Kulturen von Arbeit und Kapital

Teil 2: Kapital und Arbeit

4. Tarifvertrag / Gesamtarbeitsvertrag / Kollektivvertrag / collectieve arbeidsovereenkomst


von Margarete Payer

mailto: payer@payer.de


Zitierweise / cite as:

Payer, Margarete <1942 - >: Kulturen von Arbeit und Kapital. -- Teil 2: Kapital und Arbeit. -- 4. Tarifvertrag / Gesamtarbeitsvertrag / Kollektivvertrag / collectieve arbeidsovereenkomst. -- Fassung vom 2008-01-17. -- URL: http://www.payer.de/arbeitkapital/arbeitkapital0204.htm     

Erstmals publiziert: 2005-10-18

Überarbeitungen: 2008-01-17; 2005-10-27 [Aufteilung in Kapitel; Ergänzungen]; 2005-10-26 [Ergänzungen]; 2005-10-21 [Ergänzungen]

Anlass: Lehrveranstaltung an der Hochschule der Medien Stuttgart, Wintersemester 2005/06; WS 07/08

Copyright: Dieser Text steht der Allgemeinheit zur Verfügung. Eine Verwertung in Publikationen, die über übliche Zitate hinausgeht, bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Verfassers.

Creative Commons-Lizenzvertrag
Diese Inhalt ist unter einer Creative Commons-Lizenz lizenziert.

Dieser Text ist Teil der Abteilung  Länder und Kulturen von Tüpfli's Global Village Library


Bestandteil dieses Kapitels ist auch:

Payer, Margarete <1942 - >: Internationale Kommunikationskulturen. -- 7. Kulturelle Faktoren: Betriebskulturen und Entscheidungsfindung. 3. Teil III: Arbeitnehmerkoalitionen, Mitbestimmung  und Solidaritätsgruppen. -- URL: http://www.payer.de/kommkulturen/kultur073.htm


Tarifvertrag / Gesamtarbeitsvertrag / Kollektivvertrag / collectieve arbeidsovereenkomst
(collective agreement)



Abb.: Arbeits-Vertrag abgeschlossen zwischen den Herren Drahtwaren-Fabrikanten von Hannover-Linden und dem Deutschen Metallarbeiter-Verband Verwaltung Hannover-Linden. -- 1911

Ein Tarifvertrag ist ein Vertrag zwischen Tarifvertragsparteien.  In Österreich nennt sich dieser Vertrag Kollektivvertrag. In der Schweiz spricht man von Gesamtarbeitsvertrag, dieser ist die Grundlage für jeden Arbeitsvertrag eines bestimmten Berufes bzw. in einer Branche. Es gibt neben den gesamtschweizerischen Gesamtarbeitsverträgen auch kantonale, wobei sowohl die Kantonsregierung als auch die Bundesregierung einen Vertrag allgemeinverbindlich erklären kann. Es müssen sich dann alle Arbeitgeber daran halten. Im folgenden geht es um Tarifverträge in Deutschland.


Deutschland-spezifisch

Der Tarifvertrag ist ein wichtiges Element für eine freie und autonome Gestaltung der Arbeitsbedingungen auf Betriebs- bzw. Branchenebene. Da in einem Tarifvertrag die Arbeits- und Einkommensbedingungen festgelegt werden, haben Tarifverträge eine wichtige Funktion in einem Sozialstaat. Man erinnere sich an den Slogan "Samstags gehört mein Papa mir". Tarifverträge sind keine Gesetze, aber immer wieder wurden Regelungen, die sich in Tarifverträgen bewährt haben, in Gesetze aufgenommen. Schon im Grundgesetz Artikel 9 Absatz 3 ist die für die Tarifautonomie so wichtige Koalitionsfreiheit festgelegt. Es geht nicht nur darum die Rechte von einzelnen abhängig Beschäftigten zu stärken sondern auch von Zusammenschlüssen solcher abhängig Beschäftigten. Tarifvertragsverhandlungen sind nicht Aufgabe des Staates, weshalb die Forderung, die beim Bahnstreik 2007 von einigen Seiten kam, die Bundesregierung solle ein Machtwort sprechen, nicht dem Grundgesetz entsprach. Selbstverständlich kann die Regierung versuchen die Verhandlungspartner an einen Tisch zu bringen.

Die Tarifverträge beruhen auf dem Tarifvertragsgesetz von 1949, daraus sollen hier einige wichtige Punkte genannt werden:

Wichtig ist weiterhin:

- der Flächen- oder Verbandstarifvertrag: er gilt für eine Branche oder Teile davon, entweder für eine Region oder das ganze Bundesgebiet. Der Vertrag ist verbindlich für die betroffenen Arbeitgeber und für die betroffenen Gewerkschaftsmitglieder. Nicht-Gewerkschaftsmitglieder könnten unter anderen Bedingungen angestellt werden (z.B. untertariflich). Ein Tarifvertrag kann sich nur auf eine Branche oder auf mehrere beziehen z.B. umfassen die Tarifverträge für die Metallindustrie neben Fahrzeugbau, Elektroindustrie auch Werften, Luft- und Raumfahrt usw. Für einen Betrieb ist es erstrebenswert nur einem Tarifvertrag zu unterliegen [ein Grund für die langen Verhandlungen mit der Gewerkschaft der Lokomotivführer 2007].

- die Firmen- bzw. Haustarifverträge werden von den Gewerkschaften einzeln mit den Firmen abgeschlossen.

- Lohn- und Gehaltstarifverträge: die Höhe der Grundvergütung wird in Form von Lohn- und Gehaltstabellen angegeben

- Lohn- bzw. Gehaltsrahmentarifverträge: es werden verschiedene Lohn- und Gehaltsgruppen festgelegt. Man definiert die Gruppenmerkmale und trifft Regelungen zur Entlohnung. Es kann z.B. unterschieden werden zwischen Arbeitern und Angestellten

- Manteltarifverträge: darin werden die für alle geltenden Bestimmungen festgelegt: z.B. Abmachungen zu Arbeitszeit (auch Schichtarbeit, Kurzarbeit), Urlaub, Probezeit, Kündigungsfristen.

Es ist zu beachten, dass es ein Nebeneinander oder besser ein Zusammenspiel von gesetzlichen Vorschriften zur Arbeitswelt und Regelungen aus einem Tarifvertrag gibt. Man kann grob drei Bereiche unterscheiden:

Beispiel ERA-Tarifvertrag der IG-Metall:

Der ERA-Tarifvertrag ist eine neue Art Tarifvertrag, mit dem man versucht eine faire Bezahlung zu erreichen, indem man sich an der Arbeitsaufgabe eines Mitarbeiters orientiert. Das Entgelt setzt sich zusammen aus dem

  1. Grundentgelt: ergibt sich aus den Anforderungen der Aufgabe

  2. Belastungsentgelt bzw. -zulage: ergibt sich aus der Belastungssituation

  3. Leistungsentgelt: wird gegeben auf Grund der persönlichen Leistung beim Erledigen der Arbeitsaufgabe

Die Arbeitsaufgabe wird danach bewertet, welche Anforderungen an den Arbeitnehmer gestellt werden. Es wird unterschieden zwischen

Innerhalb dieser Bereiche sind Merkmalstufen festgelegt, denen eine Punktzahl zugeordnet ist, wobei es im ersten Bereich Wissen und Können auch Punkte für Erfahrung nach Jahren gibt.

Eine bestimmte Anzahl von Punkten ergibt dann die Entgeltgruppe (EG 1 mit 6 Punkten bis EG 17 mit 64 und mehr Punkten). Z.B. Abgeschlossenes Fachhochschulstudium Wirtschaftsinformatik ergibt 24 Punkte, dazu Aufgaben mit schwieriger Erfassung und Verarbeitung von Information 5 Punkte, dazu selbständiger Einsatz bekannter Methoden und Hilfsmittel 11 Punkte, dazu Abstimmung über routinemäßige Einzelfragen bei häufig unterschiedlichen Voraussetzungen 5 Punkte und dazu Erläuterung der Ziele und Abklärung der Aufgabenstellung mit Anhörung der Mitarbeiter 3 Punkte. Insgesamt ergibt das 48 Punkte und entspräche der Entgeltgruppe 13 und ergäbe 3.175,01 Euro.

[die Angaben zum ERA-Tarifvertrag verdanke ich Frau Susanne Thomas von der IG-Metall Stuttgart.]

Auch für den öffentlichen Dienst gibt es seit 1.1.2007 einen neuen Tarifvertrag auf Bundes- und getrennt davon auf Landesebene (TVL), der leistungsbezogene Bezahlung einführt und u.a. die Trennung zwischen Arbeiter und Angestellten aufhebt.

"Elf gute Gründe für einen Tarifvertrag
  1. Transparenz. Tarifverträge schaffen Transparenz. Ein Blick in den Tarifvertrag und Sie wissen, was Ihnen an Gehalt, Urlaub und anderen Leistungen zusteht - so wird der Bezahlung nach „Nase", Geschlecht und Sympathie vorgebeugt. Tarifliche Regelungen schützen Sie vor Benachteiligungen.
  2. Planbarkeit. Die Zukunft wird für Sie planbar. Denn Gehälter und Rahmenbedingungen, wie Arbeitszeitregelungen, sind für die Tariflaufzeit, mindestens ein Jahr, festgeschrieben. Und darauf können Sie sich dann auch verlassen.
  3. Nachwirkung. Ist ein Tarifvertrag gekündigt worden, gilt er solange weiter, bis ein neuer geschlossen wird. Ihr Schutz und Ihre Rechte bestehen also fort.
  4. Sicherheit. Ein Tarifvertrag schützt Sie vor willkürlichen Änderungen Ihres Arbeitsvertrags. Denn sind Arbeitszeit, Urlaub und Gehalt durch Tarifverträge geregelt, kann der Arbeitgeber Ihnen nicht einfach per Änderungskündigung neue Bedingungen aufzwingen.
  5. Verbindlichkeit. Tarifverträge sind rechtlich bindend. Verstößt der Arbeitgeber als Tarifvertragspartner gegen seine Verpflichtungen, können Sie diese vor Gericht einklagen - genauso wie bei Verletzung Ihres individuellen Arbeitsvertrages.
  6. Vertragsfreiheit. Besser geht immer! Natürlich können Sie jederzeit einen Arbeitsvertrag aushandeln, der Ihnen bessere Bedingungen als die tariflichen bietet. Aber mit dem Tarifvertrag haben Sie erst einmal eine solide Ausgangsbasis, auf der sich aufbauen lässt - und auf die Sie sich zum Beispiel im Einstellungsgespräch berufen können.
  7. Mehrwert. Gesetze garantieren Mindestregelungen - Tarifverträge bieten Ihnen mehr: Mehr als 24 Tage bezahlter Urlaub, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Wochenendzuschläge und Ausgleichsregelungen, um ein paar Beispiele zu nennen, bekommen Sie meist nur per Tarifvertrag.
  8. Mitbestimmung. Als Arbeitnehmer können Sie persönlich am Tarifvertrag mitarbeiten, wenn Sie Mitglied einer Gewerkschaft sind - und damit aktiv die Lohn- und Gehaltsbedingungen mitgestalten. Denn wer wüsste besser als Sie und Ihre Kollegen, welche Bedingungen im Betrieb und in der Branche herrschen.
  9. Solidarität. Gemeinsam mit den anderen Beschäftigten haben Sie eine bessere Verhandlungsbasis. Nicht alle haben die nötigen Nerven und die Position gegenüber dem Arbeitgeber, wenn der Poker um bessere Bedingungen oder die jährliche Gehaltserhöhung beginnt.
  10. Arbeitgebervorteil. Ihr Arbeitgeber hat auch was davon. Nämlich eine verlässliche Kalkulationsgrundlage, was die Gehälter angeht, sowie klare und einheitliche Rahmenbedingungen bei Arbeits- und Urlaubszeiten - und darauf kann er sich verlassen.
  11. Geschichte. Die Tarifpolitik der vergangenen 50 Jahre hat die heutigen Arbeitsbedingungen erst geschaffen. So wurde 1955 pro Woche noch 48 Stunden gearbeitet (das lässt das Arbeitszeitgesetz auch heute noch zu - die Fünftagewoche ist eine tarifvertragliche Regelung). Urlaub gab es auch schon - und zwar zwei bis drei Wochen im Jahr."

[Quelle: Katja Karger. -- In: Handbuch Betriebsklima / Uta-Maria Hangebrauck ... (Hg.). -- München [u.a.] : Hampp, 2003. -- 265 S. : Ill., graph. Darst. ; 21 cm. -- ISBN 3-87988-771-3. -- S. 222. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}]

 
 


Niederlande-spezifisch

"Een collectieve arbeidsovereenkomst (meestal afgekort tot cao of CAO) is een verzameling afspraken tussen (vertegenwoordigers van) werkgevers en vertegenwoordigers van werknemers. De CAO is een aanvulling op de individuele arbeidsovereenkomst die een werkgever en zijn werknemer met elkaar sluiten. Met CAO (hoofdletters) wordt veelal een specifieke cao bedoeld, met cao (kleine letters) de collectieve arbeidsovereenkomst in het algemeen.

Cao-eisen en -onderhandelingen

Een cao kan periodiek (vaak jaarlijks) worden herzien, waarbij gewoonlijk van de kant van de werknemers eisen worden ingediend, waarover tussen de partijen wordt onderhandeld. Dat kan soepel verlopen, maar soms is het een moeizaam proces dat maanden (of zelfs jaren) kan duren. Veranderde omstandigheden (waaronder wetswijzigingen) en afspraken die de partijen ooit goed uitkwamen, maar eenzijdig nadelig zijn gaan werken, kunnen grotere wijzigingen vereisen dan gewoonlijk. Wanneer de werkgever(svereniging) in de ogen van de vakbonden niet voldoende bereid is afspraken te wijzigigen, kan dat in extreme gevallen leiden tot (grootschalige) stakingen .

Vakbonden en werkgeversorganisaties spelen in dit hele onderhandelingsproces een actieve rol.

Situatie in Nederland

Geldigheid

Wanneer de werkgever (of de werkgeversorganisatie waar hij lid van is) partij is bij de cao, maar de werknemer niet, is de cao toch van toepassing.

Op verzoek van partijen kan de minister van Sociale Zaken en Werkgelegenheid een CAO "algemeen verbindend" verklaren (avv = algemeen verbindend verklaring). Dit heeft tot gevolg dat die CAO van toepassing wordt verklaard op de gehele bedrijfstak, ongeacht of de betrokken werkgevers of werknemers daarin nu wel of niet georganiseerd zijn (dat wil zeggen: wel of niet lid zijn van een werkgevers- of werknemersorganisatie). Informatie hierover staat op de website van de Arbeidsinspectie.

Indien een CAO van toepassing is gelden de bepalingen die daarin staan. Het is wel toegestaan om in een bedrijfsregeling of individuele arbeidsovereenkomst in voor de werknemer gunstige zin af te wijken van de CAO. Echter, afwijkende afspraken die nadelig uitpakken voor de werknemer zijn nietig.

Inhoud

In een cao kunnen dezelfde soort afspraken worden vastgelegd die normaal gesproken in een arbeidsovereenkomst staan. In de arbeidsovereenkomst wordt veelal verwezen naar de toepasselijke cao.

Denk daarbij aan:

  • Arbeidsduur
  • Beloning (loonschalen)
  • Functiewaarderingssysteem
  • ATV- en vakantieregelingen
  • Overwerkregeling
  • Regelingen in geval van ziekte
  • Arbeidsomstandigheden en veiligheid van de werknemer
  • (Pre)pensioenregeling
  • Ontslagregelingen
  • Beroepingsrecht

Midden jaren negentig trok de Nederlandse economie als een van de eerste Westerse economieën aan. Als een mogelijke verklaring hiervoor werd het poldermodel genoemd, samenwerking in plaats van oppositievoering tussen werkgevers- en werknemersorganisaties, die vaak geformaliseerd wordt door het opstellen of wijzigen van de cao. Eén van de basisvoorwaarden voor dit beleid was loonmatiging en een ook op andere vlakken gematigde opstelling van de vakbonden.

[Quelle: http://nl.wikipedia.org/wiki/Collectieve_arbeidsovereenkomst. -- Zugriff am 2005-10-17]

Weiterführende Ressourcen:

WSI-Tarifhandbuch / Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut in der Hans-Böckler-Stiftung (WSI). - Ausg. 2005 / bearb. von Reinhard Bispinck. - Frankfurt am Main : Bund-Verl., 2005. - 304 S. - - ISBN 3-7663-3605-3

Tarifarchiv. -- http://www.tarifvertrag.de. -- Zugriff am 2005-10-27


Zu Kapitel 5:  Arbeitskampf