Karl Bernhard Seidenstücker (1876-1936) : Leben, Schaffen, Wirken

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Kapitel 3: Vereins- und Zeitschriftengründungen


von Ulrich Steinke

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Zitierweise / cite as:

Steinke, Ulrich: Karl Bernhard Seidenstücker (1876-1936) : Leben, Schaffen, Wirken. -- Kapitel 3: Vereins- und Zeitschriftengründungen. -- Fassung vom 28. Juni 1996. -- URL: http://www.payer.de/steinke/steink03.htm. -- [Stichwort].

Letzte Überarbeitung: 28. Juni 1996

Anlaß: Magisterarbeit, Universität Tübingen, 1989

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3.0. Übersicht



Übersicht zu den Zeitschriften s. Anhang 6.

Übersicht zu den Vereinsgründungen s. Anhang 7.


3.1. Gründung des Buddhistischen Missionsvereins


[Zu Gueth -- Nyanatiloka s.: Hecker, Hellmuth: Der erste deutsche Bhikkhu : das bewegte Leben des Ehrwürdigen Nyanatiloka (1878-1957) und seine Schüler. -- Konstanz : Universität, 1995. -- 363 S. -- (Forschungsprojekt "Buddhistischer Modernismus" -- Forschungsberichte)].

Am 15.August 1903, also einen Monat bevor Anton Walther F. Gueth (Bhikkhu Nyânatiloka) (1878-1957) als erster Deutscher in einen buddhistischen Orden eintrat, gründete Seidenstücker zusammen mit sieben weiteren Mitgliedern den Buddhistischen Missionsverein. Das Ziel des Vereins war es,

"den Buddha-Dharma in seinem wesentlichen Bestand in den Ländern deutscher Zunge bekannt zu machen."
[Buddhistische Welt. -- 1 (1905). -- S. 9].

Der Verein bezeichnete sich ausdrücklich nicht als Vereinigung von Buddhisten, sondern von Sympathisanten, denen es freigestellt war, weiterhin in ihrer Kirche zu bleiben. Weiter wurde in der Satzung verankert, daß der Verein keine bestehende Religion angreifen solle. Innerhalb des Buddhismus sollten alle Richtungen vertreten werden, lediglich von okkulten und theosophischen Zirkeln grenzte man sich ab, da dieselben

"a) historisch überhaupt nicht nachweisbar sind und
b) mit dem von allen buddhistischen Schulen ausnahmslos anerkannten Hauptprinzip des Buddha-Dharma (Anattâ) in direkten Widerspruch stehn."
[Buddhistische Welt. -- 1 (1905). -- S. 9].

Hermann Römer empfand es als Unnatur, daß ein Verein, der sich nicht einmal aus Buddhisten zusammensetzte, ein Missionsverein sein wollte, sah aber ein, daß so der buddhistische Humanitarismus

"in dem Programm zu einem Progressivismus erweitert [wurde], in dem alle fortschrittlichen Bewegungen der Gegenwart untergebracht werden können. Dadurch ist eine weitere Elastizität in Aussicht genommen, und es ergab sich von hier aus die Bundesgenossenschaft nicht allein mit den Bestrebungen des Tierschutzes, der Friedensliga und des Vegetarismus, sondern auch mit dem Freidenkertum... Sie wird dafür wiederum von der freidenkerischen Presse unterstützt, besonders ausdrücklich von Zeitschriften wie »Das freie Wort«, »Der Atheist«, »Der Monist«."
[Römer, Hermann: Die Propaganda für asiatische Religionen im Abendland. -- Basel 1910. -- (Basler Missionsstudien ; 36). -- S. 10]


3.2. Erste buddhistische Zeitschriften


Im Frühjahr 1904 versuchte Seidenstücker zusammen mit Dr. Otto Schrade, eine Zeitschrift zu veröffentlichen, doch scheiterte das Projekt "in letzter Stunde", so daß es noch ein Jahr dauern sollte, bis Der Buddhist : Monatsschrift für das Gesamtgebiet des Buddhismus, erscheinen konnte. Gleichzeitig damit, im April/Mai 1905, erschien die erste Nummer von Die buddhistische Welt : Deutsche Monatsblätter zur Orientierung über die buddhistische Mission im Morgen- und Abendlande. Die Zeitschriften wurden zusammen versandt.


3.2.1. Theosophische Starthilfe


Die Zeitschriften erschienen im Theosophischen Verlag von dem man sich immer stärker distanzierte. In der dritten Nummer wies man darauf hin, daß "Verlag und Verein zwar bei der Verbreitung der buddhistischen Lehren Hand in Hand arbeiteten", doch sonst voneinander unabhängig waren.

Im März 1906, in der zwölften Nummer des ersten Jahrgangs, folgten dann die schärfsten Angriffe auf die Theosophen die in folgender Erklärung gipfelten:

"Erklärung.
Der »Buddhistische Missions-Verein« erklärt hierdurch offiziell, dass er in keinerlei Verbindung mit dem »Buddhistischen Verlage« in Leipzig steht und für etwaige Geschäfts-Manipulationen dieses Privat-Unternehmens in keiner Weise verantwortlich ist. Der Verein erklärt ferner, dass er mit der im »Buddhistischen Verlage« erschienenen und demselben jüngst zur Ansicht versandten Schrift »Das christliche Barbarentum in Europa« nicht das Geringste zu tun hat."
[Buddhistische Welt. -- 1 (1905). -- S. 92].


3.2.2. Die Buddhistische Welt -- Nachrichtenblatt


Die Buddhistische Welt bestand durchschnittlich aus acht Seiten und berichtete überwiegend über die Erfolge der fernöstlichen buddhistischen Bewegung und den Schrecken der christlichen Mission auf Ceylon und anderswo. Regelmäßig wurden im "Presseecho" buddhistische Artikel aus der Presse richtiggestellt und einmal rief man sogar dazu auf, japanischen Kriegsgefangenen Hilfe zukommen zu lassen. Im "Büchertisch" wurden Neuerscheinungen rezensiert, die meist entweder christenfeindlich oder von buddhistischem Interesse waren. Die Nachrichten über den Verein selbst fielen eher spärlich aus, was auf eine geringe Mitgliederzahl schließen läßt. Die Buddha-Statue im Wolfgartner Schloßpark (Darmstadt) des Großherzogs von Hessen (und damit Bischof seiner Landeskirche) wurde abgebildet [Der Buddhist. -- 1(1905). -- gegenüber S. 321; Text: Buddhistische Welt. -- 1 (1905). -- S. 47] und der Stil der meisten Berichte erweckte den Eindruck, daß es längst mehr Buddhisten gäbe als Christen in der westlichen Welt, z.B. "Ausbildung buddhistischer Missionare für Deutschland" [Buddhistische Welt. -- 1 (1905). -- S. 34] oder "Christliche Missionare in der Finanzkrise" [Buddhistische Welt. -- 1 (1905). -- S. 46] , doch spricht es für sich selbst, daß in dem ersten Jahresbericht vom 8. Mai 1906 keine absoluten Mitgliedszahlen genannt werden, sondern nur die Nationalitäten der Vereinsmitglieder aufgezählt werden um dann zu erwähnen, daß drei Fünftel davon Deutsche sind. Zwar hatte man einen Vertreter für Österreich und für die Schweiz [Buddhistische Welt. -- 1 (1905). -- S. 88, 91], aber die am 18. November 1905 von Dr. med Landsberg gegründete Berliner Zweigstelle konnte ihre Arbeit nicht aufnehmen, da Dr. Landsberg nach Breslau übersiedelte. Viel später erst, im Herbst 1911, schrieb Seidenstücker:

"...die Beitritts-Erklärungen aber erfolgten langsam und spärlich, stiegen aber allmählich auf 50."
[Buddhistische Warte. -- 3 (1911). -- S. 62].

Die im Dezember 1905 veröffentlichte Bilanz von Seidenstücker lautete wie folgt:

"Obwohl die buddhistische Mission in Deutschland seit ihrem Bestehen schon manches geleistet hat, so ist das bisher Geleistete dennoch im Vergleich zu dem gewaltigen Arbeitsfeld gleich Null. Die Propaganda muss in einem ganz anderem Masstabe betrieben werden... Der Missionsverein gibt ... Flugschriften heraus... Wir bitten alle Mitglieder des Vereins und alle Freunde der Bewegung dringend, für die Verbreitung dieser Flugblätter im Bekanntenkreis usw. energisch wirken zu wollen... Wir machen unsere Leser... nochmals auf den Vortrags-Fonds aufmerksam, dessen Speisung allen Freunden hiermit höflichst nahe gelegt wird."
[Buddhistische Welt. -- 1 (1905). -- S. 68].

Treffend bemerkte Römer:

"Der Mann sah sich mit seinen hochfliegenden Plänen alleingelassen und blieb ein Offizier ohne Mannschaft."
[Römer, Hermann: Die Propaganda für asiatische Religionen im Abendland. -- Basel 1910. -- (Basler Missionsstudien, 36). -- S. 14].


3.2.3. Der Buddhist -- Magazin über die Lehre


In Der Buddhist stellte Seidenstücker den Buddhismus in allen seinen Facetten auf einem guten Niveau dar. Er stand in reger Verbindung mit den Herausgebern der etablierten englischsprachigen buddhistischen Magazine: mit Rev. Dr. Kentok Hori, der die Missionszeitschrift der japanischen Shin-sekte in den USA, The Light of Dharma, veröffentlichte, Buddhism von Bhikkhu Ânanda Maitreya, Mahâbodhi-Journal von H. Dharmapâla, sowie mit namhaften Schriftstellern wie Paul Carus und Mönchen wie Nyânatiloka . So erschienen in jeder Nummer Artikel von diesen und anderen Vertretern des Buddhismus. Wolfgang Bohn lieferte regelmäßig Gedichte und Restseiten wurden mit klugen buddhistischen Sprüchen bedruckt. Unterschiedliche buddhistische Richtungen waren dadurch wohl vertreten, bis hin zur japanischen Tendai-Schule. Georg Jahn zeigte buddhistische Ideen auf bei großen europäischen Männern (Wagner etc) und A. E. Buultjens beschrieb, wie er Buddhist wurde.

Der Buddhist sollte ein offener Sprechsaal sein:

"Der Buddhismus ist kein fertiggedrechseltes dogmatisches System, in welchem alle Fragen nach Schema F behandelt werden. Im Gegenteil; es ist hier der individuellen Anschauung der denkbar weiteste Spielraum gelas- sen, namentlich hinsichtlich philosophischer, kulturhistorischer, religionsgeschichtlicher und sozialer Probleme. Unsere Zeitschrift nun will keiner speziellen Richtung dienen, vielmehr jeden zu Wort kommen lassen, der einen verständigen Beitrag für einen Teil des grossen Gebietes liefert."
[Buddhistische Welt. -- 1 (1905). -- S. 92].

Seidenstücker als Herausgeber machte sich "Gedanken über dies und das" und erörterte allgemeines, z.B. warum Mission nicht gleich Mission sei und rechtfertigte den Namen Buddhistischer Missionsverein, der von den Christen als bedrohlich empfunden wurde und von Buddhisten als "zu befleckt durch das Treiben christlicher Missionare". Dabei berief er sich auf den ersten Teil des Mahâvagga, wo Buddha zur Mission aufrief und er hoffte, durch das positive Wirken der Buddhisten die negative Wirkung des Wortes abbauen zu können. [Der Buddhist. -- 1 (1905). -- S. 175f.].


3.3. Vereinsaktivitäten


Zu den Aktivitäten des Vereins gehörten öffentliche Vorträge, die etwa monatlich von Seidenstücker oder G. A. Dietze bestritten wurden, im vegetarischen Speisehaus "Manna" im Zentrum Leipzigs, in der Schulstraße 8. (Dort fanden auch die theosophischen Vorträge von Karl Seidenstückers Nachbarn Anton Hartmann statt und die Veranstaltungen der am 16.2.1904 von R. Bresch gegründeten Leipziger Ortsgruppe der Theosophen.) Zweimal sprach Seidenstücker auch in Berlin und Halle. Des weiteren wurde an der Errichtung einer buddhistischen Zentralbibliothek gearbeitet; bis Mai 1906 umfaßte diese 89 Bände. Außerdem wurden vierzehn buddhistische Bücher herausgebracht, darunter die Übersetzungen der Renner der amerikanischen Missionen, Paul Carus: Das Evangelium Buddhas, Bowden: Die Nachfolge Buddhas, Tilbe: Dhamma...
[siehe Anhang 3: Biobibliographie ].


3.3.1. Die Kirche reagiert


"Die Kirche nahm den Fehdehandschuh auf, indem mehrere Leipziger Pastoren mit Vorträgen und Schriften der Sache entgegentraten. Besonders verdient machte sich Militäroberpfarrer Falke... Auf dem 16. evangelisch-sozialen Kongreß, der 1905 in Hanover tagte, trat ein trefflicher Kenner des Buddhismus, Lic. Hackmann, vorübergehend Missionar des Allgemeinen protestantischen Missionsvereins in China, für die Mission des Christentums gegen die des Buddhismus auf und wurde hierin von Harnack unterstützt. Dagegen spielten andere Pastoren bei öffentlichen Diskussionsabenden in Leipzig nicht immer eine glückliche Rolle."
[Römer, Hermann: Die Propaganda für asiatische Religionen im Abendland. -- Basel 1910. -- (Basler Missionsstudien, 36). -- S. 12].

In den Worten von Seidenstücker:

"Pfarrer Lic. Hackmann hat diesmal die Dur-Tonart verschmäht und ist nicht in den robusten, polternden Kampfton verfallen, den ein Militär-Oberpfarrer Falke liebt, dessen Ausführungen zu wenig vernünftig sind, um ernst genommen zu werden; Pfarrer Hackmann sang vielmehr in Moll und verfuhr scheinbar »fein säuberlich« mit dem Buddhismus, um ihn dann desto besser degradieren zu können."
[Der Buddhist. -- 1 (1905). -- S. 148f.].


3.4. Buddhistische Gesellschaft (statt Mission)


Seidenstücker änderte seinen Standpunkt oder wurde überstimmt, denn auf der Jahresversammlung vom 8.Mai 1906 wurde folgende Namensänderung für den Missionsvereins beschlossen: Buddhistische Gesellschaft in Deutschland. Die Neuwahl des Vorstands bestätigte die Januarwahl [Der Buddhist 2 (1906-10), S. 3]: Dr. F. Hornung (gest. 1929), Seidenstücker, H. Löwke und G. A. Dietze. Es gab ordentliche Mitglieder, die einen Mitgliedsbeitrag entrichten mußten, dessen Höhe sie selbst ermaßen, es gab Ehrenmitglieder, die von der Gesellschaft ernannt wurden, und es gab korrespodierende Mitglieder, die die Gesellchaft durch Mitteilungen oder andere zweckdienliche Bestrebungen unterstützten. Weiter gab es Repräsentanten, die die Gesellschaft nach außen hin vertreten sollten, in den verschiedenen Ländern und Landesteilen, und die unter Umständen Ortsvereine gründen durften. Für den Sommer plante man allmonatliche Diskussionsabende, in denen Mitglieder und eingeführte Gäste in der Diskussion geschult werden sollten. [Der Buddhist. -- 2 (1906-10). -- S. 5]. Es hieß dann auch etwas später, daß in den Sommermonaten eine "Zunahme des öffentlichen Interesses an der buddhistischen Bewegung deutlich fühlbar" gewesen sei.

Der Zeitschrift hingegen ging langsam aber sicher die Luft aus. Waren im vorherigen Geschäftsjahr noch monatlich regelmäßig die Nachrichten erschienen, so waren es für die verbleibenden acht Monate von 1906 nur noch drei. Nummer drei war datiert: Oktober bis Dezember.

Römer schrieb dazu:

"Die Zeitschrift konnte sich jedoch nicht auf die Länge halten, da ihrem Herausgeber weder die nötigen Mittel noch die nötigen Mitarbeiter zur Seite standen."
[Römer, Hermann: Die Propaganda für asiatische Religionen im Abendland. -- Basel 1910. -- (Basler Missionsstudien, 36). -- S. 11].

Seidenstücker dagegen schrieb im dritten Jahrgang der Buddhistischen Warte:

"Der Buddhist hatte bereits zu Beginn des 2.Jahrgangs mehr als 500 Subskribenten. Leider geriet der buddhistische Verlag in Zahlungsschwierigkeiten."
[Die buddhistische Warte. -- 3 (1911). -- S. 62f.].

Vielleicht hatte auch der Verlag versucht, Zensur auf die immer stärker werdenden Abgrenzungen gegen Theosophisches auszuüben oder eventuelle Unterstützungen eingestellt.


3.5. Die Mahâbodhi-Gesellschaft


Im April 1907 erschien jedenfalls die erste Nummer Die buddhistische Warte, in der Seidenstücker bekanntgab, daß die Publikationen der buddhistischen Gesellschaft in Zukunft hierin erscheinen würden. Weiter überraschte er die Leser mit folgender Mitteilung:

"Mahâbodhi Centrale in Leipzig. Diese Centrale soll der bescheidene Anfang zu einer wirklichen Zentralisierung der buddhistischen Bewegung in Deutschland sein. Nachdem die letztere nunmehr in der Buddhistischen Warte ein selbständiges Organ gefunden hat, welches unabhängig von Hintergrundkulissen-Interessen ihr allein zur Verfügung steht, ist es ihr endlich gelungen, sich ganz auf eigene Füße zu stellen."
[Die buddhistische Warte. -- 1 (1907/08). -- S. 31].

Den bisherigen Lesern von "Der Buddhist" und "Die Buddhistische Welt" teilte er mit, daß mit dem Erscheinen der beiden letzten Nummern mit einer Verzögerung gerechnet werden müsse und daß nach diesen das Erscheinen ganz eingestellt würde. Dabei verwies er ausdrücklich auf sein Titelurheberrecht von "Der Buddhist", das zu schützen er mit allen legalen Mitteln bereit sei.

Die ersten vier Nummern von der Buddhistischen Warte erschienen verspätet infolge von Druckschwierigkeiten. [Die buddhistische Warte. -- 1 (1907/08). -- S. 125].In der vierten Nummer, also im Juli 1907 wurde bekanntgegeben, daß die Jahresversammlung der Buddhistischen Gesellschaft für Deutschland verschoben wurde, da ihr Sekretär krank sei. Tatsächlich wurde nichts mehr weiter von der Gesellschaft berichtet. Dafür wurde im selben Heft quittiert, daß 248,25DM in den Mahâbodhi-Fond eingeflossen waren. (Womit die Spendenfreudigkeit erloschen war, denn im nächsten Monat erfolgte keine Quittierung, danach gerade noch 18 Mark.)


3.5.1. Die Buddhistische Warte


Im Stil war Die Buddhistische Warte im wesentlichen eine Zusammenfassung der beiden Vorläufer. Seidenstücker hatte sich am 7.Mai mit Paul Carus (1852-1919) in Leipzig getroffen und von ihm für seine Zeitschrift das Erstübersetzungsrecht aus Carus' "Open Court Publications" erhalten. Daher erschien in jeder Ausgabe mindestens ein Artikel von Paul Carus (Amitâbha). Weiter erschienen längere Serien von D.T.Suzuki, Ânanda Metteyya und Nyânatiloka. Dadurch waren verschiedene buddhistische Lehrmeinungen vertreten.

Seidenstücker vertrat den Buddhismus bei allen Gelegenheiten, so beispielsweise auf einem Vortrag der Evangelisch-sozialen Vereinigung über "Buddhismus und Christentum", den er zu einer christlich-buddhistischen Debatte gestaltete, und nach deren Verlauf Pastor Heinemann sprach:

"Besonders konstatiere ich mit Genugtuung die vornehme Art, mit der auf allen Seiten die Polemik geführt worden ist... Jedenfalls werden wir uns jetzt eingehender mit dem Studium des Buddhismus beschäftigen."
[Die buddhistische Warte. -- 1 (1907/08). -- S. 288].

Um ein Uhr nachts wurde die Debatte abgebrochen und an alle Anwesenden buddhistische Broschüren verteilt.

3.6. Mönchsbuddhismus? (Seidenstücker gegen das Vihâraprojekt)

Die Dezembernummer 1907 brachte frischen Wind mit dem Leitartikel. Der junge Schweizer Buchhändler Walter Markgraf (gest. 1914/1915), der 1908 als Samanero Dhammânusari in Rangoon von Nyânatiloka ordiniert wurde, berichtete, daß Ânanda Metteyya plante, im März 1908 in London einige junge Europäer abzuholen und sie innerhalb von zwei Jahren in Birma auszubilden um sie dann in einem europäischen Vihâra unterzubringen.

Bereits im Sommer 1907 hatte Nyânatiloka von Vihâra-Absichten für Deutschland berichtet. [Die buddhistische Warte. -- 1 (1907/08). -- S. 258]. Diese nahmen in einem im Februar 1908 verschickten Rundschreiben greifbare Form an, weil ein Grundstückskauf in Aussicht gestellt wurde und um eine Sammlung gebeten wurde, damit die Sache im Herbst 1908 von Dhammânusari durchgeführt werden könnte.

Seidenstücker stellte fest, daß der Theravâda-Mönchsbuddhismus den japanischen Laienbuddhismus zurückdrängte.

"Während der eine Hauptpol der panbuddhistischen Bewegung in Japan liegt und von dort aus namentlich China und Nordamerika beeinflußt, hat sich die von Bhikkhu Ânanda Metteya gegründete, in Rangun zentralisierte International Buddhist Society immer mehr zu dem anderen Pole herausgebildet. Diese Gesellschaft,... scheint speziell der Kanal werden zu wollen, der das buddhistische Quellwasser dem europäischen Kontinente zuführt."
[Die buddhistische Warte. -- 1 (1907/08). -- S. 257f.].

Bis zu diesem Punkt war Seidenstücker der einsatzkräftigste Mann in Deutschland gewesen. Jetzt schrieb Dhammânusari:

"Die Gründung des ersten Vihâro in Europa ist der erste wirkliche Fortschritt, durch den die Lehre des Buddha tatsächlich in Europa eingeführt wird."
[Die buddhistische Warte. -- 1 (1907/08). -- S. 259].


3.6.1. Strategische Überlegungen


Seidenstücker kannte die Probleme, selbst nur eine Zeitschrift zu veröffentlichen, die Schwierigkeiten, aktives Interesse hervorzurufen oder gar regelmäßige Unterstützung zu erfahren. Er hielt es für verfrüht, ohne eine starke Laiengemeinde auf breiter Basis ein Kloster-Projekt sinnvoll gestalten zu können. Ohne weit verbreitetes Wissen über den Buddhismus in der Bevölkerung, das man nach Seidenstücker's Erfahrung nur in sie hineintragen konnte, wenn man sich ihrem Milieu anpaßte, würde die Bewegung ins Kuriose und Lächerliche abfallen. Schließlich würden "lichtscheue Elementargeister" [Die buddhistische Warte. -- 1 (1907/08). -- S. 261]. ihr Kuckucksei in das Vihâro-Nest legen und die Gefahr von Schmarotzern und unqualifizierten Predigern war noch zu groß. Deshalb sollte zuerst ein eklektischer Buddhismus verbreitet werden:

"Die buddhistische Gemeinde müsste sich von vornherein auf denkbar breitester Basis aufbauen; sie dürfte beileibe nicht auf ein besonderes »Bekenntnis« zugeschnitten sein oder einer bestimmten Richtung innerhalb des Buddhismus dienen. Nur um Himmels Willen keine Scholastik, keine Dogmatik, nichts Kirchliches! Innerhalb der Gemeinde könnten sich dann wieder verschiedene Gruppen enger zusammenschliessen. Das Fundament der Gemeinschaft muss aber völlig undogmatisch sein, gleichsam ein Terrain bilden, auf dem alle Richtungen zu stehen vermögen, und die freieste Entfaltung der individuellen Anschauung Gewähr leisten.[sic] Die Aufstellung der Grundprinzipien, auf denen die Gemeinde ruht, dürfte keine besonderen Schwierigkeiten bereiten, und in rituellen Fragen müsste grösste Freiheit herrschen."
[Die buddhistische Warte. -- 1 (1907/08). -- S. 268].

Seidenstücker's Anschauungen wurden bekräftigt in der März-Nummer durch den Abdruck eines anonymen Leserbriefs [Die buddhistische Warte. -- 1 (1907/08). -- S. 370], in dem gewarnt wurde, nicht auf den Rang einer exotischen Merkwürdigkeit herabgedrückt zu werden, wie eine Zulu-Karawane oder der Naturmensch vom Monte Veritá bei Locarno. Weiter müßte die Ordenssatzung vollkommen umgewälzt werden, was durch fähige Europäer geschehen müßte. Auf keinen Fall dürften braune Brüder importiert werden, denn "Der Baum okzidentalen Geisteslebens darf nicht asiatisch okuliert werden" [Der Buddhist. -- 2 (1906-10). -- S. 333].. Hier schloß sich Seidenstücker an Ânanda Metteyya an, der bei seiner Weihe erklärt hatte:

"Meine Absicht ist, eine Internationale Buddhistische Gesellschaft ... in den Ländern des Ostens zu gründen, welche sich später nach dem Abendlande ausbreiten möge... Ich werde bemüht sein, als Bewerber für die Zulassung zu dem neuen Sangha nur Leute von Bildung zu nehmen, ... denn Leute ohne wissenschaftliche Bildung würden nur dazu dienen, unsere Bewegung in das Lächerliche zu ziehen, ganz besonders, wenn wir nach dem Westen gehen."
[Ananda Maitriya: Gesammelte Aufsätze / deutsch hrsg. von Karl Seidenstücker. -- Leipzig, 1907. -- Band 7: Die Aufnahme eines Europäers in die buddhistische Brüderschaft und die Einführung des Sangha im Abendlande. -- S. 22f.].

Der Einführung des buddhistischen Mönchsordens stand also vor allem die Angst gegenüber, nicht ernst genommen zu werden, und zwar


3.6.2. Verschnaufpause


Im zweiten Jahrgang brachte Seidenstücker erst zwei Doppelnummern heraus, und dann die Nummer fünf bis acht, August bis Dezember. Am Ende der letzten Nummer teilte er mit:

"Umfangreiche wissenschaftliche Studien, die meine Zeit und Arbeitskraft in hohem Maße in Anspruch nehmen, nötigen mich, den verehrlichten Abonnenten bekannt zu geben, daß ich nicht mehr in der Lage bin, die Buddhistische Warte als Monatshefte regelmäßig zu veröffentlichen. Unser Journal wird bis auf weiteres in zwangloser Reihenfolge erscheinen..."
[Die buddhistische Warte. -- 2 (1908-11). -- S. 190].

Seidenstücker muß die Zeitschrift im wesentlichen alleine zusammengestellt haben, und aus den Antworten auf eingegangene Briefe läßt sich schließen, daß er zwar genügend Kritiken erfuhr, doch kaum ernsthafte Hilfe. So schrieb er:

"Würden Sie eine buddhistische Zeitung in Deutschland redigieren, so würden sie bald merken, was für eine undankbare Sache das ist... Wollen Sie nicht lieber an der Zeitschrift praktisch mitarbeiten, als mir theoretische Ratschläge zu geben?"

"Uns [ist] die Sache alles, und die Sorge um Vereine, Bestrebungen und äußere Formen überlassen wir herzlich gern anderen Leuten."
[Die buddhistische Warte. -- 2 (1908-11). -- S. 192].

Römer behauptet, daß die Zeitung als Privatsache von Seidenstücker sich nicht mehr halten konnte und er sie dem Theosophischen Verlag aushändigen mußte.
[Römer, Hermann: Die Propaganda für asiatische Religionen im Abendland. -- Basel 1910. -- (Basler Missionsstudien, 36). -- S. 14].

Vielleicht hatte Seidenstücker auch Angst, durch zuviel organisatorische Arbeit einen unqualifizierten Mönchsbuddhismus zu fördern.

Er zog sich zurück um an seiner Doktorarbeit arbeiten zu können und begründete eine Familie. Anfang 1908 heiratete er die junge Theosophin Martha Dönig die ebenfalls aus einem protestantischen Haus kam. Sie gebar ihm in den folgenden Jahren zwei Söhne, der zweitgeborene verstarb jedoch 1912. Daraufhin wurde die kirchliche Trauung und Kindestaufe nachgeholt. Einige Jahre später kamen seine beiden Töchter zur Welt.


3.6.3. Die neue Buddhistische Welt der Deutschen Pâli-Gesellschaft


Seidenstücker konnte es gerade ein halbes Jahr lassen, dann wurde er wieder Schriftführer. Sechs Monate nach Einstellung der regelmäßigen Herausgabe der Buddhistischen Warte arbeitete Seidenstücker (im Juli 1909) wieder als Schriftführer an der Buddhistischen Welt, nicht mehr im Theosophischen Verlag sondern im Hause des frischgebackenen Verlegers Walter Markgraf (gest. 1914/1915), der gerade erst als Novize Dhammânusari die gelbe Robe niedergelegt hatte und aus Birma nach Breslau gekommen war. Bis zum September trug die Zeitschrift den Untertitel deutsche Monatsschrift für Buddhismus, danach wurde sie das Organ der deutschen Pâli-Gesellschaft , die die beiden mit zwei weiteren und mit Wolfgang Bohn (1871- ) als Vorsitzendem am 12.September 1909 in Breslau gegründet hatten. Markgraf mußte mindestens ein kleines Vermögen gehabt haben, so daß die Zeitschrift, wenn auch in geringem Umfang, so doch regelmäßig erscheinen konnte. In der ersten Nummer (des dritten Jahrgangs), brachte man zunächst ein paar ganz allgemeine Artikel über Buddhismus und dann im alten Stil Nachrichten aus aller Welt -- Indien, Birma, Japan und England. Dazu die Bücherschau.

Weiter teilte die Schriftleitung mit:

"Die Buddhistische Welt hat mit dem früheren Beiblatt des Buddhist gleichen Namens nur den Namen gemein; die Tendenz ist eine wesentlich andere und umfassendere geworden. Wenn wir trotzdem den mit diesem Heft beginnenden Jahrgang als Jahrgang 3 bezeichnen, so tun wir dies lediglich aus Utilitätsgründen. Tatsächlich haben wir es jetzt mit einer neuen, selbständigen, völlig unabhängigen Zeitschrift zu tun. Auch mit der Buddhistischen Warte, deren 2.Band seiner Vollendung entgegengeht, steht die Buddhistische Welt in keinem genetischen oder geschäftlichen Zusammenhang."
[Buddhistische Welt. -- 3 (1909/10). -- S. 8].

Völlig neuer Start, auch für Seidenstücker? Er zeigte sich zuversichtlich, bald das vierte und letzte Heft von Der Buddhist hinter sich zu bringen, so daß er schon eine Inhaltsschau brachte. In der zweiten Nummer berichtete er von seinen japanischen Gästen unter denen kein geringerer war als Daisetz Teitaro Suzuki. [Buddhistische Welt 3 (1909/10), S. 15]. Die Tendenz des Hefts war insofern umfassender geworden, daß jetzt auch europäische Mönche Anekdoten zum Besten gaben und Markgraf überzeugten europäischen Buddhisten Ansiedlungsmöglichkeiten in Ceylon anbot. In der dritten Nummer, im September, drehte sich alles um den Vihâra und um Mönchsbuddhismus. Nachdem die Zeitschrift jetzt das Organ der Deutschen Pâli-Gesellschaft geworden war, erschienen keinerlei Informationen mehr über andere buddhistische Bewegungen als die der Theravâdins. (Dafür widmete man dem verstorbenen deutschen Novizen Sumano eine ganze Nummer samt Foto.)


3.6.4. Rückzug von Seidenstücker


Seidenstücker legte im Februar 1910 die Schriftleitung nieder. Er erklärte:

"Ich hielt es für richtig, von der redaktionellen Leitung des Blattes zurückzutreten, weil der Standpunkt, den der Herr Verleger und Eigentümer der buddhistischen Welt, Walter Markgraf in Breslau, in seiner Beurteilung des Buddhismus einnimmt, sowie seine Stellung zu gewissen Fragen von theoretischer und praktischer Bedeutung von meiner Anschauung in erheblichem Maße abweichen."
[Buddhistische Welt. -- 3 (1909/10). -- S. 90].

So übernahm Kurt Steyer zusätzlich zur Kassenführung die Schriftführung (obwohl Wolfgang Bohn als Verantwortlicher zeichnete). Am ersten Juli teilte Steyer mit, daß er aus Zeitmangel die Kassenführung an Markgraf übergeben hatte. Kurz darauf legte er auch das Amt des Schriftführers nieder und trat aus der Deutschen Pâli-Gesellschaft aus. Markgraf fühlte sich veranlaßt, in der folgenden Nummer eine Notiz zu veröffentlichen:

"Herr Kurt Steyer, früher Mitglied der Deutschen Pâli-Gesellschaft, hat seine Kenntnis der Mitgliederliste benützt, um an die Mitglieder der Deutschen Pâli-Gesellschaft ein Sendschreiben zu richten, in dem er die Behauptung aufstellt, daß bei unserer Geschäftsführung das Interesse des Buddhismus in den Hintergrund trete. Die Beschuldigung des Herrn Steyer weise ich als unwahr und hierdurch ausdrücklich und entschieden zurück. i.A. des Vorstandes: Dr. Bohn"
[Buddhistische Welt. -- 3 (1909/10). -- S. 84].


3.6.5. Deutsche Pâli-Gesellschaft-Weiterentwicklung


Trotz dieser und anderer innerer Machtkämpfe konnte sich die Deutsche Pâli-Gesellschaft langsam vergrößern. Zum einen lag das sicherlich an der besseren finanziellen Ausstattung, zum anderen wahrscheinlich an den populärer gehaltenen Artikeln. Während die Artikel von Seidenstücker eine eingehendere Beschäftigung mit der Materie voraussetzten, brachte Markgraf die Berichte von Novizen oder Reisenden, die auch ein Außenstehender leicht konsumieren konnte. Die Aufgaben der Deutschen Pâli-Gesellschaft waren folgendermaßen umrissen:

"Die Erforschung und die religiös-wissenschaftliche Arbeit auf der Grundlage, welche der Pâli-Kanon uns gibt im Gegensatz zum Mahâyâna, dessen Ausläufer nicht mehr auf dem Heilsboden der nüchteren Selbsterlösungs- und Weltverneinungslehre des Erhabenen" stehen.
[Buddhistische Welt. -- 3 (1909/10). -- S. 107].

Der Lamaismus wurde bezeichnet als "eine Mischreligion aus nordindischem Schiwaismus, mongolischem Dämonentum und Buddhismus" [Buddhistische Welt. -- 3 (1909/10). -- S. 110]. von der man sich distanzierte.

Die Gesellschaft war am 12.September 1909 durch fünf Mitglieder gegründet worden. Am 1.Mai 1910 waren es bereits 25, und im Oktober 32. Theoretisch sollte jedes Mitglied 20DM Jahresbeitrag zahlen, doch der Finanzbericht vom 1.Mai 1910 wies nur 314DM an Mitgliedsbeiträgen auf, dazu kamen noch 141,10DM an Spenden. Wichtigstes Mittel für die Pâli-Buddhismus Mission war die Herausgabe von Pâli-Literatur, vorrangig das Grammatik-Lehrbuch von Nyânatiloka, das 1914, also zwei Jahre vor Seidenstücker's Werk erschien.


3.6.6. Scheitern des Vihâraprojekts


Dr. Derval schrieb:

"Buddhistische Mission bei Nicht-Buddhisten treibt die Deutsche Pâli-Gesellschaft nicht."

"Wir werben unter den deutschen Freunden des Buddhismus um Mitglieder."

"Erst in dritter Linie denken wir an den europäischen Vihâro... Es gibt zu viele ... Buddhisten unter uns, als daß die Gelegenheit nicht reizen würde. So wird dem einen oder anderen auch das Bestehen des Vihâro in der Schweiz ... zum Segen gereichen."
[Buddhistische Welt. -- 3 (1909/10). -- S. 107f.].

Wie Seidenstücker befürchtet hatte, schlug die Vihâra-Idee "viel bitteren Schaum". Als Nyânatiloka in Neapel ankam, gingen manche Zeitungen so weit, vor der gelben Gefahr zu warnen. Die Laienbuddhisten dagegen schienen diese einmalige Gelegenheit zum Verdiensterwerb nicht nutzen zu wissen. So versuchte kein geringerer als Subhadra Bhikshu in der vierten Nummer der Buddhistischen Welt im Oktober 1910 durch einen Leitartikel Spendenaufruf, das deutsche Volk zum Geben zu bewegen. Er appellierte an den Pioniergeist, an das Nationalbewußtsein, das Verantwortungsgefühl, den Gruppengeist und die Großzügigkeit. Aber nichts half. Bis zum Februar 1911 wurden gerademal 570,60DM gespendet, von den Mitgliedern der Deutsche Pâli-Gesellschaft waren lediglich neun unter den Spendern. In einem zweiten Anlauf nach diesem "beschämenden Ergebnis" spendete 300DM der treue Anhänger G.G. aus München [Könnte es ein anderer gewesen sein als Georg Grimm?], an weiteren Beträgen kamen 58,50DM zusammen. F.Zimmermann ging soweit, daß er versprochene Beträge bereits auflistete. Das ergab immerhin weitere 1100DM. Die Stimmen, die erkannten, daß die Errichtung eines Vihâra's nicht durchführbar war, häuften sich, auch wenn sie in Markgraf's Blatt nicht zu Wort kamen.

So schrieb Dr.Arthur Pfungst, Mitglied der Deutsche Pâli-Gesellschaft, in der zweiten Dezember-Ausgabe des Freien Wortes:

"...Bei aller Sympathie für den Eifer, mit welchem man in Deutschland die Ausbreitung des Buddhismus in die Hand genommen hat, muß man doch der Errichtung von Vihâros skeptisch gegenüberstehen. Wir würden es für richtiger halten, wenn man eher daran dächte, Arbeitsstätten zu schaffen mit buddhistischen Zentralbibliotheken, in denen der Arbeiter für den Buddhismus alles geistige Rüstzeug und Ruhe zum Studieren fände."
[Das Freie Wort. -- 10 (1910) Nr 18 Zweites Dezemberheft. -- S. 725; auch zitiert in: Buddhistische Welt. -- 4 (1910/11). -- S. 164].

In Heft 2 des Mahâbodhi-Journal vom Februar 1911 ging Pfungst (anonym) noch einen Schritt weiter:

"Although Buddhism does not possess Hierarchy in the sense of Western Religions we should oppose a movement which would remind us of the Monasteries of the middle age."
[The Mahâbodhi and the united Buddhist world. -- 19 No 2 (Feb. 1911). -- p. 49-51; auch zitiert in: Buddhistische Welt. -- 4 (1910/11). -- S. 231].

Sowohl die immer kleiner werdenden Notizen über den Vihâra als auch die Satzungen der Deutschen Pâli-Gesellschaft spiegelten diese Entwicklung wider. Hieß es im März noch, daß die Deutsche Pâli-Gesellschaft das System des Pâli-Buddhismus durch folgende Mittel zu erreichen versuchte:

"...4.durch Unterstützung eines Vihâro (Einsiedelei) in Europa",
[Buddhistische Welt. -- 3 (1909/10). -- S. 91].

so grenzte man am 1.Mai 1910 das Gebiet ein auf

"innerhalb des deutschen Sprachraums"
[Buddhistische Welt. -- 4 (1910/11). -- S. 23].

Am 9.Oktober 1910, also noch bevor Subhadra Bhikshu's Appell erschien, änderte man den Punkt ab in

"durch allgemeine Unterstützung buddhistischer Bestrebungen".
[Buddhistische Welt. -- 4 (1910/11). -- S. 122].

Und zwar einstimmig auf Antrag Markgraf's, der endlich auch erkannt hatte, daß viele, sonst ganz buddhistisch denkende Europäer mit der Unterstützung des Vihâra nicht sympathisierten.


3.6.7. Deutsche Pâli-Gesellschaft fortgesetzt (Markgraf)


In der selben Jahreshauptversammlung (1910) wurde Wolfgang Bohn von Dr. med. Strünckmann (1852-1953) als Vorsitzendem der Deutschen Pâli-Gesellschaft abgelöst. C. T. Strauss (1852-1937) übernahm das Amt des Schatzmeisters. Außerdem wurde ein Vertrag geschlossen zwischen den Vorständen der Deutschen Pâli-Gesellschaft und dem Herrn Verleger Walter Markgraf, dem zufolge die Deutsche Pâli-Gesellschaft das unternehmerische Risiko der Buddhistischen Welt trug und Markgraf's Redaktion nur durch eine Zweidrittel-Majorität aller Mitglieder kündbar wurde. Am 10.Dezember 1910 legte Markgraf die Geschäftsführung nieder [Buddhistische Welt 4 (1910/11), S. 166], um dann am 22.1.1911 die Landesgruppe Schlesien zu gründen [Buddhistische Welt 4 (1910/11), S. 188]. Dort konnte er ungestörter seine Ziele durchsetzen. Mit frischem Eifer druckte er Missionsmarken in bunten Farben, Stückpreis zwei Pfennig, bei Mehrabnahme Rabatt, und gab drei Flugschriften "Buddhismus" heraus. Inzwischen waren auch eine Brandenburgische Gruppe in Berlin von Karl Schneider und eine Sächsische in Leipzig von C. T. Strauss gegründet worden. C. T. Strauss war im Herbst 1909 von seiner Asienreise zurückgekehrt, wie ein Foto von ihm bewies, das durch alle buddhistischen Zeitungen lief, und stellte nun seine Kräfte in den Dienst der deutschen buddhistischen Bewegung. [Buddhistische Welt 3 (1909/10), S. 64].Aufgrund seiner Freundschaft mit Sumangala Maha Thera besaß er besondere Autorität. Unter anderem hatte er einen wöchentlichen "Stammtisch" in einem Leipziger Café, wo öfters auch Vorträge gehalten wurden (zB. von Paul Eberhardt).

Am 18.April legte der Vorstand der Deutschen Pâli-Gesellschaft per Rundschreiben seine Ämter nieder, worauf am 23.April 1911 sechs Mitglieder Walter Markgraf als Vorsitzendem bis zur nächsten Generalversammlung das Vertrauen aussprachen. [Buddhistische Welt. -- 4 (1910/11). -- S. 233].


3.7. Buddhistisches Marketing: Gelber Erzähler


In Breslau war im Januar 1911 Der Gelbe Erzähler im zwanzigsten Jahrhundert von Hrsg. und Schriftleiter Gustav Koethe gegründet worden. Ein Jahr lang erschienen auf zus. 190 S. in hoher Auflage allgemeine Artikel in buddhistischer Richtung.

Das erste Heft umfaßte 16 Seiten, der vierseitige Leitartikel zeugte von angelesenem Verständnis des Autors bzgl. der Lehre und von profundem Wissen bzgl. Marketing: Die restlichen 12 Seiten waren ausschließlich Reklame für die heute von Persil verdrängte Alchenin-Seife. Allmählich kehrte sich das Verhältnis ins Gegenteil, wozu nicht nur die Anzeigen für die Buddhistische Welt und die Deutsche Pâli-Gesellschaft, sondern auch die Artikel von Dhammânusari und Vâsettho, später Markgraf und Bohn beitrugen. Auch erschien eine Anzeige:

"Zum Beitritt der zu gründenden Vereinigung Deutscher Buddhisten nimmt Anmeldungen entgegen und erteilt Auskünfte: Gustav Koethe, Breslau 24."
[Der gelbe Erzähler. -- Heft 6-8. -- Rückseite innen].

So unvermittelt wie die Zeitschrift erschienen war, endete sie mit dem Jahresende. Über die Vereinigung Deutscher Buddhisten war ebenso nichts in Erfahrung zu bringen, wie über den Buddhistischen Bund, als dessen Flugschriften Markgraf ebenfalls 1911 seine drei erwähnten Nummern von "Buddhismus" bezeichnete. Wahrscheinlich hat es beide nie gegeben.


3.8. Erste Sutta-Übersetzungen von Seidenstücker


Nachdem Seidenstücker im Februar die Schriftleitung der Buddhistischen Welt niedergelegt hatte war es einige Zeit still um ihn. Er widmete sich Pâli-übersetzungen aus dem Khuddaka-Pâtha und anderen Sutta-Texten. Seine längst fertige Nummer von Der Buddhist und Die Buddhistische Welt Band 2, Nr.4 erschienen erst im Spätsommer 1910. Dr. Hugo Vollrath vom Buddhistischen Verlag hatte die Kosten für die Drucklegung des Heftes übernommen und so die Herausgabe des hundert Seiten starken Heftes ermöglicht. Rückblickend hielt Seidenstücker darin seine geleistete Pionierarbeit für beendet, da die Buddhistische Welt von Markgraf jetzt auf sicheren Beinen stand, dieser weitaus mehr Unterstützung erhielt und nicht mit solchen Schwierigkeiten wie er zu kämpfen hatte. Er bedankte sich bei den "wenigen getreuen Helfern", die ihn bei der unter ganz außergewöhnlichen Schwierigkeiten vor sich gegangenen Arbeit durch Rat und Tat unterstützt hatten und empfahl jedem Freund des Buddhismus wärmstens Markgraf's Zeitung und Pâli-Gesellschaft, von der er sogar die Satzung abdruckte. [Der Buddhist. -- 2 (1906-10). -- S. 57]. Die Deutsche Pâli-Gesellschaft verzeichnete im September einen Mitgliederzuwachs auf zweiunddreißig. [Buddhistische Welt 4 (1910/11), S. 84].


3.9. Mahâbodhi-Gesellschaft International


Doch im Stillen arbeitete Seidenstücker weiter an der im April 1907 in seiner Wohnung gegründeten Mahâbodhi-Centrale, der er ein Lehrinstitut und Meditationskurse angliedern wollte. Bis zum Frühjahr 1911 hatte er zwei anonym bleiben wollende Gönner gefunden, von denen der eine 1000 DM, der andere 100 DM gespendet hatte und die es ihm dadurch ermöglichten, die Buddhistische Warte weiterzuführen, im 2.Band, beginnend mit der Nummer 9-10, Mai-Juni 1911, nun als Organ der deutschen Mahâbodhi-Gesellschaft. Das Restvermögen der Buddhistischen Gesellschaft für Deutschland floß ihm ebenfalls zu, in Höhe von 64,56DM. [Mahâbodhiblätter. -- 1 (1912/13). -- S. 16]. Seidenstücker bemerkte:

"Bereits vor längerer Zeit wurde von einigen deutschen Freunden des Buddhismus der Plan gefasst, einen deutschen Zweig der Mahâbodhi-Gesellschaft ins Leben zu rufen. Der Anagârika H.Dharmapâla, dessen Genehmigung für eine solche Gründung notwendig war, erteilte auf eine durch Herrn C.T.Strauss an ihn gerichtete Anfrage bereitwilligst seine Erlaubnis. Der Herausgeber dieser Zeitschrift ging nun daran, unter Berücksichtigung der Statuten der Muttergesellschaft einen Satzungs-Entwurf auszuarbeiten, der von einigen Herren durchgesehen und nach Vornahme einzelner Änderungen als brauchbar befunden wurde. So fühlbar nun speziell in Deutschland gerade in den letzten zwei Jahren sich das Fehlen einer über den Formen stehenden buddhistischen Organisation nach Art der Mahâbodhi-Gesellschaft fühlbar gemacht hat, so glaubten wir damals mit der Gründung noch warten zu müssen. Mittlerweile sind nun auch anderen Personen, die zu den am Buddhismus interessierten Kreisen in Deutschland gehören, die Augen darüber aufgegangen, dass die Errichtung eines Deutschen Zweiges der Mahâbodhi-Gesellschaft im Interesse der buddhistischen Bewegung selbst sich als durchaus nötig erweist. Die Verhältnisse haben förmlich auf diese Gründung gedrängt..."
[Buddhistische Warte. -- 2 (1908-11). -- S. 228f.].

Vertreter der Mahabodhi International für Deutschland waren Arthur Pfungst, Friedrich Zimmermann und C. T. Strauss.


3.9.1. Überläufer aus der Deutschen Pâli-Gesellschaft


F. Zimmermann, C. T. Strauss, W. Bohn und Dr. H. Karny (1886-1937), um nur die wichtigsten zu nennen, verließen die Deutsche Pâli-Gesellschaft und schlossen sich der Mahâbodhi-Gesellschaft an. (In der Buddhistischen Welt wurde diese Entwicklung verschwiegen, lediglich die Tatsache, daß der Vorstand sein Amt am 18.4.1911 niedergelegt hatte, mußte erwähnt werden.) Auch etliche Mitglieder der Buddhistischen Gesellschaft, die Seidenstücker's Aufruf, der Deutschen Pâli-Gesellschaft beizutreten, nicht gefolgt waren, entschieden sich für den Anschluß an jene gesamtbuddhistische Bewegung, die der Ceylonese Anagârika Dharmapâla 1891 ins Leben gerufen hatte.


3.9.2. Satzung und Aufbau der Mahâbodhi-Gesellschaft


In der Mahâbodhi-Gesellschaft konnte in Deutschland der Buddhismus wieder eklektisch vertreten werden. In der Satzung der Muttergesellschaft heißt es:

"Die Gesellschaft, welche den Buddhismus im allgemeinen, und nicht einen einzelnen Aspekt desselben repräsentiert, wird eine absolute Neutralität hinsichtlich der Lehren und Dogmen beobachten, welche von Schulen und Sekten innerhalb des Buddhismus gelehrt werden."
[Buddhistische Warte. -- 2 (1908-11). -- S. 227f.].

Die Deutsche Satzung enthielt einen Kompromiß an die Ex-Mitglieder der Deutschen PâliGesellschaft, denn sie verfolgte einen doppelten Zweck:

[Buddhistische Warte. -- 2 (1908-11). -- S. 230.].

Als Mittel waren geeignet:

"Herausgabe einer Zeitschrift (Buddhistische Warte) und billiger Flugschriften; Abhaltung von Vorträgen und Vorlesungen über Buddhismus; Einrichtung von Lehr-Kursen; Gründung von Büchereien".
[Buddhistische Warte. -- 2 (1908-11). -- S. 230.].

Die Errichtung eines Vihâras fehlt. Niemals durfte eine andere Religion angegriffen, verunglimpft oder lächerlich gemacht werden und es wurde "jedem einzelnen Mitgliede in seiner Auffassung und Auslegung buddhistischer Lehren vollkommene Freiheit gewährleistet." [Buddhistische Warte 2 (1908-11), S. 230.]. Mitglied konnte jeder werden, "ohne Ansehung ... des religiösen Bekenntnisses". [Buddhistische Warte. -- 2 (1908-11). -- S. 230.].

Dann gab es einen engeren Kreis, in den die Mitglieder durch das Aussprechen des Tisarana eintreten konnten, die sich direkt zum Buddhismus zu bekennen wünschten. Seidenstücker verstand den Deutschen Zweig der Mahâbodhi Society International als einen Teil der ältesten und einzigen internalen Organisation, die wirklich Großes leistete. Mit Friedrich Zimmermann (Subhadra Bhikshu) als Vorsitzendem war die Gesellschaft nach außen hin würdig vertreten, Charles T. Strauss, dessen Übertritt zum Buddhismus beim Weltkongress der Religionen 1893 einigen Wirbel aufgerührt hatte, war Kassierer. Sein langjähriger Mitarbeiter G. A. Dietze war Archivar. Mit H. Karny und Seidenstücker war der Vorstand komplett. Er selbst hatte als korrespondierender Sekretär die Schlüsselrolle inne und gegebenenfalls den Vorsitzenden zu vertreten. Die Gesellschaft war in einigen Orten Deutschlands durch Mitglieder vertreten, aber man sah vorerst davon ab, Zweigstellen zu gründen. Ein Studienplan wurde ausgearbeitet, mit dem man neugewonnenen Mitgliedern zum Einstieg eine Orientierungshilfe geben wollte. Die Bibliothek zählte bis Oktober 170 Titel. Ferner entschied man, interne Nachrichten den Mitgliedern einzeln zukommen zu lassen und nicht in der Zeitschrift zu veröffentlichen.


3.9.3. Die "neue" Buddhistische Warte


Von den ersten Doppelnummern der Buddhistischen Warte, die reich mit Bildern und dazugehörigen Erklärungen (im Gegensatz zu Markgraf) ausgestattet waren, wurden hunderte als Probenummern verschickt. Die Artikel waren sorgfältig zusammengestellt worden: Das zweite Heft (Nr.3-4) umfaßte einen längeren allgemeinverständlichen Artikel über Buddha's Wirken in Benares und einen kürzeren über das Geheimnis des Erfolgs von Napoleon, beide von Seidenstücker. Ferner von Frau Oung einen Artikel über die Frau in Birma, aktuelle Nachrichten, Mitteilungen, neue Bücher und einen Briefkasten, in dem zwar Der Gelbe Erzähler aus Breslau erwähnt wird, nicht jedoch Markgraf's Buddhistische Welt. Zwischen folgenden Zeilen kann man eine Abgrenzung von letzterem herauslesen:

"Unsere Zeitschrift will in der Hauptsache nicht theoretisch -- doktrinär sein, sondern sie ist bemüht, zum Herzen des deutschen Volkes zu sprechen und ihre Saiten so zu stimmen, wie sie in der Seele des Deutschen am ehesten einen Widerhall auszulösen vermögen. Dabei wird die Warte ihr Augenmerk stets darauf richten, sich weder in Extreme zu verlieren, noch auch sich in eine unfruchtbare Scholastik zu verrennen, noch sich auf einen bestimmten dogmatischen Standpunkt festnageln."

"Was den Inhalt der Zeitschrift anbetrifft, so ist es uns natürlich mehr um die Qualität als um die Quantität zu tun. Heutzutage wird namentlich in Deutschland -- auf literarischem Gebiete unerhört viel auf den Markt gebracht, und unsere Zeit krankt ... daran."

[Buddhistische Warte. -- 2 (1908-11). -- S. 273].


3.10. Reflexionen


In der ersten Doppelnummer des dritten Jahrgangs, also September/Oktober 1911, veröffentlichte Seidenstücker unter anderem einen Artikel über den Buddhismus in Europa. Darin blickte er zurück auf den gewaltigen Umschwung, den das europäische Denken in den letzten beiden Jahrzehnten erfahren hatte und stellte fest, wie der Buddhismus sich etabliert hatte, was am besten ersichtlich wurde aus der christlichen Apologetik. Er blickte zurück auf die Pionierarbeit, von der er glaubte, daß auch nicht ein einziger Kritiker es besser gemacht hätte als er. Er verwies vor allem auf die mühselige Arbeit, die internationalen Kontakte zu knüpfen, mit denen er erst den Boden für weitere Neugründungen geebnet hatte. Dann berichtete er kurz von der eigenständigen Entwicklung der europäischen buddhistischen Mönche und deren Wunsch, ein europäisches Domizil zu begründen, das inzwischen durch die Caritas-Villa von Bergier einen ersten Ausdruck fand (bis 1913). Dann berichtete er weiter, daß im Herbst 1909 in Breslau von Dr.Bohn und Walter Markgraf eine "Propaganda-Gesellschaft" unter dem Namen Deutsche Pâli-Gesellschaft gegründet worden war.

"In Verbindung damit entstand in Breslau ein Verlagsunternehmen, und eine neue Zeitschrift Die Buddhistische Welt begann zu erscheinen. ... Gegenwärtig liegt die Leitung ... in den Händen des Herrn Verlagsbuchhändlers Walter Markgraf."
[Buddhistische Warte. -- 3 (1911). -- S. 61ff.].

Mit keinem Wort erwähnte Seidenstücker, daß er Die Buddhistische Welt gegründet hatte, daß er sie weiterführte als verantwortlicher Schriftleiter, drei Monate lang bevor die Deutsche Pâli-Gesellschaft gegründet wurde und vier Monate lang nachdem sie gegründet worden war. Kein Wort davon, daß er zu den Gründern gehört hatte und daß Markgraf ein überzeugter Novize gewesen war. Weiter schrieb Seidenstücker:

"Die Gründung der Mahâbodhi-Gesellschaft bedeutet keineswegs eine Zersplitterung. Im Gegenteil: Jetzt beteiligen sich viele an der Arbeit, die bisher am Markte der Bewegung müßig standen, da sie sich aus dem einen oder jenem Grunde der Deutschen Pâli-Gesellschaft nicht anschließen wollten, und wir sind der Meinung, daß in einem Lande von über 60 Mio Einwohnern sehr wohl Platz ist für zwei Gesellschaften... Der Schreiber dieser Zeilen wünscht beiden Gesellschaften auch für die Zukunft gutes Wachstum und Gedeihen."
[Buddhistische Warte. -- 3 (1911). -- S. 65].

Hier unterstellte Seidenstücker dem ehemaligen Vorstand der Deutschen Pâli-Gesellschaft, sich vor dem Eintritt in die Mahâbodhi-Gesellschaft nicht an der Arbeit beteiligt zu haben.

Immerhin gab er zu, daß die Deutsche Pâli-Gesellschaft eine Reihe guter Bücher herausgegeben hatte, auch wenn er nicht näher erläuterte, daß der Großteil seiner Veröffentlichungen dort er schien. Gegen Ende des Jahres 1911 übernahm Markgraf außerdem vom Fähndrich-Verlag unter anderem die halbfertigen Bücher Amitâbha und Udânavarga, beide in der Übersetzung von Seidenstücker.


3.11. Interludium


In der Doppelnummer 3-4 (Nov-Dez 1911) von Die Buddhistische Warte : Deutsches Organ der Mahâbodhigesellschaft ist die "buddhistische Gedenksäule zu Dölau bei Halle" abgebildet. Die in diesem kleinen Ziegelschrein hausende Buddhastatue sollte auch über die Versammlungen der Deutschen Pâli-Gesellschaft und des Bundes für buddhistisches Leben wachen. Noch saß Seidenstücker würdig und zielbewußt dreinblickend in der Mitte, der dort wohnhafte Dr. Bohn zu seiner Rechten, C. T. Strauss, schmunzelnd, zu seiner Linken. Der beschreibende Artikel, mit skr. gezeichnet, ist fast sentimental. Die Idylle währte nicht lange, es war die letzte Nummer der Buddhistischen Warte.


3.12. Ende der Deutschen Pâli-Gesellschaft


Kehren wir zurück zum Anfang des Jahres 1911. Seidenstücker nahm Markgraf viel Wind aus den Segeln, obwohl Markgraf verstärkte Werbung betrieb und in den Sommermonaten drei Fünf-Pfennig-Flugschriften des buddhistischen Bundes herausbrachte, und sogar Der Gelbe Erzähler seine Anzeigen veröffentlichte in einer Auflage von etlichen tausend Stück. Die ordentliche Jahreshauptversammlung am 9.September 1911 bestand gerade noch aus sechs Mitgliedern. Markgraf hatte zusätzlich die Vollmachten von vier weiteren, so daß er die Versammlung patt setzen konnte. Keine besonderen Ergebnisse wurden veröffentlicht, auch kein Finanzbericht wie im Vorjahr, lediglich ein geringer Bücherzuwachs wurde gemeldet. Markgraf blieb Vorsitzender, Carl Schneider Geschäftsführer. Eine Randbemerkung zeugte davon, daß Markgraf immer noch für den Vihâra sammelte (obwohl Zimmermann ausgetreten war).

In der sechsten Nummer, wie alle Nummern dieses Jahrgangs ohne Datum, die aber gegen Ende des Jahres 1911 erschienen sein dürfte, wurden "die neuen, in der letzten Generalversammlung angenommenen Statuten" veröffentlicht. Die Gesellschaft führte plötzlich einen Doppelnamen: Deutsche Pâli-Gesellschaft, Buddhistischer Bund. Die Ziele waren die gleichen geblieben, mit einer kleinen bedeutenden Streichung: Absatz 2, Paragraph 4 fiel heraus. Das waren die "Förderung des ursprünglichen Vihâro", die späteren "allgemeinen buddhistischen Bestrebungen" gewesen. Und neue Ehrenmitglieder waren ernannt worden: Ânanda Metteyya, Sîlâcâra, Rhys Davids und der Architekt und Laienanhänger R. A. Bergier, der den Caritas Vihâra bei Lausanne und die ceylonesische Mönchsinsel Polgasduwa gestiftet hatte. Auch wurden der Umfang der Zeitung weiter vergrößert und mehr Fotos gebracht. Markgraf bestritt immer mehr Artikel aus eigener Feder, vor allem als Dichter versuchte er sich. Sîlâcâra lieferte weiter regelmäßig Beiträge und einige neue Autoren traten auf, so Paul Dahlke oder Georg Grimm (mit einer Auslegung eines Artikels von Nyânatiloka). Doch auch weniger Buddhistisches trat hervor, so Bücherbesprechungen über Theosophisches oder z.B. Walter Rathenau.

Am 18.August 1912 fand die jährliche Hauptversammlung in Dölau bei Halle bei Dr. Bohn statt. Es wurde nur mitgeteilt, daß Markgraf wieder zum Vorsitzenden gewählt wurde, Bauer zum Geschäftsführer und Dr.Bohn zum Bücherwart. Der Jahresbeitrag der Deutschen Pâli-Gesellschaft wurde um die Hälfte auf zehn Mark verringert. Weiter wurde mitgeteilt, daß die Vihâra-Sammlung endgültig gescheitert war und die Gelder (167,30DM) zurückgestellt wurden. Gleichzeitig wurde gebeten, die "in diesem Jahre wieder den gesteigerten Wünschen vollauf gerecht gewordene Zeitschrift" durch einen "so notwendigen Extrabeitrag" zu unterstützen. [Buddhistische Welt 6 (1912/13), S. 272]. In der Nummer 11-12 des vollendeten Jahrgangs von Indien und die Buddhistische Welt teilte Markgraf seinen Abonnenten mit, daß er den Vorsitz der Deutschen Pâli Gesellschaft niederlegte und das Heft sein Erscheinen einstellte. [Buddhistische Welt. -- 6 (1912/13). -- S. 480]. Freilich, nicht ohne zu verkünden, daß die Herausgabe einer Heftserie Indische Studien geplant sei mitsamt einer auf noch weiterer Basis stehenden Gesellschaft für indische Kultur . Markgraf starb im folgenden Jahr im Krieg.
[Notz behauptet auf Seite 71, Markgraf hätte 1921 eine buddhistische Ortsgruppe gegründet und beruft sich auf Hecker, was freilich auf einem Lesefehler beruht. Hecker gibt an der zitierten Stelle, DBU Seite 35, das Todesjahr Markgrafs mit 1914 an.]


3.13. Buddhistische Warte -- Climax


Kehren wir zurück nach Leipzig: Ab Sommer 1911 erschien die Buddhistische Warte viermal regelmäßig im Abstand von zwei Monaten. Doch der Naturheil- und Reformarzt Dr. med. Carl Strünckmann (1872-1953), Exvorsitzender der Deutschen Pâli-Gesellschaft, überlegte es sich wieder anders. Er hatte Seidenstücker "einen größeren Geldbetrag" gegeben, den er Anfang 1912 wieder von ihm zurückforderte. Da Seidenstücker jedoch nicht zahlungsfähig war, forderte er das Geld von der Mahâbodhi-Gesellschaft. Als diese Seidenstücker um Aufklärung der Sache bat, antwortete Seidenstücker mit der Niederlegung des Vorstandsamtes und der Austrittserklärung. Strünckmann trat der Mahâbodhi-Gesellschaft Ende März bei. Dadurch konnte er an der osterlichen Jahresversammlung vom 7. und 8.April 1912 teilnehmen. So brachte er erneut, diesmal vor den zahlreich erschienen Mitgliedern der Gesellschaft eine Forderung ein. Er wollte 600DM von der Gesellschaft. Dies wurde selbstverständlich abgelehnt, worauf er drohte, daß er "an die Öffentlichkeit" appellieren würde und "die gesamte buddhistische Bewegung, soweit sie nicht um Herrn Markgraf gruppiert ist, würde dann bloßgestellt werden..." [Mahabodhiblätter 1 (1912/13), s. 28]. Strünckmann selbst wurde selbstverständlich wieder ausgeschlossen. Aber er gab so schnell nicht auf. Es gelang ihm, einige Mitglieder auf seine Seite zu ziehen und so kam es, daß sich fünf nicht näher beschriebene Personen, vier aus Breslau, einer aus Gera, zum neuen Vorstand der Mahâbodhi-Gesellschaft ernannten, den Sitz der Gesellschaft nach Breslau verlegten und die Mitglieder der Gesellschaft, soweit sie über deren Adressen verfügten, in Schreiben um die Zusendung von Geldbeträgen baten und irreführende Informationen über die Mahâbodhi-Gruppe um F. Hornung verbreiteten. Von dieser wurden sie ausgeschlossen, weitere Mitglieder traten von alleine aus. F. Hornung ließ sich von Anagârika Dharmapâla beglaubigen, daß seine Gruppe die einzig rechtmäßige war. [Mahabodhiblätter 1 (1912/13), s. 28]. Damit war dieser "Putsch" gescheitert. Die Buddhistische Warte erschien nicht weiter, es ist denkbar, daß dadurch mögliche gerichtliche Schritte von Strünckmann von vornherein unterbunden wurden.

[Strünckmann (1872-1953), der in der Jugend noch überzeugter atheistischer Sozialdemokrat gewsen war, bekehrte sich noch vor dem Weltkrieg zu Jesus und gründete die Christ-revolutionäre Bewegung, die in Stuttgart Fuß faßte. 1921 trennte sich der radikalere Stuttgarter kreis von dem völkischeren Strünckmann, was dieser so kommentierte: »Wiederum stehe ich allein.« Weiter beschrieben in: Linse, Ulrich: Barfüßige Propheten : Erlöser der zwanziger jahre. -- Berlin : Sidler, 1983. -- S. 90-94. S. a.: Hecker, Hellmuth: Lebensbilder deutscher Buddhisten ; ein bio-bibliographisches Handbuch. -- Konstanz : Universität. -- Band II: Die Nachfolger. -- 1992. -- S. 255-257].


3.14. Mahâbodhi-Blätter


Die Mahâbodhi-Gesellschaft schuf nach einem Dritteljahr Unterbrechung als neues Sprachrohr die Mahâbodhi-Blätter. Diese erschienen ebenfalls zweimonatlich, aber ohne Fotos und in wesentlich geringerem Umfang. Trotzdem überstand die Mahâbodhi-Gesellschaft das Geschäftsjahr 1912/13 recht gut. Das Budget umfaßte stattliche 564,81DM und die Bibliothek war auf 255 Nummern angewachsen. Den Austritten standen Neueintritte gegenüber. Am schmerzlichsten war der Austritt von F.Zimmermann, der nach Darstellung der Zeitung aufgrund aufdringlicher Belästigungen und Drohungen mit gerichtlicher Verfolgung erfolgte.

[Mahabodhiblätter. -- 2 (1913/14). -- S. 16; In einem Brief vom 15.8. 1916 schreibt F. Zimmermann an G. Grimm:

"Hätte ich vor fünf Jahren bei dem großen Krach der deutschen Pâli-Gesellschaft nach Leipzig reisen können, so glaube ich, daß es mir gelungen wäre, manches Falsche zu verhindern und manches Gute zu wirken. Aber schon damals stand es wie heute. Ich fühlte, es geht über meine Kräfte ..."
[Yâna. -- 7 (1954) Nr 2 (März-April). -- S. 32].

Man tröstete sich darüber hinweg, daß auch schon Buddha einen Devadatta hatte. Das folgende verflossene Geschäftsjahr wurde als "ein Jahr der Harmonie" bezeichnet, in dem man langsam aber sicher voran kam. Über die Hauptversammlung vom 31.Mai 1914 wurde gesagt, daß "leider nur eine kleine Anzahl von Mitgliedern der Einladung des Vorstands gefolgt waren." [Mahâbodhiblätter. -- 3 (1914/15). -- S. 31]. Das Budget betrug nur noch 374,05DM. Die Druckkosten konnten nur durch Spenden -- nicht Mitgliedsbeiträge -- gedeckt werden. So blieb

"zu wünschen, dass durch die Unterstützung eines größeren Kreises von Mitarbeitern eine immer bessere Ausgestaltung der Zeitung ermöglicht würde."
[Mahâbodhiblätter 3 (1914/15), S. 31].

Diese Wünsche erfüllten sich nicht, wohl vor allem aufgrund des Krieges. Die Hefte wurden immer dünner und ab Mai 1914 erschienen noch sechs dritteljährliche Ausgaben. Auf die Hauptjahresversammlung 1915 wurde verzichtet wegen der Kriegsschwierigkeiten und mit dem Jan-April 1916-Heft wurde nach dem vollendetem vierten Jahrgang die Herausgabe der Blätter eingestellt.


3.15. Bund für buddhistisches Leben -- Vorspiel


Erinnern wir uns: Am 18.August 1912 fand die jährliche Hauptversammlung der Deutschen Pâli-Gesellschaft in Dölau bei Halle bei Dr. Bohn statt. Es wurde nur mitgeteilt, daß Markgraf wieder zum Vorsitzenden gewählt wurde, Bauer zum Geschäftsführer und Dr. Bohn zum Bücherwart. Weiter erfahren wir plötzlich von einem Bund für buddhistisches Leben:

"Nach einer Pause gingen die Versammelten, deren Reihen inzwischen durch eingetroffene Mitglieder des Bundes für buddhistisches Leben sich verstärkt hatte, zur ersten Versammlung des Bundes für buddhistisches Leben über. Die Vorstandswahl ergab Bestätigung des provisorischen Vorstands. Dr.Bohn wird die Geschäfte des Vorsitzenden führen, während Herr Oskar Schloss in Trier die eigentliche Geschäftsführung vertreten wird. Als drittes Vorstandsmitglied tritt Herr [Franz J.]Bauer ein.".
[Buddhistische Welt. -- 6 (1912/13). -- S. 271].

Bhikkhu Sîlâcâra wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Die Satzung empfahl ihren Mitgliedern, die fünf Sîlas einzuhalten, der Mitgliedsbeitrag wurde auf sechs Mark festgesetzt. (Damit war er billiger als der zuvor auf zehn Mark verringerte Deutsche Pâli-Gesellschaft-Beitrag). Der Bund für buddhistisches Leben sollte die buddhistischen "Heilslehren in das persönliche Leben der europäischen Freunde des Buddhismus" einführen. [So Bohn 1919 in. Buddhistischer Weltspiegel. -- 1 (1919). -- S. 44].

Die Gründung des Buddhistischen Bundes für Deutschland wurde von der Mahâbodhi-Gesellschaft aufgefaßt als "ein anderer uns zugedachter Schlag". [Mahâbodhiblätter. -- 2 (1913/14). -- S. 31]. Taktvollerweise blieb es unerwähnt, ob die fünf Abtrünnigen, deren Mahâbodhi-"putsch" verhindert worden war, die neuen Organisatoren waren, oder ob es wieder Ex-Deutsche Pâli-Gesellschaft-Mitglieder waren, die abermals erkannten, daß Markgraf zu doktrinär war. (Daß Seidenstücker in irgend einer Weise beteiligt gewesen sein könnte halte ich für unwahrscheinlich.)

[Notz übernimmt auf S. 58 Bohn's Schönfärberei aus ZfB 2 (1928), daß die deutschen Buddhisten bis zum Auftauchen Grimm's sich gegenseitig geduldet und geachtet hätten. -- 1922 schrieb Bohn:

"Der Buddhismus hat mit seiner Mission in Europa gar keinen Erfolg gehabt. Er hat nicht einmal die Mehrzahl der wenigen, die sich an ihn hingen, sittlich und asketisch beeinflussen können, hat sich sofort in mehrere Schulen gespalten, die einander zum Teil gehässig und lieblos bekämpften -- und die große Masse geht an seiner Predigt überhaupt vorbei."
{Bohn, Wolfgang (1871-nach 1942): Die Selbstheilung der kranken Seele durch Erkenntnis und Vertiefung. -- Zweiter Teil: Die Lösung der Konflikte des Lebens und die Aufhellung des dunklen Zieles. -- Leipzig : Altmann, 1922. -- S. 57}].


3.15.1. Zeitschrift für Buddhismus und verwandte Gebiete


Wolfgang Bohn (1871-40er Jahre) aus Halle, Vorsitzender des Bundes für Buddhistisches Leben hatte die Schriftleitung inne, Oskar Schloß (1881-1945) aus Trier die geschäftliche Verantwortung, als endlich, nach über einem Jahr, die erste Nummer der Zeitschrift für Buddhismus erschien. Man fing nicht etwa bei eins an, sondern mit der Nummer Null. Und Bohn verzichtete auch auf eine langweilige Einleitung oder Geleitworte, man kam gleich auf Seite eins zur Sache, mit buddhistischen Perlen: "Das Ich und die Wiedergeburt. Aus dem Urtext des Milindapanhâ übersetzt von Dr.Karl Seidenstücker." [Zeitschrift für Buddhismus 1 (1913/14) Reprint, S. 1-7]. Von Seidenstüker erschienen im ersten Heft mehrere Beiträge, danach nur noch in Zusammenarbeit mit Wolfgang Bohn der Udânavarga. Dieser wurde nach der englischen Ausgabe von Rockhill in deutsche Verse übertragen. Falls die dichterische Form nicht von Bohn allein bestritten worden war, der im selben Band einige weitere Dichtungen beisteuerte, wäre dies eins der wenigen Stücke, in denen Seidenstücker metrische Übersetzungen lieferte. (1918 schrieb Seidenstücker an Grimm: "Könnten wir Herrn Prof. Much nicht dafür gewinnen, die poetische übertragung von Texten aus dem Sutta-Nipâta, dem Dhammapada und den Gâthâs zu übernehmen? Ich selbst habe leider keine poetische Ader." [Zit. nach Yâna 9 (1956) Nr 5, S. 207].)

Weitaus die meisten Beiträge spiegelten Erfahrungen wider von den deutschen Freunden des Buddhismus. Bis August 1914 erschienen insgesamt fünf Doppelnummern und zumindest das erste Heft erschien in einer Auflage von 6000 Stück.

"Bei dem billigen Preise von Mk. 3.- pro Jahrgang kann selbstverständlich von einer Rentabilität keine Rede sein; es ist uns auch nicht darum zu tun, sondern um Verbreitung der buddhistischen Ideen in weiteste Kreise... Wir sind auch bereit, den ganzen ersten Jahrgang unberechnet und portofrei an Bibliotheken, Lesehallen, Sanatorien, vegetarische Restaurants zu liefern... Auch stehen jedem Mitgliede mehrere Probehefte zu Propagandazwecken unberechnet zu Diensten."
[Zeitschrift für Buddhismus. -- 1 (1913/14) Reprint. -- S. 32].

Während sich viele über die Probehefte freuten, blieben die vegetarischen und Tierschutzorgane zurückhaltend obwohl viel über Tierschutz geschrieben wurde, und so blieb es weiterhin zu bedauern, daß viele Vegetarier sich nicht dem Buddhismus näherten sondern nur aus gesundheitlichen und ökonomischen Gründen fleischlos lebten. In der März/ April-Nummer konnte Oskar Schloss feststellen:

"Auch in den letzten zwei Monaten kann ein starkes Interesse an unseren Arbeiten festgestellt werden. Es sind während dieser Zeit über 1000 Briefe und Karten in unserer Geschäftsstelle eingelaufen... Jedenfalls ist die ausserordentliche und ständig zunehmende Anteilnahme unseres Abendlandes für den Buddhismus -- ganz besonders konnten wir dies in Deutschland, österreich-Ungarn und der Schweiz verfolgen -- eine sehr erfreuliche Tatsache..."
[Zeitschrift für Buddhismus. -- 1 (1913/14) Reprint. -- S. 60f.].

Auch wenn man nicht nur so einseitige Nachrichten brachte wie die Deutsche Pâli-Gesellschaft (sondern verschiedene Abschriften aus anderen Zeitungen über Japan und China), so war die Theravâda-Linie klar:

"Unser Vorstandsmitglied, Herr F. J. Bauer, ist am 8. Februar wohlbehalten auf Ceylon gelandet und dort von seinem Bruder, Bhikkhu Kondañño... empfangen worden... Unser Mitglied, Herr Ludwig Ankenbrand, ist ebenfalls auf Ceylon... Er ist jetzt mit Bhikkhu Nyânatiloka auf einer Missionsreise durch Tibet begriffen, gilt es doch, den dortigen im Dogmatismus und Kirchendienst erstarrten »Buddhismus« von seinen Fesseln und Einschnürungen zu befreien und auch hier Volk und Priester mit der reinen Lehre des Pâli-Buddhismus bekannt zu machen."
[Zeitschrift für Buddhismus. -- 1 (1913/14) Reprint. -- S. 61].

Während die ersten Ausgaben auf dem Umschlag ein japanisches Holzschnitzwerk des Erhabenen zeigten, wurde für die vorerst letzte Nummer, die noch im Juli erschien -- der erste Weltkrieg begann Anfang August -- neues Titelbild von dem Hamburger Künstler Carl Hermannes gezeichnet: In seiner Mitte stand einsam und würdig ein buddhistischer Mönch. Danach wurde der Bund für buddhistisches Leben

"durch die Rufe des Waffenzwangs auseinandergesprengt... Der Schriftleiter stand im Felde, der Geschäftsführer wurde von der Wehrpflicht auch nicht verschont, und der Bund ruhte und erhob keine Beiträge."
[Zeitschrift für Buddhismus. -- 2 (1920). -- S. 4].


Zu Kapitel 4: Wissenschaftliches Arbeiten und Militärdienst