Internationale Kommunikationskulturen

7. Kulturelle Faktoren: Betriebskulturen und Entscheidungsfindung


von Margarete Payer

mailto: payer@hdm-stuttgart.de


Zitierweise / cite as:

Payer, Margarete <1942 - >: Internationale Kommunikationskulturen. -- 7. Kulturelle Faktoren: Betriebskulturen und Entscheidungsfindung. -- Fassung vom 2011-03-03. -- URL: http://www.payer.de/kommkulturen/kultur07.htm. -- [Stichwort].

Erstmals publiziert: 2001-03-07

Überarbeitungen: 2011-03-03 [kleinere Korrekturen]

Anlass: Lehrveranstaltung, HBI Stuttgart, 2000/2001. MBA der HdM und der Westsächsischen Hochschule Zwickau 2011

Unterrichtsmaterialien (gemäß § 46 (1) UrhG)

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Dieser Text ist Teil der Abteilung Länder und Kulturen von Tüpfli's Global Village Library


0. Übersicht



Dieses Kapitel umfasst 4 Teile:



Abb.:  Eine häufige Betriebskultur (©ArtToday)


1. Einleitung


Wer viel arbeitet, macht viele Fehler.
Wer nicht arbeitet, macht keine Fehler.
Wer keine Fehler macht, wird befördert und prämiert.

Witz, DDR, 1970er-Jahre

Selbstverständlich können in diesem Kapitel nicht alle, ja nicht einmal alle wichtigen Aspekte von Betriebskulturen und Entscheidungsfindung behandelt werden. Deshalb werden hier -- wie auch in anderen Kapiteln -- einige der für die internationale und interkulturelle Kommunikation wichtigen Punkte exemplarisch behandelt. Zweck ist nicht, ein Kompendium der Betriebsorganisation, Betriebspsychologie, Betriebssoziologie usw. zu geben, sondern für hierher gehörige Probleme zu sensibilisieren.


2. Zwei "Gesichter" von Arbeit


Zur Beurteilung von Betriebskulturen, Betriebsorganisationen und anderen die Arbeit bestimmenden Faktoren muss man sich vor Augen halten, dass es weltweit immer mindestens zwei "Gesichter" von Arbeit gibt:

"Beruf sowohl wie Arbeit treten dem Einzelnen mit zwei verschiedenen Gesichtern entgegen, wie der Psychologe Kurt Lewin 1920 feststellte:.

[Lewin, Kurt <1890 - 1947>: Die Sozialisierung des Taylor-Systems. -- In: Schriftenreihe Praktischer Sozialismus. -- 4 (1920). -- S. 11f. -- Zitiert in: Ulich, Eberhard <1929 - >: Arbeitspsychologie. -- 4., neu überarbeitete und erweiterte Aufl. -- Stuttgart : Schäffer-Poeschel, 1998. -- ISBN 3971011448. -- S. 14f. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}]


3. Arbeitszufriedenheit


 


Abb.: Zufriedenheit ist subjektiv: "Die Frau. -- früher: Die Unzufriedene". -- Zeitschriftenkopf, Wien, 1949

Auch ist die Bewertung einer Arbeit subjektiv sehr unterschiedlich. Schon 1912 stellte der Begründer der Wirtschaftspsychologie, Hugo Münsterberg (1863 - 1916) erstaunt fest:

"Ich habe einige Zeit hindurch in jeder größeren Fabrik, die ich besuchte, mich bemüht, diejenige Arbeit herauszufinden, die vom Standpunkt des Außenstehenden als die denkbar langweiligste sich darbot, und habe dann die Arbeiter in ausführliche Gespräche gezogen und zu ermitteln gesucht, wieweit die bloße Wiederholung, besonders wo sie sich Jahre hindurch fortsetzt, als Pein empfunden wird. In einem elektrischen Werk mit über 10 000 Angestellten gewann ich den Eindruck, dass die Prämie einer Frau gehörte, welche seit zwölf Jahren tagaus, tagein von früh bis spät Glühlampen in einen Reklamezettel einwickelt, und zwar durchschnittlich diesen Wickelprozess 13 000 mal im Tage vollendete. Die Frau hat etwa 50 millionenmal mit der einen Hand nach der Glühbirne und mit der anderen Hand nach dem Zettelhaufen gegriffen und dann kunstgerecht die Verpackung besorgt. Jede einzelne Glühlampe verlangte etwa 20 Fingerbewegungen. Solange ich die Frau beobachtete, konnte sie 25 Lampen in 42 Sekunden einpacken, und nur wenige Male stieg die Zeit auf 44 Sekunden. Je 25 Lampen hüllten eine Schachtel und durch die Schachtelpackung wurde dann auch wieder ein kurzer Zeitraum ausgefüllt. Die Frau war aus Deutschland gebürtig, und es machte ihr offenbar Vergnügen, sich mit mir über ihre Tätigkeit auszusprechen. Sie versicherte mir, dass sie die Arbeit wirklich interessant fände und fortwährend in Spannung sei, wie viel Schachteln sie bis zur nächsten Pause fertigstellen könnte. Vor allem gäbe es fortwährend Wechsel, einmal greife sie die Lampe, einmal das Papier nicht in genaugleicher Weise, manchmal liefe die Packung nicht ganz glatt ab, manchmal fühle sie selbst sich frischer, manchmal ginge es langsam vorwärts, aber es sei doch immer etwas zu bedenken.

Gerade das war im wesentlichen die Stimmung, die mir meistens entgegenkam. In den gewaltigen McCormick-Werken in Chicago suchte ich lange, bis ich die Arbeit fand, die mir am ödesten schien. Auch hier traf ich zufällig auf einen Deutsch-Amerikaner. Er hatte dafür zu sorgen, dass eine automatische Maschine beim Niederdrücken ein Loch in einen Metallstreifen schnitt, und zu dem Zweck hatte er immer neue Metallstreifen langsam vorwärts zu schieben. Nur wenn der Streifen nicht ganz die richtige Stellung erreicht hatte, konnte er durch einen Hebel die Bewegung ausschalten. Er machte täglich etwa 34 000 Bewegungen und führte das seit 14 Jahren durch. Auch er fand die Arbeit interessant und anregend. Im Anfang, meinte er, wäre es manchmal ermüdend gewesen, aber dann später wäre die Arbeit ihm immer lieber geworden.
Nun habe ich auf der anderen Seite nicht selten auch Arbeiter und Arbeiterinnen gefunden, die, wie es dem Außenstehenden erscheinen musste, eigentlich wirklich interessante und abwechslungsreiche Arbeit hatten und die dennoch über die langweilige monotone Fabrikarbeit klagten. Alles schien mir deshalb dafür zu sprechen, dass das Gefühl der Monotonie sehr viel weniger von der Art der Arbeit als von gewissen Dispositionen des Individuums abhängt." 

[Münsterberg, Hugo <1863 - 1916>: Psychologie und Wirtschaftsleben. -- Leipzig : Barth, 1912. -- S.116f. -- Zitiert in: Ulich, Eberhard <1929 - >: Arbeitspsychologie. -- 4., neu überarbeitete und erweiterte Aufl. -- Stuttgart ; Schäffer-Poeschel, 1998. -- ISBN 3971011448. -- S. 14f. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}]


4. Leistungsvorteile der Gruppe


Gruppen können einen Leistungsvorteil haben u.a. nach folgenden Prinzipien:

Kräfte-Addition (bei Zusammenarbeit, Arbeitsteilung)


Abb.: Kräfte-Addition (©ArtToday)

Fehlerausgleich bei Suchen und Beurteilen 


Abb.: Vier Augen sehen mehr als zwei: Lise Meitner (1878 - 1968) und Otto Hahn (1879 - 1968, Nobelpreis 1944), die zusammen die Kernspaltung entdeckten

Bestimmen (Entscheiden, Normieren)


Abb.: Konferenz von Jalta (Krim, Ukraine), Februar 1945, bei der der amerikanische Präsident Franklin Delano Roosevelt, der britische Premierminister Winston Churchill und der sowjetische Staatsführer Jossif Stalin die Grundlagen für die Ordnung in Europa nach Kriegsschluss legten. Diese Beschlüsse waren bis 1989 entscheidend für die ganze Weltpolitik (Bildquelle: National Archives and Records Administration, USA, Public Domain)

Eine auch heute noch äußerst lesenswerte Darlegung der Gruppenleistungen ist:

Hofstätter, Peter R. <1913 - >: Gruppendynamik : die Kritik der Massenpsychologie. -- Reinbeck : Rowohlt, ©1957. -- 194 S. : Ill. -- (rde ; 38)


5. Weiterführende Ressourcen


5.1.  Internetressourcen


American Management Association (AMA). -- URL: http://www.amanet.org/index.htm. -- Zugriff am 2001-01-02; 2011-03-03

The Diversity Training Group (DTG). -- URL: http://www.diversitydtg.com/. -- Zugriff am 2001.01.17; 2011-03-03. -- ["Providing consulting and training in Diversity <d.h. multikulturellem Personal>, Executive Coaching, Mentoring, Gender Equity, Sexual Harassment Prevention, Multicultural / Diversity Marketing"]

DiversityInc.com. -- URL: http://www.diversityinc.com/. -- Zugriff am 2001-01-17; 2011-03-03. -- ["one-stop source of information on how diversity affects companies' relationships with their key stakeholders: employees, suppliers, customers and investors."]

Managementwissen online. -- URL: http://www.mwonline.de/db/home/. -- Zugriff am 2011-03-03. -- [Abstracts zu vielen Zeitschriftenartikeln]


5.2. Ressourcen in Printform


Adams, Scott: Das Dilbert Prinzip : die endgültige Wahrheit über Chefs, Konferenzen, Manager und andere Martyrien. -- München : Heyne, 2000. -- 330 S. : Ill. -- (Heyne Bücher ; 1050). -- ISBN 3453148304. -- Originaltitel: The Dilbert Principle (1996). -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}

Becker, Fred G. : Lexikon des Personalmanagements. -- München : dtv, ©1994. -- 448 S. : Ill. -- (dtv ; 5872). -- ISBN 3423058722. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}

Gestmann, Michael: Sabotage am Arbeitsplatz : warum Mitarbeiter Ihrem Unternehmen bewusst schaden und wie Sie es verhindern können. -- Landsberg : mvg, ©1998. -- 235 S. -- ISBN 347872340X. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}

Gonschorrek, Ulrich <1929 - > ; Gonschorrek, Norbert <1959 - >: Managementpraxis von A bis Z : Leitfaden durch die aktuellen Managementkonzepte. -- Frankfurt a. M. : Frankfurter Allgemeine Zeitung, ©1999. -- 456 S. -- ISBN 3933180171. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}

Das große Handbuch der Strategiekonzepte : Ideen, die die Businesswelt verändert haben / Hermann Simon (Hrsg.). -- 2. Aufl. --  Frankfurt a. M. [u.a.] : Campus, ©2000. -- 425 S. -- ISBN 3593364107. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}

McKenna, Eugene F.: Business psychology and organisational behaviour : a student's handbook. -- 3. ed. -- Hove : Psychology Press, ©2000. -- 698 S. : Ill. -- ISBN 0863776671. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}

Ogger, Günter <1941 - >: Macher im Machtrausch : Deutschlands Manager auf gefährlichem Kurs. -- München : Droemer, ©1999. -- 352 S. -- ISBN 3426271672. --[Sehr empfehlenswert]. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}

Ogger, Günter <1941 - >: Nieten in Nadelstreifen : Deutschlands Manager im Zwielicht. -- Mit einem aktuellen Nachwort versehene Taschenbuchausgabe. -- München : Knaur, 1995. -- 276 S. -- (Knaur Taschenbuch ; 77136). -- ISBN 3426771365. -- [Sehr empfehlenswert]. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}

Rothlauf, Jürgen: Interkulturelles Management : mit Beispielen aus Vietnam, China, Japan, Rußland und Saudi-Arabien. -- München [u.a.] : Oldenvourg, 1999. - XXIV, 431 S. - (WiSo-Lehr- und Handbücher). -- ISBN 3-486-25170-8

Schulte-Zurhausen, Manfred: Organisation. -- 2., völlig überarbeitete und erweiterte Aufl. -- München : Vahlen, ©1999. -- 561 S. : Ill. -- ISBN 3800624052. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}

Schur, Wolfgang <1961 - > ; Weick, Günter <1958 - >: Wahnsinnskarriere : wie Karrieremacher tricksen, was sie opfern, wie sie aufsteigen. -- Frankfurt a. M. : Eichborn, ©1999. -- 251 S. -- ISBN 3821815612. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}

Sennet, Richard <1943 - >: Der flexible Mensch : die Kultur des neuen Kapitalismus. -- 3. Aufl. -- [o.O.] : Siedler, ©1998. -- 223 S.  -- Originaltitel: The corrosion of charracter (1998). -- ISBN 344275576X. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}

Staute, Jörg <1964 - >: Das Ende der Unternehmenskultur : Firmenalltag im Turbokapitalismus. --  Frankfurt a. M. [u.a.] : Campus, ©1997. -- 222 S. -- ISBN 3593357909. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}

Steinberg, Rafael: Mensch und Organisation. -- Amsterdam : Time-Life, ©1976. -- 176 S. : Ill. -- (Menschliches Verhalten)

Ulich, Eberhard <1929 - >: Arbeitspsychologie. -- 4., neu überarbeitete und erweiterte Aufl. -- Stuttgart ; Schäffer-Poeschel, 1998. -- 672 S. : Ill. -- ISBN 3971011448. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}

Weinert, Ansfried B.: Organisationspsychologie : ein Lehrbuch. - 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Aufl.. -- Weinheim : PsychologieVerlagsUnion, ©1998. -- 823 S. : Ill. -- ISBN 3621273999. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}

Zentes, Joachim <1947 - > ; Swoboda, Bernhard <1965 - >: Grundbegriffe des internationalen Managements. -- Stuttgart  : Schäffer-Poeschel, ©1997. -- 391 S. : Ill. -- (Sammlung Poeschel). -- ISBN 3791092162. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}


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