Materialien zur Religionswissenschaft

Menora

Menora -- der siebenarmige Leuchter nach Sacharja 4,2

Judentum als Lebensform

16. Mizwot -- Pflichten eines Juden


von Alois Payer

payer@Well.com


Zitierweise / cite as:

Payer, Alois <1944 - >: Judentum als Lebensform. -- 16. Mizwot -- Pflichten eines Juden. -- Fassung vom 26. April 1999. -- (Materialien zur Religionswissenschaft). -- URL: http://www.payer.de/judentum/jud516.htm. -- [Stichwort].

Erstmals publiziert: 21. Februar 1998

Überarbeitungen: 26. 4. 1999 [Hinzufügung von Buchbestell-Links zu amazon.de]

Anlaß: Lehrveranstaltung Wissenschaftskunde Religionswissenschaft / Theologie, HBI Stuttgart, WS 1995/96

Unterrichtsmaterialien (gemäß § 46 (1) UrhG)

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Übersicht



Zitate im Folgenden:


1. Halacha -- das Herz des religiösen Judentums


"Viele Versuche wurden unternommen, um einen zusammenhängenden und systematischen Zugang zur jüdischen Theologie zu formulieren. Aber alle diese Versuche scheiterten, denn das Judentum bemühte sich nie um einen logischen Aufbau seiner Lehre. Es wollte eher eine Sammlung von Bräuchen entwickeln, einen Kodex religiöser Handlungen, die einen Modus des religiösen Lebens festsetzen würden. Natürlich haben solche Bräuche und Handlungen ihren Ursprung in grundlegenden theologischen und moralischen Begriffen, aber bezeichnenderweise bleiben diese theologischen Theorien des Judentums immer unsichtbar, wahrnehmbar nur durch die religiösen Taten, die ihnen entspringen. Große rabbinische Gelehrte fanden daher ein größeres Maß gegenseitigen Verständnisses in ihrem minjan ha-mitzwot, der Klassifizierung der 613 religiösen Pflichten, welche die Tora dem Juden auferlegt, als in ihren Versuchen, das grundlegende jüdische Dogma in Glaubensartikeln zu formulieren... Im Judentum können Glaubensartikel und Religionstheorien nicht von bestimmten Handlungen getrennt werden... Die Theologie des Judentums ist größtenteils in der Halacha enthalten, im jüdischen Rechtssystem, welches sich nicht mit Theorie, sondern hauptsächlich mit Praxis befaßt... (Wenn man sagen kann, daß das Judentum) auf dem Doppelprinzip der Souveränität Gottes und der Heiligkeit des Individuums beruht, so wird ... diese Philosophie, wie alle ihre philosophischen Grundlagen, in der Halacha klar widergespiegelt." [Belkin, Samuel: In His image. -- London [u.a.] : Abelard-Schuman, 1960. -- S. 15f. -- Zitiert in: Donin, S. 30f.]

"Halacha ist der allgemeine Ausdruck für jüdisches Gesetz; es bedeutet auch die endgültige autoritative Entscheidung über spezielle Fragen. Sie beruht in erster Linie auf den biblischen Satzungen und Geboten der Schriftlichen und Mündlichen Tora, sodann auf den gesamten rabbinischen Gesetzgebungen und den Verfügungen, einschließlich der religionsgerichtlichen Entscheidungen, die durch die Zeitalter hindurch in Form von Responsen und Kommentaren von großen rabbinischen Gelehrten niedergeschrieben wurden. All dies stellt eine autoritative Grundlage dar und setzt die rechtmäßigen Präzedenzfälle für den in unserer Zeit fortdauernden Prozeß der religionsgerichtlichen Entscheidungen fest. Das Wort Halacha selbst bedeutet 'der Weg, den man beschreitet'. Halacha ist Praxis, nicht Theorie, Halacha ist Recht, nicht Philosophie. Obgleich Glaube die Grundlage ist, aus der die Halacha sich entwickelt, ist ihre Hauptbetonung -- die Tat. Halacha beschäftigt sich mit der richtigen Anwendung der Gebote (mitzwot) in jeder Situation und in jedem Zustand. (Die mitzwot biblischen Ursprungs sind ihrem Wesen nach unveränderlich. Diejenigen rabbinischen Ursprungs können unter gewissen Umständen und Bedingungen durch autoritative, dazu befugte Gelehrte modifiziert werden). Halacha handelt von ethischen Verpflichtungen und religiösen Pflichten.

Halacha als das jüdische Rechtssystem schließt jeden Aspekt und jede Beziehung des Lebens ein, sei es zwischen Menschen oder zwischen Mensch und Gott. Daher beschäftigt sich die Halacha nicht nur mit solchen Gebieten, die allgemein als zu Ritual und Religion gehörig betrachtet werden, sondern auch mit solchen, die von nichtjüdischen Gelehrten gewöhnlich dem Bereich der Moral und Ethik oder dem Zivil- und Kriminalrecht zugeordnet werden.

In dem selben Maße, in dem man sagen kann, daß die Halacha allumfassend ist, kann man auch sagen, daß die jüdische Religion allumfassend ist. Es gibt kein Gebiet im Bereich des menschlichen Verhaltens, mit dem sie sich nicht befaßt oder wozu sie nicht Anleitung gibt. Nachdem jeder Aspekt des Lebens als den Richtlinien der Halacha untergeordnet betrachtet wird, kann die jüdische Religion -- wenn richtig verstanden -- nicht als nur einen der vielen Teile des Lebens erfüllend, oder getrennt von anderen Gebieten und Interessen angesehen werden. Die Eßgewohnheiten eines Menschen, sein Sexualleben, seine Geschäftsethik, sein gesellschaftliches Leben, seine Vergnügungen, seine künstlerische Verwirklichung -- alle stehen unter der Schirmherrschaft des Religionsgesetzes, der religiösen Werte und der geistigen Richtlinien des Judentums." [Donin, S. 31f.]

Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß diesen Ausführungen nur orthodoxe Juden voll zustimmen können, teilweise auch konservative Juden, während Reformjuden und nicht-religiöse Juden diese Ausführungen in ihrer Geltung für die Gegenwart ablehnen. Es geht dabei um die zentrale Frage, was für religiöses Judentum in der Gegenwart wesentlich ist.


2. Die Gründe für die Gebote


"Die Gründe für die Gebote ... haben alle großen Gelehrten und Rabbiner Israels beschäftigt. Eine umfangreiche Literatur zeugt von den Versuchen, die Gründe aller Gesetze der Tora wie auch die der vielen Regeln und Bräuche, die im Laufe der jüdischen Geschichte entstanden sind, zu erklären. Die Tora selbst gibt für die meisten der Gebote keine spezifischen Gründe an. Obgleich die früheren oder späteren Autoritäten oft Gründe vorschlugen, wurden ihre Ansichten nie als unbedingt richtig oder unbedingt gültig betrachtet. ...

Der einzige Grund für einen frommen Juden, irgendein Gebot zu beachten -- unabhängig davon, wie es klassifiziert sein mag -- ist, daß es Gottes Willen widerspiegelt. Als gehorsamer Diener des Herrn besteht seine Pflicht darin, die Gesetze auszuführen.

Aber das hat den Juden niemals davon abgehalten zu versuchen, die Gründe für die verschiedenen Gesetze und Gebote zu verstehen. Durch das Suchen nach Gründen bemühte er sich, der göttlichen Absicht näher zu kommen und geistig zu steigen. Nur wenn es um ein Gebot ging, dessen Grund ihm völlig unverständlich erschien (diese Gebote werden in der Tora chukim genannt), kam er auf den endlichen Grund zurück: das ist es, was Gott von uns will. Die Unfähigkeit, einen vernünftigen Grund zu finden, wurde vom gläubigen Menschen nie als Vorwand benutzt, ein Gebot abzulegen, oder sogar nur zu behaupten, es gäbe keinen Grund dafür oder es hätte keinen Zweck. Entweder man gab das Suchen auf und gab seine Grenzen zu, oder man versuchte noch stärker, Bedeutung und Zweck zu ergründen." [Donin, S. 36f.]

Man unterscheidet demgemäß

Über Chukim ("Satzungen") sagt Raschi:

Dies ist die Satzung der Lehre (Numeri 19,2), weil der Ankläger und die Völker der Welt Jisrael verhöhnen, indem sie sagen, was bedeutet dies Gebot, und welche Begründung hat es? Darum schreibt er dabei Satzung: es ist ein Gesetz von mir, und du hast nicht das Recht, dagegen Einwände zu machen.

Raschi zu Numeri 19, 2

"In einer Zeit wie der heutigen, in der kaum eine weltliche Autorität unangefochten bleibt, geschweige denn eine religiöse, fragt sich ernstlich, was zur Rechtfertigung der Chukim einem Skeptiker zu antworten ist. Mangelt es an einer halbwegs einleuchtenden Antwort, darf es nicht verwundern, wenn sie als Überbleibsel einer überwundenen Phase des Entwicklung der Religion über Bord geworfen werden. Genau das ist eingetroffen, als mit Anbruch der Judenemanzipation um 1800 bisher fraglos hingenommene Routinen angezweifelt wurden, und die führenden Geister der Judenheit solchen niemals zuvor dagewesenen und ihnen ungewohnten Positionen ratlos gegenüberstanden. Billige Ausreden wie Bewahrung alter Traditionen um ihrer selbst willen untergruben erst recht das Ansehen der Rabbinen und waren dazu angetan, von diesem Erbe zuallererst die Befolgung der Chukim fallen zu lassen. Die Aufgabe des Restes hätte nicht auf sich warten lassen, wären nicht ungeahnte neue Konstellationen eingetreten.

Als letzter [!] Rettungsanker griff man  zur Rationalisierung. Die Kaschrut [Speisegesetze] ... solle, so wurde geltend gemacht, gesundheitliche Gründe haben, ... Vernichtung des Gesäuerten (Chamez) vor Pessach würde zum alljährlichen Großreinemachen anhalten ... Übersehen wurde dabei, daß z.B. Herkules eine Vorliebe für in Milch gesottenem Schweinefleisch hatte, was ihm offensichtlich bestens bekam; ferner, daß die Hebräerinnen schwerlich sauberkeitsbeflissenen deutschen Hausfrauen gleichkamen ...

Im Unterschied zu den Mischpatim sind die Chukim nicht sofort jedem 'Zögling' einleuchtend, ihre Wirkung ist edukativ und sie sind nicht Gemeingut aller Menschen, sondern ein spezifisches Charakteristikum der Juden, die allein zu ihnen verpflichtet sind.

Abgesehen von ihrem erzieherischen Effekt und sozusagen als ihr Nebenprodukt bewirkten sie, die jüdische Identität zu festigen, was unleugbar ist, aber keineswegs ihr vorrangiges Ziel sein kann. Die noch vor weniger als einem Jahrhundert in manchen Kreisen gehegte Hoffnung, daß mit der Absage von ihnen die Barriere zwischen der Judenheit und den Völkern, in deren Mitte sie lebt, fallen, eine Annäherung zwischen ihnen beginnen und der Judenhaß verschwinden würde, hat sich als eine Illusion herausgestellt ... Es ist mehr als ein Kuriosum, es ist ein Indiz für ihre Wirksamkeit und Attraktion, daß es gerade ein Gebot aus dieser Kategorie ist, welches (man kann wohl sagen: ohne Ausnahme) von Juden befolgt wird, obgleich die wenigsten unter ihnen seinen Sinn verstehen: die Mila (= Beschneidung):" [Auf den Spuren der Parascha : ein Stück Tora ; zum Lernen des Wochenabschnitts / von Yehuda T. Radday ... -- Berlin : Institut Kirche und Judentum (teilweise im Verlag Diesterweg, Frankfurt a. M. und Verlag Sauerländer, Aarau). -- Arbeitsmappe 3. --  1992. -- ISBN 3-425-07583-7. -- S. 60f.]

Der Grund, die Gesetze einzuhalten, den die Thora nennt, ist die Heiligkeit Israels:

Sprich zur ganzen Gemeinde der Söhne Israels und sage ihnen: Heilig sollt ihr sein; denn heilig bin Ich, euer Gott.

Leviticus 19,2

Ihr aber sollt mir ein Reich von Priestern und ein heilig Volk sein!

Exodus 19,6

"Eine jüdische Definition von Heiligkeit mag folgendermaßen ausgedrückt werden: Heiligkeit liegt nicht im asketischen, frommen Sich-Zurückziehen vom Leben, oder in übertriebenem Sich-Versagen aller menschlichen Freuden oder in Unterdrückung aller menschlichen Triebe; sondern sie besteht in der vollen Teilnahme am Strom des menschlichen Gemeindelebens, an freudigen und an traurigen Erfahrungen, welche das Leben mit sich bringt, teilzuhaben, sich keine erlaubten Genüsse zu versagen; aber gleichzeitig einen Sinn zu entwickeln, um das Richtige vom Schlechten, das Wahre von Falschen, das Gute vom Bösen, das Heilige vom Profanen, das Reine vom Unreinen und das Saubere vom Unsauberen zu unterscheiden. Je stärker dieser ethisch-moralisch-religiöse Unterscheidungssinn ausgebildet ist, desto größer ist die Heiligkeit des Einzelnen. ...

Der große Bibelkommentator Raschi erklärt den Satz ... 'ihr sollt heilig werden' mit ... 'ihr sollt euch absondern'. ... Für den Juden [bedeutet dies], sich vom Götzendienst abzusondern, sich vom Säkularismus zu entfernen, sich vom Vulgären und Profanen fernzuhalten." [Donin, S. 39f.]


3. Anzahl und Einteilung der Pflichten


Man unterscheidet:

Die Halacha (Mizwot) ist nach jüdischem Verständnis heteronomen Ursprungs, d.h. Israel von Gott auferlegt, und nicht autonomen Ursprungs (durch eine gesetzgebende Institution gegeben); deshalb können Mitzwot -- im Gegensatz zu Minhag -- nicht von Menschen aufgehoben werden.

Die Gesamtzahl der Mizwot ist 613:

Die Zahlen sind nach jüdischem Verständnis nicht zufällig: der Zahlenwert des Wortes Thora ist 611:

Taw

400

Waw

6

Resch

200

He

5

Total

611

Dazu kommen noch die zwei ersten Gebote der Zehn Gebote, in denen anochi "ich selbst" steht, und die Israel aus dem Munde Gottes direkt und nicht via Moses vernommen haben soll.

Macht 611 + 2 = 613

Die Zahl der Verbote (365) entspricht der Zahl der Tage des Jahres und die Zahl der Gebote (248) der Zahl der menschlichen Glieder (gemäß der talmudischen Anatomie [siehe: Preuss, Julius <1861 - 1913>: Biblisch-talmudische Medizin. -- Reprint der Originalausgabe von 1911. -- Wiesbaden : Fourier, 1992. -- ISBN 3-925037-63-2. -- S.66ff. --{Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch direkt bei amazon.de bestellen}]).

In diesen Zahlenentsprechungen zeigt sich, daß die Mizwot das ganze Leben sowohl in zeitlicher als auch räumlicher Hinsicht umfaßt.

Andere Einteilungen der Mitzwot


4. Stufenweg zum Verständnis der Halacha für Nichtjuden


Ich (selbst kein Jude) empfehle für Nichtjuden folgenden Stufenweg zum tieferen Verständnis der Halacha und damit des Judentums als Lebensform:

Elementarstufe:

Mittelstufe:

Oberstufe:


5. Der Inhalt des Kizzur Schulchan Aruch


Die Übersicht über den Inhalt von: Ganzfried, Schelomo <1804 - 1886>: Kizzur Schulchan Aruch / ins Deutsche übertragen von Selig Bamberger soll zeigen, wie die Halacha die verschiedenen Lebensbereiche eines frommen, orthodoxen Juden regelt.

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Abb.: Teil des Titelblattes

Kapitel Seiten Gegenstand Entsprechung in "Judentum als Lebensform"
1 - 28 1 - 159 Das Morgengebet jud507.htm, jud505.htm
29 - 34 159 - 204 Die Lebensführung  
Kap. 29 Die Tugenden, an die sich der Mensch gewöhne unten #6.
Kap. 30 Das Verbot der Verleumdung, der bösen Rede, der Rache und des Hasses  
Kap. 31 Alle Absichten des Menschen seien, dem Ewigen zu dienen unten #7.
Kap. 32 Schutz des Körpers auf Grund der Natur  
Kap. 33 Dinge, die wegen Gefahr verboten sind  
Kap. 34 Die Vorschriften für die Mildtätigkeit unten #8.
35 - 61 204 - 345 Speisegesetze jud504.htm
62 - 67 345 - 384 Das Berufsleben  
Kap. 62 Vorschriften für das Erwerbsleben unten #9.
Kap. 63 Es ist verboten, mit Worten zu kränken und Menschen zu täuschen  
Kap. 64 Nicht mit verbotenen Dingen Geschäfte zu machen  
Kap. 65 Vorschriften über Zinsen  
Kap. 66 Vorschriften für den Geschäftsvertrag Iska  
Kap. 67 Vorschriften für Gelübde und Schwüre  
68 385 - 391 Vorschriften für das Gebet auf der Reise und andere Dinge, auf die man auf der Reise achten muß  
69 391 - 396 Das Minchagebet [Nachmittagsgebet] jud507.htm
70 396 - 399 Das Maariwgebet [Abendgebet] jud507.htm
71 399 - 403 Ordnung für die Nacht  
72 - 96 403 - 582 Der Sabbat jud508.htm
97 582 - 587 Rosch Chodesch: Vorschriften für den Monatsanfang und die Heiligung beim Neumond jud515.htm
98 - 103 587 - 625 Jom Tow jud509.htm
104 - 106 625 - 632 Chol Hamoed (Zwischenfeiertage)  
107 - 120 633 - 699 Pessach jud509.htm
121 - 127 699 - 733 Fasttage jud515.htm
128 - 133 733 - 768 Die ehrfurchtbaren Tage jud511.htm
134 - 138 784 - 817 Sukkot (Laubhüttenfest) jud512.htm
139 817 -830 Chanukka jud513.htm
140 830 - 831 Die Ordnung der vier Abschnitte  
141 - 142 831 - 846 Purim jud514.htm
143 - 144 846 - 857 Verehrung der Eltern und Lehrer  
Kap. 143 Vorschriften für die Ehrung von Vater und Mutter unten #10.
Kap. 144 Vorschriften für die Ehrung seines Lehrers, eines Greises, eines Thoragelehrten und eines Kohen (Priesters)  
145 - 152 857 - 889 Die Eheschließung jud502.htm
153 - 162 889 - 936 Die Absonderung unten #11.
163 - 165 936 - 948 Vorschriften dem Kinde gegenüber jud501.htm
Kap. 163 Vorschriften für die Beschneidung
Kap. 164 Vorschriften für die Auslösung eines Erstgeborenen
Kap. 165 Vorschriften für die religiöse Gewöhnung der Kinder und einige Vorschriften für Lehrer
166 - 171 948 - 961 Verbot unjüdischer Führung  
Kap. 166 Keinen Aberglauben zu haben, keine Zeiten zu deuten und nicht zu zaubern  
Kap. 167 Vorschriften betreffs Götzendienstes  
Kap. 168 Die verbotenen Figuren  
Kap. 169 Das Verbot eingeprägter Schrift und Ausreißens von Haar wegen eines Toten  
Kap. 170 Das Verbot, die Ecken des Haupthaares und des Bartes zu entfernen jud505.htm
Kap. 171 Ein Mann bekleide sich nicht mit dem Gewand einer Frau  
172 - 178 961 - 976* Vorschriften für Feld, Vieh und Gewand  
Kap. 172 Vorschriften für neues Getreide  
Kap. 173 Vorschriften für als Vorhaut verbotene Baumfrüchte  
Kap. 174 Vorschriften für Vermischung von Bäumen  
Kap. 175 Vorschriften für Vermischung von Vieh  
Kap. 176 Vorschriften für Vermischung von zwei Arten von Stoffen  
Kap. 177 Vorschriften für das Erstgeborene von reinem Vieh  
Kap. 178 Vorschriften für das Erstgeborene des Esels  
179 - 189 976 - 1016 Vorschriften für das Geschäftsleben  
Kap. 179 Vorschriften für die Gewährung eines Darlehens  
Kap. 180 Vorschriften für den Erlaß von Darlehen  
Kap. 181 Vorschriften für den Kläger und den Beklagten und Zeugenaussagen  
Kap. 182 Vorschriften für den Diebstahl und Raub  
Kap. 183 Vorschriften für Beschädigung fremden Vermögens  
Kap. 184 Vorschriften für Körperverletzungen  
Kap. 185 Vorschriften für Leihen und Mieten  
Kap. 186 Du sollst dem Ochsen nicht das Maul verbinden  
Kap. 187 Vorschriften für Verlorenes und Gefundenes  
Kap. 188 Vorschriften für anvertrautes Gut  
Kap. 189 Vorschriften für Abladen und Aufladen  
190 - 194 1016 - 1034 Hütung des Körpers, auch desjenigen des Tieres  
Kap. 190 Vorschrift für Hütung des Körpers und "Zerstöre nicht!"  
Kap. 191 Das Verbot der Tierquälerei und der Kastration unten #12.
Kap. 192 Vorschriften für einen Kranken und den Arzt, und womit man sich heilen darf  
Kap. 193 Vorschriften für den Besuch von Kranken  
Kap. 194 Die Vorschriften bei einem Verscheideneden und die Bewachung eines Toten jud503.htm
195 - 221 1034 - 1134 Trauervorschriften jud503.htm

Im Folgenden folgen beispielhaft Ausführungen zu einigen Pflichtbereichen, die in den übrigen Kapiteln von "Judentum als Lebensform" noch nicht behandelt wurden.


6. Lebensführung: der mittlere Weg


"Der gute und gerade Weg ist, daß sich der Mensch gewöhne, den Mittelweg zu gehn;

Und so bei den meisten übrigen Eigenschaften: wer den Mittelweg geht, wird ein Weiser genannt." [Kizzur Schulchan, I, S. 160]


7. Lebensführung: Alle Absichten des Menschen seien, dem Ewigen zu dienen


"Unsre Lehrer seligen Andenkens haben gesprochen (Berachot 63a): Welches ist ein kleiner Abschnitt, von dem alle Vorschriften der Lehre abhängig sind?

Auf allen deinen Wegen erkenne Ihn

Sprüche 3, 6

das heißt, selbst auf deinen Wegen, die du für dich selbst zu besorgen hast, erkenne den Ewigen und tue die Dinge um Seines Namens willen, gepriesen sei Er; wie essen und trinken, gehen, sitzen, liegen und aufstehn, ehelich verkehren, sprechen, alles, was dein Körper braucht, sei nur, um deinem Schöpfer zu dienen oder einem Zweck, der Seinen Dienst herbeiführt.

Wie durch essen und trinken? Man braucht nicht zu sagen, daß man, was der Ewige verhüten möge, keine verbotenen Dinge esse oder trinke; sondern auch bei den erlaubten Dingen, wenn man durstig und hungrig war und man hätte nur zu seiner eigenen Lust gegessen, ist man nicht lobenswert, sondern man beabsichtige, durch sein Essen und Trinken zum Dienst des Schöpfers Kraft zu haben. darum esse man nicht alles, wonach der Gaumen verlangt, wie ein Hund und ein Esel, sondern esse Dinge, die für die Gesundheit des Körpers förderlich und gut sind. Es gibt fromme Männer, die vor dem Essen sprechen: Siehe, ich will essen und trinken, damit ich zum Dienst des Schöpfers, gepriesen sei Sein Name, gesund und stark sein werde." [Kizzur Schulchan, I, S. 175f.]


8. Lebensführung: Mildtätigkeit


Jeder Jude ist verpflichtet, seinen Verhältnissen entsprechend Almosen zu geben. Sogar ein Armer, der selbst Almosen (oder Sozialhilfe) empfängt, ist verpflichtet, Almosen zu geben.

Die Gesamtsumme der Almosen soll zehn Prozent des Nettoverdienstes eines Jahres sein!

"Es gibt acht Stufen oder Grade der Wohltätigkeit, eine höher als die andere. In aufsteigender Reihe sind es die folgenden:


9. Vorschriften für das Erwerbsleben


"Man muß sich sehr in Acht nehmen, daß man seinen Nächsten nicht übervorteilt. Wer seinen Nächsten übervorteilt, sei es, daß der Verkäufer den Käufer übervorteilt, oder, daß der Käufer den Verkäufer übervorteilt, übertritt ein Verbot, so heißt es: Wenn ihr einer dem anderen etwas verkaufet oder aus der Hand des anderen kaufet, übervorteilt nicht einer seinen Bruder! (Leviticus 25, 14) -- Und das ist die erste Frage, die man den Menschen in jener Stunde fragt, da man ihn ins himmlische Gericht führt: Hast du mit Treue deinen Lebensunterhalt erworben?" [Kizzur Schulchan, I, S. 345f.]


10. Vorschriften für die Ehrung von Vater und Mutter


"Man muß sehr auf die Ehrung von Vater und Mutter achten und auf die Furcht vor ihnen, denn die Schrift hat sie der Ehrung und der Furcht vor dem Ewigen gleichgestellt." [Kizzur Schulchan, II, S. 846]

Allgemeine Prinzipien des Verhaltens zu den Eltern:


11. Mikwe -- das Ritualbad


"Es ist eine Art kleines Schwimmbad, dessen Bau ganz bestimmten Regeln folgt; es enthält Wasser, dessen Menge und Herkunft ebenfalls genau geregelt ist. Es dient zur Reinigung von Menschen und Gegenständen.

Die Mikwe muß mindesten 750 Liter Wasser enthalten. ... Das Wasser der Mikwe hat eine reinigende Wirkung. Es  muß natürliches Wasser sein, das entweder aus einer Quelle, aus Regenwasser, aus Eis oder Schnee stammt. Meer-, Fluß-, See- oder Regenwasser aus einem Becken können ebenfalls zur Reinigung verwendet werden.

In der Mikwe werden Personen oder Gegenstände von Unreinheiten sehr unterschiedlicher Herkunft gereinigt. Die Unreinheiten von Personen ist hauptsächlich mit dem Tod verbunden. So wird jede Person, die sich zusammen mit einem Toten unter einem Dach befindet, unrein. Die Monatsblutung, die sich aus der Nichtbefruchtung und dem Tod einer Eizelle ergibt, macht die Frau unrein. Der Geschlechtsverkehr ist während der Periode der Unreinheit, das sind die Tage der Monatsblutung und die folgenden sieben Tage ohne Blutung, verboten; er ist erst wieder nach dem Untertauchen der Frau in der Mikwe erlaubt. Die Pflicht der Frau, sich während der Periode ihrer Unreinheit vom Geschlechtsverkehr zu enthalten und danach in der Mikwe  unterzutauchen, bildet das sogenannte Gesetz der Familienreinheit (Nidda-Gesetze). Das Untertauchen in der Mikwe wir Twila genannt.

Zur Zeit des Tempels waren die Gelegenheiten, etwas zu reinigen sowie sich selbst zu reinigen, zahlreich. Danach sind sie zwar seltener geworden, was die Bedeutung des Aktes aber nicht geschmälert hat.

So besuchen heute die Mikwe vor allem:

  1. Frauen am Vorabend der Hochzeit und verheiratete Frauen, die nach jeder Niederkunft und Monatsblutung untertauchen
  2. Leute, die sich zum Judentum bekehren
  3. bestimmte Männer am Freitag vor dem Schabbat oder am Vorabend von Kippur. Letzteres stellt aber keine Verpflichtung das

Bei den Chassidim ist das Untertauchen in der Mikwe ein mystischer Akt der Wiedergeburt, der Vereinigung mit Gott und wird jeden Morgen vor dem Gebet mit großer Inbrunst ausgeführt, denn die körperliche Reinheit ist untrennbar mit der geistigen Reinheit verknüpft." [Ouaknin, Marc-Alain <1957 - > ; Hamani, Laziz <1959 - >: Symbole des Judentums / Text von Marc-Alain Ouaknin, Photographien von Laziz Hamani. -- Wien : Brandstätter, ©1995. -- Einheitssachtitel: Symboles du Judaïsme. -- ISBN 3-85447-587-X. -- S. 104. --  {Wenn Sie HIER klicken, können Sie dieses Buch direkt bei amazon.de bestellen}]

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Abb.:  Frauen-Mikwe, Deutschland, 18. Jahrhundert


12. Das Verbot der Tierquälerei und der Kastration


"Es ist von der Tora verboten , irgend ein Tier zu quälen. Im Gegenteil muß man jedes Tier aus Qual retten, ob selbst herrenlos, selbst eines Nichtjuden. Wenn Tiere jedoch den Menschen quälen oder der Mensch sie zur Heilung braucht oder für sonst einen Zweck, darf er sie sogar töten und braucht auf ihre Qual nicht zu achten, da die Tora erlaubt hat zu schächten, (also zu töten; allerdings ist das Schächten die humanste Tötung;) darum dürfte man auch, (weil es Zweck hat,) von lebenden Gänsen die Federn rupfen, wenn man keine andre Federn hat, nur unterlassen es die Menschen, weil es grausam wäre." [Kizzur Schulchan, II, S. 1018]


13. Pflichten für alle Menschen: die noachidischen Gebote


Jeder nichtjüdische Mensch, der die folgenden Pflichten als Gottes Gebote befolgt, gilt als Gerechter, als "Beisasse", der Anteil an der kommenden Welt erhält:

  1. Verbot der Gotteslästerung
  2. Verbot des Götzendienstes
  3. Verbot der Unzucht
  4. Verbot des Mordes
  5. Verbot des Diebstahls
  6. Verbot des Genusses eines Gliedes von einem lebendigen Tier
  7. Gebot der Wahrung des Rechtsprinzips

Diese Pflichten werden auf die Gebote Gottes an Adam und Noah zurückgeführt. Da sie somit vor der Gesetzesverkündigung am Sinai von Gott erlassen wurden, gelten sie im Gegensatz zur Thora (die nur für Juden gilt) für alle Menschen.


ENDE