Kulturen von Arbeit und Kapital

Teil 3: Kapitaleignerkulturen

6. Asiatische Beziehungsnetzwerke


von Margarete Payer

mailto: payer@payer.de


Zitierweise / cite as:

Payer, Margarete <1942 - >: Kulturen von Arbeit und Kapital. -- Teil 3: Kapitaleignerkulturen. -- 6. Asiatische Beziehungsnetzwerke. -- Fassung vom 2008-11-24. -- URL: http://www.payer.de/arbeitkapital/arbeitkapital0306.htm      

Erstmals publiziert: 2005-10-11

Überarbeitungen: 2008-11-24; 2005-12-12 [Ergänzungen]; 2005-12-02 [Ergänzungen]; 2005-11-20 [Ergänzungen]; 2005-10-20 [Ergänzungen]; 2005-10-19 [Ergänzungen]

Anlass: Lehrveranstaltung an der Hochschule der Medien Stuttgart, Wintersemester 2005/06

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0. Übersicht



1. Zur Einstimmung: Die Similauner



Abb.: Ötzi, der erste bekannte Similauner


Deutschland-spezifisch

Wie man sein Hobby zum Netzwerkaufbau nutzen kann, zeigt der ehemalige Chef von McKinsey Herbert Henzler. Durch die Erlebnisse beim gemeinschaftlichen Bergsteigen wird ein Netzwerk gefestigt, das wirtschaftlich von Nutzen ist. Henzler wurde von Reinhold Messner zum Bergsteigen in den Anden mitgenommen und entdeckte dabei seine Freude am Bergsteigen:

"Meister der Seilschaften

Herbert Henzler, Ex-Chef von McKinsey, führt einmal im Jahr deutsche Topmanager durchs Gebirge

von Frank Stocker

[...] "Ich hatte bis Anfang der 90er Jahre zwar schon häufig Bergwanderungen unternommen", sagt Henzler. Die Grenze zum Bergsteigen hatte er jedoch noch nicht überschritten. "Noch ein Jahr zuvor, als mir Messner bei meinem 50. Geburtstag von seiner Expedition am Nanga Parbat erzählte, konnte ich mir nicht vorstellen, selbst einmal bei einem solchen Projekt dabei zu sein."

Seit der Expedition in Südamerika ist er allerdings begeisterter Bergsteiger. Inzwischen hat er seinen Radius von den Alpengipfeln ausgedehnt und besteigt Berge in der ganzen Welt. In wenigen Tagen bricht Henzler gemeinsam mit seiner Frau zu einer mehrwöchigen Reise nach Patagonien auf. Natürlich zum Klettern.

Diese Reise war ein Abschiedsgeschenk von McKinsey. 32 Jahre lang, von 1970 bis 2002, arbeitete Henzler für das amerikanische Beratungsunternehmen, seit 1985 als dessen Deutschland-Chef.

Als er anfing, war der Name McKinsey in Deutschland noch weitgehend unbekannt. "Als wir 1972 im Rahmen der Mitbestimmungsdebatte zu einem Hearing im Deutschen Bundestag eingeladen wurden, waren wir noch absolute Nobodys", erinnert sich Henzler. Die Größen der deutschen Wirtschaft und der Gewerkschaften waren alle zugegen. "Wir glaubten, dass diese Herrschaften in der Kaffeepause mal zu uns kommen, um mit uns zu reden - doch nichts dergleichen geschah", so Henzler. Das war ein Schlüsselerlebnis für ihn. "Damals schrieb ich in mein Tagebuch: "Entweder habe ich eine Chance, das zu ändern, oder ich muss mir bald einen anderen Wirkungskreis suchen.""

Anfang der 80er Jahre änderte sich die Situation jedoch grundlegend. Damals fingen die deutschen Unternehmen nach dem zweiten Ölpreisschock an, nach Möglichkeiten zur Kostensenkung zu suchen. McKinsey erkannte diese Chance und brachte sich mit guten Analysen und Kostensenkungsprogrammen ein. Wenig später entdeckten auch die Gewerkschaften die Berater als neues Feindbild - und damit war deren Name auch in Deutschland ein Begriff. Henzler trieb in seiner Zeit als Deutschland-Chef die Expansion mit Fleiß und Geschick voran. Auch nach seinem Ausscheiden ist Henzler noch aktiv. Er sitzt in den Beiräten von McKinsey, Hochtief, Schömann Siemag und - das mag verwundern - beim FC Bayern.

Letzteres ist für einen gebürtigen Schwaben ein großer Schritt. Andererseits arbeitet Henzler drei Tage die Woche für Credit Suisse. Er berät die Unternehmensleitung in Zürich, hilft dem Investment-Banking und dem Private Banking der Schweizer. "Ich bin kein Grüßaugust oder Türöffner, so etwas hätte ich abgelehnt", sagt er. "Ich äußere mich zu strategischen Themen, bin in wichtigen Kundenbeziehungen involviert und möchte direkt mitwirken." Ruhestand ist ihm fremd.

Der Arbeitseifer wurde ihm, dem Schwaben, praktisch in die Wiege gelegt. "Sprüche wie "Müßiggang ist aller Laster Anfang" habe ich mit der Muttermilch aufgesogen", sagt er, der sich selbst als "Bauernbub aus dem mittleren Neckartal" bezeichnet. In seinem Heimatort Neckarhausen, wo er 1941 geboren wurde, begrüßen sich die Menschen heute noch mit den Worten "Bisch fleißig?" (Bist du fleißig?) Die Antwort lautet: "A bißle" - ein bisschen.

Das Bergsteigen ist daher nur das logische Hobby für jemanden, der mit ganzer Kraft nach ganz oben will und es auch geschafft hat. Und die Parallelen zu seinem beruflichen Werdegang sind so naheliegend, dass es nicht verwundert, wenn Henzler sein Hobby auch mit seinem Beruf verflicht.

"Nach der Expedition in Ecuador war Reinhold Messner stark interessiert an der Welt der Manager, die ich ihm nähergebracht hatte", erzählt Henzler. "Daraus entstand dann die Idee, eine Gruppe von Unternehmensführern zusammenzubringen und einige Tage mit ihnen auf Bergtour zu gehen." Damit waren die Idee der "Similauner" geboren.

Seit elf Jahren trifft sich die Gruppe von mittlerweile 14 Topmanagern der deutschen Wirtschaft nun bereits regelmäßig im Sommer am Fuße eines Alpengipfels. Benannt haben sie sich nach dem Dreitausender in den Ötztaler Alpen, der einst "Ötzi" freigegeben hatte. Zum elitären Kreis gehören beispielsweise Ulrich Cartellieri, der soeben als Aufsichtsrat der Deutschen Bank zurückgetreten ist, Deutsche-Post-Chef Klaus Zumwinkel, Hubert Burda und Linde-Vorstandschef Wolfgang Reitzle. Die Mitglieder sind handverlesen. "In den ganzen Jahren haben wir erst drei Mal neue Kollegen aufgenommen", so Henzler. Die Glücklichen waren Lufthansa-Chef Jürgen Weber und Ulrich Lehner, Vorstandsvorsitzender von Henkel, und Georg Kofler, Chef von Premiere.

Reinhold Messner legt die Route der Bergtour fest und die Hütten, in denen die Manager übernachten. Henzler bereitet die Expedition inhaltlich vor - denn die Vorstandschefs müssen nicht nur bergsteigen, sie sollen auch diskutieren. "Jeder bekommt ein Lesedeputat von fünf bis sechs Artikeln, die er vorab durcharbeiten und dann referieren muss", sagt Henzler. Die Themen gehen von Globalisierung über Outsourcing und Corporate Governance bis hin zu Problemen in der Zusammenarbeit mit der Regierung oder bei der Gesundheitsreform. "Ein Similauner wird zum Diskussionsleiter gewählt, und dann wird debattiert, in wichtigen Fragen stimmen wir manchmal auch ab."

14 deutsche Unternehmensführer vier Tage lang zusammen in den Alpen - man kann sich lebhaft vorstellen, was dort besprochen wird. Werden dabei die Vorstands- und Aufsichtsratsposten verteilt? Werden dort die nächsten Fusionen und Akquisitionen geplant? Ist das eine Seilschaft im wahrsten Sinne des Wortes?

"Dem kann ich nicht widersprechen", sagt Henzler grinsend und freut sich sichtlich über die Aura, die dieses Grüppchen umgibt und in deren Mittelpunkt er steht. "Es hat sich über die Jahre schon so etwas wie eine Kameradschaft entwickelt", fügt er hinzu und verstärkt damit den Eindruck noch, dass die Similauner eines der wirklichen Machtzentren der deutschen Wirtschaft sind.

Politiker gehören nicht dazu, sollen auch in Zukunft nicht dazukommen - obwohl sie dabei viel lernen könnten. "Wenn man einen Berg besteigt, muss einer vorangehen, der den Ton angibt und sagt, wie es geht", erklärt Henzler. "Er muss den Weg zeigen und sagen, wann man den Gurt anziehen muss." Genau daran fehle es heute in der Politik. "Die politische Führung ist nicht klar zu vernehmen und sie ist vor allem nicht vorhersehbar, sie oszilliert zwischen hü und hott", kritisiert er.

Außerdem fehle es an klaren Zielen. "Früher waren sich alle einig, dass Deutschland wirtschaftlich auf den höchsten Gipfel will." Heute sei aber nicht mehr klar, ob damit - um im Bild zu bleiben - der Mount Everest oder der Lemberg gemeint ist. Der Lemberg ist der höchste Berg der Schwäbischen Alb, der Heimat Herbert Henzlers. 1015 Meter ist er hoch. Für einen, der den Chimborazo bestiegen hat wahrlich keine angemessene Herausforderung. Und für die deutsche Wirtschaft, versammelt in der Gruppe der Similauner, ebenfalls nicht. Sie wollen höher hinaus. Henzler führt sie dorthin, auch im Ruhestand. "
 

[Quelle: Frank Stocker. -- In: Welt am Sonntag. -- 2004-11-07. -- http://www.wams.de/data/2004/11/07/357128.html?prx=1. -- Zugriff am 2005-10-19]


2. Einleitung


Beziehungsnetzwerke (Seilschaften etc.) sind für die Kapitaleignerkulturen in aller Welt von größter Wichtigkeit.

Es seien nur ein paar Beziehungsnetzwerke genannt:

Als Beispiel werden hier süd- und ostasiatische Beziehungsnetzwerke gewählt, da in Asien vermutlich die Zukunft der Wirtschaft liegt.


3. Deutschland AG



Deutschland-spezifisch

Bevor auf die asiatischen Netzwerke eingegangen wird, soll zum Vergleich zuerst das in Deutschland wohl wichtigste Beziehungsnetzwerk, die Deutschland AG, kurz vorgestellt werden. Bei der Deutschland AG, auch "Rheinischer Kapitalismus" genannt, geht es um ein "Old-Boys-Network", die Verflechtung von deutschen Kapitalgebern, Banken, Industriekonzernen, Versicherungen, Anwaltbüros und Consultingfirmen über ihre Manager. Dazu kommen  seit der Kanzlerzeit Schröders  auch einflussreiche Politiker.  (So berät z.B. der Unternehmensberater Roland Berger die Kanzlerin.) Wichtig ist im Netzwerk, das man sich persönlich gut kennt. Man trifft sich dort, wo möglichst nur die gewünschten Männer (Frauen werden immer noch ausgeschlossen) hinkommen (z.B. beim Golf, bei bestimmten kulturellen Events, in bestimmten Orten wie St. Moritz).

Dieses Netzwerk wurde verstärkt durch den Wirtschaftsaufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg, so dass man von einer "Festung Deutschland" gesprochen hat, wurde aber in den letzten Jahren geschwächt, weil vor allem die deutschen Banken die Beziehungen zugunsten des stärkeren Geldverdienens lockerten.

Das Netzwerk besteht aus mehreren Netzwerken, die miteinander verzahnt sind:

Durch Kapital- und Überkreuzverflechtungen erreichte man einen geschlossenen Wirtschaftsblock, dessen Vorteile darin bestanden, dass

Die Nachteile dieser Verflechtungen bestanden oder bestehen darin, dass

[vgl.: Ogger, Günter: Macher im Machtrausch : Deutschlands Manager auf gefährlichem Kurs. - München : Droemer, 1999. - ISBN 3-426-27167-2. - S. 24, 26, 286]

[vgl.: Hirn, Wolfgang und Heide Neukirchen: Wer die Deutschland AG steuert : die 50 Mächtigsten 2002. - In: Managermagazin. - 2002, 10. - URL: http://www.manager-magazin.de/magazin/artikel/0,2828,214496-2,00... - Zugriff am 2008-11-22.  - Vgl.: Werle, Klaus: Manager privat. - In: Managermagazin. - 2008, 12. - S. 226 - 232. - Vgl.: Student, Dietmar: Unter Alpha-Männern : Roland Berger, der Ratgeber der Republik öffnet sein Privatarchiv. - In: Managermagazin. - 2008, 12. - S. 33 - 51]

[Einen sehr interessanten ausführlichen Artikel zum Thema findet man in Wikipedia, leider sind dort keine Quellen nachgewiesen. Daraus:

 

"Die wechselseitigen Beteiligungen 


Abb.: Ein Auszug der Deutschland AG



"Bei einer Auflösung der Deutschland AG, besteht zudem ein wesentliches Problem darin, dass die Börsenkapitalisierung der internationalen Konkurrenz in der jeweiligen Branche teilweise ein Vielfaches beträgt. Gemessen in der Fusionswährung Aktien sind deutsche Firmen somit billig zu haben. Demnach besteht besonders bei Unternehmen mit breiter Aktienstreuung die Gefahr der feindlichen Übernahme. Die rot-grüne Bundesregierung hatte unter anderem deswegen ein „Turboprogramm“ zur Förderung der Aktienkurse aufgelegt (Steuerreform, Steuerfreiheit für Verkauf von Beteiligungen)."

[Quelle: Deutschland AG. - In: Wikipedia. - [2005?]. -  http://de.wikipedia.org/wiki/Deutschland_AG. -- Zugriff am 2005-12-02 und 2008-11-24]


4. Asiatische Beziehungsnetzwerke


Stark vereinfachend kann man in Asien folgende wirtschaftlichen Strukturen unterscheiden, die sich auf Beziehungsmanagement stützen:

[Nach: Hiscock, Geoff: Asiens Club der Einflussreichen : das Who is who der asiatischen Geschäftswelt. -- Frankfurt/Main [u.a.] : Campus-Verl., 1999. -- 420 S. : Ill. ; 22 cm. -- Originaltitel: Asia's wealth club (1997). -- ISBN: 3-593-36019-5. -- S. 24]


5. Weiterführende Ressourcen



Abb.: Einbandtitel

Hiscock, Geoff: Asiens Club der Einflussreichen : das Who is who der asiatischen Geschäftswelt. -- Frankfurt/Main [u.a.] : Campus-Verl., 1999. -- 420 S. : Ill. ; 22 cm. -- Originaltitel: Asia's wealth club (1997). -- ISBN: 3-593-36019-5.

Hiscock, Geoff: Asia's new wealth club : who's really who in twenty-first century business : the top 100 billionaires in Asia. -- Naperville, Ill. : N. Brealey, 2000. -- 348 S. ; 23 cm.  -- ISBN: 185788163X.


Zu Teil 1: Japan: Keiretsu (系列)