Aktion "Rettet den Hausarzt"

Gesundheitsökonomie


von Dr. med. Susanne Blessing


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Zitierweise / cite as:

Blessing, Susanne <1957 - >: Gesundheitsökonomie. -- (Aktion "Rettet den Hausarzt"). -- Fassung vom 2006-01-08. -- URL: http://www.payer.de/arztpatient/gesundheitsoekonomie.htm     

Erstmals publiziert: 2006-01-08

Überarbeitungen:

Anlass: Gesundheits"reform"

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0. Übersicht



1. Motto



Abb.: Eine Allegorie auf die Gesundheitsökonomie: die Ökonomie versucht die Welt mit viel Beredsamkeit auf ihren (falschen) Weg zu ziehen:
 Albrecht Dürer (1471 - 1528): Allegorie auf die Beredsamkeit (Hermes, der Gott des Handels, mit vier irdischen Gestalten: Frau, Krieger, Gelehrter und Bürger). -- (Ambraser Kunstbuch). -- 1514


2. Was ist Gesundheitsökonomie?


"Der Anteil der Ausgaben für Gesundheitsleistungen im Jahr 2000 in Deutschland betrug 10,8 % des Bruttoinlandsprodukts. Damit erweist sich der Gesundheitssektor als ein ökonomisch bedeutsamer Wirtschaftsfaktor. Seine ökonomische Analyse ist Gegenstand der Gesundheitsökonomie. Was aber kennzeichnet die ökonomische Analyse? Was sind die besonderen Fragestellungen und Methoden, die die Gesundheitsökonomie von anderen Gesundheitswissenschaften unterscheiden? Die Probleme, die die Gesundheitsökonomie untersucht, lassen sich in folgenden Fragen formulieren:
  1. Werden die Ressourcen einer Gesellschaft richtig auf die Bedürfnisse ihrer Mitglieder verteilt? Dieses Problem lässt sich weiter differenzieren: Wird für Gesundheitsleistungen im Verhältnis zu anderen Gütern und Dienstleistungen, wie Bildung, Verkehr etc., zu viel oder zu wenig ausgegeben oder ist ihr Anteil gerade richtig? Und wird innerhalb des Gesundheitssektors zu viel oder zu wenig etwa für Gesundheitsförderung im Verhältnis zur Versorgung im Krankheitsfall ausgegeben? Und schließlich: Wird innerhalb der Krankheitsversorgung zu viel oder zu wenig z. B. für die Versorgung im Krankenhaus im Verhältnis zur ambulanten Versorgung ausgegeben?
     
  2. Erfolgt die Gesundheitsförderung oder die Behandlung von Erkrankungen zu möglichst geringen Kosten bei gegebener Qualität oder werden knappe Mittel verschwendet?
     
  3. Wie werden die Gesundheitsleistungen auf die Bevölkerungsschichten verteilt? Bekommen nur die Personen eine qualitativ gute Versorgung, die auch die Leistungen bezahlen können oder hat jede(r) einen Anspruch auf eine gute Gesundheitsversorgung, unabhängig von der Höhe des Einkommens, des Alters, der Art des Geschlechts etc.?
     
  4. Welche Bedeutung hat der Gesundheitssektor als Wirtschaftsfaktor und als Einkommensquelle der hier Beschäftigten?"

[Quelle: Hajen, Leonhard ; Paetow, Holger ; Schumacher, Harald: Gesundheitsökonomie : Strukturen - Methoden - Praxisbeispiele. -- 2., überarb. und erw. Aufl. -- Stuttgart : Kohlhammer, 2004. -- 335 S. : graph. Darst. ; 24 cm. -- (Kohlhammer Krankenhaus). -- ISBN: 3-17-018007-X. -- S. 11. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}]


3. Ist Gesundheitsökonomie ein Beitrag zur Qualitätsverbesserung in Deutschland?



Abb.: Univ. Prof. Dr. med. Dr. sc. (Harvard) Karl W. Lauterbach, geboren 1963, verheiratet, 4 Kinder, seit 2005 Mitglied des Bundestags (SPD), Direktor des Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie  (IGKE) der Universität zu Köln, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (1999 - 2005). in der Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme - gen. Rürup-Kommission - , im Aufsichtsrat der Rhön-Kliniken, in der Programmkommission der SPD Köln, in der Arbeitsgruppe Bürgerversicherung des Parteivorstands der SPD, Experte für die Programmkommission der SPD-Bundespartei, Mitglied von ver.di
[Bildquelle. http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID3795788_REF1_NAV,00.html. -- Zugriff am 2005-12-27]

 

Univ. Prof. Dr. med. Dr. sc. (Harvard) Karl W. Lauterbach, versteht Gesundheitsökonomie als entscheidenden Beitrag zur Qualitätsverbesserung:

"Die Methoden der Gesundheitsökonomie werden zunehmend als Methoden der Qualitätsverbesserung und nicht als eine Alternative oder sogar als Gegensatz zu diesen gesehen. Gesundheitsökonomische Analysen tragen zur Verbesserung der Struktur sowie der Prozess- und Ergebnisqualität der Versorgung bei. Dies erfolgt indirekt und direkt.
  • In indirekter Art und Weise trägt die Gesundheitsökonomie zur Verbesserung der Versorgungsqualität auf allen Ebenen bei, indem sie die finanziellen Anreize für qualitätsförderndes Verhalten der Leistungsanbieter und Nutzer im Gesundheitssystem zu bestimmen und zu implementieren hilft.
     
  • Die direkte Wirkung ist jedoch bedeutsamer und weniger bewusst in der Reflexion der medizinischen Praxis. Auf der Grundlage der Tatsache, dass es bei der Wahl eines medizinischen Behandlungsplans für eine Patientengruppe oder einen einzelnen Patienten sehr häufig Alternativen mit größerem Nutzen, jedoch mit höheren Kosten gibt, muss die Entscheidung getroffen werden, wie aufwändig ein einzelner Patient oder eine Patientengruppe behandelt werden soll. Die Gesundheitsökonomie hilft an zentralen Punkten, die Qualität von Entscheidungsprozessen zu verbessern - als Bestandteil derselben.

Mit den Tools Evidence-based Medicine (EBM) und Health Technology Assessment (HTA) versucht die Gesundheitsökonomie effiziente Versorgungsstrukturen zu schaffen, die auf medizinisch höchstem Niveau basieren. Die zurzeit in Deutschland entwickelten Disease-Management-Programme tragen den Bemühungen der Gesundheitsökonomie um effiziente Versorgung Rechnung.

In vielen klinischen Situationen sind zusätzliche Untersuchungen oder Behandlungen denkbar, die noch einen weiteren Nutzen, wenn auch z. T. mit geringer Wahrscheinlichkeit, erwarten ließen. Es ist zunehmend der Fall, dass die praktizierte Medizin von der abweicht, die ohne jede finanzielle Restriktion zu erwarten wäre. In dem Umfang, in dem dies geschieht, beginnt die Rationierung im Gesundheitssystem. Diese kann einsetzen, wenn gleichzeitig noch zahlreiche Bereiche der Ressourcenverschwendung bestehen, welche bei gleichzeitiger Verbesserung der Versorgungsqualität abgebaut werden könnten. Es können gleichzeitig Unter-, Über- und Fehlversorgung im Gesundheitssystem vorliegen. Diese Begriffe können wie folgt definiert werden:

  • Unterversorgung: Eine Leistung, deren Nettonutzen und Kosteneffektivität nachgewiesen ist, wird nicht durchgeführt.
     
  • Überversorgung: Eine Leistung, deren Nettonutzen nicht nachgewiesen oder die nicht kosteneffektiv ist, wird durchgeführt.
     
  • Fehlversorgung: Eine Leistung mit negativem Nettonutzen wird durchgeführt.
     

Unterversorgung, Überversorgung und Fehlversorgung sind drei wichtige Formen von Qualitätsdefiziten im Gesundheitssystem. Ohne die Methoden der Gesundheitsökonomie kann jedoch nur die Fehlversorgung bestimmt werden, welche über lange Zeit der alleinige Schwerpunkt der Qualitätssicherungs-Diskussion gewesen ist. Wenn aber eine medizinisch sinnvolle Leistung nicht erbracht wird, liegt nur dann eine Unterversorgung im Sinne eines Qualitätsproblems vor, wenn nicht eine kostengünstigere Alternative mit vergleichbarem Nutzen eingesetzt wird. Werden diese Alternativen eingesetzt, liegt keine qualitätsmindernde Unterversorgung vor. Es stellt sich also die Frage, wie viel schlechter die kostengünstigere Alternative sein darf, bevor man von einer Unterversorgung im Sinne eines Qualitätsproblems sprechen muss. Dieser Frage geht die Methodik der Kosten-Nutzen-Analyse nach. Auch die Überversorgung ist ein Qualitätsproblem, weil sie besagt, dass mit dem Einsatz der gleichen Ressourcen durch die Wahl von Behandlungsalternativen zumindest für die Gruppe aller Patienten mehr erreicht werden könnte.

Kosten-Nutzen-Analysen ermöglichen grundsätzlich einen Vergleich alternativer Diagnose- und Behandlungsverfahren im Hinblick auf Kosten und Nutzen. Kosten-Nutzen-Analysen können im Prinzip Leistungen mit einem nichtakzeptablen Kosten-Nutzen-Verhältnis identifizieren und z. B. deren Ausschluss aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nahe legen. Von einem solchen Einsatz ist jedoch abzuraten. Es gibt keinen Konsens für Grenzwerte für akzeptable oder nichtakzeptable Kosten-Nutzen-Verhältnisse. In verschiedenen Ländern sind dazu Vorschläge unterbreitet worden, jedoch wurde nirgendwo in der Bevölkerung ein entsprechender Konsens erzielt.

Außerdem sind ethische Grenzen zu beachten, die den Einsatz der Instrumente der Gesundheitsökonomie betreffen, nicht jedoch die Methoden selbst. Während sie als Instrumente der Qualitätssicherung durch die Beseitigung von Über-, Unter- und Fehlversorgung eingesetzt werden sollten, sind auch ethisch inakzeptable Einsatzformen möglich und werden praktiziert. Die Priorisierung von medizinischen Verfahren alleine auf der Grundlage ihrer Kosten-Nutzen-Relation wäre nicht nur ethisch inakzeptabel, sondern würde auch dem Ansatz widersprechen, die Kosten-Nutzen-Relation der Versorgung als eine Dimension der Versorgungsqualität zu verstehen, und nicht als die alleinige.

Eine weitere Dimension der Versorgungsqualität sind die Kriterien der Evidenzbasierten Medizin. Vernünftige Ansätze versuchen multidimensional die Versorgungsqualität zu bewerten und zu verbessern. Die UK Health Authorities (Großbritannien) haben z. B. für die Bewertung von Maßnahmen eine Entscheidungsmatrix vorgeschlagen, welche sowohl die Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Analysen als auch den Evidenzgrad (also die wissenschaftliche Aussagekraft) berücksichtigt.

Auch eine solche Kombination ist noch nicht ausreichend für eine umfassende Priorisierung medizinischer Verfahren oder Strukturen im Gesundheitssystem. Sie muss z. B. um Kriterien der sozialen Gerechtigkeit, politischen Legitimation, Transparenz der Entscheidungsfindung, Bürgerbeteiligung und andere Aspekte ergänzt werden. Trotzdem stellen die Methoden der Gesundheitsökonomie eine zentrale und an Bedeutung gewinnende Dimension der Qualitätsbewertung und Priorisierung im Gesundheitssystem dar. Auf die Möglichkeiten sowie die technischen und ethischen Grenzen der Verfahren soll in den folgenden Kapiteln ausführlich eingegangen werden."

[Quelle: Lauterbach, Karl W. <1963 ->: Gesundheitsökonomie als Teil der Qualitätsverbesserung. -- In: Gesundheitsökonomie, Qualitätsmanagement und evidence based medicine : eine systematische Einführung ; mit 99 Tabellen / hrsg. von Karl W. Lauterbach ; Matthias Schrappe. -- 2., überarb. und erw. Aufl. -- Stuttgart : Schattauer, 2004. -- XVI, 573 S. : Ill., graph. Darst. ; 25 cm -- ISBN 3-7945-2287-7. -- S. 143 - 146; dort S. 143 - 145. -- {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}]


4. Ein Ökonom warnt vor Ökonomen



Abb.: Prof. Dr. Phil. Uwe E. Reinhardt
[Bildquelle: http://inter-speak.com/reinhardt-uwe/. -- Zugriff am 2006-01-06]

Prof. Dr. phil. Uwe E. Reinhardt, James Madison Professor of Political Economy, Princeton University warnt vor Ökonomen, die in der Gesundheitspolitik normativ sprechen und damit entweder ihre politischen Absichten verschleiern oder zeigen, dass sie die Grenzen der Ökonomie als Wissenschaft nicht kennen:

"Nehmen wir einmal an, eine Familie, die an der Ostküste der USA lebt, nimmt sich vor, an die Westküste zu reisen. Die Familie hat nun die vielen möglichen Reiseziele auf zwei eingeengt: San Diego, am südlichen Ende des Staates Kalifornien und Seattle, am nördlichen Ende des Staates Washington. Familienmitglieder, die sich mit solchen Angelegenheiten auskennen, werden nun mit der Aufgabe betraut, für jeden Urlaubsort die Route zu bestimmen, auf der „die Familie auf dem schnellsten Weg ans Ziel gelangt" - so lautet ausdrücklich die Aufgabe für die Navigatoren. Da den Navigatoren explizit eine klare Zielvorstellung gegeben wurde, nämlich die Route zu finden, welche „die Familie auf dem schnellsten Weg ans Ziel führt", können wir die Route, die diese Forderung erfüllt, getrost als effizient bezeichnen - jedoch nur im Verhältnis zu diesem klaren, spezifischen Ziel der Aufgabenstellung. Hätte dagegen der Auftrag an die Navigatoren gelautet, die Route zu finden, welche die Familie so schnell wie möglich an das gewünschte Reiseziel führt und gleichzeitig mindestens drei Touristenattraktionen berührt, wäre die effizienteste Route möglicherweise ganz anders verlaufen. Offensichtlich hätte der Begriff Effizienz ohne ein spezifisches, klar abgestecktes Ziel in diesem Zusammenhang wenig Bedeutung.

Ebenso wäre die effizienteste Route im Verhältnis zu dem Ziel, schnellstmöglich nach Seattle zu gelangen, hochgradig ineffizient, hätte sich die Familie letzten Endes doch dafür entschieden, nach San Diego zu fahren. In der Tat wäre von den drei folgenden Routen: 1. die Route, welche die Familie schnellstmöglich nach San Diego führt, 2. eine Route, welche die Familie zwar nach San Diego führt, aber mehr Zeit erfordert und 3. die Route, welche die Familie schnellstmöglich nach Seattle führt, die letztere die ineffizienteste und schlechteste Route, wenn die Familie so schnell wie möglich nach San Diego hätte reisen wollen.

Diese kleine Lektion zum Thema Reiserouten, mag dem Leser mehr als offensichtlich und von daher sogar herablassend erscheinen. Das mag durchaus auf Leser zutreffen, die nicht routinemäßig an der Debatte über US-amerikanische Gesundheitspolitik beteiligt sind. Leider können wir jedoch nicht davon ausgehen, dass alle Teilnehmer an dieser Debatte die eben erwähnte Lektion begreifen würden oder wenn doch, ob sie in der Lage wären, deren Bedeutung auf Bereiche menschlicher Aktivitäten über das Reisen hinaus zu übertragen. Selbst einige hochrangige Ökonomen, die es eigentlich besser wissen müssten - und es zu einem bestimmten Zeitpunkt ihrer Karriere auch sicherlich besser wussten - gehen mit dem Gebrauch des Begriffs Effizienz in ihren normativen Verlautbarungen zur Gesundheitspolitik oftmals unbekümmert um.


Abb.: Milton Friedman (1912 - ), 1976 Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften
[Bildquelle: en.wikipedia]

Beachten Sie zum Beispiel den Gebrauch des Wortes bei Milton Friedman, dem allgemein gefeierten Nobelpreisträger auf dem Gebiet der Ökonomie, wenn er sich auf den Boden der Gesundheitsökonomie und -politik begibt. In dem von dem renommierten The Wall Street Journal veröffentlichten Leitartikel mit der Überschrift: „Gammons Lehrsatz weist auf Reformmöglichkeiten in der Gesundheitsversorgung hin" (12. November 1991), greift Professor Friedman, vormals an der University of Chicago, nun am Hoover Institute an der Stanford University, die staatlich organisierten Einrichtungen Medicare und Medicaid scharf an. Er kommt zur Schlussfolgerung:

„Die Ineffizienz, die hohen Kosten und die Ungerechtigkeit unseres medizinischen Systems können grundlegend nur auf eine Art und Weise behoben werden: nämlich, indem wir eine vollkommene Kehrtwendung vollführen, und zwar in Richtung der Reprivatisierung von medizinischer Versorgung [...] Die [angeregte] Reform besteht aus zwei Stufen:

  1. Sowohl Medicare und Medicaid werden abgeschafft und durch die Forderung ersetzt, dass jeder amerikanische Familienhaushalt über einen Gesundheitsversicherungsschutz mit hoher Selbstbeteiligung verfügt - sagen wir 20.000 Dollar pro Jahr oder 30 Prozent des Familieneinkommens der letzten zwei Jahre - je nachdem welcher Betrag geringer ist.
  2. Abschaffung der Steuerfreiheit für die vom Arbeitgeber gestellte medizinische Versorgung ... Jedem Einzelnen beziehungsweise jeder Familie wäre es selbstverständlich freigestellt, falls gewünscht, zusätzliche Versicherungen zu erwerben" (Kursivdruck hinzugefügt).

Um Friedmans Vorschlag zur Gesundheitspolitik in den rechten Gesamtzusammenhang zu bringen, sei angemerkt, dass 1990, als Friedman seine Vorschläge formulierte, das durchschnittliche Bruttoeinkommen in den USA pro Haushalt bei 29.943 Dollar und pro Familie (das heißt für Haushalte mit zwei oder mehr Personen) bei 35.353 Dollar lag. Einmal angenommen, Friedman berechnete die angesetzte Selbstbeteiligung nicht nach der Summe des Familieneinkommens innerhalb der letzten zwei Jahre, sondern lediglich nach dem durchschnittlichen Jahreseinkommen der letzten zwei Jahre, so beliefe sich die Selbstbeteiligung 1990 auf 10.500 Dollar pro Jahr für eine Familie mit einem durchschnittlichen Bruttoeinkommen von 35.353 Dollar. Der Aufwand für medizinische Versorgung einer relativ gesunden Familie hätte die Summe dieser Selbstbeteiligung höchstwahrscheinlich nicht erreicht. Eine Familie mit ernsthaften Erkrankungen hingegen hätte mit großer Wahrscheinlichkeit denselben Betrag aus eigener Tasche zahlen müssen, bevor der Versicherungsschutz überhaupt eingesetzt hätte. Hinzu kommt, dass natürlich jede Familie zusätzlich die Prämie für die Versicherungspolice gegen katastrophale Versorgungskosten hätte zahlen müssen.


Abb.: Gary Stanley Becker (1930 - ), 1992 Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften
[Bildvorlage: http://www.nationalmedals.org/past.htm. -- Zugriff am 2006-01-06]

Professor Friedman ließ seinen Leitartikel in die Wahlkampagne für das Präsidentenamt von 1991/92 einfließen, in der die Gesundheitspolitik in den Mittelpunkt des Interesses gerückt war. Er stützte sich in seinem Leitartikel auf Gary S. Becker von der University of Chicago - ebenfalls Nobelpreisträger auf dem Gebiet der Ökonomie - und auf den Ökonom Dr. Phil. Thomas Moore, ehemaliges Mitglied des ökonomischem Beraterstabs von Präsident Reagan und zur Zeit am Hoover Institute an der Stanford University. Wir können also den Leitartikel als wichtige Aussage angesehener amerikanischer Ökonomen werten, deren Absicht darin bestand, mit ihrer normativen Analyse sowohl die Präsidentschaftswahl, als auch den weiteren Weg der Gesundheitspolitik zu beeinflussen.

Selbstverständlich glauben weder Professor Friedman noch irgend jemand anderer auch nur einen Augenblick daran, dass die Verteilung von Gesundheitsgütern sowie der finanziellen Last von Krankheit und die soziodemographische Beschaffenheit des Gesundheitsstatus in den USA nach seinem Vorschlag, Medicare und Medicaid abzuschaffen, unverändert bliebe, wie es unter Bedingungen des Weiterbestehens dieser Einrichtungen oder unter einem anders gearteten Vorschlag zur Gesundheitsreform der Fall wäre. Sein Vorschlag könnte uns die gesundheitsökonomische Entsprechung von Seattle bescheren (Gesundheitsgüter und Lebensjahre werden nach Preis und
Zahlungsfähigkeit des Einzelnen rationiert), während die Mehrzahl der US-Amerikaner, nach unserer Kenntnis, vielleicht die Entsprechung von San Diego vorzieht (Zugang zu Gesundheitsgütern für alle Mitglieder der Gesellschaft, zu vergleichbaren Konditionen, unabhängig von der Zahlungsfähigkeit des Einzelnen). Immerhin hat kein geringerer als der erste Präsident Bush in seiner Rede zur Lage der Nation 1991 geradeheraus erklärt, dass „gute Gesundheitsversorgung das Recht eines jeden Amerikaners sei".

Die Behauptung, ein marktgesteuertes System, wie das von Professor Friedman befürwortete, sei effizienter als das gegenwärtige US-amerikanische Gesundheitssystem samt Medicare und Medicaid oder etwa als der British National Health Service oder das kanadische Gesundheitssystem, spiegelt eine individuelle, persönliche Meinung wider, der eine subjektiv bevorzugte Einstellung zur Verteilung von Gesundheitsgütern zugrunde liegt. Sie ist kein Produkt der ökonomischen Wissenschaft und erführe selbst seitens des ökonomischen Berufsstandes keine Billigung. Gesundheitssysteme, die recht unterschiedliche soziale Ziele verfolgen, lassen sich einfach nicht bezüglich ihrer relativen ökonomischen Effizienz vergleichen - ebenso wenig wie sich diesbezüglich verschiedene Routen nach Seattle oder San Diego gegeneinander abwägen lassen. Dies bedeutet keineswegs, dass wir nicht nach verhältnismäßig effizienteren Wegen suchen sollten, dieselben sozialen Ziele zu erreichen, die wir momentan mit Hilfe der Einrichtungen Medicare und Medicaid erzielen. Es geht lediglich darum, für einen gewissenhafteren Umgang mit dem Begriff Effizienz zu plädieren.

Fachkompetenten Ökonomen sind diese Einschränkungen durchaus bekannt. Wir müssen demnach davon ausgehen, dass jene Ökonomen, die den Begriff Effizienz im Kontext der Systemanalyse missbrauchen, dies nicht als Sozialwissenschaftler, sondern als politische Personen tun, die scheinbar wissenschaftliche Methoden anwenden, um persönlich bevorzugte ideologische Zwecke zu fördern. Dieses Spiel wird selbstredend nicht nur auf einer Seite des politischen Spektrums gespielt, sondern findet bei der gesamten ideologischen Bandbreite unserer Gesellschaft Anwendung. Aus diesem Grund habe ich unzählige Studenten der Princeton University über die Jahre des Lehrens mit folgenden Worten gewarnt:

„Wenn Ökonomen oder andere Akteure in der Gesundheitspolitik in ihre normative Art verfallen - wenn sie vorgeben, wissenschaftliche Methoden anzuwenden um vorzuschlagen, was getan werden ,muss' und was .effizient' ist - sollte in Ihrem Kopf eine Alarmsirene losgehen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Sie es entweder mit jemandem zu tun haben, der seine politischen Absichten hinter der Maske der Wissenschaft verbirgt oder aber mit jemandem, der sich der Grenzen der Ökonomie als Wissenschaft nicht hinlänglich bewusst ist."


Abb.: Thomas Rice, Ph.D. in Economics, Professor, Department of Health Services at the UCLA School of Public Health
[Bildquelle: http://www.academyhealth.org/about/rice.htm. -- Zugriff am 2006-01-06]

Angesichts diesen Lichtes, welches auf unseren Berufsstand fällt, freut es mich ganz besonders, dass Thomas Rice die Arbeit auf sich genommen hat, eine intraprofessionelle Debatte zu beleuchten, welche, wie ich annahm, vor Jahrzehnten von den damaligen Riesen unseres Berufsstandes mit Bestimmtheit abgeschlossen worden war, deren Erkenntnisse jedoch von nachfolgenden Generationen von Ökonomen scheinbar vergessen oder bewusst aus dem Gedächtnis verdrängt wurden. Hoffen wir, dass dieses ausgezeichnete Buch zu einem Standardwerk der ökonomischen Lehre im Public Health- und Gesundheitsmanagementstudium an Hochschulen und Universitäten wird. Zumindest sollte das Werk das Aufleben einer philosophischen Debatte auslösen, die von jeder Generation von Ökonomen und Akteuren der Gesundheitspolitik aufs Neue geführt werden sollte."

[Quelle: Reinhardt, Uwe E.: Vorwort zur Originalausgabe. -- In: Rice, Thomas: Stichwort: Gesundheitsökonomie : eine kritische Auseinandersetzung. -- Bonn : KomPart-Verl.-Ges., 2004. -- 356 S. : graph. Darst. ; 21 cm. --Originaltitel: The economics of health reconsidered (1998). -- ISBN: 3-9806621-5-2. -- S. 14 - 20; dort S. 14 - 18. --{Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}]


5. Ein Loblied aus den USA auf das deutsche Gesundheitswesen


Thomas Rice, Ph.D. in Economics, Professor, Department of Health Services at the UCLA School of Public Health, singt folgende Lobeshymne auf das deutsche Gesundheitswesen:

"Vorwort zur deutschen Ausgabe1

Ich bin hoch erfreut, dass der Text The Economics of Health Reconsidered nun in ausgezeichneter Übersetzung auch in Deutsch vorliegt. Dass mein Buch damit nun einem größeren Leserkreis zur Verfügung steht, ist nur ein Grund für die Freude. Ebenso bedeutend ist für mich, dass ich seit langem ein Bewunderer des deutschen Gesundheitssystems bin und glaube, dass die US-amerikanische Gesundheitspolitik von keinem Land mehr lernen kann als von Deutschland. Der Gedanke, dass nun die Arbeit eines US-amerikanischen Ökonomen Einfluss auf Gesundheitsreformdebatten in Deutschland haben könnte, macht mich ein wenig verlegen.

Die Deutschen haben jeden Grund, auf ihr Gesundheitswesen stolz zu sein. Zunächst stellte seine Einführung durch Bismarck vor mehr als einem Jahrhundert das erste Sozialversicherungssystem dar, dass sowohl Rentenversicherung als auch Gesundheitsversicherung umfasste. Genau so wichtig ist seine unerschütterliche Bindung an die Grundidee des Sozialgesetzbuches, nach der „die medizinische Versorgung entsprechend individueller Bedürfnisse und die Finanzierung entsprechend individuellen Einkommens erfolgen soll" (Pfaff und Wassener, 2000, S. 907). Die Bindung an diesen Grundsatz war in den letzten 50 Jahren nie so gefährdet, wie sie es gegenwärtig zu sein scheint — und diese Tatsache trifft auf viele europäische Länder zu. Daher wird die Strategie, die Deutschland angesichts der vielfältigen Herausforderungen für das solidarische Gesundheitssystem und angesichts der Versuche wählt, das System auf Kosten einer gerechten Versorgung „marktgerecht" umzugestalten, Signalwirkung (und Inspiration) für die anderen Länder Europas haben.

Das Bemerkenswerte am deutschen Gesundheitswesen ist nicht nur, dass es das erste umfassende Sozialversicherungssystem war, sondern auch dass es seit seiner Begründung am Ende des 19. Jahrhunderts etliche wünschenswerte Eigenschaften entwickelt hat. Wenn Sie zu meiner Liste der zehn wichtigsten Lektionen für Gesundheitsreformen am Ende des Buches kommen, werden Sie feststellen, dass das deutsche System wahrscheinlich wie kein anderes diesen Lehrsätzen gerecht wird. Folgende Eigenschaften des deutschen Gesundheitswesen halte ich insbesondere für vorbildlich:
  • Für eine effiziente Verwendung von Ressourcen im Gesundheitswesen wird in Deutschland stärker auf die Beeinflussung der Angebotsseite als der Nachfrageseite vertraut. An verschiedenen Stellen dieses Buches habe ich dargestellt, dass die Regulierung der Angebotsseite gegenüber Einkommensschwachen sehr viel fairer ist. Die verhältnismäßig niedrigen Patientenzuzahlungen in Deutschland ermöglichen daher nahezu der gesamten Bevölkerung Zugang zu notwendigen Leistungen.
     
  • Obwohl die Angebotsseite staatlicher Regulierung ausgesetzt ist, hat dies nicht zu den beträchtlichen Warteschlangen geführt, wie sie in anderen Systemen anzutreffen sind.
     
  • Im Großen und Ganzen ist die Kostenentwicklung im deutschen Gesundheitssystem vergleichsweise unter Kontrolle und das System der flächendeckenden Preisstandards macht alles in allem jeden Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung für die Leistungserbringer gleich attraktiv (dazu jedoch unten mehr).
     
  • Das deutsche Gesundheitswesen zeichnet sich durch positive Ergebnisse in relevanten Versorgungsbereichen aus, dokumentiert beispielsweise durch eine niedrige Säuglingssterblichkeit.
     
  • Das System der Regulierung der Leistungsmengen der Ärzteschaft scheint erfolgreich zu sein bei der Kontrolle der ambulanten Kosten - ein bemerkenswerter Erfolg angesichts des Arztüberflusses und der traditionellen Finanzierung durch Einzelleistungsvergütung.

Diese Komplimente sollten jedoch nicht als Appell zu Tatenlosigkeit verstanden werden, denn eine Reihe von Problemen verbleiben: beständig hohe Gesamtkosten, vergleichsweise hohe Raten der Krankenhausversorgung, die Sorge um den möglichen Verlust des Solidarprinzips unter Bedingungen des stetigen Kostenwachstums, der Globalisierung, und der Druck, die Kosten der Versorgung von Einwanderern zu begrenzen. Meiner Meinung nach bedürfen diese und andere Herausforderungen, denen sich das deutsche Gesundheitssystem ausgesetzt sieht, aber nicht der massiven strukturellen Umorientierung, die manche fordern. Vielmehr bedarf es einer gezielten Analyse des Leistungskatalogs und einer Differenzierung nach Nutzen und Kosteneffektivität. Hierfür sind jedoch beträchtliche Investitionen in die Gesundheitssystemforschung vonnöten, und zwar deutlich mehr als bisher getätigt werden. Im Verlauf dieser Forschung mag Ihr Gesundheitssystem die Beanspruchung gewisser Leistungen fördern oder erschweren, oder vielleicht zu einem Finanzierungssystem wechseln, das im Gegensatz zur Einzelleistungsvergütung weniger Anreize zur Überversorgung bietet. Eine Tatsache muss jedoch in Betracht gezogen werden: Da technologie-intensive medizinische Innovationen häufig effektiver sind als die herkömmliche Versorgung, ist es wahrscheinlich, dass alle entwickelten Nationen in der Zukunft höhere Ausgaben für die Gesundheitsversorgung aufbringen werden.

Verschiedene Faktoren sind verantwortlich für den Kostendruck im Gesundheitswesen und ein gewisser Kostendruck bleibt unvermeidlich. Entscheidend ist aber, wie verschiedene Länder mit dem finanziellen Druck anwachsender Ausgaben im Gesundheitswesen umgehen. Was wir gegenwärtig weltweit beobachten, ist ein Trend im Gesundheitswesen zu „mehr Markt" und weniger staatlicher Einflussnahme. (Dem deutschen Leser mag dies nicht sofort offensichtlich sein, da Versorgung und Leistungen im deutschen Gesundheitswesen schon immer von einem privaten Sektor, wenn auch einem stark regulierten, bereitgestellt wurden.) Ein Ausdruck diesen Trends ist der Anstieg des Anteils privater Krankenversicherung. Bislang hat der Markt der Privaten Krankenversicherung nur einen kleinen Teil der Bevölkerung abgedeckt und als eine Art Sicherheitsventil funktioniert. Da der Anteil der Personen in Deutschland, die sich gegen die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) entscheiden, sich im zehn Prozent-Rahmen bewegt, ist die Grundidee des Sozialgesetzbuches nicht gefährdet. Sollte diese Quote jedoch zu stark ansteigen, könnten die Resultate für die gesellschaftliche Wohlfahrt schon katastrophal sein: Anbieter würden lukrativere (also wohlhabendere) Patienten vorziehen, und der Staat und die Krankenkassen würden sich gezwungen sehen, ihr Leistungsspektrum zu verkleinern, da dann das Versicherungsrisiko, also der potenzielle Kostenaufwand medizinischer Versorgung, in der GKV über eine schmalere Personengruppe verteilt wäre.

Das Grundproblem, mit dem sich Entscheidungsträger im Gesundheitswesen in den Industrienationen auseinandersetzen müssen, lautet: staatliche Steuerung und Marktmechanismen so zu verknüpfen, dass Effizienzanreize existieren und gleichzeitig mit den Problemen des Marktversagens und einer ungerechten Verteilung als Resultat des freien Spieles der Marktkräfte zu kämpfen. Deutschlands System der gesetzlichen Krankenkassen, die staatlicher Kontrolle auf der regionalen und nationalen Ebene unterliegen, hat sich als ein bemerkenswert erfolgreiches Modell bewährt. Leider garantieren aber nun einmal vergangene Erfolge nicht zukünftiges Gelingen. Ich hoffe, dieses Buch wird dem Leser ein besseres Verständnis dafür vermitteln, wie Märkte und der Staat besser zusammenarbeiten können, um die mannigfaltigen Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung zu bewältigen."

[Quelle: Rice, Thomas: Stichwort: Gesundheitsökonomie : eine kritische Auseinandersetzung. -- Bonn : KomPart-Verl.-Ges., 2004. -- 356 S. : graph. Darst. ; 21 cm. --Originaltitel: The economics of health reconsidered (1998). -- ISBN: 3-9806621-5-2. -- S. 11f. --{Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}]


6. Kommentar aus der Sicht einer Hausärztin



Abb.: Dr. med. Susanne Blessing, geb. 1957, Fachärztin für Allgemeinmedizin

Die Finanzierung der Gesundheitssysteme wird weltweit aus bekannten Gründen zum Problem. In Deutschland haben wir ein weltweit anerkanntes System auf der Grundlage einer solidarischen Versicherung, da nach unseren Wertvorstellungen die Probleme durch den freien Markt nicht gerecht gelöst werden. Seit über 30 Jahren beschäftigen sich deutsche Regierungen und Gesundheitsminister mit dem schwierigen Thema der Verteilungsgerechtigkeit und stoßen dabei auf zunehmende Widerstände der "Gesundheitslobbyisten" (vor allem Pharmaindustrie, Krankenhausgesellschaften, Krankenversicherungen und Ärzteverbände). Patientenvertreter werden inzwischen auch teilweise in politische Entscheidungsprozesse eingebunden.

Zur Zeit wird von Vertretern der Gesundheitsökonomie großer Einfluss ausgeübt, da die Politik dem Kostenproblem ziemlich hilflos gegenübersteht. Es wird zur Diskussion stehen, inwieweit betriebswirtschaftliche Mittel (z.B. Qualitätsmanagement, Versorgungsprogramme) in der Lage sind, mit dirigistischen Maßnahmen (von oben) das Problem zu lösen, oder ob es nicht sinnvoller wäre, das System von unten (unter Einbindung der Basis, z.B. Patienten, Hausärzte) zu verbessern. Es wird auch zu prüfen sein, ob diese Ansätze überhaupt zu einer Besserung des Systems (Kosten-Nutzen-Analyse) führen, oder ob es sich nur um viel "heiße Luft" handelt.

Um dem Vorwurf zu begegnen, alles grundsätzlich abzulehnen, möchte ich betonen, dass

Aus meiner Sicht wäre es z.B. wesentlich effektiver, Medizinstudenten in den Grundlagen der zwischenmenschlichen Kommunikation (verbal und non-verbal) auszubilden. Auf diesem Gebiet besteht gerade bei jungen Menschen ein großes Defizit, wie ich es zunehmend bei Praktikanten des 10. Semesters, die regelmäßig in meiner Praxis hospitieren, feststellen muss. Junge Ärzte wären dann auch viel motivierter in der Patientenversorgung, einer vor allem von Vertrauen geprägten zwischenmenschlichen Beziehung. Dies würde auch die Patientencompliance wesentlich fördern. Stattdessen müssen sich Ärzte auf Drängen der Verwaltungen vorwiegend mit Codierungen, Scores und Kategorisierungen ihrer Patienten beschäftigen, um angeblich den Medizinbetrieb betriebswirtschaftlich zu optimieren. Ärzte wehren sich daher immer mehr gegen diese Bevormundung durch Betriebswirte in Bereichen, in denen das Gebot der Gewinnmaximierung nicht über das Wohl der Patienten gestellt werden sollte.

Zu einzelnen Aspekten der Gesundheitsökonomie nehme ich in den betreffenden Kapitel detaillierter Stellung.

Rettet den Hausarzt!


7. Kapitel zum Stichwort "Gesundheitsökonomie"


Die Darstellung samt Kommentar aus Sicht einer Hausärztin zu "Gesundheitsökonomie" besteht aus folgenden Kapiteln:


8. Weiterführende Ressourcen



Abb.: Einbandtitel

Gesundheitsökonomie, Qualitätsmanagement und evidence based medicine : eine systematische Einführung ; mit 99 Tabellen / hrsg. von Karl W. Lauterbach ; Matthias Schrappe. -- 2., überarb. und erw. Aufl. -- Stuttgart : Schattauer, 2004. -- XVI, 573 S. : Ill., graph. Darst. ; 25 cm -- ISBN 3-7945-2287-7. --{Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}


Abb.: Einbandtitel

Hajen, Leonhard ; Paetow, Holger ; Schumacher, Harald: Gesundheitsökonomie : Strukturen - Methoden - Praxisbeispiele. -- 2., überarb. und erw. Aufl. -- Stuttgart : Kohlhammer, 2004. -- 335 S. : graph. Darst. ; 24 cm. -- (Kohlhammer Krankenhaus). -- ISBN: 3-17-018007-X. --{Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen}


Abb.: Einbandtitel

Rice, Thomas: Stichwort: Gesundheitsökonomie : eine kritische Auseinandersetzung. -- Bonn : KomPart-Verl.-Ges., 2004. -- 356 S. : graph. Darst. ; 21 cm. --Originaltitel: The economics of health reconsidered (1998). -- ISBN: 3-9806621-5-2. --{Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch  bei amazon.de bestellen} 


Zu 1.: Ethische Fragen