Zitierweise / cite as:
Payer, Alois <1944 - >: Einführung in den Theravâdabuddhismus der Gegenwart. -- Teil 4: Der Mönchsweg: 4.4. Was tun Mönche? Welche Regeln bestimmen ihr Leben?. -- Fassung vom 12. März 1996. -- URL: http://www.payer.de/theravgegenw/therav06.htm. -- [Stichwort].
Letzte Überarbeitung: 12. März 1996
Anlaß: Lehrveranstaltungen Einführung in den Theravâdabuddhismus der Gegenwart, Univ. Tübingen, SS 1982, SS 1991
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4.4. Was tun Mönche? Welche Regeln bestimmen ihr Leben?
- 4.4.1. Normative Grundlage des Mönchslebens
- 4.4.2. Inwieweit wird diese Norm als normativ anerkannt?
- 4.4.3. Verhältnis des tatsächlichen Verhaltens zu dieser theoretischen Norm
- 4.4.3.1. Ausbildung im Buddhismus
- 4.4.4. Faktische Normen des Mönchslebens
- 4.4.5. Tätigkeiten der Mönche
- 4.4.6. Tägliche Routine der Mönche
Wir werden uns zu den Normen des Mönchslebens mindestens folgende Fragen stellen müssen:
- Was ist die theoretische Norm?: Pâ.timokkha und übriger Vinaya.
- Welchen Sitz im Leben hat sie?: Rezitation des Pâ.timokkha an Uposatha Tagen; "Beichte"
- Wieweit wird diese Norm (der Vinaya) als normativ anerkannt, wieweit als durch die Zeitumstände überholt?
- Wieweit sind diese Norm und überhaupt die Lehren des Buddhismus den Mönchen und Novizen bekannt? Wie werden sie ihnen bekannt gemacht (Ausbildung)? Wieweit sind also Differenzen von Verhalten zur Norm bewußt?
- Welche Normen leiten faktisch das Leben der meisten Mönche/Novizen?
Theoretisch ist das Mönchsleben geregelt durch das Pâ.timokkha (ursprünglich ein "Beicht"-formular). Das Pâ.timokkha enthält 227 Regeln und ist nach der Schwere der Vergehen und der Art ihrer Behandlung gegliedert.
Ausführliche Texte:
Alois Payer: Materialien zu den Grundbegriffen des Buddhismus: Vinayamukha : Grundbegriffe der Ordensregeln und des Ordensrechts des Theravâda
Teil I. - URL:http://www.payer.de/buddhgrund/vinaya01.htm
Teil II. - URL:http://www.payer.de/buddhgrund/vinaya02.htm
Alois Payer: Materialien zum buddhistischen Erlösungsweg, Kapitel 2: Sittlichkeit (sîla). - URL: http://www.payer.de/buddherloesung/vism02.htm
Alois Payer: Materialien zur buddhistischen Ethik, Kapitel 9: Mönchsethik; Erlösung und Ethik. - URL: http://www.payer.de/buddhethik/ethbud09.htm
Ausgabe des Pâ.timokkha:
The Pâ.timokkha : 227 fundamental rules of a Bhikkhu / translation of the Pâli by Na.namoli Thera. - Bangkok : Maha Makut Academy, 1966. - 119 S.
Pâtimokkha <deutsch> [Teilausg.] in: Gautama Buddha: Die vier edlen Wahrheiten ... / hrsg. von Klaus Mylius. - München, 1985. - (dtv ; 2166). - S. 314-332
Das Pâ.timokkha hat seinen Sitz im Leben bei der 14tägigen Rezitation des Pâ.timokkha, zumindest während der Regenzeit.
Im Syâma-Nikâya Ceylons wird das Pâ.timokkha nur verkürzt rezitiert, d.h. nur die Pârâjikas. Auch Mönche mit PârâjikaVergehen (bes. sexuellen) tragen weiter ihre Roben.
Beichtformel (sadaeng abaad):
A: Ehrwürden, ich zeige Ihnen an, daß ich verschiedenartige Vergehen begangen habe.
B: Siehst du es ein?
A: Ja ich sehe es ein.
B: Wirst du sie in Zukunft vermeiden?
A: Gut, ich will sie in Zukunft vermeiden.
B: Gut!
Diese Formel wird benutzt immer vor der (zumindest während der Regenzeit) vierzehntäglichen Patimokkharezitation sowie bei anderen Gelegenheiten (z.B. bei der abendlichen Rezitation).
Sa°nghâdisesa z.B. im Syâma-Nikâya Sri Lankas nicht mehr geübt. Als Generalbeichte noch teilweise in Gebrauch.
Birma: [Spiro, Melford E.: Buddhism and society : a great tradition and its Burmese vicissitudes. - London : Allen & Unwin, 1971. - S. 279ff.] Beichte der Vergehen: neben der "normalen" Form wie in Thailand gibt es die formelle Form in der Uposatha Halle vor mindetsens drei Mönchen. Je nachdem, wie lange der Mönch mit der Beichte seines Vergehens wartet, dauert die volle Zeremonie bis zum Abschluß (Bis zu 15 Tage). In den Klöstern, in denen Spiro war, gibt es keine Buße, aber der Mönch ist während der Zeit, die diese Zeremonie dauert, von seinen Mitmenschen getrennt und darf in bestimmten Fällen nicht mit ihnen unter dem gleichen Dach schlafen.
Daneben gibt es in Birma General-Beichten und entsprechende Zermonien, die sich auf die vergangenen drei, fünf, zehn oder mehr Jahre beziehen. Spiro erlebte eine solche Zeremonie für die Vergehen während 40 jahren. Die Zeremonie dauerte 8 Tage: zweimal täglich mußte der Mönch seine Vergehen beichten, außerdem mußte er - außer während 4 Stunden Schlaf - ständig das Pâ.timokkha rezitieren.
Kaufman [Kaufman, Howard Keva: Bangkhuad : a community srudy in Thailand. - New York : Augustin, 1960. - S. 136]. berichtet, daß im Falle von Masturbation ein Mönch das Kloster sechs Tage und Nächte verlassen muß, auf einem offenen Feld im Umkreis von einem Km vom Kloster entfernt bleiben muß, nur mit einem Regenschirm. Wenn ein anderer Mönch vorbeikommt, muß der Übeltäter ihm sein Vergehen bekennen. Die übrigen Mönche dürfen während dieser Zeit nicht mit ihm verkehren. essen bringt ein Dekwat (Kind, das im Kloster Unterkunft hat). Nach 6 Tagen wird er von einer Versammlung von mindestens 20 Mönchen wieder aufgenommen. Kleiner Vergehen bestraft der Abt nach Kaufman [S. 116] mit Bußen wie Putzen, Abwaschen u.ä.
In Sri Lanka ist eine ganze Anzahl von Mönchen der Ansicht, daß die Regeln des Vinaya (nicht nur des Pâ.timokkha) deswegen nicht mehr durchweg gültig sind, weil manche von ihnen sozusagen veraltet sind und man ihnen unter heutigen Umständen nicht mehr vollständig folgen kann und muß.
Anders ist die Auffassung in Südostasien, besonders in Thailand.
Bei der Frage nach dem Verhältnis von tatsächlichem Verhalten und offiziell anerkannter Norm, müßen wir auch fragen, wieviel von der offiziell anerkannten Norm bekannt ist und wie weit man sich der Differenz bewußt ist. Das führt zur Frage der Ausbildung im Buddhismus.
In Birma werden während der Zeit als Novize bestimmte Pâlitexte (mit birmanischer übersetzung) gelernt.
Wichtige Texte der Novizenausbildung in Birma:
- Sutta: A°nguttaranikâya (Sutta)
- Vinaya
- Khuddasikkhâ (ein Vinayakompendium)
- Mûlasikkhâ (ein Vinayakompendiu
- Abhidhamma: Anuruddha: Abhidhammatthasa°ngaha (ein Kompendium)
In Sri Lanka: mir sind die in Singhalesisch abgefaßten Einführungen nicht zugänglich. Früher erfolgte der Unterricht vor allem durch den persönlichen Lehrer, heute ist er weitgehend auf die Mönchsschulen (Pirivena) übergegangen. Allerdings scheint es so, daß besonders in Dörfern im Syâma-Nikâya nur sehr geringe Kenntnisse über den Vinaya vorhanden sind.
In Thailand: Ausbildung im Buddhismus:
- Nagtham (III-I) (in Thai)
- Parien (III-IX) (in Pali)
Ausbildung zu Parien-Graden meist nur in Städten, Vorbereitung auf Nagtham auch in Dörfern möglich:
Wie verbreitet Nagtham ist, zeigen die Zahlen von 1975 [bei Terwiel, B. J.: Monks and magic : an analysis of religious ceremonies in Central Thailand. - 2. rev. ed. - London : Curzon Press, 1979. - S. 124]:
von 335.000 Mönchen und Novizen traten zum Examen an:
- für Nagtham III: 111.000 (ca 70% fielen durch)
- für Nagtham II: 30.000
- für Nagtham I: 26.000
(ähnliche Größenordnung für 1970[ebd.]).
Lehrbücher für Nagtham III:
- 1. Navakovâda ("Unterricht für den neuordinierten Mönch") von Sangharaja Prinz Vajiraññâ.navarorasa. 1966: 64.Aufl. mit 100.000 Ex.
Inhalt:
- Vinaya-Regeln
- Dhamma in Distinktionsgruppen (von 2er Gruppen bis 37er Gruppe) [s. Alois Payer: Materialien zu den Grundbegriffen des Buddhismus: Dhammavibhâga - Begriffsreihen der Buddhalehre, Teil I. - URL:http://www.payer.de/buddhgrund/dhamma1.htm]
- Laienethik (in 4er bis 6er Gruppen) [s. Alois Payer: Materialien zu den Grundbegriffen des Buddhismus: Dhammavibhâga - Begriffsreihen der Buddhalehre, Teil IA: Gihî-pa.tipatti f. - Praxis für den Laien. - URL:http://www.payer.de/buddhgrund/dhamma1a.htm
- Buddhasâsanasubhâsita von Vajirañâ.navarorasa: 500 Sprichwörter in Thai und Pali.
- Buddhapravatti 1-3 von Vajirañâ.navarorasa: Biographie des Buddha [Vgl. Alois Payer: Materialien zu den Grundbegriffen des Buddhismus: Buddha-ppavatti : Materialien zum historischen Buddha und zum Buddha des Glaubens
Teil I. - URL:http://www.payer.de/buddhgrund/buddha01.htm
Teil II. - URL:http://www.payer.de/buddhgrund/buddha02.htm
Teil III. - URL:http://www.payer.de/buddhgrund/buddha03.htm- Vinayamukha Bd 1 (Auslegung der Patimokkharegeln) von Vajirañâ.navarorasa [s. Alois Payer: Materialien zu den Grundbegriffen des Buddhismus: Vinayamukha : Grundbegriffe der Ordensregeln und des Ordensrechts des Theravâda
Teil I. - URL:http://www.payer.de/buddhgrund/vinaya01.htm
Teil II. - URL:http://www.payer.de/buddhgrund/vinaya02.htm
(Die Voraussetzungen für die verschiedenen Grade s. im Katalog des Buchladens des Wat Bovorn).
In den Klöstern ist für Nagtham III an 5 Tagen der Woche Unterricht zu je ca 2 Std. (nicht an Wan Phra und Tag davor): Der Unterricht ist stark kasuistisch: z.B. zum 1. pacittiyâ-Vergehen "Eine bewußte Falschaussage ist ein Vergehen, daß eine Buße verlangt" folgende Fragen, die auch bei Nagtham-prüfungen vorkommen:
- "Ein Mönch schreibt einen Brief an einen Freund, in dem er bewußt eine Lüge erzählt. Der Brief geht bei der Post verloren. Was für ein Gebot hat der Mönch gebrochen ?" [Ist kein pacittiya: denn dazu gehört jemand, der es falsch auffaßt].
- Oder: "Ein Mönch wird nach der Zeit gefragt, antwortet aufgrund der Klosteruhr `2 Uhr' Später entdeckt er, daß die Uhr falsch geht. Hat dieser Mönch ein Gebot gebrochen, welcher Art ?" [Nein].
- Oder: "Ein Lehrer einer Mönchsschule fragt einen Schüler, ob er seine Lektion gelernt hat. Der Mönchsschüler hat keine Silbe gelernt, nickt aber mit seinem Kopf. Hat er ein Gebot gebrochen ? Wenn ja, welches ? [Ja, Pacittiya 1. Denn dieses umfaßt auch Gesten und physische Tätigkeiten, wie schreiben]"
Die Mönchsschüler schreiben ihre Antworten in Hefte und geben sie bis 17.oo zur Korrektur ab.
Die Schüler lernen auch, Aufsätze über bestimmte Begriffe und Begriffsreihen zu schreiben.
Kurz nach Ende der Regenzeit ist gleichzeitig in Hunderten von Klöstern die zentral durchgeführte Prüfung. 1975 fielen ca 70% der Kanditaten für Nagtham III durch.
Durch diese starke Verbreitung der Nagtham-Prüfungen ist man sich weitgehend der Diskrepanzen zwischen einigen der offiziell anerkannten Pâ.timokkharegeln und dem tatsächlich praktizierten Verhalten bewußt. (z.B. daß man Geld nicht annehmen darf, bzw. wenn man es angenommen hat, weggeben muß: aber bei Zeremonien z.B. erhält man meist Geld, s. dazu später).
Von einem Mönch, der eine Regenzeit in einem thailändischen Kloster verbracht hat, erwartet man die Kenntnis bestimmter Pali-rezitationstexte sowie die Kenntnis der Vinaya-Regeln [s. Tambiah, S. J.: Literacy in a Buddhist village in North-East Thailand. - In: Literacy in traditional societies / ed. by Jack Goody. - Cambridge : University Press, 1968. - S. 105.]
Terwiel [ Terwiel, S. 106ff.]: Neulings-Mönch lernt Reitation (Suad Mon). Vier Suad-Mon-Sitzungen täglich in meisten Klöstern: 4.00; 9.00; Frühnachmittag; kurz vor Sonnenuntergang.
Die Mönche lernen auch viele Formeln, die nicht in Suad-Mon-Büchern vorkommen, z.B. Formeln beim Reinigen des Almosentopfes und andere Zauberformeln (z.B. "i ka vi ti" [oft sind das Akronyme von Pali-Texte])
Auch einfache Meditationsübungen werden meist den neuen Mönchen während der Regenzeit gemeinsam beigebracht: z.B beim Einatmen Denken Bud-, beim Ausatmen -dho; oder beim Einatmen "Ara-", beim Ausatmen "-han".
Terwiel gibt folgende Regeln an, die jedem Mönch bewußt sind:
Mönch soll sein: freundlich, milde, nie aufgeregt, zornig, grob, streitlustig, soll nicht rennen, hüpfen, spielen, tanzen, alkoholische Getränke trinken; er soll sich immer ordentlich benehmen (sitzen,gehen) und kleiden, beim Essen soll er nicht gierig sein und nicht zeigen, daß er hungrig ist; nach 11.30(oder 12.00) darf er keine feste Speise mehr zu sich nehmen. Er darf nur essen, was ihm formell von einem Laien gegeben wurde. Sehr wichtig sind die Verhaltensregeln gegenüber Frauen, Mönch darf nie mit Frau alleine sprechen.
In allen Theravâdaländern unterscheidet man folgende Stufen des Heilsweges, die ein Mönch durchlaufen sollte:
- pariyatti (pariyâpti) "Lernen, Studium"
- pa.tipatti (pratipatti) "Praxis, Meditation"
- pa.tivedha (prativedhanâ) "Verwirklichung"
Sri Lanka:
[s. Gombrich, Richard F.:Precept and practice : traditional Buddhism in the rural highlands of Ceylon. - Oxford : Oxford University Press, 1971. - S. 269-293]
Unterscheidung bei Mönchen:
- granthadhura "Die, die die Bücher als ihre Last haben" (lehren vor allem), ihr Schwerpunkt ist pariyatti, ihr Vorbild Sâriputta (zur Rechten Buddhas dargestellt). Lehren:
- privat im Kloster
- daham pâsal (Sonntagsschuule)
- pirive.na's (Mönchshochschulen)
- Vidars'anadhura "die, die Meditation als ihre Last haben". Ihr Schwerpunkt ist pa.tipatti (Praxis, Meditation), ihr Vorbild Mogallâna (zur Linken Buddhas dargestellt)
Vgl dazu:
Carrithers, M.: The forest monks of Sri Lanka : an anthropological and historical study. - Delhi : Oxford UP, 1983. - 306 S.
Tambiah, S. J.: The Buddhist saints of the forest and the cult of amulets : a study in charisma, hagiography, sectarianism, and millenial Buddhism. - Cambridge : Cambridge UP, 1984. - 414 S.
Eine andere Unterscheidung in Ceylon ist zwischen:
1972 gab es in Sri Lanka 20.931 aktive Mönche und nur 619 "meditative" Mönche. Maquet in Rahula-Festschrift, S. 144.
Ausführlicher kann man diese beiden Distinktionsschemata vereinen:
- dhammakathikâ: Prediger
- ganthadhurassa bhikkhu: Gelehrte
- gâmavâsino: Dorfmönche
- pa.msukûlikâ: Asketen
- vipassanâdhurassa bhikku: Meditierende
- âraññavâsino: Wildnisbewohner
Eine ähnliche, weniger differenzierte Unterscheidung ist die thailändische Unterscheidung zwischen:
- Klostermönchen, die auch außerhalb der Regenzeit in einem Kloster wohnen
- Thudong = Mönche, die zeitweise oder immer besondere asketische Übungen durchführen, bzw. das Mönchsleben besonders ernst nehmen.
Zu den asketischen Übungen s. Alois Payer: Materialien zum buddhistischen Erlösungsweg, Kapitel 2: Sittlichkeit (sîla). - URL : http://www.payer.de/buddherloesung/vism02.htm#Asketische
Brahmajâlasutta = erstes Sutta des Dîghanikâya
Neben dem durch die 10 Trainingspunkte der Sittlichkeit Ausgedrückten.
- Beschäftigung mit Samen und Pflanzen
- Beschäftigung mit Aufträgen, Sendungen, Botengängen, Kauf, Verkauf
- Zerstörung von Keimendem und Knospenden
- Vorratshaltung
- Spiele
- unnötiges Geschwätz
- unnötige Streitereien
- Bauernfängerei, Marktschreierei, Wahrsagerei, Wucher
- Zeichendeutung (Astrologie, Chiromantik usw.)
M.B. Carrithers [In: Die Welt des Buddhismus / hrsg. von Heinz Bechert und Richard Gombrich. - München : Beck, 1984. - S. 133-146.]gibt als wichtige Funktionen der Mönche in Sri Lanka an:
Mönch als
- Lehrer
- Prediger
- Priester (Ritualspezialist)
- Mönch als "Waldbewohner" (Asket und Meditierender)
- Mönch als Grundherr
- Mönch als Politiker
Spiro [S. 285] nennt folgende Funktionen des buddhistischen Mönchs nach einer Umfrage unter 20 Mönchen in Oberbirma:
- Für die Laien (wurde an 2. Stelle genannt):
- Buddhismus lehren: 5
- Religiöse Zeremonien: 1
- Für sich selbst:
- meditieren: 5
- studieren: 4
- sich ums Nirvâ.na bemühen: 4
- in Übereinstimmung mit dem Vinaya leben: 3
- Rosenkranz leiern: 2
- nach übernatürl. Kräften streben: 1
(Mehrfachnennungen)
In erster Linie steht bei dieser Umfrage das Wirken für das eigene Heil. Es gibt auch einen Widerstand, an Entwicklungsprojekten teilzunehmen (es gibt aber auch in Birma z.B. Klöster mit Waisenhäusern).
Ich versuche im Folgenden einige der Tätigkeiten von Mönchen aufzuzählen, die für alle Theravâdaländer mehr oder weniger zutreffen: Wichtigste Tätigkeiten und Funktionen der Mönche
- Verdienstfeld sein für Laien (Einladungen annehmen, Almosengang usw.)
- Lernen (weltliches und geistliches)
- Lehren (weltliches und geistliches)
- Predigen (am wichtigsten: Vollmond-poya-Tage, Uposatha- Tage) und Beratung der Mitmönche / Novizen und Laien
- Mission
- Ritual (Weihen, Weihwasserherstellung, Amulette, Bestattung u.ä.), insbesonders Rezitieren (u.a. der Schutzformeln [Paritta])
- Klosterverwaltung, Verwaltung des Grundbesitzes usw., und Tätigkeiten in Hierarchie, den Nikâya-Organen u.ä.
- Meditation
- Astrologie, Heilkunde, Alchemie, Exorzismus usw.
- Körperliche Tätigkeiten (z.B. Bau und Reaparatur des Klosters) [nicht in Birma]
- Politische Betätigung (offiziell in Thailand untersagt)
- Entwicklungshilfe und karitative Tätigkeiten
z.B. gibt (gab) es in Thailand folgende Programme, von denen zwei mit Entwicklungshilfe zu tun haben:
- Thammathut: innere und äußere Mission
- Thammacarika: für Bergvölker
- Thammapatthana: propagiert Dhamma, lehrt Meditation, hilft bei Gesundheits-, Erziehungs- und Berufsproblemen.
1975 [World Buddhism vol 23 (1975), S. 162.] mußte in Sri Lanka eine Konferenz des World Fellowship of Buddhist Youth beruhigt werden, die staatlichen Maßnahmen zur Förderung der Geburtenkontrolle seien keine Maßnahmen zur Geburtenkontrolle, sondern zur Familiengesundheit, und sie seien schon gar nicht dazu da, zu bewirken, daß die buddhistischen Singhalesen eine Minderheit auf der Insel Sri Lanka würden.
Daneben gibt es, auch in Sri Lanka, andere Äußerungen moderner Buddhisten zur Geburtenkontrolle.
Soweit ich sehe ging man aber in Thailand am weitesten. Dort gelang es Mechai, dem unermüdlichen Propagator der Geburtenkontrolle , Mönche auf den Dörfern für die Unterstützung zu gewinnen: Wann immer eine neue Ladung von Pillen oder Kondomen im Dorf eintriffrt, werden sie von den Mönchen gesegnet, und junge Mädchen legen öffentlich ein Gelübde ab, nicht vor dem 25., junge Männer nicht vor dem 30. Lebensjahr zu heiraten. s. Die Zeit, 3. Juni 1983, S. 52.]
Tägliche Routine in typischem oberburmesischen Dorfkloster [nach Spiro, S. 306 ff.]:
- 5.00 (oder bei Sonnenaufgang): Aufstehen, Reinigen des Klosters selbst oder durch Novizen oder Schüler, Rezitation
- 5.30-6.30: Morgen-Tee, den die Novizen zubereitet haben, während dieser Zeit rezitieren die Novizen für sich
- 7.oo: Almosengang, Baden
- 9.00-10.00: Hauptmahlzeit, von Novizen oder Laienhelfer serviert
- 10.00-11.00: Novizen lernen, Mönch hat Muße
- 11.00-12.00: Zweite Mahlzeit. Nachher darf nach burmes. Anschauung nur noch Wasser (kein Tee oder dg.l) getrunken werden
- bis 15.00: Freizeit
- 15.00: Unterricht an Dorfkinder
- 16.00-17/18.00: Freizeit
- 17/18.00-20.00: Unterricht der Novizen
- 20.00: Abendrezitation
- 21.00: Nachtruhe
In Burma lassen die meisten Mönche ihre Novizen und Laienschüler für sie auf Almosengang gehen.
Almosengang (pi.n.dapâta) in Ceylon heute nur noch von modernen Fundamentalisten praktiziert, bes. vom Kloster Vajirârâma in Colombo. Dabei ergibt sich das Problem, daß solche Mönche als besonders heilig angesehen werden und ihnen darum jeder geben will (ein best. Waldkloster in Ceylon: um den Mönchen ein Mahl geben zu können, muß man über ein Jahr warten, so groß ist der Andrang). Normalerweise kochen die Mönche entweder selber oder (bes. während Regenzeit) erhalten sie ihr Essen von Laien, die untereinander Absprachen treffen, gebracht.
L.C.Judd [Judd, Laurence C.: Chao Rai Thai : dry rice farmers in Northern Thailand. A study of ten hamlets practicing swidden agricuklture and a restudy twenty years later. - Bangkok : Suriyaban, 1977. -S. 260] gibt folgenden offiziellen Tagesplan in einem Kloster der Provinz Nan, wie ihn der Chao Khana Changwat als richtig ansieht, an. Danach der faktische Tagesplan wie ihn Judd feststellte:
Ideal:
- 6.00 Aufstehen, Reinemachen
- 7.00 Almosengang, gemeinsames Essen
- 8.00 - 9.30 Rezitation
- 9.30 - 10.30 Lernen, Schulbesuch
- 10.30 - 11.30 Rückkehr zum Kloster, Zubereitung d. Essens
- 11.30 Essen
- 12.00 - 17.00Lernen, Schulbesuch
- 17.00 Baden
- 18.00 Rezitation
- 19.00 Unterweisung durch Abt
- 22.00 Bettruhe
faktisch:
- 5.30 Aufstehen; Abt hält evtl. Rede
- 7.00 Dorfbewohner bringen Essen zum Kloster
- 7.30 gemeinsames Essen
- 8.30 manchmal Rezitation
- 9.00 - 11.30 Herumstreunen, evtl. Lernen
- 11.30 Essen des vom Morgen übrig Gebliebenen, evtl. zusätzlich Gebrachtes
- 12.00 - 17.00 Herumlungern
- 17.00 Baden
- 18.30 Rezitation
- 19.00 - 20.00 manchmal: Auswendiglernen
- 20.00 - 22.00 Schwätzchen, Bettruhe
In einem strengen Meditationskloster in Thailand schaut der Tagesplan etwa so aus:
- 4.00 Aufstehen, Gehmeditation im Freien
- 5.30 Baden
- 6.00 Almosengang
- 7.00 Essen
- 8.00 - 11.00 Meditation, abwechselnd im Sitzen, Gehen, Stehen
- 11.00 Essen, Ruhen
- 13.30 Baden
- 14.00 - 23.00 Meditation in den verschiedenen Stellungen, unterbrochen von Baden um ca. 18.00
- 23.00 Schlafen
Als Letztes Beispiel noch der Tagesplan für Navaka's während der Regenzeit im Wat Mahâthât in Bangkok:
- 4.00 Aufstehen, Morgenrezitation, Kurzmeditation, Beichte, Ruhe
- 6.00 Almosengang
- 7.00/7.30 Frühstück
- 8.30 gemeinsame Morgenrezitation
- 9.00 Unterricht der Navaka
- 11.00 Hauptmahlzeit
- 12.00 Ruhe, Studium
- 17.00 Bad, Ruhe
- 18.00 Beichte, gemeinsame Abendrezitation
- 19.30-21.30 Dhamma-Unterricht für Navaka
- nach 22.00 Abendruhe
In einem anderen Kloster (Wat Tha Ma O in Lampang, Thailand), in dem vor allem Pali unterrichtet wird, ist der Tagesablauf ganz mit Lernen ausgefüllt (Besuche, Radiohören, Fernsehen sind verboten).
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