Ausgewählte Texte aus der Carakasaṃhitā

1. Sūtrasthāna

27. Kapitel 27: Regeln für Essen und Trinken

Sūtra 8 - 22


übersetzt und erläutert von Alois Payer

mailto:payer@payer.de


Zitierweise / cite as:

Carakasaṃhitā: Ausgewählte Texte aus der Carakasaṃhitā / übersetzt und erläutert von Alois Payer <1944 - >. -- 1. Sūtrasthāna. -- 27. Kapitel 27: Regeln für Essen und Trinken. -- Sūtra 8 - 22. -- Fassung vom 2007-07-11. -- URL: http://www.payer.de/ayurveda/caraka0127008.htm     

Erstmals publiziert:

Überarbeitungen:

Anlass: Lehrveranstaltung SS 2007

©opyright: Dieser Text steht der Allgemeinheit zur Verfügung. Eine Verwertung in Publikationen, die über übliche Zitate hinausgeht, bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Verfassers

Dieser Text ist Teil der Abteilung Sanskrit  von Tüpfli's Global Village Library

WARNUNG: dies ist der Versuch einer Übersetzung und Interpretation eines altindischen Textes. Es ist keine medizinische Anleitung. Vor dem Gebrauch aller hier genannten Heilmittel wird darum ausdrücklich gewarnt. Nur ein erfahrener, gut ausgebildeter ayurvedischer Arzt kann Verschreibungen und Behandlungen machen!


Falls Sie die diakritischen Zeichen nicht dargestellt bekommen, installieren Sie eine Schrift mit Diakritika wie z.B. Tahoma.

Verwendete und zitierte Werke siehe: http://www.payer.de/ayurveda/caraka0001.htm

Die Verse sind, wenn nichts anderes vermerkt ist, im Versmaß Śloka abgefasst.

Definition des Śloka in einem Śloka:

śloke ṣaṣṭhaṃ guru jñeyaṃ
sarvatra laghu pañcamam
dvicatuṣpādayor hrasvaṃ
saptamaṃ dīrgham anyayoḥ

"Im Śloka ist die sechste Silbe eines Pāda schwer, die fünfte in allen Pādas leicht
Die siebte Silbe ist im zweiten und vierten Pāda kurz, lang in den beiden anderen."

Das metrische Schema ist also:

 ̽  ̽  ̽  ̽ ˘ˉˉ ̽ 
 ̽  ̽  ̽  ̽ ˘ˉ˘ ̽ 

 ̽  ̽  ̽  ̽ ˘ˉˉ ̽ 
 ̽  ̽  ̽  ̽ ˘ˉ˘ ̽

Zur Metrik siehe:

Payer, Alois <1944 - >: Einführung in die Exegese von Sanskrittexten : Skript.  -- Kap. 8: Die eigentliche Exegese, Teil II: Zu einzelnen Fragestellungen synchronen Verstehens. -- Anhang B: Zur Metrik von Sanskrittexten. -- URL: http://www.payer.de/exegese/exeg08b.htm


śūkadhānyavarga

Getreide mit Grannen


atha śukadhānyavargaḥ --


śāli

śāli-Reis = Winterreis


raktaśālir mahāśāliḥ
kalamaḥ śakunāhṛtaḥ |
tūrṇako dīrghaśūkaś ca
gauraḥ pāṇḍukalāṅgulau |8|
sugandhako lohavālaḥ
sārivākhyaḥ pramodakaḥ |
pataṅgas tapanīyaś ca
ye cānye śālayaḥ śubhāḥ |9|

Kommentar:

śāli-Reis (Oryza sativa L.): Winter-Reis, die am höchsten Geschätzte Reissortengruppe

Siehe die anschauliche Beschreibung von K. T. Achaya:

"But the greatest praise was reserved for the winter varieties called shāli, which were all transplanted. There is mention of rakta-shāli, of kalama-shāli which was hard, while and flavoured, and of mahāshāli, the most highly regarded Of all varieties of rice. This plump rice was grown in Magadha and reserved for royalty or honoured guests. It was served, for example, to the learned Chinese pilgrim Xuan Zang during his stay at the Buddhist monastery at Nalanda in the seventh century ad: 'This rice is as large as the black bean, and when cooked is aromatic and shining, like no other rice at all. It grows only in Magadha and nowhere else.'"

[Quelle: Achaya, K. T.: A historical dictionary of Indian food. -- New Delhi : Oxford University Press, ©1998. -- 347 S. ; 22 cm. -- ISBN 019 565868 X. -- S. 209]

śītā rase vipāke ca
madhurāś cālpamārutāḥ |
baddhālpavarcasaḥ snigdhā
bṛṃhaṇāḥ śukramūtralāḥ |10|

raktaśālir varas teṣāṃ
tṛṣṇāghas trimalāpahaḥ |
nahāṃs tasyānu kalamas
tasyāpy anu tataḥ pare |11|

yavakā hāyanāḥ pāṃsu-
vāpyanaiṣadhakādayaḥ |
śālīnāṃ śālayaḥ kurvanty
anukāraṃ guṇāguṇaiḥ |12|


ṣaṣṭika

ṣaṣṭika-Reis = Sommerreis


śītaḥ snigdho 'guruḥ svādus
tridoṣaghnaḥ sthirātmakaḥ |
ṣaṣṭikaḥ pravaro gauraḥ
kṛṣṇagauras tato 'nu ca |13|

Kommentar:

ṣaṣṭika-Reis (Oryza sativa L.): Sommer-Reis mit einer Reifezeit von 60 Tagen (deshalb der Name!)

varakoddālakau cīna-
śāradojjvaladardurāḥ |
gandhanāḥ kuruvindāś ca
ṣaṣṭikālpāntarā gunaiḥ |14|


vrīhi

vrīhi-Reis (inklusive pāṭala-Reis) = Regenzeitsreis


madhuraś cāmlapākaś ca
vrīhiḥ pittakaro guruḥ |
bahumūtrapurīṣoṣmā
tridoṣas tv eva pātalaḥ |15|

Kommentar:

vrīhi = Regenzeit-Reis

pāṭala = blassroter Reis = eine Varietät von Regenzeitreis


śyāmāka u.ä

Kolbenhirse und ähnliches


"Hirse ist eine Sammelbezeichnung für eine Reihe von Getreidearten, die alle zur Familie der Süßgräser (Poaceae) gehören. In China wurde Rispenhirse ab 2500 v. Chr. landwirtschaftlich genutzt, sie zählte zu den fünf heiligen Pflanzen. Hirse wurde früher auch in Europa als Nahrungsmittel angebaut.

[...]

Botanische Namen
  • Sorghum Moench:
    • Mohrenhirse (Sorghum bicolor (L.) Moench)
  • Panicum
    • Rispenhirse (Panicum miliaceum L.)
    • Sowihirse (Panicum hirticaule J.Presl)
    • Kutkihirse (Panicum sumatrense Roth)
    • Gabelblütige Hirse (Panicum dichotomiflorum A. Michaux),
  • Setaria
    • Kolbenhirse (Setaria italica (L.) P.Beauv.)
  • Pennisetum
    • Perlhirse (Pennisetum glaucum (L.) R.Br.)
  • Paspalum
    • Kodohirse (Paspalum scrobiculatum L.)
  • Echinochloa
    • Japanhirse (Echinochloa esculenta (A.Braun) H.Scholz)
  • Eleusine
    • Fingerhirse (Eleusine coracana (L.) Gaertn.)
  • Digitaria
    • Foniohirse (Digitaria exilis (Kippist) Stapf)
  • Coix
  • Hiobsträne (Coix lacryma-jobi L.)
  • Urochloa
    • Guinea-Hirse (Urochloa deflexa (Schumach.) H.Scholz)
    • Braune Hirse (Urochloa ramosa (L.) R.D.Webster)
Anmerkungen

Von Durra (Mohrenhirse) wird neben den Samen auch der Halm zur Faserherstellung genommen.

Teff (Tefi, Eragrostis tef, Syn. E. abyssinica) ist eine Kulturhirse, die als wichtigste Nahrungspflanze in Äthiopien gilt. Teff ist glutenfrei, weist mehrere Geschmacksrichtungen auf und kann bei Glutenintoleranz (Zöliakie, Sprue, Dermatitis herpetiformis) als diätetisches Lebensmittel eingesetzt werden.

Wenn man im deutschen Sprachraum von Hirse spricht, handelt es sich oft um die Rispenhirse.

Hirsen und Sorghum können wesentlich mehr antinutritive Substanzen (Phytinsäure, Oxalsäure, Kieselsäure) enthalten als andere Getreidearten, die als Vollkorn verzehrt werden. Da diese Substanzen hauptsächlich in der Schale enthalten sind, wird von einem Verzehr der Vollkornprodukte abgeraten. Die harte Schälkleie hinterlässt einen unangenehmen Kaueindruck und einen herb-bitteren Geschmack. Außerdem wird die Verdaubarkeit durch das Schälen erheblich gesteigert. Bewährte Hirseprodukte aus geschälter Hirse sind z.B. Mehle, Grieße, Grützen, Flocken und Popcorn.

Saatgutforschung: Extensive Forschung über Hirse wird durch das International Crop Research Institute for the Semi Arid Tropics (ICRISAT) in Andhra Pradesh, Indien durchgeführt.

Geschichte: Im Altertum und Mittelalter zählten die unterschiedlichen Hirsearten zum meistangebauten Getreide. In der frühen Neuzeit wurden sie in Europa durch die Einfuhr von Kartoffel und Mais fast völlig verdrängt. Im Himalayagebiet wird aus verschiedenen Sorten ein schwachalkoholisches Bier gebraut. Gästen des Hunnenkönigs Attila wurde ausschließlich Hirse gereicht. Um die Gesundheit und Kraft zu stärken, empfahl der griechische Philosoph Pythagoras die Hirse. In vielen Gebieten Afrikas und Asiens sind die unterschiedlichen Hirsearten Hauptnahrungsmittel, werden allerdings zunehmend durch Mais verdrängt.

Wirtschaftliche Bedeutung

Die wichtigsten Hirsen sind:

  • Perlhirse
  • Fingerhirse
  • Rispenhirse
  • Kolbenhirse z.B. als Vogelfutter
  • Mohrenhirse

Weltweit wurden im Jahr 2004 laut FAO nur noch 87,8 Mio. t an Sorghum und Millet produziert, die hauptsächlich zu Breinahrung und Futtermittel verarbeitet wurden. Der Hektarertrag ist von allen Getreidearten mit nur 7 dt/ha der geringste. Dies ist einer der Gründe, weshalb der wesentlich ertragreichere Mais in den traditionellen Hirseanbaugebieten immer populärer wird. Allerdings hat Hirse gegenüber Mais den großen Vorteil, dass selbst bei sehr schlechtem Wetter die Ernte fast nie komplett ausfällt.

Hirse ist darüber hinaus die Grundlage einiger traditioneller Biere, zum Beispiel dem Dolo in Westafrika. Industriell wird Hirse von einigen spezialisierten Brauereien zur Herstellung von glutenfreiem Bier für Menschen mit Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) genutzt."

[Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Hirse. -- Zugriff am 2007-07-10]

sakoradūṣaḥ śyāmākaḥ
kāṣayamadhuro laghuḥ |
vātalaḥ kaphapittaghnaḥ
śītaḥ saṃgrāhiśoṣaṇaḥ |16|

koradūṣa = Kodohirse = Paspalum scrobiculatum L.


Abb.: Paspalum scrobiculatum L.
[Bildquelle: Forest Starr & Kim Starr. -- http://www.hear.org/starr/hiplants/images/600max/html/starr_030807_8006_paspalum_scrobiculatum.htm. -- Zugriff am 2007-07-10. -- Creative Commons License - Attribution 3.0Creative Commons Lizenz (Namensnennung, keine kommerzielle Nutzung)]


Abb.: Paspalum scrobiculatum L.
[Bildquelle: Steve Hurst @ USDA-NRCS PLANTS Database. -- http://plants.usda.gov/java/profile?symbol=PASC6. -- Zugriff am 2007-07-10. -- Public Domain]

śyāmaka = Sawa-Hirse = Echinochloa frumentacea L.


Abb.: Echinochloa frumentacea (Roxb.) Link
[Bildquelle: http://plants.usda.gov/java/largeImage?imageID=eccrf_001_avd.tif. -- Public domain]

hastiśyāmākanīvāra-
toyaparṇīgavedhukāḥ |
praśāntikāmbhaḥśyāmāka-
lauhityāṇupriyaṅgavaḥ |17|
mukundo jhiṇṭigarmūṭī
varukā varakās tathā |
śibirotkaṭajūrṇāhvāḥ
śyāmākasadṛśā guṇaiḥ |18|

Kommentar:

hastiśyāmāka = eine Varietät von śyāmaka = Sawa-Hirse = Echinochloa frumentacea L.

nīvāra = Schwimmgras/Schwimmreis -- Hygroryza aristata (Retz.) Nees ex Wright et Arn.


Abb.: Hygroryza aristata Nees
[Bildquelle: véronique. -- http://www.aquabase.org/plant/view.php3?id=155. -- Zugriff am 2007-07-10. -- Creative Commons Lizenz (Namensnennung, keine kommerzielle Nutzung)]

toyaparṇī =

gavedhukā = Hiobsträne = Coix lachrymajobi L.


Abb.: Hiobsträne - Coix lacryma-jobi L.
[Bildquelle: Wikipedia]

praśāntikā =

ambhaḥśyāmāka =

lauhitya =

aṇu = Gewöhnliche Rippenhirse = Panicum miliaceum L.


Abb.: Panicum miliaceum L.
[Bildquelle: Wikipedia]


Abb.: Panicum miliaceum L.
[Bildquelle: Steve Hurst @ USDA-NRCS PLANTS Database. -- http://plants.usda.gov/java/largeImage?imageID=pami2_003_ahp.tif. -- Zugriff am 2007-07-11. -- Public domain]

priyaṅgu = Kolbenhirse = Setaria italica (L.) P. Beauv.


Abb.: Setaria italica (L.) P. Beauv.
[Bildquelle: Wikipedia]


Abb.: Setaria italica (L.) P. Beauv.
[Bildquelle: Steve Hurst @ USDA-NRCS PLANTS Database. -- http://plants.usda.gov/java/largeImage?imageID=seit_002_ahp.tif. -- Zugriff am 2007-07-11. -- Public domain]

mukunda =

jhiṇṭigarmūṭī =

varuka =

varaka =

śibira =

utkaṭa = Samen von Saccharum bengalense Retz.


Abb.: Saccharum bengalense Retz.
[Bildquelle: http://www.ars-grin.gov/npgs/images/sbml/Saccharum_bengalense_disseminule.jpg. -- Zugriff am 2007-07-11. -- Public domain]

jūrṇāhva = Sorghum = Sorghum Moench sp.


Abb.: Zuckerhirse (Sorghum bicolor (L.) Moench)
[Bildquelle. Wikipedia]


Abb.: Sorghum
[Bildquelle. Wikipedia]


Abb.: Zuckerhirse (Sorghum bicolor (L.) Moench)
[Bildquelle. Wikipedia]


Abb.: Sorghum
[Bildquelle. Wikipedia]


yava und veṇuyava

Gerste und Bambussamen


rūkṣaḥ śīto 'guruḥ svādur
bahuvātaśakṛd yavaḥ |
sthairyakṛt sakāṣayaś ca
balyaḥ śleṣmavikāranut |19|

Kommentar:

yava = Gerste = Hordeum vulgare L.


Abb.: Gerste -
Hordeum vulgare L.
[Bildquelle:
freefotouk. -- http://www.flickr.com/photos/freefoto/729511482/. -- Zugriff am 2007-07-11. -- NamensnennungKeine kommerzielle NutzungCreative Commons Lizenz (Namensnennung, keine kommerzielle Nutzung)]

"Die Pflanze wird 0,7 bis 1,2 m hoch. Der Fruchtstand ist eine Ähre mit langen Grannen. Die Ähren sind im reifen Zustand geneigt bis hängend. Morphologisches Erkennungsmerkmal sind die langen, unbewimperten Blattöhrchen, die den Halm vollständig umschließen. Das Blatthäutchen ist schmal und leicht gezähnt. Botanisch betrachtet sind die Körner einsamige Schließfrüchte (Karyopsen). Gersten werden anhand ihrer unterschiedlichen Ähren in zwei- und mehrzeilige Formen unterteilt. Die zweizeiligen Formen entwickeln pro Ansatzstelle nur ein Korn, das voll und kräftig ausgeprägt ist. Bei den mehrzeiligen Formen treten drei Körner pro Ansatzstelle auf, die sich aber nicht so kräftig entwickeln wie die der zweizeiligen Formen. 2-zeilige Gerstensorten, meistens handelt es sich um Sommergerste, finden vorwiegend Verwendung bei der Bierherstellung als Braugerste. 4- und 6-zeilige Gerstensorten, überwiegend Wintergerstensorten, werden als Futtergerste angebaut." (Wikipedia)

rūkṣaḥ kaṣāyānuraso
madhuraḥ kaphapittahā |
medaḥkrimiviṣaghnaś ca
balyo veṇuyavo mataḥ |20|

Kommentar:

veṇuyava = Samen von Bambusa bambos (L.) Voss


Abb.: Samen von Bambusa bambos
[Bildquelle: CGIAR. -- http://www.ipgri.cgiar.org/publications/HTMLPublications/572/ch32.htm. -- Zugriff am 2007-07-11. -- Fair use]


Abb.: Bambusa bambos (L.) Voss
[Bildquelle: National Park, Wildlife and Plant Conservation Department Thailand. --   http://www.dnp.go.th/geneticsgroup/genetic/species/bamboo.htm. -- Zugriff am 2007-07-11. -- Fair use] 


gudhūma

Weizen


sandhānakṛd vātaharo
godhūmaḥ svāduśītalaḥ |
jīvano bṛṃhaṇo vṛṣyaḥ
snigdhaḥ sthairyakaro guruḥ |21|

Kommentar:

godhūma = Weizen = Triticum L. sp.


Abb.: Buckel-Weizen/Zwergweizen - Triticum compactum Host, entspricht in Indien: Triticum sphaerococcum Percival
[Bildquelle: Wikipedia]

nāndīmukhī madhulī ca
madhurasnigdhaśītale |
ity ayaṃ śūkadhānyānāṃ
pūrvo vargaḥ samāpyate |22|

Kommentar:

nāndīmukhī = dīrghagodhūma = Langweizen, evtl. Langkornweizen

madhulī


Zu Carakasaṃhitā I,27, 23 - 34