Einführung in Formalien wissenschaftlicher Arbeiten

5. Abfassung von Inhaltsangaben, besonders Kurzreferaten (Abstracts)


von Alois Payer

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Zitierweise:

Payer, Alois <1944 - >: Einführung in Formalien wissenschaftlicher Arbeiten. -- 5. Abfassung von Inhaltsangaben, besonders Kurzreferaten (Abstracts). -- Fassung vom 3. Mai 2000. -- URL: http://www.payer.de/wissarbeit/wissarb05.htm. -- [Stichwort].

Erstmals veröffentlicht: 3. Mai 2000

Überarbeitungen:

Anlass: Lehrveranstaltung an der HBI Stuttgart im SS 2000

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0. ÜBERSICHT



1. Inhaltsangaben in Information und Dokumentation nach DIN 1426


Damit den Dokumenten beigefügte Inhaltsangaben (Abstracts) einheitlich abgefasst werden und dadurch leicht dokumentarisch auswertbar sind, sollte man sich an die Norm DIN 1426 (Fassung vom Oktober 1988) halten. 


2. Hauptformen von Inhaltsangaben


DIN 1426 definiert:

"Als Inhaltsangabe im Sinne dieser Norm gilt jede verkürzte Darstellung des Inhalts eines Dokuments."

DIN 1426 unterscheidet neun Hauptformen von Inhaltsangaben:

  1. Inhaltsverzeichnis: Bestandteil des Dokuments, der die Gliederungspunkte ausweist (siehe Kapitel 4)
  2. Auszug: verkürzte Wiedergabe des Dokuments. Besteht nur aus Teilen des Dokuments selbst (Sätze, Absätze, bei Filmen Schnittfolgen)
  3. Zusammenfassung: Darstellung der wichtigsten Gedankengänge und Schlussfolgerungen des Dokuments als Bestandteil des Dokuments selbst. Eine Zusammenfassung dient dem Benutzer des Dokuments und muss deshalb weder vollständig noch aus sich heraus voll verständlich sein
  4. Annotation: möglichst kurze allgemeine Charakterisierung des Dokuments. Sie enthält nichts, was z.B. aus dem Titel des Dokuments erschlossen werden kann. Eine Annotation braucht nicht aus vollständigen Sätzen bestehen, sondern kann auch aus Stichworten oder Schlagworten bestehen
  5. Kurzreferat (Abstract): stellt ohne Wertung die inhaltlichen Bestandteile des Dokuments dar, die für den Benutzerkreis des Kurzreferates relevant sind
  6. Sammelreferat: gibt ohne Wertung die wesentlichen Inhalte mehrere Dokumente wieder, die inhaltlich sehr ähnlich oder miteinander verknüpft sind
  7. Rezension (Besprechung): wertende Stellungnahme zu einem Dokument. Muss nicht unbedingt die wichtigsten Inhalte des Dokuments wiedergeben, darf auch ausführlich und umfangreich sein.
  8. Sammelrezension (Sammelbesprechung): gemeinsame, vergleichende wertende Stellungnahme zu mehreren Dokumenten
  9. Literaturbericht (auch: Übersichtsbericht, Fortschrittsbericht, Thematische Studie, State of the Art Report): "Darstellung des in der Literatur eines bestimmten Zeitraumes niedergelegten Wissensstandes zu einem bestimmten Problemkreis. Darf Wertungen enthalten. Muss eine Bibliographie der behandelten Literatur enthalten.

3. Kurzreferate (Abstracts)


Von einem Kurzreferat verlangt DIN 1426:

Bei einem Konflikt zwischen diesen Anforderungen soll der Referent über Vorrang zwischen den Prinzipien abwägen und je nach dem Zweck des Referats entscheiden.

Hauptformen des Kurzreferats sind nach DIN 1426 (DIN 1426 illustriert die einzelnen Formen mit entsprechenden Kurzreferaten zur Norm selbst. Die Zitate sind der Norm entnommen):

  1. gemäß dem Verfasser des Kurzreferats:
    1. Autorenreferat: vom Autor des Dokuments selbst angefertigt. Wird meist dem Originaldokument beigefügt
    2. Fremdreferat: von einer anderen Person als dem Autor des Originaldokuments verfasst
  2. nach dem inhaltlichen Bezug:
    1. informatives Referat: informiert über behandeltes Gebiet, Zielsetzungen, Hypothesen, Methoden, Ergebnisse und Schlussfolgerungen im Originaldokument. Nennt Fakten und Daten
      Beispiel: "Die vorliegende Fassung ersetzt die Fassung von 1973 und erweitert sie erheblich Als Inhaltsangaben werden alle verkürzten Darstellungen des Inhalts eines Dokuments verstanden. Hauptformen (je nach dem Bezug zum Dokument) sind: Inhaltsverzeichnis, Auszug, Zusammenfassung, Annotation, Kurzreferat, Sammelreferat, Rezension, Sammelrezension und Literaturbericht. Die Hauptform der nicht wertenden Inhaltsangabe ist das Kurzreferat, das gekennzeichnet ist durch Vollständigkeit, Genauigkeit, Objektivität, Kürze und Verständlichkeit. Für die Informations- und Dokumentationstätigkeit werden Hinweise zur Gestaltung der verschiedenen Formen des Kurzreferats gegeben. Dabei wird unterschieden nach dem Produzenten (Autorenreferat, Fremdreferat), nach der Form (Strukturreferat), nach dem inhaltlichen Bezug (indikatives Referat, informatives Referat, indikativ-informatives Referat, Kurzreferat aus besonderer Perspektive). Grenzformen sind ersetzendes und kritisches Referat. Allgemein ist das informative Referat zu bevorzugen. Originaldokumente (Fachzeitschriften, Bücher, Forschungsberichte, Hochschulschriften, Patente, sonstige Dokumente) sollen prinzipiell Kurzreferate ihres Inhalts enthalten, wobei meist Autorenreferate in Frage kommen, die jedoch nur begrenzt für Informationsdienste (Bibliographien, Referatedienste, selektive Informationsverbreitung) direkt verwendbar sind. Neben den traditionellen Informationsdiensten sind auch Literaturberichte als inhaltliche Zusammenfassung des zu einem Thema Publizierten wichtig. Für ihre Gestaltung werden erste Hinweise gegeben (z. B. Angabe von Zeitraum, Materialbasis, Bezug zur älteren Literatur, Beziehung zu anderen Publikationsmitteln, Form, Literaturverzeichnis)."
    2. indikatives Referat: gibt nur an, wovon ein Dokument handelt
      Beispiel: "Terminologische Abgrenzung verschiedener Formen von Inhaltsangaben. Hauptform in der Information und Dokumentation ist das Kurzreferat, zu dessen verschiedenen Formen Hinweise zur Gestaltung in Originalpublikationen und Informationsdiensten gegeben werden. Weiterhin Hinweise für Literaturberichte."
    3. informativ-indikatives Referat: Mischform: informiert über einige Inhalte und erwähnt andere Sachverhalte nur.
      Beispiel: "Verschiedene Formen von Inhaltsangaben werden unterschieden. Die Hauptform der nicht wertenden Inhaltsangabe ist das Kurzreferat, das gekennzeichnet ist durch Vollständigkeit, Genauigkeit, Objektivität, Kürze und Verständlichkeit.
      Für die Informations- und Dokumentationstätigkeit werden Hinweise zur Gestaltung der verschiedenen Formen gegeben. Dabei wird nach dem Produzenten (Autorenreferat, Fremdreferat), nach der Form (Strukturreferat). nach dem inhaltlichen Bezug (indikatives, informatives und indikativ-informatives Referat, Kurzreferat aus besonderer Perspektive) unterschieden. Grenzformen sind ersetzendes und kritisches Referat. Hinweise auf die Verwendung von Kurzreferaten in Originalpublikationen und Inhaltsangaben in Informationsdiensten werden gegeben, ebenso zur Gestaltung von Literaturberichten."
  3. Strukturreferat (Positionsreferat): gibt die wesentlichen Inhalte in einer vorgeschriebenen Reihenfolge nach vorgegebenen Kategorien wieder. Beispiele solcher Kategorien sind:

    Beispiel:
    "1 Zielsetzung: Standardisierung. Ratschläge zur Erstellung von Kurzreferaten. Vereinheitlichung von Informationsdiensten

    2 Gegenstand:
    a) Gestaltung verschiedener Formen von Kurzreferaten (Autorenreferat, Fremdreferat, Strukturreferat, Kurzreferat aus besonderer Perspektive, indikatives Referat, informatives Referat, indikativ-informatives Referat, ersetzendes Referat, kritisches Referat)
    b) Kurzreferate in Originalpublikationen (Zeitschriften, Bücher, Forschungsberichte, Hochschulschriften, Bücher und Proceedings, Patente)
    c) Inhaltsangaben in Informationsdiensten (Bibliographien, Referatedienste, selektive Informationsverbreitung )
    d) Gestaltung von Literaturberichten

    3 Methode
    Terminologische und systematische Abgrenzung. Festlegung von Richtlinien, sachliche Hinweise

    4 Festlegungen
    a) Terminologie (Inhaltsangabe, Inhaltsverzeichnis, Auszug, Zusammenfassung, Annotation, Kurzreferat - siehe Abschnitt 10, Absatz 2a - Sammelreferat, Rezension, Sammelrezension, Literaturbericht)
    b) Gestaltung von Kurzreferaten
    c) Kurzreferate in Originalpublikationen
    d) Inhaltsangaben in Informationsdiensten
    e) Gestaltung von Literaturberichten."

  4. Kurzreferat aus besonderer Perspektive: will nicht den gesamten Inhalt des Dokuments und seine Schwerpunktsetzung wiedergeben, sondern  referiert nur bestimmte Aspekte des Dokuments: z.B. medizinische Arbeiten aus der Sicht von Chemikern

Als Grenzformen des Kurzreferats bezeichnet DIN 1426:

  1. ersetzendes Referat (Kurzfassung): soll das Lesen des Originaldokuments möglichst ersparen
  2. kritisches Referat: Kurzwiedergabe der wichtigen Inhalte mit expliziter wertender Stellungnahme des Referenten (Übergang zur Rezension).
    Beispiel: "Die vorliegende Fassung ist die längst fällige Revision der Ausgabe von 1973 und gleichzeitig Vorbild für die Arbeiten an einer in Vorbereitung befindlichen internationalen Norm. Das Kurzreferat wird nicht wie bisher isoliert
    gesehen, sondern in den Gesamtzusammenhang der Inhaltsangaben gestellt und gegen andere Formen abgegrenzt (z. B. Annotation, Zusammenfassung, Rezension). Beim Kurzreferat selbst wird unterschieden nach dem Produzenten (Autorenreferat, Fremdreferat), nach der Form (Strukturreferat) und dem inhaltlichen Bezug (indikatives, informatives, indikativ-informatives Referat, Kurzreferat aus besonderer Perspektive). Als Grenzformen werden ersetzendes und kritisches Referat erwähnt. Neben der Systematik und den allgemeinen Gestaltungshinweisen werden einige Festlegungen und Hinweise für Kurzreferate in Originaldokumenten und Inhaltsangaben in Informationsdiensten gegeben, die bei einer weiteren Revision zweifellos noch ausgebaut werden müssten. Begrüßenswert sind die Hinweise zu Literaturberichten, die die Anpassung an neuere Tendenzen der Informations- und Dokumentationstätigkeit verdeutlichen."

Zu Kapitel 6: Abfassung einer Rezension