass und Opfergaben, mit welchem sie dem Wináiagen ein Opfer tun und frischen Reis und ein oder zwei Fano [பணம் paṇam]  Geld vor ihm hinlegen. Alsdann schreibet der Schulmeister von dem Ariwarib drei Blätter und bestreicht sie mit gelber Kurkuma-Farbe, beräuchert sie auch ein wenig mit dem angezündeten Rauchwerk, und gibt sie herum, dass alle anwesende Freunde solche mit Händen berühren müssen. Vorhero ist der Knabe wohl gereiniget und ausgezieret und muss seinen Kopf an Wináiagen stoßen, auch sich dreimal vor ihm nieder zur Erden beugen. Wenn solches geschehen ist, saget ihm der Schulmeister die geschriebenen drei Blätter von Buchstaben dreimal vor, welche er nachsprechen muss. Darauf nimmt er das Buch von drei Blättern und wird von dem Schulmeister und den Schulkindern aus dem Elternhaus in die Schule geführt, allwo er abermal die geschriebene drei Blätter nachsprechen muss. Unterdessen wird den zusammengekommenen Kindern Betel Arek [Areca catechu] ausgeteilet, die sich wieder nach Hause begeben. Der Schulmeister aber und die Schulkinder bringen den neuen Schüler alsobald wieder nach Hause, empfangen etwas Reis und haben an selbigen Tage einen Freitag. Und der Schulmeister bekommt auch ein Geschenke.

a Wináiagen [vināyakaṉ விநாயகன் = Vināyaka = Gaṇeśa] ist des Isurens [īcuvaraṉ ஈசுவரன் = Īśvara] Sohn mit einem Elefantenrüssel, dessen Figur fast in allen Häusern gefunden und verehret wird. Solche Figuren setzen sie mitten unter sich, wenn sie dergleichen Handlung vorhaben.

b Ariwari ist ihr Buchstabenbuch, darinnen erstlich ihre gedoppelte Vocales, nachmals die Consonantes und endlich die Variationes der Konsonanten nach den Vocalibus mit großen Buchstaben geschrieben stehen.

Was große und vermögende Leute sein, die verrichten solche Handlung mit noch größerer Solennität und lassen ihre Kinder entweder auf Pferden oder Palanquinen wohl ausgeputzet unter einem großen Geleit in den Straßen herumführen. Arme Leute aber richten sich hierinnen nach ihrem Zustande.

Wenn nun ein Knabe in die Schule getan worden, so lernt er erst das Ariwari, welches er alsobald in Sand zu schreiben anfängt.a Alsdann lernet er das Atitschúwari [= Ātisūṭi /ஆத்திசூடி  von Auvaiyār/ஓளவையார்].b Nach diesem das Büchlein Konneiwehnten [Konraiveyntan/கொன்றைவேந்தன von Auvaiyār/ஓளவையார்].c Auch fängt er an die Zahlen und Ziffern zu lernen, welche er, wenn er sie wohl lesen kann, täglich in Sand schreibet. Hiernach lernt er ein Büchlein, Werámugáddu [vēḻamukkatti von Auvaiyār/ஓளவையார் mitb Gedichten auf Gaṇeśa] d genannt. Darauf fängt er an das Einmaleins mit allen dazugehörigen Variationen zu lernen, wie auch auf Oleie mit dem Griffel die Buchstaben nachzumachen,f mit einer oder zwei Zahlen zu addieren und multiplizieren, Wörter zu lesen und selbige in den Sand zu schreibend Nachmals fängt er an auf Olei [ஓலை ōlai] zwei Zeilen zu schreiben und die Büchlein Múdireih [Mūturai/ மூதுரை  von Auvaiyār/ஓளவையார்] und Nalwarii [Nalvali/நல்வழி  von Auvaiyār/ஓளவையார்] zu lernen. Alsdenn fängt er an in der Rechnung schwere Exempel von vielen Zahlen zu machen und drei bis vier Zeilen mit dem Griffel auf Olei zu schreiben, auch sich im Dividieren besser zu exerzieren. Wenn er soweit kommen ist, so fängt er an folgende Bücher zu lernen als Ambigeimáleij [Ampikaimālai von Kulasēkara Varakuṇa Rāma Pāṇṭiyan / குலசேகர பாண்டியன் அருளிய மதுராபுரி அம்பிகை மாலை], Aruneikiriantádik [Aruṇakiriyantāti von Aruṇakirinātaṉ], Abirámiantádil [Abpirāmiyantāti von Apirāmapaṭṭar], Nelleimáleim [Nellaimālai] und dergleichen mehr. Alsdann lernet er die Geldrechnung, die Getreiderechnung und die Warenrechnung, wie auch alle andere Arten von Rechnungen. Hierbei schreibt er nunmehro auf gespaltenen Blättern von Olei [ஓலை ōlai].n Nachhero lernt er den Negenduo [Nighaṇṭu] und den Diruwálluwerp  [= Tirukkuṟaḷ/திருக்குறள் von Tiruvaḷḷuvar/திருவள்ளுவர்]. Alsdenn fängt er an allerlei Schrift zu schreiben und für sich selbsten auf Olei Rechnung zu führen. Auch lernt er allerlei schwere Bücher als Nalariárq [Nalaṭiar von Patumanār], Letschana alankárumr [Ilaṭcaṇa alaṅkāram] und dergleichen mehr. Dabei schreibt er alsdann subtile Schrift und kann sich in der Rechenkunst aus allen finden. Ist einer soweit kommen und lernt über dieses annoch das Tolkābiams [Tolkāppiyam/தொல்காப்பியம்], Letschena utárumt [Ilaṭcaṇa utāram], Ramáianumu [rāmāyaṇam ராமாயணம் = Rāmāyaṇa], Páradumu  [pāratam பாரதம் = Bhārata von Villiputtūrāḷvār, um 1400] und die 18 Úláw [Ulā/உலா ], so ist er tüchtig, einen Schulmeister oder Poeten abzugeben. Wer unter den Brahmanen, Pantáren [பண்டாரம் paṇṭāram]  und Antigöl [ஆண்டி, āṇṭi] in der Schule mit Lernen es soweit gebracht, und dabei die theologische und philosophische Disziplinen gelernet hat, der kann einen Priester und Professorx abgeben.

a So bald als ein Schulkind alle Buchstaben mit ihren Variationibus aus dem Ariwari wohl gelernet, so muß es die Buchstaben aus solchem Ariwari in Sand schreiben, und solches zwar erstlich eine Zeitlang aus dem Buche, nachmals aber ohne dem Buche aus dem Gedächtnis, welches alles singend geschiehet, da dann gemeiniglich ihrer etliche beisammensitzen und untereinander konzertieren. Auch pflegen solche ABC-Schützen alle Tage eine Stunde, und zwar sonderlich gegen Abend, untereinander eine Repetition zu haben, da sie alle Buchstaben laut hersingen, und zwar bald in dieser, bald in einer andern Ordnung, dass ihnen solches Ariwari-Büchlein recht bekannt werden möge.

b Atitschúwari [= Ātisūṭi /ஆத்திசூடி  von Auvaiyār/ஓளவையார்] ist ein klein Moralienbüchlein, welches aus tiefsinnigen Redensarten bestehet. Es wird aber der Jugend nicht erkläret. Daher lernen sie nur die Worte nachsprechen und in selbigen die Buchstaben erkennen. Von den Moralien selbsten verstehen sie nichts.

c Kónneiwehnten [Konraiveyntan/கொன்றைவேந்தன von Auvaiyār/ஓளவையார்] ist gleichfalls ein klein Moralienbüchlein, so vor etlichen Jahren deutsch nach Europa gesandt worden.

[Neuausgabe von Ziegenbalgs Übersetzung:

Ziegenbalg, Bartholomaeus <1683-1719>: B. Ziegenbalg’s kleinere Schriften / hrsg. von W. Caland [1859-1932]. -- Amsterdam, 1930.  -- 87 S. ; 25 cm. Enthält: Nidi wunpa oder Malabarischen Sitten-lehre. ; Kóndei wénden oder Malabarische Moralia ; Ulaga nídi oder Weltliche Gerechtigheit.]

d Werámugáddu  [vēḻamukkatti von Auvaiyār/ஓளவையார் mitb Gedichten auf Gaṇeśa]  ist ein Lobbüchlein über ihre Götter, so in kurzen Reihen bestehet.

e Olei [ஓலை ōlai] ist das malabarisehe Papier, welches aus zusammengefalteten Palmenblättern bestehet und mit dem Messer zum Schreiben aptieret wird. Sie haben eiserne Griffel, mit welchen sie die Buchstaben auf solche lange Blätter einzugraben pflegen.

f Erstlich schreiben sie den Anfängern große Buchstaben vor, worein die Schüler ihren Griffel legen und eben die Züge selbiger Buchstaben nachmachen, bis sie sich gewöhnen, eigene Buchstaben zu schreiben. Sie sitzen dabei. Und die linke Hand, worinnen sie das Blatt halten, legen sie auf das erhöhete linke Knie. Darauf sie ruhet und das Blatt feste aufaßet. In der rechten Hand aber führen sie den Griffel, der im Anfange lang und schwer sein muss. Die Blätter, darauf sie die Buchstaben schreiben, sind auch gedoppelt, dass sie mit dem Griffel nicht so leicht durchstechen sollen. Hat einer sich gewöhnet, des Präzeptors Buchstaben in allen Zügen nachzumachen, so schreibet ihm der Präzeptor eine Zeile Wörter vor, und der Knabe schreibt mit eigenen Buchstaben eben selbige Wörter nach, unter der ersten Zeile. Hierinnen üben sie sich eine lange Zeit bis sie auf einer Seite drei, vier bis fünf Zeilen schreiben können, da denn die Buchstaben immer kleiner werden.

g Wenn sie buchstabieren lernen, so schreibt ihnen der Präzeptor nur kleine Wörter vor, deren Buchstaben sie erst nach der Ordnung hersagen und nachmals völlig zusammen aussprechen müssen. Nachmals lassen sie auch von ein-, zwei-, drei-, vier- und mehrsilbigten Wörtern die Buchstaben in Sand schreiben und heißen sie erst aussprechen und nachmals zusammensetzen. Durch solches Exercitium werden sie zugleich zum orthographischen Schreiben gewöhnet, welches in ihrer Sprache sonst gar eine schwere Sache ist.

h Múdirei [Mūturai/ மூதுரை  von Auvaiyār/ஓளவையார்] ist ein moralisches Büchlein, so lauter Gleichnisse in sich hält und lange und schwere Verse hat.

i Nalwari [Nalvali/நல்வழி  von Auvaiyār/ஓளவையார்] heißt soviel als der gute Weg. Es zeiget einige Sünden, die man meiden, und einige Tugenden, die man tun solle.

j Ambigeimálei [Ampikaimālai von Kulasēkara Varakuṇa Rāma Pāṇṭiyan / குலசேகர பாண்டியன் அருளிய மதுராபுரி அம்பிகை மாலை] ist ein Versbüchlein, darinnen Lobsprüche über die Göttin Párwadi [பார்வதி Pārvatī] enthalten sind.

k Aruneikiriantádi [Aruṇakiriyantāti von Aruṇakirinātar] ist ein Buch von 100 Liedern über Isuren [īcuvaraṉ ஈசுவரன் = Īśvara].

l Abirámiantádi [Abpirāmiyantāti von Apirāmapaṭṭar] ist ein Liederbuch über die Göttin Párwadi [பார்வதி Pārvatī], welche an einem Orte, Dirukatawúr [Tirukkaṭavūr] genannt, den Namen Abirámi [apirāmi அபிராமி = Abhirāmī] hat, und daselbst von den Einwohnern als ihre besondere Göttin angebetet wird.

m Nelleimálei [Nellaimālai] ist ein Versbüchlein, darinnen mit vielen Lobsprüchen Sexus Faeminius herausgestrichen wird.

n Wenn ein Schüler im Schreiben soweit kommt, dass er auf gedoppelten Blättern aus freier Faust vier bis fünf Zeilen schreiben kann, so fängt er nachmals an, die Blätter voneinander zu spalten und ordinäre Schrift zu schreiben.

o Negéndu [Nighaṇṭu] ist ein poetisches Buch, welches diejenige lernen müssen, so die alten Poeten verstehen und neue poetische Bücher oder Carmina machen wollen. Denn es hält ziemliche Copiam verborum in sich und ist sehr schwer zu lernen, weil es gleichsam eine besondere Sprache ausmachet, die niemand verstehen kann als die Poeten und welchen die Poeten selbige erklären.

p Diruwälluver [= Tirukkuṟaḷ/திருக்குறள் von Tiruvaḷḷuvar/திருவள்ளுவர்] ist ein Moralienbuch, das reine, aber sehr schwere Verse hat. Wer selbiges ohne Anstoßen lesen kann, der kann auch alle andere poetische Bücher lesen. Eine jedwede Zeile hält ein besonderes Morale in sich. Der Autor, so Diruwálluver heißet, soll vor mehr als anderthalb Tausend Jahren gelebet und in der Stadt, wo der Hl. Thomas das Evangelium hier in Indien verkündiget hat, gewohnet haben. Den Materien nach ist solches Buch eben so gut als des Senecae Schriften,

q Nalariár [Nalaṭiar von Patumanār] ist ein Buch, welches Instruktion zur Poesie gibet und gar schwer zu lernen ist.

r Letschana alankárum [Ilaṭcaṇa alaṅkāram] ist gleichfalls ein Buch, darinnen die Gelehrsamkeit der Poeten enthalten ist.

s Tolkábiam [Tolkāppiyam/தொல்காப்பியம்] ist ein großes Buch, das ein König vor sehr alten Zeiten geschrieben hat, worinnen die ganze Poesie enthalten ist nebst andern Wissenschaften, so diejenigen zu wissen nötig haben, welcher in solcher weitläufigen Sprache recht mächtig und erfahren sein wollen. Es sind anjetzo unter den Poeten und Schulmeistern gar wenige, die solches Buch recht verstehen, und noch weniger, die solches dozieren können.

t Letschena utárum [Ilaṭcaṇa utāram] ist gleichfalls ein Buch, daraus die Poesie erlernt wird.

u Ramáianum [Rāmāyana] ist ein großes Historienbuch in gelehrten Versen, so die Geschichte und Taten von Rámen [rāmaṉ ராமன் = Rāma] in sich hält.

v Páradum [pāratam பாரதம் = Bhārata von Villiputtūrāḷvār, um 1400] ist gleichfalls ein großes Historienbuch in schweren Versen, darinnen die Geschichte von Kischtnen [Kṛṣṇa] enthalten, nebst den Fatis, welche unter diesem Kischtnen fünf königliche Brüder mit ihrer Schwester gehabt haben.

w Die 18 úlá [Ulā/உலா ] sind Lieder von allerhand Materien.

x Professor heißen bei ihnen Sastiriar [śāstrin] und bedeutet soviel, als einer der gewisse Disziplinen gelernet hat. Sie haben zwar keine ordentliche Universitäten unter sich, wie in Europa, dass sie publice doziereten. Gleichwohl aber haben solche Sastirigöl ihre Diszipel, die sie in allerlei Wissenschaften unterrichten. Und wenn einer von ihren Diszipeln ein Sastiriar werden will, so haben sie bei solchem Akt allerlei Zeremonien, gleichwie in Europa geschiehet, wenn einer Magister oder Doktor werden will.

So viel habe ich auf ihre Fragen zu schreiben gewusst. Schalám [calām ஸலாம்].


5. Nachgeschichte


Entwicklung Tranquebars:

Ende der Mission:


Abb.: Bartholomäus-Ziegenbalg-Monument in Tarangambadi
[Bildquelle: Wikipedia, Public domain]


6. Weiterführende Ressourcen


6.1. Quellen


Sehr viele ungedruckte Quellen sind aufbewahrt im Archiv der Franckeschen Stiftungen in Halle (Saale). -- Webpräsenz: http://192.124.243.55/cgi-bin/dhm.pl?t_intro. -- Zugriff am 2008-07-10. -- Gute Möglichkeiten der Online-Recherche

Für gedruckte Quellen ist die erste Wahl die Bibliothek der Franckeschen Stiftungen in Halle (Saale). -- Webpräsenz: http://www.francke-halle.de/main/index2.php?cf=3_1_3. -- Zugriff am 2008-07-10. -- Die Bibliothek macht auch einige wichtige Texte in Faksimiles online zugänglich.  


Abb.: Titelblatt

Der Königl. dänischen Missionarien aus Ost-Indien eingesandte ausführliche Berichte von dem Werck ihres Amts unter den Heyden / hrsg. von Gotthilf August Francken. - Halle, S. : Waysenhaus   1.1710 - 9.1762/67(1764/72) = Continuation 1. - 108. -- Online Faksimileausgabe: http://192.124.243.55/digbib/hb.htm. -- Zugriff am 2008-07-01


Abb.: Einbandtitel

Die malabarische Korrespondenz : tamilische Briefe an deutsche Missionare ; eine Auswahl / Johann Ernst Gründler; Bartholomäus Ziegenbalg. Eingel. und erl. von Kurt Liebau. -- Sigmaringen : Thorbecke, 1998. -- 341 S. : Ill. ; 24 cm. -- (Fremde Kulturen in alten Berichten ; Bd. 5). -- ISBN 3-7995-0606-3


Abb.: Einbandtitel

Ziegenbalg, Bartholomäus <1682 - 1719>:  Alte Briefe aus Indien : Unveröffentlichte Briefe 1706 - 1719 / Bartholomäus Ziegenbalg. Hrsg. von Arno Lehmann . -- Berlin : Evang. Verl.-Anst., 1957. -- 552 S.

Ziegenbalg, Bartholomäus <1682 - 1719>: [Ausführliche Beschreibung des malabarischen Heidentums]  Ziegenbalg's Malabarisches Heidenthum / hrsg. und mit Indices versehen von Willem Caland [1859-1932]. --  Amsterdam : Koninklijke Akad., 1926. -- 291 S. : Ill. -- (Verhandelingen der Koninklijke Akademie van Wetenschappen te Amsterdam, Afdeeling Letterkunde ; N.R., 25,3)


Abb.: Einbandtitel

Ziegenbalg, Bartholomäus <1682 - 1719>: Bartholomäus Ziegenbalgs "Genealogie der malabarischen Götter" : Edition der Originalfassung von 1713 mit Einleitung, Analyse und Glossar / von Daniel Jeyaraj. -- Halle : Verl. der Franckeschen Stiftungen, 2003. -- 500 S. : Ill.  -- (Neue Hallesche Berichte ; 3). -- ISBN: 3-931479-45-5. -- Enthält u.a. S. 359 - 476 ein sehr brauchbares Glossar


Abb.: Titelblatt der Kopenhagener Handschrift
[Bildquelle: a.a.O., S. 498]


6.2. Über Bartholomäus Ziegenbalg


Raupp, Werner: Bartholomäus Ziegenbalg. -- In: Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon. -- Online: http://www.bbkl.de/z/ziegenbalg.shtml. -- Zugriff am 2008-06-16. -- Dort zahlreiche Literaturangaben

Lehmann, Arno <1901 - 1984>: Es begann in Tranquebar : die Geschichte der ersten evangelischen Kirche in Indien. -- Berlin : Evang. Verl.-Anst., 1955. --  352 S. : Ill. ; 21 cm. -- Dt. Ausgabe durch den Verfasser von: It began at Tranquebar : the history of the first Protestant Church in India. -- Madras, 1955.

Jeyaraj, Daniel <1955 - >: LinkBartholomäus Ziegenbalg, the father of modern protestant mission : an Indian assessment / by Daniel Jeyaraj ; with a foreword from K. Rajaratnam. -- LinkNew Delhi : Indian Society for Promoting Christian Knowledge, 2006. -- xix, 313 S. -- ISBN   Link81-7214-920-4.


Zu: 18. Zum Beispiel: Tratato de una lettera dil fattore dil viagio di India