Materialien zur buddhistischen Psychologie

5. Bewusstseinsprozesse: Visuddhimagga

1. Einführung


von Alois Payer

mailto: payer@payer.de


Zitierweise / cite as:

Payer, Alois: Materialien zur buddhistischen Psychologie. -- 5. Bewusstseinsprozesse: Visuddhimagga. -- 1. Einführung. -- Fassung vom 2007-01-06. -- URL: http://www.payer.de/buddhpsych/psych051.htm     

Erstmals publiziert: in Bearbeitung

Überarbeitungen:

Anlass: Lehrveranstaltung Wintersemester 2006/2007

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Abb.: Nyanatiloka <1878 - 1957>, Island Hermitage, ca. 1930 [Bildquelle: http://www.buddhistisches-haus.de/en/picturebook/mixed/mixed-old.html. -- Zugriff am 2006-12-27]

In den Vorworten zu seiner bahnbrechenden Übersetzung des Visuddhimagga gibt der deutsche Mönch Nyanatiloka <1878 - 1957> folgende Einführung in den Visuddhimagga:

"Vorwort zur 1. Auflage  

Der hier zum ersten Male in deutscher Übersetzung vorliegende Visuddhi-Magga, der "Weg zur Reinheit", bildet unter den uns in der Pālisprache erhaltenen Werken die bedeutendste und umfangreichste Darstellung des gesamten buddhistischen Lehrgebäudes.

Der Autor unseres Werkes ist der im 5. Jahrhundert n. Chr. lebende berühmte buddhistische Kommentator Buddhaghosa. Die einzigen aus seiner Zeit stammenden Berichte über sein Leben und Wirken sind in den Einleitungen zu seinen eigenen Werken enthalten. Weitere Mitteilungen macht der im 13. Jahrhundert lebende Dhammakitti in der von ihm verfassten Fortsetzung zu der ceylonesischen "Grossen Chronik", dem Mahāvaṃsa. Fernerhin verfasste im 16. Jahrhundert ein burmesischer Mönch namens Mahāmaṅgala ein poetisches Werk ‘Buddhaghosuppatti’, "Die Geburt Buddhaghosa’s", das jedoch einen durchaus legendären Charakter trägt und daher hier nicht in Betracht kommen kann.

Nach den Berichten des Mahāvaṃsa fiel Buddhaghosa’s Geburt in die Regierungszeit des sinhalesischen Königs Mahānāma, der im Jahre 413 den Thron bestieg. Nach derselben Autorität wurde er zu Ghosa bei Buddhagayā geboren, und zwar als der Sohn eines Brahmanen namens Kesi.

Neben seinen in der Pālisprache abgefassten Kommentaren zu den hauptsächlichsten Werken des Tipiṭaka, die alle auf verschiedenen früheren sinhalesischen Kommentaren fußen (vgl. Nyanatiloka, Anguttara-Nikaya, Vorwort) werden ihm nur zwei eigene, und zwar zu Beginn seiner Autorenlaufbahn verfasste Werke zugeschrieben, nämlich der bereits vor seinem Aufenthalt in Ceylon abgefasste Nānodaya, (*) das "Aufgehen der Erkenntnis", und der in Ceylon verfasste Visuddhi-Magga.

(*) Dieses Werk ist uns im Pāli nicht mehr erhalten. Im Chinesischen aber soll es ein Werk dieses Namens geben, das vielleicht damit identisch ist, aber älter zu sein scheint als jenes.

In den Schlussversen zu seinem Vinaya-Kommentar Sāmantapāsādikā gibt Buddhaghosa an, dass er unter dem Ordensälteren Buddhamitta drei der damals noch existierenden sinhalesischen Kommentare studiert habe, nämlich den "Grossen Kommentar" (Mahā-Atthakathā), den "Grosses Floss" genannten Kommentar (Mahā-Paccarā-Atthakathā) und den Kurundī-Kommentar.

Nach den Berichten des Mahāvaṃsa wurde Buddhaghosa zum Buddhismus bekehrt von einem Mönche namens Revata, der ihm auch die Anregung gegeben haben soll, sich nach Anurādhapura zu begeben, um dort die buddhistischen Texte gründlich zu studieren. Wie im Mahāvaṃsa ferner berichtet wird, studierte er darauf im dortigen Mahā-Vihāra, dem "Grossen Kloster", unter dem Ordensälteren Saṅghapāla die Texte und verfasste dort als erstes den als sein bedeutendstes Werk geltenden Visuddhi-Magga, den "Weg zur Reinheit", der in systematischer Weise unter den drei Gesichtspunkten des Achtfachen Pfades, sīla, samādhi, paññā, d.i. Sittlichkeit, Geistessammlung, Einsicht, die gesamte buddhistische Erlösungslehre darstellt und in vimutti, der Erlösung, gipfelt.

Nun gibt es aber ein uns im Chinesischen erhaltenes Werk Cie-to-tao-lun, auf das bereits Bunyu Nanjo in seinem Tripiṭaka-Katalog und Takakusu im Journal der Pāli Text Society, 1896, p. 415 ff., hingewiesen haben, und das, genau so wie die chinesische Sāmantapāsādikā (Vinaya-Kommentar), eine Übersetzung aus dem Pāli ist, wie schon aus der einleitenden Verehrungsformel (Verehrung Ihm, dem Erhabenen, Heiligen, Vollkommen Erwachten!) geschlossen werden kann, und im Pāli Vimutti-Magga, der "Weg zur Erlösung", geheißen hat. Das Pāli-Original scheint uns für immer verloren gegangen zu sein, wenn es nicht ganz zufällig eines Tages in irgend einem alten Kloster, etwa bei Dambulla oder in dem Alu-Vihāra bei Matale in Ceylon, wieder entdeckt wird. Nach einer Abhandlung Dr. Nagai’s im Journal der Pāli Text Society, die mir der Autor in liebenswürdiger Weise im Manuskript überlassen hatte, soll dieses Werk von einem kambodischen Mönche Saṅghapāla (etwa dem Lehrer Buddhaghosa’s?) von Ceylon nach China gebracht und dort im Jahre 505 ins Chinesische übersetzt worden sein. Der Autor des uns verloren gegangenen Pāliwerkes Vimutti-Magga ist der Ordensältere Upatissa, der im 1. Jahrhundert n. Chr. in Ceylon gelebt haben soll. Nach Nagai’s Behauptung, und wie ich selber nun mit Hilfe meines japanischen Schülers Herrn Matsumoto festzustellen vermochte, ist der Visuddhi-Magga keineswegs Buddhaghosa’s ureigenes Werk, sondern erweist sich teilweise als eine Um- und Überarbeitung, bez. Erweiterung, von Upatissa’s Vimutti-Magga, wie denn auch alle anderen Werke Buddhaghosa’s nur in Überarbeitungen früherer sinhalesischer Werke bestehen. An einer von mir in Dhammapāla’s Kommentar zum Visuddhi-Magga entdeckten Stelle wird tatsächlich dieses Werk und Upatissa als dessen Autor mit Namen angeführt und hinsichtlich der zu erklärenden Stelle des Visuddhi-Magga gesagt, dass Buddhaghosa an jener Stelle auf das Werk Vimutti-Magga von Upatissa anspiele. Die in Frage kommende Stelle lautet: " 'ekacce’ ti Upatissattheram sandhāy’āha. Tena hi Vimutti-Magge tathā vuttaṃ." Auf deutsch: " 'Einige’ wird hier gesagt mit Beziehung auf den Ordensälteren Upatissa. Denn so wurde von ihm im Vimutti-Magga erklärt." Die hier von Buddhaghosa (p. 1024-1038) zitierte Stelle aus dem Vimutti-Magga deckt sich wörtlich mit der chinesischen Übertragung, welch letztere zu finden ist im Taisho Tripiṭaka (Tokyo 1925), Bd. 32, p. 410, obere Spalte.

Der aus dem Vimutti-Magga zitierte Pālitext lautet:

(Tisso cariyā pubbāciṇṇa-nidānā dhātu-dosa-nidānā cā ti ekacce vadanti.)

Pubbe (kira) iṭṭha-ppayoga-subha-kamma-bahulo rāga-carito hoti; saggā vā cavitvā idhūpapanno, pubbechedana vadhabandhana verakammabahulo dosa carito hoti nirayanāgayonīhi vā cavitvā idh'ūpapanno. Pubbe chedana-vadha-bandhana-vera-kamma-bahulo dosa-carito hoti; niraya-nāga-yonīhi vā cavitvā idh' ūpapanno. Pubbe majja-pāna-bahulo suta-paripuccā-vihīno ca moha-carito hoti, tiracchāna-yoniyā vā cavitvā idh'ūpapanno. (Evaṃ pubbāciṇṇa-nidānā ti vadanti.) Dvinnaṃ pana dhātūnaṃ ussannattā puggalo moha-carito hoti paṭhavī-dhātuyā ca āpo-dhātuyā ca. Itarāsaṃ dvinnaṃ ussannattā dosa-carito. Sabbāsaṃ samattā pana rāga-carito ti. Dosesu ca semhādhiko rāga-carito hoti, vātādhiko moha-carito; semhādhiko vā moha-carito, vātādhiko vā rāga-carito ti. (Evaṃ dhātu-dosa-nidānā ti vadanti.)

Die chinesische Übersetzung lautet:

 

Auch die Anspielung keci pana . . . icchanti (p. 1016 ff.) bezieht sich, wie ich festgestellt habe, auf den Vimutti-Magga, und zwar auf die Stelle, wo die vierzehn verschiedenen Naturen erklärt werden (Taisho Tripiṭaka, Bd. 32, p. 409, mittlere Spalte). Zum mindesten auffällig bleibt es, warum Buddhaghosa an beiden Stellen den Namen des Werkes oder Autors mit keinem Worte erwähnt. Wollte er etwa verheimlichen, dass sein Werk nur eine Überarbeitung eines anderen Werkes darstellt? In diesem Falle dürfte das Werk damals wohl kaum allgemein bekannt gewesen sein.

Da Buddhaghosa in den in der Einleitung enthaltenen Versen erklärt, dass er bei Abfassung des Visuddhi-Magga sich auf die Darlegungen der Insassen des "Grossen Klosters" stütze, so scheint es beinahe, als ob sein Lehrer Saṅghapāla und der gleichnamige Übersetzer des Vimutti-Magga ins Chinesische identisch seien.  

Obzwar also, wie gesagt, beide Werke sich in allen Hauptpunkten decken, so ist doch der dem Vimutti-Magga zugrunde gelegte Vers ein anderer als der dem Visuddhi-Magga vorausgeschickte. Den Vers des ins Chinesische übertragenen Vimutti-Magga habe ich sofort erkannt als die wörtliche Übersetzung des Verses zu Aṅguttara-Nikāya, IV.1:

Sīlam samādhi paññā ca
Vimutti ca anuttarā:
Anubuddhā ime dhammā
Gotamena yasassinā.

"Island Hermittage" Dodanduwa, Ceylon, 18. August 1927, Nyanatiloka"

"Vorwort zur 2. Auflage

Nach beinahe 14 Jahren ununterbrochener Arbeit ist nunmehr die bald nach meiner Rückkehr aus Japan im Mai 1926 begonnene und inzwischen teilweise veröffentlichte (1931: I-IV; 1935: V-VII) Übersetzung des Visuddhi-Magga endlich am 15. Januar 1940 zum Abschluss gelangt, und zwar wiederum in der Kriegsgefangenschaft, genau wie auch mein fünfbändiger Aṅguttara-Nikāya im Jahre 1917 während des letzten Weltkrieges in meiner Gefangenschaft im Polizeigefängnis zu Hankow [漢口] im Innern Chinas seinen Abschluss erlebt hat.

Die außerordentliche Wichtigkeit und Bedeutung dieser die gesamten Lehren des Vinaya-, Sutta- und Abhidhamma-Piṭaka in sich einschließenden und erklärenden, umfangreichsten und tiefgründigsten systematischen Darstellung des buddhistischen Lehrgebäudes ist schon früh von den östlichen wie westlichen Gelehrten erkannt oder geahnt worden. Man vergleiche zum Beispiel die interessante Besprechung von C. H. de Silva in der Zeitschrift "The Buddhist", 1891, und bedenke das in derselben Nummer der Zeitschrift gemachte großmütige Anerbieten des Colonel Olcott für denjenigen, der sich bereit erklärt, die Übersetzung dieses Werkes zu unternehmen. Der Visuddhi-Magga ist also, wie bereits hier angedeutet, als ein systematisch geordneter Gesamtkommentar des ganzen Tipiṭaka zu betrachten, und er wird auch stets als Atthakathā, d.i. Kommentar, bezeichnet. Hier finden sich die bedeutendsten Stellen aus fast allen Büchern des Pāli-Kanons, und zwar teils als Belege, teils als Ausgangspunkte der Darlegungen.

Was den Aufbau des Werkes anbetrifft, so zerfällt der Visuddhi-Magga oder "Weg zur Reinheit" - d.i. der Weg zur Erlösung von allen Leidenschaften und den dadurch bedingten Leiden - in 3 Hauptteile: Sittlichkeit, Geistesschulung und Wissen, deren Verwirklichung sich durch die sog. 7 Arten der Reinheiten vollzieht; und eben diese bilden für das ganze Werk das Gerüst. Die beiden einzigen Stellen im Sutta-Pitaka, wo diese 7 Reinheiten aufgezählt werden, sind die Sutten D. 34 und M. 24. In letzterer Sutte wird außerdem noch der Zweck dieser 7 Reinheiten durch das Gleichnis vom Wagengespann erläutert. Der eigentliche und letzte Zweck des Heiligen Lebenswandels, heißt es da, besteht nicht etwa in Reinheit der Sittlichkeit, des Geistes oder des Erkennens usw., sondern in restloser Erlösung und Erlöschung. Wie man da das erste Gefährt besteigt und bis zum zweiten fährt, dann umsteigt und mit dem zweiten Gefährt bis zum dritten fährt usw.: so auch hat die Reinheit der Sittlichkeit die Reinheit des Geistes zum Ziele, diese die Reinheit des Erkennens, diese die Reinheit der Zweifelentrinnung, diese die Reinheit des Erkenntnisblickes mit Hinsicht auf Pfad und Nichtpfad, diese die Reinheit des Fortschreitenden Erkenntnisblickes, diese die Reinheit des Erkenntnisblickes, diese aber die hanglose Erlösung.

Was nun meine Übersetzung anbelangt, so vermag, wer keine Kenntnis des Pāli besitzt, sich keinen Begriff davon zu machen, mit welchen geradezu unerhörten Schwierigkeiten ich oft beim Übersetzen dieses von philologischen wie philosophischen Subtilitäten strotzenden Werkes zu kämpfen hatte. Immerhin hätte ich meine Übersetzung einige Jahre früher fertig stellen können, hätten die Schwierigkeiten, in diesen außerordentlich ungünstigen Zeiten einen geeigneten Verleger zu finden, sowie das für derartige Werke mangelnde Interesse und Verständnis des heutigen Abendländers mit seinem nach Außen hin gerichteten materialistischen Denken mich nicht des öfteren jeder Hoffnung beraubt. Dass ich die Übersetzung dennoch nun beendet habe und sogar, mit Hilfe meines Schülers, des Bhikkhu Nyanamalita, eine Notausgabe von 100 Exemplaren auf Wachsplatten herstellen konnte, ist nicht zum wenigsten dem Krieg und meiner dadurch bedingten Internierung zu verdanken, ein Beispiel, wie manchmal das Böse das Gute gebiert, oder in der exakten Sprache des Paṭṭhāna ausgedrückt: - akusala-dhammo kusalassa dhammassa upanissaya-paccayena paccayo, d.i. "Das Unheilsame mag für das Heilsame eine Bedingung sein im Sinne eines Anlasses."

Erwähnen möchte ich hier, dass der von mir in der Vorrede zur 1. Auflage des 1. Bandes (Benares-Verlag, München, 1931) erwähnte chinesische Vimutti-Magga des Upatissa, auf dem Buddhaghosa seinen Visuddhi-Magga aufgebaut hat, in der Zwischenzeit von dem japanischen Priester Rev. Ehara in englischer Übersetzung als Manuskript veröffentlicht worden ist. Der Übersetzer war so liebenswürdig, mich mit einem Exemplar zu beehren, wofür ich ihm an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank aussprechen möchte. Beim Vergleichen beider Werke ist es nun jedermann möglich, die in meinem Vorwort zur 1. Auflage hervorgehobene Tatsache selber festzustellen, dass nämlich in Wirklichkeit der Visuddhi-Magga "keineswegs Buddhaghosa’s ureigenes Werk" ist, sondern "eine Um- und Überarbeitung und - z. T. allerdings sehr geniale - Erweiterung von Upatissa’s Vimutta-Magga" darstellt und sich an vielen Stellen wörtlich damit deckt.

Die von mir gemachte wichtige Entdeckung der Stelle im Kommentar zu Visuddhi-Magga (Burm. Ausg. p. 113), wo tatsächlich mit Namen sowohl auf den Vimutti-Magga als auch Upatissa als dessen Autor hingewiesen wird, wird in der gründlichen Studie 'Vimutti-Magga und Visuddhi-Magga’, A comparative study by Prof. Bapat, Poona 1937, in gebührender Weise anerkannt, wohingegen Dr. Gokhale in seiner Dissertation über den chinesischen Pratītyasamutpāda-śāstra des Ullanga, Bonn 1930, p. 10, Anm. 2, den Tatsachen widersprechend berichtet, dass Dr. Matsumoto, mein ehemaliger Schüler, der Entdecker sei - allerdings mit dem Zusatz, dass ich auch einen gewissen Anteil an der Entdeckung habe!  

Ich habe hier noch anzuführen, dass nun schon seit einer Reihe von Jahren die englische Übersetzung des Werkes durch den Burmesen Prof. Maung Tin fertig gedruckt vorliegt, dass ich aber beim Durchlesen der mir zugänglich gewesenen Teile an vielen Stellen geradezu die unglaublichsten Fehler und Missverständnisses entdeckt habe, auf die in den Anmerkungen zu meiner Übersetzung hingewiesen ist, und dass infolge der Spärlichkeit der den Text erläuternden sachlichen Anmerkungen und Hinweise es dem Leser beim besten Willen unmöglich ist, eine ganze Reihe der wichtigsten Texte überhaupt zu verstehen. Leider waren mir von der Tin’schen Übersetzung einige Teile vorläufig nicht zugänglich, die ich aber möglicherweise noch Gelegenheit haben werde im Nachtrage einer kritischen Besprechung zu unterziehen.

Wenn man in dem Werke nun bisweilen auch auf solche Stellen stößt, die nicht den ursprünglichen und echten Geist der Lehre atmen, wie etwa in das Werk aufgenommene volkstümliche Traditionen, Erbauungsetymologien u. dgl., und daher neben den tiefsinnigsten Gedanken gelegentlich auch Minderwertige oder Unwesentliches anzutreffen ist, oder klare Erkenntnislehren bisweilen von theoretischen Spekulationen gefolgt werden, so tritt doch der vorgezeichnete Erlösungsweg überall klar und deutlich zutage; und wie ein leuchtender roter Faden zieht sich durch das Ganze die den Kernpunkt dieses Erlösungswege bildende Lehre von der Nichtigkeit, Leerheit und Unpersönlichkeit alles Dasein und Geschehens sowie der Bedingtheit aller Daseinsphänomene, beleuchtet durch oft geradezu klassische Erklärungen und Gleichnisse.

Bei Herstellung dieser ersten Gesamtübersetzung war ich bemüht, das Ganze durchaus einheitlich zu gestalten. Ich hatte daher die bereits veröffentlichter 7 Teile des Werkes einer gründlichen Überarbeitung zu unterwerfen und überall einheitliche Bezeichnungen für die technischen Begriffe einzuführen, häufig auch Fußnoten zu streichen, wenn die zu erklärenden Gegenstände bereits an andere Stelle des Werkes ausführlich behandelt sind.

Zur ferneren Aufgabe habe ich mir gestellt, dem Leser die Lektüre der oft recht schwierigen Gedankengänge zu erleichtern und habe dies in mancherlei Weise zu erreichen versucht. So habe ich z. B. hinter wichtigen Lehrbegriffen zwecks prägnanter Definitionen häufig auf mein Buddhistisches Wörterbuch oder auf andere Stellen des Werkes verwiesen, oder auch auf die am Ende befindliche Tabelle. Des Weiteren habe ich eine Reihe längerer aufklärender Artikel als Anmerkungen beigefügt, wie über das Wesen des Achtfachen Heilspfades, der 4 Edlen Wahrheiten, der 5 Daseinsgruppen usw., desgl. einige tabellarische Übersichten. Dann habe ich das hinter unvollständig gegebenen Zitaten oder Begriffsaufzählungen sich findende 'usw.’ Meistens Ausgelassen und das Zitat vollständig wiedergegeben. Auch habe ich der größeren Klarheit halber bisweilen für ein Demonstrativpronomen das dadurch angedeutete Wort eingesetzt. Außerdem habe ich der besseren Übersicht wegen vielfach den Text richtig gruppiert und mit Überschriften versehen. Hinter den technischen Begriffen hielt ich es wiederholt für nötig, das entsprechende Pāliwort in Klammern beizufügen.

Im Anhang des Werkes biete ich sorgfältig gearbeitete Register in deutsch und Pāli und außerdem als Ergänzung zum PTS. Pāli Dictionary eine, wenn auch nicht vollständige Liste von Worten aus dem Visuddhi-Magga, die z. T. im Pāli Dictionary überhaupt fehlen, z. T. nicht in solcher Bedeutung oder Form zu finden sind.

Hier möchte ich noch meinem Schüler, dem Bhikkhu Nyanamalita, meine große Anerkennung aussprechen für den unermüdlichen Eifer, mit dem er mir beim Korrigieren und Gruppieren des Manuskriptes und beim Herstellen des Pāliregisters geholfen hat. Ihm gebührt auch das Hauptverdienst bei Anfertigung der eben erwähnten Ergänzung zum Pāli Wörterbuch.

Als Textvorlagen zu meiner Übersetzung dienten mir:

  1. Die Ausgabe der Pāli Text Socicty, London, 1920, 21.
  2. Die sinhalesische Pāli-Ausgabe des Simon Hewavitarne Bequest, Colombo 1920 (am zuverlässigsten!).
  3. Die sinhalesische Ausgabe von Saddhatissa.
  4. Die sinhalesische Ausgabe von Dharmaratna, 1890.
  5. Die burmesische Ausgabe von Saya U. Pye, Pyi Gyi Mundyne Pitaka Press, Rangoon.
  6. Der in Parākramabāhu’s sinhalesischer Paraphrase eingestreute Pālitext.

Von Kommentaren und Übersetzungen standen mir folgende zu Gebote:

  1. Dhammapāla’s Kommentar in siamesischer, burmesischer (U. Pye) und teilweise sinhalesischer Ausgabe.
  2. Parakramabāhu’s sinhalesische Paraphrase zu I-XIII, 1890.
  3. Dharmaratna’s sinhalesische Erläuterung (I-XIII).
  4. Buultjens’ Teilübersetzung (bis p. 95 10 der PTS. Ausg.) in The Buddhist, Colombo.
  5. Maung Tin, The Path of Purity, London 1923 usw. (Einige Teile fehlten mir).
  6. Die wenigen verstreuten Texte in Warren, Buddhism in Translations, Cambridge, Mass. 1909.

"Internment Camp" Diyatalawa, Ceylon, 1941

Nyanatiloka"

[Quelle: Buddhaghosa <5. Jhdt. n. Chr.>: Visuddhi-magga oder Der Weg zur Reinheit : Die größte und älteste systematische Darstellung des Buddhismus / Zum ersten Male aus dem Pāli übersetzt von Nyanatiloka. -- 2. Aufl. -- Konstanz : Christiani, 1952. -- XV, 981 S. : 1 Faltbl. ; 25 cm. -- S. VII - XIV. -- Online ist die ganze Übersetzung zugänglich: http://www.Pālikanon.com/visuddhi/vis_idx.html. -- Zugriff am 2006-12-27]

Ausgabe:

Es gibt Ausgaben in singhalesischer, birmanischer und thai-Schrift. Am leichtesten zugänglich ist in gedruckter Form die Ausgabe in Transliteration:

Buddhaghosa <5. Jhdt. n. Chr.>: Visuddhimagga of Buddhaghosācariya / edited by Henry Clarke Warren [1854 - 1899], rev. by Dharmananda Kosambi [1907 - 1966]. -- Cambridge : Harvard University Press, 1950. - XXI, 617 S. ; 26 cm. -- (Harvard oriental series ; 41)

Zu Dharmananda Kosambi siehe:

Payer, Alois <1944 - >: Materialien zum Neobuddhismus.  --   8. Buddhismus in Indien. -- 1. Bis 1956. -- Fassung vom 2005-07-01. -- URL: http://www.payer.de/neobuddhismus/neobud0801.htm

Online ist in Transliteration einfach zugänglich:

Die birmanische Ausgabe: http://www.tipitaka.org/roman/e0101n/e0101n-frm.html. -- Zugriff am 2006-12-27

Übersetzungen:

Buddhaghosa <5. Jhdt. n. Chr.>: Visuddhi-magga oder Der Weg zur Reinheit : Die größte und älteste systematische Darstellung des Buddhismus / Zum ersten Male aus dem Pāli übersetzt von Nyanatiloka. -- 2. Aufl. -- Konstanz : Christiani, 1952. -- XV, 981 S. : 1 Faltbl. ; 25 cm. -- ISBN (des unveränderten Nachdrucks der 3. Aufl.) 978-3931274092. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}. -- Pionierübersetzung.

Online ist diese Übersetzung zugänglich: http://www.Pālikanon.com/visuddhi/vis_idx.html. -- Zugriff am 2006-12-27



Abb.: Einbandtitel

Buddhaghosa <5. Jhdt. n. Chr.>: The path of purification / Bhadantācariya Buddhaghosa. Transl. from the Pali by Bhikkhu Ñyāṇamoli. - Colombo : Semage, 1956. - XLIX, 886 S. ; 22 cm. -- Seither mehrere Nachdrucke bei Buddhist Publication Society, Kandy. -- Beste Übersetzung!


Abb.: Ñānamoli (Osbert Moore, 1905 - 1960), 1958-10-25
[Bildquelle: http://www.geocities.com/Athens/9366/pic2.htm. -- Zugriff am 2006-12-27] 

Zu Nyanatiloka und Ñāṇamoli siehe:

Payer, Alois <1944 - >: Materialien zum Neobuddhismus.  --  2. International. -- 3. Die ersten europäischen Mönche und Versuche der Gründung eines Vihâra auf dem europäischen Festland. -- Fassung vom 2005-07-30. -- URL: http://www.payer.de/neobuddhismus/neobud0203.htm

Der Vimuttimagga ist in Übersetzung aus dem Chinesischen zugänglich:

Upatissa <vor 500 n. Chr.>: The path of freedom / by Upatissa. Translated into Chinese (Gedatsu-dō-ron [chieh-t'o-tao-lun 解脱道論]) by Tipiṭaka Saṅghapāla of Funan [扶南]. Translated from the Chinese by N. R. M. Ehara, Soma Thera and Kheminda Thera. -- Kandy : Buddhist Publication Society, 1977. -- LXI, 363 S. ; 27 cm. -- Erstausgabe: Colombo : Weerasuria, 1961


Zu: 2. Text und Übersetzung von Visuddhimagga XIV, 110ff.